Balg, Lunge und Qi Gong

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Balg, Lunge und Qi Gong
Balg, Lunge und Qi Gong
Der Balg ist die Seele des Akkordeons
TEXT: THILO PLAESSER; FOTOS: ARCHIV
Der Balg
ist die Seele des Akkordeons. Diesen Satz habe ich schon oft
gelesen und selbst geschrieben. Durch den Balg wird das
Akkordeon lebendig, es beginnt zu atmen. Dem Spieler
bietet sich eine facettenreiche Palette an Ausdrucksmöglichkeiten. Zunächst einmal ist der Balg für die Tonerzeugung zuständig, denn er versorgt die Stimmzungen mit
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Wind. Ich gebrauche diesen aus dem Orgelbau stammenden
Ausdruck „Wind“ viel lieber als den Begriff Luft. Viel zu oft
wird der Balg als „Luftpumpe“ gebraucht. Das Akkordeon
klingt aber erst dann richtig interessant, wenn der Spieler
die verschiedenen Möglichkeiten der Klanggestaltung
durch den Balg beherrscht. Durch den Balg kann man die
Ansprache der Töne beeinflussen, eine große dynamische
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Bandbreite abdecken, Akzente setzen, durch Hand-, Fuß- oder Beinbewegungen ein Tremolo erzeugen.
In moderner Musik wird gerne das
Windgeräusch als Effekt verwendet
als auch der Balg als Resonanzraum
für Percussion genutzt. Der Balg
hat viele Falten und deshalb entFALTEN sich viele Möglichkeiten
bei seinem Gebrauch. Der Vergleich
mit der menschlichen Lunge liegt
auf der Hand.
korrekte Haltung ist für das qualitativ gute Atmen wichtig. Wir
wissen alle, dass man in einer
„Fragezeichenhaltung“ schlecht atmen kann. Sitzen wir aufrecht, so
können wir entspannt atmen. Ähnlich verhält es sich beim Akkordeonspiel. Die Haltung am Instrument entscheidet über ein qualitatives, klanglich gutes Spiel und darüber, ob wir uns beim Musizieren
wohlfühlen.
Die Lunge, der Atem:
Der Mensch muss erst seine Lunge
mit Luft füllen (hier hätte „Wind“
eine andere Bedeutung), bevor er
mit der Ausatmung einen Ton erzeugen kann. Beim chromatischen
Qi Gong:
Ich möchte hier nicht näher darauf
eingehen, was Qi Gong ist oder
nicht ist, denn das kann man nur
durch die (tägliche) Praxis erfahren.
Im Anschluss an meine Workshops
„Das Akkordeon klingt erst richtig
interessant, wenn Spieler die
Klanggestaltung mit dem Balg beherrschen.“
Akkordeon ist es möglich, auf Zug
und Druck einen Ton zu erzeugen.
ZUG bedeutet Einatmung –
DRUCK bedeutet Ausatmung.
Das Akkordeon atmet also. Aber
es atmet nicht von selbst wie wir.
Bei uns stellt sich ein Atemreflex
von selbst ein, ohne dass wir etwas
dafür tun müssen. Wir müssen dem
Instrument also im wahrsten Sinne
des Wortes LEBEN ein-HAUCHEN.
Erst durch unsere Spielweise
kommt Leben in das Instrument.
Bevor wir dies aber umsetzen können, sollten wir erst einmal unsere
eigene Atmung besser verstehen
lernen, auch wenn wir uns über das
Ein- und Ausatmen keine Gedanken machen (müssen).
Es gibt verschiedene Formen
der Atmung:
die Bauchatmung, die reverse
Bauchatmung, die Brustatmung, die
Intervallatmung sowie die Mundund Nasenatmung. Atmung „funktioniert“ nur durch Bewegung. Eine
biete ich eine Einführung in das Qi
Gong an. Atmung und Bewegungsabläufe sind beim Qi Gong oder
Thai Chi untrennbar miteinander
verbunden. Die geistige Haltung,
mit der „praktiziert“ wird, ist ebenfalls elementar.
Qi Gong kann man nicht durch
Worte vermitteln, dennoch möchte
ich Ihnen eine einfache, kurze
„Akkordeon-Qi-Gong“-Übung offerieren: Atmen Sie bei geöffnetem
Mund durch die Nase ein, während
Sie den Balg öffnen (auf Zug). Dies
perfekt spielbar mit allen gebräuchlichen HOHNER
können Sie tun, während Sie den
Luftknopf geöffnet halten. Atmen
Sie durch den Mund aus, während
Sie den Balg schließen (auf Druck).
Alter Göbricher Weg 51
Atmen Sie nicht willentlich ein,
75177 Pforzheim
sondern warten Sie, bis sich der
Tel. 0 72 31/10 6744
Atemreflex von selbst einstellt.
Fax: 0 72 31/10 52 65
Wiederholen Sie dies so lange, bis
die Balgbewegungen und Ihre AtOder senden Sie uns eine Email an:
mung synchron erfolgen. Zu Beginn
[email protected]
versuchen Sie wahrscheinlich, die
Atmung der Balgbewegung anzupassen. Versuchen Sie aber den um-
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Genau in diesem Moment atmen Sie wieder ein,
denn wir können ja auf Zug – also der Einatmung –
keinen (brauchbaren) Ton bilden.
Der Zeitpunkt für den Richtungswechsel hängt
in erster Linie von der musikalischen Logik ab, kann
aber durch die Atmung beeinflusst werden. Wie die
menschliche Lunge dehnt sich auch der Balg bei der
„Einatmung“ aus, er entfaltet sich. Bringen Sie sich
mit Ihrem Instrument in EIN-klang, in einem einheitlichen Atemrhythmus. Machen Sie sich diese Übung
zu eigen und beginnen Sie Ihr (tägliches) Akkordeonspiel auf diese Weise.
Alle meine Entchen:
Ja, es ist peinlich, dass mir kein anderes Lied einfällt,
das wohl alle von Ihnen kennen. Ein Sänger kann das
Lied ohne Probleme „auf einem Atem singen“. Das ist
aber nicht unbedingt sinnvoll. (Einatmung) Alle
meine Entchen schwimmen auf dem See, (Einatmung) schwimmen auf dem See, (Einatmung)
Köpfchen in das Wasser, (Einatmung) Schwänzchen
in die Höh’. (bitte weiter atmen...) Das ist eine eher
„asthmatische“ Version.
gekehrten Weg. Die Balgbewegung sollte sich Ihrem Atemrhythmus anpassen. Führen Sie erst kurze Balgbewegungen aus. Dann
steigern Sie die Bewegung, bis Sie IHREN Rhythmus gefunden
haben. Wenn Sie dies verinnerlicht haben, können Sie versuchen,
kurze Phrasen oder Melodien zu singen. Beginnen Sie auf Zug.
Wenn eine Phrase endet, wechseln Sie die Balgrichtung auf Druck.
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Nun eine elegantere Version:
(Einatmung) Alle meine Entchen schwimmen auf
dem See, schwimmen auf dem See, (Einatmung)
Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh’.
(bitte weiter atmen...)
Dass Bewegung und Atem zusammengehören,
wird uns beim Akkordeonspiel bewusst. Wenn wir
uns nicht bewegen (den Balg bewegen), kommt kein
Ton zustande. Wir müssen also eine Bewegungsform
finden, die den musikalischen Anforderungen, aber
auch den ergonomischen Gegebenheiten des Körpers
und des Instruments entspricht. Das hängt von vielen Faktoren ab: von der Größe und dem Gewicht des
Instruments und des eigenen Körpers, von der körperlichen Konstitution und vielen weiteren Dingen.
Deshalb erübrigt sich eigentlich die Frage, ob es eine
verbindliche Balgtechnik gibt. Natürlich gibt es
„Lehrbuchmeinungen“. Auch im Sport werden klassische Bewegungsformen gelehrt. Schaut man sich
dann allerdings die Sportler an, findet man von all
dem kaum etwas wieder. Jeder hat seinen eigenen Bewegungsstil, der oftmals sogar seltsam aussieht. Es ist
aber nicht verkehrt, wenn sich der eigene Stil auf der
Grundlage dieser „Lehrbuchmeinungen“ heraus entwickelt. Schließlich muss man irgendwo anfangen.
Tipp:
Machen Sie sich die Balgbewegungen Ihres Spiels
bewusst. Experimentieren Sie, verändern Sie,
schauen und hören Sie bewusst hin, wenn Sie ihre
Stücke spielen. Singen Sie die gespielten Melodien,
Themen und Phrasen. Nehmen Sie sich in Bild und
Ton auf, dann haben Sie die beste Möglichkeit, Ihr
Spiel zu kontrollieren.
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