Das Shamisen - Adax Dörsam

Transcrição

Das Shamisen - Adax Dörsam
World Of Strings
Von Adax Dörsam
Das Shamisen
Japan ist ein geheimnisvolles Land mit eigentümlichen Instrumenten. Wie das Shamisen:
quadratisch, praktisch, gut.
ie Hitliste der japanischen Musikinstrumente wird angeführt von dem
Blasinstrument Shakuhachi und zwei
Zupfinstrumenten: Koto und Shamisen. Die Shakuhachi hielt in den Achtzigerjahren Einzug in die westliche Pop-Musik
mit Peter Gabriels ‚Sledgehammer‘. Der unvergleichliche Sound dieser speziellen Flöte hat
sich durch diesen Hit fest im kollektiven PopBewusstsein eingeprägt. Die Koto wiederum
kennt man eventuell von japanischen Federzeichnungen: auf dem Boden sitzende Frauen,
die ein vor ihnen liegendes Saiteninstrument
mit einem Federkiel anschlagen.
Aber das Shamisen? Auf YouTube kann man
sich schlau machen und findet einige Videos
zu diesem Instrument, das zur Familie der
Lauteninstrumente gehört. Da sollte man unbedingt mal reingucken.
Fotos: Uwe Statz
Schon das Aussehen des Shamisen ist außergewöhnlich: zuerst fällt einem der kleine viereckige Korpus auf. Dieser war in frühen Zeiten
mit Schlangenhaut bespannt. Da das aber sehr
weich klang, verwendet man heute in der Re-
Die Stimmmechaniken
Ein Riesen-Plektrum
Begleit-CD: Track 11
Zu diesem Instrument gibt es ein
Klangbeispiel auf unserer Begleit-CD,
eingespielt von Adax Dörsam.
102
A K U S TI K GIT A RR E 1 / 1 2
gel Katzen- oder Hundefell. Andere Länder,
andere Sitten! Die Form des Shamisen-Korpus könnte die Vorlage gewesen sein zu der
1959 von Bo Diddley erfundenen E-Gitarre
mit viereckigem Korpus.
Hals und Körper der Shamisen sind aus Palisander gefertigt. Der lange Hals besteht aus
mehreren versetzt zusammengeleimten Teilen. Auch der Kopf mit den Stimmwirbeln ist
angesetzt und verleimt. Die Halsbreite ist am
Ansatz in der ersten Lage 2,7 cm und bleibt
auch in dieser Breite. Der Hals mündet in
den viereckigen, leicht gerundeten Holzkorpus. Dieser besteht aus vier verleimten Seitenteilen. Damit gehört dieses Instrument
zu den seltenen sogenannten Kastenspießlauten und ist mit der ebenfalls dreisaitigen
marokkanischen Zupflaute Gimbri, sowie mit
der einsaitigen äthiopischen Fiedel Masengo
verwandt.
Oben und unten fest verklebt ist das weiße
Fell. Der Effekt ist vergleichbar mit einem
Banjo: das Teil ist richtig laut! Man kann
darauf auch wunderbar mit den Fingern
trommeln! Die Tiefe des Korpus beträgt 10
cm, die Korpusfläche 34 cm auf 22,5 cm.
Das Shamisen ist ein bundloses Instrument,
vergleichbar der Geige. Die Mensur beträgt
76,5 cm. Alles ist stabil und edel gebaut,
eben traditionelle japanische Qualitätsarbeit! Die drei Saiten werden von drei sehr
großen Stimmwirbeln gehalten. Holz auf
Holz – ohne Zahnradmechanik werden
die Wirbel fest hineingedreht,
bis das Tuning stimmt. Das
birgt gewisse Risiken, speziell im Live-Einsatz! Die
Saiten sind aus Nylon.
Skurril sieht das typische Plektrum zum
Anschlagen der Saiten aus: so groß und
ähnlich geformt wie
ein Ginkgoblatt, hat
man anfangs enorme
Probleme es zu halten!
Glücklicherweise kann
man sich auch mit einem
ganz normalen Plektrum
behelfen. Spieltechniken
und Haltung sind mit der
Gitarre vergleichbar. Das Shamisen
spielt in der Regel Melodien und solistische Single-Notes. Als mehrstimmige Elemente werden aber gelegentlich
auch Oktaven, Quinten und Quarten
eingefügt. Besonders mit leer klingender tiefer Bordun-Saite ein schönes Klangerlebnis!
Der Klang des Shamisen erinnert uns
am ehesten an ein Banjo. Ein harter
Ton mit großer Durchsetzungskraft ist
aber auch nötig: Es gibt zum Beispiel
Shamisen-Duette mit den großen japanischen Trommeln. Die traditionelle
und wichtigste Stimmung trägt den
schönen Namen „Honchôshi“ mit den
Tönen H, e und h. Andere gebräuchliche Stimmungen sind „Niagari“ mit
den Tönen H, fis und h (klingt optimistisch und hell). „Sansagari“ mit H,
e und a geht eher in die melancholische Richtung. Meine Lieblings-Stimmung ist D, a, d, eine Modifikation der
„Niagari“.
Die drei Saiten laufen über einen
kleinen Steg bis zur frei justierbaren
Brücke und werden hinter der Brücke in drei dicke Seile verknotet, die
an dem herausstehenden Ende eines
Stahlrohrs befestigt sind. Dieses läuft
durch den Korpus und stabilisiert
ihn. Sehr effektiv und praktisch! Ursprünglich chinesischen Ursprungs,
hat sich dieses Instrument in
Japan in allen Bevölkerungsschichten durchgesetzt und genießt
größte Popularität.
Von Volksweisen bis
zu klassischer Ensemble-Musik, von
Straßenmusik bis
zum Tanztheater
ist es überall präsent – allerdings
ausschließlich in
Japan!
Das
Shamisen

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