Helicobacter pylori - Österreichische Gesellschaft für

Transcrição

Helicobacter pylori - Österreichische Gesellschaft für
EUR 7,–
I S S N 2 3 0 6 - 8 213
Jahrgang 7 | 2013
Medizinisches Fachjournal
Infektiologie &
Gastroenterologie-Hepatologie
P.b.b. Verlagspostamt 1150 Wien
GZ 09Z038186 M
Helicobacter
pylori:
Resistenzsituation und
Therapieempfehlungen
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
2013/3
jatros
Gilead Sciences GesmbH · Wagramer Straße 19, 1220 Wien
1. Panel on Antiretroviral Guidelines for Adults and Adolescents. Guidelines for the use of antiretroviral agents in HIV-1-infected adults and adolescents. Department
of Health and Human Services. 1-239. Available at http://www.aidsinfo.nih.gov/ContentFiles/AdultandAdolescentGL.pdf. Section accessed [31.08.12] [p103]
HIV/AT/13-08/MI/1876 Erstellungsdatum: Jänner 2013
Stand: November 2012
Coverstory Seite 29
XXX
HIV/AIDS
Gastroenterologie
Guidelines zur H. pylori-Infektion
DÖAK 2013
HIV/Aids heute – Konzepte & Kontroversen
6
DÖAK 2013
HIV-Therapie: Herz und Niere im Fokus
8
Differenzierte Behandlungs­konzepte
nach europäischer Konsensuskonferenz
29
P. Malfertheiner, Magdeburg
DÖAK 2013
Begegnen, Verstehen, Bewegen
10
H. Stoiber, Innsbruck
33
Mikrobiologische Diagnose
der H. pylori-Infektion
Relevanz von rechtzeitigem Screening
und einer ZNS-adaptierten Therapie
11
Erweiterung der therapeutischen
Palette mit innovativem STR
Infektiologie
Eradikation von Helicobacter pylori:
österreichische Empfehlungen
36
Antibiotikaresistenz in der Therapie
des MALT-Lymphoms des Magens
39
ÖGGH 2013
Anti-TNF-α-Therapien bei CED in der Schwangerschaft
41
14
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
MERS-CoV
Gefahr aus dem Mittleren Osten
Hepatologie
16
F. Heinz, Wien
Echinokokkose –
Klinik, Diagnose und Therapie
17
Neuer Pockenimpfstoff vor
Zulassung in der EU
45
HCV-Screening der
„Baby Boomer“-Generation
49
19
Staphylococcus aureus
Konsensus: Therapie mit alten Antibiotika
ÖGGH 2013
Herausforderung Hepatitis B
ÖGHH 2013
Infektionen und Leberzirrhose
52
21
Giftiger Dienstag
Sinnlose mikrobiologische Befunde
24
Resistenzproblematik
Therapie multiresistenter gramnegativer Erreger
26
Offenlegung
Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH (100%ige Tochter der
Universimed Holding GmbH). Eigentümer und Medieninhaber: Universimed
Holding GmbH
ÖGGH 2013
Nicht alkoholische Fettleber­erkrankung und Krebs
55
Impressum
Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH, Markgraf-RüdigerStraße 6–8, 1150 Wien. [email protected]. Geschäftsführung: Dr. Bartosz
Chłap, MBA. Tel.: 01/876 79 56. Fax: DW 20. Chef­redaktion: Mag. Thomas
Schindl. E-Mail: [email protected]. Externer Redakteur: Dr.
Norbert Hasenöhrl. Projektleitung: Mag. René Milich. Grafik: Amir Taheri.
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Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie ist für den persönlichen Nutzen des Lesers konzipiert und beinhaltet Informationen aus den Bereichen Expertenmeinung, wissenschaftliche Studien und Kongresse sowie News. Namentlich
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3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Seite 3 I jatros
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
Infektiologie
Liebe Kolleginnen
und Kollegen,
ich hoffe, Ihr Wissensdurst ist groß und die zur Verfügung
stehende Zeit reichlich, denn der Herbst wird aus infektiolo­
gischer Sicht sehr reichhaltig sein: Die Österreichische Ge­
sellschaft für antimikrobielle Chemotherapie (ÖGACH) ver­
anstaltet am 14. November 2013 ihre Jahrestagung zum
Thema „Mikrobiologie, Infektiologie, Hygiene & Apotheke
– Antimicrobial Stewardship im Spital leben“ im Bundesmi­
nisterium für Gesundheit. Am 15. November 2013 findet
ebendort eine Veranstaltung zum Europäischen Antibiotika­
tag statt. Weiters gibt es zahlreiche „Antibiotic Stewar­d­
ship“-Programme unter der Ägide der ÖGACH – nähere
Details und Anmeldemöglichkeiten findet man auf www.
oegach.at.
Die Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Tro­
penmedizin, Parasitologie und Migrationsmedizin (www.
oegtpm.at) zum Thema „Migration of People and Patho­
gens“ findet vom 21. bis 23. November 2013 in der Veteri­
närmedizinischen Universität in Wien statt.
Selbstverständlich gibt es auch zahlreiche Veranstaltungen zu
infektiologischen Themen beim Giftigen Dienstag (Beginn 1.
Oktober 2013) und beim Giftigen Samstag – Details finden
editorial
F. Thalhammer, Wien
Sie unter www.infektiologie.co.at. Besonders möchte ich auf
die „Spezialveranstaltungen“ aufmerksam machen, die inter­
essante Randthemen wie inhalative Antibiotikatherapie oder
interaktiv aufbereitete Fragestellungen aus dem Bereich Pilze
bearbeiten werden.
Wahrscheinlich habe ich viele weitere Veranstaltungen über­
sehen, aber alle haben eines gemeinsam: Die Infektiologie
zieht sich durch unser gesamtes medizinisches Leben und be­
weist damit einmal mehr ihre fächerübergreifende Bedeu­
tung.
Ich wünsche einen spannenden Herbst und hoffe, Sie bei vie­
len Veranstaltungen zu sehen.
Mit kollegialen Grüßen
Florian Thalhammer
Vizepräsident der OEGIT
Wissenschaftlicher Beirat – Infektiologie
Univ.-Doz. Dr. P. Apfalter, Linz; Prim. Dr. C. Aspöck, St. Pölten; Univ.-Prof. Dr. H. Burgmann, Wien; Univ.-Prof. DDr. A. Georgo­poulos, Wien; Univ.-Prof. DDr. W. Graninger, Wien;
OA Dr. O. Janata, Wien; Univ.-Prof. Dr. C. Lass-Flörl, Innsbruck; OA Dr. A. Lechner, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. A. Lischka, Wien; Ao. Univ.-Prof. DDr. E. Marth, Graz; Univ.-Prof. Dr.
I. Mutz, St. Marein i. M.; Univ.-Prof. Dr. M. Peck-Radosavljevic, Wien; Univ.-Prof. Dr. E. Presterl, Wien; Ass.-Prof. Dr. A. Rieger, Wien; Univ.-Prof. Dr. T. Staudinger, Wien; Ao. Univ.-Prof. Dr. F. Thalhammer,
Wien; Prim. Dr. N. Vetter, Wien; Ao. Univ.-Prof. Dr. G. Weiss, Innsbruck; Prim. Univ.-Doz. Dr. C. Wenisch, Wien; Univ.-Prof. Dr. W. H. Wernsdorfer, Wien; Univ.-Prof. Dr. B. Willinger, Wien.
jatros I Seite 4
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Liebe Leserinnen
und Leser!
Es freut uns, Ihnen in dieser Ausgabe von JATROS Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie einen umfassenden
thematischen Schwerpunkt zu den Empfehlungen für die
Eradikation der Helicobacter pylori (HP)-Infektion in Öster­
reich und Europa präsentieren zu können. Als Initiator und
wissenschaftlicher Koordinator des Schwerpunktes unter­
streicht Assoc. Prof. Dr. Christoph Steininger, MedUni Wien,
Leiter der Arbeitsgruppe für Infektiologie der Österreichi­
schen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie
(ÖGGH), die Bedeutung dieses Themas:
„Auf Basis der vorliegenden mikrobiologischen Daten unter­
scheidet sich die Situation in Österreich wesentlich von der ge­
samteuropäischen Situation, sodass wir nicht ohne Einschrän­
kungen auf die europäischen Empfehlungen bezüglich Dia­
gnose, Therapie und Prävention der Komplikationen einer
HP-Infektion zurückgreifen können. Hinzu kommt die Frage,
ob auf Basis der mikrobiologischen Daten, die für Wien und
teilweise für die Steiermark vorliegen, auch Rückschlüsse auf
die generelle Situation in Österreich, mit den entsprechenden
Ableitungen für die Therapie, gezogen werden können. Zu­
dem sind wichtige Substanzen wie Bismutpräparate in Öster­
reich nicht verfügbar und der Einsatz von Clarithromycin ist
möglicherweise nur mehr eingeschränkt zielführend, sodass
vermehrt auf andere Substanzklassen ausgewichen wer­den
muss, dabei auch auf solche, die man zuletzt aus Gründen der
Resistenzentwicklung möglichst sparsam einzusetzen versucht
hat. Aufgrund epidemiologischer Entwicklungen gab es in den
letzten zehn Jahren die Bestrebung, den Einsatz von Chino­
lonen wegen zunehmender Resistenzen gegenüber E. coli und
anderen gramnegativen Keimen zu reduzieren. Mit der HPEradikation ist nun allerdings eine potenziell wichtige neue
Indikation für den Einsatz von Chinolonen hinzugekommen,
was diese Bestrebungen konterkarieren könnte.“
© TILAK
Gastroenterologie-Hepatologie
editorial
P. Ferenci, Wien
H. Tilg, Innsbruck
Ein weiterer Schwerpunkt dieser Ausgabe liegt auf unserer
Berichterstattung von der Jahrestagung der ÖGGH, 13.–15.
Juni in Graz. Als Highlights seien hier der Artikel von Dr.
Stefan Traussnigg, Wien, zum Thema „Anti-TNF-αTherapien bei CED in der Schwangerschaft“ sowie der Arti­
kel von PD Dr. Vanessa Stadlbauer-Köllner, Graz, über die
„Rolle der intestinalen Permeabilität und der Neutrophilen­
funktion“ bei Patienten mit Leberzirrhose genannt. Die Re­
ferate, die den beiden Artikeln zugrunde liegen, wurden je­
weils mit dem Preis der ÖGGH für den besten freien Vortrag
im Bereich Hepatologie und CED ausgezeichnet.
Weiters beschäftigt sich Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Vogel,
Innsbruck, in seinem Artikel mit dem kontroversiellen The­
ma, ob die Empfehlung aus den USA, die gesamte „Baby
Boomer“-Generation einem Screening auf eine Virus-Hepati­
tis-C-Infektion zu unterziehen, auch in Österreich Anwen­
dung finden sollte.
Wir wünschen Ihnen eine interessante und informative
Lektüre!
Univ.-Prof. Dr. Peter Ferenci
Co-Editor Hepatologie
Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg
Co-Editor Gastroenterologie
Wissenschaftlicher Beirat – Gastroenterologie & Hepatologie
OA Dr. H. Bognar, Krems; Univ.-Prof. Dr. C. Datz, Oberndorf; Univ.-Prof. Dr. I. Graziadei, Innsbruck; Univ.-Doz. Dr. M. Gschwantler, Wien; OA Dr. T. Haas, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. P. Knoflach, Wels-Grieskirchen;
Univ.-Prof. Dr. R. Koch, Innsbruck; OA Dr. W. Korak, Klagenfurt; Univ.-Prof. Dr. L. Kramer, Wien; Prof. Dr. C. Madl, Wien; OA Dr. A. Maieron, Linz; Priv.-Doz. DDr. A. R. Moschen, Innsbruck; Univ.-Prof. Dr. M. PeckRadosavljevic, Wien; Univ.-Prof. Dr. W. Petritsch, Graz; Univ.-Prof. Dr. W. Reinisch, Wien; Univ.-Prof. Dr. R. Stauber, Graz; Assoc. Prof. Dr. C. Steininger, Wien; OA Dr. M. Strasser, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. W.
Vogel, Innsbruck; Univ.-Prof. Dr. H. Vogelsang, Wien
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Seite 5 I jatros
HIV/AIDS
Kongress
DÖAK 2013
HIV/Aids heute –
Konzepte & Kontroversen
Mehr als 30 Jahre nach der Entdeckung von HIV ist die Infektion auch heute noch
mehr als ein Krankheitsbild: Sie ist eine medizinische, eine gesellschaftliche und po­
litische Herausforderung. Der 6. Deutsch-Österreichische Aids-Kongress (DÖAK),
der vom 12. bis 15. Juni in Innsbruck stattfand, beschäftigte sich auf verschiedens­
ten Ebenen mit dem Status quo der Epidemie. Mehr als 1.000 Teilnehmer aus
Deutschland, Österreich und der Schweiz waren der Einladung gefolgt.
Rolle des angeborenen Immunsystems
Welche Rolle das angeborene Immun­
system im Verlauf der HIV-Erkrankung
spielt, erläuterte Univ.-Prof. Dr. Marcus
Altfeld, Boston/Hamburg. In seinem
Vortrag ging er auf die dualen Effekte
des angeborenen Immunsystems bei der
akuten und der chronischen Infektion
ein und darauf, wie die permanente
Immunaktivierung in der chronischen
Phase zur Pathologie der Infektion bei­
trägt. Bezüglich der Mechanismen, die
Alter
Wohnortgröße
Nationalität
bei HIV-Infektion zur Immunaktivie­
rung führen, verwies er auf die beson­
dere Rolle der dendritischen Zellen als
Produzent von Typ-1-Interferon und
ihre Bedeutung für die Initiierung der
antiviralen Immunantwort sowie auf
die Toll-like-Rezeptoren (TLR) als
„Erregererkenner“ mit der Folge einer
Stimulierung des Immunsystems. Alt­
feld konzentrierte sich auf die Fragen,
warum bei HIV-positiven Personen
Entzündungsmarker erhöht sind und
ein gesteigertes Risiko für nicht-AIDSOR
95% CI
p-Wert
1,3–3,1
0,002
<45 Jahre
2,0
>45 Jahre
1,0
<100.000 Einwohner
0,6
0,4–0,9
0,019
0,2–0,8
0,011
1,1–3,3
0,028
100.000–300.000
0,4
Wien
1,0
Hochprävalenzländer
1,9
Niedrigprävalenzländer
CD4-Nadir
1,0
<50 Zellen/µl
3,7
2,2–6,2
<0,001
50–199 Zellen/µl
1,8
1,1–3,0
0,018
<0,001
<200 Zellen/µl
1,0
Art-Unterbrechungen
keine
0,4
0,2–0,6
ART-Änderung im 1. Jahr
keine
1,8
1,1–2,8
0,015
ja
2,6
1,5–4,5
<0,001
nein
1,0
eine oder mehr
NRTI+NNRTI-Resistenz
*adjustiert für: Geschlecht, Übertragungsart, Anzahl bisheriger ART-Regime, Jahr des ART-Beginns
jatros I Seite 6
Ausgehend von der Hypothese, dass bei
gleicher Viruslast aufgrund stärkerer
Antworten von HIV-1-TLR7-Liganden
eine stärkere Immunaktivierung zu ei­
nem schnelleren Krankheitsverlauf bei
Frauen führen könnte, wird auch über
die Modulation der TLR7-Reaktion
durch Sexualhormone zur Reduktion
der Immunaktivierung nachgedacht.
Nach dem Vortrag stand Prof. Altfeld
für ein Interview zur Verfügung (siehe
Kasten).
Altern mit HIV
1,0
Tab. 1: Risikofaktoren für virales Versagen (multivariable logistische Regression*)
definierende Erkrankungen besteht, wa­
rum es Genderunterschiede in der Im­
munaktivierung und bei angeborenen
Antworten gegen HIV gibt (Nachteil
für Frauen) und welche Therapieansät­
ze sich daraus ergeben könnten. So sind
die antiviralen Effekte von Interferon-α
ein möglicher therapeutischer Ansatz
in der akuten Infektionsphase. In der
chronischen Infektion haben seine im­
munmodulatorischen Effekte eher einen
negativen Einfluss auf die Erkrankung.
In seinem Vortrag zum Thema „Alt wer­
den, ohne alt zu sein: neue Herausfor­
derungen für die HIV-Therapie“ stellte
Univ.-Prof. Dr. Hans Jürgen Stellbrink,
Hamburg, die These zum vorzeitigen
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
HIV/AIDS
Altern von HIV-Patienten zur Diskussi­
on und betonte, dass der Altersphäno­
typ bei HIV-Patienten vielen Einflüssen
unterliegt. Man könne nicht präzise dif­
ferenzieren zwischen Schädigungen, die
HIV selbst, die HIV-Therapie hervorruft
und solchen, die durch das allgemeine
Altern bedingt sind. Sein Credo: „Wir
sollten die Aussage kritisch hinterfra­
gen, dass ,alles Alter‘ ist, und versuchen,
einzelne Phänomene auch einzeln und
vielleicht sogar erfolgreich zu behan­
deln.“ Zu den o.g. Einflüssen zählen ne­
ben dem persistierenden Immundefekt
und der Immunaktivierung auch der Le­
bensstil, Begleiterkrankungen, die ARTToxizität und alle Manifestationen der
physiologischen Alterung, woraus sich
eine Vielzahl medizinischer und gesell­
schaftlicher Herausforderungen ergebe.
Diese reichen von einer frühen Diagno­
se über die rechtzeitige Einleitung der
ART, das Management von Begleiter­
krankungen, die Unterstützung der
Verhaltensmodifikation, die ärztliche
Assistenz bei sozialen Risiken und die
Vorbereitung auf End-of-Life-Szenarien
bis zur Vorbereitung der Gesellschaft
und des medizinischen Systems auf die
Pflege einer steigenden Zahl alternder
Menschen mit HIV.
AHIVCOS-Daten und Risikofaktoren für
virales Versagen
So groß die Fortschritte in der HIV-The­
rapie sind, so viele Fragen sind noch of­
fen. Einen Beitrag zur Forschungsarbeit
und gesundheitspolitischen Steuerung
liefern Kohortenstudien. Sie dienen,
qualitativ und quantitativ auf wissen­
schaftlich hohem Niveau durchgeführt,
der Beurteilung verschiedener Aspekte
der HIV/AIDS-Epidemie. Die vor 13
Jahren etablierte „AHIVCOS“ ist in
Österreich mit der Registrierung detail­
lierter Behandlungsabläufe sowie der
systematischen Erfassung und Optimie­
rung der klinischen Betreuung von HIVPatienten das wichtigste Instrument zur
HIV-Surveillance. In diesem Jahr konn­
te bereits der 23. AHIVCOS-Bericht mit
aktuellen epidemiologischen Daten zum
Therapiezugang, Erhebungen zur Mor­
talität, zum Outcome unter antiviraler
Therapie, zu Resistenzen und Koinfek­
tionen bei den ca. 7.500 bis 8.500 HIV3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Infizierten in Österreich veröffentlicht
werden. Etwa die Hälfte der Betroffe­
nen befindet sich in Behandlung. Mit
3.597 Teilnehmern erfasst AHIVCOS
knapp über 90% aller an einem der
sieben Zentren in antiretroviraler The­
rapie (ART) befindlichen Infizierten in
Österreich.
Sehr eindrucksvoll konnte in der Ko­
hortenstudie der Rückgang der Sterb­
lichkeit seit Einführung der ART gezeigt
werden. Starben 1994 noch 47 Männer
und 55 Frauen von 100 HIV-Infizierten,
so ist diese Rate bei Männern auf un­
ter 10 und bei Frauen unter 5 gesunken.
Dabei habe sich, wie Mag. Gisela Sturm
für die AHIVCOS Group erläuterte, das
Spektrum der Mortalität verändert und
das Sterberisiko sei gesunken. Besonders
interessant sei zudem die Erkenntnis,
dass Patienten, die das Zentrum wech­
selten (warum sie dies tun, ist noch un­
klar), ein höheres Mortalitätsrisiko
aufweisen würden. Auch Risikofakto­
ren für virales Versagen wurden in der
AHIVCOS erfasst (Tab. 1). Mag. Gogl
stellte die aktuelle Analyse vor und kon­
statierte, dass von fast 4.000 erfassten
Patienten im Jahr 2012 bei 3,2% ein
virales Versagen auftrat. Dies betraf
vermehrt Patienten unter 45 Jahren und
mehr Bewohner aus Wien im Vergleich
zu anderen Landeshauptstädten. Patien­
ten, die sich über i.v. Drogengebrauch
anstecken, haben ein höheres Risiko
für virales Versagen. Außerdem ist der
CD4-Nadir ein Prädiktor: Je niedriger er
ist, desto häufiger tritt virales Versagen
auf. Als weiterer Risikofaktor wurden
Resistenzen gegen NRTI und NNRTI
identifiziert. Auch ein Therapiebeginn
nach 1997 stellte sich als Risikofaktor
heraus und es zeigte sich, dass ART-Un­
terbrechungen die Häufigkeit eines vira­
len Versagens erhöhen. Anhand der hier
aufgedeckten Risikofaktoren kann das
Management von Patienten unter ART
optimiert werden.
n
Quelle: 6. Deutsch-Österreichischer Aids-Kongress
(DÖAK), 12.–15. Juni 2013, Innsbruck
Bericht: Elke Klug
Interview mit Prof. Marcus Altfeld
Beim Eindringen des HI-Virus in den Körper tut das angeborene
Immunsystem offenbar nicht das, was es sollte. Wo liegt das Defizit im Immunsystem der betroffenen Patienten?
M. Altfeld: Das HI-Virus wird erkannt, aber integriert sich schnell in das
Genom von Zellen des Körpers, aus denen es nicht mehr entfernt werden
kann. Die antivirale Immunantwort wird zwar aktiviert (dies manifestiert
sich z.B. durch Fieber und Lymphknotenschwellung), aber sie reicht nicht
aus, um die Infektion zu verhindern.
Die Patienten leben heute unter ART deutlich länger, trotzdem ist die Lebenserwartung geringer. Woran sterben sie eher als HIV-negative Personen?
M. Altfeld: An einer Reihe von Erkrankungen wie Tumoren, kardiovaskulären Erkrankungen
(Herzinfarkt, Schlaganfall), Nierenversagen – in vielen Fällen ist insgesamt ein schnelleres Altern
des Immunsystems zu beobachten.
Welche Rolle spielt das bei chronischen Infektionen permanent aktive Immunsystem
und welche neuen Erkenntnisse werden zukünftig die HIV-Therapie beeinflussen?
M. Altfeld: Es ist mittlerweile klar, dass das im Rahmen der chronischen Infektion permanent
aktive Immunsystem mit diesem schnelleren Alterungsprozess des Immunsystems sowie dem Auftreten von kardiovaskulären Erkrankungen assoziiert ist. Zukünftige Therapien müssen versuchen,
nicht nur die Viruslast zu reduzieren, sondern auch die persistierende Immunaktivierung zu verringern.
Gelten mögliche therapeutische Optionen für Männer und Frauen gleichermaßen?
M. Altfeld: Diese Behandlungsstrategie der kombinierten Reduktion von Virusreplikation und
Entzündung gilt sowohl für Frauen als auch Männer. Allerdings sind die Entzündungsmarker bei
Frauen oft höher als bei Männern und eine Reduktion der Entzündungswerte bei Frauen ist daher
in manchen Situationen dringend erforderlich.
Seite 7 I jatros
HIV/AIDS
Kongress
DÖAK 2013
HIV-Therapie:
Herz und Niere im Fokus
Mittlere Veränderung
gegenüber Baseline zu
Woche 12 (%)
Speziell Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems
und der Nieren haben häufig schwerwiegende Folgen
und standen daher im Fokus eines eigenen Symposiums. Dr. Stefan Esser, Essen, verdeutlichte anhand
verschiedener Auswertungen der noch laufenden
prospektiven HIV-HEART-Studie, dass kardiovaskuläre Erkrankungen eine große Herausforderung für die
HIV-Behandler darstellen. Im Verlauf von fünf Jahren
kam es bei Infizierten zu einer relativen Verschlechterung im Framingham-Score, die nicht alleine auf
das zunehmende Alter der Patienten zurückzuführen
war (n=505, mittleres Alter 44,3 Jahre, HIV-Therapie
20
10
0
-10
-20
-30
-40
-50
2
1
Niere: engmaschig überwachen
Eine chronische Niereninsuffizienz tritt bei HIV-Infizierten in bis zu 30% der Fälle auf, je nach Vorliegen
gewisser Risikofaktoren. Neben dem Alter, Bluthochdruck und Diabetes wurden für HIV-Positive auch hohe
Viruslast, virale Replikation bei niedriger CD4-Zellzahl,
AIDS-definierende Erkrankungen, schwarze Hautfarbe
sowie antiretrovirale Medikamente mit nephrotoxischem Potenzial als Risiko definiert.5 Dr. Ansgar Rieke,
4
2
-13
*
GesamtCholesterin
*
-15
*
NON
HDL-C
1
-1
-2
*
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Behandlung HIV-positiver Patienten auch im Zeitalter
moderner und wirksamer antiretroviraler Medikamente eine große Herausforderung für die Behandler
darstellt. Neben der Unterdrückung der Infektion sind
die frühzeitige Erkennung und das Management von
Begleiterkrankungen, etwa in Bezug auf das HerzKreislauf-System und die Nieren, ein wesentliches Ziel.
n
* eGFR = geschätzte glomeruläre Filtrationsrate
Literatur:
Deeks SG, Phillips AN, BMJ 2009; 338: a3172
2
Warnke A et al, J Int AIDS Society 2012; 15(suppl 4):
18282
3
Esser S et al, Clin Res Cardiol 2013; 102: 203-13
4
Eron JJ et al, Lancet 2010; 375(9712): 396-407
5
Winston JA, Adv Chronic Kidney Dis 2010; 17(1):
19-25
6
European AIDS Clinical Society (EACS) Guidelines,
Version 6.1, November 2012
7
Lee FJ et al, Curr Opin HIV AIDS 2012 Sep; 7(5): 422-8
1
RAL + ARVs
-42
*
TG***
LPV/r + ARVs
LDL-C
HDL-C
*p<0,001; **ARVs: mindestens 2 Nukleosid(Nukleotid)analoga; *** mediane Veränderungen gegenüber BL zu Woche 12 (%);
HDL-C = HDL-Cholesterin; LDL-C = LDL-Cholesterin; RAL = Raltegravir; LPV/r = Lopinavir/Ritonavir
Abb. 1: SWITCHMRK-1: Umstellung von Lopinavir/r auf Raltegravir verbesserte die Lipidwerte (adaptiert nach4)
jatros I Seite 8
Gemäß den europäischen Leitlinien sollte bei Diagnosestellung, vor Beginn einer HIV-Therapie und danach in regelmäßigen Abständen ein Screening auf
Nierenerkrankungen durchgeführt werden. Dieses
umfasst eine jährliche Anamnese der Risikofaktoren
und eine Urin-Dipstick-Analyse sowie eine vierteljährliche eGFR*-Berechnung.6 Häufiger kontrollieren
sollte man Patienten, die CKD-Risikofaktoren aufweisen, eine eGFR von <60ml/min aufweisen und/oder
potenziell nephrotoxische Substanzen wie Tenofovir
einnehmen. Auch für die neueren Medikamente mit
möglichem nephrotoxischem Potenzial, wie Cobicistat,7 forderte Rieke eine besonders engmaschige
Überwachung der Nierenfunktion.
Quelle: „HAART: auf Herz und Nieren geprüft“,
MSD-HIV-Symposium, 13. Juni 2013,
im Rahmen des 6. Deutsch-Österreichischen
AIDS-Kongresses (DÖAK), Innsbruck
Bericht: Redaktion
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Fachkurzinformationen: siehe Seite 61
Herz: erhöhtes Risiko
Koblenz, betonte, dass klassische Risikofaktoren bei
HIV-Patienten erkannt und überwacht werden können
und sollen, um entsprechende Maßnahmen frühzeitig
einleiten zu können.
INFC-1092654-0000
Dank der modernen HIV-Therapie werden die Patienten immer älter. HIV-Behandler sehen sich nun
mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Im Vordergrund steht in den meisten Fällen nicht mehr das
Überleben des Patienten, sondern das Management
der Begleiterkrankungen. Altersassoziierte Erkrankungen, vor allem kardiovaskuläre, renale und hepatische
Erkrankungen, Krebs und Störungen des Knochenstoffwechsels, treten bei HIV-Infizierten häufiger und
früher auf als bei Nichtinfizierten. Mögliche Ursachen
dafür sind eine residuale Immundefizienz, die chronisch persistierende Inflammation sowie die kumulative Toxizität der antiretroviralen Therapie.1
85,7% zu Baseline und 96,4% nach fünf Jahren).2
Protektive Faktoren waren Sport und ein sinkender
Triglyzerid-Wert unter einer lipidsenkenden Therapie.2
In einer weiteren Analyse betrug die Prävalenz einer
kardiovaskulären Erkrankung 10,1% (n=803, mittleres Alter 44,2 Jahre)3 und bei Patienten, die über 45
Jahre alt waren, war im Vergleich zur jüngeren Patientengruppe eine überproportionale Zunahme der HerzKreislauf-Erkrankungen in den nächsten Jahrzehnten
zu erwarten (16,4 vs. 4,2%, p<0,001).3 Dr. Esser ging
in seinem Vortrag auch auf die SWITCHMRK-Studie
ein (n=702), bei der es nach der Umstellung von einem geboosterten Proteasehemmer auf den Integrasehemmer Raltegravir (Isentress®) nach 12 Wochen zu
einem signifikanten Absinken der Werte von Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin und Triglyzeriden kam
(primärer Endpunkt, siehe Abb. 1).4 Die virologische
Nichtunterlegenheit von Raltegravir konnte zwar in
dieser Studie nicht gezeigt werden (84,4% vs. 90,6%
unter der Nachweisgrenze zu Woche 24),4 jedoch kann
laut Dr. Esser durch den Wechsel der HIV-Therapie hin
zu einem Regime, das weniger Stoffwechselstörungen
verursacht, der Einsatz von Begleitmedikamenten wie
z.B. Statinen reduziert werden.
Entgeltliche Einschaltung mit freundlicher Unterstützung der Firma MSD
Auf dem Deutsch-Österreichischen
AIDS-Kongress (DÖAK), 12.–15. Juni
in Innsbruck, diskutierten Experten
aus dem deutschsprachigen Raum
aktuelle Probleme und Herausforderungen rund um HIV.
WAS SIE HEUTE TUN
KANN DEREN MORGEN BEEINFLUSSEN
S TA R T M R K 1
5
Die Abbilung stellt keinen echten Patienten dar. 08-15-INFC-1085479-0001. Erstellt: August 2013.
JAHRE
®
Vor der Verschreibung von ISENTRESS beachten Sie bitte die vollständige Fachinformation.
J.K. ROCKSTROH et al., J Acquir Immune Defic Syndr. 2013 May 1;63(1):77-85.
1
Merck Sharp & Dohme Ges.m.b.H. Europlaza Gebäude G, Am Europlatz 2, 1120 Wien ® Registered Trademark
© Urheberrechtlich geschützt für Merck Sharp & Dohme Corp., ein Unternehmen von Merck & Co., Inc., Whitehouse Station, NJ, USA.
HIV/AIDS
Interview
DÖAK 2013
Begegnen, Verstehen,
Bewegen
Vom 12.–15. Juni fand heuer in Innsbruck der 6. Deutsch-Österreichische
Aids-Kongress (DÖAK) statt. JATROS traf den Kongresspräsidenten,
Univ.-Prof. Dr. Heribert Stoiber, Innsbruck, für ein Interview, um mit ihm
Bilanz über den diesjährigen Kongress zu ziehen.
Wofür steht das diesjährige Motto?
H. Stoiber: Es geht dabei einerseits um die
Begegnung und Interaktion zwischen den
Kongressteilnehmern aus der Communi­
ty, den Sozialwissenschaften und den be­
handelnden Ärzten sowie Vertretern der
Grundlagenforschung. Andererseits sol­
len einander auch Teilnehmer und Bürger
begegnen, die gar nichts mit HIV/Aids zu
tun haben. Dafür wurde ein großes Pro­
gramm mit vielen öffentlichen Aktionen
organisiert. Verstehen und Bewegen soll
auch für Akzeptanz stehen. Und es geht
auch um Präventionsmessages. Dazu ge­
hören z.B. unsere Schülerprojekte, die
zum Verstehen anregen sollen.
Was waren für Sie die wissenschaftlichen Highlights?
H. Stoiber: Aus gutem Grund wurde der
Koinfektion HIV-positiver Personen mit
Hepatitis C auf diesem Kongress beson­
dere Aufmerksamkeit geschenkt. Vor al­
lem gegen HCV sind vielversprechende
neue Medikamente zugelassen oder in
klinischer Testung. Anfang kommenden
Jahres werden wieder zwei oder drei neue
Substanzen zu den schon verfügbaren PI
zugelassen. Wenn es so weitergeht, wer­
den wir bald die Interferon-freie Therapie
haben. Die ersten Ergebnisse zeigen schon
Erfolge in Phase II mit durchaus schwie­
rig zu behandelnden Patienten. Teilweise
eine mögliche Eradikation des Virus zu
90% – das ist bemerkenswert.
jatros I Seite 10
Im Bereich der neuen HIV-Medikamente
gibt es m.E. verschiedene Entwicklungs­
ebenen. Die pharmazeutische Indust­
rie verspricht sich z.B. sehr viel davon,
mehrere Wirkstoffe in einer Tablette zu
kombinieren und diese einmal täglich zu
verabreichen. Einige der Communitys
sagen allerdings, das brauchen wir nicht
wirklich, es macht uns unflexibel. Außer­
dem gibt es verschiedene gentherapeuti­
sche Ansätze, hier z.B. in Innsbruck von
meiner Kollegin Prof. Dorothee von Laer.
Da ist einiges in vitro in Erprobung. Mit
dem Einsatz antiviraler Gene könnte man
etwa der Entwicklung einer HIV-Genthe­
rapie oder gar eines Aids-Impfstoffes ei­
nen großen Schritt näher gekommen sein.
Eine der Hauptbotschaften des DÖAK
war die Notwendigkeit eines globalen Zugangs zur HIV-Therapie. Welche
Möglichkeiten sehen Sie, die aktuelle
Situation zu verbessern?
H. Stoiber: Dazu diente z.B. unser Ent­
schluss, an den Anfang des Kongresses
den Schwerpunkt Universal Access zu
setzen. Das ist ja nicht nur ein DritteWelt-Phänomen. In sehr reichen Ländern
wie den USA z.B. gibt es dieses Problem
ebenfalls. Und auch bei uns ist nicht jeder
unter Therapie, der es sein sollte. Deshalb
wollten wir die politische Akzeptanz all­
gemein erhöhen und klarmachen, dass
man Gesundheit nicht als Gnadengut
ansehen soll, sondern als Wirtschaftsfak­
tor. Wenn man jetzt in die Gesundheit
H. Stoiber, Innsbruck
investiert, dann wird sich das auszahlen.
Die heutigen „Nehmerländer“ müssten
nicht länger Bittsteller sein. Ganz abge­
sehen davon, dass das auch eine Frage
der Menschenwürde ist. Denn es geht
auch um Lebensqualität für die Betrof­
fenen. Dafür müssen so viele Infizierte
so schnell wie möglich unter Therapie
kommen. Die beiden Science-Studien, die
Anfang des Jahres in Südafrika publiziert
wurden, zeigen eindrücklich, dass Treat­
ment as Prevention funktioniert. Je mehr
Menschen weltweit mit Therapie eine Vi­
ruslast unter der Nachweisgrenze haben,
umso weniger Neuinfektionen gibt es.
Dafür sind auch die finanziellen Mittel
und Ressourcen sehr wichtig. Die RiesenEuphorie, vor allem der OECD-Staaten,
die diese Hilfe vertraglich zugesichert ha­
ben, ist teils verpufft. Die meisten zahlen
zwar, aber viel weniger, als sie verspro­
chen haben. Österreich hat vor ein paar
Jahren eine Einmalzahlung geleistet und
seither nie mehr irgendetwas gezahlt. Das
Ministerium bekommt regelmäßig unsere
umfangreichen Kohortendaten. Auf diese
Weise kann man Präventionsmaßnahmen
leichter initiieren, Argumente liefern, z.B.
für kostenlose HIV-Test, usw. Und viel­
leicht kommt man dann einmal dahin,
dass auch Österreich in den Global Fund
einzahlt.
n
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Elke Klug
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
HIV/AIDS
Studienzusammenfassung
HAND
Relevanz von rechtzeitigem
Screening und einer ZNSadaptierten Therapie
Management von HAND vor. Mit dem
Ziel, die Lücken zwischen den neueren
Erkenntnissen im Bereich von NeuroHIV und deren Umsetzung in die kli­
nische Praxis zu schließen, wurde das
Mind-Exchange-Programm1 entwickelt:
66 Spezialisten verschiedener medizini­
scher Fachdisziplinen aus 30 Ländern
arbeiteten Antworten auf 14 Fragen
aus, denen eine wesentliche klinische
Relevanz beigemessen worden war.
Die entsprechenden Statements wurden
mit Evidenzlevel und Empfehlungsgrad
basierend auf den CEBM(Centre for
Evidence-Based Medicine)-Kriterien
von Oxford, Version 2009,3 versehen.
Nachdem im ZNS häufig eine der Erst­
manifestationen der HIV-Infektion
vorliegt, empfehlen die Experten ein
initiales Screening bereits innerhalb der
ersten 6 Monate nach Diagnosestellung
und nach Möglichkeit noch vor Initiie­
rung der cART. Das individuelle Risiko
soll dabei immer unter Berücksichti­
gung von Anamnese und Komorbiditä­
ten evaluiert werden.
MoCA
Mind-Exchange-Programm
Bis vor Kurzem lagen noch keine evi­
denzbasierten Empfehlungen für das
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Die Auswahl eines geeigneten Scree­
ningtools hängt von verschiedenen
Faktoren wie Zeit- und Kosteneffek­
tivität sowie Einfachheit in der Hand­
habung ab. Overton et al4 wiesen in
einer mit 200 HIV-Patienten durchge­
führten Untersuchung für den MoCATest5 (Montreal Cognitive Assessment)
eine Sensitivität und Spezifität von 63
bzw. 71% nach und resümierten, dass
dieser Test angesichts seiner einfachen
und zeitsparenden Durchführbarkeit
als initiales Screeningtool zur Identifi­
kation bei HIV-Patienten geeignet ist.
Je nach Ergebnis sind in weiterer Folge
umfassende neuropsychologische Test­
verfahren inklusive der Durchführung
bildgebender Verfahren zwecks einer
spezifischeren HAND-Diagnose einzu­
leiten.
Therapie und Prävention
Bis dato ist die Studienlage zur Progres­
sion von ANI zu MND bzw. von MND
zu HAD unzureichend. Allerdings liegt
eine gewisse Evidenz vor, dass Marker
für die Progression der HIV-Erkran­
kung wie eine niedrige CD4-Zellzahl,
hohe HIV-RNA-Kopienzahl und/
oder die vorbestehende Diagnose von
AIDS sowie Depressionen mit einer
Verschlechterung der neuropsycholo­
gischen Leistungsfähigkeit (neuropsy­
chological performance, NP) mit der
Seite 11 I jatros
Mit freundlicher Unterstützung der Fa. AbbVie
Zu den unter dem Begriff HAND
(HIV-associated neurocognitive disor­
der) subsumierten Formen neurokog­
nitiver Beeinträchtigungen (neuroco­
gnitive impairment, NCI) zählen die
HIV-bedingte Demenz (HAD) sowie die
milderen Ausprägungen ANI (asym­
ptomatic neurocognitive impairment)
und MND (mild neurocognitive disor­
der). Wenn auch in der Ära der cART
(combined antiretroviral therapy) ein
Rückgang der HAD-Fälle zu verzeich­
nen ist, darf nicht vergessen werden,
dass die Patienten dank Einführung der
cART zunehmend ein längeres Überle­
ben aufweisen und differenzialdiagnos­
tisch HIV-unabhängige Demenzen, wie
z.B. die Altersdemenz, Berücksichti­
gung finden müssen. Gleichzeitig sind
Prävalenz und Inzidenz von ANI und
MND unverändert, wenn nicht so­
gar im Begriff anzusteigen. Das ZNS
ist nach wie vor häufig das Organ, in
dem sich die HIV-Infektion zuerst ma­
nifestiert, weshalb einem frühzeitigen
Screening auf NCI oberste Priorität
eingeräumt werden sollte.1, 2
Fachkurzinformationen: siehe Seite 61
Trotz der zunehmenden Fortschritte im Bereich der HIV-Therapie stellt die Involvierung
des ZNS immer noch eine Herausforderung dar. Erstmalig wurde von einer Experten­
gruppe das Mind-Exchange-Programm entwickelt, um Empfehlungen für ein adäquates
Management von HIV-assoziierten neurokognitiven Beeinträchtigungen hinsichtlich
Screening und Therapieoptimierung zu offerieren.
HIV/AIDS
Studienzusammenfassung
Zeit einhergehen. Für die cART konn­
te gezeigt werden, dass nach einer The­
rapiedauer von einem Jahr moderate
Verbesserungen in der NP zu beobach­
ten sind, wobei das Ausmaß der Ver­
besserungen mit den Veränderungen
der CD4-Zellzahl einhergeht. „Eine
frühe Therapieinitiierung könnte mög­
licherweise einen präventiven Faktor
für die Entwicklung von HAND dar­
stellen“, so das Resümee von Dr. Scott
Letendre, Universität Kalifornien, San
Diego, im Rahmen seines Vortrags am
diesjährigen HANSA-Kongress (27. bis
28. April, Berlin).
die aktuelle CPE-Bewertungsmethode
sind Daten aus pharmakokinetischen
und pharmakodynamischen Analysen
eingeflossen, die eng mit der CSF-Vi­
ruslast in Korrelation stehen6 (Tab. 1).
„Demgemäß könnten sich antiretrovi­
rale Therapien mit günstigeren Subs­
tanzverteilungsmustern und höherem
Penetrationseffekt für die Behandlung
von HAND als effektiver erweisen“,
erklärte Letendre im Zuge des HAN­
SA-Meetings.
Generell wird von der Mind-Ex­
change-Arbeitsgruppe ausschließlich
eine cART für die Routinebehandlung
von HAND empfohlen. Bei Patienten
mit dem Nachweis einer HIV-RNAKopienzahl <50/ml im CSF müssen
andere mögliche Ursachen für NCI in
Betracht gezogen werden. Wenn HIVRNA im Plasma detektierbar ist, sollte
die Therapieadhärenz hinterfragt wer­
den, da NCI mit der Adhärenz inter­
ferieren kann. Darüber hinaus wird
eine Adaptierung der Therapie gemäß
dem Resistenzprofil und gemäß der
ZNS-Penetration (CNS penetration ef­
fectiveness, CPE) der antiretroviralen
Substanzen empfohlen.
Das Potenzial der Penetration der anti­
retroviralen Substanzen durch die BlutHirn-Schranke (blood-brain barrier,
BBB) hängt wesentlich von ihrer Li­
quorgängigkeit und auf chemisch-phy­
sikalischer Ebene von ihrer Lipophilie
ab. In der von Marzolini et al durchge­
führten Untersuchung7 konnte gezeigt
werden, dass große lipophile Substan­
zen wie Proteaseinhibitoren (PI) eine
starke Bindungsaffinität zu Medika­
menten-Transportern auf­weisen, die
im Bereich der Blut-Liquor-Schranke
(blood-CSF barrier) exprimiert wer­
den. Diese Transporter-Moleküle sor­
gen für einen Efflux pharmakologi­
scher Substanzen aus dem ZNS, sodass
u.U. keine ausreichenden Substanz­
spiegel erreicht werden. PI mit hoher
Bindungsaffinität für diese Transpor­
ter, die als Kombinationspartner zur
Boosterung gegeben werden können,
können die Effluxrate allerdings he­
In multivariablen Analysen konnte
eine Korrelation zwischen detektier­
barer ZNS-Viruslast und einem nied­
rigen CPE-Score der antiretroviralen
Substanzen identifiziert werden. In
runterregulieren und so eine bessere
Penetration in das ZNS erzielen. Diese
Ergebnisse deuten darauf hin, dass zur
Prävention von HAND bei HIV jene
cART bevorzugt werden sollte, die sich
aus einer Kombination von großen li­
pophilen mit niedermolekularen, die
BBB gut penetrierenden Substanzen zu­
sammensetzt, und unterstreichen dabei
die Rolle von PI als Modulatoren für
die Passage der BBB.
cART-bedingte Neurotoxizität
Geboosterte PI weisen eine bessere
CPE auf
Im Fall, dass trotz effektiver cART
persistierende Symptome eines NCI
zu beobachten sind, sollte eine cARTbedingte Neurotoxizität als Ursache in
Betracht gezogen werden. Ergebnisse
einer In-vitro-Untersuchung deuten da­
rauf hin, dass die antiretrovirale Neu­
rotoxizität einen der Mechanismen
darstellen könnte, die zu einem NCI
beitragen.8 Aus der verfügbaren Lite­
ratur geht nur in limitierter Weise Evi­
denz in Bezug auf neurotoxische Effek­
te antiretroviraler Substanzen hervor,
und bis dato sind keine spezifischen
Studien zu dieser Problematik durch­
geführt worden. Gemäß dem aktuellen
Wissensstand ist Efavirenz am häufigs­
ten mit neurotoxischen Effekten asso­
ziiert.1 In einer retrospektiven Analy­
se der CHARTER-Kohorte9 wurden
im Vergleich zu Lopinavir-Ritonavir
(LPV/r) unter Efavirenz (EFV) ebenfalls
schlechtere neurokognitive Funktionen
verzeichnet. Zu den Einschlusskriterien
zählten eine LPV/r- bzw. EFV-Therapie
Antiretrovirale Substanzklasse
4
3
2
1
NRTI
Zidovudin
Abacavir
Emtricitabin
Didanosin
Lamivudin
Stavudin
Tenofovir
Zalcitabin
NNRTI
Nevirapin
Delavirdin
Efavirenz
Etravirin
PI
Indinavir/Ritonavir
Darunavir/Ritonavir
Fosamprenavir/Ritonavir
Indinavir
Lopinavir/Ritonavir
Atazanavir
Atazanavir/Ritonavir
Fosamprenavir
Entry-/Fusionsinhibitoren
Maraviroc
Integraseinhibitoren
Raltegravir
Nelfinavir
Ritonavir
Saquinavir
Saquinavir/Ritonavir
Tipranavir/Ritonavir
Enfuvirtid
Tab. 1: CPE-Ranking 2010. Höhere Zahlen reflektieren die Berechnungen für eine bessere Penetration oder Effektivität im ZNS (z.B. bedeutet eine Bewertung von 4 die
höchste Penetration bzw. Effektivität); in Kombinationstherapien werden CPE-Scores der Einzelsubstanzen addiert; basierend auf Letendre et al6
jatros I Seite 12
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
HIV/AIDS
0,60
Beeinträchtigung (Anteil)
p=0,02
0,40
Efavirenz-Anwender
HCV- (n=328)
p=0,05
p=0,46
Lopinavir-Ritonavir-Anwender
p=0,38
p=0,11
p=0,12
p=0,04
p=0,08
Geschwindigkeit
der Informations­
verarbeitung
verbale
Fähigkeiten
0,20
0,00
globale
Funktionen
exekutive
Funktionen
Lernen
Gedächtnis
motorische
Fähigkeiten
Arbeits­­
gedächtnis
Abb. 1: Vergleich neurokognitiver Beeinträchtigungen bei EFV- und LPV/r-Anwendern stratifiziert gemäß dem HCV-Status; die Balken über den Säulen geben den mittleren
Standardfehler an; nach Tovar-y-Romo et al8
von mindestens 12 Monaten sowie das
Fehlen von schwerwiegenden neuro­
psychiatrischen Komorbiditäten. Da­
bei wurde eine Stratifizierung gemäß
dem HCV(Hepatitis-C-Virus)- und
dem HIV-RNA-Status vorgenommen
und festgestellt, dass bei HCV-serone­
gativen Individuen (n=328) die EFVTherapie mit einer ausgeprägteren
Beeinträchtigung besonders in den
Bereichen der exekutiven Funktionen
(p=0,05) und der Geschwindigkeit der
Informationsverarbeitung (p=0,04) so­
wie der globalen Funktionen (p=0,02)
einherging (Abb. 1). In der Subgruppe
mit einer HIV-RNA-Kopienzahl <50/ml
(n=269) im Plasma wurden ebenfalls
bei EFV-Patienten schlechtere Ergeb­
nisse in diesen beiden Bereichen ver­
zeichnet (p=0,03 bzw. p=0,02).
Resümee
Nachdem HAND auch in mild ausge­
prägter Form mit substanziellen Ein­
schränkungen im täglichen Leben, einer
schlechteren Lebensqualität, Schwierig­
keiten im Berufsleben, einer niedrigeren
Medikationsadhärenz sowie einem kür­
zeren Überleben einhergeht, ist es umso
relevanter, rechtzeitig eine geeignete
Therapie einzuleiten bzw. eine Thera­
pieumstellung bei insuffizientem An­
sprechen oder dem Vorliegen von NCI
trotz virologischer Suppression in Plas­
ma und CSF durchzuführen.1 Das klini­
sche Management von HIV-assoziierten
ZNS-Komplikationen erfordert einen
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
multifaktoriellen Ansatz, an dessen ers­
ter Stelle ein initiales Screening und in
weiterer Folge regelmäßige Kontrollun­
tersuchungen stehen, um allfällige neu­
rokognitive Veränderungen rechtzeitig
zu detektieren. Zwar existiert noch
keine kurative Therapie, jedoch kann
eine cART, in die Substanzen mit einem
hohen CPE-Wert integriert sind, zur
besseren Prävention und Therapie von
HAND beitragen.
n
Literatur:
1
The Mind Exchange Working Group, Clin Infect Dis
2013; 56(7): 1004-1017
2
Heaton RK et al, J Neurovirol 2011; 17: 3-16
3
www.cebm.net
4
Overton ET et al, J Neurovirol 2013; 19: 109-116
5
verfügbar unter: www.mocatest.org
6
Letendre SL et al, Top HIV Med 2010; 18: 45-55
7
M
arzolini C et al, Mol Pharmaceutics 2013; 10: 2340-2349
8
Tovar-y-Romo LB et al, J Pharmacol Exp Ther 2012;
343(3): 696-703
9
Letendre SL et al, CROI 2013, Poster 407
Bericht: Mag. Dr. Anita Schreiberhuber
Statement Prim. Univ.-Doz. Dr. Christian Eggers, Linz
Die Zielsetzung der Mind-Exchange-Konsensusgruppe bestand darin, eine
Bestandsaufnahme von Häufigkeit und Intensität neurokognitiver Defizite
bei HIV-Patienten vorzunehmen und einen Algorithmus zum Screening für
neurokognitive Beeinträchtigungen zu entwickeln, um diese rechtzeitig mit
geeigneten Methoden zu diagnostizieren. Die bisher verfügbaren neuropsychologisch-kognitiven Testverfahren beanspruchen je nach Patient 1–1,5
Stunden; hingegen erfordert der MoCA-Test nur einen Zeitaufwand von
10–15 Minuten und kann mit etwas Übung von jedem HIV-Behandler im
ambulanten oder niedergelassenen Bereich durchgeführt werden.
Nach Auffassung der Mind-Exchange-Gruppe sollte jeder HIV-behandelnde Arzt Screeningmethoden anwenden und diese in definierten Abständen wiederholen. Dabei wird zwischen Patienten
mit niedrigem vs. hohem Risiko für die Entwicklung von HAND unterschieden. So fällt beispielsweise ein junger HIV-Patient mit gut eingestellter Medikation und einer Viruslast unter der Nachweisgrenze in die Niedrigrisikogruppe und sollte alle 12–24 Monate erneut auf HAND gescreent
werden. Demgegenüber ist ein älterer Patient, der Kriterien wie schlechte Compliance, niedrige
CD4-Zellzahl und/oder die Manifestation von AIDS aufweist, als Hochrisikopatient einzustufen, bei
dem die Untersuchung auf HAND alle 6–12 Monate wiederholt werden sollte.1
Nicht nur in Österreich, sondern generell ist die Aufmerksamkeit für HIV-assoziierte neurokognitive
Störungen bei den HIV-Hauptbehandlern relativ gering. Diese stellen jedoch gerade die Gruppe
von Ärzten dar, die das Screening bei HIV-Patienten durchführen sollte.
Wie bei der Alzheimerdemenz existieren bei HAND noch keine spezifischen Medikamente, um der
Manifestation in präventiver Intention zu begegnen oder eine Progression hinauszuzögern. Jedoch
macht es Sinn, bei Verdacht auf HAND eine Umstellung der cART anzudenken und den Patienten
für weitere Diagnostik und ggf. Therapie an einen Neurologen zu überweisen.
Seite 13 I jatros
HIV/AIDS
Konsensus
HAART
Erweiterung der therapeutischen
Palette mit innovativem STR
Seit Juli 2013 steht mit Stribild® (Elvitegravir/Cobicistat/Emtricitabin/Tenofovirdiso­
proxilfumarat) ein neues Single-Tablet-Regime, das erstmals einen Integrasehemmer
enthält, für die HIV-Therapie zur Verfügung. Im Rahmen eines Konsensus-Meetings
am 20. Juni 2013 in Wien wurden die klinischen Daten rekapituliert und der Stellen­
wert des Präparats im klinischen Gesamtkonzept diskutiert.
jatros I Seite 14
Non-Inferiority in den Zulassungsstudien
In den beiden randomisierten, verblinde­
ten Zulassungsstudien GS-US-236-01024
und GS-US-236-01035 konnte gezeigt
werden, dass die Wirksamkeit von EVG/
COBI/FTC/TDF mit zwei Leitlinienkonformen Standardregimen über einen
Zeitraum von bis zu 96 Wochen ver­
gleichbar war. Nicht vorbehandelte HIVpositive Patienten mit einer Viruslast
von ≥5.000 Kopien/ml und adäquater
renaler, hepatischer und kardialer Funk­
tion erhielten entweder EVG/COBI/FTC/
TDF oder STR EFV/FTC/TDF bzw. das
Multitablettenregime bestehend aus ATV
+ RTV + FTC/TDF. Als primärer End­
punkt galt in beiden Studien die Nicht­
unterlegenheit des neuen STR in Bezug
auf den Anteil der Patienten mit HIV1-RNA-Kopien <50/ml nach 48 Wochen.
Eine vergleichbare virale Suppression
durch die verwendeten Therapieregime
konnte sowohl in GS-102 (Abb. 1) als
auch in GS-103 in den Wochen 48 und
96 nachgewiesen werden. Analysen je
nach Viruslast (≤100.000 vs. >100.000
Kopien/ml) und CD4-Zellzahl (≤350 vs.
>350 Zellen/µl) zeigten, dass die Effekti­
vität der Therapie von diesen Faktoren
unabhängig ist. In GS-102 wurde darü­
ber hinaus eine Auswertung nach dem
Alter vorgenommen, welche ebenfalls
keine Unterschiede ergab. „Über 50-jäh­
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Fachkurzinformationen: siehe Seite 62
Die hochaktive antiretrovirale Therapie
(HAART) der HIV-Infektion hat durch
die Einführung von Single-Tablet-Regi­
men (STR) eine deutliche Vereinfachung
erfahren. Mit nur einer Tablette täglich ist
die komplette Behandlung gewährleistet,
was naturgemäß zu einer Steigerung der
Therapieadhärenz führt. Studiendaten
belegen eine signifikante Überlegenheit
der STR-Applikation gegenüber allen
anderen Verabreichungsformen (einmal
täglich, zweimal täglich, Fixdosiskom­
bination, Nicht-Fixdosiskombination)
in Bezug auf die Erreichung einer min­
destens 90%igen Adhärenz.1 Besonders
kritisch wirkt sich im Zusammenhang
mit der Resistenzentstehung die partiel­
le Adhärenz aus, d.h. die unregelmäßige
Einnahme einzelner Komponenten der
Therapie. Unter derartigen Bedingungen
ist mit einer schnelleren Resistenzselek­
tion zu rechnen, als dies bei einer unre­
gelmäßigen Einnahme der kompletten
Kombinationstherapie zu erwarten wäre.
Mit einem STR ist eine partielle Adhä­
renz natürlich nicht möglich. Dass dieser
Umstand neben der Einnahmebequem­
lichkeit die Effektivität der Behandlung
direkt beeinflusst, konnte erstmals von
Antinori et al gezeigt werden.2 Mit Stri­
bild® steht nun seit Juli 2013 das dritte
STR für die klinische Anwendung zur
Verfügung. Gleichzeitig handelt es sich
um das erste Schema, in dem statt eines
nicht nukleosidischen Reverse-Transkrip­
tase-Inhibitors (NNRTI) ein Integrase­
hemmer (INSTI) zum Einsatz kommt.
Durch Elvitegravir (EVG), einen neuen
HIV-1-INSTI, werden der Einbau der
HIV-DNA in das Wirtsgenom und die
weitere Replikation des Virus verhindert.
Stribild® enthält EVG 150mg, Cobicis­
tat (COBI) 150mg, Emtricitabin (FTC)
200mg und Tenofovirdisoproxil 245mg
als Fumarat. Die Anwendung von EVG
einmal täglich erfordert einen Booster
durch COBI, welches durch die selektive
Inhibition der CYP3A-Unterfamilie des
Cytochrom-P450-Systems eine Erhöhung
der systemischen Verfügbarkeit bedingt.
FTC und TDF werden im Rahmen der
reversen Transkription als falsche Sub­
strate in die DNA-Kette des replizieren­
den HI-Virus eingebaut und induzieren
einen Kettenabbruch. Die Zulassung
von EVG/COBI/FTC/TDF gilt für die
Behandlung der HIV-1-Infektion bei
Erwachsenen im Alter von ≥18 Jahren,
die nicht antiretroviral vorbehandelt
sind oder bei denen HIV-1 keine Muta­
tionen aufweist, welche Resistenzen ge­
genüber einem der drei antiretroviralen
Wirkstoffe bedingen.3 „Unter den STR
ist Stribild® damit jene Koformulierung,
die für den größten Anteil unserer Pati­
enten geeignet wäre“, so Ass.-Prof. Dr.
Armin Rieger, Wien, als Moderator des
Konsensus-Meetings.
Mit freundlicher Unterstützung von Gilead Sciences GesmbH
INSTI statt NNRTI
HIV/AIDS
rige Patienten zeigten in beiden Armen
einen ähnlichen Anstieg der CD4-Zel­
len“, erklärte Univ.-Doz. Dr. Katharina
Grabmeier-Pfistershammer, Wien. Eine
Resistenzentstehung im Studienverlauf
wurde in GS-102 unter beiden Therapien
in vergleichbarem Ausmaß beobachtet,
in GS-103 nur im Prüfarm. „Allerdings
waren die Raten generell niedrig“, be­
tonte Dr. Christian Zagler, Wien. Die
Therapie erwies sich im Allgemeinen als
gut verträglich. Nach einem initial ge­
ringen Serumkreatininanstieg, basierend
auf einer Beeinflussung eines renalen
Transporterproteins ohne pathologische
Relevanz, trat keine weitere Auslenkung
der Nierenwerte auf. Im Hinblick auf das
Lipidprofil (Gesamtcholesterin, LDL-C,
Triglyzeride) zeigte das EVG-basierte
Schema in GS-102 günstigere Effekte als
das EFV-basierte Regime.
Der Vergleich der beiden INSTI EVG
und RAL zusätzlich zu Proteaseinhibitorbasierten Schemata bei Patienten, die
Resistenzen aufwiesen bzw. im Vorfeld
über mehr als sechs Monate mindestens
zwei Substanzklassen erhalten hatten,
war Gegenstand der randomisierten,
doppelblinden GS-145-Studie.7 Die Vi­
ruslast betrug ≥1.000 Kopien/ml. Schalk:
„Nach 48 und 96 Wochen schnitt das
EVG-basierte Regime mindestens genau­
so gut ab wie das RAL-basierte Schema.“
Auch fanden sich ähnliche therapiebe­
dingte INSTI-Resistenzraten, und beide
Regime wurden gut vertragen. COBI
weist denselben Wirkmechanismus auf
wie Ritonavir (RTV), entfaltet allerdings
keine intrinsische antiretrovirale Aktivi­
tät, woraus sich prinzipiell der Vorteil
einer fehlenden potenziellen Resistenzse­
lektion ergibt. Die beiden Pharmakoen­
hancer, die jeweils zusätzlich zu ATV und
FTC/TDF verabreicht wurden, zeigten
im Rahmen der randomisierten, dop­
pelblinden, mit Double-Dummy-Design
durchgeführten Phase-III-Studie GS-114
vergleichbare Wirksamkeit.8 COBI er­
wies sich als gut verträglich. „Die
Substanz stellt damit eine Alternative zu
RTV dar“, resümierte Dr. Ninon Taylor,
Salzburg. Aufgrund des Wirkmechanis­
mus sind allerdings Wechselwirkungen
mit einer Reihe anderer Arzneimittel zu
erwarten. „Diesbezüglich ist die Daten­
lage im Moment noch unzureichend“,
konstatierte Taylor. „Grundsätzlich kann
aber davon ausgegangen werden, dass
das Wechselwirkungsprofil mit jenem
von RTV übereinstimmt.“
Switch & Direktvergleiche der Einzelkomponenten
Die offene, multizentrische Phase-IIIbStudie GS-123 evaluierte den Wechsel
von einem Multitablettenregime mit
Raltegravir (RAL) plus FTC/TDF zwei­
mal täglich auf EVG/COBI/FTC/TDF.6
„Nach der Umstellung zeigten alle Pati­
enten eine anhaltende virologische Sup­
pression unter die Nachweisgrenze nach
12 und 24 Wochen bei guter Verträg­
lichkeit“, berichtete Dr. Horst Schalk,
Wien. Eine Vereinfachung der Therapie
ist auf diese Weise bei hoher Wirksam­
keit und Sicherheit möglich, wie diese
Daten belegen.
STB: EVG/COBI/FTC/TDF (n=348)
100
88%
ATR: EFV/FTC/TDF (n=352)
Patienten (%)
Zugunsten ATR
Zugunsten STB
60
W48
40
20
7% 7%
6% 8%
W48
W96
5%
9%
9% 11%
0
W48
W96
W48
Virologische Erfolgsrate Virologische Versagerrate
W96
3,6%
–1,6%
8,8%
2,7%
W96
–12%
–2,9%
0
8,3%
Es wird empfohlen, die Behandlung mit
EVG/COBI/FTC/TDF bei einer eGFR
<70ml/min nicht zu starten; bei Absinken
des Wertes <50ml/min unter laufender
Therapie soll die Therapie beendet wer­
den. „Ein Serumkreatininanstieg über
0,3mg/dl während der Therapie bedarf
eines engmaschigen Monitorings, um an­
dere Ursachen auszuschließen“, betonte
Watschinger.
n
Literatur:
Vera J et al, HIV-11 2012; Glasgow, Abstract Nr. P5
2
Antinori A et al, HIV-11 2012; Glasgow, Abstract Nr. P14
3
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4
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63: 96-100
5
Rockstroh JK et al, J Acquir Immune Defic Syndr 2013;
62 (5): 483-486
6
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Elion R et al, XIX International AIDS Conference 2012,
Abstract Nr. TUAB0105
8
Gallant JE et al, J Infect Dis 2013; 208(1): 32-39
12%
Keine Daten
Virologisches Versagen inkludiert die folgenden drei Kategorien: (1) HIV-1 RNA ≥50 Kopien pro Milliliter zu Woche 96; (2) Unterbrechung der Behandlung aufgrund mangelnder Effizienz; (3) Unterbrechung der Behandlung wegen anderer Gründe (ärztliche Verschwiegenheitspflicht; Zustimmung zurückgezogen; fehlendes Follow-up; Non-Compliance; Verletzung des Protokolls; Schwangerschaft) und letzte gemessene HIV-1-RNA ≥50 Kopien pro Milliliter.
1
Abb. 1: Äquivalente Erreichung einer Viruslast von <50 HIV-1-RNA-Kopien/ml in den Wochen 48 und 96 unter EVG/
COBI/FTC/TDF vs. EFV/FTC/TDF
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Unter der Einnahme von COBI lässt sich
ein mittlerer Anstieg der Serumkreatinin­
werte um 0,14mg/dl beobachten, der auf
die Blockade der tubulären Kreatininse­
kretion zurückzuführen ist. Wie Univ.Prof. Dr. Bruno Watschinger, Wien, in
seinem Vortrag erklärte, handelt es sich
um einen veränderten Transportprozess
ohne pathologische Relevanz. Demzu­
folge findet ein Abfall der errechneten
glomerulären Filtrationsrate um durch­
schnittlich 13,9ml/min statt. „Die tat­
sächliche Filtration zeigt jedoch keine
Abnahme“, so Watschinger. Wie schon
bekannt kann auch die TDF-Komponen­
te, insbesondere bei Vorbestehen renaler
Erkrankungen und/oder Verabreichung
anderer potenziell nephrotoxischer Subs­
tanzen Veränderungen der renalen Funk­
tion hervorrufen (Fanconi-Syndrom).
Nichtsdestotrotz waren Komplikationen
im Bereich der Niere in Studien mit EVG/
COBI/FTC/TDF nur in sehr geringem
Ausmaß für Therapieabbrüche verant­
wortlich.
1
95% Konfidenzintervall
für die Differenz
84% 84% 82%
80
Renales Monitoring
Quelle: Konsensus-Meeting „Innovation in der
HIV-Therapie, Stribild® alias QUAD – das erste
Single-Tablet-Regimen (STR) mit einem Integrase­
inhibitor“, 20. Juni 2013, Wien
Bericht: Dr. Judith Moser
Seite 15 I jatros
Infektiologie
Interview
MERS-CoV
Ein 2012 entdecktes Coronavirus beschäftigt zurzeit Virologen und Infek­
tiologen. Zwar ist es schwer von Mensch zu Mensch übertragbar, aber die
Letalität bei der – vor allem respiratorischen – Erkrankung ist hoch und
eine spezifische Therapie fehlt naturgemäß noch. JATROS sprach mit dem
bekannten Virologen Univ.-Prof. Dr. Franz X. Heinz über MERS-CoV.
Was ist MERS-CoV und wie wurde es
entdeckt?
Wie erfolgt die Verbreitung, wie ist der
Ansteckungsweg?
F. X. Heinz: Dieses Virus wurde erstmals
in respiratorischen Proben eines Man­
nes aus Saudi-Arabien entdeckt, der am
24. Juni 2012 an akutem Lungen- und
Nierenversagen verstarb. Die Isolierung
und Sequenzierung des Erregers erfolg­
ten sehr rasch und es stellte sich heraus,
dass es sich um ein bisher unbekanntes,
dem SARS-Erreger ähnliches Coronavi­
rus handelt, das dann die Bezeichnung
MERS-CoV – Middle East Respiratory
Syndrome-CoronaVirus – erhielt.
F. X. Heinz: Es muss ein tierisches Reser­
voir geben, wobei die ursprünglichen Wir­
te mit großer Wahrscheinlichkeit Fleder­
mäuse sind – weitere tierische Reservoire
sind möglich, aber noch ungeklärt. Das
Virus hat offenbar ein breites Wirtsspek­
trum. Die Art und Weise, mit der sich die
bisher Betroffenen angesteckt haben, ist
unklar. Vermutlich erfolgt die Infektion
entweder oral oder inhalativ über Kontakt
mit Tieren bzw. deren Ausscheidungen
(z.B. über kontaminierte Lebensmittel).
Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch
ist möglich und beschrieben, allerdings ist
dazu intensiver und enger Kontakt not­
wendig. Eine epidemieartige Ausbreitung
durch Mensch-zu-Mensch-Übertragung
ist daher derzeit nicht zu befürchten.
Welche Bedeutung hat dieser Erreger für
den Menschen?
F. X. Heinz: Das Virus verursacht schwere
respiratorische Infektionen wie Pneumo­
nien, bis hin zum akuten Lungenversa­
gen, weiters kann es auch Nierenversagen
auslösen. Bisher (Anm. d. Red., Stand Juli
2013) sind 84 Fälle aufgetreten – mehr als
die Hälfte der Betroffenen (45) verstarb.
Alle Fälle nahmen ihren Ausgang in der
Region der arabischen Halbinsel (SaudiArabien, Katar, Jordanien, Vereinigte Ara­
bische Emirate). In Europa sind bisher Fälle
in Großbritannien, Frankreich, Italien und
Deutschland aufgetreten, die jedoch alle
importiert waren. In Österreich wurde bis­
her kein Fall beobachtet. Die Infektion wird
derzeit von den internationalen und natio­
nalen Gesundheitsbehörden sehr genau be­
obachtet, die betroffenen Ursprungsländer
melden Infektionen, wobei die Fallzahlen
nicht explosionsartig ansteigen.
jatros I Seite 16
Wie kann MERS-CoV diagnostiziert
werden?
F. X. Heinz: Mittels PCR aus respiratori­
schen Sekreten, vor allem aus solchen aus
den unteren Atemwegen (Trachealsekret,
Bronchoalveolarlavage).
Neigt das Virus zur Mutation und könnten sich daraus gefährlichere Varianten, etwa analog dem Influenzavirus,
entwickeln?
F. X. Heinz: Im Prinzip ist das möglich –
das wäre eine sehr gefährliche Situation,
weil das Virus hochpathogen ist. Aber der­
zeit gilt unser Augenmerk vor allem der Si­
© Medizinische Universität Wien
Gefahr aus dem Mittleren Osten
F. X. Heinz, Wien
tuation in den Ursprungsländern und der
Sorge wegen importierter Fälle. Die In­
kubationszeit beträgt üblicherweise nicht
mehr als eine Woche, in seltenen Fällen bis
zu zwölf Tage, d.h., wenn jemand Kontakt
mit einem Erkrankten hatte, sollte er zwei
Wochen lang beobachtet werden.
Welche Präventionsmaßnahmen sind
Menschen anzuraten, die auf die
arabische Halbinsel reisen, um sich vor
dieser Infektion zu schützen?
F. X. Heinz: Hier geht es um die Vermei­
dung des Kontakts mit Tieren und deren
Ausscheidungen und natürlich auch mit
Menschen, die an respiratorischen Er­
krankungen leiden. Gute Hygiene, vor
allem auch häufiges Händewaschen, spe­
ziell nach den gerade erwähnten Kontak­
ten, ist empfehlenswert. Vorsicht ist auch
bei Nahrungsmitteln geboten und das
Vermeiden von nicht ausreichend gegar­
tem Fleisch, rohen Früchten und rohem
Gemüse sowie potenziell kontaminier­
tem Wasser wird empfohlen.
Gibt es irgendwelche spezifischen Therapiemaßnahmen, wenn eine Infektion
mit MERS-CoV eingetreten ist?
F. X. Heinz: Nein, da es sich ja um einen
neuen Erreger handelt und keine spe­
zifischen antiviralen Medikamente zur
Verfügung stehen. Die Erkrankungssym­
ptome können lediglich symptomatisch
behandelt werden.
Das Interview führte Dr. Norbert Hasenöhrl
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Parasitologie
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
Infektiologie
Spezialambulanz
Echinokokkose –
Klinik, Diagnose und Therapie
Die Echinokokkose – die Erkrankung des Menschen durch Larvenstadien von Band­
würmern der Gattung Echinococcus – ist die bedeutendste in Mitteleuropa endemische
Parasitose des Menschen. Die in Mitteleuropa vorkommenden Arten Echinococcus (E.)
granulosus und E. multilocularis sind auch global die häufigsten Erreger. Eine Spezial­
ambulanz an der MedUni Wien bietet interdisziplinäre Diagnostik und Therapie.
Beim Menschen wird eine zystische (E.
granulosus oder Hundebandwurm)
von einer alveolären Echinokokkose
(E. multilocularis) unterschieden.
Die zystische Echinokokkose führt zu
scharf abgegrenzten Zysten, während
die alveoläre Echinokokkose zu einem
infiltrativen Wachstum mit dem Poten­
zial für Fernmetastasen – ähnlich mali­
gnen Tumoren – neigt und keine schar­
fe Abgrenzung der Finnenwand zeigt.
Deshalb führt die alveoläre Echino­
kokkose unbehandelt in der Mehrzahl
der Fälle zum Tod, während die zysti­
sche Echinokokkose auch unbehandelt
einen oft benignen Verlauf nimmt.
Zystische Echinokokkose
Symptome und Diagnose
Betroffene Patienten sind oft oligo- bis
asymptomatisch und werden häufig
erst nach einem radiologischen Zu­
fallsbefund einer genaueren Untersu­
KeyPoints
chung zugeführt. Unspezifische abdo­
minelle Beschwerden und subjektives
Unwohlsein, Gewichtsverlust oder in­
termittierende allergische Symptome
treten abhängig von der Größe und der
Lokalisation der Zysten auf. Oft ist
die Verdrängung vitaler Organe durch
die wachsende Echinococcuszyste die
Ursache für zunehmende klinische Be­
schwerden. Eine seltene Erstmanifes­
tation ist ein anaphylaktischer Schock
nach dem Platzen einer Zyste. In 90%
der Fälle ist nur ein Organ betroffen,
wobei die Leber am häufigsten und die
Lunge am zweithäufigsten betroffen
ist. Prinzipiell kann jedoch jedes Organ
betroffen sein.
Zur diagnostischen Abklärung eignen
sich einerseits bildgebende Verfahren
wie Ultraschall, CT (Abb. 1), MRT
(Abb. 2) sowie serologische Tests. Auf­
grund der fehlenden Standardisierung
Quelle: MedUni Wien
Der nur einige Millimeter große adul­
te Wurm parasitiert im Darm fleisch­
fressender Tiere (v.a. Hunde, Katzen,
Füchse) und gibt eine Vielzahl von Ei­
ern über den Stuhl an die Umgebung
ab. Nehmen geeignete Zwischenwirte
(v.a. Kühe, Schafe, Schweine bei E. granulosus bzw. Nagetiere bei E. multilocularis) oder akzidentiell der Mensch
Eier oral auf, bilden sich in weiterer
Folge Finnen aus, die entweder zystisch
oder infiltrativ wachsen. Die häufigsten
Lokalisationen dieser Finnen sind die
Leber sowie die Lunge. Eine Infektion
des Menschen (Fehlwirt) ist für den
Parasiten entwicklungsbezogen jedoch
eine Sackgasse.
•Die Echinokokkose ist die bedeutendste in Mitteleuropa endemische Parasitose des Menschen; die in Mitteleuropa vorkommenden Arten sind E. granulosus und E. multilocularis.
•Die zystische Echinokokkose (E. granulosus oder Hundebandwurm) führt zu scharf abgegrenzten Zysten; die alveoläre Echinokokkose (E. multilocularis) neigt zu infiltrativem Wachstum mit dem Potenzial für Fernmetastasen – ähnlich malignen Tumoren – und zeigt keine
scharfe Abgrenzung der Finnenwand.
•Daher führt die alveoläre Echinokokkose unbehandelt in der Mehrzahl der Fälle zum Tod,
während die zystische Echinokokkose auch unbehandelt einen oft benignen Verlauf nimmt.
Abb. 1: Multiple E. granulosus-Zysten in der CT
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Seite 17 I jatros
Infektiologie
Parasitologie
der serologischen Untersuchungen
ist eine Einsendung an ein erfahrenes
Institut wünschenswert. Da sowohl
mittels Bildgebung als auch mittels se­
rologischer Untersuchungen keine defi­
nitive Diagnose gestellt werden kann,
ist bei begründetem Verdacht auf Echi­
nokokkose eine Vorstellung an einem
spezialisierten Zentrum sehr zu emp­
fehlen.
mie hat die geringste Rate an Rezidi­
ven und verhindert die Aussaat von
Kopfanlagen („Protoskolizes“). Ein ra­
diologisch-interventionelles Verfahren
der Zystensanierung für ausgewählte
Fälle ist die sogenannte PAIR-Methode
(„Puncture – Aspiration – Injection –
Reaspiration“). Diese Methode stellt
unter Rücksichtnahme auf mögliche
Komplikationen wie zystobiliäre Fis­
telgänge eine hocheffektive Vorgangs­
weise dar.
Therapie
Das Grundprinzip der Therapie der
Echinokokkose ist die stadienspezi­
fische Entscheidung für eine der mög­
lichen Therapieoptionen. Prinzipiell
bestehen die Therapieoptionen in 1.)
der chirurgischen Exzision, 2.) der ra­
diologisch-interventionellen Sterilisie­
rung der Zyste, 3.) der medikamen­
tösen Therapie oder 4.) in „Watch &
Wait. In jedem Fall muss eine iatrogene
Streuung der Zystenflüssigkeit ver­
mieden werden, die allzu oft durch
Operationen oder Punktionen ohne
adäquate anthelminthische Begleitthe­
rapie ausgelöst wird.
Für die medikamentöse Therapie
steht derzeit neben dem speziellen
Indikationen vorbehaltenen Prazi­
quantel vor allem Albendazol zur
Verfügung. Neben der prä- und post­
interventionellen Therapie ist Alben­
dazol auch die Therapie der Wahl
für das konservative Management
von E. granulosus-Zysten. Obwohl
die Substanz generell gut vertragen
wird, kann es zu gastrointestinalen
Beschwerden sowie einem Trans­
aminasenanstieg und einer Suppres­
sion der Blutbildung kommen. Die
Heilungsrate bei ausschließlich me­
dikamentöser Therapie ist vor allem
bei kleinen Zysten relativ hoch. Bei
Schwangerschaft oder Gefahr einer
Zystenruptur ist von einer Albenda­
zol-Therapie unbedingt Abstand zu
nehmen. Bei inaktiven Zysten, die be­
reits degeneriert sind und verkalken,
ist eine regelmäßige Kontrolle ohne
anthelminthische Therapie sinnvoll.
Die Indikation für eine oder eine Kom­
bination mehrerer der oben genannten
Therapieoptionen hängt nach interna­
tionalen Leitlinien von Stadium, Loka­
lisation und Größe der Zyste(n) sowie
von Begleitfaktoren wie Komorbiditä­
ten des Patienten ab. Aufgrund der re­
lativ geringen Anzahl an Echinokokko­
sepatienten in Österreich ist auch hier
wieder eine interdisziplinäre Therapie­
entscheidung an einem spezialisierten
Zentrum zu empfehlen.
Alveoläre Echinokokkose
Quelle: MedUni Wien
Die operative Sanierung der Echino­
kokkose zielt auf eine Exzision der
Zyste – möglichst ohne Eröffnung der
Zystenwand – ab. Diese Perizystekto­
Abb. 2: E. granulosus-Zyste in der MRCP
jatros I Seite 18
Klinik und Diagnostik
Eine Infektion mit E. multilocularis äußert sich vorwiegend durch die
Zerstörung des betroffenen Organge­
webes. Beim zumeist vorherrschenden
Leberbefall sind häufig abdominelle Be­
schwerden, Gewichtsverlust, Übelkeit
sowie in weiterer Folge Hepatomegalie
und portale Hypertension beschrieben.
Sowohl die klinische Präsentation als
auch die radiologische Bildgebung äh­
neln sehr stark denen eines hepatozel­
lulären Karzinoms. Vergleichbar mit
der zystischen Echinokokkose beruht
die Abklärung der alveolären Echino­
kokkose auf bildgebenden und serolo­
gischen Tests.
Therapie
Die medikamentöse Therapie der Echi­
nokokkose ist deutlich weniger effektiv
als bei der zystischen Echinokokkose.
Albendazol wirkt in diesem Fall nur
parasitostatisch, daher ist eine chirur­
gische Sanierung bei Operabilität im­
mer anzustreben. Oft zeigen sich erst
in intraoperativen Schnellschnitten die
Demarkationslinien des infiltrativen
Wachstums und allzu oft ist bei Diag­
nosestellung eine komplette Resektion
aufgrund der Ausbreitung der Erkran­
kung schon unmöglich.
n
Interdisziplinäre Spezial­
ambulanz im AKH Wien
Am AKH Wien wurde die erste interdisziplinäre Echinokokkoseambulanz Österreichs
etabliert, die nach ärztlicher Zuweisung
gerne die weitere diagnostische Abklärung
von Patienten mit begründetem Echinokokkoseverdacht übernimmt. Die Therapie
und die Nachsorge der Patienten werden
von einem interdisziplinären Team der Infektiologie, (interventionellen) Radiologie,
Chirurgie und Parasitologie individualisiert
durchgeführt. Durch die Etablierung der
PAIR-Methode können auch an unserem
Zentrum alle empfohlenen Therapieoptionen angeboten werden. Weitere Informationen für Patienten und Zuweiser gibt es
unter: www.echinokokkose.at.
Dr. Lorenz Auer-Hackenberg
Assoc. Prof. Dr. Michael Ramharter
Klinische Abteilung für Infektionen
und Tropenmedizin
Univ.-Klinik für Innere Medizin I*
Dr. Fredrik Waneck
Klinische Abteilung für Kardiovaskuläre und
Interventionelle Radiologie
Univ.-Klinik für Radiodiagnostik*
Univ.-Prof. Dr. Klaus Kaczirek
Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie
Univ.-Klinik für Chirurgie*
Univ.-Prof. Dr. Herbert Auer
Abteilung für Medizinische Parasitologie
Institut für Spezifische Prophylaxe
und Tropenmedizin*
* Alle MedUni Wien
Redaktion: Dr. Norbert Hasenöhrl
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
impfmedizin
Infektiologie
Pockenimpfung
Neuer Pockenimpfstoff vor
Zulassung in der EU
Obwohl die Pocken weltweit seit 1979 als eradiziert gelten, wurde und wird weiter an
der Entwicklung von Pockenimpfstoffen gearbeitet. Das Problem der schlechten Verträg­
lichkeit scheint mit einem Impfstoff der dritten Generation nun deutlich reduziert zu sein.
Dieser Impfstoff muss allerdings für eine optimale Schutzwirkung zweimal verabreicht
werden. Ein europäisches Zulassungsverfahren wurde eingeleitet.
Pocken sind – oder waren – eine über
Jahrtausende gefürchtete Erkrankung,
die durch das Variola-Virus ausgelöst
wurde und im Laufe der Jahrhunderte
Millionen Menschen weltweit tötete.
In der Vergangenheit waren bis zu
10% aller Todesfälle weltweit durch
Pocken bedingt. Frühsymptome der
Erkrankung sind u.a. hohes Fieber
und starke Abgeschlagenheit. Dazu
kommt ein charakteristisches Exan­
them, das vor allem im Gesicht sowie
an den Extremitäten auftritt und zu­
nächst fleckig imponiert. Aus den Fle­
cken werden Bläschen, die zunächst
mit klarer Flüssigkeit, später mit Eiter
gefüllt sind, verkrusten und schließ­
lich abfallen. Wenn der Patient die
Erkrankung überlebte, blieben häufig
Narben zurück.
Krankheit eradiziert, aber …
Seit 1979 gelten die Pocken allerdings
weltweit als ausgerottet – der letzte na­
türliche Pockenfall trat 1977 in Soma­
lia auf; der letzte weltweit bekannt ge­
wordene Pockenfall war Ergebnis eines
Laborunfalls in Großbritannien 1979.
Die Eradikation der Pocken kann als
einer der größten Erfolge der moder­
nen Medizin gelten und war nur durch
große und erfolgreiche Anstrengun­
gen der internationalen Gemeinschaft
möglich. Die Eradikation beruhte auf
großen Impfkampagnen und darüber
hinaus auf der Identifikation jedes ein­
zelnen Pockenfalls weltweit und der
Impfung aller Kontaktpersonen. Dass
die Ausrottung der Pocken überhaupt
möglich war, liegt an der Tatsache,
KeyPoints
•Die Pocken sind seit 1979 weltweit ausgerottet.
•Es existieren jedoch offiziell in zwei Labors (USA und Russland) weiter Bestände an Pockenviren, und es gibt Befürchtungen bezüglich inoffizieller Bestände.
•Der Großteil der jüngeren Weltbevölkerung ist in der Kindheit nicht mehr gegen Pocken
geimpft worden und daher nicht geschützt.
•Es wurden nunmehr Pockenimpfstoffe der zweiten und dritten Generation entwickelt.
•Ein Impfstoff der dritten Generation, der wirksam und gut verträglich ist und auch bei immun­
supprimierten Patienten eingesetzt werden kann, wurde nun in der EU zur Zulassung eingereicht.
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
dass der Mensch das einzige bekannte
Virusreservoir darstellt, dass es keinen
asymptomatischen Trägerstatus gibt,
dass eine wirksame Impfung verfügbar
war und dass die Impfung von Kon­
taktpersonen zu einer Verhinderung
oder wenigstens Modifikation der Er­
krankung führte.
Als Konsequenz der Eradikation der
Pocken wurden die internationalen
Impfprogramme gegen die Erkrankung
beendet.
Warum ein Pockenimpfstoff?
Dennoch scheint die Pockenstory nicht
völlig zu Ende zu sein. Mit der Eradi­
kation des Virus wurde zwar interna­
tional beschlossen, auch die Laborbe­
stände an Pockenviren zu vernichten,
allerdings mit zwei Ausnahmen: Je ein
Labor in den USA und eines in Russ­
land durften weiterhin Pockenviren zu
Forschungszwecken besitzen.
Allerdings sind Gerüchte, dass es noch
andere Bestände an Pockenviren gebe,
weltweit nie verstummt. Nach den An­
schlägen am 11. September 2001 in
den USA stieg dort, aber auch in ande­
ren westlichen Ländern, die Angst vor
Bioterrorismus – wofür sich Pocken­
viren durchaus hervorragend eignen
würden, da der Großteil der Weltbe­
Seite 19 I jatros
Infektiologie
völkerung (mit Sicherheit alle Jahrgän­
ge, die nach 1980 geboren und folglich
nicht geimpft wurden) keine Immuni­
tät gegen das Variola-Virus mehr be­
sitzt. Aus diesem Grund wurde weiter
an der Entwicklung neuer Pockenimpf­
stoffe gearbeitet. Ein weiterer Grund
für Forschung und Entwicklung in die­
ser Richtung besteht in der Tatsache,
dass es andere, mit dem Variola-Virus
verwandte Orthopox-Viren gibt, die
weiter in der Natur kursieren und den
Menschen über tierische Reservoire in­
fizieren können.
Drei Generationen von Impfungen
Die erste Generation der Pockenimp­
fung, mit der die Eradikation der Po­
cken durchgeführt wurde, beruht auf
dem sogenannten Vaccinia-Virus, das
nicht der eigentliche Pockenerreger,
sondern ein nah verwandtes Virus ist.
Die auf dem Vaccinia-Virus beruhen­
den Pockenimpfstoffe der ersten Gene­
ration sind zwar hocheffektiv, aber mit,
wenn auch seltenen, jedoch schweren
Nebenwirkungen behaftet, die insbe­
sondere immunsupprimierte Patienten
trafen.1, 2 Unerwünschte Wirkungen
der Vaccinia-Impfung können Eczema
vaccinatum, Myo- oder Perikarditis,
Stevens-Johnson-Syndrom, Enzephali­
tis und sogar Tod sein.3
Deshalb wurde eine zweite Generation
von Pockenimpfstoffen entwickelt, die
auf zwei anderen Virusstämmen be­
ruhte, einerseits auf dem Lister-ElstreeStamm, andererseits auf dem „New
York City Board of Health Vaccinia
Virus“.4, 5 So entstand ein Impfstoff mit
dem Handelsnamen „ACAM2000®“.
Obwohl dieser Impfstoff unter streng
kontrollierten Bedingungen nach den
Prinzipien der „Good Manufacturing
Practice“ hergestellt wurde und in der
Wirksamkeit der ersten Impfstoffge­
neration nicht nachsteht, ist er im­
mer noch mit einer erheblichen Rate
an Nebenwirkungen behaftet. Es gibt
Schätzungen, die behaupten, dass im
Fall des Einsatzes dieses Impfstoffs in
der breiten Bevölkerung in einem bio­
terroristischen Notfall eine Nebenwir­
kungsrate von bis zu 25% zu erwarten
wäre.6 Derzeit ist ACAM2000® in den
jatros I Seite 20
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
USA zugelassen, wird jedoch nur für
spezielle Personengruppen, wie z.B.
Militärangehörige vor Auslandseinsät­
zen, verwendet.
Inzwischen gibt es eine dritte Generati­
on von Pockenimpfungen, die auf dem
modifizierten Ankara-Vaccinia-Stamm
beruht. Außerhalb von Europa ist die­
se Impfung unter dem Handelsnamen
Imvamune® bekannt. In Europa wurde
dieser Impfstoff nun unter dem Namen
Imvanex® bei der „European Medi­
cines Agency“ (EMA) zur Zulassung
eingereicht. Am 30. Mai 2013 empfahl
das „Committee for Medicinal Pro­
ducts for Human Use“ (CHMP) der
Europäischen Kommission die Zulas­
sung des Impfstoffs. Die Entscheidung
stand bei Drucklegung noch aus.
Bessere Verträglichkeit
Die Empfehlung des CHMP beruht
vor allem auf der Tatsache, dass der
neue Pockenimpfstoff erheblich besser
verträglich ist als seine Vorgänger und
dass er auch für immunsupprimierte
Personen geeignet sein soll.7 Der Anka­
ra-Stamm des Vaccinia-Virus wurde im
Zuge der Impfstoffherstellung durch
eine Reihe von Deletionen und Mu­
tationen weitgehend seiner Replikati­
onsfähigkeit im menschlichen Orga­
nismus und in den meisten Säugetieren
beraubt.8
Da herkömmliche Effektivitätsstudien,
wie sie bei anderen Impfstoffen üblich
sind, bei einer eradizierten Erkrankung
nicht durchgeführt werden können,
haben Zulassungsbehörden wie die
FDA die Zulässigkeit von adäquaten
Tiermodellen bestätigt.
In einer Studie wurden deshalb
ACAM2000® sowie Imvamune®/Im­
vanex® an Cynomolgus-Makaken er­
probt, die mit einem Affenpockenvirus
infiziert worden waren.9 Dabei zeigte
sich eine etwas bessere Wirkung des
Zweitgenerationsimpfstoffs, der die
Tiere nämlich bereits nach einer einma­
ligen Impfdosis vor schweren oder töd­
lichen Infektionen schützte, was unter
Imvamune® nicht in allen Fällen gege­
ben war. Um mit Imvamune® die glei­
impfmedizin
che Schutzrate wie mit ACAM2000®
zu erzielen, war eine Boosterdosis er­
forderlich.
Weitere Parameter waren klinische
Beobachtungen, radiologische Unter­
suchungen, die Messung der Virus­
last in Blut, Rachenabstrichen und
verschiedenen Gewebeproben, Vac­
cinia-spezifische Antikörpertiter, Im­
munphänotypisierung, extrazelluläre
Zytokinspiegel und histopathologische
Untersuchungen.
Es fand sich kein signifikanter Unter­
schied in den Titern neutralisierender
Antikörper bei Tieren, die mit einer
Dosis ACAM2000®, und solchen, die
mit zwei Dosen Imvamune® geimpft
worden waren. Nach einer Chal­
lenge mit Affenpockenvirus fanden
sich Hinweise für eine Virusausschei­
dung bei zwei von sechs Tieren in der
Imvamune®-Gruppe, aber bei keinem
Tier in der ACAM2000®-Gruppe.
Aufgrund dieser Studienergebnisse
muss ein Impfregime mit Imvamune®/
Imvanex® beim Menschen mit großer
Wahrscheinlichkeit aus zwei Einzeldo­
sen bestehen.
n
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Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Infektiologie
Konsensus
Staphylococcus aureus
Konsensus: Therapie mit
alten Antibiotika
Neue Antibiotika müssen keineswegs immer besser sein als alte – teurer
sind sie jedoch fast immer. Ein österreichischer infektiologischer Konsensus
beleuchtet nun die Möglichkeiten einer Therapie von Staphylococcus aureusInfektionen mit älteren, schmäler wirksamen Antibiotika. Diese Möglichkei­
ten sind durchaus attraktiv und oftmals auch ökonomisch sinnvoll.
Ein 2013 unter der Patronanz der
ÖGIT sowie der Österreichischen Ge­
sellschaft für antimikrobielle Chemo­
therapie (ÖGACH) publiziertes Kon­
sensusdokument befasste sich mit der
Therapie von Staphylococcus aureusInfektionen mit älteren Antibiotika.
Dies sind vor allem bestimmte Beta­
laktame, weiters Clindamycin, Fosfo­
mycin, Fusidinsäure, Tetrazykline und
Kombinationen von Trimethoprim
mit einem Sulfonamid.
Resistenzlage
Die Rate von MRSA (methicillinresis­
tentem Staphylococcus aureus) liegt
in Österreich derzeit bei ca. 8%. In
den letzten Jahren war diesbezüglich
in Europa und speziell auch in Öster­
reich ein rückläufiger Trend zu beob­
achten. Die Rate der Resistenz von
S. aureus gegen Makrolide liegt hier­
zulande bei maximal 16%. Bei den
Fluorchinolonen, die nicht primär zur
Therapie von Staphylokokkeninfekti­
onen verwendet werden sollen, variie­
ren die Resistenzraten zwischen 10%
(Levofloxacin) und 75% (Ofloxacin).
Sehr niedrig sind die Raten der Resis­
tenz von S. aureus gegen Gentamicin
(4%), Fusidinsäure (1%) und Rifam­
picin (0,7%). Gegen Vancomycin und
Linezolid wurden bei S. aureus in Ös­
terreich bisher keine Resistenzen fest­
gestellt. Auch die Raten der Resistenz
gegen Teicoplanin, Daptomycin und
Fosfomycin liegen unter 1%.
Krankheitsbilder
Eine Kolonisation mit Staphylokok­
ken ist häufig, wobei der natürliche
Standort von S. aureus die Nasen­
KeyPoints
• Niedrige S. aureus-Resistenzraten in Österreich gegen Gentamicin, Fusidinsäure, Rifampicin,
Vancomycin, Linezolid, Teicoplanin, Daptomycin und Fosfomycin
• Mögliche alte Antibiotika gegen S. aureus: Flucloxacillin, Cefazolin, Clindamycin, Fusidinsäure,
Trimethoprim plus Sulfonamid sowie Doxycyclin und Minocyclin
• Rifampicin und Fosfomycin jeweils nur in Kombination mit einer anderen Substanz verabreichen!
• Verwendung alter Antibiotika gegen S. aureus sowohl ökonomisch als auch mit Blick auf
„Anti­microbial Stewardship“ sinnvoll
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
schleimhaut ist, während die gesunde
Haut nur passager besiedelt wird. In
der Normalbevölkerung liegt bei 16
bis 20% eine permanente, bei 50 bis
70% eine passagere Besiedelung mit
S. aureus vor. Abhängig von Alter, Ge­
schlecht, genetischen Faktoren (HLAMuster), Grunderkrankung (z.B. Dia­
betes mellitus, chronische Ekzeme,
atopische Diathese) und Hospitalisie­
rungsstatus kann das Besiedelungs­
muster unterschiedlich sein. Eine Be­
siedelung mit S. aureus hat per se noch
keinen Krankheitswert, führt jedoch zu
einem erhöhten Risiko, eine Infektion
zu entwickeln. Insbesondere handelt
es sich hier um Haut- und Weichteil­
infektionen, z.B. bei gestörter Barriere­
funktion der Haut. Die Übertragung
kann durch direkten Kontakt oder Au­
toinokulation erfolgen. Direkter Kon­
takt kann als Schmierinfektion über
infizierte bzw. kolonisierte Menschen
oder Tiere (sowohl Haus- als auch
Masttiere) erfolgen, weiters über kon­
taminierte Oberflächen oder Wäsche.
Unter Auto­inokulation ist die endoge­
ne Infektion aus dem eigenen NasenRachen-Raum zu verstehen.
Zu den durch S. aureus verursachten
Krankheitsbildern zählen pyogene In­
fektionen, Fremdkörper-assoziierte In­
fektionen, systemische Infektionen und
Toxin-vermittelte Syndrome. Der soge­
Seite 21 I jatros
Infektiologie
nannte „Small-Colony Variant“(SCV)Phänotyp kann mit chronisch persistie­
renden und rezidivierenden Infektionen
(z.B.: chronische Otitis media) assozi­
iert sein, da dieser Phänotyp die Fähig­
keit zur intra­zellulären Persistenz hat.
Therapie mit alten Antibiotika
Allgemein ist zu bemerken, dass – eben­
so wie jede antimikrobielle Therapie
– auch die Behandlung von S. aureusInfektionen mit älteren Antibiotika ad­
äquate Dosierungen erfordert. Details
dazu sind dem Konsensusstatement
zu entnehmen. Aus wissenschaftlichen
Studien und der klinischen Erfahrung
ist bekannt, dass manchmal – insbe­
sondere bei schweren Infektionen –
auch von der Zulassung abweichende
höhere Dosierungen notwendig und
sinnvoll sind. Diese werden deshalb
neben den zugelassenen Dosierungen
ebenfalls im Konsensus dargestellt.
Weiters wird auf die notwendigen Do­
sisanpassungen bei Leber- und Nieren­
insuffizienz hingewiesen.
Die optimale Strategie zur Behandlung
einer S. aureus-Bakteriämie ist weiter­
hin unklar. In rezenten Literaturstellen
wird folgendes Vorgehen bei S. aureusBakteriämie empfohlen:
•●Entfernung intravaskulärer Katheter
– falls vorhanden – als Infektionsfo­
kus innerhalb von vier Tagen
•●Entnahme weiterer Blutkulturen
zwei bis vier Tage nach Beginn einer
S. aureus-Bakteriämie
•●Verwendung von parenteralen Beta­
laktam-Antibiotika bei Vorliegen ei­
ner MSSA-Infektion
•●adäquate Therapiedauer
•●Durchführung einer echokardiogra­
fischen Untersuchung
Durch Einhaltung dieser Empfehlun­
gen ließ sich die Letalität bei S. aureusBakteriämie signifikant – von 43 auf
28% – senken.
jatros I Seite 22
Konsensus
Betalaktame
Unter den Penicillinen ist als Leit­
substanz der alten Antibiotika bei
S. aureus-Infektionen Flucloxacillin
zu nennen. Allerdings sind – unter
Annahme einer adäquaten Dosierung
– mit Ausnahme von oralem Oxacillin
mit seiner niedrigen Bioverfügbarkeit
alle penicillinaseresistenten Penicilli­
ne, also auch Isoxazolylpenicilline, in
der Therapie von Staphylokokkenin­
fektionen etwa gleich wirksam. Als
Indikation für Flucloxacillin kommen
zunächst Staphylokokkeninfekte, wie
z.B. Haut- und Weichteilinfektionen,
Osteomyelitis, Empyeme und post­
operative Wundinfektionen infrage.
Für schwere Infektionen wie Endo­
karditis, schwere Pneumonie oder
Meningitis erbringt Flucloxacillin in
hoher Dosierung (6–18g/d) vergleich­
bare Resultate wie Methicillin, Naf­
cillin, Oxacillin und Dicloxacillin. Bei
MSSA-Endokarditis ist Flucloxacil­
lin (oder Oxacillin) Mittel der Wahl
bei Nativklappen, bei prothetischen
Klappen in Kombination mit Rifam­
picin (Tagesdosis ist auf zwei Gaben
aufzuteilen).
Unter den Cephalosporinen ist als
„altes Antibiotikum“ gegen S. aureus
Cefazolin zu nennen, das eine starke
Wirkung gegen methicillinsensitiven
S. aureus (MSSA) und intermediäre
Stabilität gegen Staphylokokken-Peni­
cillinase aufweist. Indikationen für Ce­
fazolin sind die perioperative Prophy­
laxe, schwere S. aureus-Infektionen
(wie Sepsis und Endokarditis) und die
Osteomyelitis.
Eine retrospektive Studie zeigte bei
MSSA-Bakteriämien unter Nafcillin
oder Cefazolin eine deutlich niedrige­
re Letalität als unter Vancomycin. Eine
andere, ebenfalls retrospektive Arbeit
zeigte, dass die Letalität bei MSSABakteriämien unter Cefazolin nicht si­
gnifikant anders ist als unter Cloxacil­
lin, während die Therapie mit anderen
Betalaktamen, einschließlich der Ce­
phalosporine der zweiten und dritten
Generation, mit einer höheren Letalität
assoziiert sein dürfte.
Für die systemische Therapie von Hau­
tinfektionen durch S. aureus gelten
Cefazolin i.v. und Flucloxacillin als ein
Mittel der ersten Wahl.
Andere Antibiotika
Unter den älteren Nicht-BetalaktamAntibiotika gegen S. aureus sind Clin­
damycin, Fusidinsäure, Trimethoprim
plus Sulfonamid sowie die Tetrazy­
kline Doxycyclin und Minocyclin zu
nennen.
Clindamycin kann parenteral oder oral
verabreicht werden (>90% Resorpti­
on), die Hauptindikation sind schwer
behandelbare Haut- und Weichteilin­
fektionen sowie Infektionen der Kno­
chen und Gelenke.
Auch Fusidinsäure kann oral oder pa­
renteral appliziert werden. Bei beiden
Substanzen besteht wahrscheinlich kei­
ne ausreichende Wirkung auf S. aureusBiofilme.
Ein Argument für die Anwendung der
Kombinationen von Trimethoprim mit
einem Sulfonamid (Sulfametrol bzw.
Sulfamethoxazol) besteht in der syner­
gistischen Wirkung beider Kompo­
nenten gegen MRSA. Die Tetrazykline
Doxycyclin und Minocyclin können
bei Haut- und Weichteilinfektionen
eingesetzt werden, wenn die Empfind­
lichkeit des Erregers im Antibiogramm
nachgewiesen ist.
Kombinationssubstanzen
Sowohl Rifampicin als auch Fosfomy­
cin führen bei Monotherapie zu ra­
scher Resistenzentwicklung und sollten
daher bei S. aureus-Infektionen nur in
Kombination mit anderen Antibiotika
verabreicht werden. Neben der allge­
meinen Rationale für eine Kombinati­
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
alten und neuen Substanzen und auf
ökonomische Aspekte ein. Die Wahl
eines alten Antibiotikums ist auch im
Sinne der Antimicrobial Stewardship
(Vermeidung von Resistenzen) wichtig,
weiters kann ein neueres Antibiotikum
bei sensiblen Staphylokokken sogar
weniger aktiv sein als ein altes. So wur­
de z.B. die schlechtere Wirksamkeit
von Vancomycin bei MSSA gegenüber
Cefazolin in einer Studie mit Hämodia­
lysepatienten, die MSSA-Bakteriämien
hatten, nachgewiesen.
Weitere Überlegungen
Last, but not least geht der Konsen­
sus noch kurz auf den Vergleich von
Was die Senkung der Therapiekosten
anbelangt, so können alte Antibioti­
ka im Vergleich zu den meist teuren
GIFTIGER DIENSTAG
Zeit:
Ort:
neuen Substanzen zweifellos einen
Beitrag leisten. Es muss allerdings be­
achtet werden, dass die kostengüns­
tigste Substanz nicht immer und nicht
automatisch die effektivste ist. Weiters
sind auch andere Faktoren wie Nicht­
ansprechen, Rezidive und therapiebe­
dürftige Nebenwirkungen zu beachten.
n
Literatur:
Thalhammer F et al: Konsensusstatement „Staphylococcus aureus-Infektionen – Therapie mit älteren Antibiotika“. In: Medical Dialogue und Österreichische Ärztezeitung, April 2013; herunterzuladen unter www.oegit.eu
–> Publikationen
Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl
Wintersemester 2013/14
Beginn jeweils 15.30 Uhr s.t. bis ca. 16.30 Uhr
Ärztekammer für Wien, Weihburggasse 10–12, 1010 Wien
1. Oktober
8. Oktober
22. Oktober
5. November
12. November
Augeninfektionen – von getropft bis gespritzt
Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger
Klin. Abt. für Infektionen und Tropenmedizin
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, MedUni Wien
Das „+“ am Antibiogramm
Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra Apfalter
Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin, KH der Elisabethinen, Linz
Endokarditis
Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer
Klin. Abt. für Inf. und Tropenmed., Univ.-Klinik für Innere Med. I, MedUni Wien
Echinokokken – Modernes Therapiemanagement
Priv.-Doz. Dr. Michael Ramharter
Klin. Abt. für Inf. und Tropenmed., Univ.-Klinik für Innere Med. I, MedUni Wien
www.infektiologie.co.at
onstherapie (potenzieller Synergismus,
Verhinderung von Resistenzen, The­
rapie polymikrobieller Infektionen,
bessere Penetration, Reduktion der
Toxizität der Einzelsubstanzen) kom­
men bei S. aureus-Infektionen noch
spezielle Aspekte hinzu: Wirkung auch
auf intrazelluläre Staphylokokkenva­
rianten, Elimination von Biofilmbild­
nern, Hemmung der Toxinproduktion,
raschere Erregerelimination und Wir­
kung gegen MRSA.
Infektiologie
Die Syphilis ist wieder da
Univ. Prof. Dr. Alexandra Geusau
Abt. für Immundermatologie & infektiöse Hautkrankheiten
Univ.-Klinik für Dermatologie, MedUni Wien
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Seite 23 I jatros
Für jede Veranstaltung werden Punkte im Rahmen der Diplomfortbildung der ÖÄK anerkannt. Die Teilnahme ist kostenlos.
Infektiologie
Veranstaltung
Giftiger Dienstag
Sinnlose mikrobiologische
Befunde
Es gibt eine Reihe typischer Fehler, die vor allem in der Präanalytik, also
beim Gewinnen und Versenden mikrobiologischer Proben, gemacht werden.
Im Rahmen eines „Giftigen Dienstags“ klärte der Mikrobiologe Dr. Rainer
Gattringer, Linz, über einige der wichtigsten dieser Fehler auf.
„Sinnlose mikrobiologische Befunde
kommen dann nicht zustande, wenn
eine sinnvolle mikrobiologische Dia­
gnostik durchgeführt wird“, umriss
Dr. Rainer Gattringer, Institut für
Hygiene, Mikrobiologie und Tropen­
medizin, Krankenhaus der Elisabe­
thinen, Linz, sein Thema.
Was will die Mikrobiologie?
Das Ziel der modernen mikrobiolo­
gischen Diagnostik ist der möglichst
zeitnahe Erregernachweis, um eine ra­
sche, zielgerichtete Therapie einleiten
zu können. „Das erfordert eine enge
Zusammenarbeit zwischen mikrobio­
logischem Labor und klinisch tätigem
Arzt“, betonte Gattringer. Zwei Berei­
che müssen dabei optimiert werden:
einerseits die Präanalytik – was und
wie viel wird abgenommen und wohin
gesendet? –, andererseits die Verarbei­
tung sowie die anschließende Mittei­
lung der gewonnenen Befunde. Dass
all diese Überlegungen vitale prakti­
sche Konsequenzen haben, zeigt eine
Studie von Kumar et al, in der nachge­
wiesen wurde, dass Patienten mit sep­
tischem Schock nach Initiierung einer
adäquaten antimikrobiellen Therapie
eine Überlebensrate von ca. 50% zeig­
ten, bei Initiierung einer inadäquaten
antimikrobiellen Therapie überlebten
hingegen nur ca. 10%.1
Klinische und labormedizinische Kriterien
einer Sepsis
Verdacht auf systemische Komponente einer
Infektionskrankheit (z.B. septische Arthritis
oder Osteomyelitis)
Verdacht auf Bakteriämie bzw. Fungämie
Verdacht auf Endokarditis
Verdacht auf Katheterinfektion
Fieber ungeklärter Ursache (FUO)
Tab. 1: Indikationen für eine BK-Abnahme, Quelle:
Gattringer
Die mikrobiologische Diagnostik ver­
folgt also zwei Ziele: zum einen die Si­
cherung der Diagnose und zum ande­
KeyPoints
• Eine moderne mikrobiologische Diagnostik ist die Basis für eine adäquate Therapie von Infektionen.
• Die Blutkultur ist immer noch Goldstandard der mikrobiologischen Sepsisdiagnostik.
• Bei OP-Präparaten sollten Abstriche nach Möglichkeit vermieden werden.
• Zur Harndiagnostik sollte nach Möglichkeit immer Nativharn verwendet werden.
jatros I Seite 24
R. Gattringer, Linz
ren die Anpassung, Optimierung und
ggf. auch Deeskalation der antimikro­
biellen Therapie. Für die Deeskalati­
on gibt es mehrere Argumente: Zum
einen ist bei bekanntem Erreger eine
breite antibiotische Therapie nicht
notwendig und sinnvoll, zum anderen
lassen sich mit einer schmäleren, ge­
zielten Therapie Nebenwirkungen (In­
fektionen mit C. difficile oder Pilzen)
hintanhalten und Kosten senken.
Blutkulturen
Die Blutkultur (BK) ist immer noch
der Goldstandard in der mikrobiologi­
schen Sepsisdiagnostik. Entscheidend
für die Sensitivität ist die verwendete
Blutmenge. Bei Bakteriämie liegt die
Zahl der koloniebildenden Einheiten
(KBE) pro Milliliter Blut ca. bei 1 bis
10, bei Kindern ca. um den Faktor 10
höher. Daraus ergibt sich ein erfor­
derliches BK-Gesamtvolumen von 15
bis 20ml bei Erwachsenen und von 1
bis 10ml bei Kindern. Bei Früh- bzw.
Neugeborenen sollte das Volumen zu­
mindest 0,5ml betragen. Als Standard
gilt die Abnahme entweder einer an­
aeroben und einer aeroben oder von
zwei aeroben BK-Flaschen.
Die BK-Abnahme sollte möglichst
früh und jedenfalls vor der ersten
Antibiotikagabe erfolgen. Tabelle 1
listet Indikationen für eine BK-Ab­
nahme auf.
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
Die Zahl der abgenommenen BK
sollte zwei bis drei, aber nicht mehr
als vier betragen. Bei negativem Er­
gebnis, aber klinischem Verdacht auf
eine Infektion sollte die BK binnen 24
Stunden wiederholt werden.
BK-Kontrollen sind routinemäßig nicht
indiziert. In besonderen klinischen Si­
tuationen, die in Tabelle 2 angeführt
sind, kann jedoch eine Therapiekont­
rolle mittels BK innerhalb von 72 Stun­
den erforderlich sein. „Sinnlose Blut­
kulturen liegen dann vor, wenn nur
eine Flasche abgenommen wird, wenn
die Füllmenge zu gering ist, wenn die
Abnahme unter nicht ausreichenden
hygienischen Bedingungen erfolgt oder
auch dann, wenn zu viele BK abge­
nommen werden“, kommentierte der
Mikrobiologe.
OP-Präparate und Wunden
Für OP-Präparate und Punktate gilt,
dass nach Möglichkeit eine Material­
entnahme durch Aspiration (≥2ml)
oder chirurgische Entnahme erfolgen
sollte. Abstriche sind nach Möglich­
keit zu vermeiden. Eine Versendung
in sterilem Röhrchen ist nur dann
zulässig, wenn eine sofortige Verar­
beitung gewährleistet ist, andernfalls
muss ein Transportmedium verwen­
det werden.
Wundgewebe sollte immer in einem
Transportmedium versendet werden,
dabei ist die Angabe wichtig, ob das
Material oberflächlich oder tief ge­
wonnen wurde.
„Sinnlos sind oberflächliche Abstri­
che bei chronischen Wunden, ein
Versenden von Proben in Formalin
(Erregerabtötung!) und von Tuberku­
loseproben in Kochsalzlösung; lange
Transportwege sollten vermieden
werden“, so Gattringer.
Harn- und Stuhldiagnostik
Zur Harndiagnostik sollte nach Mög­
lichkeit immer Nativharn verwendet
werden, weil nur so eine makro- und
mikroskopische Beurteilung und ein
Hemmstofftest möglich sind. Weiters
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Infektiologie
Indikation
Fragestellung
Endokarditis
Persistierende Bakteriämie als mögliche
Indikation für operativen Klappenersatz?
Bakteriämie durch Staphylococcus aureus,
Candida-Sepsis
Festlegung der Dauer der antimikrobiellen
Therapie
In-situ-Therapie(versuch) von
Katheterinfektionen
Wirksamkeit?
Tab. 2: Indikationen zur Kontroll-BK, Quelle: Gattringer
lassen sich aus Nativharn schneller
Reinkulturen und Antibiogramme bei
Mischinfektionen gewinnen. Auch
die Quantifizierung ist mit Nativharn
besser möglich. Bei längeren Trans­
portwegen bzw. Aufbewahrungszei­
ten kann sich allerdings im Nativharn
die Keimzahl erheblich verändern.
Deshalb sollte gewonnener Harn in­
nerhalb von zwei Stunden im Labor
sein. Steht der Harn für mehr als zwei
Stunden bei Raumtemperatur, ist er
für eine Keimzahlbestimmung nicht
mehr geeignet. Urineintauchkulturen
sollten nur dann verwendet werden,
wenn die geforderten Transportzeiten
bzw. -temperaturen nicht eingehalten
werden können.
„Sinnlos bei der Harndiagnostik sind
das Fehlen eines Mittelstrahlharns
bei Verdacht auf Harnwegsinfekt, ein
langer Transport von Nativharn, ein
falscher Gebrauch von Eintauchme­
dien und falsche Transportgefäße“,
erläuterte Gattringer.
Fehler bei der Stuhldiagnostik sind
das Einschicken von altem Stuhl, fal­
sche Zuweisungen, Clostridiennach­
weis bei Säuglingen und Clostridien­
toxin als Verlaufsparameter.
Für die Borreliendiagnostik gilt, dass
mit einem serologischen Ak-Nach­
weis allein keine Diagnose gestellt
werden kann. „Eine Interpretation
serologischer Borrelienbefunde darf
nur in Kenntnis von Klinik und Ana­
mnese erfolgen“, mahnte Gattringer.
Auch für ein Therapiemonitoring ist
die Serologie nicht geeignet, da die
Antikörper unter Therapie nicht ne­
gativ werden. Umgekehrt kann auch
bei negativer Serologie und eindeuti­
ger Klinik eine Therapie indiziert sein
(Erythema migrans).
Auch Chlamydien (C. pneumoniae,
C. trachomatis) können mittels Se­
rologie nicht sinnvoll nachgewiesen
werden. Die Durchseuchungsrate und
die Zahl der Kreuzreaktionen sind
hoch. Deshalb ist eine serologische
Unterscheidung zwischen Primärin­
fektion, persistierender Infektion,
„Seronarbe“ und Reinfektion nicht
möglich. „In manchen Ländern wird
deshalb eine Chlamydienserologie
gar nicht mehr abgegolten“, schloss
Gattringer.
n
Serologie – drei Beispiele
Probleme bei der serologischen Dia­
gnostik des Epstein-Barr-Virus (EBV)
bestehen einerseits darin, dass bei
akuten, oft fulminant verlaufenden
Erkrankungen die Serologie zu spät
Ergebnisse liefert; andererseits korre­
lieren bei EBV-Reaktivierungen die se­
rologischen Parameter schlecht mit der
Viruslast (Ursachen können inkonstan­
te Antikörper[Ak]bildung, Ak-Persis­
tenz oder Immunglobulingaben sein).
Literatur:
Kumar A et al: Initiation of inappropriate antimicrobial therapy results in a fivefold reduction of survival in
human septic shock. Chest 2009; 136(5): 1237-1248
1
Quelle:
„Sinnlose infektiologische Befunde?“
Giftiger Dienstag
19. März 2013, Wien
Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl
Seite 25 I jatros
Infektiologie
Therapie
Resistenzproblematik
Therapie multiresistenter
gramnegativer Erreger
Die Zunahme multiresistenter Erreger im gramnegativen Bereich ist
eines der großen Probleme der Infektiologie weltweit. Prof. Dr. Florian
Thalhammer, MedUni Wien, stellt im Folgenden die Möglichkeiten
einer Therapie solcher Erreger dar.
Die wichtigsten gramnegativen Erre­
ger, die häufig multiresistent werden
(„multidrug resistance“ – MDR), sind
Escherichia coli, Enterococcus faecium, Staphylococcus aureus, Klebsiella
pneumoniae, Acinetobacter baumannii, Pseudomonas aeruginosa und
Enterobacter-Spezies, die mit dem Ak­
ronym „ESKAPE“ zusammengefasst
werden.1–3
Die Resistenz gramnegativer Erreger ge­
gen Betalaktamantibiotika (einschließ­
lich Cephalosporine III und IV und Car­
bapeneme) beruht auf der Bildung von
Betalaktamasen, die nach Ambler in
mehrere Gruppen eingeteilt werden und
heute auch Carbapenemasen umfassen,
die in der ursprünglichen, heute nicht
mehr aktuellen Definition der ESBL
(„Extended-Spectrum BetaLaktamasen“)
nicht enthalten waren.4
Tab. 1 zeigt bereits etablierte sowie zu­
künftige Therapieoptionen für gram­
negative MDR-Erreger.
Prätherapeutische Überlegungen
Clavulansäure
Vor Beginn der Therapie von Infektio­
nen mit gramnegativen MDR-Erregern
müssen einige Punkte erwogen werden.
Zunächst ist natürlich der Keim zu
identifizieren, um ein Antibiogramm
anfertigen zu können. Weiters muss
der Fokus der Infektion (z.B. Blut,
Knochen, Lunge, Niere) gesucht wer­
den. Bei der Auswahl geeigneter Anti­
biotika sind die Pharmakokinetik (die
durch die Grundkrankheit des Patien­
ten verändert sein kann) und die Phar­
makodynamik (auf Basis der EUCASTBreakpoints) der jeweiligen Substanzen
in Betracht zu ziehen.
KeyPoints
• Wichtigste gramnegative MDR-Erreger: E. coli, Enterococcus faecium, S. aureus, K. pneumoniae,
Acinetobacter baumannii, P. aeruginosa und Enterobacter-Spezies („ESKAPE“).
• Mortalität bei Infektionen mit ESBL-produzierenden Enterobakterien unter Betalaktam/BLI nicht
höher als unter Carbapenemen
• Carbapeneme häufig zu niedrig dosiert; zum Teil aufgrund der Zulassung
• Auch für Tigecyclin zunehmend Empfehlungen für höhere Tagesdosis als zugelassen
• Kombination Colistin mit Antibiotikum ohne Zulassung für gramnegative Erreger kann sinnvoll sein
• Zwei zukünftige Therapieoptionen gegen gramnegative MDR-Erreger: der BLI Avibactam; das
Siderophor-Monosulfactam BAL30072
jatros I Seite 26
F. Thalhammer, Wien
Inzwischen weiß man, dass trotz Vor­
handenseins einer Extended-SpectrumBetalaktamase bei E. coli Harnwegsin­
fekte mit Amoxicillin/Clavulansäure
behandelt werden können, wenn die
minimale Hemmkonzentration (MHK)
niedrig ist. Der Betalaktamase-Inhibi­
tor Clavulansäure hemmt hocheffektiv
auch ESBL, ist jedoch in der verfügba­
ren Kombination mit Amoxicillin gegen
die meisten ESBL-Bildner höchstens
grenzwertig wirksam. Die Kombinatio­
nen von Clavulansäure mit den Viert­
generations-Cephalosporinen Cefepim
oder Cefpirom sind hingegen in vitro
gegen alle ESBL-bildenden Enterobacte­
riaceae wirksam.5
In einer Metaanalyse schnitten verschie­
dene Kombinationen aus Betalaktam
und Betalaktamaseinhibitor (BL/BLI)
hinsichtlich der Mortalität nicht signi­
fikant schlechter ab als Carbapeneme,
während die Mortalität unter Nicht-BL/
BLI-Antibiotika im Vergleich zu Carba­
penemen signifikant höher war.6
Temocillin
Temocillin ist ein SchmalspektrumCarboxypenicillin mit guter Aktivität
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
gegen Enterobakterien und Burkholde­
ria-Spezies und relativ großer Stabilität
gegenüber Betalaktamasen (ESBL, Car­
bapenemasen). Es wurde bereits in den
Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts
auf den Markt gebracht und wird nun
neu vermarktet, da es eine gute Alterna­
tive zu Carbapenemen bei Temocillinempfindlichen gramnegativen MDRErregern darstellt.7–9 In Österreich ist es
nur auf Klinikanforderung erhältlich.
Carbapeneme
Jahrzehntelang war die empfohlene
Standarddosierung von Imipenem/Ci­
lastatin 4x500mg täglich. Mit der Eta­
blierung der EUCAST-Empfehlungen
wird erstmals vehement auf die phar­
makokinetische/pharmakodynamische
Beziehung von Imipenem und P. aeruginosa hingewiesen.
Doripenem wurde vor einigen Jahren
ebenfalls mit einer in Relation zu den
zu behandelnden Erregern zu niedrigen
Dosierung eingeführt. Die Folge war
nun ein „Rote Hand“-Brief, der darauf
aufmerksam machte, dass die Doripe­
nem-Standarddosierung statt 3x500mg
3x1.000mg betragen muss. Eine verlän­
gerte Infusionsdauer über drei Stunden
jeder Standarddosis von Meropenem
führt bei schwierig zu behandelnden
Enterobakterien ebenfalls zu einer sig­
nifikant höheren Keimabtötungsrate.10
Rezente Studien haben gezeigt, dass
die Heilungsraten bei Infektionen mit
Carbapenemase-produzierenden MDRErregern bei Kombinationstherapien
höher sind als bei Monotherapien; die
höchsten Heilungsraten erzielten inte­
ressanterweise Kombinationsregime,
die auch Carbapeneme enthielten, diese
müssen jedoch hoch dosiert sein.10, 11 In
diesem Zusammenhang sind auch die
ersten Studien publiziert worden, die
trotz Versagen der Einzelsubstanzen
Colistin und Doripenem bei kombinier­
ter Gabe eine beeindruckende Absterbe­
kinetik im Hollow-Fiber-Infektionsmo­
dell zeigen.12
Tigecyclin
Tigecyclin kann gegen ESBL-bildende
Enterobakterien, Acinetobacter bau3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
mannii und Stenotrophomonas maltophilia eingesetzt werden, nicht jedoch
gegen P. aeruginosa oder Proteus-Spezi­
es. Die Substanz ist eines der Reserve­
mittel gegen gramnegative MDR-Erre­
ger, wobei sowohl höhere Dosierungen
als bisher als auch verschiedene Kombi­
nationen denkbar sind und notwendig
werden können.13, 14 Für Acinetobacter
baumannii ist eine rasche Resistenzent­
stehung unter Therapie mit Tigecyclin
durch Überexpression von Effluxpum­
pen beschrieben.15 Obwohl die zuge­
lassene Tigecyclin-Tagesdosis in der
Erhaltungstherapie nur 100mg beträgt,
finden sich in der Literatur zunehmend
Empfehlungen, die eine Tagesdosis von
200mg oder sogar 300mg pro Tag fa­
vorisieren.
Fosfomycin
Fosfomycin zeigte in einer Studie eine
konzentrationsabhängige bakterizi­
de Wirkung gegen Enterobakterien,
welche die sogenannte Neu-DelhiMetallobetalaktamase NDM-1 produ­
zierten.16 Andererseits hat der häufige
Gebrauch von Fosfomycin bei Harn­
wegsinfekten zu einem starken Anstieg
von Fosfomycin-Resistenzen bei ESBLbildenden Enterobakterien geführt.17
Infektiologie
Bereits etabliert
Amikacin*
Amoxicillin/Clavulansäure
Aztreonam
Chloramphenicol
Colistin
Daptomycin*
Doripenem, Ertapenem, Imipenem, Meropenem
Fosfomycin
Mecillinam
Nitrofurantoin
Rifampicin*
Sulbactam
Temocillin
Tigecyclin
Vancomycin*
Möglicherweise in Zukunft
Betalaktamase-Inhibitoren
• Avibactam (NXL-104)*
• BLI-489*
• MK-7655*
Boron-Antibiotika
• GSK-2251052
Colistin
Cephalosporine
Colistin ist ein zyklisches PolypeptidAntibiotikum, das gegen gramnega­
tive MDR-Erreger wie z.B. Acinetobacter baumannii vor allem dann
eingesetzt wird, wenn auch bereits
eine Carbapenem-Resistenz besteht.
Intravenös wird die Substanz in Form
von Colistin-Methansulfonat verab­
reicht, das in der Folge zu Colistin ab­
gebaut wird. Aus diesem Grund wird
diskutiert, v.a. bei kritisch kranken
Patienten eine Loading Dose zu ver­
abreichen, um möglichst schnell die
volle bakterizide Wirkung von Colis­
tin zu erzielen.18
Ca-EDTA*
Da es zunehmend auch gegen Colis­
tin resistente Enterobakterienstämme
gibt, sind neue Therapieoptionen ge­
fragt. In diesem Zusammenhang sind
jene Ansätze verblüffend, die ein gegen
gramnegative Bakterien nicht wirksa­
• CXA-201
MBL-Inhibitoren*
Siderophor-Monosulfactame
• BAL-30072
• MC-1
Isepamicin
LPS-Inhibitoren
• Lpx-C1
Neoglykoside
• Plazomicin (ACHN-490)
Polymyxine
• NAB-739
Sitafloxacin
* Nur in Kombination
Die Reihung der Substanzen erfolgt alphabetisch und stellt keinerlei Wertung dar.
Tab. 1: Therapie gramnegativer MDR-Erreger heute
und morgen; Quelle: Thalhammer
Seite 27 I jatros
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
Infektiologie
N
eue Antiinfektiva-App
nun erhältlich
Die von Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer, Wien, entwickelte, verfasste und gestaltete AntiinfektivaApp ist seit 1. September erhältlich.
Die erste österreichische AntiinfektivaApp bietet alle relevanten Informationen
zu Antibiotika und anderen wichtigen
Antiinfektiva – auch ohne Internetverbindung. Die Suche kann über den Erreger, die Indikation, den Handelsnamen
oder den Wirkstoff durchgeführt werden. Da die App im gesamten deutschen
Sprachraum angeboten wird, sind die
Handelsnamen nach Ländern getrennt.
Eine Verknüpfung von Wirkstoffen oder
Handelsnamen mit Keimspektren ist
möglich.
Bei jedem Wirkstoff sind die gängigen
Indikationen, detaillierte Dosierungen
und Einnahmemodalitäten für Erwachsene, Kinder, Neugeborene und Risikopatienten (z.B. Niereninsuffizienz, Leberinsuffizienz, chronische Hämodialyse,
kontinuierliche Hämofiltration etc.), Verschreibbarkeit bei schwangeren Frauen
(FDA-Klassifikation), Packungsgrößen
und häufigste Nebenwirkungen angegeben.
Die Startseite (Abb. 1) gibt die verschiedenen Möglichkeiten des Einstiegs an.
Die App ist derzeit für iPhone und iPad
erhältlich – eine Android-Version ist geplant. Download und weitere Infos unter:
www.antibiotika-app.eu
(nh)
mes Antibiotikum mit Colistin kombi­
nieren. Eine dieser Kombinationen ist
jene mit Daptomycin. Gramnegative
Bakterien haben eine zweischichtige
Zellwand, deren erste Schicht Dapto­
mycin aufzubrechen vermag, sodass
Colistin anschließend die innen lie­
gende Zellmembran zerstören kann –
das Bakterium stirbt ab. Verschiedene
Kombinationen von Colistin mit ande­
ren Antibiotika wurden in vitro oder
im Tiermodell erprobt: Vancomycin,
Cotrimoxazol, Ceftazidim, Minocyc­
lin oder Azithromycin in Kombination
mit Rifampicin.19 Auch die Kombina­
tion mit Tigecyclin wurde erfolgreich
eingesetzt.20
rienzellen zu gelangen. In mikrobiellen
Studien war Meropenem in Kombina­
tion mit BAL30072 deutlich aktiver als
die Monosubstanz.
Ausblick
1
anj SS und Kanafani ZA, Mayo Clin Proc 2011; 86(3):
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9
Livermore DM et al, Int J Antimicrob Agents 2011;
37(5): 415-419
jatros I Seite 28
Mit Ceftarolin besitzen wir das erste
Betalaktam-Antibiotikum, das gegen
Methicillin-resistente Staphylokokken
(MRSA) wirksam ist. Müssen wir uns
zukünftig daran gewöhnen, dass An­
tibiotika, die nur gegen grampositive
Erreger wirksam sind, als Kombinati­
onspartner bei der Therapie von gram­
negativen MDR-Enterobakterien zum
n
Einsatz kommen?
Literatur:
In Zukunft könnte eine Reihe neuer
Substanzen für dieses problematische
Therapiefeld zur Verfügung stehen,
für deren ausführliche Darstellung in
diesem Kontext der Raum fehlt. In­
frage kommen unter anderem der BLI
Avibactam, Boron-Antibiotika (Bor­
säure-Derivate), Ceftazolan (ein neues
Cephalosporin), Kalzium-EDTA, Ma­
leinsäure, Plazomicin (ein Aminogly­
kosid) und Siderophor-Monosulfac­
tam.
Zwei Substanzen sollen hier kurz vor­
gestellt werden, die eine (BAL-30072),
weil sie aus heutiger Sicht 2014 ein­
geführt wird, die andere (Avibactam),
weil dabei ein spannender Wirkmecha­
nismus zum Einsatz kommt.
Avibactam ist ein neuer Betalaktama­
se-Inhibitor, der nicht nur bei ESBLpositiven Enterobakterien aktiv ist,
sondern auch bei CTX-M-, KPC- oder
AmpC-positiven Erregern. In-vitroStudien zeigen einen deutlichen Akti­
vitätsgewinn bei Kombinationen mit
Ceftarolin, Ceftazidim oder Imipenem.
Erwartungsgemäß kann eine Pseudo­
monaswirkung auch mit Avibactam
nicht erzielt werden.
Abb. 1: Einstiegsbildschirm der Antiinfektiva-App, ©Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer
Therapie
BAL30072 ist ein Siderophor-Mo­
nosulfactam, das den Transport der
Fe3+-Siderophor-Komplexe durch die
Zellmembran ausnützt, um wie ein tro­
janisches Pferd in gramnegative Bakte­
10
ulik CC et al, Antimicrob Agents Chemother 2010;
B
54(2): 804-810
11
A kova M et al, Clin Microbiol Infect 2012; 18(5):
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12
Lim TP et al, ECCMID, 2012. Poster P1822
13
oomanachai P et al, Antimicrob Agents Chemother
K
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G
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ornsey M et al, J Antimicrob Chemother 2010; 65(8):
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16
Albur MS et al, Clin Microbiol Infect 2012; 18(Suppl. s3):
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17
teo J et al, J Antimicrob Chemother 2010; 65(11):
O
2459-2463
18
Plachouras D et al, Antimicrob Agents Chemother
2009; 53(8): 3430-3436
19
M almberg C et al, Clin Microbiol Infect 2012;
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20
P ournaras S et al, Int J Antimicrob Agents 2011; 37(3):
244-247
Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer
Klinische Abteilung für Infektionen
und Tropenmedizin
Univ.-Klinik für Innere Medizin I
MedUni Wien
Redaktion: Dr. Norbert Hasenöhrl
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
GASTROENTEROLOGIE
Guidelines
Guidelines zur H. pylori-Infektion
Differenzierte Behandlungs­
konzepte nach europäischer
Konsensuskonferenz
Seit der Entdeckung von Helicobacter pylori (HP) wird die Behand­
lung der Infektion mit dem Keim im Hinblick auf die Indikations­
stellung von Kontroversen begleitet.
Die kontroverse Diskussion über das
Vorgehen bei einer HP-Infektion ist
schwer nachvollziehbar, da die Infekti­
on bei allen Betroffenen eine chronische
Entzündung der Magenschleimhaut
(i.e. chronisch aktive Gastritis) aus­
löst und bei einem Teil der Infizierten
im weiteren Verlauf zu schwerwiegen­
den klinischen Komplikationen führen
kann. Als Grund für die Kontroverse
wird angeführt, dass bei der überwie­
genden Zahl der mit HP infizierten
Menschen weder Symptome noch orga­
nische Komplikationen auftreten und
somit im Falle einer generellen Behand­
lung dieser Infektion eine „Überthera­
pie“ zu Buche schlagen würde.
Als Verstärkung für dieses Argument
wird das Problem angeführt, dass bei
der weiten Verbreitung dieser Infektion
und des gleichzeitigen Gebrauchs meh­
rerer Antibiotika in den Behandlungs­
schemata zur HP-Eradikation eine ge­
nerelle Behandlung der Infektion einen
nicht zu rechtfertigenden Beitrag zur
allgemeinen Antibiotikaresistenz leis­
ten würde.
Diesen Argumenten gegenübertretend
darf man allerdings ins Feld führen,
dass etwa jeder Fünfte, der von einer
HP-Infektion betroffen ist, entweder
Oberbauchbeschwerden (dyspeptische
Symptome) oder eine organische Er­
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
krankung im Magen oder Duodenum
(Ulkus, Magenkarzinom) entwickelt.
Der Idealfall wäre, wenn man beim
einzelnen HP-positiv getesteten Men­
schen anhand von Risikofaktoren eine
zuverlässige Prognose hinsichtlich der
Weiterentwicklung dieser Infektion ab­
geben könnte. Dies ist nicht der Fall.
Wissenschaftliche Untersuchungen aus
den letzten 30 Jahren haben uns hin­
sichtlich bakterieller Virulenzfaktoren,
wirtspezifischer genetischer Dispositi­
on und gewisser Umweltfaktoren für
die Entwicklung von Komplikationen
von Bedeutung tiefe Einblicke gewährt.
Allerdings steht uns in der klinischen
Praxis eine Risikoabschätzung beim
Einzelnen nicht zur Verfügung.
Dies ist der Grund dafür, dass seit vie­
len Jahren Leitlinien oder Empfehlun­
gen in speziellen Konsensuskonferen­
zen erarbeitet werden, mit dem Ziel
den praktisch tätigen Ärzten aus der
Fülle von in klinischen Studien gesam­
melten Erfahrungen eine konstruktive
Anleitung für die Behandlung der HPInfektion im Alltag zu geben.
Kurz zusammengefasst werden nach­
folgend die wesentlichen Indikationen
zur Behandlung der HP-Infektion aus
der europäischen Konsensuskonferenz
von Florenz/Maastricht1 dargestellt.
P. Malfertheiner, Magdeburg
Evidenzbasierte Indikationen zur HPTherapie
Die Indikation zur HP-Therapie ist
immer dann gegeben, wenn gastro­
duodenale Läsionen im Rahmen der
HP-Infektion auftreten und durch die
Behandlung geheilt und weitere Kom­
plikationen verhindert werden können.
Das Magenkarzinom stellt die einzige
Komplikation der HP-Infektion dar, für
die durch die Behandlung der Infektion
keine Heilung mehr möglich ist. Aller­
dings ist auch für Patienten, bei denen
wegen eines Karzinoms eine Teilentfer­
nung des Magens (subtotale Gastrek­
tomie) vorgenommen worden ist, die
HP-Sanierung der verbliebenen Ma­
genschleimhaut empfohlen und kann
im Restmagen das erneute Auftreten
von Neoplasien reduzieren. Die Indika­
tionen für die Behandlung der HP-In­
fektion bei Erkrankungen von Magen
und Duodenum sind in der Tabelle 1
zusammengefasst.
In der Praxis sind es vorwiegend Pa­
tienten mit Oberbauchbeschwerden,
die den Arzt aufsuchen und bei denen
sich die Frage stellt, ob HP die Ursache
für die Beschwerden ist. Bei Patienten
mit Oberbauchbeschwerden (dyspepti­
schen Beschwerden) ohne Alarmsymp­
tome im Alter von <50 Jahren kann in
der Regel auf eine endoskopische Un­
Seite 29 I jatros
GASTROENTEROLOGIE
tersuchung verzichtet und stattdessen
ein nicht invasiver Test zum Nachweis
der HP-Infektion durchgeführt wer­
den. Bei positivem Nachweis der HPInfektion sollte eine Therapie erfolgen.
In Gebieten mit einer hohen Magen­
karzinominzidenz oder bei Patienten
mit häufig wiederkehrenden Beschwer­
den sollte allerdings der primären en­
doskopischen Abklärung gegenüber
den nicht invasiven Testverfahren der
Vorzug gegeben werden. Auch bei äl­
teren Patienten (über 50 Jahre) ist zur
Abklärung von Oberbauchbeschwer­
den immer eine Endoskopie mit Ge­
websprobenentnahmen empfohlen.
Selbst bei endoskopisch normal wirken­
der Schleimhaut müssen Biopsien zum
Nachweis von HP und der histologi­
schen Einschätzung des Schweregrades
der chronischen Gastritis entnommen
werden. Wenn durch die Magenbiop­
sie (Histologie, Urease-Schnelltest) ein
positiver HP-Nachweis erbracht wor­
den ist, ist die Eradikationstherapie in­
diziert. Bei Patienten mit HP-positiver
funktioneller Dyspepsie ist die Eradi­
kation allen anderen Behandlungsmög­
lichkeiten überlegen.1, 2
Bei Patienten mit Refluxsymptomen
und gastroösophagealer Refluxkrank­
heit hat die HP-Infektion keinen Ein­
fluss auf den Krankheitsverlauf.3 Die
HP-Eradikation sollte aber bei Pati­
enten, die eine Langzeitbehandlung
mit Protonenpumpenhemmern (PPI)
benötigen, unbedingt erfolgen.1 Das
Persistieren der HP-Infektion unter ei­
ner PPI-Langzeitbehandlung führt zu
einer Korpus-prädominanten Magen­
schleimhautentzündung mit beschleu­
nigtem Verlust der Drüsenkörper und
somit zur atrophischen Gastritis.4 Die
atrophische Gastritis stellt eine präneo­
plastische Kondition dar und bedarf
jatros I Seite 30
Guidelines
Indikationen zur H. pylori-Eradikation
• Duodenalulkus/Magenulkus (aktiv oder auch nicht, einschließlich komplizierter peptischer
Ulkuserkrankungen)
• Nicht ulzeröse Dyspepsie (i.e. funktionelle Dyspepsie; Diagnose basiert auf endoskopischer
Untersuchung)
• Bei Patienten mit Oberbauchbeschwerden kann die Strategie „Nicht invasiver H. pylori-Test
und Behandlung“ zur Anwendung kommen; Voraussetzungen: Patient im Alter von unter 50
Jahren, keine Alarmsymptome (siehe Ausführungen in diesem Artikel)
• MALT-Lymphom
• Atrophische Gastritis
• Nach subtotaler Magenresektion
• Positive Familienanamnese für Magenkarzinom
• Langzeiteinnahme von PPI
• Vor Beginn einer chronischen NSAR-Einnahme
• Bei Aspirin-induzierten Läsionen, die geblutet haben
Spezielle Indikationen bei H. pylori-Infektion ohne gastroduodenale Läsionen
• Bei Eisenmangelanämie ohne sonstige gesicherte Ursache
• Bei idiopathisch-thrombozytopenischer Purpura
• Bei Vitamin-B12-Mangel nach Ausschluss anderer Ursachen
Tab. 1
auch nach erfolgreicher HP-Eradikati­
on einer regelmäßigen endoskopischen
Überwachung in Abständen von zwei
bis drei Jahren.5
Bei Patienten, die aufgrund der Ein­
nahme nichtsteroidaler Antirheuma­
tika (NSAR) Ulzera in Magen und
Duodenum entwickelt haben, sollte
bei Nachweis einer HP-Infektion die
Eradikationstherapie erfolgen. Aller­
dings muss bei weiterer Einnahme der
NSAR bei diesen Patienten auch eine
dauerhafte Medikation mit einem PPI
erfolgen. Zur Vorbeugung von Magen­
läsionen kann man bei Patienten vor
Beginn einer NSAR-Therapie die HPEradikation durchführen und dadurch
sowohl die Ulkusentstehung wie auch
das Risiko für eine Ulkuskomplikation
reduzieren.6, 7 Diejenigen Patienten, die
Aspirin einnehmen und darunter eine
Ulkuskomplikation (Ulkusblutung) er­
litten haben, sollten immer auf HP ge­
testet werden, da bei positivem Nach­
weis die Eradikation künftig weitere
Komplikationen verhindern kann.8
Die HP-Infektion ist über eine schädi­
gende Wirkung auf die Magenschleim­
haut hinaus in vielen Untersuchungen
mit systemischen Erkrankungen asso­
ziiert worden. Bei kritischer Prüfung
einer möglichen Kausalität dieses Zu­
sammenhangs sind allerdings für die
klinische Praxis bislang nur wenige die­
ser Assoziationen als relevant befundet
worden. Eine HP-Diagnostik und -Be­
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
GASTROENTEROLOGIE
handlung ist bei Patienten mit immun­
thrombozytopenischer Purpura, bei
Patienten mit Eisenmangelanämie und
bei Patienten mit einem Vitamin-B12Mangel empfohlen, falls andere mögli­
che Ursachen für diese Krankheitsmani­
festation ausgeschlossen worden sind.1
Für die Praxis ist von Interesse, dass
einzelne Medikamente, wie das L-Thy­
roxin und L-Dopa, bei Vorliegen der
HP-Infektion in ihrer Bioverfügbarkeit
eingeschränkt sind.1
Ein wichtiges Anliegen ist die Vorsor­
ge. Hierbei gilt es, insbesondere durch
die HP-Therapie die Inzidenz des Ma­
genkarzinoms zu senken. In Ländern
mit hoher Magenkarzinominzidenz
werden Screeninguntersuchungen auf
Helicobacter flächendeckend durchge­
führt und in mehreren Studien wurde
durch Screening und Behandlung der
Infektion eine Reduktion des Karzi­
nomrisikos erzielt.9 Unter den Risi­
kogruppen sind auch Angehörige von
Familienmitgliedern ersten Grades, die
von einem Magenkarzinom betroffen
sind. Diese sollten frühzeitig auf HP
getestet und bei positivem Nachweis
auch behandelt werden. Screenings
von asymptomatischen Patienten soll­
ten nach Risikostratifizierung erfolgen.
Diagnostik der HP-Infektion
Die Diagnostik der HP-Infektion er­
folgt durch nicht invasive Tests oder
an Biopsien aus der Magenschleim­
haut, die im Rahmen der Ösophago­
gastroduodenoskopie (ÖGD) gewon­
nen werden.
Der 13C-Harnstoff-Atemtest und der
monoklonale Stuhlantigentest sind die
nicht invasiven Tests der ersten Wahl
und verfügen über eine hohe diagnos­
tische Zuverlässigkeit.10, 11 Der Nach­
weis von IgG-Antikörpern im Blut
(Serologie) wird dann bevorzugt, wenn
nicht invasive Diagnostik während an­
tibiotischer Therapie oder bei gleich­
zeitiger Gabe von PPI erfolgt. Auch bei
Ulkusblutung und bei fortgeschrittener
Magenschleimhautatrophie ist der se­
rologische Nachweis von HP-Antikör­
pern Methode der Wahl.1
Zum Nachweis ausgeprägter atro­
phischer Veränderungen der Magen­
schleimhaut eignet sich der serologi­
sche Nachweis von Pepsinogen I und
II und Gastrin 17. Die Bewertung der
Atrophie erfolgt in Zusammenschau
dieser Parameter.12
Direkte Testverfahren zum Nachweis
der HP-Infektion basieren auf der
Durchführung der ÖGD und der dabei
entnommenen Magengewebsproben.
Diese dienen zur Durchführung von
Kultur, Urease-Schnelltest und His­
tologie. Die histologische Beurteilung
der Magenmukosa erlaubt neben dem
Nachweis von HP auch die Graduie­
rung der Entzündung und Atrophie.
Zur Einschätzung des Schweregra­
des werden spezielle Scoresysteme –
OLGA (Operative Link for Gastritis
Assessment), OLGIM (Operative Link
for Gastric Intestinal Metaplasia) –
verwendet, die das Risiko für das Ma­
genkarzinom in den Fokus rücken.1 Bei
Therapieversagen sollte immer die kul­
turelle Anzüchtung der Bakterien mit
Resistenztestung angestrebt werden.
Therapie der HP-Infektion
1. P rotonenpumpenhemmer Standarddosis
2x täglich, Clarithromycin 500mg 2x täglich, Amoxicillin 1g 2x täglich
2. P rotonenpumpenhemmer Standarddosis
2x täglich, Clarithromycin 500mg 2x täglich, Metronidazol 400mg 2x täglich
Tab. 2a: Erstlinienbehandlung in Regionen mit niedriger Clarithromycin-Resistenz (<20%)
• Erstlinientherapie mit Bismut-basierter Quadrupeltherapie (BQT): PPI 2x Standarddosis
mit BQT (z.B. Kapsel Bismutsubcitrat, Tetrazyklin, Metronidazol) 4x 3 Kapseln über 10 Tage
• S equenzielle Therapie: 5 Tage PPI Standarddosis 2x täglich, Amoxicillin 1g 2x täglich
•W
eitere 5 Tage: PPI 2x täglich Standarddosis, Clarithromycin 500mg 2x täglich,
Metronidazol 400mg 2x täglich
•„
Konkomitierende“ Vierfachtherapie: PPI 2x täglich, Clarithromycin 2x 500mg,
Metronidazol 2x täglich, Amoxicillin 2x täglich (anstelle von Clarithromycin kann auch
Levofloxacin 2x 250mg [500mg] verabreicht werden)
Tab. 2b: Erstlinienbehandlung in Regionen mit hoher Clarithromycin-Resistenz (>20%)
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Die Standardtripeltherapie basierend auf
PPI, Clarithromycin und Amoxicillin
(oder Metronidazol) musste in den letz­
ten Jahren einen hohen Wirkverlust hin­
nehmen.1 Die wichtigste Ursache dafür
ist die zunehmende Resistenz gegen die
gängigen Antibiotika und insbesondere
Clarithromycin.13, 14 Neue und wirksame
Schemata sind sequenziell verabreichte
Antibiotika oder die gleichzeitige An­
wendung von Medikamenten in Form
von „Quadrupeltherapien“. Diese Sche­
mata bestehen aus Kombinationen von
PPI, Clarithromycin, Amoxicillin und
Metronidazol, wobei Clarithromycin
abhängig von der HP-Resistenzlage ge­
gen Levo­floxacin ausgetauscht wird.1
Seite 31 I jatros
GASTROENTEROLOGIE
Guidelines
Regionen mit niedriger
CLA-Resistenz-Prävalenz
Regionen mit hoher
CLA-Resistenz-Prävalenz
PPI-ClarithromycinAmoxicillin/Metronidazol oder
Bismut-Quadrupeltherapie
1. Linie
Falls nicht verfügbar:
Quadrupeltherapie ohne Bismut
(sequenziell oder konkomitierend)
Bismut-Quadrupeltherapie
2. Linie
Bismut-Quadrupeltherapie
PPI-Levofloxacin/Amoxicillin
oder
PPI-Levofloxacin/Amoxicillin
3. Linie
Nach Resistenztestung
adaptiert nach Malfertheiner P et al, Gut 2012; 61: 646-664
Abb. 1: Therapiealgorithmus bei Helicobacter pylori-Infektion
In den neuen europäischen Emp­
fehlungen wird die Erstlinienthera­
pie in Abhängigkeit der regionalen
Clarithromycin-Resistenz gewählt.
In Regionen mit einer Clarithromy­
cin-Resistenz unter 20% bleibt die
Protonenpumpenhemmer(PPI)-Stan­
dardtripeltherapie als Erstlinienbe­
handlung weiterhin empfohlen (Tab.
2a).
In Regionen mit einer Clarithromycin­
resistenz über 20% ist die Bismut-ba­
sierte Quadrupeltherapie als Erstlini­
entherapie empfohlen. Dabei steht eine
neue galenische Zusammensetzung
bestehend aus Bismutsubcitrat, Met­
ronidazol und Tetracyclin gemeinsam
mit der 2x täglichen Einnahme eines
Protonenpumpenhemmers zur Verfü­
gung (Tab. 2b).15
Bei nicht erfolgreicher Therapie wird
die Zweitlinientherapie je nach vor­
angegangener Erstlinientherapie ge­
wählt (Abb. 1). Das effektivste An­
tibiotikum bei Zweitlinientherapien
ist Levofloxacin; es wird in der Regel
jatros I Seite 32
mit Amoxicillin kombiniert. Aller­
dings gilt es auch bei Levofloxacin,
die Resistenzentwicklung im Auge zu
behalten, da in vielen europäischen
Ländern die Levofloxacin-Resistenz
stark zugenommen hat.13 Bei Thera­
pieversagen der Zweitlinienschemata
ist die Durchführung der HP-Resis­
tenztestung empfohlen. „Reserve“Medikament ist u.a. Rifabutin, das
für eine „Drittlinientherapie“ häufig
Berücksichtigung findet und äußerst
selten Resistenzen aufweist.
Amoxicillin, sofern es vertragen wird,
kann beliebig oft und in verschiedenen
Kombinationen wiederholt eingesetzt
werden, weil es nur in Ausnahmefällen
zur Entwicklung einer Resistenz gegen
dieses Antibiotikum kommt.
Es bleibt wichtig, dass der Erfolg der
HP-Eradikation nach jeder Behand­
lung (ab Woche 4 nach beendeter Be­
handlung) kontrolliert wird und auch
regionale Überwachungsprogramme
der HP-Resistenzentwicklung einge­
setzt werden.
n
Literatur:
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Autor:
Univ.-Prof. Dr. Peter Malfertheiner
Direktor der Universitätsklinik für
Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie
Medizinische Fakultät der
Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
GASTROENTEROLOGIE
Guidelines
Guidelines zur H. pylori-Infektion
Eradikation von Helicobacter pylori:
österreichische Empfehlungen
Die Infektion mit Helicobacter pylori (HP) ist eine der wichtigsten
Ursachen für viele Erkrankungen vor allem des oberen Gastrointes­
tinaltrakts. Die europäischen Richtlinien zur Behandlung von HP,
auch Maastricht-Konsensus genannt, wurden 1997 zum ersten Mal
publiziert. Im letzten Jahr wurde mittlerweile die vierte Überarbeitung
dieser Empfehlungen veröffentlicht. Die Indikationen zur Eradikation
von HP sind in Tab. 1 zusammengefasst.
Maastricht-IV-Konsensus – ein Problem
für Österreich
Im neuen Maastricht-IV-Konsensus
zur Behandlung der HP-Infektion ha­
ben sich vor allem die Empfehlungen
zur Erstlinientherapie grundlegend
geändert. Die Wahl der Erst- und
Zweitlinientherapie wird im aktuellen
Konsensus davon abhängig gemacht,
ob in einem Land eine hohe (>15–
20%) beziehungsweise eine niedrige
Clarithromycin-Resistenzrate für HP
vorliegt. Die Umsetzung der aktuel­
len Empfehlungen in Österreich stellt
für die Praxis in etlichen Situationen
ein Problem dar. Erstens sind nur sehr
limitierte Daten zur Resistenzsitua­
tion für HP in Österreich von zuvor
unbehandelten Patienten vorhanden
(Primärresistenzen). Diese stammen
von einer europäischen Resistenz­
studie mit einer geringen Anzahl von
österreichischen Patienten und von
Studien bei Kindern in Wien und Graz
und weisen auf eine vermutlich hohe
Rate an Clarithromycin-, Metroni­
dazol- und Levofloxacin-Resistenzen
hin. Zweitens wird in den MaastrichtIV-Empfehlungen für viele Situationen
eine Quadrupeltherapie mit Bismut
empfohlen, die in Österreich nicht
verfügbar ist. Die in diesem Thera­
pieschema enthaltenen Bismutsalze
und Tetracyclin sind bei uns nicht
zugelassen und können nur über die
internationale Apotheke bezogen wer­
den. Somit sind etliche Empfehlungen
des aktuellen Konsensus nicht wirk­
lich in die klinische Praxis in Öster­
reich umzusetzen. Das hat zu vielen
Unklarheiten bei den behandelnden
Ärzten geführt. Im folgenden Artikel
soll nun aus den vorliegenden Daten
KeyPoints
• Empfehlung zur Erstlinientherapie: sequenzielle Therapie oder Vierfachtherapie mit Clarithromycin
oder Levofloxacin
• Tripeltherapie mit Clarithromycin, wie bisher empfohlen, hat in Österreich vermutlich nur einen
unzureichenden Therapieerfolg
• Nach Therapieversagen der Erstlinientherapie und bei Penicillinallergie Resistenztestung angezeigt
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
C. Högenauer, Graz
und Empfehlungen eine mögliche Vor­
gehensweise für die HP-Eradikation
in Österreich skizziert werden.
Schwierige Wahl der Erstlinientherapie
Von den wenn auch limitierten Daten
muss in Österreich derzeit von einer
hohen Primärresistenzrate für Clari­
thromycin und Levofloxacin bei HP
ausgegangen werden. Der MaastrichtIV-Konsensus empfiehlt bei hohen Re­
sistenzraten als Erstlinientherapie kei­
ne Tripeltherapie, die Clarithromycin
beinhaltet. Die mögliche Alternative
ist eine primäre HP-Resistenztestung
vor einer Eradikationstherapie; diese
ist aufgrund der hohen Kosten und ge­
ringen Praktikabilität für die generelle
Praxis nicht möglich. Ohne vorherige
Resistenztestung ist die beste Mög­
lichkeit für die Erstlinientherapie ein
sequenzielles Schema oder eine Vier­
fachtherapie (Quadrupeltherapie ohne
Bismut).
Sequenzielle Therapie
Die sequenzielle Therapie wird über 10
Tage durchgeführt. Die ersten 5 Tage
wird Amoxicillin gemeinsam mit ei­
nem Protonenpumpenhemmer (PPI)
verabreicht, die folgenden 5 Tage wird
der PPI mit Clarithromycin und Met­
Seite 33 I jatros
GASTROENTEROLOGIE
Gesicherte Indikationen (hohe Evidenz)
Guidelines
Therapieschema
Dauer
(Tage)
Kommentar
PPI 2x1 + Amoxicillin 2x1g; danach:
PPI + Clarithromycin 2x500mg + Metronidazol 2x500mg
5
5
Bei Clarithromycin-Resistenz bessere
Eradikationsraten
PPI 2x1 + Amoxicillin 2x1g; danach:
PPI + Levofloxacin 2x500mg + Metronidazol 2x500mg
5
5
Sequenzielle Therapie mit Levofloxacin
5–7
(bis zu 14)
Bei Clarithromycin-Resistenz bessere
Eradikationsraten
Peptisches Ulcus (ventriculi oder duodeni)
Anamnestisch gesichertes peptisches Ulkus
(nicht zuvor behandelt)
MALT-Lymphom des Magens
Resektion eines Magenkarzinoms mit
Restmagen
Atrophe Gastritis
Erstgradig Verwandte von Patienten
mit Magenkarzinom
Weitere Indikationen (geringere Evidenz)
Dyspepsie ohne peptisches Ulkus
Sequenzielle Therapie
Quadrupeltherapie (Vierfachtherapie)
PPI 2x1, Clarithromycin 2x500mg,
Amoxicillin 2x1g, Metronidazol 2x500mg
(Concomitant Therapy)
PPI 2x1, Levofloxacin 2x500mg, Amoxicillin 5–7
2x1g, Metronidazol 2x500mg
Concomitant Therapy mit Levofloxacin
7
PPI-Langzeittherapie
PPI, Doxycyclin§ 2x100mg, Bismutsalz$,
Metronidazol 3x500mg
(Bismut-Quadrupeltherapie)
Kostengünstig, viele Tabletten, häufig
milde Nebenwirkungen, Bismutsalze in
Österreich nur über internationale
Apotheke verfügbar
Populationen mit hohem Risiko für
Magenkarzinom
Tripeltherapie
PPI 2x1, Clarithromycin 2x500mg,
Amoxicillin 2x1g
(French Triple)
7–14
Patienten, die zuvor kein Makrolid
erhielten*
PPI 2x1, Clarithromycin 2x500mg,
Metronidazol 2x500mg
(Italian Triple)
7–14
Patienten mit Penicillinallergie ohne
vorherige Makrolid-Exposition*
PPI 2x1, Amoxicillin 2x1g,
Levofloxacin 2x500mg
7–14
Erfolg abhängig von der Rate an
Chinolonresistenzen
Therapie mit NSAR oder ASS
(vor allem vor Beginn der Therapie)
Patientenwunsch
Idiopathische thrombozytopenische Purpura
Eisenmangelanämie unklarer Genese
Tab. 1: Indikationen zur H. pylori-Eradikation
ronidazol kombiniert (Tab. 2). Alter­
nativ kann Clarithromycin durch Le­
vofloxacin ersetzt werden. Für dieses
Schema sind Eradikationserfolge von
>80% auch in Ländern mit einer ho­
hen Rate an Clarithromycin-Resistenz
beschrieben, für die sequenzielle The­
rapie mit Levofloxacin sogar in einer
aktuellen Studie aus Italien Erfolge
von über 90%. Die Schwierigkeit der
sequenziellen Therapie ist das kompli­
zierte Therapieschema, das eine sehr
gute Instruktion und eine hohe Mit­
arbeit des Patienten erfordert, um die
richtige Einnahme zu gewährleisten.
Ob die in den Studien beschriebenen
Eradikationserfolge sich auch im kli­
nischen Alltag umsetzen lassen, bleibt
abzuwarten.
Vierfachtherapie (Quadrupeltherapie
ohne Bismut, Concomitant Therapy)
Eine Alterative zur sequenziellen
Therapie ist die Gabe von 3 Antibio­
jatros I Seite 34
Die Therapie ist ursprünglich mit Tetracyclin beschrieben, dieses ist in Österreich nicht erhältlich und
daher durch Doxycyclin ersetzt
$ Zwischen 2 und 4x tgl.: Bismutsubcitrat 120–240mg oder Bismutsubsalicylat 300mg
* Eradikationsraten bei diesen Schemata sind ≤70%, wenn eine hohe Clarithromycin-Resistenzrate besteht
§
Tab. 2: Mögliche Therapieschemata zur H. pylori-Eradikation
tika gemeinsam mit einem PPI für 5
beziehungsweise 7 Tage (Tab. 2). Die
Eradikationsraten der Vierfachthera­
pie mit einem PPI, Amoxicillin und
Metronidazol in Kombination mit
Clarithromycin oder alternativ auch
mit Levofloxacin sind mit der sequen­
ziellen Therapie vergleichbar. Die
gute Effektivität dieses Therapiesche­
mas ist auch für Länder mit hoher
Clarithromycin-Resistenz bei HP
beschrieben. Dieses Therapieschema
ist für Patienten einfacher durchzu­
führen als die komplexe sequenzielle
Therapie. Die Nebenwirkungen der
Vierfachtherapie sind jedoch häufiger
und führen mitunter zu Therapieab­
brüchen.
Tripeltherapie
Bei hohen Resistenzraten erreichen Tri­
peltherapien mit Clarithromycin Era­
dikationserfolge von unter 70%. Für
Tripeltherapien mit Levofloxacin an­
statt von Clarithromycin gilt bei hoher
Resistenzrate vermutlich das gleiche
Problem. Wegen der limitierten Resis­
tenzdaten für Österreich sind diese
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
GASTROENTEROLOGIE
Therapieschemata zwar grundsätzlich
als mögliche Alternativen für die Pri­
märtherapie zu sehen, jedoch muss mit
einer wahrscheinlich relativ geringen
Effektivität der Eradikation gerechnet
werden.
Therapie bei Penicillinallergie
Sowohl die sequenzielle Therapie als
auch die Vierfachtherapie enthalten
Amoxicillin. Bei Patienten mit Peni­
cillinallergie in Regionen mit niedriger
Rate an Clarithromycin-Resistenz wird
eine Tripeltherapie mit Kombinationen
aus Clarithromycin und Metronidazol
beziehungsweise Levofloxacin empfoh­
len. Für Länder mit hoher Resistenz­
rate, also vermutlich auch für Öster­
reich, empfiehlt sich in dieser Situation
die primäre Resistenztestung vor der
Eradikationstherapie, da eine Quadru­
peltherapie mit Bismut in der Routine
nicht zur Verfügung steht.
Zweitlinientherapie
Als Zweitlinientherapie sind Thera­
pieschemata mit Levofloxacin emp­
fohlen. Wegen der möglichen hohen
Resistenzraten auch für Levofloxacin
in Österreich sollte in dieser Situation
eine Resistenztestung nach Versagen
der Erstlinientherapie durchgeführt
werden.
Optionen, um die Effektivität der
H. pylori-Eradikation zu erhöhen
Sowohl die Verdoppelung der PPI-Do­
sis als auch die Verlängerung der The­
rapiedauer von 7 auf 10 bis 14 Tage
Abb. 1: Endoskopischer Aspekt eines tiefen Ulcus duodeni
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
bringen bei der Tripeltherapie wie auch
bei der Vierfachtherapie eine Verbesse­
rung der Eradikationsraten um einige
Prozent. Ein neues Therapieschema
ist die Hybridtherapie, ein sequenziel­
les Schema mit 3 Antibiotika über 14
Tage mit Eradikationsraten von >90%.
Eine weitere Option, um die Eradika­
tionserfolge zu verbessern, ist eine Er­
höhung der Metronidazol-Dosierung.
Die zusätzliche Gabe von Probiotika
soll über eine verminderte Nebenwir­
kungsrate die Therapiecompliance ver­
bessern.
Literatur:
Federico A et al: Efficacy of 5-day levofloxacin-containing concomitant therapy in eradication of Helicobacter
pylori infection. Gastroenterology 2012; 143: 55-61
Gisbert JP et al: Sequential therapy for Helicobacter pylori eradication: a critical review. J Clin Gastroenterol 2010;
44: 313-25
Malfertheiner P et al: Management of Helicobacter pylori infection - the Maastricht IV/ Florence Consensus
Report. Gut 2012; 61: 646-64
Molina-Infante J et al: Optimized nonbismuth quadruple
therapies cure most patients with Helicobacter pylori
infection in populations with high rates of antibiotic
resistance. Gastroenterology 2013; 145: 121-8
ÖGGH-Empfehlungen: www.oeggh.at/images/downloads/Helicobacter_Slides_OEGGH_Stand_01-2012.pdf
Zusammenfassung der Empfehlungen
für Österreich
Für Österreich empfiehlt sich derzeit als
Erstlinientherapie die Anwendung einer
sequenziellen Therapie oder einer Vier­
fachtherapie mit Clarithromycin oder
Levofloxacin (Tab. 2). Die Anwendung
einer Tripeltherapie mit Clarithromycin,
wie bisher empfohlen, hat in Österreich
vermutlich nur einen unzureichenden
Therapieerfolg. Nach Therapieversagen
der Erstlinientherapie und bei Penicillin­
allergie sollte eine Resistenztestung vor
n
der Therapie erfolgen.
Autor: Univ.-Prof. Dr. Christoph Högenauer
Theodor Escherich Labor für Mikrobiomforschung
Klinische Abteilung für Gastroenterologie
und Hepatologie
Universitätsklinik für Innere Medizin
Medizinische Universität Graz
Seite 35 I jatros
GASTROENTEROLOGIE
Guidelines
Guidelines zur H. pylori-Infektion
Mikrobiologische Diagnose
der H. pylori-Infektion
Wenn auch die Infektion mit Helicobacter pylori (HP) bei uns deutlich rückläufig
ist und vor allem ältere Menschen betrifft, so gehören Magen-Darm-Beschwerden
dennoch zu den häufigsten Ursachen, die Personen aller Altersgruppen zu einer
ärztlichen Konsultation veranlassen. Demnach ist die HP-Diagnostik eine Frage­
stellung der täglichen Praxis.
Indikationen für die Diagnostik
Der Versuch eines Erregernachweises
macht nur dann Sinn, wenn im positi­
ven Fall – auch seitens des Patienten –
die Bereitwilligkeit besteht, eine Thera­
pie durchzuführen.
Ohne Erregernachweis sollte eine sol­
che allerdings nicht geplant werden,
da keine der im Folgenden genannten
Indikationen in einem ausreichend
hohen Maß HP assoziiert ist, als dass
auf eine spezifische Diagnostik ver­
zichtet werden könnte.
Dies gilt auch für das peptische Ulkus
(aktiv oder bei gesicherter Ulkusanam­
nese) sowie das MALT-Lymphom, die
bei HP-Nachweis unstrittige Indika­
tionen zur Behandlung darstellen. Bei
erfolgreicher Eradikation kommt es –
wie in einer Vielzahl von Studien belegt
– zu einer verbesserten Abheilung des
Ulkus und einer drastischen Reduktion
des Rezidivrisikos bzw. zu einer anhal­
tenden Remission.
Bei dyspeptischen Beschwerden stel­
len die HP-Diagnostik und -Therapie
eine Alternative zur empirischen Be­
handlung mit einem Protonenpumpen­
hemmer dar. Die Eradikation bewirkt
allerdings nur in 6–14% der Fälle eine
dauerhafte Besserung der Symptome.
Aufgrund der niedrigen Prävalenz der
HP-Infektion und der guten Verfügbar­
keit einer endoskopischen Diagnostik
sollte primär endoskopiert und nicht
nur mit nicht invasiven Methoden das
Auslangen gefunden werden.
Zumindest bei allen älteren Patienten
mit neu aufgetretener Dyspepsie so­
KeyPoints
• Der Erregernachweis ist die Voraussetzung für eine HP-spezifische antibiotische Therapie.
• Invasive diagnostische Methoden (Urease-Schnelltest, Histologie und Kultur) weisen eine sehr
hohe Sensitivität und Spezifität auf.
• Nicht invasive Testmethoden wie Atem- und Stuhlantigen-Tests werden vor allem zur Therapie­
verlaufskontrolle eingesetzt.
• Die Kenntnis der lokalen Resistenzsituation ist eine wichtige Grundlage für entsprechende Therapieempfehlungen.
jatros I Seite 36
wie bei allen Patienten, die Alarmsym­
ptome wie Gewichtsverlust, Schluck­
störungen, persistierendes Erbrechen,
eine Eisenmangelanämie oder gastro­
intestinale Blutungen zeigen, ist die
Gastroduodenoskopie jedenfalls er­
forderlich.
Weitere Indikationen zur Diagnostik
und Behandlung liegen bei einem er­
höhten Risiko für ein Magenkarzinom
(Verwandte 1. Grades von Patienten
mit Magenkarzinom, nach endosko­
pischer oder chirurgischer Resektion
eines Magenkarzinoms, ausgedehnte
chronische atrophische Gastritis) vor.
Bei Patienten, die langfristig nichtste­
roidale antiinflammatorische Substan­
zen einnehmen, reduziert die HP-Era­
dikation das Ulkusrisiko sowohl vor
Beginn einer derartigen Therapie als
auch bei bereits laufender Therapie.
Bei Patienten mit ungeklärter Eisen­
mangelanämie oder idiopathischer
thrombozytopenischer Purpura kann
eine erfolgreiche Eradikation gegebe­
nenfalls die Anämie rückgängig ma­
chen und die Eisenabsorption verbes­
sern bzw. die Wahrscheinlichkeit einer
Remission erhöhen.
In der Literatur ist darüber hinaus eine
Vielzahl von Assoziationen zwischen
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
GASTROENTEROLOGIE
der HP-Infektion und verschiedensten
Krankheitsbildern beschrieben (M. Par­
kinson, M. Alzheimer, koronare Herz­
krankheiten, Diabetes, Übergewicht,
Hautläsionen wie chronische Urtikaria
etc.), die jedoch keine klare Kausalität
erkennen lassen.
Diagnostische Methoden
Zur Diagnostik einer HP-Infektion
sind vor allem Testverfahren geeignet,
die das Bakterium selbst (Histologie,
Kultur), typische Antigene (im Stuhl)
oder sehr spezifische Stoffwechsel­
produkte (Ammoniak beim UreaseSchnelltest, Kohlendioxid beim Atem­
test) nachweisen.
Neben diesen direkten Nachweisver­
fahren besteht auch die Möglichkeit
des Nachweises spezifischer Antikörper
(Blut, Serum, Speichel und Urin).
Invasive Methoden
Dabei werden im Rahmen einer Gastro­
duodenoskopie entnommene Biopsien
untersucht. Urease-Schnelltests aus An­
trumbiopsien weisen in der Regel eine
exzellente Sensitivität und Spezifität auf
und können teilweise schon nach weni­
gen Minuten abgelesen werden.
Die histologische Diagnostik ist als
noch sensitiver und spezifischer einzu­
schätzen und hat den großen Vorteil,
zusätzlich auch Informationen über den
Zustand der Magenschleimhaut zu lie­
fern. Die Bakterien lassen sich praktisch
immer mit konventionellen histologi­
schen Färbungen nachweisen. Immun­
histochemische Verfahren oder In-situHybridisierung – mit letztgenannter
Methode lassen sich auch Resistenzgene
nachweisen – sind zwar gut evaluiert, in
der klinischen Routine jedoch nur we­
nig im Einsatz.
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Der kulturelle Erregernachweis ist das
einzige Verfahren, das eine 100%ige
Spezifität aufweist; unter optimalen
Voraussetzungen (Probengewinnung
und Transport, Analytik im Labor) ist
auch die Sensitivität sehr hoch. Das
Vorliegen des gezüchteten Erregers er­
möglicht eine Vielzahl von Analysen,
unter anderem auch die Empfindlich­
keitsprüfung.
Nicht invasive Methoden
Nicht invasive Testmethoden umfassen
Atemtests und Stuhlantigentests, die
vor allem im Rahmen der Therapiever­
laufskontrolle eingesetzt werden, sowie
verschiedene Verfahren des Antikörper­
nachweises.
Der Atemtest ist sicherlich der genau­
este nicht invasive Test, der mit einem
stabilen chemischen Reagenz (zumeist
13
C-Harnstoff) nach einem standardi­
sierten Protokoll ein definiertes Enzym
(Urease) nachweist.
Gute Stuhlantigentests stehen dem
Atemtest im Hinblick auf Sensitivität
und Spezifität kaum nach. Es ist je­
doch zu bedenken, dass es verschiedene
Invasiv
Nicht invasiv
Stuhlantigentests, sowohl quantitative
laborbasierte Tests als auch Schnelltests,
gibt. Über die verwendeten Antikörper
und nachgewiesenen Antigene ist in der
Regel wenig bis nichts bekannt. Vor der
Entscheidung zur Anwendung solcher
Tests sollten daher die Validierungsda­
ten geprüft werden.
Ein weiterer Vorteil des Atemtests be­
steht darin, dass Atemluftproben leicht
zu gewinnen sowie unproblematisch zu
lagern sind und daher auch zur Analyse
sehr einfach verschickt werden können.
Beim Antigentest ist eine nicht selten
vorhandene Aversion gegen Stuhlpro­
ben zu überwinden und auch eine all­
fällige Versandlogistik aufgrund der
Notwendigkeit der Probenkühlung und
der potenziellen Kontagiosität des Ma­
terials wesentlich aufwendiger.
Für die Antikörperbestimmung kom­
men nur gut evaluierte, quantitative
Tests aus Serum in Betracht. Generell
hat die Serologie einen guten negativen
Vorhersagewert. Serologische Tests sind
wertvoll im Rahmen epidemiologischer
Studien, im klinischen Alltag ist der Ein­
satz aber sehr begrenzt. Mögliche Indi­
kationen sind Szenarien, bei denen auf­
Sensitivität (%)
Spezifität (%)
Kultur
70–90
100
Histologie
80–98
90–98
Urease-Schnelltest
90–95
90–95
PCR
90–95
90–95
Harnstoff-Atemtest
85–95
85–95
Stuhlantigentest
85–95
85–95
IgG-Antikörper im Serum
70–90
70–90
Quelle: zitiert nach Fischbach W et al: S3-Leitlinie „Helicobacter pylori und gastroduodenale
Ulkuskrankheit“. Z Gastroenterol 2009; 47: 68-102
Tab. 1: Methoden für den Nachweis einer Helicobacter pylori-Infektion
Seite 37 I jatros
GASTROENTEROLOGIE
Guidelines
grund einer sehr geringen Erregerdichte
(fallweise bei MALT-Lymphomen) oder
von Störfaktoren wie Blutungen oder an­
tibiotischer Vorbehandlung direkte Tests
keine optimale Sensitivität erbringen.
ebenso wie Methoden zur direkten Vi­
sualisierung des Erregers auf der Ma­
genschleimhaut (Endomikroskopie) in
der täglichen Routine derzeit nur eine
geringe Rolle.
Für eine verlässliche Diagnostik sollte
eine Therapie mit Protonenpumpen­
hemmern oder Antibiotika für mindes­
tens zwei bzw. vier Wochen abgesetzt
sein; einzig für die Serologie gilt diese
Einschränkung nicht.
Resistenztestung
Im Rahmen einer multizentrischen eu­
ropäischen Studie wurden bei Patienten
einiger Schwerpunktkrankenhäuser im
Raum Wien recht hohe primäre Resis­
tenzraten (Clarithromycin: 36%, Le­
vofloxacin: 23%) gefunden. Diese Zah­
len müssen jedoch durchaus nicht für
ganz Österreich repräsentativ sein.
Die Empfindlichkeitsprüfung gegen­
über Fluorchinolonen und Makroli­ Der Nutzen der Resistenztestung be­
den ist mit molekularbiologischen Me­ steht in der Verfügbarkeit lokaler Da­
thoden in Biopsien oder auch im Stuhl ten, welche eine Grundlage für nationa­
(für Clarithromycin) möglich. Mittels le Therapieempfehlungen sein können.
Kultur kann jede beliebige Substanz Darüber hinaus kann eine Testung auch
getestet werden, wobei sich der Etest® in Einzelfällen (pädiatrische Patienten,
Jobnumber: NUR_016_13_Anzeigen_HCP_AT
Date: 22.05.2013
mehrmaliges
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Un­
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Stefanie Hermann
Contact hmf: Julia Kern
und praktikabel erwiesen
hat. Die verträglichkeit bestimmter Wirkstoffe)
Approval: Stefanie Hermann
sein.
Auswirkungen der in
vitro
n
Format:
210 mm xnachge­
149 mm
Bleed:sinnvoll
3 mm
wiesenen Resistenz sind
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Autor:
geringer; ein zumindest geringfügig
Univ.-Prof. Dr. Alexander M. Hirschl
negativer Effekt einer Makrolid- oder
Klinische Abteilung für Klinische Mikrobiologie
Fluorchinolon-Resistenz ist aber nicht
Klinisches Institut für Labormedizin
Medizinische Universität Wien
auszuschließen.
Aufgrund der bei uns sinkenden Präva­
lenz und des daraus resultierenden nied­
rigen prädiktiven Wertes eines positiven
Testergebnisses sollten (ausgenommen
bei Ulcus duodeni) mindestens zwei po­
sitive Ergebnisse vorliegen.
Molekularbiologische Methoden, die
sowohl mit nicht invasiv gewonnenen
Proben (Stuhl, Speichel oder Faden­
testmaterial) als auch mit Biopsien
durchgeführt werden können, spielen
Speziell bei Schmerzen – NUREFLEX & NUROFEN
für Kinder und Jugendliche
Nureflex und Nurofen von den Erfindern des Wirkstoffes Ibuprofen.
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jatros I Seite 38
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3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
1
Anwendungsgebiet für Nurofen 200 mg Dragees
2
Anwendungsgebiet für Nurofen RAPID 200 mg Weichkapseln
GASTROENTEROLOGIE
Guidelines
Guidelines zur H. pylori-Infektion
Antibiotikaresistenz in der Therapie
des MALT-Lymphoms des Magens
Das extranodale Marginalzonen-B-Zell-Lymphom des mukosaassozi­
ierten lymphatischen Gewebes (MALT-Lymphom) des Magens gilt als
Paradebeispiel des Helicobacter-pylori(HP)-getriggerten Malignoms.
Bereits initiale Serien in den 1990er-Jahren beschrieben bei Patienten
mit MALT-Lymphomen des Magens eine signifikant höhere HP-Infek­
tionsrate als in der Normalbevölkerung.
Auch das pathogenetische Modell
von der Akkumulation lymphatischen
Gewebes in der Magenschleimhaut
mit sukzessiver Transformation zum
MALT-Lymphom durch die chronische
Antigenstimulation und die HP-getrig­
gerte Autoimmunität/T-Zell-Stimula­
tion führte in weiterer Folge zu ersten
höchst erfolgreichen Therapieversu­
chen des Lymphoms mit HP-Eradika­
tion.
In einer rezenten Studie an 2.000 Pati­
enten mit MALT-Lymphomen des Ma­
gens fand sich in 88,8% aller Fälle ein
Hinweis für eine HP-Infektion. Neben
dem Vorliegen von HP scheint in einem
geringen Prozentsatz von MALT-Lym­
phom-Patienten auch eine Infektion
mit anderen Helicobacter-Spezies vor­
zuliegen, die teilweise unter dem Sam­
melbegriff Helicobacter heilmannii
subsumiert wurden. Nur etwa 10%
der gastrischen MALT-Lymphome
scheinen, nach heutigem Wissensstand,
nicht mit einer der bekannten Helico­
bacter-Spezies assoziiert zu sein, wobei
hier in der Literatur teilweise das Prob­
lem der Definition von HP-Negativität
besteht: Letztendlich wurden immer
wieder hohe Raten falsch negativer his­
tologischer Befunde beschrieben, so­
dass in dieser Situation letztendlich bei
negativer Histologie sowie negativem
Atemtest die Serologie als ultimativer
Test zur Evaluierung des HP-Status he­
rangezogen werden sollte.
Die antibiotische Therapie mittels HPEradikation gilt mittlerweile als etab­
lierte Standardtherapie des gastrischen
MALT-Lymphoms. Die Ansprechra­
ten nach erfolgreicher Eradikation lie­
gen in der rezenten Literatur zwischen
75 und 90%. Die bisher größte (retro­
spektive) Analyse bei 420 japanischen
Fachkurzinformationen: siehe Seite 61
KeyPoints
• Die antibiotische Therapie mittels HP-Eradikation gilt als etablierte Standardtherapie des gastrischen MALT-Lymphoms.
• Ansprechraten nach erfolgreicher Eradikation liegen in der rezenten Literatur zwischen 75 und 90%.
• Trotz mikrobiologischer Hinweise auf eine zunehmende Rate an Antibiotikaresistenzen zeigt diese
Problematik (noch) keinen Einfluss auf die Antibiotikatherapie des MALT-Lymphoms des Magens.
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
M. Raderer, Wien
Patienten, deren Infektion erfolgreich
eradiziert worden war, zeigte ein An­
sprechen des Lymphoms bei 323/420
Patienten, i.e. 77%. Während einer
medianen Nachbeobachtungszeit von
6,5 Jahren (3–14,6 Jahre) kam es bei
nur 10 Patienten zu einem Rezidiv
der Erkrankung (3,1%) nach initia­
ler kompletter Remission. Diese Er­
gebnisse legen den Schluss nahe, dass
die antibiotische Therapie nicht nur
zu einer temporären Suppression der
Erkrankung, sondern auch zu echten
Langzeitremissionen und vielleicht
sogar Heilung bei einem hohen Pro­
zentsatz führen kann. Trotzdem sind
Rezidive in der Literatur und im ei­
genen Patientenkollektiv auch noch
nach Jahren beschrieben worden,
sodass eine lebenslange, wenngleich
auch nicht zu engmaschige Nachsor­
ge empfohlen wird. Negativ prädik­
tive Parameter für das Ansprechen
des Lymphoms auf HP-Eradikation
sind dabei das Vorhandensein einer
t(11;18)(q21;q21)-Translokation –
welche aber nicht zwingend alle The­
rapieversager definiert und daher in
der klinischen Praxis nicht bestimmt
werden sollte –, das Vorliegen eines
fortgeschrittenen Stadiums sowie zu­
grunde liegende Autoimmunerkran­
kungen, hier vor allem chronische
Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto).
Seite 39 I jatros
GASTROENTEROLOGIE
Guidelines zur Therapie des MALTLymphoms – Änderungen durch
Resistenzlage?
Jüngere Guidelines zur Therapie des
gastrischen MALT-Lymphoms wie das
rezente ESMO Consensus Statement
oder auch der Consensus Report der
European Gastrointestinal Lympho­
ma Study Group aus dem Jahr 2011
empfehlen eine HP-Eradikation in al­
len Stadien des MALT-Lymphoms, im
Stadium I und II als alleinige Maß­
nahme zum Management der Patien­
ten. International wird in der Praxis
mittlerweile in jedem Fall eine Eradi­
kation durchgeführt – auch bei Pati­
enten ohne definitiven Nachweis von
HP oder verwandter Organismen. Als
Erstlinientherapie wird hier nach wie
vor eine Tripeltherapie basierend auf
Clarithromycin plus PPI in Verbindung
entweder mit Amoxicillin oder auch
Metronidazol empfohlen. Ob die Dau­
er der Therapie im Management des
MALT-Lymphoms eine entscheidende
Rolle spielt, ist derzeit nicht ganz klar,
wobei eine Metaanalyse bessere Ergeb­
nisse für 14 Tage versus 7 Tage The­
rapie nahelegte, während eine 10-tä­
gige Antibiotikagabe gegenüber der
einwöchigen Therapie keinen Vorteil
brachte. Letztendlich ist aber die Län­
ge der Therapiedauer nicht eindeutig
geklärt. Als Zweitlinientherapie wird
in den EGILS-Guidelines eine Bismutbasierte Vierfachkombination empfoh­
len, wenn möglich nach vorheriger HPKultur und Testung. Letztendlich legen
Daten eine relativ hohe Rate der Resis­
tenz gegen Metronidazol und auch Cla­
rithromycin nahe, sodass ein Nachlas­
sen der Effektivität der antibakteriellen
Wirkung von Clarithromycin-haltigen
Erstlinientherapien beschrieben und
in Regionen mit einer zu erwartenden
Resistenzrate von >15% eine vorherige
Resistenztestung empfohlen wird.
Allerdings muss hier betont werden,
dass die derzeitigen Daten (noch) kein
jatros I Seite 40
Guidelines
zwingendes Umdenken in der Therapie
des MALT-Lymphoms erfordern; einer
rezenten Analyse von 1.271 Patienten
mit MALT-Lymphom des Magens zu­
folge wurde durch eine Clarithromy­
cin-haltige Erstlinientherapie eine Era­
dikationsrate von 91% erzielt, wobei
in weiterer Folge insgesamt 98% der
Patienten mit weiteren Therapielinien
erfolgreich eradiziert werden konn­
ten. Im eigenen Krankenkollektiv von
89 Patienten mit MALT-Lymphom,
deren Infektion mittels PPI plus Clari­
thromycin in Verbindung mit zumeist
Amoxicillin in der Erstlinie eradiziert
worden war, konnte bei drei Patien­
ten eine Persistenz des Erregers nach
Ersteradikation dokumentiert werden.
Bei zwei Patienten war dies mit einer
Persistenz des Lymphoms verbunden,
während beim dritten ein Rückgang
des Lymphoms zu beobachten war. Bei
diesem Patienten könnte es sich um re­
zidivierende Reinfektionen gehandelt
haben, zumal bei ihm Zeichen der HPInfektion immer nach seinem jährli­
chen 4-monatigen Aufenthalt in seiner
türkischen Heimat zu finden waren,
während dazwischenliegende Kontrol­
len keinen Hinweis für HP-Persistenz
ergaben.
Interessant erscheinen in diesem Kon­
text auch Daten, die zeigen, dass HPnegative Patienten zu einem gewissen
Prozentsatz ebenfalls durch HP-Eradi­
kation eine vollständige Rückbildung
des Lymphoms erreichen können, nach
eigener Erfahrung sogar bei erneutem
Rezidiv der Erkrankung. In der inter­
nationalen Literatur finden sich Anga­
ben, dass etwa 20% der (sehr seltenen)
HP-negativen Patienten mit MALTLymphom des Magens eine komplet­
te Remission des Lymphoms nach
Antibiotikatherapie erreichten. In der
Subgruppenanalyse zeigt sich, dass bei
Clarithromycin-haltigen Regimen die
Rate sogar bei bis zu 50% liegt. Die­
se Beobachtung lässt meines Erachtens
zwei unterschiedliche Schlüsse zu: Ers­
tens könnte es sich in diesen Fällen um
falsch negative Ergebnisse oder um das
Vorhandensein ähnlicher, durch kon­
ventionelle Methoden nicht fassbare
Erreger handeln. Oder die Effektivität
der HP-Eradikation beruht bei diesen
Patienten nicht wirklich auf einer an­
timikrobiellen Wirkung der Substan­
zen, sondern auf einer indirekten Im­
munmodulation oder einer direkten
antineoplastischen Wirkung. Dass vor
allem Clarithromycin-basierte Thera­
pien eine hohe Remissionsrate erzielen
können, favorisiert im Licht jüngerer
Daten letztere Erklärung, zumal eine
direkte antineoplastische Wirkung des
Makrolids bei Patienten mit MALTLymphomen wiederholt beschrieben
und dokumentiert wurde. Die optimale
Wirkung erfordert hier allerdings deut­
lich höhere Dosen, die in verschiede­
nen Studien zwischen 3x 500mg bis 2x
2g täglich über drei Wochen für meh­
rere Zyklen lag.
Zusammenfassend lässt sich festhalten,
dass trotz mikrobiologischer Hinweise
auf eine zunehmende Rate an Anti­
biotikaresistenzen diese Problematik
die klinische Praxis in der Antibioti­
katherapie des MALT-Lymphoms des
Magens (noch) nicht beeinflusst. Zu­
sätzlich kristallisiert sich eine direkte
antineoplastische Komponente in der
Wirkung von Clarithromycin-haltigen
Kombinationen heraus, sodass die Si­
tuation doch etwas komplexer sein
dürfte, als das ursprüngliche Modell
von HP in der Genese des MALT-Lym­
phoms annehmen ließ.
n
Literatur:
Ruskone-Fourmestraux A et al: EGILS consensus report.
Gastric extranodal marginal zone B-cell lymphoma of
MALT. GUT 2011; 60: 747-58
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Markus Raderer
Klinik für Innere Medizin I
Abteilung für Onkologie
Medizinische Universität Wien
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
GASTROENTEROLOGIE
Referat
ÖGGH 2013
Anti-TNF-α-Therapien bei CED
in der Schwangerschaft
Die Krankheitsaktivität chronisch entzündlicher Darmer­
krankungen (CED) ist ein Hauptrisikofaktor für Schwanger­
schaftskomplikationen. Zu Biologikatherapien während der
Schwangerschaft gibt es bisher wenige Daten, wobei erste
Erfahrungsberichte vielversprechend sind.
Das Thema CED und Schwangerschaft
ist seit jeher von besonderem Interes­
se, da gerade CED-Patientinnen häufig
im gebärfähigen Alter erkranken. In
der heutigen Zeit bestehen neue The­
rapieoptionen, die einerseits den Ge­
sundheitsstatus verbessern und somit
den Kinderwunsch in den Vordergrund
rücken lassen und andererseits die Un­
sicherheit bezüglich Nebenwirkungen
und Komplikationsrisiko erhöhen. Mit
den neuen Anti-TNF-α-Therapien ste­
hen hierbei gleich mehrere neue Me­
dikamente zu Verfügung. Während
bei Medikamenten wie 5-Aminosa­
licylsäure (5-ASA) oder Azathioprin
(AZA) aufgrund jahrelanger Thera­
pieerfahrung relative Sicherheit über
den Einfluss auf Schwangerschaft und
das Neugeborene besteht, gibt es zu
den Biologika noch verhältnismäßig
wenige Daten über potenzielle Neben­
wirkungen oder Komplikationen wäh­
rend bzw. nach der Schwangerschaft.
Die bisherigen Daten sind allerdings
vielversprechend und konnten bislang
kein gehäuftes Auftreten von schweren
Komplikationen zeigen. Grundsätz­
lich ist unabhängig von der jeweiligen
Therapie die Remission am Beginn der
Schwangerschaft eine wichtige Voraus­
setzung für einen komplikationsarmen
Verlauf und sie sollte dementsprechend
bei geplanter Schwangerschaft unbe­
dingt vor Konzeption angestrebt wer­
den.
C. Dejaco, Wien
über eine Bindung des Fc-Anteils der
IgG-Moleküle an neonatale Fc-Rezep­
toren der Synzytiotrophoblasten, die
einen Teil der Plazentaschranke bilden.
Die Transportkapazität steigt ab dem
zweiten Trimester kontinuierlich an,
weshalb zum Ende der Schwanger­
schaft höhere Spiegel bei Neugebore­
nen als bei Müttern nachgewiesen wer­
den können. IgG1-Moleküle passieren
hierbei am häufigsten die Plazenta
(IgG1 > IgG4 > IgG3 > IgG2). Dieser
Mechanismus unterstützt an sich das
noch unreife kindliche Immunsystem
gegenüber Infektionen.
Plazentapassage der Antikörper
Anti-TNF-α-Therapien
Ab dem zweiten Trimester (ca. ab
der 17. SSW) passieren mütterliche
IgG-Antikörper als einzige Klasse si­
gnifikant die Plazenta. Dieser aktive
Transportmechanismus funktioniert
KeyPoints I
• Krankheitsaktivität ist der größte Risikofaktor für Schwangerschaftskomplikationen.
• Die Remission sollte wenn möglich vor Konzeption angestrebt werden, um die bestmögliche
Ausgangsbasis für einen komplikationslosen Schwangerschaftsverlauf zu haben.
• Bei Remission in der Schwangerschaft sollten Biologika nach den Leitlinien im Verlauf des
zweiten Trimesters abgesetzt werden.
• Die Therapieentscheidung sollte je nach Krankheitsaktivität für jeden Einzelfall individuell
getroffen werden.
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
S. Traussnigg, Wien
Mit Infliximab (IFX; Remicade®) und
Adalimumab (ADA; Humira®) stehen
in Österreich derzeit zwei zugelassene
Biologika bei CED zur Verfügung. Bei­
de bestehen aus monoklonalen Anti­
körpern des IgG1-Typs, wobei IFX zu
den chimären und ADA zu den huma­
nen Antikörpern zählt. Beide Medika­
mente können die Plazenta aufgrund
ihrer Struktur während der kritischen
Periode der Organogenese im ersten
Trimester kaum passieren. Dies ändert
sich ab dem zweiten Trimester, ab dem
zunehmend Antikörper in die fetale
Zirkulation übertreten. Beide Medi­
kamente zählen laut FDA (Food and
Drug Administration) zur Schwanger­
Seite 41 I jatros
GASTROENTEROLOGIE
Infliximab und Adalimumab in der
Schwangerschaft
Infliximab
Die bisher größten Auswertungen bzgl.
IFX und Schwangerschaftskomplikati­
onen stammen aus dem TREAT Registry für MC-Patienten und der IFX Safety Database. Es konnte kein erhöhtes
Risiko für Schwangerschaftskompli­
kationen gezeigt werden. Im Rahmen
der Auswertungen der IFX-Sicherheits­
datenbank wurden 96 von 146 infra­
ge kommenden Patientinnen mit voll­
ständigen Schwangerschaftsdaten in
Hinblick auf Lebendgeburten (67%),
Fehlgeburten (15%) und therapeuti­
sche Abbrüche (19%) mit gesunden
Schwangeren und nicht mit IFX behan­
delten schwangeren CED-Patientinnen
verglichen. Hierbei ergab sich kein Un­
terschied zwischen den Gruppen. Auch
andere Studien (jeweils 10–30 Patien­
tinnen) konnten kein erhöhtes Risiko
für Fehlgeburten, Missbildungen oder
perinatale Komplikationen zeigen.
Adalimumab
Zu ADA liegen noch weniger Daten
vor. Die bisherigen Studien weisen je­
doch ähnliche Ergebnisse aus, wie sie
für IFX vorliegen. Mehrere Fallserien
konnten kein erhöhtes Schwanger­
schaftsrisiko feststellen. In den veröf­
fentlichten Fallberichten wurde kein
erhöhtes Risiko für Missbildungen,
Aborte oder andere schwere Kompli­
kationen festgestellt. Die US-ameri­
kanische Organization of Teratology
Information Specialists berichtet von
38 prospektiv beobachteten Frau­
en mit rheumatoider Arthritis unter
ADA-Therapie und zusätzlichen 133
Frauen, welche in einer Fallkontroll­
studie untersucht wurden, wobei die
Rate an Fehlgeburten (13%) und Tot­
geburten (0%) mit den Ergebnissen
jatros I Seite 42
der Kontrollen und der Normalbevöl­
kerung vergleichbar war.
Nabelschnurblutspiegel und Impfempfehlungen
Kombinationstherapie mit
Thiopurinen
Auch die Kombinationstherapie mit
Thiopurinen scheint ersten Studi­
en nach das Risiko für Schwanger­
schaftskomplikationen nicht zu erhö­
hen. Eine rezente Studie aus diesem
Jahr konnte bei 37 Patientinnen keine
erhöhte Rate an Missbildungen, Tot­
geburten oder vermindertem Geburts­
gewicht feststellen.
Zu beiden Biologikatherapien gibt es
Studien, welche die Medikamenten­
spiegel im Nabelschnurblut der Neu­
geborenen und im peripheren Blut der
Mütter untersucht haben. IFX-Spiegel
wurden hierbei in einigen Fallserien
gemessen, wohingegen ADA-Spiegel
weiterhin nur in wenigen Fällen un­
tersucht wurden. Dem aktiven plazen­
taren IgG1-Transport entsprechend
konnte sowohl IFX als auch ADA in
höheren Dosen bei Neugeborenen als
bei Müttern festgestellt werden. Sie
waren bis zu 6 Monate nach der Ge­
burt im Kindesblut nachweisbar. Bei
den betroffenen Kindern zeigte sich
hierbei eine verlangsamte Abbaukine­
tik. Aus diesem Grund wird die Gabe
im dritten Trimester weiterhin kontro­
vers diskutiert, wenngleich die bisheri­
gen Fallberichte über Patientinnen mit
durchgehender Anti-TNF-α-Therapie
keine erhöhten Komplikationsraten
nachweisen konnten. Dass Anti-TNFSpiegel beim Kind durchaus klinisch
relevant sein können, zeigt jedoch ein
Fallbericht einer tödlich verlaufenen
Miliartuberkulose nach BCG(Bacillus
Calmette-Guérin)-Impfung bei einem
Neugeborenen, dessen Mutter in der
Schwangerschaft IFX erhalten hat­
te. Diesbezüglich ist in den aktuellen
Leitlinien die Anwendung von Le­
bendimpfstoffen während der ersten
6 Lebensmonate (LM) ausdrücklich
kontraindiziert. In Österreich gilt dies
v.a. für die Rotavirus-Impfung, welche
zum 3. LM empfohlen wird.
Therapiebeendigung während der
Schwangerschaft
Eine rezente Studie von Zelinkova et al
untersuchte den Remissionserhalt bei
31 schwangeren Frauen, bei denen die
bestehende Biologikatherapie (18 IFX;
13 ADA) während der Schwanger­
schaft abgesetzt wurde. Bei 71% der
mit IFX (18.–27. Woche) und 100%
der mit ADA (21.–27. Woche) behan­
delten Patientinnen wurde die The­
rapie im Falle der Remission vor der
30. Schwangerschaftswoche abgesetzt.
Alle Patientinnen der IFX-Gruppe blie­
ben in Remission. In der ADA-Gruppe
kam es bei zwei Patientinnen zu Schü­
ben während der Schwangerschaft. Die
Autoren schlussfolgern, dass bei Pati­
entinnen in Remission eine Beendigung
der Therapie zu Beginn des zweiten
Trimesters diskutiert werden kann und
soll. Unsere eigenen Daten zeigen ähn­
liche Ergebnisse, wobei ausdrücklich
auf die individuelle Entscheidung bei
jeder einzelnen Patientin hingewiesen
werden muss.
Stillen unter Biologikatherapie
Laut einzelnen Fallberichten scheint
IFX in der Muttermilch nur minimalst
detektierbar zu sein. In einzelnen Be­
richten wurden keinerlei Spiegel in der
Muttermilch gemessen, wohingegen
Ben-Horin et al 2011 von drei Patien­
tinnen berichteten, in deren Mutter­
milch Spuren (1/200 der mütterlichen
Serum-Spiegel) von IFX nachweis­
bar waren. Es kann somit von keiner
relevanten Exposition ausgegangen
werden. Bezüglich ADA wurden laut
einem Bericht über drei Patientinnen
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Fachkurzinformationen: siehe Seite 61
schaftskategorie B, was bedeutet, dass
sich in Tierversuchen kein erhöhtes te­
ratogenes Potenzial ergeben hat; kont­
rollierte Studien mit Menschen fehlen
jedoch. Das bei MC in Europa nur in
der Schweiz zugelassene Certolizumab
Pegol (CZP; Cimzia®) scheint bei feh­
lendem Fc-Anteil weitgehend nicht pla­
zentagängig zu sein.
Referat
Mäßig- bis schwergradig aktiver Morbus Crohn*
Mäßig- bis schwergradig aktive Colitis ulcerosa*
Morbus Crohn mit Fistelbildung*
Schwerer, aktiver Morbus Crohn*,
schwere, aktive Colitis ulcerosa*
bei Kindern und Jugendlichen
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® Registered Trademark, Copyright © 2013 Merck Sharp & Dohme Corp., ein Unternehmen von Merck & Co., Whitehouse Station, NJ, USA.
All rights reserved. 09-15-GAST-1095282-0000 Erstellt: September 2013
GASTROENTEROLOGIE
minimale ADA-Spiegel (1/100 der
mütterlichen Serum-Spiegel) in der
Muttermilch nachgewiesen, womit
auch hier von keiner klinisch relevan­
ten ADA-Aufnahme des Kindes durch
Stillen auszugehen ist.
Zusammenfassung
Die bisher veröffentlichten Daten zu
IFX und ADA sind vielversprechend
Referat
bezüglich einer sicheren Anwendung
in der Schwangerschaft. Da die Krank­
heitsaktivität ein Hauptrisikofaktor
für Schwangerschaftskomplikationen
bei CED-Patientinnen ist, sollte die
Remission das wichtigste Ziel in der
Schwangerschaft sein. Im Rahmen der
Leitlinien wird ein Absetzen der Bio­
logikatherapie im Verlauf des zweiten
Trimesters empfohlen (ca. 22. SSW).
Diese Entscheidung sollte aber in jedem
KeyPoints II
• Weder unter IFX noch unter ADA konnte bisher ein erhöhtes Risiko für schwere Komplikationen
wie Fehlgeburten, Missbildungen oder perinatale Komplikationen gefunden werden.
• Sowohl IFX als auch ADA passieren die Plazenta aktiv ab dem zweiten Trimester und konnten im
Nabelschnurblut festgestellt werden.
Einzelfall individuell getroffen werden,
um so eine bestmögliche Therapie für
Mutter und Kind zu gewährleisten. Da
Spiegel bis zum 6. Lebensmonat in ex­
ponierten Kindern nachgewiesen wer­
den können, sind Lebendimpfungen bis
zu diesem Alter aus Sicherheitsgründen
absolut kontraindiziert. Das Stillen
unter Therapie sollte sicher sein, wo­
bei hierzu keine ausreichenden Daten
vorliegen. Langzeitbeobachtungsstudi­
en über eine eventuelle Beeinflussung
des kindlichen Immunsystems fehlen
bisher und sollten in Zukunft weiter
forciert werden.
n
Literatur bei den Verfassern
Autoren:
Dr. Stefan Traussnigg
Univ.-Prof. Dr. Clemens Dejaco
• Durch einen verlangsamten Abbau im kindlichen Metabolismus wurden Spiegel bis zum
6. Lebensmonat gemessen.
• Lebendimpfstoffe (in Österreich v.a. Rotaviren) sind bis zum 6. Lebensmonat kontraindiziert und
Mütter sollten aktiv über diesbezügliche Risiken aufgeklärt werden.
Klinik für Innere Medizin III
Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie
Medizinische Universität Wien
Die CED-Welt von Humira®
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Bei...
• mittelschwerem bis schwerem
morbus Crohn1
• schwerem pädiatrischem
morbus Crohn1
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Colitis ulcerosa1
*
1 Fachinformation Humira®, Stand November 2012 | aTHuG130074-13022013
®
* 10jatros
Jahre bezieht
sich auf
I Seite
44Humira Ema Erstzulassung in der rheumatologie im September 2003
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Hepatologie
Referat
ÖGGH 2013
Herausforderung Hepatitis B
Die diagnostische Klassifikation einer chronischen Hepatitis B und
damit die Prüfung der Therapieindikation stellen selbst für erfahre­
ne Hepatologen immer wieder eine Herausforderung dar. Das Pro­
blem liegt darin, dass die Hepatitis-B-Virusinfektion sich vom völlig
harmlosen Nebenbefund bis hin zur lebensbedrohlichen Erkrankung
präsentieren kann. Dieser variable Verlauf reflektiert sich in der
komplexen diagnostischen Klassifikation der Erkrankung.
Nach dem österreichisch-deutschen
Konsensus, der in der S3-Leitlinie zur
Prophylaxe, Diagnose und Therapie
der Hepatitis B publiziert ist, unter­
scheiden wir die chronische Hepatitis
B vom HBs-Antigen-Trägerstatus. Die
Diagnose einer chronischen Hepatitis
B gründet sich dabei auf dem Nach­
weis der chronischen Virusinfektion,
die mehr als 6 Monate besteht und
dem Nachweis einer Leberschädi­
gung. Im Gegensatz dazu kann der
HBs-Antigen-Trägerstatus bei chroni­
scher Virusinfektion, die ≥6 Monate
besteht, ohne nachweisbare Leber­
schädigung diagnostiziert werden. Die
Begriffe „gesunder“ oder „immunto­
leranter“ HBs-Antigen-Carrier sollen
vermieden werden, weil jede Form
der chronischen Virusinfektion eine
gewisse Immuntoleranz erfordert
und den Gesundheitsbegriff infrage
stellt. Für die Differenzierung einer
chronischen Hepatitis B von einem
HBs-Antigen-Carrier muss also die
Lebergesundheit evaluiert werden. Im
klinischen Alltag verwenden wir als
Surrogat für die Leberschädigung die
Transaminasenaktivität im Blut. Für
die diagnostische Klassifikation einer
chronischen Hepatitis-B-Virusinfek­
tion sollten die sogenannten hepato­
logischen Normalwerte angewandt
werden. Das heißt, bei Männern sollte
die ALT-Aktivität <30 IU/l, bei Frauen
<19 IU/l sein. Im Zweifelsfall und für
eine differenzierte Beurteilung der Le­
bergesundheit bleibt die Leberbiopsie
der Goldstandard. Bei der Histologie
können sowohl der Grad der Entzün­
dung (Aktivität – A) als auch das Aus­
maß der Fibrose (Stadium – F) in der
Leber evaluiert werden. Die Diagnose
einer chronischen Hepatitis B erfordert
KeyPoints
• Chronische Hepatitis B ≠ HBV-Infektion
Fachkurzinformationen: siehe Seite 61
• Normale ALT ≠ persistierend normale ALT
• HBs-Antigen-Trägerstatus:
• bedarf der Familienuntersuchungen
• bedarf kritischer Diagnosestellung
• bedarf der Nachsorge wegen erhöhter Mortalität, erhöhten HCC-Risikos, erhöhten Zirrhoserisikos
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
H. Zoller, Innsbruck
definitionsgemäß eine entzündliche
Aktivität >A2. Liegt sie darunter, kann
die Diagnose eines HBs-Antigen-Trä­
gerstatus gestellt werden.
Die Limitationen der Leberbiopsie sind
nicht nur die Invasivität und die daher
begrenzte Wiederholbarkeit, sondern
auch der „sampling error“. Dank mo­
derner molekulardiagnostischer Unter­
suchungen können wir heute mehr und
mehr auf die invasive Diagnose mittels
Leberbiopsie verzichten. Die quantita­
tive Bestimmung der Hepatitis-B-Virus­
last erfolgt heute durch die Analyse der
HBV-DNA im Serum, aber auch durch
HBs-Antigen-Quantifizierung. Große
asiatische Studien haben gezeigt, dass
bei chronischer Hepatitis B das Risiko
für ein hepatozelluläres Karzinom oder
eine dekompensierte Lebererkrankung
nur dann erhöht ist, wenn die HBVDNA über 2.000 IU/ml liegt. Daraus
ergibt sich, dass bei Patienten mit Wer­
ten unter 2.000 IU/ml HBV-DNA nur
dann eine Therapieindikation besteht,
wenn eine fortgeschrittene Leberer­
krankung (Leberzirrhose oder HCC)
vorliegt.
Eine aktuelle Evaluierung des Innsbru­
cker HBV-Registers zeigt, dass 59%
der erstdiagnostizierten Hepatitis-BPatienten in den Jahren 2011 und 2012
Werte von <2.000 IU/ml HBV-DNA
hatten. Im Gegensatz dazu präsen­
Seite 45 I jatros
Hepatologie
tierten sich 10% der Patienten immer
noch im Stadium der Zirrhose. Beson­
ders schwierig ist die Entscheidung in
Bezug auf die Behandlungsindikation
bei jenen 28% der Patienten, bei denen
die HBV-DNA >2.000 IU/ml liegt. Die
Unterscheidung zwischen gesundem
HBs-Antigen-Träger und chronischer
Hepatitis B wird bei dieser Patienten­
gruppe durch die HBs-Antigen-Quan­
tifizierung erleichtert. Mehrere aktuelle
Studien zeigen, dass eine quantitative
HBs-Antigen-Konzentration im Blut
von >3.500 IU/ml neben anderen Fak­
toren ein aktives Krankheitsstadium
(chronische Hepatitis B) oder die Re­
aktivierung eines HBs-Antigen-Träger­
status vorhersagt.
Heute ist es also einfacher, jene Pati­
entengruppe mit chronischer Hepati­
tis-B-Virusinfektion zu definieren, die
keine Behandlung braucht: Patienten
mit persistierend hepatologisch nor­
malen Transaminasen (ALT für Män­
ner ≤30 IU/l, ALT für Frauen ≤19 IU/l)
mit HBV-DNA <2.000 IU/ml und einer
quantitativen HBs-Antigen-Konzentra­
tion von <3.500 IU/ml. Für das Kon­
zept der persistierend normalen Trans­
aminasen ist nicht nur der Grenzwert
relevant, sondern auch die Definition
dessen, was als persistierend zu be­
zeichnen ist. Das bedeutet, dass diese
Diagnose frühestens 12 Monate nach
Erstdiagnose gestellt werden darf, weil
frühestens nach 4-maliger Bestätigung
der normalen Transaminasen in 3-mo­
natigen Abständen die Definition „per­
sistierend“ zutrifft. Klinische Studien
aus sogenannten HBs-Antigen-CarrierKliniken haben gezeigt, dass von 1.487
zufällig diagnostizierten HBV-Infekti­
onen bei Diagnosestellung zwar 20%
der Patienten normale Transaminasen
hatten, was sich jedoch nach einem
Jahr Beobachtung auf 14% der Pati­
enten reduzierte, weil die Definition
persistierend normaler Transaminasen
jatros I Seite 46
Referat
nur auf diese Gruppe zutraf. Bei den
Patienten, die diese biochemische De­
finition erfüllen und als HBV-infiziert
mit persistierend normalen Transami­
nasen klassifiziert werden, zeigt sich
auch eine gute Korrelation mit der Le­
berbiopsie. Trotzdem findet sich bei bis
zu 10% der Patienten mit persistierend
normalen Transaminasen in der Histo­
logie bereits eine Fibrose Grad III. Dies
impliziert, dass die Behandlungsindi­
kation der Hepatitis-B-Virusinfektion
wiederholt kritisch zu evaluieren ist
und im Zweifelsfall vor der Entschei­
dung, ob eine Therapie begonnen wer­
den sollte oder nicht, eine Leberbiopsie
durchgeführt werden muss. Anders
ausgedrückt, brauchen wir heute einen
guten Grund, Patienten mit chroni­
scher Hepatitis-B-Virusinfektion nicht
zu behandeln.
Insbesondere im Licht der 5-JahresNachbeobachtungsdaten unter Teno­
vofir, in denen eine deutliche Regression
der fortgeschrittenen Leberfibrose
nach erfolgreicher Virussuppression
bei >90% der Patienten nachweisbar
ist, sollte die Indikation zur Therapie
der Hepatitis B regelmäßig reevaluiert
werden. Unklar bleibt jedoch, ob diese
positive Entwicklung der Leberfibrose
sich auch in einem niedrigen HCC-Ri­
siko unter der Therapie niederschlägt.
Daher wird selbst bei gutem Thera­
pieerfolg – d.h. bei Negativierung der
HBV-DNA – initial 3-monatlich und
später jährlich eine Sonografiekontrol­
le der Leber empfohlen. Studien aus
HBs-Antigen-Carrier-Kliniken zeigen
weiters, dass bei der Nachbeobach­
tung von knapp 4.400 Patienten der
wichtigste prädiktive Parameter für
die HCC-Entwicklung die Höhe der
Transaminasen war. Für die klinische
Praxis bedeutet dies, dass bei Patienten
mit erhöhten Transaminasen eher eine
Therapieindikation besteht.
Ein weiteres diagnostisches Verfahren,
das wegen seiner Implikationen für die
Therapie in der Routinediagnostik der
Hepatitis B eine wichtige Rolle spielt,
ist die Bestimmung des HBV-Geno­
typs. Patienten mit Genotyp-A-Virus­
infektion haben eine signifikant höhere
Chance, auf eine Interferon-Therapie
anzusprechen. Der Vorteil einer Thera­
pie mit pegyliertem Interferon ist, dass
diese Therapie im Gegensatz zur The­
rapie mit modernen Nukleosid- oder
Nukleotidanaloga zeitlich limitiert
1%
2%
akute Hepatitis B
10%
niedrigvirämische HBV-Carrier
12%
hochvirämische HBV-Carrier
59%
16%
chronische Hepatitis B
Hepatitis-B-Zirrhose
Hepatitis Delta
Abb. 1: Klinische Klassifikation von 100 Patienten mit neu diagnostizierter Hepatitis-B-Virusinfektion 2011
& 2012; Quelle: HBV-Register Innsbruck – Auswertung 12/12
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
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Die richtige Wahl von Anfang an1
• HBV-DNA Suppression* bei
99,3% der Patienten 3
• 0 % Resistenzen
und keine Kreuzresistenzen 3, 4
• Regression oder Still-
stand der Leberfibrose
bei 96% der Patienten 5
• Reversion der Leberzirrhose
bei 74% der zirrhotischen
Patienten 5
Eine Leber. Ein Leben.
Es wird empfohlen, die Kreatinin-Clearance bei allen Patienten vor Beginn der Therapie mit VIREAD® zu berechnen. Die Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance und Serumphosphat) soll alle vier Wochen während des ersten Behandlungsjahres und danach
alle drei Monate überwacht werden. VIREAD® sollte bei Patienten mit einer Nierenfunktionsstörung nur dann eingesetzt werden,
wenn der mögliche Nutzen der Behandlung gegenüber dem möglichen Risiko überwiegt. Bei Patienten mit einer KreatininClearance < 50 ml/min wird empfohlen, das Dosierungsintervall gemäß Fachinformation anzupassen. Die Einnahme von VIREAD®
wird bei Patienten mit einer schweren Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min) nicht empfohlen. Bei gleichzeitiger Anwendung von Adefovirdipivoxil oder gleichzeitiger/vor kurzem erfolgter Behandlung mit einem nephrotoxischen Arzneimittel sollte die Einnahme von VIREAD® vermieden werden, da ein erhöhtes Risiko für renale Nebenwirkungen besteht.
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Referenzen:
1. Dakin et al., Value Health 2010;13(8):934–945.
2. EASL Clinical Practice Guidelines.,
J Hepatol 2012;57: 167–185.
3. Marcellin P et al., AASLD 2012; Poster #374.
4. Marcellin P et al., AASLD 2011; Oral #28.
5. Marcellin P et al., Lancet 2013; 381: 468–75.
* HBV-DNA < 400 Kopien/ml nach 6 Jahren
VIR/AT/13-09/MI/1224 Erstellungsdatum: Jänner 2013
Fachkurzinformation siehe Seite 62
Hepatologie
Referat
ist. Leider sind die Raten des Anspre­
chens auf diese Therapie jedoch gering.
Für die Wahl der Therapie spielt auch
die Unterscheidung zwischen HBeAntigen-positiver und HBe-Antigennegativer Hepatitis B eine Rolle. Bei
Patienten mit HBe-Antigen-positiver
Hepatitis B, die in Innsbruck nur bei
2% der Patienten vorlag, ist eine HBeAntigen-Negativierung Therapieziel
einer einjährigen Therapie mit pegy­
liertem Interferon. Dieses Therapieziel
konnte in Studien bei ca. 30% der Pa­
tienten erreicht werden. Bei HBe-Anti­
gen-negativer Hepatitis B sind das The­
rapieziel einer Interferontherapie eine
Negativierung der HBV-DNA und eine
Normalisierung der ALT, was in Stu­
dien ebenfalls ca. 30% der Patienten
erreichen können. Für die Vorhersage
des Ansprechens auf eine Therapie mit
pegyliertem Interferon spielt die Kine­
tik des Abfalls von HBs-Antigen eine
wichtige Rolle, denn bei einem quanti­
tativen HBs-Antigen-Abfall von nur ≤2
Die
Log-Stufen kann die Therapie de facto
abgebrochen werden. Im Gegensatz
dazu haben Tenofovir und Entecavir
eine überragende Effektivität und ein
exzellentes Sicherheitsprofil. Die An­
sprechraten hinsichtlich des Abfalls der
HBV-DNA unter die Nachweisgrenze
liegen bei beiden Substanzen >90%
nach einem Jahr Therapie. Leider muss
eine Entecavir- oder Tenofovirtherapie
jedoch lebenslang fortgesetzt werden.
Zusammenfassend brauchen wir heu­
te einen guten Grund, Patienten mit
chronischer Hepatitis-B-Virusinfektion
nicht zu therapieren. Nur wenn die Di­
agnose eines HBs-Antigen-Trägers ge­
stellt werden kann, gibt es keine Thera­
pieindikation. Moderne diagnostische
Tests wie HBV-DNA quantitativ und
HBs-Antigen quantitativ helfen uns bei
der korrekten Diagnose einer Hepatitis
B. Bei Vorliegen einer Behandlungs­
indikation können der HBV-Genotyp
und der HBe-Antigen-Status die Wahl
der besten Therapie beeinflussen. Doch
selbst bei Patienten ohne Behandlungs­
indikation in dieser Konstellation wäre
im Falle einer immunsuppressiven
Behandlung, insbesondere mit einem
hoch dosierten Steroid bzw. Rituximab
oder Infliximab, eine prophylaktische
antivirale Therapie klar indiziert.
Fazit
• Therapieindikation regelmäßig über­
prüfen
• Überragende Sicherheit & Effektivi­
tät der nukleosid- und nukleotidana­
logen Polymeraseinhibitoren mit ho­
her genetischer Barriere (Tenofovir
& Entecavir)
n
Autor: Univ.-Prof. Dr. Heinz Zoller
Universitätsklinik für Innere Medizin II
Klinische Abteilung für Gastroenterologie
und Hepatologie
Medizinische Universität, Innsbruck
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jatros I Seite 48
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hilft heilen.
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Hepatologie
Kommentar
Empfehlung aus den USA auch für Österreich?
HCV-Screening der „Baby
Boomer“-Generation
Die Hepatitis-C-Virus-(HCV-)Infektion ist zu einem Paradigma der moder­
nen Medizin geworden. Innerhalb von etwa 20 Jahren sind die komplette
Molekularbiologie des Virus, die Infektionspathologie mit den Mechanis­
men des Eintritts in die Leberzelle, alle wichtigen Replikationsschritte durch
Entwicklung von Replicon-Systemen, die komplette Immunpathogenese mit
der wohl enttäuschenden Erkenntnis, dass eine sterilisierende Immunisie­
rung wohl Illusion bleiben wird, sowie die Pharmakogenetik als Basis für
die Erklärung spontaner Heilungen und unterschiedlicher Ansprechraten
auf die Therapie mit Interferon alfa entschlüsselt worden.
Der Nachweis des wesentlichen Infek­
tionsweges mit erfolgreichem Blutspen­
der-Screening bildet in Kombination
mit hocheffizienten Therapeutika die
Basis für eine primäre und sekundäre
Prävention der Infektion mit der Opti­
on der Eradikation. Tatsächlich ist die
HCV-Infektion die erste heilbare, chro­
nische Infektion im strengen Sinn des
Wortes geworden.
Übertragungsweg und Pathogenese
Geburtsvorganges. Infektionen bei pa­
ramedizinischen Interventionen wie
Tattooing oder Beschneidungen lassen
sich durch entsprechende HygieneMaßnahmen verhindern. Die HCVRNA lässt sich bereits nach ein bis zwei
Wochen und Antikörper lassen sich
nach drei bis vier Wochen in der Zirku­
lation nachweisen. Allerdings sind auch
Fälle in der Literatur dokumentiert, bei
denen sich Antikörper erst nach Mona­
ten gebildet haben.
Voraussetzung einer HCV-Infektion
ist die Überwindung natürlicher Kör­
perbarrieren durch eine penetrierende
Inokulation des infektiösen Agens. Das
Inokulum muss eine ausreichend hohe
Viruskonzentration aufweisen. Wäh­
rend die Übertragung einer infizierten
Blutkonserve mit hoher Sicherheit zur
Infektion führt, verursacht der akziden­
telle Stich mit einer infektiösen Nadel
fast nie eine Infektion. Die unmittel­
bare transmuköse Infektion gilt als
vergleichbar ungefährlich und würde
auch die Verletzung der Schleimhäute
verlangen. Eine HIV-Koinfektion gilt
als wesentliche Voraussetzung für die
erfolgreiche Infektion im Rahmen des
Am Beginn einer akuten Hepatitis-CInfektion können typische klinische
Zeichen wie Ikterus, Oberbauch­
schmerzen und allgemeines Krank­
heitsgefühl auftreten. Diese sind selten
und gelten als prognostisch günstige
klinische Zeichen für eine spontane
Heilung. Ein akutes Leberversagen als
Folge der Infektion gilt als extrem sel­
ten. Bei 10–40% der Betroffenen heilt
die Infektion spontan aus und Antikör­
per, die allerdings nicht vor Reinfektion
schützen, persistieren ohne HCV-RNA
im Blut für eine unbekannte Dauer
ohne klinische Konsequenz. Die spon­
tane Elimination des Virus hängt von
verschiedenen Wirtsfaktoren ab wie
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
W. Vogel, Innsbruck
dem IL-28-Genotyp, wird allerdings
erst inkomplett verstanden. Bei den
meisten Betroffenen verläuft die Anste­
ckung wie auch der chronische Verlauf
völlig asymptomatisch.
Die eigentlichen medizinischen Prob­
leme der HCV-Infektion entstehen aus
dem chronischen Verlauf, der in Abhän­
gigkeit von Geschlecht, Alter bei Infek­
tion und hepatischer Komorbidität mit
unterschiedlicher Geschwindigkeit zu
den Komplikationen der Leberzirrhose,
des Leberkrebses und des Leberversa­
gens und zum Tod führen kann. Verläu­
fe von mehr als 30 Jahren bis zur Zir­
rhose sind bei Frauen mit Ansteckung
im jugendlichen Alter ohne zusätzliche
hepatische Risikofaktoren beobachtet
worden. Als prognostisch ungünstig
gelten männliches Geschlecht, Alter bei
Infektion von >40 Jahren, Koinfektion
mit dem Hepatitis-B- oder HI-Virus
und Alkoholmissbrauch. Die HCV-In­
fektion verläuft bei bis zu 60–90% der
Betroffenen chronisch. Bei Personen mit
chronischer Hepatitis C können auch
komplexe extrahepatische Manifestati­
onen wie gemischte Kryoglobulinämie,
Vaskulitis mit Krankheitsmanifestatio­
Seite 49 I jatros
Hepatologie
nen in Haut, Nieren, Augen oder ande­
ren Organen auftreten. Komplex und
wenig verstanden ist die Assoziation
mit Diabetes mellitus, Schilddrüsener­
krankungen, Lichen planus und neu­
ropsychiatrischen Erkrankungen wie
Depression.
Epidemiologie
Erstaunlicherweise sind unsere Kennt­
nisse zur Epidemiologie der Infektion
nach wie vor ausgesprochen lückenhaft
und basieren überwiegend auf Extrapo­
lationen von Ergebnissen von kleinen
gut definierten Kohortenstudien. Dies
ist umso bemerkenswerter, als wir seit
Beginn der 1990er-Jahre über sensitive
Antikörper-Testsysteme verfügen, die
zu einem breiten Screening von defi­
nierten Populationen einladen, das im
Blutspendewesen mit Elimination der
Transfusionshepatitis bereits erfolg­
reich umgesetzt worden ist. Diese Test­
systeme sind in letzter Zeit weiterentwi­
ckelt und verfeinert worden, sodass es
heute möglich ist, um knapp 2 Euro in
einer Speichelprobe Antikörper gegen
Hepatitis C nachzuweisen, die im po­
sitiven Fall im Sinne der Infektion mit­
tels PCR-Nachweis zu bestätigen sind.
Nur eine lückenlose epidemiologische
Überwachung kann Informationen zu
Verteilung und Dynamik bestehender
Infektionen als Basis für die Maßnah­
men zum optimalen Management der
Erkrankung liefern.
Die WHO schätzt, dass weltweit gese­
hen nur 15%, in der westlichen Welt
knapp 50%, der >185 Millionen An­
Kommentar
tikörper-positiven Personen über ihren
Status Bescheid wissen. Die Prävalenz
der HCV-Infektion in Österreich kann
aufgrund fehlender eigener epidemiolo­
gischer Daten nur aus denjenigen benach­
barter europäischer Staaten abgeleitet
werden. Bei vorsichtigen Schätzungen
kann angenommen werden, dass unse­
re Prävalenz unter 1%, aber über 0,5%
liegt. Damit würde sich Österreich mit
den anderen mitteleuropäischen Län­
dern zwischen die Länder mit hoher
Prävalenz im Osten und Süden Euro­
pas (1–3%) und niedrigerer Prävalenz
(<0,5%) im Norden Europas einreihen.
Dies würde sich mit der Annahme einer
im Osten Österreichs durch Migration
bedingten höheren Prävalenz und mit
unserer für die Tiroler Bevölkerung be­
stimmten Prävalenz von 0,5% auch gut
decken. Schwieriger wird es, den Anteil
der Betroffenen zu definieren, der über
seinen Antikörper-Status informiert ist.
Vorsichtig geschätzt wird er bei >15%,
aber nicht wesentlich über 50% liegen.
Das würde bedeuten, dass möglicher­
weise mehr als 20.000 betroffene Per­
sonen in Österreich nichts von ihrer
chronischen Infektion wissen.
Aus europäischen Untersuchungen wis­
sen wir, dass weniger als 20% der Pa­
tienten mit chronischer Infektion aus
unterschiedlichen Gründen einer The­
rapie zugeführt werden. Mit den bishe­
rigen therapeutischen Optionen liegen
die Heilungsraten in Abhängigkeit von
Genotyp und Fibrosestadium zwischen
40% und 85% mit den schlechtesten für
fortgeschrittene Zirrhosestadien von ca.
10%. Die exakte Prävalenz der Zirrho­
KeyPoints
• Die Prävalenz der HCV-Infektion liegt in Österreich nach Schätzungen zwischen 0,5 und 1%.
• Die Dunkelziffer der Infizierten ist aufgrund fehlender Symptomatik hoch: wahrscheinlich gleich
hoch wie die Zahl der Diagnostizierten.
• Aufgrund inkompletter epidemiologischer Informationen müssen wir uns an Modellen,
entwickelt aus gut definierten Populationen, orientieren.
• Diese Modelle zeigen eine tickende Zeitbombe an Komplikationen der Infektion.
• Risikogruppen wie die „Baby Boomer“-/„Wirtschaftswunder“-Generation, aktive und
ehemalige Konsumenten von i.v. Drogen, Personen mit riskantem Sexualverhalten und
Hinweisen auf Lebererkrankungen sind als Screening-Kandidaten definiert.
jatros I Seite 50
se in einer definierten Population ist un­
bekannt, aus Modellrechnungen wird
jedoch angenommen, dass ca. 20% der
Patienten mit chronischer HCV zirrho­
tisch sind. Besser ist die Information
aus den Tumorregistern zum hepatozel­
lulären Karzinom, das in 90% aus der
Zirrhose entsteht. Dieser Krebs ist der
mit der aktuell stärksten Zunahme in
Österreich und dem Rest der westlichen
Welt. Nach allen Modellrechnungen ist
in den nächsten Jahren mit einer deut­
lichen Zunahme dieser Erkrankungen
zu rechnen, falls die Dunkelziffer gleich
hoch bleibt und keine therapeutischen
Interventionen erfolgen.
Populationsbasiertes HCV-Screening in
den USA
Die HCV-Infektion ist ein globales
Problem mit besonders hohen Präva­
lenzen in den Ländern mit mangelhaft
entwickelten Gesundheitssystemen und
selbst dort lassen sich altersabhängige
Risikogruppen definieren. So wird aus
Ägypten in der Altersgruppe der vor
1960 Geborenen, der Zeit einer Kam­
pagne für die intravenöse Therapie
von Schistosomiasis, eine Prävalenz
von 15–50% beobachtet. Im Vergleich
dazu beträgt die Prävalenz bei den spä­
ter Geborenen nur 1–2%. Aus den USA
liegen mehrere Kohortenstudien zur
Prävalenz vor, in denen exakt gleich de­
finierte Populationen jeweils in den Jah­
ren 1990, 2000 und 2010 untersucht
wurden. Aus diesen Untersuchungen
folgt, dass etwa drei Viertel aller mit
HCV infizierten Personen in den USA
zwischen 1945 und 1965, in den „Baby
Boomer“-Jahren, geboren worden sind.
Auf dieser Basis hat das US Center for
Disease Control and Prevention (CDC)
im August 2012 eine Screening-Emp­
fehlung für diese Hochrisikokohorte
herausgegeben. Kosten-Nutzen-Rech­
nungen haben klar gezeigt, dass damit
die Zahl der bekannten HCV-Infizier­
ten um 50% erhöht und die Morbidität
und Mortalität durch entsprechende
therapeutische Maßnahmen signifikant
und somit kosteneffizient reduziert
würden. Obwohl für Europa, insbe­
sondere für Österreich, keine vergleich­
baren Daten zur Verfügung stehen,
erscheint es aufgrund der Gemeinsam­
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Hepatologie
keiten mit den USA und epidemiologi­
scher Ähnlichkeiten möglich, dass der
gleiche Generationseffekt in unserer
„Wirtschaftswunder“-Generation, bei
den zwischen 1950 und 1970 Gebore­
nen, zu erwarten sein wird. Daraus lässt
sich in Wahrnehmung der medizinischen
Verantwortung nur eines ableiten: Ent­
weder wir übernehmen diese Empfeh­
lung oder wir beweisen möglichst rasch,
dass diese Beobachtung nicht auf unsere
Verhältnisse übertragbar ist.
Fazit und Ausblick
Wir stehen wieder am Beginn eines
neuen entscheidenden Kapitels der
Hepatitis-C-Geschichte. Die absehbare
Einführung der zweiten „Welle“ der
NS3-Proteaseinhibitoren und vor allem
der zweiten Generation direkt-antivi­
raler Wirkstoffe der Polymerase- und
NS5A-Inhibitoren wird die Therapie
der HCV revolutionieren. Interferonfreie Behandlungskonzepte über alle
Genotypen hinweg, auch für sogenann­
te Problempatienten, haben in PhaseIII-Studien mit bisher nicht erreichter
Effizienz ihre Feuerprobe bestanden.
Allerdings haben uns die Erfahrungen
der Vergangenheit auch vorsichtig wer­
den lassen. Der Unterschied zwischen
den Therapieerfolgen, die in einem idea­
len Studienumfeld erreicht werden, und
denjenigen in der „Real-Life“-Situation
kann gerade bei der Therapie der HCV –
im Gegensatz zur Hepatitis-B-Therapie
– beträchtlich sein. Somit gilt unverän­
dert: „Der beste HCV-Patient ist ein
geheilter.“
Das Hepatitis-C-Virus stellt intrazellu­
lär die genetischen Sensoren der RNAReplikation ruhig, um persistierende
Replikation sicherzustellen; es unter­
drückt im Organismus die symptomati­
schen Sensoren, um die Erkrankung zu
verheimlichen; dadurch entzieht es sich
der medizinischen – und auch der gesell­
schaftlichen – Aufmerksamkeit. Alle In­
dikatoren sagen einen scharfen Anstieg
der Langzeitkomplikationen der chro­
nischen Hepatitis-C-Infektion voraus.
Wir haben ausreichend Evidenz dafür,
Risikogruppen wie die „Baby Boomer“bzw. die „Wirtschaftswunder“-Genera­
tion, aktive und ehemalige Konsumen­
ten von i.v. Drogen, Einwanderer aus
Nordafrika und Osteuropa und solche
mit Hinweisen für Lebererkrankungen
zu definieren. Wir stehen am Beginn
einer neuen Ära der antiviralen The­
rapie mit höherer Effizienz und besse­
rer Verträglichkeit. Die Zeit ist reif für
das Screening dieser Risikogruppen auf
HCV-Infektion.
n
Literatur beim Verfasser
Autor: Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Vogel
Gastroenterologie und Hepatologie
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3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
hilft heilen.
Seite 51 I jatros
Hepatologie
Referat
ÖGGH 2013
Infektionen und Leberzirrhose:
Rolle der intestinalen Permeabilität
und der Neutrophilenfunktion
In der westlichen Welt gehört die Leberzirrhose mitt­
lerweile zu den Top 10 der Todesursachen und in man­
chen Teilen Europas beobachtete man in den letzten
Jahren einen deutlichen Anstieg. Patienten sterben häu­
figer an den Komplikationen der Leberzirrhose als an
der Leberinsuffizienz per se. Abhängig vom Schwere­
grad der Leberzirrhose ist mit einer 1-Jahres-Mortalität
zwischen 10 und 82% zu rechnen.
Dabei zählen Infektionen zu den häu­
figsten Komplikationen der Leberzir­
rhose – neben der hepatischen Enzepha­
lopathie, gastrointestinalen Blutungen,
dem hepatorenalen Syndrom und dem
hepatozellulären Karzinom –, die mit
einer signifikanten Morbidität und
Mortalität assoziiert sind. Wenn Pati­
enten mit Leberzirrhose stationär auf­
genommen werden, ist eine Infektion
in 30–50% der Fälle die Ursache dafür
und 15–35% erleiden im Krankenhaus
dazu noch eine nosokomiale Infektion.
Diese Rate ist deutlich höher als bei der
Gesamtheit der Patienten (5–7%). Eine
andere Studie zeigte, dass 34% der Pa­
V. Stadlbauer-Köllner, Graz
A. Horvath, Graz
tienten mit fortgeschrittener Zirrhose
pro Jahr eine Infektion erleiden.
weltweit häufigste Immundefizienzsyn­
drom bezeichnet werden.
Zirrhotische Patienten haben nicht
nur ein höheres Risiko, Infektionen zu
erleiden, sondern sterben auch häufi­
ger daran. So ist das Risiko, an einer
Bakteriämie zu sterben, bei Zirrhoti­
kern 6,3-fach erhöht. Das Sepsisrisi­
ko ist bei Zirrhose 3-fach erhöht und
die Mortalität bei einer Sepsis beträgt
bei Patienten mit Leberzirrhose fast
90%. Diese epidemiologischen Daten
deuten darauf hin, dass das Risiko für
Infektionen bei Leberzirrhose erhöht
ist. Leberzirrhose kann daher als das
Das Immunsystem von Patienten mit
Leberzirrhose scheint nicht mehr aus­
reichend in der Lage zu sein, Bakteri­
en zu zerstören. Das angeborene Im­
munsystem ist normalerweise die erste
Abwehrstrategie des Körpers gegen
eindringende Keime. Neutrophile Gra­
nulozyten sind eine wichtige Kompo-
KeyPoints
• Leberzirrhose ist eine Erkrankung mit einer hohen Inzidenz und einer hohen Mortalität.
• Patienten mit Leberzirrhose leiden an einem erworbenen Immundefizienzsyndrom, ursächlich
könnten eine erhöhte Darmpermeabilität und eine erhöhte Menge bakterieller Produkte sein.
• Die Funktion der neutrophilen Granulozyten ist bei Leberzirrhose beeinträchtigt.
• Ein frühzeitiges Erkennen von Infektionen sowie rasche und zielgerichtete prophylaktische und
therapeutische Maßnahmen sind notwendig, um die hohe Mortalität zu bekämpfen.
jatros I Seite 52
Abb. 1: Hypothese zur erhöhten Infektionsneigung bei
Leberzirrhose: Neutrophile Granulozyten sind bei Leberzirrhose nicht nur geprimed, sondern, wahrscheinlich
aufgrund bakterieller Produkte, vollständig aktiviert. Dies
führt einerseits zur Produktion von freien Sauerstoffradikalen, die wiederum andere neutrophile Granulozyten aktivieren und in Organen (z.B. in der Leber) Schaden anrichten können. Andererseits sind diese neutrophilen Granulozyten nicht mehr in der Lage, adäquat zu phagozytieren
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Hepatologie
nente des angeborenen Immunsystems. Bei Patienten mit Le­
berzirrhose wurden verschiedene funktionelle Defekte (Pha­
gozytose, Produktion von Sauerstoffradikalen, Zerstörung
von Bakterien) nachgewiesen. Neutrophile Granulozyten
sind bei diesen Patienten zu einem hohen Prozentsatz inad­
äquat aktiviert. Das bedeutet einerseits, dass die Produktion
von Sauerstoffradikalen anderen Zellen schaden kann, und
andererseits kommt es durch diese inadäquate Aktivierung
zu einem Verlust an energiereichen Phosphaten in der Zelle.
Das ist wiederum eine der Ursachen für die eingeschränkte
Funktion der Neutrophilen. Man findet auch eine Korrelati­
on der Neutrophilenfunktionsstörung mit der Rate an Infek­
tionen und der Mortalität. Als wahrscheinlichste Ursache für
die inadäquate Aktivierung von neutrophilen Granulozyten
sind bakterielle Produkte (Endotoxin, bakterielle DNA) an­
zusehen (Abb. 1).
Endotoxin (ein Lipopolysaccharid) ist ein Wandbestandteil
gramnegativer Bakterien, das im Körper an Lipopolysaccha­
rid-bindendes Protein gebunden und mittels der Rezeptoren
CD14 und Toll-like-Rezeptor 4 von Immunzellen erkannt
wird. Dadurch wird dann eine Entzündungsreaktion ausge­
löst. Normalerweise wird Endotoxin durch die Leber aus­
geschieden und ist im peripheren Blut nicht nachweisbar.
Bei Patienten mit Leberzirrhose werden allerdings größere
Mengen in der peripheren Zirkulation gefunden und die En­
dotoxinspiegel korrelieren mit dem Überleben und mit dem
Ausmaß der Kreislaufdysfunktion.
Normalerweise ist die Darmwand eine natürliche Barriere
gegen das Eindringen von Keimen in den Körper. Wenn die­
se Barriere gestört ist, können Keime, und damit Endotoxi­
ne, leichter in den Organismus eindringen. Bei Leberzirrho­
se findet man verschiedene Probleme bei der Darmbarriere:
Die Zusammensetzung der Darmflora ist verändert, die
Darmpermeabilität ist erhöht, die Motilität eingeschränkt
und die Immunreaktion des Darms ist gestört. Dadurch
können Bakterien oder bakterielle Bestandteile in größeren
Mengen über die Darmwand in den Körper eindringen.
Um diese Problematik besser zu verstehen, haben wir die
Neutrophilenfunktion, Marker für bakterielle Produkte und
die Darmpermeabilität an einer Kohorte von Patienten mit
Leberzirrhose untersucht.
Sukrose enthält, und sammeln im Anschluss fünf Stunden
lang Harn. Proben von Morgen- und Sammelharn wer­
den mit HPLC analysiert, wobei die Zuckermoleküle aus
den entproteinierten und entsalzten Harnproben mittels
Coulochem®II Detector (ESA Inc., Chelmsford, MA, USA)
gemessen und die Werte aus dem Sammelharn mit den indi­
viduellen Nüchternwerten korrigiert wurden. Die Ergebnis­
se sind als prozentueller Anteil der eingenommenen Zucker­
menge dargestellt.
Bei der Messung des Diaminooxidasespiegels im Serum
(kommerziell erhältlicher ELISA, Immundiagnostik AG,
Bensheim, Deutschland) wurde die Neutrophilenfunktion
(Resting Burst, Priming, stimulierter Burst, Phagozytose)
mittels Durchflusszytometrie bestimmt und die Endotoxinassoziierten Proteine Lipopolysaccharid-bindendes Protein
und sCD14 wurden mittels ELISA (Hycult Biotech, Uden,
Niederlande) gemessen.
Ergebnisse
Die Patientencharakteristika sind in Tabelle 1 dargestellt.
Patienten mit Leberzirrhose hatten eine erhöhte Darmper­
meabilität. Dies zeigte sich sowohl im Laktulose/Mannitol/
Sukrose-Test als auch anhand des erhöhten Diamino­
oxidaselevels im Serum. Das Laktulose/Mannitol-Verhältnis
Im Bereich Händedesinfektion sollten
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Methoden
Wir haben 32 Patienten mit postäthylischer Leberzirrhose
und 28 Patienten mit anderen Ursachen der Leberzirrhose
sowie 32 gesunde Kontrollen eingeschlossen. Die Darm­
permeabilität wurde durch zwei Methoden bestimmt: zum
einen über Laktulose/Mannitol/Sukrose-Exkretion und zum
anderen über die Messung des Diaminooxidasespiegels.
Bei der Messung der Laktulose/Mannitol/Sukrose-Ex­
kretion trinken die Patienten auf nüchternen Magen eine
Zuckerlösung, die 5g Mannitol, 10g Laktulose und 20g
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
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* nach aktuellen Umsatzzahlen 2010 (GPi
Krankenhaus-Sachbedarfsstudie, DKB:
alkohol. Händedesinfektion, Krankenhausbereich Deutschland)
hilft
Seite
53heilen.
I jatros
®
Hepatologie
Referat
Kontrollen
n=32
Child-Pugh-Score <7
n=44
Child-Pugh-Score ≥7
n=16
Alter (Jahre)
39±2
58±1
54±2
Geschlecht (m/f)
12/20
30/14
12/4*
Albumin (mg/dl)
4,7±0,1
4,3±0,1*
3,2±0,1*, §
Bilirubin (mg/dl)
0,6±0,1
1,1±0,1*
4,0±0,7*, §
CRP (mg/dl)
2,2±0,6
2,8±0,5
10,7±2,2*
*Signifikant im Vergleich zu Kontrollen
§
Signifikant im Vergleich zu Child-Pugh-Score <7
Tab. 1: Patientencharakteristika
gibt Auskunft über die Dünndarm­
permeabilität und zeigte bei Patienten
mit Leberzirrhose einen fünffach er­
höhten Anstieg gegenüber den Werten
gesunder Kontrollen. Die SukroseExkretion gibt Aufschluss über die
gastroduodenale Permeabilität, welche
bei Patienten mit Leberzirrhose 20fach erhöht war. Die Patienten zeig­
ten auch eine 30%ige Steigerung des
Aktivierung führt zu einer Steigerung
der ROS-Produktion um etwa 30%.
Trotz dieser Aktivierung können die
Neutrophilen fortgeschrittener Zirrho­
tiker (Child-Pugh-Score 7 und höher)
nur etwa zwei Drittel der Bakterien
phagozytieren, die die Zellen gesunder
Kontrollen aufnehmen können. Außer­
dem zeigte sich bei den Neutrophilen
der Patienten eine signifikant erhöhte
Bakterielle Produkte
in der Zirkulation
Inadäquate Aktivierung
neutrophiler Granulozyten
Zelluläres „burn-out“
Oxidativer Burst
Verminderte
Phagozytosekapazität
Erhöhte
Infektionsneigung
Abb. 2: Hypothese zur erhöhten Infektionsneigung bei Leberzirrhose
Diaminooxidaselevels im Serum, eines
Markers der intestinalen Integrität.
Die Neutrophilenfunktion zeigte meh­
rere Auffälligkeiten. Zum einen fan­
den sich unter den Neutrophilen der
leberzirrhotischen Patienten solche,
die bereits im Ruhezustand, ohne zu­
sätzlichen Stimulus, um 25% mehr re­
aktive Sauerstoffspezies (ROS) bilden
als bei Kontrollen. Nach Stimulierung
mit einem bakteriellen Peptid (fMLP)
zeigen die Neutrophilen der Patienten
eine stärkere Aktivierung (Priming) als
die Zellen gesunder Kontrollen. Diese
jatros I Seite 54
Population von neutrophilen Granu­
lozyten, die sich bei Stimulation durch
Bakterien nicht am oxidativen Burst
beteiligten. Bei gesunden Menschen
sind das im Mittel 5% der Neutrophi­
len, bei Leberzirrhotikern steigt dieser
Prozentsatz auf durchschnittlich 10%
an, kann aber in extremen Fällen bis
zu 58% der Zellen betreffen. Neben
einem erhöhten C-reaktiven Protein
hatten Patienten mit Leberzirrhose
auch einen zweifach erhöhten sCD14Spiegel im Plasma, während das Lipo­
polysaccharid-bindende Protein nicht
signifikant unterschiedlich war. sCD14
korrelierte invers (r2=0,35; p=0,008)
mit der Phagozytosekapazität der neu­
trophilen Granulozyten.
Diskussion
Zusammenfassend konnten wir zei­
gen, dass bei Patienten mit Leberzir­
rhose eine erhöhte Darmpermeabilität
sowie eine Neutrophilendysfunktion
nachweisbar sind. Die Neutrophilen­
funktion korreliert auch mit Markern
für bakterielle Produkte im Serum
der Patienten. Das unterstreicht die
Hypothese, dass eine erhöhte Darm­
permeabilität zu einem vermehrten
Aufkommen an bakteriellen Produk­
ten im peripheren Blut von Patienten
mit Leberzirrhose führt, dadurch die
neutrophilen Granulozyten inadäquat
aktiviert werden und in weiterer Folge
nicht mehr in der Lage sind, optimal
zu funktionieren. Patienten mit Leber­
zirrhose leiden also an einem erworbe­
nen Immundefekt, durch den die Rate
an Infektionen erhöht ist (Abb. 2). Die
medizinische Herausforderung liegt
daher einerseits darin, Infektionen bei
Patienten mit Leberzirrhose sicher und
frühzeitig zu diagnostizieren. Ande­
rerseits können in der Behandlung ne­
ben den bewährten prophylaktischen
(Impfung, antibiotische und antivirale
Prophylaxe, Ernährung) und therapeu­
tischen Strategien (gezielte antimikro­
bielle Therapie) auch experimentelle
Ansätze zunehmend interessant wer­
den, wie zum Beispiel Probiotika, der
frühzeitige Einsatz von Leberunterstüt­
zungsverfahren, Methoden zur Verbes­
serung der Albuminfunktion oder Tolln
like-Rezeptor-Modulation.
Literatur bei den Verfasserinnen
Autorinnen:
Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Vanessa Stadlbauer-Köllner,
Mag. Angela Horvath
Universitätsklinik für Innere Medizin
Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie
Medizinische Universität Graz
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Hepatologie
Referat
ÖGGH 2013
Nicht alkoholische Fettleber­
erkrankung und Krebs
In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass Übergewicht und Adi­
positas nicht nur mit einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität
behaftet sind, sondern auch mit einem erhöhten Risiko für viele
Malignome, vor allem der Brust, des Endometriums, der Nieren
sowie des Gastrointestinaltraktes, einhergehen.
Man nimmt an, dass in Europa 3,2% al­
ler Malignome bei Männern und 8,6%
bei Frauen mit Übergewicht und Adipo­
sitas sowie deren metabolischen Kon­
sequenzen in direktem Zusammenhang
stehen.1 Diese Zahlen sind vor dem Hin­
tergrund der globalen Adipositas-Epide­
mie mit rund 1,6 Mrd. Betroffenen welt­
weit außerordentlich besorgniserregend.
Das relative Risiko gastrointestinaler
Malignome ist bei adipösen Menschen
ca. 1,5–2x größer als bei normalgewich­
tigen Menschen, mit klaren organ- und
geschlechtsspezifischen Unterschieden.
Es gibt exakte Hinweise auf eine Asso­
ziation zwischen Adipositas und dem
Adenokarzinom des Ösophagus, dem
Gallenblasen- und dem Pankreaskarzi­
nom sowie dem hepatozellulären und
dem Kolorektalkarzinom. Dies ist vor
allem bemerkenswert, da sich gewisse
gastrointestinale Karzinome über kli­
nisch gut charakterisierte prämaligne
Vorläuferläsionen definieren. Darüber
hinaus besteht außerdem ein Zusam­
menhang zwischen Adipositas, meta­
bolischem Syndrom und ebendiesen
Vorläuferläsionen. Am besten belegt ist
diese Assoziation zwischen Adipositas
und dem Barrett-Ösophagus, dem kolo­
rektalen Adenom sowie der nicht alko­
holischen Fettlebererkrankung. Daher
KeyPoints
• Adipositas, metabolisches Syndrom und NAFLD sind nicht nur Risikofaktoren für kardiovaskuläre
Erkrankungen, sondern auch mit einer Vielzahl von insbesondere gastrointestinalen Malignomen
und deren Vorläuferläsionen assoziiert.
• NAFLD ist ein unabhängiger Risikofaktor für die Entstehung von HCC und CRC.
• Das intestinale Mikrobiom spielt eine entscheidende Rolle in der Entstehung von Adipositas,
metabolischem Syndrom, NAFLD, HCC und CRC; seine Modifikation könnte zukünftig einen interessanten Ansatz in der Therapie dieser Erkrankungen darstellen.
• Patienten mit Adipositas, metabolischem Syndrom, NAFLD und diversen Krebserkrankungen sollten in Krebspräventionsprogramme, im Speziellen Kolonkarzinomscreening, einbezogen werden.
• Es liegen keine Daten aus prospektiven Studien vor, dennoch könnten Lebensstilmodifikation
(gesunde Ernährung, vermehrte körperliche Aktivität) sowie gezielte Chemoprävention zur Reduktion von Malignomen führen.
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
C. Datz, Oberndorf
ist es naheliegend, dass einerseits po­
pulationsbasierte Maßnahmen zur Be­
handlung der Adipositas sowie anderer­
seits gezielte Tumorscreening-Strategien
zu einer signifikanten Reduktion von
Tumorerkrankungen führen könnten.
Adipositas und metabolisches Syndrom
spielen jedoch nicht nur in der Initiie­
rung der Kanzerogenese eine wesentli­
che Rolle, sie haben auch einen deletä­
ren Einfluss auf die Langzeitprognose
gastrointestinaler Malignome. Dies ist
vor allem auf ein höheres Metastasie­
rungspotenzial, eine erhöhte periope­
rative Morbidität sowie auch auf ein
schlechteres Ansprechen diverser Che­
motherapien zurückzuführen.
Die nicht alkoholische Fettleber­
erkrankung als unabhängige
potenzielle Präkanzerose
Aufgrund der globalen Zunahme von
Adipositas und ihren assoziierten Er­
krankungen ist die nicht alkoholische
Fettlebererkrankung (NAFLD) mitt­
lerweile die häufigste Lebererkrankung
weltweit. Das klinische Erscheinungs­
bild dieser Erkrankung reicht von der
unkomplizierten Leberzellverfettung
(NAFL) über die nicht alkoholische
Steatohepatitis (NASH) bis hin zur
Zirrhose und zum hepatozellulären
Karzinom (HCC). Rezent publizierte
Seite 55 I jatros
Hepatologie
epidemiologische Daten beschreiben
eine Prävalenz der NAFLD von 41%
in westlichen Populationen, 1–5% aller
Patienten dürften von der eher progre­
dient verlaufenden Form (NASH) be­
troffen sein. Bedauerlicherweise ist es
derzeit weder bildgebend noch labor­
chemisch möglich, die „unkomplizier­
te“ NAFL von der NASH zu differen­
zieren, sodass die Leberhistologie nach
wie vor den „Goldstandard“ in der Di­
agnostik darstellt. In den letzten Jahren
hat sich sowohl in populationsbasierten
Untersuchungen als auch in Studien, die
den natürlichen Verlauf der NAFLD be­
leuchteten, gezeigt, dass Patienten mit
einer Fettlebererkrankung ein höheres
Risiko haben, an kardiovaskulären Er­
krankungen zu sterben, und signifikant
höhere tumor- und leberassoziierte
Mortalität aufweisen. Besorgniserre­
gend ist, dass es in den letzten Jahren
zu einer dramatischen Zunahme von
NAFLD-assoziierten hepatozellulären
Karzinomen gekommen ist. Bemerkens­
wert dabei ist auch, dass das NAFLDassoziierte HCC nicht nur in der
zirrhotischen Leber, sondern überpro­
portional häufig auch bei NASH ohne
Zirrhose und, wenngleich selten, sogar
bei Patienten mit „simpler“ Steatose
auftreten kann. Derzeit ist die NAFLD
mit komplizierter Verlaufsform wie Zir­
rhose und/oder HCC die dritthäufigste
Indikation für eine Lebertransplanta­
tion. Es ist davon auszugehen, dass die
Abb. 1: NAFLD
jatros I Seite 56
Referat
NAFLD in den nächsten 10 Jahren die
häufigste Indikation für eine Leber­
transplantation darstellen wird. Auf
Basis epidemiologischer Daten existiert
aber nicht nur ein klarer Zusammen­
hang zwischen Fettlebererkrankung
und HCC, sondern auch mit dem Kolo­
rektalkarzinom. So konnten Stadlmayr
et al zeigen, dass die NAFLD ein unab­
hängiger Risikofaktor für kolorektale
Adenome und Karzinome darstellt.2
Daten aus Asien zeigen darüber hinaus,
dass Patienten mit NASH im Vergleich
zu Lebergesunden wesentlich häufiger
fortgeschrittene Adenome entwickelten
und diese Adenome auch häufiger im
rechten Hemikolon auftraten.3
Natürlicher Verlauf und Erkrankungsprogression der NAFLD
Der natürliche Verlauf der NAFLD und
vor allem Faktoren, die zu einem Fort­
schreiten der Erkrankung führen, sind
nur unzureichend aufgeklärt. Die Insu­
linresistenz steht jedoch im Fokus von
Entstehung und Erkrankungsprogres­
sion. Die Insulinresistenz beeinflussen­
de, komplexe Interaktionen zwischen
genetischen Faktoren, Ernährungsge­
wohnheiten, Adipozytokinen und dem
in letzter Zeit zunehmend in den Fokus
des wissenschaftlichen Interesses gerate­
nen intestinalen Mikrobiom spielen da­
bei im natürlichen Verlauf eine zentrale
Rolle. So konnte in mehreren Studien
gezeigt werden, dass das Ausmaß der
Insulinresistenz mit dem Schweregrad
histologischer Veränderungen, dem
Auftreten von Zirrhose und HCC und
daher mit Prognose und Mortalität klar
assoziiert ist (Abb. 1).
Metabolische Faktoren der NAFLDassoziierten Kanzerogenese
Aus pathophysiologischer Sicht wird
die Assoziation zwischen Übergewicht,
Adipositas und Karzinogenese nur un­
vollständig verstanden. In den letzten
Jahren ist es jedoch gelungen, einige
wichtige Faktoren zu charakterisieren,
die eine mögliche Verbindung zwischen
metabolischem Syndrom, chronischer
Inflammation und Kanzerogenese dar­
stellen. Eine wesentliche Rolle bei die­
sen postulierten Mechanismen spielen
die Hyperinsulinämie sowie „Insulinlike growth factor signaling“. Eine zen­
trale Rolle dürfte auch die viszerale
Adipositas spielen, da sie nicht nur eine
Quelle für eine systemische subklinische
Inflammation darstellt, sondern auch
für eine Dysbalance wichtiger, in den
Adipozyten gebildeter Zytokine, wie
Adiponektin und Leptin, verantwort­
lich ist. Adiponektin-Serumspiegel sind
vor allem bei Patienten mit Adipositas,
metabolischem Syndrom und Diabetes
mellitus deutlich erniedrigt. So konnte
auch gezeigt werden, dass eine inverse
Korrelation zwischen Adiponektin und
dem Auftreten kolorektaler Adenome
besteht. In-vitro- und In-vivo-Studien
zeigen, dass Adiponektin durch Modu­
lation metabolischer und antiangioge­
netischer Mechanismen in der Lage ist,
das Wachstum von Kolonkarzinomzel­
len sehr potent zu inhibieren.4 Anderer­
seits konnte in mehreren Studien gezeigt
werden, dass Leptin, ein weiteres Adi­
pozytokin, welches bei Adipositas und
metabolischem Syndrom fehlreguliert
wird, in der Lage ist, das Wachstum
verschiedener Krebszelllinien (in Brust,
Ösophagus, Pankreas, Kolorektum,
Prostata und Lunge) zu stimulieren.
Obwohl diese Daten relativ präliminär
sind, scheinen Adipozytokine attraktive
Kandidaten zu sein, um den Zusam­
menhang zwischen Adipositas, meta­
bolischem Syndrom und Kanzerogenese
besser verstehen zu können.
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Hepatologie
Referat
Intestinales Mikrobiom, Adipositas
und Krebs
Trotz der klaren epidemiologischen
Evidenz werden Mechanismen, die
den Zusammenhang zwischen Adipo­
sitas, NAFLD, HCC und Kolonkarzi­
nom erklären könnten, relativ wenig
verstanden. Einen faszinierenden An­
satz im Verständnis dieser Interakti­
on könnte das intestinale Mikrobiom
(IM) bieten. So konnte in den letzten
Jahren gezeigt werden, dass der intes­
NAFLD und in letzter Konsequenz mit
der Entwicklung eines HCC in Zusam­
menhang gebracht wird.6, 7 So konnten
kürzlich Yoshimoto et al zeigen, dass
die Desoxycholsäure, ein Adipositas-as­
soziiertes Abfallprodukt des mikrobiell
modulierten Gallensäuremetabolismus,
die hepatische Inflammation und die
Progression zum HCC beeinflusst.8 Ei­
nen weiteren entscheidenden Faktor in
der Entstehung von Inflammation und
Kanzerogenese sowohl beim HCC als
auch beim CRC stellt die Beeinträchti­
Abb. 2: Bakterielles Mikrobiom und Tumoren
tinalen Mikrobiota eine entscheidende
Rolle bei metabolischen Prozessen wie
Nahrungsaufnahme, Energieextraktion
und Detox­
ifizierung von Nahrungsbe­
standteilen zukommt. Darüber hinaus
beeinflusst sie die Darmmotilität so­
wie die Barrierefunktion und spielt in
der Interaktion mit dem Immunsystem
eine Schlüsselrolle. Die Zusammen­
setzung der intestinalen Mikrobiota
hat einen entscheidenden Stellenwert
in der Entstehung von Insulinresistenz,
Typ-2-Diabetes, kardiovaskulären Er­
krankungen und der NAFLD. Sowohl
im Tiermodell als auch im humanen
Setting ließ sich eindrucksvoll nach­
weisen, dass eine Stuhltransplantation
von gesunden, schlanken Individuen bei
insulinresistenten Probanden zu einer
Erhöhung der Insulinresistenz führte.5
Rezente Arbeiten zeigen, dass die im
Rahmen der Adipositas auftretende in­
testinale Dysbiose mit der Entstehung
von proinflam­matorischen Metaboliten,
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
gung der intestinalen Barrierefunktion
durch eine Veränderung des intestinalen
Mukus dar. Durch die Dysbiose-asso­
ziierte Barrierefunktionsstörung mit
abnormer Darmpermeabilität können
vermehrt proinflammatorische Substan­
zen, aber auch pathogene Keime in die
enterohepatische Zirkulation gelangen
und so die Tumorneogenese in Darme­
pithel und Leber initiieren.9, 10, 11, 12
Die Rolle des Mikrobioms in Tumo­
rentstehung und -progression wird auch
dadurch untermauert, dass die Gabe
von Antibiotika im Tiermodell unter be­
stimmten Voraussetzungen nicht nur zu
einer Verbesserung des adipösen Phäno­
typs, sondern auch zu einer Regression
von HCC und CRC führte (Abb. 2).13, 14, 15
Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten
werden, dass Übergewicht, Adipositas
und metabolisches Syndrom Risikofak­
toren für multiple Malignome, vor allem
des Gastrointestinaltraktes und des he­
patobiliären Systems, darstellen. Dieser
negative Impact bezieht sich nicht nur
auf die frühe Phase der Kanzerogenese,
sondern auch auf die Prognose nach Di­
agnosestellung. Da wir davon ausgehen
müssen, dass die Prävalenz der Adipo­
sitas weiter zunehmen wird, wird dies
indirekt auch zu einer Zunahme Adi­
positas-assoziierter Tumorformen füh­
ren. Wenngleich aus epidemiologischer
Sicht die Assoziation zwischen Adiposi­
tas und erhöhtem Krebsrisiko etabliert
ist, existieren noch keine prospektiven
Studien, die zeigen können, dass Ernäh­
rungsumstellung und Gewichtsverlust
sowie körperliches Training eine effek­
tive Krebsprävention darstellen. In die­
sem Zusammenhang ist es auch nahelie­
gend, dass ein besseres Verständnis der
Zusammenhänge zwischen Adipositas,
metabolischem Syndrom und Kanzero­
genese zur Entwicklung gezielter medi­
kamentös-chemopräventiver Strategien
für übergewichtige Patienten führen
wird. Wir sollten uns jedoch darüber im
Klaren sein, dass Patienten mit Adiposi­
tas und NAFLD ein erhöhtes Risiko vor
allem auch für potenziell vermeidbare
Tumorformen wie das hepatozelluläre
Karzinom und das Kolorektalkarzinom
aufweisen. In diesem Zusammenhang
müssen derzeit akzeptierte ScreeningGuidelines überdacht und Patienten mit
einem dokumentiert erhöhten Risiko
früher in spezielle Vorsorgeuntersu­
chungen einbezogen werden.
n
Literatur:
Hull P et al, Nature Reviews Gastroenterol Hepatol
2011; 8(4): 224-238
2
Stadlmayr A et al, J Int Med 2011
3
Wong VW et al, Gut 2011
4
Moon HS et al, Gut 2013
5
Vrieze A et al, Gastroenterology 2011
6
Park E et al, Cell 2010
7
Fei N et al, ISME 2013
8
Yoshimoto S et al, Sience 2013
9
Hakansson A et al, Nutrients 2011
10
Zhu Y et al, Cancer Letters 2011
11
Sobhani I et al, PloS One 2011
12
Grivennikov S et al, Nature 2012
13
Grivennikov S et al, Nature 2012
14
Yoshimoto S et al, Science 2013
15
Vijay-Kumar M et al, Science 2010
1
Autor: Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Datz
Vorstand der Abteilungen für Innere Medizin,
Akutgeriatrie und Remobilisation
Krankenhaus Oberndorf/Salzburg
Seite 57 I jatros
Hepatologie
News
STARTVerso™1: Faldaprevir
Hohe Raten an viraler Heilung
bei therapienaiven Patienten mit
HCV-Genotyp-1-Infektion
Bis zu 80% der Patienten, die in der klinischen Phase-III-Studie STARTVerso™1 mit Faldaprevir plus PEGInterferon/Ribavirin behandelt wurden, erreichten eine SVR12. In beiden getesteten Dosierungen erfüllten
87–89% der Patienten die definierten Kriterien, um die Behandlung nach 24 Wochen erfolgreich zu beenden. Faldaprevir wurde in beiden Dosierungen gut toleriert, mit der niedrigeren Dosierung war die Zahl der
Behandlungsabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen annähernd gleich hoch wie in der Placebogruppe.
Im Rahmen von STARTVerso™1 wurde der
einmal täglich verabreichte Proteaseinhibitor
Faldaprevir (BI 201335) in Kombination mit
pegyliertem Interferon alfa-2a und Ribavirin
(PegINF/RBV) an therapienaiven Patienten mit
chronischer Hepatitis-C-Infektion vom Genotyp 1 getestet. Als primärer Endpunkt der Studie wurde die Sustained Viral Response (SVR)
12 Wochen nach Beendigung der Therapie
festgelegt.1 Insgesamt wurden 625 Patienten
aus Europa und Japan in die Studie eingeschlossen.
Patienten, deren Viruslast zur Woche 4 und zur
Woche 8 stark abgefallen war, hatten die Möglichkeit, die Therapie frühzeitig zu beenden (im
Studienprotokoll definiert als Early Treatment
Success, ETS).1 Ein ETS wurde von 88% aller
Patienten, die mit dem Faldaprevir-basierten
Regime behandelt wurden, erreicht.1
Diese Patienten konnten die Therapie zur Woche 24 beenden, 88% von ihnen erreichten
eine SVR12. Aus der gesamten Studienpopulation erreichten bis zu 80% der Patienten,
die Faldaprevir erhalten hatten, den Endpunkt
einer SVR12.1 Im Vergleich dazu erzielten nur
52% der Patienten, die Placebo + PegINF/
RBV erhalten hatten eine SVR12. In der Studie konnte zudem kein Effekt der Dosierung
auf die Effizienz der Behandlung festgestellt
werden. Mit der niedrigeren Dosierung von
1x täglich 120mg Faldaprevir erreichten noch
immer 79% der Patienten eine SVR12. Die
Zahl der Patienten, die die Therapie aufgrund
jatros I Seite 58
von Nebenwirkungen abbrechen mussten, war
ähnlich hoch wie unter Placebo.1
„Diese Ergebnisse sind umso erfreulicher, als
in STARTVerso™1 eine bedeutende Anzahl an
Patienten mit fortgeschrittenen Lebererkrankungen eingeschlossen worden ist, von denen
im Faldaprevir-Arm noch immer bis zu 80%
eine SVR12 erreichten“, erklärte Studienleiter
Univ.-Prof. Dr. Peter Ferenci, Wien. „Der Umstand, dass die überwiegende Zahl der Patienten in der Lage war, die Behandlung früh
– nach 24 Wochen – zu beenden und dabei
eine virale Heilung zu erreichen, ist ebenso
vielversprechend wie die gute Verträglichkeit
von Faldaprevir.“
Nebenwirkungen, die zu einem Abbruch der Behandlung führten, wurden bei 5% der Patienten
verzeichnet, die mit Faldaprevir in der Dosierung
von 120mg behandelt wurden, sowie bei 4% der
Patienten aus dem Placeboarm. Ein Anstieg der
Werte von unkonjugiertem Bilirubin wurde bei
allen Patientengruppen unter Verum und unterschiedlichen Dosierungen beobachtet. Dieser war
jedoch reversibel und nicht von einem Anstieg
von Leberenzymwerten begleitet. Anämie (11%,
13%, 12%), Ausschlag (6%, 8%, 9%) und gastrointestinale Beschwerden (3%, 7%, 9%) waren
die häufigsten Nebenwirkungen vom Grad 2–4
im Placebo-, Faldaprevir-120mg- und Faldaprevir-240mg-Arm.
„Diese Phase-III-Ergebnisse für Faldaprevir mit
dem Interferon-basierten Behandlungsregime
sind ein wichtiger Schritt in unserem Bemühen,
eine gut verträgliche Therapieoption zu entwickeln, die die Rate der Heilung von schwierig
zu therapierenden Genotyp-1-Patienten bedeutend erhöht“, so Univ.-Prof. Dr. Klaus Dugi,
Senior Vice President Medicine bei Boehringer
Ingelheim. „Gleichzeitig konnten annähernd
90% der Patienten die Therapie nach 24 Wochen abschließen. Die Verkürzung der Interferon-basierten Behandlung bedeutet einen wichtigen Vorteil im Hinblick auf die Lebensqualität
der Patienten – ebenso wie ein Therapieregime,
das die Patienten von einer hohen Pillenlast
und der Notwendigkeit einer fettreichen Diät
zur Einnahme der Therapie befreit.“
n
Literatur:
Ferenci, P. et al. Faldaprevir plus pegylated interferon alfa-2A and ribavirin in chronic HCV genotype-1
treatment-naïve patients: final results from STARTVerso1, a randomised, double blind, placebo-controlled Phase III trial. Presented at the International
Liver CongressTM (ILC), The 48th Annual Meeting of
the European Association for the Study of the Liver
(EASL), 24-28 April, 2013
1
Quelle: Presseaussendung Boehringer Ingelheim
Kontakt:
Inge Homolka
Boehringer Ingelheim RCV GmbH & Co KG
Dr. Boehringer-Gasse 5 - 11
A-1121 Wien
Kommunikation
Tel.: 01/80105-2230
[email protected]
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
HIV/Aids
News
Stribild®
Erstes Integraseinhibitor-basiertes
Single-Tablet-Regime eingeführt
Am 28. Mai 2013 hat die europäische Arzneimittelbehörde EMA Stribild® – das erste Integraseinhibitorbasierte Single-Tablet-Regime (STR) mit Truvada®-Backbone – für die Behandlung einer HIV-1-Infektion
bei Erwachsenen zugelassen, die nicht antiretroviral vorbehandelt sind oder bei denen das Virus keine
Mutationen aufweist, die bekanntermaßen mit Resistenzen gegen einen der drei antiretroviralen
Wirkstoffe assoziiert sind.1
Auf einer Pressekonferenz im Rahmen des 6. DeutschÖsterreichischen AIDS Kongresses (DÖAK) in Innsbruck
wurden insbesondere die effektive antiretrovirale Wirkung von Stribild® sowie die gute Verträglichkeit und
die bevorzugte Formulierung als STR unterstrichen, die
die Adhärenz optimiert und so zu einem verbesserten
Therapieerfolg beitragen kann.2, 3 „Zur Therapie einer
HIV-Infektion stehen inzwischen mehr als 20 Arzneimittel zur Verfügung, aufgrund der Resistenzproblematik
des HI-Virus sowie der Nebenwirkungen einiger Substanzen ist jedoch die Entwicklung weiterer Wirkstoffe
nötig. Derzeit ist die modernste Klasse antiretroviraler
Substanzen die der Integraseinhibitoren“, erklärte
Univ.-Prof. Dr. Georg M. N. Behrens, Hannover. Integrase­
inhibitoren hemmen die Einbindung des HIV-Genoms
in die Wirts-DNA und blockieren so die Replikation des
Virus. Behrens betonte: „Charakteristisch für Integrase­
inhibitoren sind vor allem die schnelle und effektive
Wirkung sowie die gute Verträglichkeit.“ Jüngste Daten einer von Molina et al publizierten Studie zeigen,
dass der neue Integraseinhibitor Elvitegravir bei einmal
täglicher Gabe ebenso effektiv ist wie das bisher verfügbare Raltegravir.4 Dies ermöglichte die Entwicklung
von Stribild® – dem ersten Integraseinhibitor-basierten
STR, einer vollständigen antiretroviralen Therapie (ART)
in einer einzigen Tablette, die nur einmal am Tag eingenommen wird. Stribild® enthält neben dem bewährten
First-Line-Backbone FTC/TDF (Emtricitabin/Tenofovirdisoproxilfumarat) den Integraseinhibitor Elvitegravir
(EVG) und Cobicistat2 (COBI), einen Hemmstoff des
Cytochrom-P450-Isoenzyms CYP3A, der als Booster für
Elvitegravir wirkt, aber keine eigene antivirale Aktivität
besitzt.5 Univ.-Prof. Dr. Jürgen Rockstroh, Bonn, präsentierte die beiden Zulassungsstudien (GS-102 und GS-103),2, 3
in denen Stribild® mit zwei anderen empfohlenen
First-Line-Regimes verglichen wurde – dem STR
Atripla® (Efavirenz/FTC/TDF) und Reyataz® (Atazanavir/
Ritonavir ATV/RTV) plus Truvada® (FTC/TDF). Nach
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
48 Wochen erreichten in der FDA-Snapshot-Analyse
der Studie GS-102 unter Atripla® 84% der Patienten
eine Viruslast <50 Kopien/ml, unter Stribild® waren
es 88%.2 In der Studie GS-103 erreichten 87% der
ATV/RTV/FTC/TDF-Patienten nach 48 Wochen dieses
Therapieziel, unter Stribild® 90%.3 „Die virologische
Wirksamkeit von Stribild® ist auch im ,Stresstest‘ bei
hoher Viruslast und allen CD4-Ausgangswerten nachweisbar“, betonte Rockstroh. So zeigt die integrierte
Analyse beider Studien nach 96 Wochen keine Unterschiede in der Effektivität zwischen den drei Therapieregimes in Bezug auf Viruslast und CD4-Zellzahl
zu Studienbeginn.6 Die Wirkung von Stribild® setzte
außerdem besonders schnell ein – bereits nach vier
Wochen erreichten in den Zulassungsstudien 60% der
Patienten eine Viruslast unter der Nachweisgrenze.7 In
allen Studien wurde das Integraseinhibitor-STR gut
vertragen, häufigste Nebenwirkung sind Rockstroh
zufolge gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit
und Diarrhö, die jedoch überwiegend gering in der
Intensität waren und in der Regel innerhalb der ersten
zwei Wochen abklingen.2, 3 Zu beachten ist, dass die
CYP450-Hemmung von COBI bei einer Komedikation,
die über das gleiche Enzymsystem metabolisiert wird,
zu erhöhten Plasmakonzentrationen führen kann.
COBI hemmt außerdem die tubuläre Kreatininsekretion und führt dadurch zu einem klinisch nicht relevanten erhöhten Serumkreatinin-Spiegel.8
„Voraussetzung für eine erfolgreiche ART ist die regelmäßige Einnahme aller antiretroviralen Arzneimittel.
STR können dem Patienten diese unverzichtbare hohe
Adhärenz erleichtern, zu einer höheren virologischen
und immunologischen Wirksamkeit und damit zu einer geringeren Morbidität führen“, betonte Ass.-Prof.
OA Dr. Armin Rieger, Wien. In einer retrospektiven
Analyse war der Anteil an Patienten, die unter einem
STR eine Adhärenz von mehr als 90% erreichten,
signifikant höher als unter anderen ART-Regimes
(p<0,001).8 Eine partielle Nichtadhärenz konnten
Cohen et al bei 7% der Patienten unter NNRTI, 20%
unter einem geboosteten Proteaseinhibitor und 11%
unter Raltegravir nachweisen.9
Prof. Jürgen Rockstroh betonte abschließend: „Die europäischen Leitlinien empfehlen heute, bei Menschen
mit einer HIV-Infektion in früheren Erkrankungsstadien eine antiretrovirale Therapie zu beginnen, als dies
in älteren Empfehlungen der Fall war. Für diese über
Jahrzehnte laufende Behandlung ist es entscheidend,
dass neue vereinfachte Therapieoptionen verfügbar
werden. Stribild® wird HIV-Behandlern eine effektive,
verträgliche und bequeme Therapieoption für ihre Patienten in die Hand geben.“
n
Literatur:
Fachinformation Stribild®, Stand Mai 2013
2
Zolopa A et al, J Acquir Immune Defic Syndr 2013;
63(1): 96-100
3
Rockstroh J et al, J Acquir Immune Defic Syndr
2013; 63(1): 483-486
4
Molina JM et al, Lancet Infect Dis 2012; 12: 27-35
5
Mathias AA et al, Clin Pharmacol Ther 2010; 87: 322-329
6
Zolopa A et al, 20th Conference on Retroviruses and
Opportunistic Infections 2013, Atlanta, Georgia, USA, #553
7
Sax P et al, Lancet 2012; 379: 2439-2448
8
Vera J et al, 11th International Congress on Drug
Therapy in HIV Infection, Glasgow, UK, P005
9
Cohen C et al, 52nd Interscience Conference on
Antimicrobial Agents and Chemotherapy 2012,
San Francisco, California, USA, #H-211
1
Quelle: Pressekonferenz „Stribild – Performance,
die mehr bewegt“, 13. Juni 2013, Innsbruck
Weitere Informationen:
Gilead Sciences GesmbH
Tel.: 01/260 83-0
Web: www.gilead.com
Seite 59 I jatros
Infektiologie
News
Pathogeninaktivierung in Blutpräparaten
Innovatives Verfahren am
LKH Innsbruck eingeführt
Seit 1. März 2013 wird an der Blutbank des Landeskrankenhauses (LKH) Innsbruck bei der Gewinnung von
Thrombozytenkonzentraten das neuartige INTERCEPT-Verfahren zur Inaktivierung gefährlicher Pathogene
angewandt. In einem Expertengespräch mit anschließender Laborbesichtigung wurde umfassend über den
Nutzen des neuen Systems und dessen praktische Implementierung informiert.
Sicherheit und Bedarf an Blutpräparaten
in Österreich
„Die grundlegende Frage für eine sichere Gewinnung von Blutpräparaten scheint in Zukunft
immer mehr auf eine Entscheidung zwischen der
Sterilitätstestung oder der Pathogeninaktivierung
der gewonnenen Spenden hinauszulaufen“,
brachte Prim. Univ.-Doz. Dr. Harald Schennach,
Vorstand des Zentralinstituts für Bluttransfusion
der TILAK, die Ausgangslage bei der Einführung
des neuen Systems auf den Punkt.
Speziell der Bedarf an Thrombozytenkonzentraten belief sich im Jahr 2011 österreichweit
auf annährend 38.000 verabreichte Präparate.
Während die Zahl der Transfusionen von Erythrozytenkonzentraten durch blutsparende Maßnahmen und bessere chirurgische Methoden allein in
den Jahren 2008–2011 österreichweit um 10%
reduziert werden konnte, bleibt der Verbrauch
von Thrombozyten nach wie vor auf demselben
Niveau. Allein in Innsbruck werden jährlich etwa
5.000 Blutplättchenpräparate verabreicht.
Bei der Gewinnung von Thrombozyten kommt
neben dem bekannten Risiko des diagnostischen Fensters bei der Sterilitätstestung
erschwerend hinzu, dass sie bei Raumtemperatur gelagert werden müssen, um ihre Aggregationsfähigkeit zu erhalten. Insbesondere die
Verunreinigung durch bakterielle Erreger stellt
daher ein schwierig zu beseitigendes Problem
dar. Während das Restrisiko, durch eine verabreichte Blutkonserve mit dem Hepatitis-B-Virus
infiziert zu werden, heute bei 1:300.000 liegt,
das Restrisiko für die Infektion mit Hepatitis
C bei 1:1.500.000 und das für eine Infektion
mit HIV bei 1:2.500.000, beträgt das Risiko eines Patienten, eine Sepsis durch ein bakteriell
jatros I Seite 60
kontaminiertes Thrombozytenpräparat zu erleiden, ca. 1:1.000. „Neben der Problematik des
Auftauchens von neuen ,emerging pathogens‘
(z.B. West-Nil-Virus, Malaria, Chikungunya,
Dengue-Fieber, Borrelien oder Barbesien) war
dieses Problem einer der Hauptfaktoren für
uns, den Einsatz des neuen Verfahrens routinemäßig zu etablieren“, so Schennach.
INTERCEPT-Verfahren
„INTERCEPT ist ein höchst spezifisches und
sehr gut ausgetestetes Verfahren“, betonte Dr.
Johannes Irsch, wissenschaftlicher Direktor der
Herstellerfirma Cerus Europe B.V. „Es basiert im
Wesentlichen auf zwei Komponenten: einerseits
dem Psoralen Amotosalen – dabei handelt es
sich um eine Substanz, die den Blutprodukten
beigesetzt wird und sich dort ins Erbgut von
enthaltenen Pathogenen einlagern kann – und
andererseits auf der Bestrahlung der Präparate
durch UVA-Licht, die bewirkt, dass die Separation der DNA-Stränge dieser Pathogene durch das
eingelagerte Amotosalen verhindert wird. Die
Gentranskription und somit die Replikation der
Erreger werden folglich über einen empfindlichen
Zeitraum hinweg blockiert.“
Das INTERCEPT-Verfahren ist in Europa als Medizinprodukt der Klasse III für die Inaktivierung von
Kontaminationen mit Viren, Bakterien und Protozoen zugelassen. „Schon vor der Einführung am
LKH Innsbruck verfügten wir über umfassende
praktische Erfahrungen mit dem System. Mittlerweile können wir auf insgesamt 2 Mio. transfundierte Präparate an mehr als 100 Zentren in 20
Ländern der Welt verweisen, wo das Verfahren
heute als Routineanwendung im Einsatz ist. In
Ländern wie der Schweiz wird das System bereits
seit 2011 flächendeckend eingesetzt.“
Implementierung in der Praxis
„Psoralene sind Substanzen, die in der Natur
vermehrt im Gemüse, etwa in Zwiebeln, vorkommen“, erklärte Univ.-Doz. Dr. Walter Nussbaumer,
Oberarzt am Zentralinstitut für Bluttransfusion
der TILAK. „Erst durch die Bestrahlung mit UVALicht werden der Zellstoffwechsel und somit die
Replikation von Pathogenen unmöglich gemacht.
Anschließend werden die Wirksubstanz und deren Abbauprodukte absorbiert und dem Blutprodukt wieder entnommen, sodass nur noch geringe Restspuren darin enthalten bleiben.“
Für die Einführung des Systems am LKH Innsbruck mussten auch Arbeitsabläufe und Produktionsstandards empfindlich umstrukturiert
werden. „Durch die Möglichkeit, die Präparate
nun sieben statt wie bisher fünf Tage zu lagern,
konnten wir den Verlust durch das Verwerfen von
nicht verwendeten Thrombozytenpräparaten alleine seit der routinemäßigen Einführung von zuvor 10% auf 2% senken“, betonte Nussbaumer
den konkreten Nutzen. Auch die bedeutenden
Anschaffungskosten konnten durch zusätzliche
Umstrukturierungsmaßnahmen beim Gewinnungsprozess neutralisiert werden. „Zumindest
können wir sagen, dass dadurch die Gewinnung
von Thrombozytenpräparaten für uns nicht teurer
geworden ist“, so Nussbaumer abschließend. n
Bericht: Redaktion
Quelle: „Neue Maßstäbe bei der Sicherheit
von Blutpräparaten: innovatives Verfahren zur
Pathogen-Inaktivierung am LKH Innsbruck“
Expertengespräch & Laborbesichtigung
7. Mai 2013, Innsbruck
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Fachkurzinformationen
Fachkurzinformation zu Artikel auf Seite 8 und Inserat auf Seite 9
Bezeichnung des Arzneimittels: ISENTRESS 400 mg Filmtabletten; Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält 400 mg Raltegravir (als Kaliumsalz). Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jede Tablette enthält 26,06 mg LactoseMonohydrat; Liste der sonstigen Bestandteile: Tablettenkern: mikrokristalline Cellulose, Lactose-Monohydrat, Calciumhydrogenphosphat, Hypromellose 2208, Poloxamer 407, Natriumstearylfumarat, Magnesiumstearat; Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Titandioxid
(E 171), Macrogol 3350, Talkum, Eisen(III)-oxid (E 172), Eisen(II,III)-oxid (E 172); Anwendungsgebiete: ISENTRESS ist angezeigt in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Behandlung einer Infektion mit dem Humanen Immundefizienzvirus
(HIV-1) bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab 2 Jahren; Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der im Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile; Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit: Schwangerschaft: Es liegen
keine ausreichenden Daten über die Anwendung von Raltegravir in der Schwangerschaft vor. Tierstudien zeigten Reproduktionstoxizität. Das potenzielle Risiko für die Anwendung beim Menschen ist nicht bekannt. ISENTRESS darf während der Schwangerschaft
nicht angewendet werden. Register für Schwangerschaften unter antiretroviraler Therapie (Antiretroviral Pregnancy Registry): Ein Register für Schwangerschaften unter antiretroviraler Therapie wurde zur Überwachung der maternalen bzw. fetalen Daten von
Patientinnen, denen versehentlich während ihrer Schwangerschaft ISENTRESS verabreicht wurde, eingerichtet. Die Ärzte sind aufgefordert, schwangere Patientinnen in dieses Register einzutragen. Im Allgemeinen sollten bei der Entscheidung über die Anwendung
antiretroviraler Arzneimittel bei der Therapie HIV-infizierter schwangerer Frauen und damit auch bei der Verringerung des Risikos einer vertikalen Übertragung von HIV auf das Neugeborene, Daten aus Tierstudien und klinische Erfahrungen mit schwangeren Frauen
in Betracht gezogen werden, wenn die Sicherheit für den Fetus zu beurteilen ist; Stillzeit: Es ist nicht bekannt, ob Raltegravir beim Menschen in die Muttermilch übertritt. Raltegravir geht jedoch in die Milch säugender Ratten über. Bei einer maternalen Dosis von
600 mg/kg/Tag bei Ratten war die mittlere Wirkstoffkonzentration in der Milch ungefähr 3-mal höher als im maternalen Plasma. Während der Einnahme von ISENTRESS wird Stillen nicht empfohlen. Im Allgemeinen wird empfohlen, dass HIV-infizierte Mütter ihre
Säuglinge nicht stillen, um die Übertragung von HIV zu verhindern; Fertilität: Bei männlichen und weiblichen Ratten, die Dosen bis zu 600 mg/kg/Tag entsprechend der 3-fachen Exposition im Vergleich mit der Exposition bei der empfohlenen humantherapeutischen
Dosis erhielten, wurden keine Auswirkungen auf die Fertilität beobachtet; Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Arzneimittel zur systemischen Anwendung, andere antivirale Arzneimittel, ATC-Code: J05AX08; Inhaber der Zulassung: Merck Sharp & Dohme
Limited. Hertford Road, Hoddesdon. Hertfordshire EN11 9BU. Vereinigtes Königreich; Abgabe: Rezept- und apothekenpflichtig; Stand der Information: Juli 2013; Weitere Angaben zu Dosierung und Art der Anwendung, Besondere Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, Nebenwirkungen, Überdosierung, pharmakologische
Eigenschaften und pharmazeutische Angaben sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.
Fachkurzinformation zu Artikel ab Seite 11
BEZEICHNUNG: KALETRA 200 mg / 50 mg Filmtabletten; ZUSAMMENSETZUNG: Jede Filmtablette enthält 200 mg Lopinavir in Kombination mit 50 mg Ritonavir zur Verbesserung der Pharmakokinetik ; ANWENDUNGSGEBIETE: Kaletra ist in Kombination
mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Behandlung von mit dem humanen Immundefiziens-Virus (HIV-1)- infizierten Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern über 2 Jahre angezeigt. Bei bereits mit Proteasehemmern vorbehandelten HIV-1-infizierten
Erwachsenen sollte die Anwendung von Kaletra auf einer individuellen virologischen Resistenzuntersuchung und der Behandlungsvorgeschichte des Patienten beruhen; GEGENANZEIGEN: Überempfindlichkeit gegenüber den Wirkstoffen oder einen der sonstigen
Bestandteile. Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz. Kaletra enthält Lopinavir und Ritonavir, beide sind Hemmer des P450 Isoenzym CYP3A. Kaletra sollte nicht gleichzeitig mit Arzneimitteln verabreicht werden, deren Clearance stark von CYP3A abhängt und
bei denen durch erhöhte Plasmakonzentrationen mit schweren und/oder lebensbedrohlichen Situationen zu rechnen ist. Diese Arzneimittel sind z. B. Astemizol, Terfenadin, oral verabreichtes Midazolam (besondere Vorsicht bei parenteral verabreichtem Midazolam), Triazolam, Cisaprid, Pimozid, Amiodaron, Mutterkornalkaloide (z. B. Ergotamin, Dihydroergotamin, Ergometrin und Methylergometrin), Lovastatin, Simvastatin, Sildenafil zur Behandlung der pulmonal-arteriellen Hypertonie (zur Anwendung von Sildenafil
bei Patienten mit erektiler Dysfunktion siehe Fachinformation) und Vardenafil. Pflanzliche Zubereitungen, die Johanniskraut (Hypericum perforatum) enthalten, dürfen wegen des Risikos reduzierter Plasmakonzentrationen und verminderter klinischer Effekte
von Lopinavir und Ritonavir nicht gleichzeitig mit Lopinavir und Ritonavir angewendet werden; SONSTIGE BESTANDTEILE: Der Tablettenkern enthält: Copovidon, Sorbitanlaurat, Hochdisperses Siliciumdioxid, Natriumstearylfumarat; Filmüberzug: Hypromellose,
Titandioxid, Macrogol 400, Hyprolose, Talkum, Hochdisperses Siliciumdioxid, Macrogol 3350, Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O, Polysorbat 80; NAME UND ANSCHRIFT DES PHARMAZEUTISCHEN UNTERNEHMERS: AbbVie Ltd, Maidenhead, SL6 4XE, Vereinigtes
Königreich; VERTRETUNG DES ZULASSUNGSINHABERS IN ÖSTERREICH: AbbVie GmbH, 1230 Wien; VERSCHREIBUNGSPFLICHT / APOTHEKENPFLICHT: NR, Rezept- und apothekenpflichtig; PHARMAKOTHERAPEUTISCHE GRUPPE: Virostatika für die systemische
Anwendung, Proteaseinhibitoren, ATC-Code: J05AR10; Informationen zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, zu Wechselwirkungen mit anderen Mitteln und zu Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen;
STAND DER INFORMATION: 05/2013.
Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 38
Nureflex 20 mg/ml orale Suspension für Kinder; Nureflex Junior Erdbeer 40 mg/ml Suspension zum Einnehmen ; Nurofen RAPID 200 mg Weichkapseln; Nurofen 200 mg Dragees; Zusammensetzung: Suspension: 1 ml Suspension zum Einnehmen enthält 20
mg (entsprechend 2%) bzw. 40 mg (entsprechend 4%) Ibuprofen. Nurofen RAPID/ Nurofen Dragees: 1 Kapsel bzw. überzogene Tablette enthält 200 mg Ibuprofen. Sonstige Bestandteile: Nureflex 20 mg/ml orale Suspension für Kinder: Maltitol-Lösung 2,226
g/5 ml, Polysorbat 80, Glycerol, Xanthangummi, Saccharin-Natrium, Citronensäure, Natriumcitrat, Natriumchlorid, Domiphenbromid, gereinigtes Wasser, (Natrium 9,25 mg/5 ml). Nureflex Junior Erdbeer 40 mg/ml Suspension zum Einnehmen: CitronensäureMonohydrat, Natriumcitrat, Natriumchlorid, Saccharin-Natrium, Polysorbat 80, Domiphenbromid, Maltitol-Lösung, Glycerol, Xanthangummi, gereinigtes Wasser, Erdbeeraroma (enthält Propylenglykol). Nurofen RAPID: Sorbitol (E 420) 9,89 mg/Kapsel, Ponceau 4R
(Cochenillerot A, E 124) 0,485 mg/Kapsel, Macrogol 600, Kaliumhydroxid, gereinigtes Wasser, Gelatine, Opacode WB white NS-78-18011 (bestehend aus Titaniumdioxid (E 171), Propylenglycol, Hypromellose (E 464). Nurofen Dragees: Croscarmellose-Natrium,
Natriumdodecylsulfat, Natriumcitrat, Stearinsäure, hochdisperses Siliciumdioxid, Carmellose-Natrium, Talkum, Arabisches Gummi, Saccharose, Titandioxid (E 171), Macrogol 6000 sowie der Drucktinte Opacode S-1-8152HV Black, bestehend aus: Schellack, Eisenoxid schwarz (E 172), Lecithinum vegetabile (Soja), Antifoam DC 1510 oder Black Printing Ink S-1-277001, bestehend aus: Schellack, Eisenoxid schwarz (E 172), Propylenglycol. Anwendungsgebiete: Suspension: Zur kurzzeitigen symptomatischen Behandlung
von leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber. Nurofen RAPID: Zur symptomatischen Behandlung von leichten bis mäßig starken Schmerzen wie Kopf-, Regel-, Zahnschmerzen sowie Fieber und Schmerzen im Zusammenhang mit Erkältungen. Nurofen
Dragees: Schmerzzustände (z.B. Rückenschmerzen, Zahnschmerzen, Muskelschmerzen, Gelenksschmerzen, Menstruationsbeschwerden, Nervenschmerzen), zur Behandlung der akuten Kopfschmerzphase bei Migräne mit und ohne Aura und zur Behandlung von
Spannungskopfschmerzen, Schmerzen bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Ibuprofen, andere NSAR oder einen der sonstigen Bestandteile sowie Ponceau 4R (E 124) (Nurofen RAPID), Bronchospasmus,
Asthma, Rhinitis, Angioödem oder Urtikaria nach der Einnahme von Acetylsalicylsäure oder anderen NSAR in der Anamnese, gastrointestinale Blutungen oder Perforation in der Anamnese im Zusammenhang mit einer vorherigen NSAR-Therapie, bestehende oder
in der Vergangenheit wiederholt aufgetretene peptische Ulzera oder Hämorrhagien (mindestens 2 nachgewiesene unterschiedliche Episoden), zerebrovaskuläre oder andere aktive Blutungen, schwere Nieren-, Leber- oder Herzinsuffizienz, koronare Herzerkrankungen, Blutgerinnungsstörungen, ungeklärte Blutbildungsstörungen wie Thrombozytopenie, letztes Trimenon der Schwangerschaft, substanzieller Flüssigkeitsverlust sowie bei Nurofen RAPID und Nurofen Dragees: Kinder unter 20 kg KG. Pharmakotherapeutische
Gruppe: Nichtsteroidale Antiphlogistika und Antirheumatika; Propionsäure-Derivate. ATC-Code: M01AE01. Packungsgröße: Suspension: 100 ml. Nurofen RAPID: 10 Kapseln. Nurofen Dragees: 12 und 24 überzogene Tabletten. Zulassungsinhaber: Reckitt Benckiser
Deutschland GmbH, Theodor-Heuss-Anlage 12, 68165 Mannheim, Deutschland. Abgabe: Suspension/ Nurofen RAPID: Rezept- und apothekenpflichtig. Nurofen Dragees: Rezeptfrei mit W10, apothekenpflichtig. Die Informationen zu den Abschnitten Warnhinweise
und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen, Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekte sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. Stand der Information: 07/2009 (Nureflex 20
mg/ml orale Suspension für Kinder), 07/2010 (Nureflex Junior Erdbeer 40 mg/ml Suspension zum Einnehmen), 12/2009 (Nurofen RAPID), 06/2012 (Nurofen Dragees). NURF001. Fachinformation: Nureflex 20 mg/ml orale Suspension für Kinder. Stand: Juli 2009;
Fachinformation: Nureflex Junior Erdbeer 40 mg/ml Suspension zum Einnehmen. Stand: Juli 2010; Fachinformation: Nurofen RAPID 200 mg Weichkapseln. Stand: Dezember 2009; Fachinformation: Nurofen 200 mg Dragees. Stand: Juni 2012.
Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 43
Bezeichnung des Arzneimittels: Remicade 100 mg Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung; Qualitative und Quantitative Zusammensetzung: Jede Durchstechflasche enthält 100 mg Infliximab. Infliximab ist ein chimärer, human-muriner
monoklonaler IgG1-Antikörper, der mittels rekombinanter DNA-Technologie in murinen Hybridomzellen hergestellt wird. Nach Rekonstitution enthält jeder ml 10 mg Infliximab; Liste der sonstigen Bestandteile: Sucrose, Polysorbat 80, Natriumdihydrogenphosphat,
Dinatriumhydrogenphosphat; Anwendungsgebiete: Rheumatoide Arthritis: Remicade ist in Kombination mit Methotrexat indiziert zur: Reduktion der Symptomatik und Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit bei: • erwachsenen Patienten mit aktiver
Erkrankung, die nur unzureichend auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs), einschließlich Methotrexat, angesprochen haben. • Methotrexat-naive, erwachsene Patienten oder erwachsene Patienten, die nicht mit anderen DMARDs vorbehandelt
wurden, mit schwergradiger, aktiver und fortschreitender Erkrankung. Bei diesen Patienten wurde anhand von radiologischen Untersuchungen eine Reduktion der Progressionsrate der Gelenkschäden nachgewiesen; Morbus Crohn bei Erwachsenen; Remicade ist
indiziert zur: • Behandlung eines mäßig- bis schwergradig aktiven Morbus Crohn bei erwachsenen Patienten, die trotz eines vollständigen und adäquaten Therapiezyklus mit einem Kortikosteroid und/oder einem Immunsuppressivum nicht angesprochen haben
oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikationen für solche Therapien haben. • Behandlung von aktivem Morbus Crohn mit Fistelbildung bei erwachsenen Patienten, die trotz eines vollständigen und adäquaten Therapiezyklus mit einer konventionellen
Behandlung (einschließlich Antibiotika, Drainage und immunsuppressiver Therapie) nicht angesprochen haben; Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen: Remicade ist indiziert zur Behandlung eines schwergradigen, aktiven Morbus Crohn bei Kindern und
Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren, die nicht auf eine konventionelle Therapie einschließlich einem Kortikosteroid, einem Immunmodulator und einer primären Ernährungstherapie angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikationen für solche Therapien haben. Remicade wurde nur in Kombination mit einer konventionellen immunsuppressiven Therapie untersucht; Colitis ulcerosa: Remicade ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven Colitis ulcerosa bei
erwachsenen Patienten, die auf eine konventionelle Therapie, einschließlich Kortikosteroide und 6-Mercaptopurin (6-MP) oder Azathioprin (AZA), unzureichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation für solche Therapien haben;
Colitis ulcerosa bei Kindern und Jugendlichen: Remicade ist indiziert zur Behandlung der schweren aktiven Colitis ulcerosa bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren, die auf eine konventionelle Therapie, einschließlich Kortikosteroide und 6-MP
oder AZA, unzureichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation für solche Therapien haben; Ankylosierende Spondylitis: Remicade ist indiziert zur Behandlung der schwerwiegenden, aktiven ankylosierenden Spondylitis bei
erwachsenen Patienten, die auf eine konventionelle Therapie unzureichend angesprochen haben; Psoriasis-Arthritis: Remicade ist indiziert zur Behandlung der aktiven und fortschreitenden Psoriasis-Arthritis bei erwachsenen Patienten, wenn deren Ansprechen
auf eine vorhergehende krankheitsmodifizierende, antirheumatische Arzneimitteltherapie (DMARD-Therapie) unzureichend gewesen ist; Remicade sollte verabreicht werden: - in Kombination mit Methotrexat, - oder als Monotherapie bei Patienten, die eine
Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat zeigen oder bei denen Methotrexat kontraindiziert ist. Remicade verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis und reduziert die Progressionsrate peripherer Gelenkschäden, wie radiologisch bei Patienten mit polyartikulärem symmetrischem Subtyp der Krankheit belegt wurde; Psoriasis: Remicade ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Psoriasis vom Plaque-Typ bei erwachsenen Patienten, die auf eine andere systemische
Therapie, einschließlich Ciclosporin, Methotrexat oder PUVA, nicht angesprochen haben, bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist oder nicht vertragen wird; Gegenanzeigen: Patienten, bei denen aus der Anamnese eine Überempfindlichkeit gegenüber
Infliximab, gegenüber anderen murinen Proteinen oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile bekannt ist. Patienten mit Tuberkulose oder anderen schweren Infektionen wie Sepsis, Abszessen und opportunistischen Infektionen. Patienten
mit mäßiggradiger oder schwerer Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse III/IV); Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit: Frauen im gebärfähigen Alter: Frauen im gebärfähigen Alter müssen eine adäquate Empfängnisverhütung anwenden und diese über mindestens 6
Monate nach der letzten Remicade-Behandlung fortführen; Schwangerschaft: Die recht geringe Anzahl (ungefähr 450) an prospektiv erfassten, Infliximab-exponierten Schwangerschaften mit bekanntem Ausgang, einschließlich einer begrenzten Anzahl (ungefähr
230), die im ersten Trimester exponiert war, zeigte keine unerwarteten Auswirkungen auf den Ausgang der Schwangerschaften. Wegen der TNFα-Hemmung könnte durch die Anwendung von Infliximab während der Schwangerschaft die normale Immunantwort
des Neugeborenen beeinflusst werden. Eine Studie zur Entwicklungstoxizität, die an Mäusen mit einem analogen Antikörper durchgeführt wurde, der die funktionelle Aktivität des murinen TNFα selektiv hemmt, lieferte keinen Hinweis auf eine maternale Toxizität,
eine Embryotoxizität oder eine Teratogenität. Die verfügbare klinische Erfahrung ist zu begrenzt, um ein Risiko auszuschließen. Eine Verabreichung von Infliximab während der Schwangerschaft wird deshalb nicht empfohlen. Infliximab ist plazentagängig und
wurde bis zu 6 Monate im Serum von Säuglingen nachgewiesen, deren Mütter während der Schwangerschaft mit Infliximab behandelt wurden. Somit könnten diese Säuglinge ein erhöhtes Infektionsrisiko haben. Eine Verabreichung von Lebendimpfstoffen an
Säuglinge, die in utero Infliximab ausgesetzt waren, ist für 6 Monate nach der letzten während der Schwangerschaft erfolgten Infliximab-Infusion nicht zu empfehlen; Stillzeit: Es ist unbekannt, ob Infliximab in die Muttermilch übergeht oder nach der Aufnahme
systemisch resorbiert wird. Da Humanimmunglobuline in die Muttermilch übergehen, dürfen Frauen nach der Remicade-Behandlung mindestens 6 Monate lang nicht stillen; Fertilität: Es gibt nur ungenügende präklinische Daten, um Rückschlüsse auf die
Auswirkungen von Infliximab auf die Fertilität und die Fortpflanzungsfähigkeit zu ziehen. Pharmakotherapeutische Gruppe: Tumornekrosefaktor-alpha(TNFα)-Inhibitoren, ATC-Code: L04AB02; Inhaber der Zulassung: Janssen Biologics B.V., Einsteinweg 101,
2333 CB Leiden, Niederlande; Abgabe: Rezept- und apothekenpflichtig; Stand der Information: Juni 2013; Weitere Angaben zu Dosierung und Art der Anwendung, Besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen
mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, Nebenwirkungen, Überdosierung, pharmakologische Eigenschaften und pharmazeutische Angaben sind der
veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.
Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 43
Bezeichnung des Arzneimittels: Victrelis 200 mg Hartkapseln; Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Harkapsel enthält 200 mg Boceprevir; Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jede Kapsel enthält 56 mg Lactosemonohydrat; Liste der
sonstigen Bestandteile: Kapselinhalt: Natriumlaurylsulfat, mikrokristalline Zellulose, Lactose-Monohydrat, Croscarmellose-Natrium, vorverkleisterte Stärke, Magnesiumstearat; Kapselhülle: Gelatine, Titandioxid (E 171), Eisen(III)-hydroxid-oxid (E 172), Eisen(III)-oxid
(E172); Rote Aufdruckfarbe: Schellack, Eisen(III)-oxid (E172); Anwendungsgebiete: Victrelis ist indiziert zur Behandlung der chronischen Hepatitis C (CHC)-Infektion vom Genotyp 1 in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin bei erwachsenen Patienten
mit kompensierter Lebererkrankung, die nicht vorbehandelt sind oder die nicht auf eine vorangegangene Therapie angesprochen bzw. einen Rückfall erlitten haben; Gegenanzeigen: Victrelis in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin ist kontraindiziert
bei: • Patienten mit einer Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile. • Patienten mit Autoimmunhepatitis. • gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, deren Clearance in hohem Maße von
CYP3A4/5 abhängt und bei denen erhöhte Plasmakonzentrationen mit schwerwiegenden und/oder lebensbedrohlichen Ereignissen assoziiert sind, beispielsweise bei oraler Anwendung von Midazolam und Triazolam, Bepridil, Pimozid, Lumefantrin, Halofantrin,
Tyrosin-Kinase-Inhibitoren, Simvastatin, Lovastatin und Ergotderivaten (Dihydroergotamin, Ergonovin, Ergotamin, Methylergonovin). • Schwangerschaft; Weiterführende Informationen siehe „Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels“ “(Fachinformation) von Ribavirin bzw. Peginterferon alfa; Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit; Schwangerschaft: Victrelis in Kombination mit Ribavirin und Peginterferon alfa ist bei schwangeren Frauen kontraindiziert. Es wurden keine Auswirkungen auf die fetale Entwicklung bei Ratten und Kaninchen beobachtet. Es liegen keine Daten zur Anwendung von Victrelis bei schwangeren Frauen vor. Mit besonderer Sorgfalt ist aufgrund der kombinierten Anwendung mit Peginterferon alfa und Ribavirin darauf zu achten, dass eine
Schwangerschaft bei weiblichen Patienten oder Frauen von männlichen Patienten vermieden wird. Daher müssen Frauen im gebärfähigen Alter wirksame Methoden zur Empfängnisverhütung während der Behandlung sowie bis zu 4 Monate nach Beendigung der
Therapie anwenden. Männliche Patienten oder deren Partnerinnen müssen eine wirksame Empfängnisverhütung während der Behandlung sowie bis zu 7 Monate nach Beendigung der Therapie anwenden; Weiterführende Informationen siehe „Zusammenfassung
der Merkmale des Arzneimittels“ (Fachinformation) von Ribavirin bzw. Peginterferon alfa; Stillzeit: Boceprevir/Metaboliten gehen bei der Ratte in die Milch über. Es ist nicht bekannt, ob Boceprevir in die menschliche Muttermilch übergeht. Ein Risiko für das
Neugeborene/den Säugling kann nicht ausgeschlossen werden. Es muss die Entscheidung getroffen werden, das Stillen zu unterbrechen oder die Behandlung mit Victrelis zu unterbrechen oder auf sie zu verzichten. Dabei sind sowohl der Nutzen des Stillens für
das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen; Fertilität: Es sind keine Daten zu den Auswirkungen von Victrelis auf die Fertilität beim Menschen verfügbar. Auswirkungen auf Fertilität und Sertoli-Zellen wurden bei Ratten, nicht jedoch
bei Mäusen und Affen beobachtet. Klinische Daten (Samenanalysen und Inhibin B-Spiegel -[ein Glykoprotein, das durch Sertoli-Zellen produziert und als Surrogat-Marker für die Hodenfunktion verwendet wird]) ergaben keinen Hinweis auf eine veränderte Hodenfunktion. Die vorliegenden pharmakodynamischen/toxikologischen Daten an Ratten zeigten, dass Boceprevir/Metaboliten Auswirkungen auf die Fertilität zeigten, die jedoch bei Weibchen reversibel waren; Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Mittel zur
systemischen Anwendung, Proteasehemmer, ATC-Code: J05AE12; Inhaber der Zulassung: Merck Sharp & Dohme Ltd., Hertford Road, Hoddesdon, Hertfordshire EN11 9BU, Vereinigtes Königreich; Stand der Information: Juli 2013; Rezeptpflicht/Apothekenpflicht:
Rezept- und apothekenpflichtig; Weitere Angaben zu Dosierung und Art der Anwendung, Besondere Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, Auswirkung auf
die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, Nebenwirkungen, Überdosierung, pharmakologische Eigenschaften und pharmazeutische Angaben sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.
Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 44
BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS: Humira 40 mg Injektionslösung in Fertigspritze, Humira 40 mg Injektionslösung im vorgefüllten Pen (Injektor, vorgefüllt/FertigPEN), Humira 40 mg/0,8 ml Injektionslösung zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen;
ZUSAMMENSETZUNG: Jede Einzeldosis-Fertigspritze mit 0,8 ml enthält 40 mg Adalimumab. Jede Einzeldosis mit 0,8 ml des vorgefüllten Pens enthält 40 mg Adalimumab. Jede Einzeldosis-Durchstechflasche mit 0,8 ml enthält 40 mg Adalimumab. Adalimumab
ist ein rekombinanter humaner monoklonaler Antikörper, der in Ovarialzellen des Chinesischen Hamsters exprimiert wird; ANWENDUNGSGEBIETE: Humira 40 mg/0,8 ml Injektionslösung zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen Polyartikuläre juvenile
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Seite 61 I jatros
idiopathische Arthritis: Humira ist in Kombination mit Methotrexat indiziert zur Behandlung der aktiven polyartikulären
juvenilen idiopathischen Arthritis bei Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen im Alter von 2 bis 17 Jahren, die nur unzureichend auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) angesprochen haben. Humira kann im
Falle einer Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat oder, wenn die weitere Behandlung mit Methotrexat nicht sinnvoll
ist, als Monotherapie angewendet werden. Bei Kleinkindern, die jünger als 2 Jahre sind, wurde Humira nicht untersucht.
Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen: Humira ist indiziert zur Behandlung des schweren, aktiven Morbus Crohn bei
Kindern und Jugendlichen (6 – 17 Jahre alt), die nur unzureichend auf eine konventionelle Therapie, einschließlich primärer
Ernährungstherapie, einem Glukokortikoid und einem Immunsuppressivum, angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit
gegenüber einer solchen Therapie haben oder bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist; Humira 40 mg Injektionslösung in
Fertigspritze, Humira 40 mg Injektionslösung im vorgefüllten Pen (Injektor, vorgefüllt/FertigPEN): Rheumatoide Arthritis: Humira ist
in Kombination mit Methotrexat indiziert zur Behandlung der mäßigen bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis bei erwachsenen Patienten, die nur unzureichend auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika einschließlich Methotrexat angesprochen haben. Behandlung der schweren, aktiven und progressiven rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen, die zuvor nicht mit Methotrexat
behandelt worden sind. Humira kann im Falle einer Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat, oder wenn die weitere Behandlung
mit Methotrexat nicht sinnvoll ist, als Monotherapie angewendet werden. Humira reduziert in Kombination mit Methotrexat das
Fortschreiten der radiologisch nachweisbaren strukturellen Gelenkschädigungen und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit.
Polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis: Humira ist in Kombination mit Methotrexat indiziert zur Behandlung der aktiven
polyartikulären juvenilen idiopathischen Arthritis bei Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen im Alter von 2 bis 17 Jahren, die nur
unzureichend auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) angesprochen haben. Humira kann im
Falle einer Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat, oder wenn die weitere Behandlung mit Methotrexat nicht sinnvoll ist, als
Monotherapie angewendet werden. Bei Kleinkindern, die jünger als 2 Jahre sind, wurde Humira nicht untersucht. Axiale Spondyloarthritis: Ankylosierende Spondylitis (AS): Humira ist indiziert zur Behandlung der schweren aktiven ankylosierenden Spondylitis
bei Erwachsenen, die nur unzureichend auf eine konventionelle Therapie angesprochen haben. Axiale Spondyloarthritis ohne Röntgennachweis einer AS: Humira ist indiziert zur Behandlung der schweren axialen Spondyloarthritis ohne Röntgennachweis einer
AS, aber mit objektiven Anzeichen der Entzündung durch erhöhtes CRP und/oder MRT, bei Erwachsenen, die nur unzureichend auf
nichtsteroidale Antirheumatika angesprochen haben oder bei denen eine Unverträglichkeit gegenüber diesen vorliegt. Psoriasis
Arthritis: Humira ist indiziert zur Behandlung der aktiven und progressiven Psoriasis-Arthritis (Arthritis psoriatica) bei Erwachsenen,
die nur unzureichend auf eine vorherige Basistherapie angesprochen haben. Humira reduziert das Fortschreiten der radiologisch
nachweisbaren strukturellen Schädigungen der peripheren Gelenke bei Patienten mit polyartikulären symmetrischen Subtypen der
Erkrankung und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit. Psoriasis: Humira ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren
bis schweren chronischen Plaque-Psoriasis bei erwachsenen Patienten, die auf eine andere systemische Therapie, wie Ciclosporin,
Methotrexat oder PUVA, nicht angesprochen haben oder bei denen eine Kontraindikation oder Unverträglichkeit gegenüber einer
solchen Therapie vorliegt. Morbus Crohn: Humira ist indiziert zur Behandlung des mittelschweren bis schweren, aktiven Morbus
Crohn bei erwachsenen Patienten, die trotz einer vollständigen und adäquaten Therapie mit einem Glukokortikoid und/oder einem
Immunsuppressivum nicht ausreichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit gegenüber einer solchen Therapie
haben oder bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist. Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen: Humira ist indiziert
zur Behandlung des schweren, aktiven Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen (6 – 17 Jahre alt), die nur unzureichend auf
eine konventionelle Therapie, einschließlich primärer Ernährungstherapie, einem Glukokortikoid und einem Immunsuppressivum,
angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit gegenüber einer solchen Therapie haben oder bei denen eine solche Therapie
kontraindiziert ist. Colitis ulcerosa: Humira ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven Colitis ulcerosa
bei erwachsenen Patienten, die auf die konventionelle Therapie, einschließlich Glukokortikoide und 6-Mercaptopurin (6-MP) oder
Azathioprin (AZA), unzureichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit gegen eine solche Therapie haben oder
bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist; GEGENANZEIGEN: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der
sonstigen Bestandteile. Aktive Tuberkulose oder andere schwere Infektionen wie Sepsis und opportunistische Infektionen, mäßige bis schwere Herzinsuffizienz (NYHA Klasse III/IV); SONSTIGE BESTANDTEILE: Mannitol (Ph. Eur.), Citronensäure-Monohydrat,
Natriumcitrat, Natriumdihydrogenphosphat-Dihydrat, Natriummonohydrogenphosphat-Dihydrat, Natriumchlorid, Polysorbat 80,
Natriumhydroxid, Wasser für Injektionszwecke; NAME UND ANSCHRIFT DES PHARMAZEUTISCHEN UNTERNEHMERS: AbbVie
Ltd, Maidenhead, SL6 4XE, Vereinigtes Königreich; VERTRETUNG DES ZULASSUNGSINHABERS IN ÖSTERREICH: AbbVie GmbH,
1230 Wien; VERSCHREIBUNGSPFLICHT/APOTHEKENPFLICHT: NR, apothekenpflichtig. PHARMAKOTHERAPEUTISCHE GRUPPE:
Selektive Immunsuppressiva. ATC-Code: L04AB04; Informationen zu besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für
die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit,
Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekten sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen; STAND DER INFORMATION: 02/2013
www.wund-dach.org
1. Wund-D.A.CH
Dreiländerkongress
10.–12. Oktober 2013
Messe Friedrichshafen
Erster Dreiländerkongress, organisiert durch Wund-D·A·CH, einer
Kooperation der Schweizerischen Gesellschaft für Wundbehandlung
(SAfW), der österreichischen Gesellschaft für Wundbehandlung (AWA)
und der Initiative Chronische Wunden (ICW)
Neues
aus der
Forschung
Seltene
Ursachen
chronisch
er
Wunden
Decubitus
Psychologie und
Wundheilung
Diagnostik
Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 47
Viread 245 mg Filmtabletten; Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung; Nukleosidund Nukleotid-Reverse-Transkriptase-Hemmer, ATC Code: J05AF07; Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede
Filmtablette enthält 245 mg Tenofovirdisoproxil (als Fumarat); Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jede Tablette
enthält 164 mg Lactose (als Monohydrat).; Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Croscarmellose-Natrium, Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat (E572), Mikrokristalline Cellulose (E460), Stärke, vorverkleistert Tablettenfilm: Triacetin (E1518),
Hypromellose (E464), Indigocarmin-Aluminiumsalz (E132), Lactose-Monohydrat, Titandioxid (E171); Anwendungsgebiete: HIV 1 Infektion: Viread 245 mg Filmtabletten werden in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur
Behandlung HIV 1 infizierter Erwachsener angewendet. Bei Erwachsenen basiert der Beleg des klinischen Nutzens von
Viread zur Behandlung einer HIV 1 Infektion auf Ergebnissen einer Studie bei nicht vorbehandelten Patienten, einschließlich
Patienten mit einer hohen Viruslast (> 100.000 Kopien/ml), und Studien bei antiretroviral vorbehandelten Patienten mit
frühem virologischem Versagen (< 10.000 Kopien/ml, bei den meisten Patienten < 5.000 Kopien/ml). Viread wurde von den
vorbehandelten Patienten dabei zusätzlich zu einer stabilen antiretroviralen Kombinationstherapie (hauptsächlich DreifachKombination) eingenommen. Viread 245 mg Filmtabletten werden auch zur Behandlung HIV 1 infizierter Jugendlicher im
Alter von 12 bis < 18 Jahren angewendet, bei denen der Einsatz von First-Line-Arzneimitteln aufgrund einer Resistenz
gegenüber NRTI oder aufgrund von Unverträglichkeiten ausgeschlossen ist. Die Entscheidung für Viread zur Behandlung
von antiretroviral vorbehandelten Patienten mit HIV 1 Infektion sollte auf viralen Resistenztests und/oder der Behandlungshistorie der einzelnen Patienten basieren; Hepatitis B Infektion: Viread 245 mg Filmtabletten werden angewendet für die
Behandlung chronischer Hepatitis B bei Erwachsenen mit: • kompensierter Lebererkrankung mit nachgewiesener aktiver
viraler Replikation, dauerhaft erhöhten Alaninaminotransferase- (ALT )Werten im Serum und histologischem Nachweis
einer aktiven Entzündung und/oder Fibrose • nachgewiesenem Lamivudin-resistenten Hepatitis-B-Virus; • dekompensierter Lebererkrankung; Viread 245 mg Filmtabletten werden angewendet für die Behandlung chronischer Hepatitis B bei
Jugendlichen im Alter von 12 bis < 18 Jahren mit: • kompensierter Lebererkrankung und nachgewiesener immunaktiver
Erkrankung, d.h. aktiver viraler Replikation, dauerhaft erhöhten Serum-ALT-Werten und histologischem Nachweis einer
aktiven Entzündung und/oder Fibrose; Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen
Bestandteile; Inhaber der Zulassung: Gilead Sciences International Limited, Cambridge, CB21 6GT, Vereinigtes Königreich;
NR, apothekenpflichtig: Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, sowie Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation;
Stand: Mai 2013.
Philosophie
und Ethik Sauerstoff
und
Hypoxie
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Ernähru
und
ition
Malnutr
Der Kongress ist eine von der Landesärztekammer Baden-Württemberg anerkannte
Fortbildungsveranstaltung für Ärzte. Mögliche Fortbildungspunkte (Kategorie B):
Donnerstag
10. 10. 2013
3 Punkte
Freitag
11. 10. 2013
6 Punkte
Samstag
12. 10. 2013
6 Punkte
Pro Kongresstag können 6 Rezertifizierungspunkte ICW e.v. erworben werden.
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Fachkurzinformation zu Artikel ab Seite 14 und zu Inserat auf Seite 64
Stribild 150 mg/150 mg/200 mg/245 mg Filmtabletten; Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung; antivirale Mittel zur Behandlung von HIV Infektionen, Kombinationen. ATC Code: J05AR09; Qualitative
und quantitative Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält 150 mg Elvitegravir, 150 mg Cobicistat, 200 mg Emtricitabin
und 245 mg Tenofovirdisoproxil (entsprechend 300 mg Tenofovirdisoproxilfumarat bzw. 136 mg Tenofovir); Sonstige Bestandteile mit bekannter Wirkung: Jede Tablette enthält 10,9 mg Lactose (als Monohydrat). Tablettenkern: CroscarmelloseNatrium, Hyprolose, Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat, Mikrokristalline Cellulose, Siliciumdioxid, Natriumdodecylsulfat; Filmüberzug: Indigocarmin Aluminiumsalz (E132), Macrogol, Poly(vinylalkohol), Talkum (E553b), Titandioxid (E171),
Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172); Anwendungsgebiete: Stribild wird zur Behandlung der Infektion mit dem Humanen
Immundefizienzvirus 1 (HIV 1) bei Erwachsenen im Alter von 18 Jahren und darüber angewendet, die nicht antiretroviral
vorbehandelt sind oder bei denen HIV 1 keine Mutationen aufweist, die bekanntermaßen mit Resistenzen gegen einen
der drei antiretroviralen Wirkstoffe von Stribild assoziiert sind; Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe
oder einen der sonstigen Bestandteile. Patienten, die bereits eine Behandlung mit Tenofovirdisoproxilfumarat aufgrund von
Nierentoxizität abgesetzt haben, unabhängig von der Entwicklung der Nierenfunktion nach dem Absetzen; Die gleichzeitige Anwendung mit den folgenden Arzneimitteln, da sie potentiell zu schwerwiegenden und/oder lebensbedrohlichen
Ereignissen oder zum Verlust des virologischen Ansprechens und eventuell zur Resistenzentwicklung gegen Stribild führen
kann: - Alpha-1-Adrenozeptor-Antagonisten: Alfuzosin; - Antiarrhythmika: Amiodaron, Chinidin; - Antikonvulsiva: Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin; - Antimykobakterielle Wirkstoffe: Rifampicin; - Ergotaminderivate: Dihydroergotamin,
Ergometrin, Ergotamin; - Wirkstoffe zur Verbesserung der gastrointestinalen Motilität: Cisaprid; - Pflanzliche Präparate:
Johanniskraut (Hypericum perforatum); - HMG-CoA-Reduktasehemmer: Lovastatin, Simvastatin; - Neuroleptika: Pimozid; PDE-5-Hemmer: Sildenafil zur Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie; - Sedativa/Hypnotika: oral angewendetes
Midazolam, Triazolam; Inhaber der Zulassung: Gilead Sciences International Limited, Cambridge CB21 6GT, Vereinigtes
Königreich; NR, apothekenpflichtig: Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung,
Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, sowie Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation; Mai 2013.
3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
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Von Hochwasser, Murenabgängen und anderen Unwetterkatastrophen bleibt leider auch
Österreich nicht verschont. Das Rote Kreuz ist rund um die Uhr bereit, um in solchen Fällen
schnell und effizient Hilfe zu leisten. Dabei geht es nicht nur um medizinische Versorgung,
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LITERATUR
1. Fachinformation STRIBILD®; Stand Mai 2013.
2. DeJesus E, et al. Lancet 2012; 379 (9835): 2429–2438.
3. Sax P, et al. Lancet 2012; 379 (9835): 2439–2448.
4. Zolopa A, et al. J Acquir Immune Defic Syndr 2013; 63(1): 96–100.
5. Rockstroh JK, et al. J Acquir Immune Defic Syndr 2013 Jan 18.
[Epub ahead of print].
62
Fachkurzinformation siehe Seite XX
Gilead Sciences GesmbH · Wagramer Straße 19 · 1220 Wien
Erstellt: Mai 2013; HIV/AT/13-08/MI/1876

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