Bericht Motorrad Gespanne

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Bericht Motorrad Gespanne
GroSSer
Auftritt
Erst im Dezember 2013 wurde die Firma Knaus Sidecar
Technik gründet. Vor wenigen Wochen stellten Werner
und Björn Knaus ihr neues Gespann vor: die Moto Guzzi
Griso V8 mit dem neuen Beiwagen ST-02 Engine Family.
Wir gingen mit der 1200er des neuen Herstellers auf
Testfahrt.
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B
eim Euro-Gespann-Treffen 2013 hatten
Werner Knaus und sein Sohn, damals
noch als Privatleute, beim Eigenbauwettbewerb einen Pokal errungen. Inzwischen
haben sie sich als Hersteller selbstständig gemacht. Dabei gehen sie beim Fahrwerksbau eigene Wege und wollen ganz
bewusst nicht die Lösungen der etablierten Hersteller übernehmen.
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individuelleren Fahrzeuge einfließen.
Knaus hingegen hatte den Anspruch,
sofort Gespanne mit eigenständiger Konstruktion anzubieten – und das ist die
Ochsentour. Unweigerlich müssen sehr
schnell Probleme gelöst werden, die bei
zugekaufter Technik erst gar nicht auftauchen würden. Das kostet Geld und
viel Zeit. Und nicht zu vergessen: Um
ein gut abgestimmtes Fahrverhalten mit
asymmetrischer Radführung auf die
Straße zu bringen, braucht es auch eine
gute Portion Gespannerfahrung. Ob ein
Newcomer das leisten kann?
Das noch private Erstlingswerk von
Knaus hatten wir in M-G 139 unter dem
Titel „Verflixte Bremsen“ schon vorge-
stellt. Die Moto Guzzi Griso V8 mit optimiertem Fahrwerk und dem neuen Beiwagen wirkt deutlich ausgereifter. Vor
allem die Achsschenkellenkung (ASL)
wurde überarbeitet. Jetzt liegen die RadAnlenkungen in der Radmittelebene. Dadurch bleibt das Vorderrad beim Bremsen
und beim Überfahren von Hindernissen
neutral.
Verändert wurde auch die Position des
Federbeins am Vorderrad. Knaus hat es
jetzt zwischen Seitenwagen und Motorrad platziert. Das Vorderrad ist über eine
lange Strebe und eine Umlenkung auf
ein Mono-Federbein gestützt. Knaus verwendet hierbei einen Dämpfer von HCS.
Die Stützstrebe hat die Funktion einer
verlängerten Dämpferstange. Durch die
Befestigung der Strebe weit vorne am
Tragarm der ASL wird die Belastung an
diesem Bauteil deutlich reduziert. Mit
der Umlenkung zwischen Stützstrebe
und Dämpfer ist auch eine erweiterte
Dämpferverstellung möglich.
Noch führt Knaus die Haltevorrichtung
des Vorderrades unter der Bremsscheibe
hindurch. Wir sind gespannt, wie lange
er dieses Konstruktionsprinzip noch beibehält. Nachteilig ist hier der weit nach
unten führende Tragarm und dadurch
bedingt eine geringe Bodenfreiheit von
elf Zentimetern an dieser Stelle. Verantwortlich sind dabei natürlich auch die
montierten
Niederquerschnittsreifen.
Die meisten Gespannbaufirmen
begannen ziemlich unspektakulär.
Sie kombinierten bereits bestehende
Fahrwerksteile und Beiwagen und kreierten daraus ihre ersten Umbauten.
Diese Vorgehensweise bietet den Vorteil,
dass im Laufe der Zeit viele praktische
Erfahrungen gesammelt werden, die
nach und nach in die eigenen, immer
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Nach Einschalten der Zündung macht das gut ablesbare Kombiinstrument
einen Testlauf.
Mit der Dimension 195/50 bieten sie
nur eine Reifenhöhe von 9,75 Zentimetern. Bei einem Reifen der Größe 195/65
würde die Bodenfreiheit auf rund dreizehn Zentimeter anwachsen. Welcher
Reifenquerschnitt verwendet wird, hat
natürlich auch Auswirkungen auf das Erscheinungsbild.
Übrigens: Die Idee, verstellbare Bremskraftregler im Gespann einzusetzen, so
wie in M-G 139 beschrieben, haben sie
nach Rücksprache mit einem Fachmann
für Pneumatik ad acta gelegt.
Moto Guzzi Griso V8
Die Griso V8 ist eine elegante Erscheinung. 110 PS aus rund 1200 Kubikzentimeter sind die Eckdaten des potenten
Motors. Den Konstrukteuren aus Mandello del Lario ist es gelungen, zwischen zweckmäßig und verspielt einen
Kompromiss zu finden. Die Griso V8 ist
eine Fahrmaschine ohne Verkleidungsgebirge und trotzdem ein Motorrad für
Die hohe Sitzposition empfindet der Passagier als sehr angenehm. Unter
dem Ablagefach befindet sich die Aussparung für einen Zusatztank.
den großen Auftritt, das auch mit einem
wuchtigen Boot an der Seite noch harmonisch daherkommt.
Der bei Guzzi gewohnte Kardan steckt
in einer mächtigen Einarmschwinge, der
Lenker ist breit und wenig gekröpft. Wohlproportioniert fügt sich der mattschwarz
lackierte Motor in das Gesamtbild. Akzente setzen die silbernen Zylinderkopfabdeckungen, unter denen jeweils vier Ventile den Takt vorgeben. Reichlich dimensionierte Krümmerrohre münden in einen
Termignoni-Edelstahldämpfer.
Passend
dazu hat Knaus große Assetto-Felgen in
16 Zoll gewählt und kommt dadurch auf
nur einen Zoll kleinere Raddurchmesser
als die Guzzi im Original. Beiwagenanschlüsse, Hilfsrahmen und Achsschenkellenkung sind passend zum Gesamtbild
der Griso mattschwarz gehalten. Einzig
der signalrote Brembo-Sattel setzt bei diesem Arrangement einen Farbtupfer.
Die Sitzposition ist eher sportlich. Der
Fahrer muss sich zum Lenker schon etwas nach vorne strecken, die Beine sind
relativ weit gespreizt. Durch einen stärker gekröpften Lenker könnte die Sitzposition von sportlich auf tourenmäßig getrimmt werden.
Der neue Beiwagen
ST-02 heißt der neue Knaus-Beiwagen,
und wem die Proportionen irgendwie bekannt vorkommen, der liegt damit richtig. Das Knaus-Boot wurde aus dem EZS
TP-S heraus entwickelt. Das Familienboot TP-S des niederländischen Herstellers wurde vor 26 Jahren vorgestellt und
wirkt heute altbacken. Durch vielfältige
Änderung ist daraus ein neuer Beiwagen
entstanden. Was am Boot unseres Testgespann allerdings noch fehlte, war ein
Auf dem Montagetisch wird gerade mit der Anpassung der unteren Anschlüsse für ein zweites
Griso-Gespann begonnen. Rechts am Motor der Kühler. Ob er sich auch als Beiwagenheizung
verwenden ließe?
Das Vorderrad stützt sich auf ein Federbein von
HCS. Die Stützstrebe hat hierbei die Funktion
einer verlängerten Dämpferstange und reduziert die Belastung am Tragarm der ASL.
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Spoiler, der unter dem Kofferraum befestigt wird.
Das Beiwagendesign wurde bei Jürgen
Mayerle umgesetzt, der schon für viele
Gespannhersteller tätig war. Der Kunststoffprofi auf der Schwäbischen Alb hat
bei unserem Besuch auch gleich den
Spoiler-Rohling aus glasfaserverstärktem
Kunststoff (GfK) hingehalten, um einen
Eindruck zu vermitteln, wie sich durch
diese kleine Änderung das Design verändert. Die Sitzbreite von fast achtzig
Zentimetern und der Name des neuen
Beiwagens, ST = Sport/Tourer geben einen deutlichen Hinweis auf den Verwendungszweck. Ob mit Kind oder Hund,
noch fehlt dem Boot ein Verdeck. Darüber hatte man sich bei Knaus noch keine
Gedanken gemacht.
Beim Platznehmen im Boot fällt als erstes die hohe Sitzposition auf. Hier wird
kein Passagier den Eindruck haben, in
einem Autoscooter zu sitzen. Bei dieser
Polsterhöhe können die Knie auch ohne
Yogatraining ganz angezogen werden.
Die höhere Sitzposition wurde vehement
von Andrea Knaus gefordert, der Frau
von Werner. Dem Passagier ist es jetzt
auch möglich, über vorbeiziehende Leitplanken zu blicken. Wir finden, das ist
ein nicht zu unterschätzendes Verkaufsargument.
Der dadurch entstandene Raum unter
der Sitzfläche dient im oberen Bereich
als handbreites Staufach, und der Freiraum darunter ist für einen Zusatztank
vorgesehen. Wem die Schaumstoffauflage vom Beiwagensitz zu spartanisch
ist, könnte in das Staufach auch einen
dick aufgepolsterten Sitz einpassen. Der
zusätzliche Benzinbehälter aus Edelstahl
wird von unten am Beiwagen befestigt.
Betankt wird über einen außen liegenden
Rohrstutzen, der etwa auf Höhe der Soziusfußraste zwischen Motorrad und Beiwagen nach oben führt. Montiert war der
35-Liter-Zusatztank bei unserem Testgespann noch nicht.
Mit der erhöhten Sitzposition kommt
der Passagier mit dem Kopf auch eindeutig über den Scheibenrand. Vorteil: Der
Blick wird nicht vom Kantenschutz der
Beiwagenscheibe behindert, und Luftverwirbelungen spielen sich nur unterhalb
des Helmes ab.
Kunststoff-Spezialist Jürgen Mayerle hält den Spoiler-Rohling an den Beiwagen.
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Die weit nach vorne ausgeschnittene
Einstiegsklappe bietet auch Mitfahrern
von über 1,80 Meter Länge ausreichend
Platz. Dabei beschreibt der Ausschnitt
der Klappe nahezu einen Halbkreis. Fast
kreisrund ist dadurch auch die Beiwagenscheibe, und wie uns Jürgen Mayerle von
seinen Erfahrungen bei Windkanaltests
berichtet, reduziert dies die aerodynamischen Widerstände erheblich. Die Luft
kann gleichmäßig um das Plexiglas strömen, und Verwirbelungen vor und hinter
der Scheibe werden minimiert. Beim Öffnen der Einstiegsklappe muss allerdings
stets der rechte Rückspiegel am breiten
Guzzi-Lenker weggedreht werden.
Die Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunststoff sitzt auf einem konventionellen Rechteckrohr-Fahrgestell mit
gezogener Schwinge. Das Beiwagenrad
wird über eine Bremsscheibe von Spiegler gebremst. Montiert sind zwei kleine
Bremssättel der Marke Brembo. Einer ist
über den Handhebel mit der Vorderradbremse verbunden, der zweite über das
Fußbremspedal mit der Hinterradbremse.
Am Beiwagen sind vorne und hinten
LED-Leuchten eingebaut. Der Kotflügel
ist über dem Beiwagenrad eingepasst
und verschraubt. Bei anderen Radbreiten kann der Kotflügel leicht angepasst
werden, damit er mit dem Rad sauber
abschließt. Der Kofferraum bietet mit
seinen 280 Litern Inhalt genügend Stauraum für die Urlaubstour, und die Öffnung ist weit genug, um einen Motorradhelm hindurchzureichen.
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Der hier noch nicht montierte Spoiler unter dem Beiwagenheck wird den Beiwagen optisch dichter an die Straße bringen.
Dass Knaus bislang auf Gasdruckdämpfer an der Einstiegsklappe und am
Kofferraum verzichtet hat, gefiel uns
nicht. Bei einer herabsausenden Einstiegsklappe werden schnell mal die Finger eingeklemmt. Auch ein Anschlag an
der Kofferraumklappe fehlt, und wenn
man die Klappe forsch öffnet, schlägt
die Rückseite an den Bootskörper. Lackschäden sind programmiert. Hier vertritt
Werner Knaus den Standpunkt, zunächst
ein möglichst preiswertes Boot in einer
Basisausstattung anzubieten. Ein Aufrüsten mit gewünschten Extras ist immer
möglich.
Der Fahreindruck
Das Fahren mit dem Griso-Gespann
ist ein Genuss mit leichten Einschränkungen. Nur wenn der Fahrer kleiner
als 1,75 Meter ist, passt der Knieschluss
am Tank. Größere Fahrer hadern mit den
Plastikabdeckungen über den dicken Zylindern. Allerdings müssen wir zugeben:
Nach einigen Kilometern hatten wir uns
daran gewöhnt und spürten es nur noch
bei sehr sportlich gefahrenen Kurven.
Moto Guzzi fahren war schon immer etwas für die Sinne – sie ist halt eine Italienerin. Der Motor mit den mächtigen Zylindern erscheint uns als der archaische
Gegenentwurf zum modernen Elektroantrieb, der uns wohl in den nächsten Jahrzehnten ins Haus steht. Durch die zwei
Zoll dicken Krümmer schickt der Motor
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die heißen Schockwellen in den Endtopf,
der das Geräusch in ein dumpfes Grummeln moduliert. Kurze Gasstöße sorgen
für ein überaus angenehmes Bauchgefühl.
Man spürt förmlich, wie eiserne Brocken
im Motor umhergewuchtet werden.
Der Radstand ist durch die ASL um
rund zehn Zentimeter auf 1,65 Meter
gewachsen, was der Straßenlage zugute
kommt. Während der Testfahrt fragen
wir uns immer wieder: Ist es ein Sportler
oder ein Tourer? Am Hinterrad versieht
nach wie vor der Originaldämpfer von
Moto Guzzi seinen Dienst. Die straffe Abstimmung wird deutlich spürbar, als wir
mit etwa 130 km/h unerwartet über eine
tiefe Querrille auf der Autobahn fahren.
Das Fahrzeug bleibt stoisch in der Spur,
dem Fahrer allerdings rutscht die Brille
von der Nase. Hier bietet das Fahrwerk
sicherlich noch das größte Entwicklungs-
Radaufnahme und Bremsanlage kommen aus
dem Automobilbereich.
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potenzial. Wir finden: Sportlich muss
nicht hart sein.
Eher hart eingestellte Dämpfer in Verbindung mit den weit vorne liegenden
Lenkergriffen vermitteln eine gute Straßenlage und verleiten zum flotten Fahren. Der Beiwagen liegt satt auf der
Straße, nur in schnell gefahrenen Rechtskurven steigt das Rad an der Seite. Spürbar war ein Rechtszug des Gespanns, den
wir durch leichtes Gegenlenken korrigieren mussten. Der Grund: Das Motorrad
hatte einen leichten Sturz zum Beiwagen
hin, zumindest zeigte dies das Ablaufbild
am Reifenprofil. Das auszurichten, dürfte
eine Kleinigkeit sein.
Der Kraftaufwand beim Lenken geht
in Ordnung. Eine Besonderheit ist uns
allerdings aufgefallen: Beim Kurvenfahren ist es üblich, den Lenker mit einen
gleichmäßigen Druck zu halten. Das ist
bei diesem Gespann nur in Linkskurven
der Fall. Geht es rechts herum und ist
die Kurve eingeleitet, muss die Lenkkraft
wieder etwas reduziert werden. Dabei
empfanden wir nicht diese Eigenart an
sich als unangenehm, sondern eher die
unterschiedlichen Reaktionen auf Linksund Rechtskurven.
Wie schon beschrieben, ist das Fahren
mit der Griso V8 ist eine sehr sinnesspezifische Angelegenheit. Ein kurzer Druck
auf den Anlasserknopf, und der große
V-Twin springt an – spürbar und hörbar, das prägt einen charaktervollen Motor. Der für längsliegende Kurbelwellen
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TECHNIK
Moto Guzzi Griso 8V
Motor:
Luft-/ölgekühlter Dohc-Zweizylinder-Viertakt90-Grad-V-Motor, Sechsgang, Hubraum
1151 cm3, Leistung 81 kW (110 PS) bei
6650/min, max. Drehmoment 109 Nm bei
6650/min, Kardanantrieb, Termignoni-V4AAuspuff 2-in-1.
Fahrwerk:
Stahlrohr-Brückenrahmen mit Hilfs­rahmen,
Vierpunktanschluss, vorn Achsschenkel­lenkung
mit unten liegendem Tragarm und HCSDämpfer, hinten original Moto-Guzzi-MonoFederbein mit Umlenkhebeln, 110 mm
Federweg, Einarmschwinge, Sparco-Leicht­
metallräder 7Jx16H2.
Bremsen:
Vorne: Brembo-Autobremsanlage mit innenbelüfteter Scheibe, 280 mm. Hinten: original
Moto-Guzzi-Scheibe, 282 mm, ZweikolbenSchwimmsattel.
Bereifung:
Vorn:............................................... 195/50 R16
Hinten:............................................ 195/50 R16
Beiwagen:
Karosserie:...........................Engine Family ST02
Fahrwerk:.... Stahlrohrrahmen mit gez. Schwinge
Bereifung:....................................... 195/50 R16
Federbein:...................................................HCS
Federweg:.............................................. 60 mm
Scheibenbremse:.............................serienmäßig
Sitzbreite:............................................. 770 mm
Fußraumlänge:................................... 1350 mm
Heckraumvolumen:...............................280 Liter
Abmessungen Gespann:
Radstand:.......................................... 1650 mm
Spurbreite:......................................... 1410 mm
Vorlauf:................................................ 450 mm
Vorspur:................................................. 20 mm
Nachlauf VR:.......................................... 35 mm
Gesamtlänge:..................................... 2330 mm
Gesamtbreite:.................................... 1860 mm
Wendekreis rechts (Mitte HR):.......... 5,90 Meter
Wendekreis links (Mitte SR):........... 11,20 Meter
Gewichte:
Leergewicht vollgetankt:.........................441 kg,
ohne Zusatztank
Zul. Gesamtgewicht:............................... 725 kg
Mittlerer Kraftstoffverbrauch:.... ca. 7,5 l/100 km
Höchstgeschwindigkeit:................. ca. 150 km/h
Preis:
Umbau wie vorgestellt:.................. 25.500 Euro
Moto Guzzi Griso 8 V: ................... 15.499 Euro
Bremsscheibe von Spiegler, Bremssättel von Brembo. Die Anbindung erfolgt jeweils über den
Handhebel und das Fußbremspedal.
typische Rechtsdrall ist spürbar. Dass es
sich hier um eine Moto Guzzi handelt,
merkt der Fahrer spätestens beim Ziehen
der Kupplung. Zwar sind nicht mehr die
Kräfte der stahlharten Gespanntreiber
von einst gefordert, doch ein Sensibelchen wird spätestens beim Stop-and-goVerkehr mit dem Jammern beginnen. Am
Kraftschluss gibt’s nichts auszusetzen.
Auch die Gänge lassen sich gut hörbar
und eindeutig durchschalten.
Schon bei Schrittgeschwindigkeit lässt
sich der Lenker ohne große Anstrengung schwenken. Wer es noch leichter wünscht, kann durch zwei kürzere
Schraubbolzen an der ASL den Nachlauf von derzeit 35 Millimeter und damit
die Lenkkräfte weiter reduzieren. „Eine
Arbeit von etwa zwanzig Minuten“, so
Werner Knaus. Wie bei den meisten Gespannen mit Achsschenkellenkung ist
auch bei diesem kein Lenkungsdämpfer
erforderlich.
Aus dem Drehzahlkeller schiebt der
Motor vehement vorwärts. Gilt es auf
der Landstraße eine Landmaschine zu
überholen, kann das im hohen Gang erfolgen. Soll es aber flott zur Sache gehen, empfehlen wir eine Motordrehzahl
von über 5000 Touren. Zwischen 4000
und 5000 wirkt der Motor ein bisschen
zäh. Jenseits der 6000er Marke kommt
ein zweiter Schub, und es geht mächtig
zur Sache. Dann wird aus dem Tourer ein
Temperamentbolzen.
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Bei unserer Fahrt über schlechte Straßen war ein deutliches Rumpeln am Beiwagen zu hören. Nachdem wir gleich
rechts heran gefahren sind und überprüften, ob das Boot noch fest auf dem Rahmen sitzt, konnten wir zunächst nicht
die Ursache finden. Auch Werner Knaus
war zunächst ratlos, zumal das Rumpeln
beim kräftigen Auf- und Abschwingen
des Beiwagens deutlich zu hören war.
Doch die Sache klärte sich bald auf. Unser schweres Kamerastativ hatte sich im
Kofferraum losgerüttelt und machte sich
bei jedem Schlagloch lautstark bemerkbar. Wir hatten Glück: Beiwagen und Stativ waren wohlauf!
Fazit: Knaus Sidecar Technik hat mit
seinem Erstlingswerk ein gutes Gespann
gebaut. Das Fahrwerk hat viel Potenzial,
bedarf aber noch einer Feinabstimmung.
Auch würden wir uns an der Guzzi eine
etwas komfortablere Dämpfereinstellung
wünschen – doch das ist auch abhängig
vom Fahrstil. Der neue Beiwagen ist eine
moderne und gefällige Erscheinung mit
toller Sitzposition, den wir uns auch gut
an anderen Motorrädern vorstellen können.
Bernhard Götz
[email protected]
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