Reiseland USA: Washington, New York und San Francisco

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Reiseland USA: Washington, New York und San Francisco
Reiseland USA:
Washington, New York und San Francisco
Bei einer USA-Reise kommt man mit dem Flugzeug meist in einer der großen Städte an:
Boston, New York, Washington, Atlanta, Miami, Chicago, Denver, Dallas/Fort Worth, San
Francisco oder Los Angeles. Was die Ostküste betrifft, so fliege ich von Deutschland lieber
nach Washington, D.C. als nach New York City. Eine Ankunft am New Yorker KennedyFlughafen kostet nämlich manchmal Nerven, wenn man gerade zur Hauptverkehrszeit eintrifft, Gewitter oder Schnee drohen, gestreikt wird oder der Zoll Dienst nach Vorschrift
macht – und anscheinend passiert immer irgend so etwas, wenn ich nach New York fliege.
Da geht es am Dulles International Airport von Washington schon ein bißchen gemütlicher
zu, und auch das Leben in und um Washington (Suburban Maryland oder Virginia) eignet
sich besser zum Eingewöhnen.
Die Hauptstadt der USA
Selbst Amerikaner besuchen ihre Hauptstadt gerne als Touristen, um sich die Sehenswürdigkeiten in aller Ruhe anzusehen. The Mall, die Prachtstraße vom Capitol zum Washington
Monument, ist zu jeder Jahreszeit beeindruckend. Wenn man aber noch das Glück hat, im
Frühjahr zur Kirschblütenzeit im District of Columbia zu sein, wird man den Anblick nie
wieder vergessen. In dieser Zeit blühen überall auch die Azaleen. Besonders attraktiv ist
dann z.B. University Park, Maryland (an der US 1 südlich des Campus der University of
Maryland in College Park). Die Farbenpracht dort hat mich schon zu Serien von tollen Farbfotos verführt. – Überhaupt ist unter allen Weltstädten Washington vermutlich diejenige,
von der es die schönsten Postkarten gibt.
Einen Rundgang in Washington würde ich am Capitol beginnen, in dem Senat und Repräsentantenhaus tagen. Eine Führung lohnt sich allemal. Am Reflecting Pool vorbei kommen
wir anschließend zu der neuen großen Attraktion, dem National Air and Space Museum, in
einem beeindruckenden Bau. Hier findet man angefangen von alten, berühmten Flugzeugen
wie dem, mit dem Charles Lindbergh den Atlantik überquerte, bis hin zu amerikanischen
Raumkapseln so viel, daß im Nu Stunden vergehen, bevor man wieder hinaus auf die Mall
tritt. Und dort warten z.B. noch die National Art Gallery, die Smithsonian Institution
und das National Museum of Natural History auf uns. Ich habe drei, vier WashingtonBesuche in verschiedenen Jahren gebraucht, um dies alles zu sehen. Irgendwie schaffen es
die Amerikaner, mich in ihren Museen durch die geschickte Präsentation viel mehr zu fesseln,
als das meist in Deutschland der Fall ist (auch wenn man bei uns inzwischen schon einiges
hinzugelernt hat).
Bis jetzt haben wir kaum die Hälfte der Mall hinter uns gebracht, und inzwischen ist uns
klar geworden, daß man schon gut zu Fuß sein muß, wenn man bis zum Ende der Mall laufen
will. Also machen wir es wie alle Amerikaner und erledigen den Rest mit dem Auto. Das
Washington Monument lädt zu einer Fahrt zur Spitze und einem Rundblick von oben ein.
Allerdings braucht man dazu ein Ticket, das man sich am Morgen für einen späteren Termin holt (am besten, bevor man mit den Besichtigungen beginnt). Auch für die attraktiven
Vorführungen im National Air and Space Museum gibt es eine ähnliche Regelung, und zur
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Hauptreisezeit muß man sich früh um Karten bemühen oder lange warten. Das Washington
Monument steht etwas abseits der Verbindungslinie zwischen White House und Jefferson
Memorial (senkrecht zur Mall), und ohne Abstecher zum Jefferson Memorial am Tidal Basin
und Lincoln Memorial (mit eigenem, langem Reflecting Pool) wäre kein Besuch der Mall
vollständig.
Es gibt noch viel mehr in Washington zu sehen, z.B. das Kennedy Center for the Performing Arts, das Arlington National Cemetery, das Pentagon... Aber ich freue mich mehr auf
Georgetown und Alexandria, die schönen alten Stadtteile (wobei Arlington und Alexandria
natürlich nicht mehr zu D.C., sondern schon zu Virginia gehören). Dort kann man bummeln,
einkaufen und gut essen. Ein Stück südlich von Alexandria liegt Mount Vernon über dem
Potomac, Washingtons Haus, heute ein interessantes kleines Museum. Das sollte man nicht
versäumen.
Mit dem Auto kann man von Washington viele attraktive Ausflüge machen. Im Sommer etwa
zum Shenandoah National Park, wo man auf dem Skyline Drive auf einer der Bergketten
der Appalachen entlangfährt. Oder an die Chesapeake Bay nach Annapolis, der Hauptstadt
Marylands, und über eine beeindruckende Brücke auf die andere Seite der Bucht nach St.
Michaels, wo sich das Chesapeake Bay Maritime Museum befindet. Dort lernt man ein
anderes, ländliches Amerika kennen, wie man es ja auch bei den Pennsylvania Dutch im
Lancaster County antrifft.
Die Weltstadt N.Y.C.
Der Flug vom Washingtoner National Airport mit dem Air Shuttle zum La Guardia-Flughafen in New York ist ein Geheimtip für schönes Wetter. Beim Abflug sieht man unten noch
einmal den Potomac und die Mall. Später geht es über Annapolis und die Chesapeake Bay.
Höhepunkt ist der Landeanflug in New York, wo man schon recht tief über Governors Island
hinweg, stets weiter sinkend, den East River entlang an der Skyline Manhattans vorbeischwebt. Das World Trade Center bleibt noch tief unten, aber bei Empire State Building
und Chrysler Building hat man den Eindruck, daß man gar nicht mehr so viel höher als die
Spitze ist. (Der Flug in der anderen Richtung, von La Guardia nach Washington, verläuft
übrigens ganz anders, über den Norden Manhattans, und ist daher weniger attraktiv.)
New York ist die Weltstadt schlechthin. Über New York wurde schon soviel geschrieben,
daß jeder Bescheid zu wissen glaubt, bevor er zum ersten Mal dort ankommt. Alle Sehenswürdigkeiten sind bekannt, die höchsten und schönsten Wolkenkratzer, die wichtigsten
Museen. Opernfreunde lockt das Lincoln Center mit der Metropolitan Opera, für Musicalund Schauspiel-Enthusiasten stehen die Theater am Broadway jeden Abend (und am Wochenende auch für Nachmittagsveranstaltungen) auf dem Programm. Die Rundfahrt mit dem
Boot der Circle Line um Manhattan macht allen Spaß. Auch Tips für sehenswerte, aber
weniger bekannte Punkte haben sich schon herumgesprochen: die Cloisters im Norden Manhattans, das kleine, aber nette Museum of the American Indian (Heye Foundation) nördlich
von Harlem oder etwa der Blick von der New Jersey-Seite vom Castle Point in Hoboken (im
Campus des Stevens Institute of Technology) aus über den Hudson River auf Manhattan...
New York muß man selbst entdecken, und ich schaue mir bei jedem neuen Besuch viel Altbekanntes an, finde aber auch wieder Neues. Am ersten Tag ertappe ich mich stets dabei,
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daß ich auf der Straße mit allen möglichen Leuten zusammenstoße, weil mein Blick zu den
Wolkenkratzern nach oben schweift. Wenn im späten Frühjahr schönes Wetter ist, freue
ich mich darauf, die Stadt vom Top of the World an der Spitze des World Trade Center
zu sehen. Das Wetter wechselt aber schnell. Zwei klare Tage hintereinander sind viel, am
dritten ist der Smog schon wieder so stark, daß er die Sicht trübt. (Man muß dann zweimal
am Tag zum Duschen ins Hotel zurückkehren.) Die Hektik in Manhattan kann auf die Dauer
verrückt machen. Ich halte es dort nicht länger als ein, zwei Wochen aus, auch wenn ich
mich vorher noch so sehr auf N.Y.C. gefreut hatte.
“Doch nichts schlägt New York an einem Sonntag.” (Zitat aus Andrew Lloyd Webbers Musical “Song and Dance”) Dann erobern die Jogger, Familien mit Kindern und Fahrradfahrer
Manhattan, die Fifth Avenue und den Central Park.
Die schönste Stadt der Welt und Mittelkalifornien
Machen wir nun den großen Sprung von der Ost- an die Westküste der USA. Hier ist San
Francisco die meistbesungene Stadt; sie ist, wie es in den USA heißt, “Everybody’s Darling”,
man nennt sie “Bagdad on the Bay”. Ein Reiseführer in Rio de Janeiro erzählte mir einmal,
San Francisco, Rio und Hongkong seien die drei schönsten Städte in der Welt; tagsüber sei
San Francisco klar die Nummer 1, aber nachts sei Rio de Janeiro den anderen dann doch
vorzuziehen... Von allen amerikanischen Großstädten möchte ich am ehesten in San Francisco wohnen. Die gesamte Atmosphäre ist herrlich, und nur das Wetter (an dem ich sehr
schätze, daß es nie richtig heiß wird) trübt ab und zu meinen Enthusiasmus: Im Sommer
1986 z.B. war es im Central Valley von Kalifornien brütend heiß bis über 40 Grad Celsius.
Wohl gerade deswegen (die Bucht von San Francisco bietet der kalten Meeresluft die einzige
Chance, ins Landesinnere einzudringen) traf ich es in San Francisco um so kühler, ca. 15
Grad Celsius, wobei der übliche Nebel nur mittags ein paar Stündchen verflog. (Der alte
Spötter Mark Twain sagte einmal: “Der kälteste Winter, den ich kenne, war ein Sommer in
Kalifornien.” Dabei bezog er sich natürlich nur auf den Norden oder die Mitte des Staates,
denn etwa südlich von San Luis Obispo gibt es keine kalte Meeresströmung mehr und auch
keinen Nebel.)
San Francisco bietet Besuchern alles, was man sich wünschen kann. Die Stadt läßt sich
mit dem Auto entlang des 49 Mile Drive erkunden. Am amüsantesten ist es natürlich, die
Cable Cars zu benutzen, um vom Zentrum zu Fisherman’s Wharf und Ghirardelli Square zu
gelangen. (Es in San Francisco zu Fuß zu probieren, ist nicht zu empfehlen: Den Fußgängern
gehen die vielen Hügel in die Beine.)
Am Nachmittag, wenn der Morgennebel verschwunden ist, genießt man den schönsten Blick
auf die Stadt vom Coit Tower, den Lillie Hitchcock Coit in Form einer Feuerwehrspritze
erbauen ließ. Man darf allerdings nicht zu spät kommen, da der Turm recht früh schließt.
Danach bleibt dann z.B. noch Zeit zu einer Schiffahrt nach Sausalito. Einen schönen Tag
beschließe ich am liebsten in der Golden Gate National Recreational Area über der Golden
Gate-Brücke. Bei Sonnenuntergang sieht man von dort die Golden Gate Bridge dunkelrot,
die Skyline von San Francisco blütenweiß leuchtend – und womöglich noch den Vollmond
blaßblau über Alcatraz Island. Wenn man den letzten Tag in San Francisco so beschließt,
will man immer wiederkommen.
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Gelegenheit zu schönen Ausflügen bietet San Francisco reichlich. Der Campus der Universität Berkeley ist ein Ziel. Auf Tafeln in den Instituten kann man bewundern, wieviele der
Professoren der Universität schon Nobelpreise erhalten haben; vom Turm des Campanile
schaut man weit in die Bucht. Im Norden San Franciscos bietet sich der Gipfel des Mount
Tamalpais (Marin County) für einen umfassenden Rundblick an. Etwas weiter ist es ins
Napa Valley, das landschaftlich zwar ein bißchen enttäuscht, wenn man es etwa mit dem
Rheingau bei uns vergleicht, das aber mit den berühmten “Wineries” andere Attraktionen
bietet. Die Qualität der kalifornischen Weine ist inzwischen international unbestritten. So
gewann vor einigen Jahren z.B. ein Wein aus der Sterling Winery den ersten Preis bei einem
Wettbewerb in Frankreich, und das vor allen Loire-Weinen!
San Francisco kann auch als Ausgangspunkt für eine Rundfahrt durch Mittelkalifornien dienen, wie ich sie im Sommer 86 eine Woche lang unternommen habe. Zunächst fuhr ich
nach Süden und besuchte Monterey und Carmel. Point Lobos Reserve ist jedem Fotofreund bekannt; allerdings erlebte ich dort den düstersten Nebel. Südlich von Big Sur fuhr
ich auf einer Nebenstraße in die Berge und war im Nu im Sonnenschein, da der Nebel tief
an der Küste blieb. In San Simeon kann man das “Hearst Castle” besuchen und sich vom
Geschmack seines Erbauers ein Bild machen. Der Geschmack ist zweifelhaft, der Besuch
aber wirklich zu empfehlen. (Der Zeitungszar William Hearst hatte in den Gästezimmern
Mikrophone einbauen lassen. Wenn sich jemand despektierlich über Hearst oder über sein
“Castle” äußerte, kam bald der Chauffeur, um ihn zur Abreise aufzufordern.)
Nördlich von San Luis Obispo verließ ich die Küste und war sofort schweißgebadet von der
Hitze. In kürzester Zeit stieg die Temperatur um 20 Grad Celsius. (Die Klimaanlage des
Autos war dann hochwillkommen.) Unterwegs schaute ich mir nach Mission Dolores in San
Francisco und Carmel eine weitere der kalifornischen Missionen an, San Miguel Arcangel.
Später ging es in den Kings Canyon–Sequoia National Park. Ein besonderes Erlebnis bot
sich am vierten Tag, als ich frühmorgens in Fresno aufstand und kurz nach Sonnenaufgang
im berühmten Yosemite National Park eintraf. Vom Glacier Point hoch oben aus sah ich
weit über 1000m tief in den Canyon hinunter und beobachtete lange einen Gleitflieger, der
gerade neben mir gestartet war und nun langsam ins Tal kreiste. Am Nachmittag gab es ein
Gewitter über dem 3000m hohen Tioga-Paß am Ostausgang des Nationalparks: der Himmel
pechschwarz, ein Berg davor hell beleuchtet von der tiefstehenden Sonne. Alle Autos, die
vom Tioga-Paß kamen, waren schneebedeckt; dort oben tobte ein Schneesturm.
Auf der Ostseite des Yosemite-Parks besuchte ich Devil’s Postpile, den Mono Lake und die
Ghost Town Bodie. Da ich dorthin von der Nevada-Seite kam, lernte ich eine Nebenstraße
kennen, die mich fast zum Verzweifeln brachte: Es war nur eine schmale Fahrspur durch
einen Canyon, mit tiefen Rillen und gespickt mit Felsbrocken. Für 15 Meilen brauchte ich
über eine Stunde.
Die Rundfahrt beendete ich mit Besuchen am Lake Tahoe, in Squaw Valley (heute Olympic
Valley), am Donner-Paß und im Goldgräberland rund um Sacramento (Road 49 mit Sierra
City, Nevada City, Marshall Gold Discovery Monument, Placerville und Sutter Creek). Beim
Rückflug aus San Francisco nahm ich mir vor, bald einmal wiederzukommen und andere Teile
Kaliforniens zu besuchen.
K. Bierstedt
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