Vitaminmangel bei geriatrischen Patienten
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Vitaminmangel bei geriatrischen Patienten
Vitaminmangel bei geriatrischen Patienten Gerontologica Wiesbaden Juni 2004 Andreas H. Leischker St. Bonifatius Hospital Akademisches Lehrkrankenhaus der Medizinischen Hochschule Hannover Fachbereich Geriatrie Lingen (Ems) Deutschland Dr. Leischker 2004 Ursachen für Mangelernährung bei alten Menschen • Verminderter GeruchsGeruchs- und Geschmackssinn • Schlechte Kaufähigkeit • Fehlende Einkaufsmöglichkeiten • Medikamenteninteraktionen Dr. Leischker 2004 Dr. Leischker 2004 1 Studie Mangelernährung am St. Bonifatius- Hospital • Aufnahme aller in den FB Akutgeriatrie stationär aufgenommenen Patienten im Alter von über 70 Jahren • Schriftliches Einverständnis zur Basisuntersuchungen • Geriatrisches Assessment (Barthel, MMST) • Body Mass Index ( BMI) • Minimal Nutritional Assessment ( MNA) nach Vellas • Arthropometrische Messungen: Oberarmumfang, Tricepshautfaltendicke, Tricepshautfaltendicke, Bauchfaltendicke, Hautfaltendicke am Beckenkamm Studienteilnahme wurde eingeholt • Zahnstatus • Assessment der Kaufähigkeit durch Möhrentest Dr. Leischker 2004 Ergebnisse • Durchschnittsalter 78,2 Jahre (71(71-91) • 72 % sind älter als 75 Jahre • Body Mass Index ( BMI) im Durchschnitt 25,75 (n: 18,518,5-25,0) Dr. Leischker 2004 Dr. Leischker 2004 Vitaminbestimmungen • Vitamin A • Vitamin B 1 und • • • • • erythrozytäre Transketolaseaktivität Glutathionreduktase Vitamin C im Plasma Vitamin E Nicotinamid Selen ( Spurenelement) Dr. Leischker 2004 2 Möhrentest zur Beurteilung der Kaufähigkeit • Index 6: Möhre überhaupt nicht • • • • • zerkaut Index 5:Möhre sehr grob zerkaut Index 4:Möhre grob zerkaut Index 3:Möhre in mittelgroße Stücke zerkaut Index 2: Möhre fein zerkaut Index 1: Möhre sehr fein zerkaut Dr. Leischker 2004 Dr. Leischker 2004 Anzahl der Zähne Möhrentest: Ergebnisse 9 8 7 6 keine Zä hne 5 Säule 1 Anzah l der Z ähne k eine Anzah l der Z ähne 0-10 Anzah l der Z ähne 10 bis 20 Anzah l der Z ähne >20 4 3 2 1 0 Index 1 Index 2 Dr. Leischker 2004 Index 3 Index 4 Index 5 Index 6 Dr. Leischker 2004 3 Mini Nutritional Assessment (MNA) nach Vellas Durchschnitt: 19,8 Punkte Mehr als 24 Punkte 1717- 23,5 Punkte Weniger als 17 Punkte Zufriedenstellender Ernährungszustand Risikobereich für Unterernährung Schlechter Ernährungszustand Dr. Leischker 2004 Mini Mental Status Test (MMST) nach Folstein • Durchschnittlich 25,8 Punkte (von max 30 erreichbaren Punkten) • 43,5 % haben < 21 Punkte (erhebliche Demenz) Dr. Leischker 2004 Barthel Index • Durchschnitt 60 Punkte • 32 % haben Barthel Index unter 50 Punkte Dr. Leischker 2004 Absolute Lymphozytenzahl 21 % der Probanden hatten eine absolute Lymphozytenzahl von< 1500 /µl /µl (moderate Malnutrition) Dr. Leischker 2004 4 12,5 % der Patienten hatten einen Vitamin A Mangel (< 0,20 mg/l) Mögliche Folgen von Vitamin AMangel • Störung der Dunkeladaptation • Keratomalazie • Herabgesetztes Geruchsempfinden • Trockene Schleimhäute • Respiratorische Infekte ( Sommer et al. 1984) • Hypochrome Anämie (Hodges RE et al. 1978) Dr. Leischker 2004 Dr. Leischker 2004 Vitamin A und Wundheilung Vitamin B 1 (Thiamin) Vitamin A Supplementation ist wirksam bei Patienten mit verzögerter Wundheilung unter Glucokortikoidtherapie Ehrlich HP , Hunt TK: Effects of cortisone and vitamin A on wound healing. healing. Ann Surg 167:324,1986 Dr. Leischker 2004 Keiner der Probanden hatte einen erniedrigten Serumspiegel von Vitamin B 1 Aber: 65 % hatten eine erniedrigte basale Aktivität der erythrozytären Transketolase als Hinweis auf eine Thiaminunterversorgung! Thiaminunterversorgung! Dr. Leischker 2004 5 Vitamin B 1 ( Thiamin)- Mangel: Klinische Manifestationen Vitamin B 2 (Riboflavin) (Bitsch 1997) • Atrophische BeriBeri- Beri ( „trockene Form“): Degenerative PNP der Extremitäten • Exsudative BeriBeri-Beri ( „ feuchte Form“): Kardiale Arrhythmien, Herzinsuffizienz 52 % aller Probanden haben eine gesteigerte Glutathionreduktaseaktivität (> 1,7 U/g Hb) Hb) in den Erythrozyten als Hinweis auf eine Riboflavinunterversorgung • WernickeWernicke- KorsakowKorsakow- Syndrom: Syndrom: Nystagmus, zerebellare Ataxie, Ataxie, Opthalmoplegie, Opthalmoplegie, PNP Dr. Leischker 2004 Riboflavin (Vitamin B 2) –Mangel (Bates 1987) • Anguläre Stomatitis, Cheilosis • • • • • • • • („ pellagra sine pellagra“) pellagra“) Glossitis ( MagnetaMagneta- Zunge) Starker Tränenfluss Vaskularisierung der Cornea Periphere Polyneuropathie Normochrome Anämie Seniler Katarakt Seborrhoische Dermatitis Erhöhter Homocysteinspiegel Dr. Leischker 2004 Dr. Leischker 2004 Vitamin B 12 12 % der Patienten hatten einen Vitamin B 12 Mangel Dr. Leischker 2004 6 Vitamin B 12 Mangel : Ursachen Vitamin B 12 Mangel-Diagnostik • Verminderte Zufuhr (Vegetarier) • Mangel an Intrinsic Faktor bei • Vitamin B 12 im Serum ( Norm: > 150 Autoimmungastritis • Fehlen des RR- Proteins im SpeichelSpeichelVitamin B 12 kann nicht vom Nahrungsprotein abgespalten werden • Achlorhydrie, Achlorhydrie, Langzeittherapie mit Protonenpumpenhemmern Dr. Leischker 2004 Vitamin B 12 Mangel: Hämatologische Veränderungen • Megaloblastäre pmol/l) pmol/l) • Methylmalonsäure im Plasma (Norm 0,10,10,4) –ist bei Vitamin B 12 Mangel erhöht) Dr. Leischker 2004 Vitamin B 12 Mangel: Neuropsychologische Manifestationen • Funikuläre Myelose • Polyneuropathie • Demenz • Depression • Psychosen Anämie • Thrombozytopenie Dr. Leischker 2004 Dr. Leischker 2004 7 MCV bei Vitamin B 12 Mangel Bei neurpsychologischen Manifestationen eines Vitamin B 12 Mangels ist das MCV häufig normal ! Vitamin B 12 Mangel: Therapie Hydroxycobolamin • 1000 µg i.m. i.m. täglich über 7 Tage • 1000 µg i.m. i.m. wöchentlich über 4 Wochen • Erhaltungsdosis 1000 µg alle 3 Monate Bei Antikoagulation ist auch eine tiefe subcutane Injektion möglich Dr. Leischker 2004 Hydroxo- versus Cyanocobolamin Dr. Leischker 2004 Nur 4 % aller Probanden hatten einen Vitamin E- Mangel (<5,0 mg/l) Hydroxocobolamin ist bei neurologischen Manifestationen besser wirksam als Cyanocobolamin Dr. Leischker 2004 Dr. Leischker 2004 8 Nikotinamidmangel (Pellagra) Vitamin E -Mangel Dermatitis, Diarrhöe, Demenz • Hämolyse • Neurologische Auffälligkeiten Vorkommen von Vitamin E in: Pflanzenölen (Weizenkeim(Weizenkeim-, SonnenblumenSonnenblumen- und Olivenöl) und langsam wachsenden Pflanzenteilen (Schwarzwurzeln, Paprika, Sellerie) Dr. Leischker 2004 Dr. Leischker 2004 Nicotinamidreiche Nahrungsmittel 8,3 % der Probanden hatten einen erniedrigten Nicotinamidspiegel • Kalbsleber • Gerösteter Kaffee • • • Dr. Leischker 2004 (durch Rösten wird Trigonelin in Nikotinsäure umgewandelt) Weizenvollkornmehl Schweinefleisch Fisch Dr. Leischker 2004 9 Vitamin C 54 % aller Probanden hatten einen erniedrigten Vitamin C Plasmaspiegel (< 5µg/ml) Dr. Leischker 2004 Empfohlene tägliche Zufuhr von Vitamin C Dr. Leischker 2004 Vitamin C und Kognition ( nach DGE, ÖGE,SGE 2000) • Gesunde Erwachsene: mindestens 60 mg tgl. • Schwangere, Stillende, Hämodialysepatienten, Hämodialysepatienten, Raucher: 100100-200 mg tgl. Dr. Leischker 2004 Von den Patienten mit mäßiger und schwerer Demenz (MMST < 24) hatten 66 % einen Vitamin C Mangel Dr. Leischker 2004 10 Bedeutung von Vitamin C • Biosynthese von Neurotransmittern • Positive Assoziation mit der Knochendichte (Morton et al 2001) • Bei Einnahme von Supplementen deutlich niedrigeres Kataraktrisiko (Taber et al. 1999) • Vermutlich Senkung des kardiovaskulären • Risikos und des Schlaganfallrisikos (Sahyoun et al 1996) Antioxidativer EffektEffekt- verringert Malignomrisiko (Loria et al. NHANES 2 Studie 2000) • Fördert Wundheilung Dr. Leischker 2004 Vitamin C und Wundheilung • Ascorbinsäure ist für die Hydroxylierung von Prolin und Lysin zu HydroxyprolinHydroxyprolinAminosäuren erforderlich • Bei Vitamin C Mangel verbinden sich Prolin und Lysin zu dem hochmolekularen Protokollagen • Bei Ascorbinsäuremangel kommt es zur Akkumulation von Hyaluronsäure Dr. Leischker 2004 Dr. Leischker 2004 Vitamin C und Dekubitus Patienten mit Dekubitus haben signifikant niedrigere Vitamin C Serumspiegel als gleichaltrige Kontrollen Selvaag E, Bohmer T, Benkestock: Benkestock: The Journal of Nutrition, Nutrition, Health and Aging 6 ( 2002) : 7575-77 Dr. Leischker 2004 11 Vitamin C bei bestehendem Dekubitus Vitamin C bei Dekubitus Taylor et al 1974 • Ascorbinsäure 500 mg 2x tgl. versus Placebo über einen Monat • In der Verumgruppe Reduktion der Dekubitusfläche um 84 %, in der Placebogruppe nur um 42,7 % Taylor T et al: Ascorbic Acid Supplementation in the treatment of pressure sores. sores. Lancet 1974:5441974:544-546 Dr. Leischker 2004 Dr. Leischker 2004 Trinknahrung • Bei erhaltener Schluckfunktion Prophylaxe von Vitaminmangelzuständen • Mittlere Tagesdosis zur ergänzenden Ernährung: 22-3 Trinkpackungen à 200 ml (z.B. Fresubin Energy Drink®) • Bei Mangel an Vitaminen und Spurenelementen :fruchtige Trinknahrung, z.B. ProvideXtra® ProvideXtra® • Bedarf an Vitaminen und Dr. Leischker 2004 Spurenelementen mit 3 Trinkpackungen gedeckt Dr. Leischker 2004 12 Sondenernährung Take Home Message • Präparate mit ausreichendem Gehalt an • Ältere Patienten haben in bis zu Spurenelementen und Vitaminen verwenden , z.B. Fresubin 1200 complete oder Supportan • Mittlere Tagesdosis 1500 ml = 3 Beutel ! 50 % laborchemische Anzeichen für einen Vitaminmangel • Kritisch ist die Versorgung mit Vitamin C , B1, B2 und mit Selen • Auch normalgewichtige Patienten haben oft einen Mangel an Vitaminen und Mineralstoffen Dr. Leischker 2004 Dr. Leischker 2004 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! Dr. Leischker 2004 13