Alkohol und Drogen im Straßenverkehr

Transcrição

Alkohol und Drogen im Straßenverkehr
RA Marco Noli
Alkohol und Drogen im Straßenverkehr
Ein Trinkversuch zur Alkoholmessung und die „Drogentests“ der Polizei
Wer von der Polizei betrunken am Steuer angetroffen wird hat mit empfindlichen Sanktionen
zu rechnen. Ergibt die Alkoholmessung der Polizei einen Wert von über 0,5 Promille, folgt
zumindest ein Bußgeld in Höhe von 250,- Euro und ein Monat Fahrverbot (§ 24a StVG).
Grundsätzlich gilt in Deutschland die 0,5-Promille-Grenze. Unterhalb dieses Wertes wird nur
bestraft, wer alkoholbedingte Ausfallerscheinungen wie z.B. „Schlangenlinienfahren“ zeigt
oder wegen der Alkoholwirkung einen Unfall verursacht.
Alkoholsünder bei denen mehr als 1,1 Promille gemessen werden machen sich strafbar wegen
einer Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB). Beim ersten Mal gibt es dafür eine Geldstrafe und es
droht die Entziehung der Fahrerlaubnis, sowie eine mindestens sechsmonatige
Führerscheinsperre. Das bedeutet, dass der Führerschein eingezogen wird und erst nach
Ablauf einer mehrmonatigen Sperrfrist der Führerschein auf Antrag wieder neu ausgestellt
werden kann. Bei Wiederholungstätern droht sogar eine Bewährungs- oder Haftstrafe.
Ergibt die Messung gar 1,6 Promille oder mehr, muss zudem vor einer Wiedererteilung des
Führerscheins die sogenannte MPU, die medizinisch-psychologische-Untersuchung,
absolviert werden (siehe Kasten).
So weit, so gut. Aber wie viel kann ich denn nun abends in der Kneipe oder dem Restaurant
trinken, ohne die genannten Sanktionen befürchten zu müssen ? Um dies herauszufinden,
nahm ich vor kurzem an einem Trinkversuch teil, bei dem ich während eines geselligen
Abends den zu diesem Zweck verordneten Bierkonsum mit regelmäßigen Messungen des
Atemalkoholwertes begleitete. Die Ergebnisse waren interessant.
Grundsätzlich ist natürlich zwischen dem Atemalkohol und dem Blutalkohol zu
unterscheiden. Die Atemalkoholkonzentration wird in Milligramm pro Liter angegeben und
die Blutalkoholkonzentration in Promille. Auch wenn eine Umrechnung nicht zulässig ist gilt
trotzdem folgende Faustregel: Der Wert des Atemalkohols muss mal zwei genommen werden
um den Promillewert zu erhalten, mit anderen Worten: Bei 0,25 mg/l
(Atemalkoholkonzentration) geht man von 0,5 Promille (Blutalkoholkonzentration) aus. Bei
den Ordnungswidrigkeiten, also zwischen 0,5 und 1,1 Promille genügt der Nachweis mittels
Atemalkoholmessgerät. Über 1,1 Promille ist ein Nachweis mittels Blutentnahme nötig.
Die im Blut bzw. der Atemluft befindliche Alkoholkonzentration liesse sich anhand der
Trinkmenge und des Körpergewichts mit der sogenannten „Widmarkformel“ auch berechnen.
Allerdings würde dadurch den individuellen körperlichen Besonderheiten nicht genügend
Rechnung getragen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass der Promillewert entgegen der
häufig geäußerten Ansicht nicht von der Trinkgewöhnung oder davon abhängt, ob man „viel“
oder „wenig verträgt“, sondern hauptsächlich –neben der Trinkmenge- vom Körpergewicht.
Die Aufnahme des getrunkenen Alkohols in das Blut erfolgt zu 20 % über die
Magenschleimhäute und zu 80 % über den Dünndarm. Je leerer der Magen ist, umso schneller
wird der Alkohol aufgenommen. Bei fettigen Speisen verzögert sich die Aufnahme relativ
stark. Die größte Verzögerung kann man erzielen, indem man vorher ein Glas Öl trinkt. In
diesem Fall beginnt die Wirkung mit einer halbstündigen Verzögerung, dafür aber plötzlich
und in voller Stärke. In Sibirien soll es Trinkspiele geben, bei denen man ein Glas Öl trinkt
und ein
Glas Wodka hinterher. Dies wird angeblich wegen der erzeugten starken Wirkung gemacht,
die man nach einer halben Stunde erlebt, wenn die Alkoholwirkung plötzlich einsetzt.
In der Regel dauert die Resorption des getrunkenen Alkohols, also die Aufnahme ins Blut,
zwischen 30 und 60 Minuten. Dabei gibt es auch ein gewisses Resorptionsdefizit, das heisst
ein Teil des Alkohols wird gar nicht in den Blutkreislauf aufgenommen. Der Verlustwert (10
bis 40 %) ist von Person zu Person äußerst unterschiedlich und hängt auch von den
individuellen körperlichen Besonderheiten, sowie dem Alter und dem Geschlecht ab.
Über den Blutkreislauf gelangt der Alkohol auch in die Lunge. Daher können vom
Atemalkoholwert auch gewisse Rückschlüsse auf den Blutalkoholwert gemacht werden.
Der Abbau des Alkohols erfolgt über die Leber. Erfahrungsgemäß baut der Mensch zwischen
0,1 und 0,2 Promille pro Stunde ab.
All diese Informationen helfen in der konkreten Situation nicht weiter, man möchte
schließlich wissen: was zeigt denn das Gerät nun an ?
Beim Trinkversuch mit dem Atemalkoholmessgerät konnten wir einiges Interessantes lernen.
Es hat sich gezeigt, dass die Werte stark variierten, je nachdem wie man sich unmittelbar vor
der Messung verhielt. Extrem hohe Werte werden angezeigt, wenn man unmittelbar vor der
Messung noch einen Schluck Bier oder Wein trinkt und dann direkt in den Apparat pustet.
Dies verwundert erst einmal nicht. Deshalb ist vorgeschrieben, dass nach dem letzten Schluck
eine Zeit von 20 Minuten vergangen sein soll, da die Werte sonst verfälscht werden. Wenn
man also direkt nach dem letzten Schluck in der Kneipe von der Polizei an der nächsten Ecke
aufgehalten wird, kann und sollte man auf jeden Fall darauf bestehen, die 20 Minuten Pause
einzuhalten. Dies hat einen weiteren Vorteil: In dieser Zeit wird außerdem der Alkoholwert
durch Abbau im Körper reduziert. Das gilt natürlich nicht beim sogenannten Sturztrunk:
Wenn kurz vor der Fahrt eine größere Menge in recht kurzer Zeit getrunken wurde, wird der
Alkoholwert nach einiger Zeit eher ansteigen, als sinken.
Einige meiner Mandanten haben mir auch berichtet, dass es sich in den Fällen in denen man
nicht sicher ist, ob sich die Alkoholkonzentration unterhalb oder knapp oberhalb der
relevanten Grenzen von 0,5 bzw. 1,1 Promille liegt, durchaus lohnt etwas Zeit zu gewinnen
und außerdem auf einer Blutentnahme zu bestehen. Die Fahrt zur Rechtsmedizin oder ins
nächste Krankenhaus nimmt nämlich oftmals über eine Stunde in Anspruch. In dieser Zeit
können bis zu 0,2 Promille abgebaut werden !
Es ist Ihr gutes Recht, auf einer Blutentnahme zu bestehen, zumindest wenn Sie die
Atemalkoholmessung verweigern. Die Atemalkoholmessung erfolgt freiwillig. Die Polizei
kann Sie hierzu nicht zwingen. Wenn Sie allerdings zunächst einer Atemalkoholmessung
zugestimmt haben und der Wert über 0,5 Promille, aber unter 1,1 Promille liegt, dann ist eine
zusätzliche Blutentnahme sinnlos. Für diesen Bereich der Ordnungswidrigkeit genügt nämlich
als Nachweis bereits der Atemalkoholwert. Der Polizist wird Ihnen eine Blutentnahme mit
dieser Begründung verwehren. Es bringt Ihnen dann auch nichts mehr wenn Sie selbst zur
Rechtsmedizin eilen und auf eigene Kosten eine Blutentnahme samt Bestimmung der
Blutalkoholkonzentration (Kosten ca. 350 Euro) durchführen. Statt dessen sollten Sie lieber
den Polizeibeamten fragen, ob denn das Atemalkoholmessgerät geeicht ist. Auf der Rückseite
muss das aktuelle Eichsiegel sichtbar sein.
Wer auf einer Blutentnahme besteht, riskiert die Kosten der Blutuntersuchung selbst zahlen zu
müssen, wenn die 0,5-Promille-Grenze tatsächlich überschritten wurde. Andererseits kann es
sich gerade in „knappen“ Fällen lohnen, etwas Zeit zu gewinnen. Dies gilt allerdings wie
gesagt nicht bei einem vorherigen Sturztrunk, da man dann genau die gegenteilige Wirkung
erzielt, nämlich später höhere Werte.
Beim Trinkversuch mit den Atemalkoholmessgeräten konnte man aber auch noch andere
interessante Dinge beobachten. Die Werte waren umso niedriger, je gründlicher man sich den
Mund mit klarem Wasser ausspülte. Der Alkohol, der sich noch in den Mundschleimhäuten
befindet hat sehr große Auswirkungen auf den Wert des Atemalkoholmessgerätes. Nach einer
gründlichen Spülung sinkt der Wert jedoch sehr stark. Man kann sich also wappnen und
immer einen Schluck Wasser im Auto dabei haben. Die Polizei kann Ihnen das nicht
verwehren, da der Test ohnehin freiwillig ist.
Einige meiner Mandanten berichteten mir auch von der deutlich spürbaren Wirkung des
sogenannten „Hyperventilierens“ unmittelbar vor dem Hineinpusten. Auch dies probierte ich
aus und konnte feststellen, dass tiefes Luftholen vor der Messung in der Tat niedrigere Werte
erzeugt, als ohne dieses starke Luftholen.
Die „Drogentests“ der Polizei
Konkrete Messverfahren wie beim Alkohol gibt es zum Nachweis einer Beeinflussung durch
Drogen nicht. Der Nachweis von Drogen im Blut stellt nach § 24a Absatz 2 StVG eine
Ordnungswidrigkeit dar und wird ebenso wie die Überschreitung der 0,5-Promille-Grenze mit
250 Euro Bußgeld und einem Monat Fahrverbot sanktioniert. Bei Cannabis wird jedoch ein
Mindest-THC-Wert von 1,0 ng/ml vorausgesetzt, da erst ab diesem Wert von einer Wirkung
der Droge ausgegangen wird.
Ein Fahrer der unter dem Einfluss illegaler Drogen (z.B. Cannabis, Kokain, Heroin) steht
kann sich aber auch wegen einer „Trunkenheitsfahrt“ gemäß § 316 StGB, vergleichbar einem
Alkoholsünder mit über 1,1 Promille, strafbar machen. Da es bei den illegalen Drogen keine
wissenschaftlich gesicherten Messwerte für den Grad der Wirkung oder der Beeinträchtigung
gibt, eine absolute Fahruntüchtigkeit also nicht vorliegen kann, hat die Rechtsprechung
Kriterien entwickelt, bei denen eine relative Fahruntüchtigkeit angenommen wird.
Voraussetzung für eine drogenbedingte Fahruntüchtigkeit sind daher Ausfallerscheinungen,
die die Verkehrssicherheit beeinflussen und auf die Wirkung der Drogen zurückzuführen sind.
Um diese Ausfallerscheinungen festzustellen werden von den Polizeibeamten immer häufiger
Tests durchgeführt. Dabei wird dem Autolenker, der des Drogenkonsums verdächtig ist,
angeboten, durch freiwillige Tests, wie zum Beispiel dem „Finger-Nase-Test“ und ähnlichen,
zu zeigen, dass man noch fahrtüchtig ist. Viele Autofahrer gehen auf die Tests ein, da Ihnen
von den Polizeibeamten vermittelt wird, dass man dadurch ja vielleicht eine Blutentnahme
verhindern kann. Die Blutentnahme erfolgt trotzdem meist postwendend. In den meisten
Fällen erhält man dann nach einiger Zeit einen Strafbefehl wegen Trunkenheit im Verkehr, da
die Tests äußerst unsicher verlaufen seien und daher drogenbedingte Ausfallerscheinungen
vorlagen. Das bedeutet meist eine Geldstrafe plus Entziehung der Fahrerlaubnis samt
Führerscheinsperre für einige Monate.
Dabei hätten die Autofahrer an den Tests gar nicht teilnehmen müssen. Diese sind rein
freiwillig. Keiner kann gezwungen werden. Die Ergebnisse sind sehr subjektiv und wenig
überprüfbar, zumal ja ausschließlich der subjektive Eindruck der Polizeibeamten
wiedergegeben wird. Außerdem müsste auch Berücksichtigung finden, inwiefern der
Getestete aufgrund der Anhaltesituation und der Konfrontation mit den Polizeibeamten unter
Umständen nervös ist und teilweise unsicher reagiert.
Daher ist es ratsam an derartigen Tests nicht teilzunehmen. Die Polizei wird ohnehin eine
Blutentnahme anordnen, wenn der Verdacht besteht, dass der Fahrer unter dem Einfluss
illegaler Drogen steht. Wird mit der Blutentnahme der Konsum von Drogen nachgewiesen,
wird die Führerscheinbehörde später in aller Regel die Fahrerlaubnis entziehen, unabhängig
davon, ob eine Straftat nachgewiesen wurde oder nicht.

Documentos relacionados