Broschüre
Transcrição
Broschüre
Touch the future Innovative Räume Räume für Innovation Danksagung und Mitwirkende Viele Kolleginnen und Kollegen haben dazu beigetragen die – teilweise noch im Teststadium befindlichen – Materialien von Performance Materials zu installieren. Dabei haben sie oft die Grenzen ihrer eigenen Aufgabenbereiche überschritten, um aus einem Material eine funktionelle Komponente für die neuen Gebäude zu machen. Ein besonderes Dankeschön an alle für dieses außergewöhnliche Engagement! Zunächst möchten wir unserem Management in der Geschäftsleitung und bei Performance Materials danken. Sie haben die großartige Gelegenheit erkannt, die das Innovationszentrum bietet. Sie haben das Budget bereitgestellt und dem Team die Arbeit an diesem spannenden Projekt ermöglicht. Ein Dankeschön geht auch an das One Global Headquarter Team, das das Architekturkonzept entwickelt hat, die komplexen Schnittstellen erfolgreich gemanagt hat und das Ganze schlussendlich umgesetzt hat: Jochen Renner als architektonischer Vordenker, Christof Hager von der Investitionsseite, Heiko Kiefer, Dietmar Möller und Rudolf Zelmer von Seiten des Projektmanagements. Des Weiteren gilt unser Dank den zahlreichen Unterstützern im Performance Materials Team: Das gesamte Team von Merck Window Technologies in Eindhoven und Darmstadt hat eine fantastische Fassade mit Flüssig kristallfenstern erschaffen. Hannah Bürckstümmer, David Müller und Ron Vaanholt haben dafür gesorgt, dass transparente Solarlamellen den Nutzen des Gebäudes verbessern. Filip Roscam hat sich dafür eingesetzt, dass Fassaden und Wände durch Effektpigmente schimmern und glänzen. Martina Hüber, Ingo Köhler sowie Manfred Weigand haben sich um die LED- und OLED-Beleuchtung gekümmert. All das war nur durch die Unterstützung von engagierten externen Partnern möglich – allen voran dank der professionellen Koordination des Architekturbüros Henn. Ermöglicht wurden Solarzellen durch: Colt, G2E, Solaronix; Beleuchtung durch: Philips, Zumtobel; Design und Technik durch: Höweler + Yoon Architecture, Realities United und die Flüssigkristallfenster durch: Scheuten, SuP Ingenieure. Es ist unmöglich jeden zu erwähnen, der sich um das Projekt verdient gemacht hat. Deshalb bitten wir um Entschuldigung, wenn wir den einen oder anderen Namen versehentlich nicht erwähnen. Alle diese Beiträge – ob groß oder klein – machen den Erfolg aus. So ist das Innovationszentrum ein großartiges Beispiel für die Arbeit über organisatorische Grenzen hinweg! Touch the future Innovative Räume Räume für Innovation Das Geheimnis der KReativität Johannes Kepler * 27. Dezember 1571 † 15. November 1630 1998 gelang dem amerikanischen Mathematiker Thomas Hales die Lösung eines der 23 größten mathematischen Rätsel aller Zeiten. Er bewies, dass die berühmte »Keplersche Vermutung« korrekt ist. 1606 hatte der deutsche Astronom Johannes Kepler postuliert: Kugelförmige Objekte lassen sich optimal raumsparend stapeln, wenn man die oberen Kugeln in die Vertiefungen legt, die sich zwischen den Kugeln der unteren Schicht auftun. Obstverkäufer wissen das seit Urzeiten von Äpfeln, Melonen oder Orangen. Doch am Beweis, dass man so den Raum tatsächlich am besten ausnutzt, bissen sich die größten mathematischen Genies jahrhundertelang die Zähne aus. 4 Touch the future Thomas Hales erkannte, dass der menschliche Geist dieses Problem ohne Hilfsmittel schlicht nicht lösen konnte. Er musste nämlich viele Tausend verschiedene Stapelvarianten vergleichen, um herauszufinden, welche das mathematische Optimum darstellt. Also machte Hales einen leistungsfähigen Computer zum Assistenten. Damit gelang ihm der lange gesuchte Beweis, dass die von Kepler vermutete Stapelvariante tatsächlich die beste ist. Natürlich ist der Einsatz von Computern in der Mathematik keinesfalls neu. Aber Hales’ Methode, den Computer für die Beweisführung einzuspannen, war ein Paradigmenwechsel. Schließlich lieben Mathematiker den eleganten Beweisgang, den ein Menschengehirn allein durchdenken kann. Doch viele interessante Fragestellungen sind zu komplex für eine so konservative Herangehensweise. Diese Geschichte ist ein Lehrstück über Innovation, denn innovative Ideen entstehen durch den Blick über den Tellerrand. Hales hat mit dieser Offenheit sein Ziel erreicht. Wenn es ein Grundrezept für Kreativität – vielleicht sogar Genialität – gibt, dann ist es der Sprung aus einer Enge des Denkens innerhalb der eigenen Disziplin heraus. Leonardo da Vinci bewegte sich zwischen Wissenschaft und Kunst, Albert Einstein machte die großen Brüche im Theoriegebäude der damaligen Physik zur Grundlage seiner beiden Relativitätstheorien. Und der Meteorologe Alfred Wegener – nicht etwa ein Geologe – entdeckte, dass die Kontinente sich bewegen. Welche Schlüsse zieht ein Weltunternehmen, das Innovation lebt, aus dieser Erkenntnis? Merck hat eine Antwort gefunden: Die globale Konzernzentrale in Darmstadt soll ein offener Raum sein, der Menschen zur Kreativität, zu außergewöhnlichen Ideen, zu Neuem inspiriert. Wichtig ist dabei Transparenz, denn diese stärkt das Vertrauen in die Kraft unseres Unternehmens. Eine entscheidende Rolle in der Zukunft unserer Konzernzentrale spielt das derzeit im Bau befindliche Innovationszentrum – und das bereits bestehende modulare Innovationszentrum, das temporär bis zur Eröffnung des finalen Gebäudes in Betrieb genommen wurde. Diese Gebäude werden sich nach Abschluss der Bauphase 2018 in Sichtachse am neu geschaffenen Emmanuel-Merck-Platz gegenüberliegen. 6 Touch the future Beide erfüllen in dem Konzept mehrere Funktionen. In ihrer stimulierenden Umgebung können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Merck an innovativen Ideen arbeiten – und zwar Disziplinen übergreifend und auch mit Partnern außerhalb von Merck. Außerdem sind diese Bauten selbst Schaufenster in eine Zukunft, die Merck mit intelligenten Materialien vielfältig mitgestaltet. Sie machen somit die Zukunft unseres Unternehmens transparent und im Wortsinne begreifbar. Das Geheimnis der Kreativität 7 Schaufenster in die Zukunft Das modulare Innovationszentrum und der angeschlossene Konferenzbereich, durch die diese Broschüre führt, verwandeln den architektonischen Raum auf einzigartige Weise in einen Denkraum. Dieser soll die Kreativität beflügeln und zum Nachsinnieren über ganz neue Möglichkeiten anregen. Damit lässt sich sogar ein Bogen zum Raumbegriff hinter der Keplerschen Vermutung schlagen und zur Geschichte über Thomas Hales. Denn das geometrisch geschickte Stapeln von Kugeln führt ganz direkt zu intelligenten Materialien, den innovativen → Performance Materials (ein → bedeutet, dass die Broschüre Ihnen im Glossar vertiefende Information anbietet), mit denen Merck Zukunft mitgestaltet. Schließlich funktionieren viele dieser Materialien über die komplexe Anordnung ihrer Moleküle im Raum, also über dreidimensionale Geometrie. Als vierte Dimension kommt noch die Zeit hinzu, denn einige dieser Materialien – etwa Flüssigkristalle – reagieren dynamisch auf Signale. Die Wirkung solcher molekularen Ordnungen kann berückend schön, brillant leuchtend, genial nachhaltig, inspirierend und verblüffend sein. Wie diese Materialien unser Arbeits- und Wohnumfeld intelligent und ästhetisch verändern werden, das zeigt das modulare Innovationszentrum in seinen Fassadenelementen und seiner Inneneinrichtung. Aus der Geschichte über Thomas Hales können wir noch etwas lernen. Hales hat in seinem Beweis demonstriert, wie der Mensch seine kreativen Fähigkeiten mit intelligenter Technik enorm erweitern kann. Das gilt seit unsere Vorfahren das Feuer, den Hebel und das Rad entdeckt haben. Heute schafft die Wissenschaft ganz neue »Hebel«. Ein Beispiel hierfür ist Ihr Smartphone, mit dem Sie, liebe Besucherinnen und Besucher, jederzeit Menschen fast überall auf dem Globus erreichen können – sogar mit Live-Video. Vor wenigen Jahrzehnten hätten viele Menschen über eine solche Vision den Kopf geschüttelt. Diesen beeindruckenden Fortschritt verdanken wir vor allem der Quantenphysik, die Elektronik und Laser hervorgebracht hat, sowie der modernen Chemie. Wahrscheinlich lassen Sie → Flüssigkristalle von Merck tanzen, wenn Sie über den → Touchscreen Ihres Smartphones streichen. Der »Quanten-Hebel« heutiger Techno logie hat die Möglichkeiten zur Kommunikation auf eine Weise erweitert, die sich die Generation vor uns kaum erträumen konnte. rundgang Empfangsgebäude F131 Wir starten unseren Rundgang (siehe Plan in der Heftmitte) am Besucherempfang im Gebäude F131. Gleich im Eingangsbereich auf der linken Seite zieht das große TV-Display (1) mit 85 Zoll Diagonale den Blick an. Für seine brillanten Farben sorgen Flüssigkristalle von Merck, dem Weltmarktführer in diesem Bereich. Zu unseren Kunden gehören führende Display-Hersteller, und unsere speziell auf sie zugeschnittenen Flüssigkristallmischungen firmieren unter dem Markennamen licristal. Die Videos wirken gestochen scharf, denn es handelt sich um ein → 4K-Display. Ein solcher Flüssigkristallbildschirm hat eine wesentlich höhere Auflösung als das Full-HD-Format, das derzeit noch als Standard verbreitet ist. Allerdings löst 4K in einigen Bereichen schon Full-HD ab, es handelt sich also strenggenommen nicht mehr um eine Technologie von Morgen. Diese kann man bei dem transparenten, interaktiven → Flüssigkristall-Display (LCD) (2) an der Wand des Ausstellungsbereichs bewundern, das – noch – an Science Fiction »erinnert«. Im Wartebereich des Besucherempfangs begegnen uns zudem zwei Leuchtobjekte der Zukunft. Es sind Installationen aus → Organischen Leuchtdioden (OLEDs). Bei den kugelförmigen, irisierend schimmernden Leuchten (3), die rechts über einer erhöhten Sitzgruppe installiert sind, handelt es sich um die Installation IRIS. Für diese erhielt der deutsche Designer Sebastian Scherer den Lexus-Design-Award 2014. Die Kugeln bestehen aus mundgeblasenem Glas, eine besondere Beschichtung verleiht ihnen den schillernden Effekt. Die eigentliche Lichtquelle ist eine kreisrunde OLED-Fläche oben an der Aufhängung. Die zweite Lichtinstallation befindet sich im Wartebereich links des Empfangs. Direkt an der Decke verbaut, sind bei der »Living 3D sculpture« von Philips (4) die 960 filigranen OLED-Leuchtkacheln ganz offen zu sehen. Die mit dem »Red Dot Design Award« ausgezeichnete OLED-Installation ist mehr als nur eine Leuchte. Sie ist eine dreidimensionale Skulptur, über die – computeranimiert – immer wieder neue Wellen von Licht laufen und den Betrachter in ihren Bann ziehen. 10 Touch the future Rundgang 11 Organische Leuchtdioden bieten – wie eine zukünftige organische Elektronik ganz allgemein – eine Reihe von Vorteilen. Vor allem lassen sie sich besonders energiesparend und in größeren Flächen herstellen. Das ermöglicht in Zukunft vielleicht völlig neue Beleuchtungskonzepte wie zum Beispiel »Videotapeten«. Für optimale elektronische Eigenschaften und Langlebigkeit der OLEDs sorgt dabei das Material livilux von Merck. Es eignet sich zudem für zukunftsweisende Herstellungsverfahren, in denen die OLEDStrukturen einfach mit speziellen Tinten aufgedruckt werden. Farbstoffsensibilisierte und organische Solarzellen erreichen zwar noch nicht die Wirkungsgrade der Silizium-Solarzellen. Doch sie bieten einige attraktive Vorteile im Vergleich zu der etablierten Technologie: Sie können auch schwaches und diffuses Licht sehr effizient in elektrische Energie umwandeln, und ihre Herstellung benötigt erheblich weniger Energie. Merck hat verschiedene Produktfamilien für die Produktion dieser Solarzellen entwickelt: livion und Solarpur garantieren eine effiziente Funktion der Zellen, bei Bedarf macht lisicon die organischen Halbleiter materialien druckfähig. Modulares Innovationszentrum Nun verlassen wir das Empfangsgebäude und gehen zum modularen Innovationszentrum, das durch seine Architektur auffällt: Die Baukörper des ersten Stockwerks sind gegen das Erdgeschoss versetzt. An der uns zugewandten Südfassade fallen Lamellenelemente (5) auf, die rötlich schimmern. Diese Lamellen sind beweglich und richten sich nach der Sonne aus, um optimale Leistung zu bringen. Sie können auch manuell gesteuert werden, um die Helligkeit im Inneren der Räume anzupassen. Die rötliche Farbe kommt von → farbstoffsensibilisierten Solarzellen (DyeSensitized Solar Cells, DSSCs), die in den Lamellen stecken. Während sie den Raum gegen Sonne verschatten, produzieren sie Strom: Diese kleine Anlage kann – zusammen mit der anderen Anlage an der Südfassade des nördlichen Flügels – einen EinPersonen-Haushalt mit Strom versorgen. Farbstoffsensibilisierte Solarzellen unterscheiden sich grundlegend von herkömmlichen Silizium-Solarzellen: Sie imitieren den ersten Schritt der Fotosynthese, in dem Pflanzen ebenfalls mit einem Farbstoff – in der Natur ist es Chlorophyll – Energie aus Sonnenlicht gewinnen. Der wesentliche Unterschied zur Natur besteht darin, dass die Solarzellen elektrischen Strom produzieren, während Pflanzen die eingefangene Solarenergie in chemische Energie umwandeln. 12 Touch the future Rundgang 13 Bevor wir den Bau betreten, wenden wir uns kurz der Nordseite des Innenhofs zu, die vom Haupteingang gesehen links liegt. Dort befindet sich ein Aufbau des ersten Stockwerks, an dessen Südfassade weitere Solarlamellen (8) zu sehen sind. In ihnen arbeiten ebenfalls DSSC-Solarzellen, die hier allerdings in einer einfachen Variante fest angebracht sind. Wir wenden uns nach links und gehen um die Ecke in das im nördlichen Flügel gelegene Konferenzzentrum. Über uns liegt ein Riegel des ersten Stocks, der mit seiner breiten Fensterfront (6) auffällt. Die Fenster werden je nach Tageszeit und Lichteinfall transparenter oder dunkler. Für die integrierte Verschattung sorgt eine Flüssigkristallschicht in den intelligenten Fenstern. Diese Technologie werden wir uns auf unserer Tour noch genauer anschauen. Der Haupteingang führt uns in den Innenhof des Baus. Silbern und golden schimmernde Fassadenelemente (7) ziehen den Blick an. Für das Glitzern sorgen Mercks → Effektpigmente der Iriodin-Produktfamilie, die auf natürlichem Glimmer basiert. Diese Farbpartikel erzielen ihre magische Wirkung, weil sie das Umgebungslicht in ganz besonderer Weise reflektieren und brechen. Nun drehen wir uns um und besuchen den Südflügel des Baus, der rechts vom Haupteingang liegt. Im Eingangsbereich fällt ein großes interaktives LC-Display (9) auf. Es lädt zum Ausprobieren, zum Herumspielen ein. Auch dieser große Monitor enthält verschiedene Materialien von Merck, darunter natürlich Flüssigkristalle. Berührungsempfindliche Bildschirme benötigen zudem feine Mikrostrukturen, mit denen sie die Position eines Fingers »erspüren«. Um die Herstellung dieser Strukturen erheblich zu vereinfachen, hat Merck mit isishape spezielle Chemikalien entwickelt. Die Pulverbeschichtung mit den wetterstabilen IriodinPigmenten von Merck sorgt dafür, dass die Außenfassade ihren Schimmer auch nach vielen Jahren, die sie der Witterung ausgesetzt ist, nicht verliert. 14 Touch the future Rundgang 15 Besonders, wenn es draußen dunkel ist, fallen die verschiedenen Lampen (10) an den Decken auf. Von diesen leuchtenden Objekten gibt es mehrere Varianten. Ihre Lichtquelle besteht immer aus anorganischen → Leuchtdioden (LEDs). Auch LEDBeleuchtungen sind den herkömmlichen Leuchtmitteln in Nachhaltigkeit und Effizienz überlegen. Im Vergleich zur OLED-Technik ist die LED-Technik schon in vielen Anwendungen etabliert. Eine Seltenheit sind allerdings immer noch LED-Lampen, die ganze Räume hell beleuchten können. Die Lampen im modularen Innovationszentrum tauchen die Räume zudem in ein angenehm warmes Licht, das an Tageslicht erinnert. Genau das können die Leuchtstoffe der Marke isiphor, indem sie das kalte Licht der Leuchtdioden in warmes Licht umwandeln. isiphor ermöglicht sogar eine veränderbare Lichtfarbe, sodass man für verschiedene Lichtstimmungen sorgen kann. Nun werfen wir einen Blick in den öffentlichen Bereich (Co-Creation Space), der rechts von uns liegt und von allen Mitarbeitern genutzt werden kann. Ein Besprechungsraum zur rechten Seite ist mit Innenwänden aus Glas (11) ausgestattet. Das wäre nichts Ungewöhnliches, wäre dieses Glas nicht erstaunlich wandlungsfähig: Auf Knopf druck wird es opak. Es lässt dann zwar noch Licht hindurch, ist aber nicht mehr transparent und sorgt so auf Wunsch für Privatsphäre. Für diesen Effekt 16 Touch the future sorgt eine dünne Flüssigkristallschicht. So können die Nutzer im Konferenzraum ungestört arbeiten – bei Bedarf können sie die weiß geschalteten Scheiben sogar als Projektionswände einsetzen. Bei der hier eingebauten Technologie kann man die Flüssigkristall schicht in »Klarschaltung« noch als milchige Schicht erkennen, wenn man schräg auf die Scheiben blickt. Die neue Generation wird kristallklar sein. Nun verlassen wir diesen Gebäudeflügel und überqueren den Innenhof. An der gegenüberliegenden Seite finden wir einen weiteren Eingang, durch den wir den nördlichen Flügel mit Konferenzzentrum betreten. Auf der rechten Seite gibt es die Möglichkeit, Kleidung und Gepäck wegzuschließen, dort sind auch Waschräume. Auf der anderen Seite liegt der Eingang zum Gästerestaurant. Neben ihm befindet sich eine Treppe, die uns nun in den ersten Stock hinaufführt. Wir erreichen den Flügel, der uns schon vor dem Haupteingang mit seiner großen Fensterfront aufgefallen ist. Die Fenster gehören zu einem langgestreckten Raum, der als Treffpunkt und Zugang zu Konferenzräumen fungiert. Gegenüber von der Fensterfront fällt eine silbrig schimmernde Wand (12) auf, die dem Raum eine edle Atmosphäre verleiht. Für den Schimmer sorgt Mercks → Effektpigment Iriodin Rutile Sterling Silver, das auf natürlichem Glimmer basiert. Mercks Effektpigmente sind als Wanddekoration in Form von Tapeten, Farbanstrichen und Beschichtungen auf Innen- und Außenwänden von Gebäuden geeignet. Rundgang 17 Der Star dieses Raums sind die intelligenten → Flüssigkristall fenster (13) (Liquid Crystal Windows, LCW). Wenn Sie sich gerade bei hellem Sonnenschein in diesem Raum befinden, werden Sie die abschattende Wirkung bemerken. Moderne Architektur zeichnet sich durch Transparenz und viel Glas aus, was erhebliche Anforderungen an die Klimatisierung der Räume stellt. Besonders im Sommer und im Sonnengürtel der Erde erfordern Bauten mit viel Glasfläche gewaltige Klimaanlagen zur Kühlung. Entsprechend hoch ist ihr Energieverbrauch. Für Abschattung sorgen meist mechanische Jalousien oder fest installierte Blenden, oft in Kombination mit dunkel getöntem Glas. Solche konventionellen Abschattungslösungen sind aber unbefriedigend: Sie sind unflexibel, verstellen den Blick und unterlaufen die von den Architekten beabsichtigte Transparenz. 18 Touch the future Um die Architektur der Zukunft von diesen Fesseln zu befreien, hat Merck mit licrivision eine völlig neue Verschattungstechnologie auf Flüssigkristallbasis entwickelt. Je nach Situation können Sie selbst erleben, wie die LC-Fenster die Sonneneinstrahlung wirksam reduzieren und trotzdem einen freien Blick nach draußen erlauben. Auch bei schrägem Blickwinkel bleiben diese Fenster kristallklar, worauf wir bei Merck besonders stolz sind. Für den Effekt sorgt eine dünne High-Tech-Beschichtung, in der die länglichen Flüssigkristallmoleküle wie mikroskopische Jalousien-Elemente wirken. Angesteuert werden sie über eine geringe elektrische Spannung. Im Hellzustand sind die Moleküle so gedreht, dass sie wie offene Lamellen das Tageslicht maximal durchlassen – im Dunkelzustand drehen sie sich wie Lamellen, die geschlossen sind. In diesem Zustand lassen die LC-Fenster fünfmal weniger Licht Rundgang 19 durch als im Hellzustand. Die Verschattung lässt sich nach Wunsch per Knopfdruck einstellen und ist zudem automatisch regelbar. Unsere Mitarbeiter führen die Technik gerne vor. Dank ihrer einzigartigen Eigenschaften sind Mercks smarte LC-Fenster als wesentlicher Baustein einer nachhaltigen Gebäudeklimatisierung einsetzbar. Schon deshalb ist Merck ein überzeugter Treiber dieser neuen Technologie. Darüber hinaus eröffnen diese Fenster einer Architektur der Zukunft völlig neue Möglichkeiten. licrivision bietet eine breite Palette verschiedener Farben, die der Flüssigkristallschicht beigemischt werden können. Hinzu kommt, dass jedes Fenster als einzelnes »Bildpixel« angesteuert werden könnte. Große Fassaden mit vielen Einzelfenstern könnten so zu einem riesigen Display werden: Von abstrakten, ornamentalen Farbmustern über Schrift oder figurative Bilder bis hin zu Animationen sind den Ideen kaum Grenzen gesetzt. licrivision macht Fassaden zeitlich veränderbar und dynamisiert so die traditionell statische Wirkung von Architektur. an, die einen hohen Wohlfühlfaktor für Menschen in Gebäuden mit Nachhaltigkeit und einer revolutionär dynamischen Architektur verbindet. Hier sehen wir damit im Wortsinn das Fenster in eine Zukunft, in der Mercks intelligente Performance Materials vielfältige Funktionen übernehmen. An diesem Punkt haben wir das Ende des Rundgangs erreicht und begeben uns wieder die Treppe hinunter zum Ausgang. Falls Sie Sachen weggeschlossen haben, vergessen Sie diese bitte nicht. Wir hoffen, dass Sie diese Reise in die Zukunft des Wohnens und Arbeitens inspiriert hat. Als Thomas Hales 1994 die Herausforderung der Keplerschen Vermutung anpackte, hatte er nach eigener Aussage das Gefühl, dass große Dinge möglich seien. Bei Merck haben wir ebenfalls dieses Gefühl – und mehr: Wir wissen, dass wir als Technologietreiber Zukunft gestalten. Bei aller Zukunftsbegeisterung gilt jedoch vor allem: Gebäude sind langfristige Investitionen. Ihre Fassaden müssen über Jahrzehnte hinweg den Witterungseinflüssen standhalten und dabei funktionieren. Daher war die Lebensdauer für die Entwicklung der LC-Fenster eine der großen Herausforderungen. Dank langer Erfahrung mit Flüssigkristallen konnte Merck sie meistern. Langzeittests beweisen, dass licrivision jahrzehntelang haltbar ist und viele Millionen Schaltzyklen problemlos mitmacht. Die intelligenten Fenster funktionieren von -20 °C im Winter bis zur mittäglichen Hitze eines Sommers einwandfrei. Sie sind genauso einfach wie konventionelle Fenster in Fassaden integrierbar und zu reinigen. Die LC-Fenster können sich sogar mit → organischer Photovoltaik zu intelligenten Fassadenelementen kombinieren lassen, welche die Sonne nicht nur abschatten, sondern auch aus ihr Energie gewinnen. LC-Fenster sparen effizient Energie ein, weshalb sie über die Lebensdauer eines Gebäudes gerechnet wirtschaftlich sind. Mit licrivision bietet Merck also eine innovative Technologie 20 Touch the future Rundgang 21 innovation –> Modulares Innovationszentrum OG Modulares Innovationszentrum EG Empfangsgebäude F131 5 Norden 8 10 7 9 7 11 OG 4 3 12 1 2 13 6 ENDE 12. Effektpigmentwand 13. Flüssigkristallfenster 5. Bewegliche DSSC-Solarlamellen 6.Flüssigkristallfenster 7.Effektpigmentfassade 8. Fixe DSSC-Solarlamellen 9. Interaktives Flüssigkristall-Display 10. LED-Deckenleuchten 11. Schaltbare Glaswände mit Flüssigkristallen START 1. 2. 3. 4. 85-Zoll-4K-Flüssigkristall-Display Transparentes, interaktives Flüssigkristall-Display Kugelförmige, irisierende OLED-Leuchten »Living Sculpture« OLED-Leuchte Glossar <– erleben Merck Performance Materials Dieser Begriff fasst innovative High-Tech-Chemikalien von Merck zusammen, die entscheidend für die Wirkung und Funktion verschiedenster Produkte und Technologien sind. Dazu zählen Flüssigkristalle (Liquid Crystals, LCs) und andere Materialien für LC-Displays und LC-Fenster; Effektpigmente für Lacke, Kunst stoffe, Nahrungsmittel und Kosmetika; funktionale Materialien; sowie Spezialchemie für organische und anorganische Leuchtdioden (OLEDs und LEDs), organische Photovoltaik und Elektronik. Dazu kommen hochreine Materialien zur Verwendung in Halbleitern und für den photolithographischen Druck. Einige dieser zukunftsweisenden Technologien führt das Innovations zentrum vor. Ihr Funktionsprinzip erklärt dieses Glossar detaillierter. Performance Materials ist ein wichtiger, wirtschaftlich sehr erfolgreicher Bereich von Merck. Bei den Flüssigkristallen zum Beispiel ist Merck Weltmarktführer und Innovationstreiber. Das gilt auch für die neueste Generation der Flüssigkristalle für Mobilgeräte, die brillante, energiesparende und aus extremen Blickwinkeln ablesbare Displays ermöglicht. Merck hat seit über hundert Jahren Erfahrung mit Flüssigkristallen. So lag es nahe, über den Tellerrand des Display-Markts hinaus zu schauen und auf Basis dieses Erfahrungsschatzes völlig neue, innovative Produkte zu entwickeln. Ein Ergebnis sind die LC-Fenster, für die Merck in den kommenden Jahren einen wachsenden Markt erwartet. 28 Touch the future Ein weiterer Bereich intelligenter Materialien mit hohem Zukunftspotenzial lässt sich unter dem Oberbegriff »organische Elektronik« zusammenfassen. Dazu zählen die organische Photovoltaik, die im modularen Innovationszentrum gezeigten farbstoffsensibilisierten Solarzellen, organische Leuchtdioden (OLEDs) und organische Transistoren, die in LC-Displays die einzelnen Pixel ansteuern. Die Vorteile organischer Elektronik sind Nachhaltigkeit und Flexibilität. Im Prinzip lässt sich organische Elektronik auf viele, sogar flexible Trägermaterialien drucken. Das eröffnet in Zukunft völlig neue Anwendungsgebiete, an die wir heute wahrscheinlich nicht einmal denken. Doch auch in der anorganischen Elektronik gibt es viele Bereiche, in denen Merck mit innovativen Materialien dabei ist. Die neuen Gebäude beispielsweise sind mit vielen LED-Lampen ausgestattet. Leuchtmittel von Merck sorgen für angenehm warmes Tageslicht – und sogar farbiges Licht. Auch in den LEDHintergrundbeleuchtungen moderner LC-Displays stecken solche speziellen Leuchtstoffe von Merck. Sie sorgen für brillante Farben und sparen Energie. Glossar 29 Flüssigkristalle (LCs) Auf dem Gebiet der Flüssigkristalle (Liquid Crystals, LCs) war Merck von Anfang an dabei. Bereits 1905 unterstützte Emanuel August Merck den Karlsruher Physikprofessor Otto Lehmann, für dessen Pionierforschung er in Darmstadt besonders reine Flüssigkristalle herstellen ließ. Normalerweise sind Moleküle nur in festen Kristallen perfekt geordnet, in Flüssigkeiten schwimmen sie chaotisch durcheinander. Flüssigkristalle entpuppten sich jedoch als Zwitter: Obwohl sie flüssig sind, zeigen sie eine gewisse kristalline Ordnung. Ihre stäbchenförmigen Moleküle richten sich aus wie Fische in einem Schwarm. Zudem reagieren sie wie winzige Antennen auf die elektromagnetischen Wellen des Lichts. Deshalb können solche Molekülschwärme speziell präpariertes, »polarisiertes« Licht entweder durchlassen oder ausblenden. Das geschieht in den Pixeln der Flüssigkristall-Displays – ähnlich aber auch in Flüssigkristallfenstern, die Sonnenlicht abschatten können. Die Dinge und Objekte, die uns im Alltag umgeben, sollen nicht allein zunehmend smart, funktionell und interaktiv werden. Sie sollen auch ästhetisch anziehend und zugleich umweltverträglich sein. Dabei spielen Farben eine wichtige Rolle. Merck entwickelt – ebenfalls als Weltmarktführer – eine wachsende Palette von einzigartigen Effektpigmenten für verschiedenste Anwendungen. Einige Beispiele für Lacke und Wandfarben zeigt das modulare Innovationszentrum. Die Anwendungen der Effektpigmente reichen von edlen Autolacken bis hin zu Kosmetika. Aber auch Funktionalität und Sicherheit spielen eine zunehmende Rolle: Merck bietet Sicherheitskonzepte für den globalen Produktschutz sowie funktionelle Pigmente und Additive für eine Vielzahl von Anwendungen an. Merck Performance Materials ist ein Bereich, der ganz besonders von Innovation lebt und mit ihr wächst. Derzeit arbeiten hier weltweit über 6.000 Mitarbeiter, und der Jahresumsatz beträgt rund 2,5 Milliarden Euro. 30 Touch the future In Flüssigkristall-Displays arbeiten spezielle Mixturen aus einem »Grundbaukasten« verschiedener Flüssig kristallmoleküle. Diese Grundbausteine, »Singles« genannt, produziert Merck in Darmstadt. Rund 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln dort mit einem jährlichen Forschungsbudget von 60 Millionen Euro immer neue Singles für spezielle Anforderungen. Mittlerweile umfasst Mercks Portfolio mehr als 300 Singles. Aus diesen stellt Merck an seinen asiatischen Standorten in China, Japan, Korea und Taiwan für die Kunden jährlich über Tausend maßgeschneiderte Mischungen her. Die Rezepturen entstehen in enger Zusammenarbeit mit diesen Kunden, zu denen alle führenden Display-Hersteller gehören. Glossar 31 Flüssigkristall-Displays (LCDs) Flüssigkristall-Displays (Liquid Crystal Displays, LCDs) sind wie ein Sandwich aufgebaut. Sie bestehen aus zwei Glasplatten, auf denen jeweils ein sogenannter Polarisationsfilter (Polfilter) aufgebracht ist. Zwischen diesen befinden sich die Flüssigkristalle. Als Lichtquelle dient in der Regel eine weiß leuchtende Fläche hinter diesem Sandwich, bei modernen Displays basiert diese Hintergrundbeleuchtung auf weißen Leuchtdioden (Light Emitting Diodes, LEDs). Allerdings ist das Licht dieser Hintergrundbeleuchtung zunächst ein elektromagnetischer Wellensalat, der in allen Raumrichtungen schwingt. Auf seinem Weg zur Displayoberfläche muss das Licht daher zunächst einen Polfilter passieren. Dieser sortiert aus dem Wellensalat eine bestimmte Schwingungsrichtung aus, denn die stäbchenförmigen Flüssigkristallmoleküle können nur sauber in einer Richtung schwingendes Licht steuern. Diese Moleküle richten sich in der Flüssigkeit aus wie ein Fischschwarm, dessen Orientierung über ein elektrisches Feld drehbar ist. Dabei dreht der Molekülschwarm wiederum die Schwingungsrichtung des Lichts auf seinem Weg durch die Flüssigkristalle. An deren Ende trifft es auf den zweiten Polfilter, der zum ersten gekreuzt angeordnet ist. Hat der Schwarm die Lichtschwingung wie eine Schraube um 90° gedreht, dann kann das Licht den zweiten Polfilter ungehindert durchdringen. Bei keiner Drehung stoppt der Polfilter das Licht. Das Display bleibt schwarz. Nach diesem Grundprinzip schaltet jedes einzelne Pixel im LCD das Licht. Ein Farbfilter sorgt für eine der Grundfarben der Bild darstellung. Die Pixel besitzen zum Schalten der Flüssigkristalle Elektroden, die über Dünnfilm-Transistoren (TFTs) angesteuert werden. Über den Pixelelektroden befindet sich die Füllung aus der Flüssigkristallmischung, die sich durchgehend über das gesamte Display erstreckt. Merck hat in der LCD-Technologie immer wieder Meilensteine gesetzt. Ein wichtiger war die Markteinführung der In-PlaneSwitching(IPS)-Technologie, deren Patent Merck 1995 vom 32 Touch the future LED-Hintergrundbeleuchtung Reflektionspolarisator Polarisator Transistoren auf Glas Flüssigkristalle Glas mit Farbfilter Optischer Kompensationsfilm Polarisator Strukturierter Film für 3D Deckglas mit Touch-Funktion Fraunhofer-Institut für Angewandte Halbleiterphysik erwarb. Sie ermöglichte LCDs, die in einem weiten Blickwinkel von bis zu 170° farbige und kontrastreiche Bilder zeigen. Ein weiterer Meilenstein ist die Vertical-Alignment(VA)-Technologie, die Merck 1997 gemeinsam mit Fujitsu entwickelte. Erst sie erlaubte die ultrakurzen Schaltzeiten, mit denen LCDs schnelle Bewegungen flüssig und scharf darstellen können. Damit wurden LCDs endlich videotauglich und verhalfen flachen Fernsehgeräten und Computermonitoren zum Durchbruch. Glossar 33 Der Siegeszug von Smartphones und Tablets mit Touchscreen erforderte eine weiterentwickelte IPS-Technologie. Diese Displays mussten aus allen gedrehten Blickwinkeln ablesbar und durften nicht wie Standmonitore druckempfindlich sein. Vor allem mussten diese Displays in brillanten Farben leuchten und trotzdem Energie sparen. Erst das ermöglichte flache Geräte mit kleinen Akkus, die trotzdem lange Laufzeiten erreichen. Merck entwickelte dafür die Fringe Field Switching (FFS)- und die besonders Energie sparende UB-FFS-Technologie. UB steht für Ultra Brightness und besagt, dass die Flüssigkristalle das Licht der Hintergrundbeleuchtung besonders effizient ausnutzen. Produkte von Merck: Mercks Portfolio an kundenspezifischen Flüssigkristallmischungen trägt den Namen licristal. Heute bietet Merck zudem intelligente Materialien für nahezu alle weiteren Komponenten von Displays an: isiphor für die Leuchtstoffe in den LEDs der Hintergrundbeleuchtung, neue »Quantenmaterialien« für besonders brillante Farben (zusammen mit Qlight Nanotech entwickelt), lisicon ermöglicht einfach druckbare organische TFTTransistoren zur Ansteuerung der einzelnen Bildpixel. Touchscreens Berührungsempfindliche Displays müssen »erspüren«, wo sich gerade ein Finger befindet. Dafür wurden verschiedene Technologien entwickelt, wobei sich heute vor allem zwei verschiedene Systeme durchgesetzt haben. Ein System reagiert auf Fingerdruck, der zwei leitfähige Schichten an der Druckstelle verbindet. Das andere System registriert winzige Änderungen im elektrischen Widerstand durch die Berührung. Dieses »kapazitive« System hat sich vor allem bei Smartphones und Tablets etabliert. In beiden Systemen müssen die Displays elektrisch leitfähige Schichten besitzen, die durch feine Linien in voneinander isolierte Bereiche getrennt sind. Sind diese Linien zum Beispiel in 34 Touch the future übereinander liegenden Schichten gegeneinander gekreuzt, dann kann die Elektronik über diese Matrix den Punkt der Berührung orten. Diese feinen Linienstrukturen müssen bei der Herstellung geätzt werden. Merck hat dafür ein innovatives System entwickelt, in dem eine Ätzpaste wie bei einem Siebdruck aufgedruckt wird. Nach dem Ätzen muss sie nur noch abgewaschen werden, was den Prozess erheblich vereinfacht und beschleunigt. Produkt von Merck: isishape. Glossar 35 Flüssigkristallfenster (LC-Windows) Die smarten Flüssigkristallfenster gehören zu den besonders beeindruckenden Zukunftstechnologien, die das modulare Innovationszentrum ausstellt. Merck forscht schon länger an Fenstern, die ihre Eigenschaften intelligent verändern können. Die neueste Generation der LC-Fenster ist im ersten Stock des modularen Innovationszentrums eingebaut. Diese Fenster gewähren auch unter schrägen Blickwinkeln einen kristallklaren Durchblick. 4K-Displays Im Grundprinzip funktionieren die LC-Fenster wie LC-Displays, wobei ein Fenster einem einzigen, großflächigen Pixel entspricht. Die LC-Fenster bestehen ebenfalls aus zwei Glasscheiben, zwischen denen sich ein Film mit Flüssigkristallen befindet. Die Scheiben sind zudem jeweils mit einer sehr dünnen elektrisch leitfähigen Schicht versehen. Legt man an diese eine geringe elektrische Spannung von wenigen Volt an, dann kann man darüber die Flüssigkristallmoleküle im Film drehen. Die Moleküle wirken dabei wie mikroskopische Jalousie-Elemente: Im Hellzustand stehen sie parallel zum einfallenden Tageslicht und lassen es durch, im Dunkelzustand stellen sie sich quer und blocken es ab. Der elektrische Energieverbrauch ist vernachlässigbar gering. Inzwischen gibt es bereits Kompaktkameras und Smartphones, die Videos im 4K-Format aufnehmen können. Das heute etablierte von Fernsehsendern eingesetzte Full-HD-Format löst ein Bild mit 1.080 Bildpunkten (Pixel) in der Höhe und 1.920 Pixel in der Breite auf. Bei 4K-Formaten sind es dagegen rund 4.000 Bildpunkte in der Breite. Bei 4.096 x 2.160 Pixeln zum Beispiel ergibt das ungefähr eine vierfache Full-HD-Auflösung – das Bild erscheint also wesentlich schärfer. Von den vier »Kilopixeln« in der Breite stammt auch die Bezeichnung »4K«. Noch ist das Angebot an 4K-Videos übersichtlich. Doch es ist logisch, dass es der technologischen Entwicklung folgend wachsen wird. Und die Entwicklung geht weiter: 2015 wurde bereits das erste 8K-Video auf youtube hochgeladen. Die Zukunft wird immer schärfer, zumindest in der Auflösung von Displays. 36 Touch the future Glossar 37 Die LC-Fenster von Merck erreichen einen hohen Kontrast zwischen Dunkel- und Hellzustand. Sie lassen sich also zum Beispiel so einstellen, dass sie 50 Prozent des Tageslichts durchlassen, wenn sie auf hell geschaltet sind, und 10 Prozent in der Dunkelschaltung. Dieser Arbeitsbereich lässt sich auf Wunsch verschieben. So lassen die LC-Fenster maximal 70 Prozent des Lichts passieren, im maximal erreichbaren Dunkelzustand sind es nur noch 5 Prozent. Sie wirken im gesamten Spektrum des Tageslichts und sind damit farbneutral. Merck nutzt zusätzlich eine breite Palette an Farbstoffen, die in die Flüssigkristallmischungen ein gearbeitet werden können. Damit kann man die Fenster als bunte Fassadenelemente gestalten. Neben der Transparenz bestand die Herausforderung bei der Entwicklung darin, die Fenster langlebig zu machen. Vor allem sollte starkes Sonnenlicht die Flüssigkristallschicht nicht altern lassen. Deshalb besitzt diese Schicht einen integrierten Blocker für die kritische UV-Strahlung. Mercks LC-Fenster-Technologie bewies in ausführlichen Langzeittests, dass sie nach Millionen von Schaltungen einwandfrei funktioniert. Zudem halten die Flüssigkristallfenster Temperaturen zwischen -20 und + 120 °C stand, ohne ihre Funktion zu verlieren. Auch hohe Feuchtigkeit kann ihnen nichts anhaben. Die LC-Fenster sind genauso einfach wie herkömmliche Fenster einzubauen und sauber zu halten. Wenn sie später beim Abriss eines Gebäudes entsorgt werden, lassen sich die Materialien problemlos trennen und recyceln. Auch am Ende ihres Lebens ist die LC-Fenster-Technologie von Merck nachhaltig. Leuchtdioden (LEDs) Anorganische Leuchtdioden auf Halbleiterbasis sind längst Teil unseres Alltags. Moderne LEDs holen 15-mal mehr Licht aus elektrischer Energie als Glühbirnen. Allerdings tendierten gerade die ersten Generationen von LEDs zu einem kalten, fast bläulichem Licht. Um eine angenehme Beleuchtung von Innenräumen zu erreichen, muss ihr Licht in ein warmweißes Tageslicht verwandelt werden. Das ermöglichen innovative Materialien von Merck. LEDs bestehen im Wesentlichen aus einer Halbleiterdiode, die unter elektrischer Spannung leuchtet, und einem Leuchtstoff, der das Licht farblich verändert. Dioden sind grundsätzlich Quantenbauelemente, die eine sehr reine Lichtfarbe ausstrahlen, bei weißen LEDs ist es ein intensives Blau. Wie wird daraus aber Weiß? Weißes Licht ist eine Mischung aller Spektralfarben. Für diese Mischung sorgt der Leuchtstoff, wenn ihn das blaue Licht der Diode durchstrahlt. Mit dem Leuchtstoff kommt Merck ins Spiel. Unter dem Produktnamen isiphor haben wir eine Palette an grünen, gelben und roten Leuchtstoffen entwickelt, die in der richtigen Mischung das blaue Diodenlicht hocheffizient in Weißlicht umwandeln können. Die genaue Mischung entscheidet dabei über die Eigenschaft des Weißlichts, die sogenannte Farbtemperatur. So kann es als warmweißes Tageslicht für eine Lampe abgestimmt werden – oder eher kühl und brillant für eine LCDHintergrundbeleuchtung. Produkte von Merck: LuAG-isiphor, Oxynitrid-isiphor. Produkt von Merck: licrivision 38 Touch the future Glossar 39 Organische Leuchtdioden (OLEDs) Organische Leuchtdioden unterscheiden sich durch ihr Material grundsätzlich von LEDs. Anstelle von anorganischen Halbleitern stecken in ihnen organische Halbleiter. Noch steht diese Zukunftstechnologie erst am Anfang. Es ist aber absehbar, dass ihre beiden Hauptanwendungen Displays und Beleuchtung sein werden. Bei Smartphones sind OLED-Displays bereits etabliert, erste OLED-TV-Geräte sind inzwischen ebenfalls kommerziell verfügbar. Für die Beleuchtungstechnik sind sie attraktiv, weil sie flächige, blendfreie und sehr dünne Lichtquellen mit natürlicher Farbwiedergabe sind. OLEDs unterscheiden sich auch in der Herstellung von herkömmlichen LEDs. Der Prozess benötigt weniger Energie und keine ätzenden, hochgiftigen Chemikalien. Letztere sind bei der anorganischen Halbleitertechnologie unvermeidbar und müssen aufwendig aus der Umwelt fern gehalten werden. Die etablierten Herstellungsverfahren für OLEDs ähneln allerdings in gewisser Hinsicht der Herstellung von LEDs: Schrittweise dampft man im Vakuum die einzelnen Funktionsschichten der OLED auf einen transparenten Träger auf – allerdings bei wesentlich niedrigeren Temperaturen, was Energie spart. Ist das Trägermaterial aus einem flexiblen Material gefertigt, wie spezielles, biegsames Glas oder eine flexible Polymerfolie, so lassen sich biegsame bzw. flexible OLEDs herstellen – eine faszinierende, neue Generation von Displays entsteht, die weltweit immer mehr Menschen begeistert. Noch zukunftsfähiger als das Aufdampfen von OLED-Materialien ist ein alternatives Verfahren, das Merck zusammen mit Seiko Epson entwickelt hat. Dazu mischt man Tinten die Halbleiter-Zutaten bei, was diese ganz einfach druckbar macht. Sogar hochauflösende OLED-Displays lassen sich mit Tintenstrahldruckern herstellen. Diese Prozesstechnik hat viele Vorteile. Vor allem kommt sie ohne Vakuum aus und benötigt keine Energie zum Verdampfen der Materialien. Auch in der Wahl der Trägermaterialien ist das Drucken flexibler, weil diese nicht erhitzt werden müssen. Produkt von Merck: Für beide Produktionsverfahren hat Merck unter dem Markennamen livilux eine Familie von smarten Materialien entwickelt, die Langlebigkeit garantieren. Organische Photovoltaik (OPV) Photovoltaik dreht im Prinzip die Funktionsweise von Leuchtdioden um: Anstatt mit elektrischer Energie Licht zu erzeugen, wandeln Solarzellen Licht in elektrische Energie um. Das gilt selbst verständlich auch für die organische Photovoltaik (OPV). OPV nutzt im Prinzip einen organischen Materialbaukasten, der den OLEDs verwandt ist. Wie bei den OLEDs hat Merck auch für OPV ein System entwickelt, dass es erlaubt, leichte und flexible Folien mit organischen Solarzellen zu bedrucken. Solch flexibel herstellbare OPV ermöglicht völlig neue Anwendungen. Als transparente Schicht auf Fenstern können sie zum Beispiel Innenräume abschatten und zugleich Strom erzeugen. OPV ist in Fassadenelemente und sogar in smarte Textilien integrierbar. Produkt von Merck: lisicon. 40 Touch the future Glossar 41 Farbstoffsensibilisierte Solarzellen (DSSCs) Farbstoffsensibilisierte Solarzellen (Dye-Sensitized Solar Cells, DSSCs) imitieren den Prozess der Fotosynthese in Pflanzen. In der Natur fängt Chlorophyll als Farbstoff das Licht ein, aus dem die Pflanze in einem mehrstufigen Prozess chemisch umsetzbare Energie gewinnt. Bei DSSCs fangen künstliche Farbstoffe das Licht sehr effizient ein. Diese Farbstoffe sind auf einer elektrisch halbleitenden Trägerschicht aus Titandioxid aufgebracht. Ein so-genannter Elektrolyt sorgt dafür, dass in der Zelle ein vom Licht angetriebener Strom fließen kann. Aus chemischer Sicht sind DSSCs damit den Akkus und Batterien verwandt. Unter idealen Lichtbedingungen im Labor erzeugen konventionelle Siliziumsolarzellen heute etwa viermal so viel Strom wie kommerzielle DSSC-Zellen. Dieser Abstand wird sich mit zunehmender Technologiereife der DSSC-Zellen verringern. Im Gegensatz zur Silizium-Technologie wandeln DSSC-Zellen auch diffuses Licht effizient in Strom um, etwa bei starker Bewölkung. Aus Sicht von Architekten besonders interessant ist auch, dass DSSC-Zellen transparent und farblich angepasst sein können und sich in herkömmliche Bauelemente für Fenster und Fassaden integrieren lassen. Organische Photovoltaik (OPV), Beschreibung siehe Seite 41. Produkte von Merck: livion und Solarpur für kundenspezifische Elektrolytsysteme, dazu hochreine Einzelkomponenten für DSSCs. Glossar 43 durch Interferenz, bei der sich Lichtwellen, die an der Oberbeziehungsweise Unterseite des Pigmentes reflektiert werden, überlagern können. Des Weiteren nimmt das menschliche Auge diese Mehrfachreflexion als einen Glanz wahr, der aus der Tiefe zu kommen scheint. Ein Rohstoff für Perlglanzeffekte kommt aus der Natur: Glimmer. Dieses natürlich vorkommende Mineral ist auch der Ausgangsstoff für einige Produkte von Merck. Dazu wird das Rohmineral gereinigt, fein gemahlen und mit einem oder mehreren Metalloxiden beschichtet. Die Dicke der Beschichtung bestimmt, welche Interferenzfarbe entsteht. Durch Variieren der Prozesse lassen sich so verschiedene Effekte erzielen. Sie reichen von einem matten Schimmern über Perlglanz- und Perlmutteffekte bis hin zu einem Schillern in Regenbogenfarben. Auf diese Weise stellt Merck zum Beispiel Effektpigmente der Marke Iriodin her. Effektpigmente und funktionelle Materialien Wir Menschen erfassen unsere Umgebung primär über visuelle Eindrücke, und nichts fasziniert uns so sehr, wie kräftige Farben und glitzernde Oberflächen. Aus vielen unserer alltäglich verwendeten Produkte sind Glanz und Glitzer gar nicht mehr wegzudenken – von Autolacken über Kunststoffe bis hin zu Kosmetika und Lebensmitteln. Das modulare Innovationszentrum demonstriert, wie Beschichtungen mit Glanzeffekten innen und außen architektonische Ausrufezeichen setzen können. Im Produktportfolio von Merck spielen Effektpigmente seit vielen Jahrzehnten eine wichtige Rolle. Der Fokus liegt auf sogenannten Perlglanzpigmenten. Perlglanzpigmente sind natürliche und synthetische Pigmente, die sich durch hohen Glanz, Brillanz und irisierenden Farbeffekt auszeichnen. Der visuelle Eindruck entsteht durch Reflexion und Ablenkung des Lichtes an dünnen Multischichten. Durch die Wechselwirkung mit Licht entstehen zwei Effekte: Glanz und Farbe. Die Farbeffekte entstehen auch 44 Touch the future Merck entwickelt darüber hinaus künstliche Trägermaterialien, wie zum Beispiel auf synthetisch hergestellten Plättchen aus Aluminiumoxid, Siliziumdioxid oder Kalzium-Aluminium-Borosilikat (Glasplättchen). Durch Beschichten mit Metalloxiden lassen sich damit ganz neue, faszinierende Effekte erzielen, die mit Glimmer nicht möglich wären. Ein Beispiel für solche Pigmente ist die Marke Xirallic von Merck. Pigmente von Merck dienen aber nicht allein der Ästhetik. Zu unserem Portfolio gehören auch funktionelle Pigmente und Materialien, die zum Beispiel elektrisch leitfähig sind und Fußbodenbeläge dauerhaft antistatisch machen. Andere Pigmente können die Wärmestrahlung von der Sonne reflektieren und so zum Beispiel zur Gebäudekühlung beitragen. Merck bietet zudem funktionelle Pigmente zur Lasermarkierung von Produkten an. Mit ihnen lassen sich Produkte gestochen scharf und schnell markieren – und zwar dauerhaft. Produkte von Merck: Xirallic, Meoxal und Iriodin für Industrieanwendungen; Ronastar, Xirona für Kosmetika; Iriotec, Securalic, Durazane, Tivida, Ronacare, IR3535 für funktionelle Anwendungen. Glossar 45 Herausgegeben von: Merck KGaA Unternehmensbereich Performance Materials Text: Roland Wengenmayr Redaktionsteam: Clemens Grütz, Judith Rahner, Dieter Schroth Gestaltung und Satz: West Communication, Darmstadt Bildnachweis: © www.fotolia.com: Illustration von Nickolae S. 4, Foto von Jan Ebling S. 5, Foto von Yurakp S. 21, Foto von Peshkova S. 35, Foto von Demarco S. 39; © Getty Images: Fotos S. 7, 29, 36; © Architekturbüro Henn: Foto S. 1, 23–26; © Ingmar Kurth: Foto S. 18–19; © Lapp Gruppe: Foto S. 42; © Lichtbildatelier Eva Speith: Fotos S. 8–9, 10, 2 x 11, 13, 3 x 14, 2 x 15, 2 x 16, 17, 30; © Merck KGaA: Fotos S. 31, 33, 37, 40, 43, 44 Druck: Werbedruck Petzold GmbH, 64579 Gernsheim www.merck.de April 2016 Merck KGaA 64271 Darmstadt, Deutschland Telefon: +49 (0)6151 72-0 E-Mail: [email protected] www.merck-performance-materials.com