Frankreich – Info - Französische Botschaft
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Frankreich – Info Herausgeber: Französische Botschaft - Presse- und Informationsabteilung Pariser Platz 5 - 10117 Berlin E-Mail: [email protected] Internet: www.botschaft-frankreich.de 16.06.2009 Staatspräsident Nicolas Sarkozy im Gespräch mit der Zeitschrift „Diplomatie“ Sondernummer Vereinigte Arabische Emirate - Auszüge Paris, im Mai 2009 Nach der Sorbonne und dem Louvre Abu Dhabi bezeichnet die Eröffnung einer Militärbasis in Abu Dhabi eine neue Etappe in den Beziehungen zwischen Frankreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Wieso ist der Persische Golf heute für Frankreich strategisch von größerer Bedeutung als gestern? Und welche Ziele verfolgt die französische Militärstrategie im Golf? Der Persische Golf war immer eine strategische Region und sei es nur aufgrund der geografischen Lage; und weil er einen großen Teil der weltweiten Energiereserven besitzt. Aber heute ist er es erst recht, angesichts der neuen Gefahren und Herausforderungen. Ich denke natürlich an die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen; ich denke allerdings auch an eine neue Herausforderung unseres beginnenden Jahrhunderts, nämlich die Konfrontation zwischen dem Westen und dem Islam zu vermeiden, die Extremisten und Fundamentalisten mit allen Mitteln uns aufzudrängen versuchen. Weil die Vereinigten Arabischen Emirate und andere Länder im Golf mäßigend und stabilisierend in der Region wirken, haben sie Modellcharakter. Sie sind der lebende Beweis dafür, dass man seiner Kultur, seiner Identität und seinen Traditionen treu bleiben und zugleich weltoffen, offen für das andere, offen für den Fortschritt sein kann. Deshalb hat Frankreich seit mehreren Jahren auf eine Intensivierung der Bindungen zu diesen Ländern hingewirkt. (...) Mit dieser Basis öffnet sich wirklich ein neues strategisches Zeitalter in unseren Beziehungen zu den Emiraten wie auch zu allen unseren Bündnispartnern in der Region. Zwar haben wir uns schon vorher auf strategischer Ebene engagiert, u. a. weil wir vor über zehn Jahren Verteidigungsabkommen mit den VAE, mit Katar und mit Kuwait abgeschlossen haben. Aber mit dieser Basis erreicht unser strategisches Engagement eine neue Dimension. Frankreich zeigt damit, dass es bereit ist, sich voll und ganz an der Seite seiner Bündnispartner zu www.botschaft-frankreich.de 2 engagieren und dass es umfassend an der Stabilität in dieser für das Gleichgewicht der Welt bedeutenden Region mitwirken will. (...) Ist die französische Präsenz in Dschibuti mit der Einrichtung dieser Militärbasis nicht überflüssig geworden? Ganz und gar nicht. Diese beiden Stützpunkte stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern sie ergänzen sich. Die neue französische Basis in Abu Dhabi trägt zur Stärkung unserer Präsenz in der Region bei; sie soll den Stützpunkt in Dschibuti nicht ersetzen, sondern stärken. Um sich davon zu überzeugen, muss man sich nur vor Augen halten, wie wichtig unsere Basis in Dschibuti bei der Bekämpfung der Piraterie an den somalischen Küsten war und ist. Aber sie bietet uns auch die Möglichkeit, am Horn von Afrika und in Ost-Afrika präsent zu sein. Das ist eine strategische Basis, die wir unbedingt brauchen. (...) Die Eröffnung dieser neuen Militärbasis in Abu Dhabi bedeutet nicht, dass Frankreich sein Engagement zurücknimmt, weder in Dschibuti noch anderswo. Sie zeugt vielmehr von der Dynamik unserer Außenpolitik und beweist, dass Frankreich sich an die neuen Herausforderungen und Gegebenheiten anpassen kann; dass es bereit ist, sich seiner Verantwortung zu stellen und beim Lauf der Dinge in der Welt voll und ganz seine Rolle zu spielen. Einem jüngst veröffentlichten Bericht des SIPRI zufolge stehen die Vereinigten Arbabischen Emirate nach China und Indien inzwischen weltweit an dritter Stelle in Sachen Import konventioneller Waffen. Wird diese neue Militärbasis in Abu Dhabi eine Intensivierung der Handelsbeziehungen im Bereich der Rüstungsgüter bewirken? Um es klar zu sagen: Unsere Freunde aus den Emiraten schätzen unsere Rüstungsgüter nicht erst seit wir diesen Stützpunkt beschlossen haben. Über die Hälfte der Ausrüstung der Streitkräfte der VAE stammt aus Frankreich; die Emirate besitzen inzwischen mehr als 390 Leclerc-Panzer und mehr als 60 Mirage 2000-Flieger. Ziel dieser Basis ist es selbstverständlich nicht, französische Rüstungsgüter zu verkaufen – aber ich glaube, das muss ich hier eigentlich nicht mehr betonen. Ganz richtig ist allerdings: Je umfassender unsere Zusammenarbeit ist - sei es bei der Logistik oder bei gemeinsamen Militärübungen - desto mehr Möglichkeiten haben unsere Partner aus den Emiraten, sich mit dem französischen Material vertraut zu machen und deren Leistungsstärke schätzen zu lernen. Auch mit Kuwait und Katar hat Frankreich ein Verteidigungsabkommen unterzeichnet. In welcher Verbindung stehen diese Beziehungen mit der neuen Militärbasis am Golf? Mit der Einrichtung der neuen Militärbasis in Abu Dhabi muss auch die regionale Dimension berücksichtigt werden, da haben Sie vollkommen Recht, denn genau darum geht es Frankreich: voll und ganz zur Stabilität dieser Region beizutragen, die für eine Welt im Gleichgewicht unerlässlich ist. (...) Auch wenn die Eröffnung des Stützpunktes in Abu Dhabi zuallererst Gegenstand unserer Partnerschaft mit den Vereinigten Arabischen Emiraten ist, so ermöglicht sie aber auch eine Stärkung unserer strategischen Zusammenarbeit mit allen unseren Verbündeten in der Region. Aber über diese bilateralen Partnerschaften hinaus wollen wir, dass sich eine wirkliche multilaterale Zusammenarbeit mit den Partnern am Golf entwickelt. Das haben wir angestoßen, indem wir Katar 2008 in die gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten durchgeführte „Gulf Shield“-Übung eingebunden haben, um eine wirklich trilaterale Übung daraus zu machen. 3 Denn es ist sehr wichtig, dass diese Länder, die in dieser Region für Stabilität und Modernisierung sorgen, zusammen an Fragen der Sicherheit und Verteidigung arbeiten können. Frankreich und die Vereinigten Arabischen Emirate haben 2008 ein Kooperationsabkommen über die friedliche Nutzung der Nuklearenergie abgeschlossen. Total, Suez und Areva haben sich der Vereinbarung angeschlossen und Abu Dhabi zwei EPR-Reaktoren der dritten Generation angeboten. Wie sehen hier heute die Perspektiven Frankreichs aus? Die Unterzeichnung eines Kooperationsabkommens über die zivile Nutzung von Atomenergie war ein weiterer sehr wichtige Schritt in den Beziehungen zwischen Frankreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ziel dieses Abkommens ist es, unseren Freunden zu helfen, einen institutionellen Rahmen zu schaffen, der ihnen auf lange Sicht ermöglicht, eine elektronukleare Anlage zu entwickeln. Sie kennen meine Überzeugungen: Ich bin gegen die Vorstellung, dass die Energie der Zukunft, die zivile Atomenergie, ausschließlich einigen westlichen Ländern vorbehalten bleiben soll. Sondern ich glaube vielmehr, dass alle Zugang dazu haben sollten. Selbstverständlich muss das unter strengster Achtung der internationalen Regeln und unter den größten Sicherheitsbedingungen erfolgen. Aber ich halte das für sehr wichtig, und ich denke, dass wir so am besten all jenen Ländern begegnen können, die gegen all ihre internationalen Verpflichtungen verstoßen und mit allen Mitteln versuchen, sich der Nuklearwaffe zu bemächtigen. Ziel unserer Zusammenarbeit mit den Emiraten ist es, sie dabei zu unterstützen, die für eine zivile Atomkraftnutzung nach den striktesten Qualitäts- und Sicherheitskriterien erforderlichen Verwaltungs-, Technologie- und Personalstrukturen zu schaffen. (...) Was den industriellen Aspekt angeht, also den Bau von Reaktoren zur Stromerzeugung, so haben sich die Emirate für einen offenen Wettbewerb zwischen den Industrie-Konzernen einzelner Länder ausgesprochen. In diesem Zusammenhang haben AREVA, Total und GdfSuez beschlossen, sich zu einem durch und durch französischen Konsortium zusammenzuschließen. Diesem „Team Frankreich“ wurde jetzt im Übrigen die Teilnahme an den entsprechenden Auftragsausschreibungen gewährt. Das ist eine sehr gute Nachricht. Diesem Konsortium fehlt es sicherlich nicht an schlagkräftigen Argumenten, man denke nur an das Know-how unseres Landes und unserer Unternehmen im Nuklearbereich. Sind die Projekte Louvre und Sorbonne Zeichen dafür, dass Frankreich seine kulturellen Beziehungen im Persischen Golf zunehmend vertieft? In den letzten Jahren hat sich Frankreich verstärkt für eine bessere Strahlkraft seiner Kultur im Mittleren Osten, und vor allem am Persischen Golf, eingesetzt. (...) Sind die Projekte Louvre und Sorbonne in Abu Dhabi nicht der beste Beweis dafür, dass es einen lebendigen und konkreten kulturellen Dialog gibt, der eine echte Brücke zwischen unseren Völkern bildet?