Vorwort von Uwe Schröder - Niedersächsisches Landesamt für

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Vorwort von Uwe Schröder - Niedersächsisches Landesamt für
Uwe Schröder
17. Forum Jugendarbeit
- Vorwort -
Das Internet ist praktisch: Mit einem Klick ist der Gang ins Kaufhaus erledigt, die
Reise gebucht oder eine Überweisung getätigt. Die Möglichkeiten des World Wide
Web werden ständig umfangreicher, bunter und unterhaltsamer. Doch gerade diese
Entwicklung birgt für viele Nutzer Gefahren: Internet-Chats, Erotikseiten und OnlineSpiele halten immer mehr Menschen gefangen - so intensiv, dass sie das Interesse
an der Realität verlieren.
Was für die meisten User Erleichterung des Alltags oder Freizeitvergnügen bedeutet,
ist für einige ein ernstes Problem: Laut einer Pressemitteilung vom 24.11.2007 sind
bis zu 2 Millionen Menschen in Deutschland onlinesüchtig. Die Sucht verläuft
schleichend, am Ende stehen oft die völlige emotionale Abstumpfung und die
Zerrüttung des sozialen Umfelds.
Gefahr für Jugendliche
Auch Jugendliche sind immer häufiger von Online-Sucht betroffen. Kinder haben früh
einen eigenen Computer und Zugang zum Internet.
Die Wissenschaftler sind sich nicht einig bei der Frage, wie sich der Umgang mit
Computer und Fernsehen auf das soziale Verhalten von Kindern auswirkt. Die einen
sprechen von Medienverwahrlosung und fordern Eltern auf, den Medienkonsum ihrer
Kinder massiv einzuschränken. Andere stellen die Vermittlung von Medienkompetenz
in den Vordergrund und verweisen auf das große und pädagogisch sinnvolle
Angebot von altersgerechten TV-Programmen und Computerspielen.
Sie spielen Counterstrike, Fifa, World of Warcraft oder Live for Speed - mindestens
vier Stunden am Tag, fünf Tage die Woche. Für Pro Gamer - professionelle
Computerspieler - ist regelmäßiges Training unverzichtbar. Nur die Besten kommen
weiter und können mit ihrem Hobby auch Geld verdienen. Konzentration, Taktik und
Schnelligkeit sind die wichtigsten Eigenschaften eines Profi-Computerspielers. Aber
welche Auswirkungen hat das exzessive Spielen auf ihr soziales Verhalten? Wie
verändert sich ihre Gewaltbereitschaft?
In einer Pressemitteilung vom 30. November 2007 fordert die Deutsche Gesellschaft
für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie (GwG) ein “gesetzliches Verbot
Gewaltverherrlichender Spiele”. Sie begründet ihre Forderung damit, dass das
Spielen solcher Spiele zu einem Verlust des Mitgefühls führe und somit den
Grundkonsens einer humanen Gesellschaft zerstöre.
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Die ständige Beschäftigung mit Computer- und Videospielen stellt nach Ansicht vieler
Experten tatsächlich eine Gefahr dar, die sich jedoch eher auf ein suchtartiges
Verhalten bezieht als auf die Gewalttätigkeit im realen Leben. Hier sind vor allem
Personen betroffen, die einen Großteil ihrer Zeit mit Online-Rollenspielen verbringen.
In Deutschland sind Gewaltverherrlichende Medien jeder Art verboten (Paragraf 131
StGB). Wer als Bürger zu der Überzeugung gelangt, ein Gewaltverherrlichendes
Video zu sehen oder zu spielen, kann Hersteller oder Verkäufer des Spiels anzeigen.
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien kann ebenfalls Spiele indizieren,
die dann nicht an Jugendliche abgegeben und auch nicht zum offenen Verkauf
angeboten werden dürfen.
Einträge im Chatforum „onlinesucht.de“
-„Ich spielte sehr gern, aber auch das war für mich damals nur ein Spiel. Keine ernste
Sache. Bis ich die verschiedenen Kommunikationsforen (IRC, Skype, TS usw.)
entdeckte. Von da an war ich nicht mehr allein in meinem Wohnzimmer, ich war Teil
einer Community. Ich hatte Freunde, im Spiel zwar, aber ich kannte sie besser als
jeder andere, und sie kannten mich. Ich saß manchmal bis ein oder zwei Uhr nachts
am Spiel, bin dann morgens zur Arbeit, in die Berufsschule ging ich so gut wie nie,
war ja auch nicht so wichtig. Jede freie Minute verbrachte ich ab jetzt auf dem Sessel
in meinem Wohnzimmer. Wäsche waschen? Das kann ich auch morgen noch.
Duschen gehen? Ja, Moment, ich schreib noch schnell was zu Ende. Irgendwie hab
ich das Gefühl, das Lernen verlernt zu haben.“
-„Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Meine Gedanken schweifen immer
wieder zum PC und zu den Spielen.“
-„Ich bin WoW (world of warcraft)-süchtig und kann einfach nicht aufhören. Es ist das
Wichtigste in meinem Leben, ich schaffe es nicht mal mehr, zwei Tage weg zu sein.
Ich habe meine Schule abgebrochen und spiele nun circa 18-20 Stunden am Tag,
und das sieben Tage die Woche. Ich bin Gildenleader von der besten Gilde des
Servers und ich habe eine große Verantwortung.“
Unter dem Titel „Jugendliche im Spiegel der Mediengesellschaft“ werden wir in den
nächsten Tagen den Versuch wagen, ob es gelingt einen Konsenz zwischen
Wissenschaft und Praxis herzustellen.
In unterschiedlichen Referaten die sich dem Thema „Jugendliche und ihre Medien“
widmen, werden wir uns heute Vormittag mit der „Jugend im Spiegel der
Mediengesellschaft“ beschäftigen. Frau Dr. Theunert aus München wird u. a.
Ergebnisse der aktuellen Forschung zur Medienkonvergenz Jugendlicher vorstellen.
Wer ständig vor dem Fernseher oder dem Computer sitzt, wird auch traurig und
aggressiv, warnt der Medienexperte Prof. D r. Christian Pfeiffer. Neue Studien sind
alarmierend.
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Kann Medienverwahrlosung als Ursache für Schulversagen und Jugendgewalt
gelten. Diese Frage wird uns Prof. Dr. Pfeiffer heute Nachmittag beantworten.
Im Anschluss wird Dr. Röll der Frage der Jugendlichen und ihrer Medien nachgehen.
Er behauptet: Wirklichkeit und Virtualität stehen nicht im Widerspruch, sie ergänzen
und beeinflussen sich gegenseitig.
Dr. Wendt moderiert eine Podiumsdiskussion im Anschluss.
Dienstag werden sich die
Arbeitsgruppen wieder finden.
Teilnehmerinnen
und
Teilnehmer
ganztägig
in
Mittwoch steht Fabian Schmieder zum Thema Medienrecht zur Verfügung.
Dr. Oskar Negt wird über die Medien- und Kommunikationsgesellschaft das
Abschlussreferat halten.
Besonderer Dank geht an die Vorbereitungsgruppe:
Chr. Honisch, H. Wienecke, M. Kiklas, M. Broermann, K. Bange und M. Gelbke
Ich hoffe Sie erleben interessante und erkenntnisreiche Tage in Hohegeiß.
Frau Kofahl-Langmack wird an diesem Tag zu Gast sein und ein paar
Begrüßungsworte von Seiten der Landesregierung an Sie richten.
Arbeitsgruppen am Dienstag:
AG 1
Veränderte Kommunikation, neue Wege der Ansprache, Handynutzung,
Internet und Chatten
Referent: Arnfried Böker, Landesstelle Kinder- und Jugendschutz,
Sachsen-Anhalt
AG 2
Von „Counter-Strike“ und Killerspielen - Zwischen Anleitung zu Gewalt und
intellektueller Herausforderung
Referent: Moritz Becker, Smily e.V.
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AG 3
Zwei Seiten einer Medaille: Faszination von Computerspielen und
problematischen Spielverhalten Wie wirksam ist der Jugendmedienschutz?
Machen Onlinespiele süchtig?
Was kann Medienpädagogik leisten?
Referentinnen: Eva Hahnel und Traudel Schlieckau, Landesstelle
Jugendschutz Niedersachsen e.V.
AG 4
Peer work als Chance Jugendliche mit Risikobiographien entwickeln ein Online-Portal und werden
zu Online-Redakteuren und Online-Beratern ausgebildet.
Referenten: Karsten Maul, Paritätisches Jugendwerk Niedersachsen
u. a.
AG 5
Praxiserfahrungen aus der Medienschutzarbeit des Landeskriminalamtes
Niedersachsen
Referent: KHK Brandes, LKA Niedersachsen
Mittwoch:
Fabian Schmieder
Über seine Tätigkeit als Rechtsanwalt hinaus ist Fabian Schmieder derzeit als
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Rechtsinformatik der Juristischen
Fakultät der Leibniz Universität Hannover beschäftigt und Lehrbeauftragter für
Informations- und Datenschutzrecht an der Fachhochschule Hannover und der
Leuphana Universität Lüneburg
Fabian Schmieder beschäftigt sich neben allgemeinen zivilrechtlichen Fragestellungen insbesondere mit rechtlichen Aspekten der Informationsgesellschaft. Dazu
gehört neben dem Telekommunikations- und Datenschutzrecht vor allem das
Urheberrecht, welches eng mit dem gewerblichen Rechtsschutz und dem Markenrecht verbunden ist.
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Prof. Dr. Oscar Negt:
Als einer der Wortführer der so genannten "68er-Generation" beschäftigt sich Oskar
Negt mit der Beobachtung der gesellschaftlichen Entwicklung. Als Student der
Rechtswissenschaft, Philosophie und Soziologie studierte er vor allem bei Max
Horkheimer und Theodor W. Adorno. Später wurde er Assistent von Jürgen
Habermas. Heute ist Oskar Negt den Gewerkschaften sehr verbunden. Sein
wichtigstes Werk war Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen. Zur
Theorie der Arbeiterbildung, welches Mitte der 60er Jahre erschienen, bis heute die
gewerkschaftliche Bildungspolitik maßgeblich beeinflusst hat.
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