Neue Anforderungen an IT-Verantwortliche - Medizin-EDV
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Neue Anforderungen an IT-Verantwortliche - Medizin-EDV
IT-MANAGEMENT Neue Anforderungen an IT-Verantwortliche IT-Management am Scheideweg: Ist es Zeit, die Position des CIOs zu stabilisieren? Marktforschungsunternehmen beobachten zunehmend, wie sich Fachabteilungen ITselbständig machen und Industrieführung die IT-Führung übergeht. Die Position des IT-Chefs gerät ins Wanken. Zum IT-Management am Scheideweg gibt Jochen Richter, Senior Manager Healthcare PricewaterhouseCoopers AG WPG, einige gedankliche Anregungen. Die Frage der Daseinsberechtigung von CIOs in deutschen Krankenhäusern darf offen gestellt werden. Zunächst einmal ist jedoch zu klären, ob man wirklich von einem CIO oder eher von einem IT-Leiter sprechen sollte. In praxi werden diese Begriffe nicht trennscharf verwendet. Klassischerweise ist der CIO Mitglied der Geschäftsführung bzw. des Vorstandes und vornehmlich mit führungsbezogenen, strategischen Fragestellungen wie der langfristigen Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationsstrukturen zur Verbesserung der Geschäftsprozesse beschäftigt. Der IT-Leiter hingegen lässt sich als technikorientierter Verantwortlicher der EDV eines Unternehmens charakterisieren. Er ist eher in mittleren und kleineren Unternehmen zu finden und hat einen starken Bezug zu den Problemen des Tagesgeschäftes. Führungsaufgaben verwaltet er passiv, statt sie proaktiv zu gestalten. Bezogen auf die Situation in deutschen Krankenhäusern lassen sich beide Typen auf dem Posten der IT-Leitung ausmachen. Ein deutlich größerer Anteil entspricht dabei dem IT-Leiter. Die Frage nach dem CIO am Scheideweg bezieht sich schon aus Definitionsgründen auf die Position des IT-Leiters. Der IT-Leiter zeichnet sich verantwortlich für die operative und strategische Steuerung der Krankenhaus-IT. Im Alltag ergibt sich meist ein anderes Bild; der durchgehende 24/7-Betrieb des Rechenzentrums verbraucht viele Ressourcen, die Integration verschiedener, von Medizinern favorisierten Best-of-Breed-Lösungen ist zeit- 52 Ausgabe 4/2008 aufwendig und in der restlichen Arbeitszeit werden Lösungen zum Umsetzen der rechtlichen und dokumentarischen Pflichten implementiert. Die weniger am Tagesgeschäft orientierten Aufgaben wie die langfristige Planung der IT, die Selektion zukunftsweisender Projekte anhand fundierter Wirtschaftlichkeitsrechnungen („Business Cases“) und die Definition von Standards werden als Konsequenz oft nur unzureichend bewältigt. IT-Leiter zu ChefTechnikern degradiert Rechtfertigen diese Beobachtungen die Tendenzen mancher deutscher Kliniken, dass IT-Leiter zu Chef-Technikern degradiert werden und strategische Entscheidungen mit IT-Relevanz an die Verwaltungsdirektoren/Geschäftsführungen übergeben werden? Studien zeigen, dass die IT-Durchdringung im Gesundheitswesen in den kommenden Jahren beträchtlich steigen wird. Zu sehen ist das derzeit schon an den überdurchschnittlich stark steigenden IT-Budgets im Gesundheitssektor, d. h. dass das Investitionsvolumen in der IT spürbar zunehmen wird. Als Folge daraus wird auch die Komplexität der IT steigen. Die Fachbereiche im Krankenhaus werden weitreichend vernetzt – in der Medizintechnik wie in der Verwaltung, z. B. durch krankenhausweite Informations- und Wissensmanagementsysteme – und müssen reibungslos in die bestehende IT-Architektur integriert werden. Daneben forciert der Kostendruck in deutschen Krankenhäusern Rationalisierungsüberlegungen mithilfe von IT. Beispielsweise gilt es zu prüfen, ob durch gezielte IT-Unterstützung Prozesse effizienter gestaltet werden können oder ob sich durch Sourcingentscheidungen Kosteneinsparungen verzeichnen lassen. Zwangsläufig leiten sich neue Anforderungsmerkmale an den IT-Verantwortlichen ab. Das Qualifikationsprofil entspricht zunehmend dem eines CIOs. Die steigenden Jochen Richter, Senior Manager Healthcare, PricewaterhouseCoopers AG WPG: „Die Position des IT-Leiters im Krankenhaussektor wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Fraglich bleibt, ob die aktuellen IT-Leiter den neuen Anforderungen gewachsen sind.“ Investitionen bedürfen einer systematischen IT-Planung, um eine Homogenität in der IT-Architektur zu gewährleisten und Folgeprobleme zu vermeiden. Wirtschaftlichkeitsrechnungen und ITControlling werden notwendig, um Projekte gezielt anhand von Business Cases und Risikoabschätzungen zu bewerten, zu selektieren und zu steuern. Das macht gegebenenfalls eine Restrukturierung der ITOrganisation erforderlich, damit der ITLeiter tatsächlich stärker vom Tagesgeschäft losgelöst wird. Die Position des IT-Leiters im Krankenhaussektor wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Fraglich bleibt, ob die aktuellen IT-Leiter den neuen Anforderungen gewachsen sind. www.pwc.de/de/gesundheitswesen