Interdisziplinäre Therapiekonzepte bei Dysmophiesyndromen

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Interdisziplinäre Therapiekonzepte bei Dysmophiesyndromen
Interdisziplinäre Therapiekonzepte bei Dysmophiesyndromen
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Syndrom:
Krankheitsbild mit charakt. Symptomen
therapeut. Ansatz:
Zusammenarbeit mehrerer zahnmed. und med. Fachrichtungen notwendig
1.Dysostosis cleido-cranialis (Scheuthauer-Marie-Sainton-Syndrom)
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Symptomatik
o Aplasie oder Hypoplasie der Schlüsselbeine
o Störungen der Schädelossifikation (verzögert, Mißverhältnis zw. Breite des
Hirnschädels und einer Hypoplasie der Gesichtsschädelanteile, Fontanelle
bleibt offen oder schließt sich verspätet, Schädelbasis verkürzt)Fehlbildung der
Wirbelsäule und Extremitäten (kurze Röhrenknochen an den Händen und
Füßen)
Anomalien im Zahnsystem (1925 durch Hesse beschrieben)
o Unterentwicklung des OK (dadurch Pseudoprogenie)
o Kopfbiß, offener Biß
o Symphysenspalt des UK
o Persistenz der Milchzähne, Dentitio tarda
o Retention der bleibenden Zähne
o Verlagerung und Überzahl von Zähnen
o Kronen- und Wurzelanomalien
o follikuläre Zysten
Vererbung
o Monogen
o autosomal dominant
Therapie
o bei jungen Patienten:
!"Oberkiefernachentwicklung mittels FR III
!"Einsatz extraoraler Apparaturen z.B. Delaire-Maske mit Verdon Bogen
(Beeinflussung des gesamten OK-Komplexes, einschließlich der
Suturen)
o bei zu großen Bißlageanomalien bzw. erwachsenen Patienten
!"chirurgische Korrektur der maxillären Retrognathie oder des offenen
Bisses
!"Entscheidung welche der permanenten, retinierten und verlagerten
Zähne erhaltungswürdig und kieferorthopädisch einstellbar sind
!"dafür spezielle Röntgendiagnostik notwendig
• Aufnahmen mit exzentrischer Projektionsrichtung
• spez. CT-Aufnahmen
!"nach Entfernung der persistierenden Milchzähne operative Freilegung
der retinierten Zähne und Entfernung der überzähligen Zahnanlagen
!"intraoperative Bracketierung zur Elongation der retinierten Zähne
mittels Plattenapparatur (Gummizüge über Hypomochlion zu Häkchen
der Platte einhängen)
!"besonders bei follikulären Zysten spez. Obturatoren (cave: meist starke
Dimensionsschwächung des UK-Knochens)
!"Nivellierung und Ausformung der Zahnbögen
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!"Stellungskorrektur von Einzelzähnen und Zahngruppen mittels
Multibandapparatur
Therapieprobleme
o Übergang der befestigten Gingiva zur Umschlagfalte meist sehr kurz; evtl.
freies Schleimhauttransplantat erforderlich
o erneute Freilegung nach Extrusion der Zähne meist notwendig
o ständig strenge Mundhygienekontrollen (Gingivahyperplasien)
Dysostosis cranio-facialis (Crouzon-Syndrom 1912)
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Symptomatik: (Mittelgesichtshypoplasie)
o Akrozephalie mit knöch. Vorwölbung im Bereich der großen Fontanelle
o Schädeldeformation in Form von Lang- oder Turmschädel, (Kraniostenose =
Einengung des Schädelinnenraumes)
o angeborene beschleunigte Schädelossifikation (frühzeitige Verknöcherung der
Suturen und Fontanellen führt zu Fehlbildung des Gehirn- und des
Gesichtsschädel)
o übermäßiges Breitenwachstum des Gehirnschädels
o wabige (wolkige) Struktur der Schädelkalotte
o verschiedene Schädelnähte fehlen
o Hypertelorismus, Exophtalmus, “Adlernase“, (Papageienschnabelnase), kurze
Oberlippeeingefallene OK-Partie durch Wachstumhemmung der Schädelbasis
Anomalien im Zahnsystem
o schwere Dysgnathien mit Pseudoprogenie und skelettal offenem Biß
o sagittal und transversal Unterentwicklung des OK (Hypoplasie, Mikrogenie)
o UK häufig starker Masseterknick
o konkaves Profilhäufig tiefer Gaumen
Vererbung
o Monogen
o autosomal-dominant
Therapie
o Frühzeitiger Beginn notwendig um Debilität zu verhindern (intrakranieller
Druck)
o gestaffeltes chirurgisches Vorgehen:
!"im 1. Lebensmonat Expansion der knöchernen Kapsel
(Frontalexpansion)
!"im 6. Lebensjahr Le Fort III Osteotomie (sagittal Wachstumshemmung
des OK durch Vorverlagerung des Mittelgesichts ausgeglichen)
o vorher transversale und sagittale Nachentwicklung durch KFOKFOBegleittherapie: Delaire-Maske FR III (Harmonisierung der orbicularen
Muskulatur
o weiteres chirurgisches Vorgehen:
!"im 16. Lebensjahr Le Fort I Ost. (OK anterior und eventuell hinten
kranial)
!"alternativ: Kallusdistraktion
o Komplexe Rehabilitation beinhaltet prä- und postoperative Kfo und eine
gestaffelte chirurgische Vorgehensweise und OP-Planungim wesentlichen
sagittal und transversal Nachentwicklung des OK und später Ausformung der
Zahnbögen zur OP-Vorbereitung
3. Dysostosis mandibulo-facialis (Franceschetti-Syndrom 1944)
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Symptomatik
o Fehlentwicklung des 1. Kieferbogens
o auffällige „Fischmaulphysiognomie“ mit Abknickung des Unterlids im
äußeren Drittel (antimongoloid)
o Jochbogenhypoplasie
o Ohrmuscheln hypoplastisch
Anomalien im Zahnsystem
o Makrostomie
o Mikrogenie
o Stellungsanomalien der Zähne
o Unterentwicklung OK/UKoffener Biß
Therapie
o Ausformung der Zahnbögen mittels Multibandtechnik als prächirurgische
Maßnahmen
o Nachentwicklung OK/UK meist nicht möglich (Versuch mittels
Funktionsregler)
o OP-Planung (Modelloperation, Splintherstellung)
o Umstellungsosteotomie meist im UK oder bimaxillär
o JochbogenaufbauAufbau des äußeren Ohres bzw. Ohrepithese
4. Dysostosis maxillo-facialis (Peters und Hövel-Syndrom 1960)
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Anomalien im Zahnsystem
o zusätzlich OK stark betroffen
o Progenie und extrem offener Biß
Therapie
o Ausformung der Zahnbögen mittels Multibandapparatur als OP-Vorbereitung
o OP-Planung für Umstellungosteotomie
o meist bimaxillär zum Schluß des offenen Bisses und Vorverlagerung
5. Dysplasia oculo-auricularis (Goldenhar-Syndrom 1952)
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Symptomatik
o Auricular- und Präauricularanhänge
o Fistula präauricularis
o Mißbildungen o. keine Ohrmuschel
o meist asymmetrisch
Anomalien im Zahnsystem
o Makrostomie
o quere Wangenspalte
o Zahnzahlanomalie
o Mißbildung der Kiefer mit Lateral-verschiebung des UK durch z.T. fehlenden
aufsteigenden Ast im KG-Bereich
o mangelhafte Kinnprominenz
Therapie
o bei fehlendem aufsteig. UK-Ast keine Nachentwicklung möglich
o Aufbau d. aufsteig. UK-Astes mit Rippenknorpel (früh) oder Kallusdistraktion
im aufsteig. UK-Ast
o OP-Planung, KFO-Begleittherapie (FKO)
o Sicherung d. OP-Ergebnisses (Retention)
• KFO-Hauptanliegen:
1. Mittellinieneinstellung (skellettale Mitte d. UK mittels FKO aufrecherhalten, bei
unterentw. aufsteig. UK-Ast Nachentwicklung)
2. meist durch Adaptation OK-Kauebene geneigt, Dekompensation vor OP notwendig
6. Pierre Robin-Syndrom (kongenitale Mikrogenie 1929)
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Entstehung
o Urrückbiß nicht ausgeglichen
o durch Gaumenspalte keine Vorentwicklung und Vorverlagerung der Zunge,
Wachstumsschub für UK fehlt
Symptomatik
o lebensbedrohliche Zustände durch Glossophtose (sofortiges pädiatrisches
Eingreifen nach der Geburt erforderlich, Zunge nach vorn verlegt)
o Atembehinderung mit typischen Stridor
Anomalien im Zahnsystem
o Mikrogenie, Retrogenie
o mediane Gaumenspalte
o multiple Zahnnichtanlagen, Zahnanomalien
o Symptome kommen nicht immer in ihrer Gesamtheit vor
Therapie
Gefahr: akute Erstickung durch Glossophtose
o Kfo: sofortige Abdeckung der meist stark ausgeprägten Gaumenspalte durch
Trinkplatte mit taktilen Zusatzbehelfen als Stimulationsplatte
o wenn kein Selbstausgleich der UK-Rücklage durch die Zungenstimmulation
und Zungenvorverlagerung erfolgt, Frühbehandlung zur sagittalen
Nachentwicklung des UK nach Gaumenverschluß (Frühbehandlungsgerät nach
Fränkel)
7. Morbus Down (Down-Syndrom 1966, Trisomie 21)
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Symtomatik
o rundlicher Minderwuchs
o Brachyzephalie (Breitschädel) schräge Augenstellung
o Epikanthus (Hautfalte am medianen Winkel d. Oberlides)
o Hypertelorismus
o breite Nasenwurzel
o tief ansetzende Ohren
o offener Mund mit erhöhtem Speichelfluß
o Makroglossie
o fliehendes Kinn
o Mittelgesichtshypoplasie
Anomalien im Zahnsystem
o Nichtanlage von Zähnen
o Progenie und offener Biß
o eigenes Wachstumsmuster des Gesichtsschädels mit geringer posteriorer
Gesichtshöhe
o Zungenfehllage, geringer Zungentonus
Problematik:
o Zungenlage und Tonus führen zu einer Abdeckung der UK-Zahnreihe
o erhöhter Speichelfluß – Rhagaden
o retardierter Gesichtsausdruck
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Vererbung
o Trisomie (3-fach Anlage) Chomsom 21
Therapie
o therapeutischer Ansatz: Mobilitätsschulung der Zunge um funktionell
Mundschluß zu erreichen
o Konzept (Reiztherapie) nach Castillo-Morales
!"frühzeitig Stimulationsplatten (Platten mit Reizkörpern zur taktilen
Stimulation) zur Normalisierung der Zungenlage (Mundschluß
ermöglicht) um eine physiologische Entwicklung zu gewährleisten
!"komplexe Rehabilation: KFO, Logopädie, Physiotherapie, Pädiatrie,
Orthopädie usw
!"Stimulationskörper an OK-Platte weit dorsal
o 3-5 mm über Platte hohllegen, Durchm. ca. 3-4mm
o Platten alle 3-4 Mo. erneuern, dabei Stimulationskörper
langsam Richtung anterior bewegen um die Zungenspitze
immer mehr zu trainieren und eine bessere Schluck- und
Sprechfunktion zu erreichen, Harmonisierung Kiefer/
Gesichtsbeziehungen
o zusätzliche Pelotten zur Stimulation der periorbicullären
Muskulatur (Lippen, Mundschluß usw.)
!"logopäd. Begleittherapie (einschl. Mundschlußübungen)
8. Christ-Siemens-Touraine-Syndrom
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Symptomatik
a) Majorform
b) Minorform
o An- o. Hypohidrosis
o Hypo- o. Artichie
o Oligo- o. Anodontie
o Aplasie o. Hypoplasie der Fingernägel und Fußnägel
o Augenlider unterentwickelt
o aufgeworfene Lippe
• Vererbung
o x-chromosomal rezessiv, autosomal rezessiv
o X-Chromosom Arm 12.2.-13.1.
• Therapie
a) Majorform
• bei Anodontie
Vollprothesen ab dem 3.Lbj., halbjährliche Neuanfertigung, um das Kieferwachstum
zu ermöglichen
• bei Oligodontie
präprothetische Pfeilerverteilung der Restzahnsubstanz, um optimale prothetische
Versorgung zu gewährleisten
• logopädische Begleitbehandlung
b) Minorform
• präprothetische Kfo-Therapie bzw. OP-Planung zur Einstellung der Kiefer zueinander
in vert. und sag. Richtung
Zahnstrukturanomalien
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Amelogenesis imperfecta hereditaria
o Schmelzbildungsstörung tritt im Gegensatz zu embryopath. bzw. iatrogenen
Schmelzdysplasien oder Hypoplasien generalisiert in beiden Dentitionen auf
o Vererbung: autosomal-dominant oder x-chromosomal
• Dentinogenesis imperfecta hereditaria
o Dentinbildungsstörung
o im Milchgebiß wegen durchschimmernder Pulpagefäße und Ablagerungen von
Blutabbauprodukten, bernsteinartige Braunverfärbung, starke Abrasionen
o im permanenten Gebiß Aus- und Abbrechen von Schmelzarealen da stützender
Dentinkern fehlt
o Vererbung: autosomal-dominant, Chromosom 4 wenn Typ 1 (isoliert),
Chromosom 14 Arm q21 in Verbindung mit Osteogenesis imperfecta
Dentinogenesis imperfecta hereditaria
o Dentinogenesis fakultatives Symptom bei Osteogenesis imperfecta (pathologische
Knochenfrakturen,
o Innenohrschwerhörigkeit, blaue Skleren)
Incontinentia pigmenti (Bloch-Sulzenberger)
o Pigmentbildungsstörung in den ersten Lbj.
o Schwere Schäden an der bradytrophen Netzhaut des Auges
o im Zahnsystem Formanomalien durch Schmelzepithel
o Einkerbung der Schneidezähne, Zapfenform der Schneidezähne und Eckzähne

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