erste stunde - Theater der Jungen Welt

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erste stunde - Theater der Jungen Welt
ERSTE STUNDE
Von Jörg Menke-Peitzmeyer | Klassenzimmerstück | 13plus
Begleitmaterial zur Inszenierung
Theater der Jungen Welt | Spielzeit 2013/2014
Erste Stunde
Von Jörg Menke-Peitzmeyer | Klassenzimmerstück | 13plus
Es spielt:
Jürgen
Kevin Körber
Regie
Ausstattung
Dramaturgie
Theaterpädagogik
Regieassistenz
Hospitanz Theaterpädagogik
Romy Kuhn
Jule Dohrn-van Rossum
Romy Kuhn
Simone Neubauer
Romy Marienfeld
Carolin Senftleben
Inspizienz (mobil)
Ankleidung
Requisite
Susann Fiedler, Matthias Kuhn
Petra Voigt, Doreen Winkler
Julia Herrmann
Premiere: 23.04.2009 | Thomasschule
Umbesetzungspremiere: 4.9.2013 | 56. Mittelschule, Leipzig
Aufführungsdauer: 45 min | eine Unterrichtstunde
Aufführungsrechte: Theaterverlag Hofmann-Paul, Berlin
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 1
Danksagung
Das Inszenierungsteam dankt den folgenden Schulen, Klassen und Lehrerinnen für die Probenmöglichkeiten:
Nachbarschaftsschule, Helmholtzschule (Klasse 6, Frau Barth), Schumann-Gymnasium (Klasse 8, Frau Drechsler),
Berufschulzentrum I (Klasse 12, Frau Feilhauer)
Besonders danken möchten wir unserer Projektklasse vom Leibnizgymnasium, der Klasse 7 und Frau Müller für die
wunderbaren Diskussionen und Improvisationen in der Schule.
Impressum
Theater der Jungen Welt | Eigenbetrieb der Stadt Leipzig
Lindenauer Markt 21 | 04177 Leipzig
Intendant: Jürgen Zielinski | Spielzeit 2013/2014
Redaktion: Romy Kuhn, Ulrike Taube, Carolin Senftleben
Fotos: Frank Schletter | Layout: Cora Steinbock
Download und mehr Informationen unter: www.tdjw.de
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 2
Inhalt
1.
Keine Schule ohne Mobbing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.1
1.2
1.3
Zum Stück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Zum Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Das Klassenzimmer als Bühne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
2.
Dramaturgische Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.1
2.2
2.2.1
2.2.2
2.2.3
2.2.4
Gewalt an Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Mobbing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Definition und Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Wer wird zum Opfer, wer zum Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Die Folgen von Mobbing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Wegsehen hilft nicht – Maßnahmen gegen Mobbing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9
3.
Textauszüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
3.1
3.2
Aus dem Stück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Aus dem Blog zum Theaterstück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
4.
Spielpraktische Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
5.
Weiter lesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
Aus den Lektüreempfehlungen Klasse 7–10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Tipps für Schüler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Links und Foren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Infos für Lehrer und den Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Quellen für dieses Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 3
1.
Keine Schule ohne Mobbing
Mobbing ist die häufigste Gewaltform an deutschen Schulen. Eine Münchner Studie ergab, dass es in jeder Klasse
mindestens ein Mobbingopfer gibt. Auch die Diskussion im Blog des Theater der Jungen Welt (bis Spielzeit 2012/13)
zeigte, dass Schüler um die Allgegenwart von Mobbing in der Schule wissen. Erste Stunde von Jörg Menke-Peitzmeyer ist ein Theaterstück, das den schwer zu führenden Dialog über Mobbing anstößt und das Problem genau da
behandelt, wo es entsteht: im Klassenzimmer.
1.1
Zum Stück
»Okay, bringen wir’s hinter uns. Ich gebe euch fünf Minuten. Fünf von fünfundvierzig, da könnt ihr nicht sagen, ich
wär nicht großzügig. Fünf Minuten, in denen könnt ihr mit mir machen, was ihr wollt.«
Ein neuer Mitschüler steht vor der Klasse. Er gibt den Jugendlichen 5 Minuten, in denen sie mit ihm machen können, was sie wollen: ihn Arschloch nennen, verprügeln, den Rucksack wegnehmen. Alles wird er ohne Gegenwehr
über sich ergehen lassen. Im Anschluss aber fordert er für den Rest der Stunde seine Ruhe. Nach einer Odyssee
durch mehrere Schulen ist diese Offenheit sein Versuch, sich aus dem Mobbingopfer-Dasein zu befreien. Die Angst
vor den Attacken seiner Mitschüler hat mehrfach dazu beigetragen, dass er nicht versetzt wurde. Jetzt redet er über
seine Ängste, aber auch von der Feigheit und Aggressivität seiner Peiniger.
Außenseiter werden solange schikaniert, bis sie alles verlieren: die Lust an der Schule, Halt in der Gemeinschaft
und ihre Selbstachtung. Der provokante Monolog von Jörg Menke-Peitzmeyer spricht die Zuschauer in ihrer Rolle
als Mitschüler direkt an, Machtstrukturen innerhalb des Klassenverbandes werden bloßgelegt. Er zeigt in 45
Minuten die existentielle Suche nach einem Ausweg für die Opfer, die Täter und die Zuschauer.
Aus der Verlagsinformation zum Stück:
»Erste Stunde ist ein echtes Klassenzimmerstück zum Thema Mobbing, eine Provokation, ein Risiko, und braucht
einen mutigen Schauspieler.«
1.2
Zum Autor
Jörg Menke-Peitzmeyer ist einer der bekanntesten Autoren für das deutschsprachige
Kinder- und Jugendtheater und lebt als freiberuflicher Autor und Schauspieler in Berlin.
1966 in Anröchte/Westfalen geboren, studierte er 1986–1990 Schauspiel an der
Folkwang Hochschule in Essen und arbeitete anschließend als Schauspieler in Mainz,
Gießen, Berlin, Stendal und Coburg. Von 1998–2002 studierte er am Deutschen
Literaturinstitut in Leipzig dramatisches Schreiben. Seine Abschlussarbeit war der
Monolog Der Manndecker, in dem er zum ersten Mal seiner Affinität zum Fussball literarisch Ausdruck verlieh. Weitere Fussballstücke wie Steht auf, wenn ihr Schalker seid und
B-Jugend folgten und machten ihn auf den Jugendtheaterbühnen bekannt. Er schrieb
Auftragsarbeiten für das Theater der Altmark in Stendal, das Theater Freiberg, das GripsTheater Berlin, das Schlosstheater Moers und das Junge Ensemble Stuttgart.
Foto: Klaus Dieker
Neben dem Bolzplatz, der den Hintergrund für dramatische Konflikte bildet, thematisiert er in seinen Stücken
Themen wie Jugendarmut, Essstörung, Tod, Mobbing, die Deutsch-Deutsche Geschichte oder Krebs. Er schrieb
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 4
bereits mehrere Stücke speziell für das Klassenzimmer. Sein jüngstes Werk für die Schule Ich bin ein guter Vater
wurde 2008 im Rahmen von Boxenstopp Leipzig als Werkstatt-Inszenierung erstmals öffentlich vorgestellt und
2009 für das 10. Deutsche Kinder- und Jugendtheatertreffen Augenblick mal! nominiert.
Jörg Menke-Peitzmeyer erhielt 2006 den Autorenförderpreis der Landesbühnen für Erste Stunde, 2007 den
Bayrischen Theaterpreis für Der Essotiger. Er war 2006 mit Steht auf, wenn ihr Schalker seid für den Deutschen
Jugendtheaterpreis nominiert.
Aus der Laudatio der Landesbühnengruppe im Deutschen Bühnenverein für Erste Stunde: »Jörg Menke-Peitzmeyer
hat einen atemlosen, sprachlich dichten Monolog geschrieben. (…) Wem das Tätersein nicht liegt, der spezialisiert
sich, wie der Schüler Jürgen Rickert, am besten auf die Rolle des Opfers. Eine Rolle, die laut Stück, einem wesentlich mehr abverlangt: Intelligenz, Instinkte, Überlebensstrategien, Intuition. (…) Nun ist es dem Autor aber keineswegs nur um den Schock zu tun. Er relativiert klug, indem er, teils mit Witz, das Groteske der Verhältnisse, das
nicht Gemäße auch des eigenen Verhaltens des Jugendlichen Rickert vor Augen führt. Rickert ist ein Antiheld, ein
Ritter von der traurigen Gestalt. Jörg Menke-Peitzmeyer hat ein nötiges, beeindruckendes und mutiges
Theaterstück über unsere Schulen geschrieben, die die Schulen des Lebens sind.«
1.3
Das Klassenzimmer als Bühne
Wenn das Theater ins Klassenzimmer kommt, verwandelt sich ein gewohnter Ort in einen neuen Raum der
Möglichkeiten. Wo sonst Lehrer und Schüler mit dem Lehrplan kämpfen, mischt sich der unbekannte Schauspieler
ein. Er bringt durcheinander, lokalisiert das Klassenzimmer neu, indem er in ihm einen Geschichtenraum erschafft
oder die Authentizität der Schule für ein realistisches Spiel nutzt. Tafel, Tische, Zeigestab und Schwamm sind die
Ausstattung, die Schulklingel bestimmt die Länge des »Dramas«. Ohne Scheinwerfer, Bühnenrampe, Requisitenschlacht und aufwändige Maske stehen bzw. sitzen sich Darsteller und Publikum unmittelbar gegenüber.
Diese Nähe macht beide Seiten ungeschützter als im Theater und kann die Interaktion mit dem Publikum provozieren. Dieses Publikum aber ist auch ein anderes als im Theatersaal des Kinder- und Jugendtheaters, denn die
Aufführung wird exklusiv für eine Gruppe gespielt, die sich sehr genau kennt und wo sich der Einzelne nicht in der
Dunkelheit des Zuschauerraums verstecken kann.
Intimität und Authentizität sind also die Hauptmerkmale dieses besonderen Theatergenres. Spannung erzeugt
sowohl beim Spieler wie beim Publikum die sich auflösende Grenze zwischen Realität und Theater. Ein perfektes
Zusammenspiel von Schule und Theater.
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 5
2.
Dramaturgische Materialien
2.1
Gewalt an Schulen
Im Alltag wird Gewalt meist mit körperlichen Übergriffen oder kriminellem Verhalten assoziiert. Schüler, Lehrer,
Schulleiter oder Eltern bringen vor allem Verhaltensweisen wie Schlägereien, die Bedrohung mit einer Waffe, Erpressung oder Vandalismus mit Gewalt in Zusammenhang. Verbale Ausfälle, wie Beschimpfen oder Beleidigen, werden
hingegen von sehr viel weniger Befragten mit Gewalt assoziiert, bedeuten für die Betroffenen aber eine gleichzusetzende seelische Belastung und Gefahr.
Im Zusammenhang mit Gewalt in der Schule werden in den vergangenen Jahren statt des Begriffes »Gewalt« zunehmend die Begriffe »Bullying« oder »Mobbing« verwandt, die im Deutschen u.a. mit »Schikanieren« oder »Stänkern«
übersetzt werden können. Der Begriff »Mobbing« beschreibt auch treffender die psychische und verbale Ebene von
Gewalt an Schulen.
Die Berichterstattung der Medien lässt häufig den Eindruck entstehen, dass gewalttätige Übergriffe – insbesondere
durch Jugendliche – dramatisch zugenommen haben. Kaum etwas deutet jedoch auf eine dramatische allgemeine
Zunahme von Gewalt im Schulbereich hin. Vielmehr spricht einiges dafür, dass von der Zunahme einige Schultypen
stärker betroffen sind als andere, und zwar in erster Linie Sonderschulen, Hauptschulen und Gesamtschulen mit
sozial problematischen Einzugsgebieten. Bezogen auf Jugendgewalt allgemein, also auch Gewalt außerhalb des
Schulbereichs, belegen die meisten Studien, dass gewalttätiges Verhalten vor allem zwischen Mitte der Achtziger
Jahre und Anfang der Neunziger Jahre europaweit zugenommen hat.
Schwerwiegendes kriminelles Verhalten kommt im Schulbereich sehr selten vor und ist eher untypisch für Gewalt in
der Schule. Verbale Gewalt ist die typischste Form. Zahlreiche Studien in Deutschland wie auch in anderen Ländern
zeigen, dass sich gewalttätiges Verhalten nicht auf eine einzelne Ursache zurückführen lässt. Folgende Faktoren
können gewalttätiges Verhalten beeinflussen:
Familie
* Gewalttätiges Verhalten der Eltern
* Niederer sozialer Status der Eltern (Arbeitslosigkeit, Empfang von Sozialhilfe)
* Restriktives Erziehungsverhalten
Schule
* Besuch bestimmter Schultypen und Qualität der Ausbildung
* Schulklima (Atmosphäre in der Schule, u.a. bedingt durch den Umgang zwischen Lehrern und Schülern,
Angeboten in der Schule, Gestaltung der Schulumgebung)
* Isolation in der Klasse
* ein autoritärer und restriktiver Unterrichtsstil
Persönlichkeit
* Hoher Stimulationsbedarf
* Niedrige Frustrationstoleranz
Sonstiges
* Gewalttätige Peer Group (Gleichaltrigengruppe)
* Sozialer Druck
* Unzureichende soziale Integration von Immigranten
* Einflüsse der Medien
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 6
Als Happy Slapping (engl. etwa für »fröhliches Schlagen«) wird eine Körperverletzung auf meist unbekannte
Passanten, aber auch Mitschüler oder Lehrer bezeichnet. Die meist jugendlichen Angreifer laufen dabei z.B. auf
ihre Opfer zu und schlagen es z.B. ins Gesicht. Mitunter werden Opfer auch bis zur Bewusstlosigkeit verprügelt,
anderweitig verletzt, sexuell genötigt oder vergewaltigt. Die Angreifer flüchten daraufhin, ohne sich um das Opfer
zu kümmern. Üblicherweise wird der Angriff von einem weiteren Beteiligten mit einer Handy- oder Videokamera
gefilmt. Die Aufnahmen werden anschließend im Internet veröffentlicht oder per Mobiltelefon verbreitet. Motive
für »Happy Slapping« sind unter anderem ein Bedürfnis, über Extremhandlungen auf sich aufmerksam zu machen
und diese Gewalttaten als Videobeweis zu dokumentieren und zugleich das Opfer erneut zu demütigen.
In Folge von Mobbing und Happy Slapping nahm sich 2006 in Danzig/Polen ein Mädchen das Leben.
Die 14-Jährige erhängte sich, nachdem sie von Mitschülern sexuell belästigt wurde und die Aktionen mit einer
Handykamera gefilmt wurden.
2.2
Mobbing
2.2.1. Definition und Formen
Mobbing ist ein in Schulen weit verbreitetes Phänomen, wobei es nicht verwechselt werden darf mit kurzzeitigen
Konflikten, Streitereien, aggressiven Auseinandersetzungen oder Ausgrenzungen unter Kindern und Erwachsenen.
Mobbing kommt vom englischen »mob« für Meute bzw. randalierender Haufen. »To mob« heißt pöbeln. Der Begriff
des »Mobbings« bezeichnet eine Art Psychoterror, also einen Prozeß der systematischen Ausgrenzung und schwerwiegenden Erniedrigung eines anderen Menschen, die von einer oder mehreren Personen fortwährend betrieben
werden. Diese feindseligen Handlungen geschehen mit einer gewissen Regelmäßigkeit und über eine bestimmte
Dauer, entweder verbal (drohen, verspotten, beschimpfen), physisch (schlagen, schubsen, treten, kneifen, festhalten) oder non-verbal (Grimassen schneiden, böse Gesten, Rücken zuwenden).
Schüler-Mobbing kann man in 3 Hauptkategorien unterteilen:
1. Angriffe auf Mitteilungsmöglichkeiten
* Man wird ständig unterbrochen
* Anschreien oder lautes Schimpfen
* Ständige Kritik am Tun oder Privatleben
* Telefonterror
* Mündliche Drohungen (auch unter vier Augen)
* Schriftliche Drohungen (sind seltener, wegen des Beweises)
* Kontaktverweigerung durch abwertende Blicke/Gesten/Andeutungen, ohne etwas auszusprechen
2. Angriffe auf soziale Beziehungen
* Es wird nicht mit dem Gemobbten gesprochen
* Man lässt sich nicht ansprechen
* Man wird wie »Luft« behandelt
3. Angriffe auf soziales Ansehen
* Hinter dem Rücken des Gemobbten wird schlecht über ihn gesprochen
* Man verbreitet Gerüchte
* Man macht jemanden lächerlich
* Man verdächtigt jemanden, psychisch krank zu sein
* Man macht sich über eine Behinderung lustig
* Man imitiert den Gang, die Stimme oder Gesten, um jemanden lächerlich zu machen
* Man macht sich über das Privatleben lustig
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 7
* Man beurteilt den Arbeitseinsatz in falscher oder kränkender Weise
* Man ruft dem Gemobbten entwürdigende Schimpfworte oder Ausdrücke nach
2.2.2. Wer wird zum Opfer, wer zum Täter
Grundsätzlich ist Mobbing kein individuelles Problem der Opfer oder Täter, sondern ein strukturelles Gruppenphänomen, das eskaliert ist, weil keine rechtzeitigen und hinreichenden Interventionen erfolgten. Jedoch scheinen
bestimmte Persönlichkeitszüge der Opfer Mobbing zu fördern: so können Schüler betroffen sein, die ängstlich oder
überangepaßt sind und ein geringes Selbstwertgefühl haben. Auch auffälliges oder andersartiges Aussehen, Ungeschicklichkeit, Hilflosigkeit oder geringe Frustrationstoleranz können dazu prädestinieren. Manchmal kommen
potentielle Opfer auch aus Familien mit betont gewaltsensiblen bzw. gewaltächtenden Verhaltensnormen, oder es
trifft Schüler, die besonders gutgläubig und vertrauensvoll auf ihre Mitschüler zugehen. Letztlich verfügen sie nicht
über die nötige soziale Gewandtheit, um ganz allein den Angriffen der Täter die Stirn zu bieten.
Bei Tätern, d.h. Schülern, die aktiv mobben, sind häufig folgende Tendenzen zu beobachten: Demonstration von
Stärke/Macht (häufig körperliche, seltener geistige Überlegenheit), Steigerung des (mangelnden) Selbstwertgefühls, Kompensation von Schwächen, Führer-Verhalten (sie haben oft Anhänger/Mitläufer in Cliquen), dabei überspielen sie oft die eigene Unsicherheit, die Unzufriedenheit mit sich selbst – oder sie lassen aufgestaute Aggressionen an einem Unschuldigen aus.
Die Mitläufer wollen vor allem nicht die Zugehörigkeit zu der Gruppe aufs Spiel setzen, in der sie sich stark fühlen.
Beobachter schreiten häufig nicht ein, weil sie Angst haben, selbst zum Mobbingopfer zu werden. Mobbing kann
aber auch von einer einzelnen Person ausgehen.
2.2.3. Die Folgen von Mobbing
Häufig sind die Erwachsenen ratlos oder schauen weg, während die Opfer, egal ob Kinder oder Erwachsene, die
Schuld bei sich selbst suchen und zunehmend in eine soziale Isolation geraten. Lehrkräfte sind meist überrascht,
wenn man sie auf Mobbing in einer Klasse anspricht. Denn die Schikanen geschehen oft zu subtil und meist außerhalb des Unterrichts, während der Pausen oder auf dem Schulweg.
Je länger Mobbing andauert, umso schwieriger ist es, eine Lösung zu finden und umso sicherer ist die körperliche
oder seelische Beeinträchtigung der betroffenen Kinder oder jungen Erwachsenen.
Forschungen bestätigen, dass Mobbing sich auf die gesamte Persönlichkeit des Opfers auswirkt und Selbstvertrauen, Lernmotivation, Leistungsvermögen und Gesundheit schädigt. Die gesundheitlichen Beschwerden sind
beträchtlich. Durch die wahrgenommene Isolierung entwickeln sich häufig depressive Tendenzen.
Zunächst ist Mobbing auch dadurch wirksam, dass die Opfer das »Problem« erst einmal bei sich selbst suchen, und
dies oft über längere Zeit. Nur selten informiert ein Schüler oder eine Schülerin einen Lehrer oder erzählt den
Eltern, was tagtäglich passiert.
Bei jugendlichen Betroffenen können folgende Verhaltensweisen mögliche Anzeichen für Mobbing sein:
* Sie wollen nicht mehr zur Schule gehen
* Sie wollen zur Schule gefahren werden
* Ihre schulische Leistung läßt nach
* Sie verlieren Geld (das Geld wird von den Tätern erpresst)
* Sie können oder wollen keine schlüssige Erklärung für ihr Verhalten geben
* Sie beginnen zu stottern
* Sie ziehen sich zurück
* Sie haben Alpträume
* Extremfall: Sie begehen einen Selbstmordversuch oder Amoklauf
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 8
2.2.4. Wegsehen hilft nicht – Maßnahmen gegen Mobbing
Meist geht dieses Mobbing von Mitschülern aus – es kommt aber auch vor, dass Lehrer selbst einen bestimmten Schüler »auf dem Kieker haben« und diesen ständig gezielt niedermachen. Auch in diesem Fall muss Hilfe gesucht werden,
entweder über die Eltern, andere Lehrer oder den Schulleiter, denn Mobbing »vergeht« nicht von alleine.
Typisch für Mobbingsituationen ist das Publikum, das nicht interveniert. Doch das Beklatschen, ebenso wie das
»nur« Zusehen, Wegsehen, Dulden hat verstärkende Wirkung für den Betreiber des Mobbings. Es bestätigt ihn in
seinem Tun und macht ihn und seine Gewalt erfolgreich. Somit gibt es bei Mobbing nicht nur den aktiven Täter,
sondern auch die passiven Täter als Helfer und Möglichmacher, ohne die Mobbing nicht funktioniert. Ganz alleine
und ohne Hilfe zu sein, ist für das Opfer fatal: Nur sehr selten fordern Opfer Hilfe von außen ein. Meist schämen
sich die Opfer und suchen die Schuld bei sich. Auch belegt die Forschung, dass bei Opfern die Wahrscheinlichkeit
steigt, in die Täterrolle zu schlüpfen, um Wut, Frust und Aggression an wiederum schwächeren Opfern auszuleben.
Schüler/innen sollten den Mut haben, sich an eine Person zu wenden, die helfen kann (Lehrer, Schulpsychologen,
Eltern, Freunde, Außenstehende, Beratungsstelle). Auch der Kontakt mit Betroffenen im Internet kann helfen, das
Selbstbewußtsein wieder zu gewinnen und Wege aus der Opferspirale zu finden (siehe 5.3 LINKS UND FOREN).
Lehrer/innen sollten klar Standpunkt beziehen und versuchen, zumindest den »zusehenden« Mitschülern, möglichst aber auch den Tätern einen Perspektivenwechsel zu ermöglichen und ihnen die psychischen Folgen für die
Opfer in einer solchen Situation klar zu machen. Sie sollten Schüler ermutigen, über Mobbing-Vorfälle zu berichten.
Klassenregeln sollten als präventive Maßnahmen gegen Mobbing vereinbart werden.
Eltern sollten die Warnsignale von Mobbing kennen. Sie sollten das Kind ernst nehmen, wenn es z. B. nicht mehr in
die Schule gehen will, morgens Magenschmerzen hat, Albträume hat, viel krank ist oder Schulsachen beschädigt
nach Hause bringt. Bei Mobbing-Verdacht sollten sie nicht vorschnell mit dem Täter Kontakt aufnehmen, sondern
die Schule informieren.
Allgemein sollten in Schulen präventive Maßnahmen gegen Gewalt und Mobbing durchgeführt werden und Projekte
unterstützt werden, die das Schulklima verbessern und eine offene Atmosphäre und faire konstruktive Gesprächsund Streitkultur ermöglichen. Dies kann in Projekten, Elternabenden, Konferenzen, Vorträgen etc. geschehen.
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 9
3.
Textauszüge
3.1.
Aus dem Stück
»Na, wie gefällt euch das? Ganz schön anstrengend, kann ich euch sagen.
Mobben geht auf die Stimme, hört ihr, ich bin schon ganz heiser. Also für mich wär das nichts. Dieser ganze Stress.
Ständig mußte checken, ob jemand schon die Kohle abgedrückt hat. Ob er auch die Schnauze hält. Ob die andern
dich noch RESPEKTIEREN. Ob dir auch keiner ins Gehege kommt. Ob du nicht irgendwo schon längst woanders auf
der Abschußliste stehst. Ob du nicht auch bald was von deiner Kohle abdrücken mußt. An Leute, die noch größer,
noch stärker, noch mächtiger sind als du. Und dann diese Sache mit der Selbstachtung. Das wär mein eigentliches
Problem. Ich meine, son Täter, der muß doch total bescheuert sein. Zu blöd, um seinen eigenen Lebensunterhalt zu
verdienen, lässt irgendson armseliges Opfer für sich anschaffen, ich meine, hat son Täter keine Ehre im Leib, keinen Respekt vor sich selbst? Also, mir wär das total peinlich, wenn ich son Opfer wie mich für mich arbeiten lassen
müßte. Aber ich schätz mal, son Täter ist auch bloß ein Opfer. Sein eigenes Opfer. Und das Schlimmste ist: er
kriegts nicht mal mit.« […] (S. 11f.)
»Wißt ihr, warum die Brasilianer so gut Fußball spielen können? Weil die meisten von ihnen aus den Slums kommen. Und in den Slums spielt man, um zu überleben. Da spielt jeder gegen jeden, Sechsjährige gegen Vierzigjährige, und die Stärkeren bestimmen die Regeln. Und immer geht es um irgendwas, Geld, Alkohol, Drogen. Es gibt
Eltern, die schicken ihre Kinder zum Anschaffen auf den Bolzplatz. Wenn der Vater nichts mehr zum Saufen hat,
muß der Sohn drei Tore schießen. Wenn du da nicht schnell genug bist, hast du nicht nur den Ball verloren, sondern auch den Knöchel oder das Schienbein gebrochen, und wenns dein Gegner nicht besorgt, dann spätestens
dein Alter, wenn du abends mit leeren Händen dastehst. Du musst immer auf der Hut sein, jede Bewegung in deinem Rücken musst du vorausahnen. Also lernst du, mit der Sonne zu spielen und die Schatten zu lesen. Nur dann
hast du eine Chance.« […] (S. 13)
»Es kann theoretisch jeder sein. Wirklich jeder. Aus dem Alter, in dem man sich fragt, warum ausgerechnet ich, bin
ich längst raus. Am Anfang hab ich gedacht, es hätte mit meiner Größe zu tun, ich war schon mit dreizehn 1,90
groß. Oder damit, daß mich meine Mutter mal zur Schule gebracht hat, weil sie zufällig nen Arzttermin in der
Gegend hatte. Aber als ich dann auf meiner zweiten Schule war, waren die andern Jungen nachgewachsen und
meine Mutter hat mich nie zur Schule gebracht. Sie haben mich trotzdem gemobbt. Da hab ich gedacht, es liegt an
meiner feuchten Aussprache, oder daß ich jeden Tag die gleichen Klamotten anhatte. Plötzlich war der Platz neben
mir nämlich frei. Es wollte keiner neben mir sitzen. Und die Mädchen haben sich abgedreht, wenn ich vorbeikam.
Was auf der dritten Schule dann aber niemand gemacht hat, obwohl ich das mit der feuchten Aussprache nie in den
Griff gekriegt hab und ich immer noch jeden Tag dieselben Klamotten anhatte. Dafür haben sie mich dann Gaby
genannt.« [...] (S. 22)
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 10
3.2. Aus dem Blog* zum Theaterstück (*bis Spielzeit 2012/13)
In einem Begleitprojekt zum Klassenzimmerstück »ERSTE STUNDE« von Jörg Menke-Peitzmeyer arbeitete das TdJW
mit einer 7. Klasse des Leibnizgymnasiums zusammen. Die 25 SchülerInnen diskutierten, improvisierten und filmten mit dem Inszenierungsteam rund um das Thema Mobbing und das Stück. Im Projekt-Blog berichteten sie von
den Treffen. Spannende Diskussionsrunden oder Fragen, die bisher nicht gestellt worden sind, konnten dort Interessierte mitverfolgen. Hier einige Auszüge aus dem Blog:
1. Anja
Am 26. März 2009 um 21.23 Uhr: Ich finde das Projekt auch voll gut, weil es mal eine Abwechslung zum normalen
Deutschuntericht ist und weil es sehr viel Spaß macht. Achso, ausserdem sollte man wirklich mal über das Thema
Mobbing reden! Alle sollten wissen, wie sie reagieren müssen, wenn sowas passiert. …
2. Barbie-Girl
Am 18. März 2009 um 14.24 Uhr: Ich finde es gibt keine Schule ohne Mobbing.
Man wird ausgeschlossen. Menschen sollten mehr darüber nachdenken, wenn sie jemandem etwas zu leide tun.
Wie der letzte Amokläufer Tom K., der keine Freunde gehabt haben soll. Dieses Problem sollte man wirklich nicht
unterschätzen!
3. Degu Mäc
Am 18. März 2009 um 17.39 Uhr: Ich glaube auch nicht, dass es eine Schule ohne Mobbing gibt. Nur wenn es Leute
gibt, die keine eigene Meinung haben, weil es ihnen dann egal ist, gibt es kein Mobbing.
4. apfelkuchen
Am 30. März 2009 um 15.08 Uhr: … ich finde das projekt richtig toll. vor allem, weil man dadurch auch etwas lernt
und danach mehr über mobbing weiß und auch mehr dagegen tun kann!! … ich fände es toll, wenn wir mal ein paar
beispiele spielen oder besprechen … wie man sich gegen mobbing wehren kann … als unbeteiligter, aber auch als
opfer und vielleicht auch spielen, weil es dann besser im kopf bleibt!!
5. Happy :-)
Am 21. März 2009 um 17.42 Uhr: Ich finde auch, dass es keine Schule ohne Mobbing gibt, weil es an jeder Schule
verschiedene Schüler gibt. Trotzdem fällt es keinem auf, dass jemand gemobbt wird.
6. Anja
Am 21. März 2009 um 21.31 Uhr: happy? ich bin ganz deiner meinung … ausser das mit dem, dass es keiner merkt,
aber ich denke, in einigen fällen merken die anderen schüler schon, dass jemand gemobbt wird … die sollten sich
zusammen tun und etwas unternehmen.
7. apfelkuchen
Am 1. April 2009 um 18.09 Uhr: heute war mal wieder richtig toll!! und die kleinen dialoge, die wir spielen sollten,
waren eine tolle idee. dadurch, dass wir diese dann noch mal spielen sollten, nur dass die situation anders ist oder
eine person dazu kam, hat man auch gesehen, was man gegen mobbing tun kann …
8. mrs.b0mbastic:D
Am 2. April 2009 um 19.47 Uhr: es ist gut, dass mal über dieses wichtige thema gesprochen wird, was sonst viel zu
sehr in den hintergrund geschoben wird. es ist auch interessant, die meinungen der anderen darüber zu hören, und
von denen, die auch erfahrungen damit gemacht haben. es macht jedes mal wieder richtig spass und ist mal etwas
anderes als gewöhnlicher unterricht. – nichts gegen »gewöhnlichen« unterricht. ich finde es auch besonders phänomenal, dass wir unsere kreativität im schauspielerischen bereich unter beweis stellen sollen.
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 11
9. Meister_Ali
Am 7. April 2009 um 16.02 Uhr: Eine Schule ohne MOBBING kann es deshalb nicht geben weil:
– Jeder Mensch ist anders und hat andere Meinungen
– Bei so vielen Menschen gibt es einfach viele Konflikte
– Einfachso
…………………..*-*....
…………………...O…..
…………………./.|.\….
…………………../.\…..
10. apfelkuchen
Am 7. April 2009 um 16.32 Uhr: deine argumente sind gut, meister_ali, aber das einfach so passt nicht ganz.
11. AB
Am 18. März 2009 um 16.01 Uhr: Eine Schule, wo es kein Mobbing geben soll, ist bestimmt sehr schwer zu finden
und ich glaube sogar unmöglich. Schon darum, weil jeder etwas an einer Person auszusetzen hat (muss ja nicht
immer die Kleidung sein) und wenn sich dann immer mehr zusammenschließen und die später gemobbte Person
nicht sehr selbstbewusst ist und keinen guten Ruf in der Klasse hat, kann es ganz schnell sein, dass diese Person
zum Gemobbten wird. Selbst wenn die Mobber es nicht so schlimm finden, kann es für das Opfer schon sehr
schlimm sein und wenn man es nicht schon mal selber erlebt hat, sieht oder bemerkt man es nicht, erst wenn es zu
spät ist, also wenn die Täter nicht mehr physische, sondern schon körperliche Gewalt anwenden. Den Leuten, die
das Opfer nicht gut kennen, ist es dann auch meistens egal, was mit dem Opfer gerade gemacht wird und sie
gucken einfach nur zu und schreiten nicht ein.
12. Mäx
Am 22. März 2009 um 20.37 Uhr: Eine Schule ohne Mobbing könnte es geben, wenn alle die, die Probleme schulischerseits sowie Probleme mit anderen Schüler nicht verstecken, sondern offenbaren würden.
13. werdegu
Am 23. März 2009 um 15.20 Uhr: Eine Schule ohne Mobbing kann es theoretisch nicht geben, da man bei jeder Person etwas Schlechtes findet, dies ist auch meistens der Grund für Mobbing, die oder der Täter fangen an, den
Außenseiter auszulachen, es fängt oft ganz harmlos an, und das Opfer versteht es am Anfang auch als Spaß. Doch
mit der Zeit wird es immer härter und aus Spaß wird oft Hass.
14. masch
Am 25. März 2009 um 11.39 Uhr: @werdegu; @AB; Ich finde, es kann – theoretisch – sehr gut eine Schule ohne
Mobbing geben, weil man jemanden nicht hänseln muss, wenn jemand anders ist oder schwach. Und weil ein
Außenstehender nicht mit einem Mobber mitlachen oder mitmachen muss, wenn aus Spaß Ernst wird.
15. bella+edward
Am 25. März 2009 um 14.59 Uhr: Erstmal find ich voll gut, dass wir so was machen dürfen.
Soooo und nun zum Thema: Mobbing gibt es an ALLEN Schulen, auch wenn man es nicht mitkriegt!! Mobbing ist
etwas, was alle angeht und da stimm ich Anja auch voll zu!
16. apfelkuchen
Am 30. März 2009 um 15.16 Uhr: sollte saleh nicht mal das thema: jungs streiten sich weniger als mädchen …
ansprechen??? naja dann mach ich das halt …
also ob jungs sich öfters streiten weiß ich nicht. ich glaube, das kommt darauf an, ob sie befreundet sind oder
nicht … und mädchen streiten sich schon ziemlich oft, aber vertragen sich auch ziemlich schnell wieder (wenn sie
freunde sind). Aber so zicken oder so, also mädchen die nicht gerade die besten freundinnen sind und sich
eine vielleicht auch noch besser fühlt, als die andere, dann kommt es oft zu streit und man verträgt sich auch nicht
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 12
gleich wieder. ich glaube auch, dass mädchen mehr lästern als jungs und wenn die, über die gelästert wurde, das
dann merkt und sich schnell provozieren lässt, dann kommt es auch schnell zu streit … aber wie das bei den jungs
ist weiß ich nicht … ich bin ja schließlich keiner!!
17. Degu Mäc
Am 6. April 2009 um 17.07 Uhr: Nur jungs, die sich nicht mögen, schlagen sich manchmal. aber mädchen, auch sie
zicken rum. Ich denke, mädchen und jungen streiten sich gleich viel.
18. Degu Mäc
Am 6. April 2009 um 17.10 Uhr: ach ja ich wollte noch sagen, dass bei mädchen die konflikte eher mit worten und
schreien gelöst werden. bei jungs mit schlägereien.
19. Mäx
Am 6. April 2009 um 20.27 Uhr: Naja Mädchen sind eher nachtragend … bei Jungs ist das anders … die kloppen
sich einma richtig und alles ist wieder in Ordnung.
20. Streberin
Am 7. April 2009 um 20.57 Uhr: Ich glaube, es geht nicht um Mädchen streiten sich so und Jungs streiten sich so. Es
gibt auch Mädchen, die sich prügeln, vielleicht nicht bei uns, aber das gibts, und es gibt auch Jungs, die zickig (bockig) sind. ich glaube, das hat was mit der Pubertät und dem Erwachsenwerden, (Hormone und bla bla bla) zu tun.
Nicht mit »Jungs streiten sich nicht oft«. In den Filmen sieht man oft, dass sich Jungs um »Mädchen« schlagen oder
Mädchen wegen Jungs. Also nichts hier Jungs streiten sich nicht. Ich finde, Jungs zeigen eine andere Art des Streitens: Prügeln, Schlagen … Mädchen hingegen mit Wörtern (z.B. Hässliches Top …). Aber trotzdem gibt es auch
Jungs, die mit Wörtern weh tun und Mädchen mit Schlägen. (Übrigens an die Jungs: Bald kommt die Zeit, in der ihr
euch, glaube ich, mehr streitet als die Mädchen!!)
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 13
4.
Spielpraktische Übungen
Die folgenden Übungen dienen als Vorschläge zum spielerischen Heranführen an das Thema Mobbing, als auch zur
Nachbereitung der Inszenierung im Unterricht.
Mobbing – Ja oder Nein?
Im Klassenzimmer werden rechts und links auf dem Boden zwei Linien im Abstand von ca. 4m gezeichnet. Die rechte
Linie verdeutlicht dabei die neutrale Linie (0%), während die linke die Mobbinglinie darstellt (100%).
Eine Person liest nacheinander Beispielsituationen (s. unten) vor. Jeder Schüler entscheidet sich nun, für eine Stelle
zwischen den beiden Linien und positioniert sich damit: Je nach Stärke der persönlichen Einschätzung zu Mobbing
bewegt er sich dabei unterschiedlich weit von der neutralen Linie weg.
Beispielsituationen:
Ein Schüler sagt dem Lehrer, dass eine Schülerin in der letzten Pause heimlich geraucht hat.
Timo lispelt. Wenn er im Unterricht aufgerufen wird, kichert jedes Mal die ganze Klasse.
Jan muss einem bestimmten Mitschüler jede Woche 5 Euro geben, damit der ihn nicht verprügelt. Kann Jan nicht
zahlen, kriegt er vor den Augen der Mitschüler Schläge.
Jeden Tag, wenn Alex auf den Pausenhof kommt, wenden sich seine Mitschüler demonstrativ ab. Stellt er sich trotzdem zu ihnen, heißt es: »Hau ab!«
Peter foult beim Fußballspiel. Seine Mitspieler fordern ihn auf, das Foulen zu lassen. Aber Peter foult immer wieder.
Schließlich beschließen die anderen, ihn vom Spiel auszuschließen.
Zuerst sticht jemand die Reifen von Anjas Fahrrad platt. Kurz darauf wird ihre Jacke in die Toilette gestopft. Ihr
Handy wird geklaut und seitdem bekommt sie Droh-SMS.
Nina ist sauer, dass Jana die bessere Note im Referat bekommen hat und spricht den Rest des Tages nicht
mehr mit ihr.
Irgendjemand hat heimlich Fotos gemacht, als Nicole auf einer Party betrunken war. Am Tag nach der Party taucht
ein Bild der betrunkenen Nicole im Internet auf. Eine Woche später noch eines und dann noch eines. Die Bilder zeigen Nicole in immer peinlicheren Situationen.
Einer muss raus
Alle gucken sich im Kreis an und einigen sich zusammen – nur über Blicke – wer den Kreis verlassen muss.
Die Übung kann einige Minuten dauern, danach sollte darüber gesprochen werden, aus welchen Gründen sich die
Gruppe eben für diese Person entschieden hat. Und: Wie fühlt sich die »ausgestoßene« Person?
Das Ei
a) In der Klasse werden verschiedene Gruppen mit jeweils 6–7 Personen gebildet.
Eine Person geht innerhalb der Gruppe blind umher (das Eigelb). Der Rest der Gruppe (das Eiweiß) beschützt die Person, dass sie nicht im Raum anstößt und sich sicher in diesem bewegt.
Der Blinde der Gruppe kann dabei das Tempo und die Richtung variieren.
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 14
b) Die Hälfte der Gruppe schließt die Augen, der Spielleiter ordnet jedem schweigend einen Partner zu, der den Blinden ohne Worte durch den Raum führen muss, so dass kein Blinder einen anderen Spieler berührt.
Körperhaltungen/Ticks
Alle Personen bewegen sich im Raum:
* Was macht ihr, wenn ihr unsicher/nervös/aufgeregt/ängstlich/aufgesetzt lustig etc. seid?
z.B. Ziehen sich alle immer wieder am Pullover (Unsicherheit)
Alle zwinkern ständig (Nervosität)
Alle knaupeln immer wieder an den Nägeln (Angst) etc.
* Wie laufen starke Personen? Wie laufen schwache Personen? Welche Unterschiede gibt’s?
* Was sind Ticks? (körperlich/geistig) Habt ihr so etwas selber? Beobachtet ihr das bei Personen?
Jeder sucht sich einen Tick (eigenen oder erdachten). Je 5 Personen stellen ihre Ticks gleichzeitig vor.
Wahrnehmung, Feindbild
In Paaren wird ein Bild von einem Feind als Skulptur entwickelt. Der Partner baut sich als Gegenbild dazu. So können
unbewusste Ähnlichkeiten mit dem Feindbild entdeckt bzw. Unterschiede klar herausgestellt werden.
Wichtig: Eine klare Skulptur/Position finden und diese bewusst und ernst wahrnehmen.
»In der Klemme stecken«
a) Entwickelt zu dieser Situation ein Standbild. Bildet dazu mehrere Gruppen.
Für jede Gruppe ist folgendes zu beachten:
* Jede Gruppe hat je einen Regisseur.
* Wer ist alles bei dem Vorfall dabei? Verteilt die Rollen.
* Wie fühlen sich die Personen in der Situation?
* Die Regisseure bauen Standbilder mit den Gruppen.
b) Präsentiert euer Standbild. Die andere Gruppe ist das Publikum.
* Für das Publikum: Welchen Eindruck vermitteln euch die einzelnen Rollen?
* Für die Schauspieler: Wie fühlen sich die Rollen beim Standbild an?
Konfliktsituationen bewältigen
Vorher gesammelte Konfliktsituationen werden in Trios als Skulpturen dargestellt und analysiert. Zusätzlich werden
alternative Positionen entwickelt und geprobt.
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 15
Der Neue
Diese Übung hat das Inszenierungsteam mit der Projektklasse entwickelt und ausprobiert.
In der Klasse werden Gruppen mit ca. 5 Schülern gebildet. Untereinander stimmen sich die Gruppenmitglieder ab, wer
den Neuen in der Klasse spielen soll und fällen die Entscheidung, ob sie ihm positiv oder negativ zugewandt sind.
Alle Gruppen bekommen 10–15 Minuten Zeit, um eine Szene zu entwickeln, die beinhalten soll, was mit dem neuen
Schüler innerhalb der Gruppe in der ersten Pause passiert. (Wie verhält sich die Gruppe dem neuen Mitschüler
gegenüber? Wie verhält sich der Neue? etc.)
Dann werden die Szenen der Klasse vorgespielt und diskutiert.
Im zweiten Schritt werden dieselben Szenen mit kleinen Veränderungen gespielt:
z.B.:
* einer wendet sich gegen die Gruppenmeinung
* es kommt jemand Neues in die Gruppe (Wie reagiert er auf die Situation?)
* das Opfer versucht sich aktiv zu wehren/befreit sich aus der Opferhaltung
Wenn es keine Unterschiede gäbe …
Die Schüler sollen sich vorstellen, wie es wäre, hätten sie ein Mittel erfunden, das alle Menschen gleich macht.
1. Jeder Schüler findet eine Eigenschaft/Fähigkeit/Interesse usw., die er den Menschen geben würde. Dabei
muss bedacht werden, dass ALLE Menschen gleich wären und z.B. bei dem Begriff »lebhaft« es keine ruhigen Leute mehr geben würde.
2. Die Situation wird umgekehrt und die Schüler sollen sich vorstellen, wie es wäre, wenn es bestimmte Eigenschaften nicht gäbe.
3. Jetzt wird die Klasse befragt, ob solch ein Mittel wirklich erfunden werden sollte. Dafür sollte man die Ja- und
Nein-Antworten gut begründen.
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 16
5.
Weiter lesen
5.1 Aus den Lektüreempfehlungen Klasse 7–10
Boie, Kirsten: Nicht Chicago. Nicht hier. Dtv, 2008. (7. Klasse)
Küchen, Maria: Song für einen Schmetterling. Schroedel, 2007. (8.Klasse)
Rhue, Morton: Ich knall euch ab. Ravensburger Buchverlag, 2008. (9. Klasse)
Frey, Jana: Kein Wort zu niemandem. Arena, 2009. (10. Klasse)
außerdem lesenswert
Gerber-Hess, Maja: Sonst kommst du dran. Cbj, 2002.
Rees, Celia: Klassenspiel. Carlsen, 2005.
5.2
Tipps für Schüler
Erb, Helmuth: Gewalt in der Schule und wie du dich dagegen wehren kannst. Ueberreuter, 2007.
Mustafa, Jannan: Das Anti-Mobbing-Buch: Gewalt an der Schule – vorbeugen, erkennen, handeln. Beltz, 2008.
5.3
Links und Foren
http://mobbing-schluss-damit.de
Rubrik »Für Kinder«; Button »Hilfe«: Telefon-Notdienste und Web-Notdienste: unmittelbare, anonyme Beratung und
Hilfe für betroffene Kinder und Jugendliche
http://www.schueler-mobbing.de
http://www.mobbingberatung.info
http://www.gewalt-an-schulen.de
http://www.spiegel.de/schulspiegel/leben/0,1518,475848,00.html
http://www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,448178,00.html
http://www.zeit.de/online/2008/27/schueler-gewalt
http://www.labbe.de
http://www.e-circus.org
hier wird ein interaktives Rollenspiel vorgestellt, entwickelt gegen Mobbing und Gewalt an Schulen
http://mobbing-neindanke.blog.de
5.4
Infos für Lehrer und den Unterricht
im Internet
http://www.ajs-bw.de/media/files/aktuell/Handy_aktuell_april06_2.pdf
zum Umgang mit dem Phänomen Happy Slapping in der Schule
http://www.mediaculture-online.de/Handys.1080.0.html
die wichtigsten Hinweise zu Happy Slapping, Snuff-Videos, sinvollem Handyumgang, Ideen für den Unterricht und
rechtliche Hinweise
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 17
http://www.buddy-ev.de/Download
»Jeden Tag Angst? Themenheft Nr. 2« ist eine praxisorientierte Handreichung zum kostenlosen Downloaden mit vielen gestalteten Arbeitsblättern und Ansätzen, Gewalt und Mobbing im Unterricht.
http://www.fairplayer.de
bietet eine sehr gute Linksammlung zu interessanten Webseiten rund um das Thema Gewalt in der Schule, Prävention und Medien
http://www.lehrer-online.de
Suchbegriff Mobbing: Informationen, Erfahrungsberichte, Unterrichtsmaterialien und hervorragende Linksammlung; mit Verlinkung zu Projekten der Länder gegen Mobbing und Gewalt an Schulen
http://www.time4teen.de
Bücher/ Arbeitsmaterialien
Melzer, W. / Schubarth, W. / Ehninger F.: Gewaltprävention und Schulentwicklung. Analysen und Handlungskonzepte. Klinkhardt, 1982.
Dambach, K. E.: Mobbing in der Schulklasse. Ernst Reinhardt, München 2002.
Kasper, H.: Arbeitsmappe Konfliktmanagement in der Schule. AOL-Verlag 2004.
Kasper, H.: Kinder gegen Gewalt in der Schule stärken. Cornelsen Verlag Scriptor, 2003.
Kasper, H.: Schülermobbing – tun wir was dagegen! AOL-Verlag 2000
Kindler, W.: Man muss kein Held sein – aber …! Verhaltenstipps für Lehrer bei Mobbing und in Konfliktsituationen.
Verlag an der Ruhr, Mühlheim 2006.
Scheithauer, H. / Hayer, T. / Petermann, F.: Bullying unter Schülern: Erscheinungsformen, Risikobedingungen und
Interventionskonzepte. Hogrefe, Göttingen 2003.
Hurrelmann: Gegen Gewalt in der Schule (Handbuch für Elternhaus und Schule), Beltz.
Bründel, Heidrun / Hurrelmann, Klaus: Gewalt macht Schule. Pädagogische Antworten auf eine soziale Krise. Beltz,
Weinheim/Basel, 2007
Olweus, Dan: Gewalt in der Schule. Was Lehrer und Eltern wissen sollten – und tun können. Huber, Bern 2006.
Kasper, Horst: Arbeitsmappe Konfliktmanagement in der Schule: Schüler – Lehrer – Kollegium – Eltern – Öffentlichkeit. (Taschenbuch)
5.5
Quellen für dieses Material
http://www.randomhouse.de/content/download/schulbus/theisen_angst.pdf
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/MobbingSchule.shtml
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Aktuelles/a_Schule/s_360.html
http://www.schueler-gegen-mobbing.de/portal/modules.php?name=News&file=article&sid=26
http://www.helles-koepfchen.de/artikel/1944.html
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/MobbingSchule.shtml
http://www.gewalt-in-der-schule.info
http://www.sueddeutsche.de/panorama/968/375777/text/print.html
http://www.wikipedia.de
http://www.datenschutzzentrum.de/schule/happy-slapping.pdf
Stand Materialheft: September 2013
ERSTE STUNDE – Materialheft zur Inszenierung – Seite 18

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