Heranziehung von Personen und Gerät gem. § 27 Abs. 1 FSHG I
Transcrição
Heranziehung von Personen und Gerät gem. § 27 Abs. 1 FSHG I
Seite 1 von 13 Heranziehung von Personen und Gerät gem. § 27 Abs. 1 FSHG I. Rechtsgrundlage für die Heranziehung Es gibt immer wieder besondere Einsatzlagen in denen die Feuerwehr nicht in der Lage ist, mit dem eigenen vor Ort befindlichem Material und Personal wirksam zu helfen. Ist entsprechendes Material im Besitz eines anderen oder sind Personen in der Nähe, die in der Lage sind zu helfen, gibt § 27 Abs. 1 FSHG die rechtliche Möglichkeit zur Heranziehung. Beispiel: Bei einem schweren Verkehrsunfall mit eingeklemmter Person wird zur Rettung dringend die Zugeinrichtung des RW 1 benötigt. Der Rüstwagen ist jedoch aufgrund eines Eigenunfalls nicht in der Lage, den Einsatzort zu erreichen. In der Nähe befindet sich ein Landwirt mit einem Traktor mit Zugeinrichtung. Dieser soll herangezogen werden. Bei der Heranziehung wird in grundgesetzlich und zivilrechtlich geschützte Rechtspositionen eingegriffen. Betroffen sind Art. 2 Abs. 2 S. 2, Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG, § 903 BGB1. Ein staatlicher Eingriff in diese Rechte ist nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes nur auf gesetzlicher Grundlage zulässig. Ein solches Ermächtigungsgesetz ist der Feuerwehr für die 1 Art. 2 GG (Grundgesetz) = ( 1 ) J e d e r h a t d a s R e c h t a u f d i e f r e i e E n t f a l t u n g s e i n e r P e r s ö n l i c h k e i t , soweit er nicht die Rechte an derer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ord nung oder das Sittengesetz verstößt. (2) 1 Jed er hat das Recht auf Leb en und körperliche Un verseh rtheit. 2 Die Freih eit der Person ist unverletzlich. 3 In di es e R echte darf nur auf Grund eines Ges et zes eingegriffen werd en. Art. 14 Abs. 1 GG ( 1 ) 1 D a s E i g e n t u m u n d d a s E r b r e c h t w e r d e n g e w ä h r l e i s t e t . 2 Schranken werd en durch die Gesetze b estimmt. Inha lt und § 903 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) D e r E i g e n t ü m e r e i n e r S a c h e k a n n , s o w e i t n i c h t d a s Ge s e t z oder Rechte Dritter entgegensteh en, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder E i n wi r k u n g a u s s c h l i e ß e n . 2 D e r E i g e n t ü m e r e i n e s T i e r e s h a t b e i d e r Au s ü b u n g s e i n e r B e f u g n i s s e d i e besonderen Vorschrift en zum Schutz der Tiere zu beachten. Seite 2 von 13 Heranziehung mit § 27 Abs. 1 FSHG2 gegeben. Befugt zur Heranziehung ist nur der Einsatzleiter. Leider hat es der Gesetzgeber auch in der Neufassung des FSHG 1998 hinsichtlich der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen bei dem Verweis auf § 19 OBG belassen. § 19 OBG W ortlaut: (Ordnungsbehördengesetz) hat folgenden Die Ordnungsbehörde kann Maßnahmen gegen andere Personen als die nach §§ 17 und 18 Verantwortlichen richten, wenn 1. eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr abzuwenden ist, 2. Maßnahmen gegen die nach §§ 17 und 18 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen, 3. die Ordnungsbehörde die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder durch Beauftragte abwehren kann und 4. die Personen ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten in Anspruch genommen werden können. 1. Zunächst ist festzustellen, ob eine Gefahr vorhanden ist. Gefahr ist eine Sachlage, die in absehbarer Zeit mit hinreichender W ahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen würde. Dabei umfasst die öffentliche Sicherheit im Sinne der Gefahrenabwehr den Schutz der Rechte und Rechtsgüter des einzelnen als auch den Schutz des Gemeinwesens, seiner Normen und Einrichtungen. Eine Steigerungsform der Gefahr unter dem Gesichtpunkt der gefährdeten Rechtsgüter ist die erhebliche Gefahr, die allgemein für 2 § 27 Abs. 1 FSHG U n t e r d e n V o r a u s s e t z u n g e n d e s § 1 9 d e s O r d n u n g s b e h ö r d e n g e s e t z e s ( O B G ) i s t d e r Einsatzleiter berechtigt, Person en zur Hilfeleistung oder zur Gesellung von Hilfsmitteln od er Fahrzeugen heran zuzieh en. Seite 3 von 13 die Inanspruchnahme Unbeteiligter (Nichtstörer) gefordert wird. Eine erhebliche Gefahr liegt vor, wenn der Schaden einem bedeutendem Rechtsgut, wie z.B. Leben, Gesundheit, Freiheit oder Sachwerten von erheblichem W ert droht. Von erheblichem W ert kann man bei W erten ab ca. 2.000,00 DM sprechen. Bei niedrigeren W erten ist allerdings besonders darauf zu achenten, dass die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt wird. Die Heranziehung muß in einem angemessenen Verhältnis zu dem W ert der zu rettenden Sache stehen. Unter die Gefahrenabwehraufgabe fällt auch die Bekämpfung bereits vorhandener Störungen. Ist bereits ein Schaden eingetreten, so ist es Ziel der Gefahrenabwehr, diesen möglichst klein zu halten und weitere Schäden zu verhindern. Im obigen Beispiel liegt eine erhebliche Gefahr, nämlich eine lebensbedrohliche Zwangslage für die in ihrem Pkw eingeklemmte Person vor. 2+3. § 19 Abs. 1 Ziffer 2 und 3 OBG bestimmen, dass die Inanspruchnahme des Nichtstörers nur zulässig ist, wenn keine andere geeignete und erfolgversprechende Maßnahme möglich ist. Bei der Gefahrenabwehr haben grundsätzlich Maßnahmen gegen den Verantwortlichen Vorrang. Nach § 17 Abs. 1 OBG sind Maßnahmen gegen die Person zu richten, welche die Gefahr verursacht (Verhaltensstörer). Geht die Gefahr hingegen von einer Sache aus, sind die Maßnahmen gem. § 18 Abs. 1 OBG gegen den Eigentümer (Zustandsstörer) zu richten. Eine solche Maßnahme kann im Einzelfall auch die W eisung an den Zustandsstörer sein, die Gefahr durch eine Fachfirma beseitigen zu lassen. Seite 4 von 13 Nur wenn Maßnahmen gegen Verhaltensoder Zustandsstörer keinen Erfolg versprechen oder nicht möglich oder rechtzeitig möglich sind, kommt eine Heranziehung des unbeteiligten Nichtstörers in Betracht. Je wertvoller das bedrohte Rechtsgut ist, umso eher darf davon ausgegangen werden, dass keine Erfolgsaussicht bei Maßnahmen gegen den Verhaltenoder Zustandsstörer gegeben ist. Sind Menschenleben in Gefahr und ist eine mit Sicherheit zum Erfolg führende Maßnahme vorhanden, versprechen weniger sichere Maßnahmen keinen Erfolg (die Gefahr so schnell und sicher wie möglich abzuwehren). Kann die Ordnungsbehörde die Gefahr selbst abwehren, darf sie nicht Dritte heranziehen. Gleiches gilt aber nach § 19 Abs. 1 Ziff. 3 OBG auch, wenn die Behörde die Gefahr durch Beauftragte abwehren kann. Das ist dann der Fall, wenn ein privater Unternehmer gegen Entgelt die Gefahr wirksam abwehren kann. Eine Heranziehung kommt also dann nicht in Betracht wenn a) die beabsichtigte Maßnahme auch durch einen Unternehmer durchgeführt werden kann, b) ein Unternehmer die Maßnahme schnell und wirkungsvoll durchführen kann, ohne dass im Vergleich zu einer Heranziehung der Einsatzerfolg gefährdet wird, c) ein Unternehmer bereit ist, den Auftrag abzuschließen. Damit wird die Heranziehung unbeteiligter Dritter zur ultima ratio, ist also nur dann zulässig, wenn keine anderen Maßnahmen den Einsatzerfolg sichern können. Auch liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor, wenn die Tätigkeit ebenso gut von einem Beauftragten erledigt werden kann. Dem Seite 5 von 13 privatrechtlichen Auftrag ist als milderem Mittel Vorrang vor dem hoheitlichen Eingriff zu geben. der W ird ein Unternehmer im Auftrag der Feuerwehr zur Gefahrenabwehr tätig, schließt der Einsatzleiter als Vertreter einen W erkvertrag nach den §§ 631 ff BGB für die Gemeinde ab. Handelt es sich um einen kostenfreien Einsatz zur Gefahrenabwehr, kann der W erklohn auch nicht vom Geschädigten zurückverlangt werden, sondern ist von der Gemeinde zu tragen. 4. Schließlich ist noch zu prüfen, ob die Herangezogenen ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten in Anspruch genommen werden können. Eine erhebliche eigene Gefährdung liegt insbesondere dann vor, wenn durch die Maßnahme der Betroffene an Leben oder Gesundheit gefährdet wird 3. Von höherwertigen Pflichten ist immer dann auszugehen, wenn ihre Verletzung zu einem bedeutenderen Schaden führen würde, als mit der Hilfeleistung abgewandt werden soll. Außerdem ist bei mehreren Möglichkeiten vom Auswahlermessen richtig Gebrauch zu machen. Von mehreren gleichgeeigneten Personen sind diejenigen heranzuziehen, die dadurch am wenigsten beeinträchtigt werden. 5. Anders als bei einem Platzverweis nach § 27 Abs. 2 FSHG ist zur Heranziehung allerdings nicht jede Einsatzkraft, sondern nur der Einsatzleiter gem. den §§ 26, 30 Abs. 1 FSHG berechtigt. Im Beispielsfall ist die Heranziehung des Landwirts mit seinem Traktor durch den Einsatzleiter rechtmäßig, da es um Menschenleben geht und die Gefahr nicht anders abgewandt werden kann. 3 Steegmann, Recht des Feu erschutzes und Rettungsdienstes in Nord rhein-Westfa len, § 27 FSHG Rdnr. 8 Seite 6 von 13 II. Durchführung und Vollstreckung der Heranziehung Bei der Heranziehung handelt es sich um einen Verwaltungsakt gem. § 35 VwVfG 4. Er ist dem Betroffenen mündlich bekannt zu geben und seine sofortige Vollziehbarkeit ist gem. § 80 Abs. 2 Ziffer. 4 VwGO 5 anzuordnen. Die kann z.B. mit folgenden W orten geschehen: „Eine Person ist lebensgefährlich eingeklemmt. Folgen Sie mir sofort mit Ihrer Zugmaschine. Ich ziehe Sie zu einer Hilfeleistung heran.“ Eine solchen Aufforderung wird sich wohl kaum jemand entziehen. In Ausnahmefällen (wenn die Dringlichkeit dem Betroffenen vielleicht nicht so einsichtig ist), kann die angeordnete Heranziehung aber auch zwangsweise vollstreckt (durchgesetzt) werden. Die Vollstreckung von Verwaltungsakten durch Verwaltungszwang richtet sich nach den §§ 55 ff VwVG. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit ist gem. § 55 Abs. 1 VwVG 6 Voraussetzung für die Vollstreckung (s.o.). Im Feuerwehreinsatz kommen wegen der Eilbedürftigkeit nur die Zwangsmittel der Ersatzvornahme und des unmittelbaren Zwanges in Betracht. Unmittelbarer Zwang ist nach den §§ 58 Abs. 3, 62 VwVG 7 allerdings nur § 35 VwVfG: V e r w a l t u n g s a k t i s t j e d e V e r f ü g u n g , E n t s c h e i d u n g o d e r a n d e r e h o h e i t l i c h e M a ß n a h m e , die ein e Behörd e zu r Regelung ein es Einzelfalles auf d em Gebiet des öffentlich en Rechts trifft und die auf u n m i t t e l b a r e R e c h t s wi r k u n g n a c h a u ß e n g e r i c h t e t i s t . A l l g e m e i n v e r f ü g u n g i s t e i n V e r wa l t u n g s a k t , d e r s i c h an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Person enkreis richtet od er die ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e E i g e n s c h a f t e i n e r S a c h e o d e r i h r e B e n u t z u n g d u r c h d i e Al l g e m e i n h e i t b e t r i f f t . 4 5 § 80 Abs. 2 Ziffer 4 VwGO: D i e a u f s c h i e b e n d e W i r k u n g ( d e s W i d e r s p r u c h s ) e n t f ä l l t n u r . . . . . . 4 . in den Fä llen, in den en die s ofortige Vollzi ehung im öffentlich en Interess e oder im üb erwiegenden Int eress es ein es B et eili gt en von d er B eh örd e, die d en Verwa ltungsakt erlass en oder über d en Widerspruch z u e n t s c h e i d e n h a t , b e s o n d e r a n g e o r d n e t wi r d . 6 § 55 Abs. 1, 2 VwVG: ( 1 ) D e r V e r wa l t u n g s a k t , d e r a u f d i e V o r n a h m e e i n e r H a n d l u n g o d e r a u f Duldung und Unterlassung gerichtet ist, kann mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel kein e aufschiebende Wirk ung hat. ( 2 ) D e r V e r w a l t u n g s z w a n g k a n n o h n e v o r a u s g e h e n d e n V e r wa l t u n g s a k t a n g e w e n d e t w e r d e n , w e n n d a s z u r Ab w e h r e i n e r g e g e n wä r t i g e n G e f a h r n o t w e n d i g i s t u n d d i e V e r wa l t u n g s b e h ö r d e h i e r b e i i n n e r h a l b i h r e r Befu gnisse handelt. 7 § 62 Abs. 1 S. 1 VwVG: D i e V o l l z u g s b e h ö r d e k a n n u n m i t t e l b a r e n Z wa n g a n w e n d e n , w e n n a n d e r e Z wa n g s m i t t e l n i c h t i n B e t r a c h t k o m m e n o d e r k e i n e n E r f o l g v e r s p r e c h e n o d e r u n z w e c k m ä ß i g s i n d . Seite 7 von 13 zulässig, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen. Vor der Anwendung von Zwangsmitteln sind nach § 63 Abs. 1 S. 1 VwVG diese schriftlich anzudrohen. Davon kann und muss im Feuerwehreinsatz nach § 63 Abs. 1 S. 2 VwVG 8 abgesehen werden. Es sollte allerdings eine mündliche Androhung erfolgen. Diese soll nach § 63 Abs. 2 VwVG sofort zusammen mit dem Verwaltungsakt ausgesprochen werden, wenn –wie hier- die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet wird. Aus atmosphärischen Gründen wird man aber bei einer Heranziehung im Feuerwehreinsatz die gleichzeitige Androhung von Zwangsmitteln unterlassen und diese „Soll-Vorschrift“ wohl eher selten anwenden. Erst wenn der Betroffene sich weigert, wird das Zwangsmittel konkret angedroht. Im Beispielsfall müsste dann dem Landwirt folgendes mitgeteilt werden: „W enn Sie jetzt meiner Aufforderung zur Hilfeleistung nicht sofort nachkommen, muss ich Ihnen ihre Zugmaschine wegnehmen und sie selbst einsetzen.“ Mit der W egnahme wird unmittelbarer Zwang und mit dem selbst durchgeführten Einsatz der Zugmaschine eine Ersatzvornahme angedroht. Unmittelbarer Zwang ist gem. § 67 Abs. 1 VwVG die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch W affen. Für die Feuerwehr kommt grundsätzlich unmittelbarer Zwang nur durch einfache körperliche Gewalt in Betracht. Körperliche Gewalt ist nach § 67 Abs. 2 VwVG jede körperliche Einwirkung auf Personen und Sachen. § 63 Abs. 1, 2 VwVG: ( 1 ) Z wa n g s m i t t e l s i n d s c h r i f t l i c h a n z u d r o h e n . D e m B e t r o f f e n e n i s t i n d r An d r o h u n g z u r E r f ü l l u n g d e r V e r p f l i c h t u n g e i n e a n g e m e s s e n e F r i s t z u b e s t i m m e n ; e i n e F r i s t b r a u c h t n i c h t b e s t i m m t z u w e r d e n , w e n n e i n e D u l d u n g o d e r U n t e r l a s s u n g e r z wu n g e n w e r d e n s o l l . V o n d e r A n d r o h u n g k a n n a b g e s e h e n w e r d e n , w e n n d i e U m s t ä n d e s i e n i c h t z u l a s s e n , i n s b e s o n d e r e w e n n d i e s o f o r t i g e An w e n d u n g d e s Z wa n g s m i t t e l s z u Ab w e h r e i n e r g e g e n wä r t i g e n G e f a h r n o t w e n d i g i s t ( § 5 5 Ab s . 2 ) . ( 2 ) D i e An d r o h u n g k a n n m i t d e m V e r wa l t u n g s a k t v e r b u n d e n w e r d e n , d u r c h d e n d i e H a n d l u n g , D u l d u n g o d e r Unterlassung aufgegeben wird. Sie soll mit ihm verbunden werd en, wenn ein Rechtsmittel kein e aufschiebend e Wirkung hat. 8 Seite 8 von 13 Bei der Ersatzvornahme führt die Feuerwehr gem. § 59 Abs. 1 VwVG 9 die Handlung selbst oder durch einen anderen aus. Mit der Neufassung des FSHG vom 10.02.1998 ist bei der Durchführung des unmittelbaren Zwanges aufgrund einer vom Gesetzgeber unterlassenen Änderung des VwVG ein juristisches Problem aufgetaucht. Nach § 66 Abs. 1 VwVG darf unmittelbarer Zwang von Vollzugsdienstkräften in rechtmäßiger Ausübung öffentlicher Gewalt angewendet werden. W er Vollzugsdienstkraft ist, regelt § 68 Abs. 1 VwVG abschließend. § 68 Abs. 1 Ziff. 12 VwVG lauter jedoch noch: „die Angehörigen der Feuerwehren, beim Feuerwehreinsatz dienstlich tätigen Personen und Beauftragte bei Ausübung ihrer Befugnisse nach den §§ 30 und 31 des Gesetzes über den Feuerschutz und die Hilfeleistung bei Unglücksfällen und öffentlichen Notständen (FSHG) vom 25.02.1975.“ Hieraus wird teilweise geschlossen, dass Feuerwehrangehörige die nach den §§ 27, 28 FSHG (neu) tätig werden, keine Vollzugsdienstkräfte sind, also angeordnete Maßnahmen nicht mit den Mitteln des VwVG bis zu einer entsprechenden Änderung durchsetzen können 10. Bei der Auslegung der vorgenannten Vorschriften ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des FSHG nicht die Absicht hatte, der Feuerwehr ihre für den Einsatzerfolg unabdingbaren Vollstreckungsmöglichkeiten zu nehmen. Vielmehr ist das ziffernmäßige Auseinanderfallen von FSHG und VwVG § 59 Abs. 1 VwVG: W i r d d i e V e r p f l i c h t u n g , e i n e H a n d l u n g v o r z u n e h m e n , d e r e n V o r n a h m e e i n e m a n d e r e n m ö g l i c h i s t ( v e r t r e t b a r e H a n d l u n g ) , n i c h t e r f ü l l t , s o k a n n d i e V o l l z u g s b e h ö r d e a u f Ko s t e n d e s B e t r o f f e n e n d i e H a n d l u n g s e l b s t a u s f ü h r e n o d e r e i n e n a n d e r e n m i t d e r Au s f ü h r u n g b e a u f t r a g e n . 10 S c h n e i d e r , F e u e r s c h u t z h i l f e l e i s t u n g s g e s e t z N o r d r h e i n - W e s t f a l e n , 6 . Au f l a g e , § 2 7 A n m . 1 5 . 2 , § 2 8 An m . 1 3 . 2 – a n d e r s S t e e g m a n n , d e r o h n e a u f d a s P r o b l e m e i n z u g e h e n , d i e A n w e n d u n g v o n Z wa n g s m i t t e l d u r c h d i e Feu erwehr auch zur Zeit für möglich hält, Steegmann, Recht des Feuerschutzes und des Rettungsdienstes in Nordrhein -Westfalen, FSHG § 27 Rdnr. 12, § 28 Rdnr. 13 ff. 9 Seite 9 von 13 (aus den §§ 30 und 31 alt wurden die §§ 27 und 28 FSHG neu) als rein redaktionelles Versehen zu werten und § 68 Abs. 1 Ziff. 12 VwVG weiter entsprechend anzuwenden. Problematisch ist dies nur für die Vollstreckung eines Platzverweises gem. § 27 Abs. 2 FSHG, da diese Möglichkeit bis zur Verkündung des neuen FSHG nicht vorhanden war, also auch vom gesetzgeberischen W illen bei der Fassung des VwVG nicht berücksichtigt werden konnte. III. Weigerung und Widerstand Neben der Möglichkeit, die Heranziehung zwangsweise durchzusetzen, hat die W eigerung, der Anordnung des Einsatzleiters, Hilfe zu leisten, für den Betroffenen weitere rechtliche Konsequenzen. W er nach § 27 Abs. 1 zur Hilfeleistung herangezogen wird und nicht Hilfe leistet, ein Hilfsmittel oder Fahrzeug nicht stellt, handelt gem. § 39 Abs. 1 Ziff. 6 FSHG ordnungswidrig. Nach § 39 Abs. 2 FSHG kann diese Ordnungswidrigkeit von der örtlichen Ordnungsbehörde mit einer Geldbuße bis zu 50.000 DM geahndet werden. Häufig wird sogar eine Straftat gem. § 323 c StGB 11 vorliegen. Leistet der Betroffene bei einer rechtmäßigen Vollstreckung durch die Feuerwehr mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt W iderstand, macht er sich gem. 113 StGB 12 wegen W iderstandes gegen Vollstreckungsbeamte strafbar. 11 StGB - § 323c. Unterlassene Hilfeleistung: Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. 12 StGB - § 113. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte: (1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet oder ihn dabei tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Seite 10 von 13 W ird die Hilfeleistung verweigert oder gar W iderstand geleistet, sind immer die Personalien des Betroffenen festzustellen oder durch die Polizei feststellen zu lassen. Der Sachverhalt ist im Einsatzbericht zu schildern. IV. Vollzughilfe Die Feuerwehr muss die von ihr angeordneten Maßnahmen nicht selbst vollstrecken, wenn W iderstand geleistet wird oder zu befürchten ist. Der Einsatzleiter kann die Polizei im W ege der Amtshilfe um die Vollstreckung ersuchen. Die Verantwortung für die angeordnete Maßnahme bleibt bei der Feuerwehr. Die Polizei hat insoweit keinen Beurteilungsspielraum und hat die Maßnahme zu vollstrecken. Die Polizei trägt selbst dann aber nur die Verantwortung für die Durchführung der Vollstreckung. Diese Form der Amtshilfe wird auch Vollzugshilfe genannt und ist in § 65 Abs. 2 VwVG 13 ausdrücklich geregelt. V. Sofortvollzug Es gibt Fälle, in denen aufgrund der Eilbedürftigkeit von der Feuerwehr sofort auf Dritten gehörendes Eigentum (2) 1 In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. 2 Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, oder 2. der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt. (3) 1 Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. 2 Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig. (4) 1 Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei Konnte der Täter den Irrtum geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. 2 nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. 13 § 6 5 Ab s . 2 V wV G : L e i s t e t d e r B e t r o f f e n e b e i d e r E r s a t z v o r n a h m e o d e r b e i u n m i t t e l b a r e n Z w a n g W i d e r s t a n d , s o k a n n d i e s e r m i t G e wa l t g e b r o c h e n w e r d e n . D i e P o l i z e i l e i s t e t a u f V e r l a n g e n d e r Vollzugsb ehörde Vollzugshi lfe. Dab ei kann die Poli zei d ie nach dem Poli zei geset z d es Landes Nordrh einW e s t f a l e n v o r g e s e h e n e n H i l f s m i t t e l d e r k ö r p e r l i c h e n G e wa l t ( § 5 8 Ab s . 3 P o l G N W ) a n w e n d e n u n d d i e zugelas sen en Waffen (§ 58 Abs. 4 PolG NW) unter B eachtung der §§ 61, 63 bis 65 PolG NW gebrauchen. Seite 11 von 13 zugegriffen wird, ohne dass zuvor die Anordnung der Heranziehung erklärt wird. Beispiel: Der Einsatzleiter lässt die Zugmaschine sofort von einem Feuerwehrangehörigen bedienen, da der Fahrer nicht anwesend ist. Ein solcher Sofortvollzug durch die Feuerwehr ist gem. § 55 Abs. 2 VwVG zulässig, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und die Vollzugsbehörde hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelt. Das ist dann der Fall, wenn die Anordnung einer Heranziehung rechtmäßig wäre, diese aber wegen der Dringlichkeit nicht erst dem Betroffenen bekannt gegeben werden kann. VI. Ersatzansprüche aus der Heranziehung Es gehört zu den althergebrachten Grundsätzen des deutschen Polizeirechts (hier zu verstehen als Gefahrenabwehrrecht), dass Entschädigung für Sonderopfer und Schadensersatz für rechtswidrige Eingriffe zu leisten ist. § 39 FSHG bestimmt daher, dass ein Schaden, den jemand erleidet, weil er nach § 27 Abs. 1 in Anspruch genommen wurde, von der Gemeinde des Schadensortes gem. den §§ 39 bis 43 OBG zu ersetzen ist. Keinen Entschädigungsanspruch besitzt derjenige, der rechtmäßig als Störer (Handlungs- oder Zustandsstörer) in Anspruch genommen wird, denn dieser bringt kein Sonderopfer, sondern kommt nur seiner Pflicht nach, die Störung zu unterbinden. Darüber hinaus besteht nach § 39 Abs. 2 OBG ein Ersatzanspruch auch dann nicht, a) soweit der Geschädigte erlangt hat oder auf andere W eise Ersatz Seite 12 von 13 b) wenn durch die Maßnahme die Person oder das Vermögen des Geschädigten geschützt worden ist. Zu entschädigen ist dagegen derjenige, der als Unbeteiligter durch rechtmäßige Maßnahmen der Feuerwehr ein Sonderopfer bringt. Art, Inhalt und Umfang der Entschädigungsleistung werden durch § 40 OBG geregelt. Auf die Einzelheiten soll hier nicht eingegangen werden. W ar die Maßnahme der Feuerwehr rechtswidrig und schuldhaft, so hat der Geschädigte Ansprüche gegen die Gemeinde aus Amtshaftung. Es empfiehlt sich dringend, an der Einsatzstelle noch keine Zusagen hinsichtlich der Entschädigung und ihrer Höhe zu treffen. Sinnvoll ist allerdings bei der Anordnung der Inanspruchnahme der Hinweis an den Betroffenen, dass grundsätzlich ein Anspruch auf Entschädigung besteht. W egen der Höhe der Entschädigung ist gem. § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO, § 43 OBG der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten eröffnet. Auch hier zeigt sich, dass die Beauftragung eines Unternehmers Vorrang haben muss. Denn wird er herangezogen, haftet die Gemeinde für alle Schäden, die ihm entstehen. W ird er beauftragt, so hat er nur den Anspruch auf den vereinbarten W erklohn. VII. Literaturhinweise 1. Schneider, Feuerschutzhilfeleistungsgesetz NordrheinW estfalen, 6. Auflage, § 27 FSHG 2. Steegmann, Recht des Feuerschutzes und Rettungsdienstes in Nordrhein-W estfalen, § 27 FSHG 3. Fischer, Rechtsfragen beim Feuerwehreinsatz, 2. Auflage, 3.1.1.1 ff und 3.2.4.6 ff Seite 13 von 13