01 Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur
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01 Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur
Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur auf der Südinsel Neuseelands und in Christchurch Bearbeitung: Christian Lippmann, Katrin Friedrich Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur auf der Südinsel Neuseelands und in Christchurch Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Neuseeland allgemein: Neuseeland ist ein Staat im südwestlichen Pazifik. Er umfaßt die ca. 1.600 km südöstlich von Australien gelegenen Hauptinseln, Nordinsel und Südinsel, die von der 23 km breiten Cookstrasse getrennt werden, sowie mehrere kleine bewohnte und auch unbewohnte Inseln. Neuseeland hat etwa 3,8 Mio. Einwohner und eine Fläche von 269.063 km², davon 268.670 km² Landfläche, und eine Küstenlänge von rund 15.000 km. Die Hauptstadt von Neuseeland ist das im Süden der Nordinsel gelegene Wellington. Neuseelands Verwaltung ist in 108 Grafschaften gegliedert, die Amtssprache ist Englisch, sowie Maori und die Währung der Neuseeland-Dollar (NZ-$). Bearteitung: Christian Lippamnn, Katrin Friedrich ihren Segelkanus von den Gesellschaftsinseln im heutigen Französisch-Polynesien (Tahiti) kamen. Sie begründeten die neuseeländische Maori-Kultur mit einem Gesellschaftssystem, das auf Großfamilien und einer Häuptlingsaristokratie basierte, ähnlich den Kulturen der Südseeinseln. Der erste Europäer, der Neuseeland sichtete, war im Jahr 1642 der Holländer Abel Tasman. Der Engländer James Cook kartographierte zwischen 1768 und 1779 die gesamte Küstenlinie. Ende des 18. Jahrhunderts begann die Besiedlung durch Europäer, vornehmlich Engländer, die sich gegen den fast hundert Jahre dauernden heftigen Widerstand der Maori durchgesetzt hatten. 1840 wurde Neuseeland britische Kronkolonie, die Engländer erwarben das Besitzrecht und gewährten den Siedlern eine verantwortliche Selbstregierung. 1947 erlangte es volle Souveränität, ist formell jedoch bis heute dem englischen Königshaus untertan. Abb. 02 die Regionen und districts: Neuseeland ist nicht nur in eine Nord- und Südinsel geteilt, sondern wird durch verschiedene Regionen, die vergleichbar mit unseren Bundesländern sind, bestimmt. Auf der Nordinsel, sowie auf der Südinsel gibt es jeweils sechs Regionen. Die Region Canterbury, dessen Hauptstadt Christchurch ist, hat eine Fläche von 43.432 km² und rd. 500.000 Bewohner, von denen mehr als 65 % in Christchurch selber wohnen. Die Canterbury Plains, eine fruchtbare Landschaft im mittleren Osten der Südinsel Neuseelans mit etwa 9.000 Abb. 01 km² Weizenanbau, Schaf- und Rinderzucht gehören ebenso zu Canterbury wie Teile der Southern Alpes. Die Region Candie Besiedlung: terbury ist nochmals in district’s unterteilt: Neuseeland wurde vor etwa 1200 Jahren Christchurch City, Kaikoura, Hurunui, erstmals von Polynesiern besiedelt, die mit Waimakariri, Selwyn, Banks Peninsula, I - 1 Abb. 03 Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur auf der Südinsel Neuseelands und in Christchurch Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Bearbeitung: Christian Lippmann, Katrin Friedrich Asburton, Timaru, Mackenzie, Waimate und Waitaka, was auf die verschiedenen Siedlungsstätten der Maori’s und später auch der englischen Siedler zurückzuführen ist. Abb. 04 die Städte: Lyttleton. Den Beinamen Garden City erhielt die Stadt, da ca. 20 % der Stadtfläche aus Parks und Grünflächen bestehen. Vor allem aber ist Christchurch die englischste Stadt Neuseelands. Die Architektur der Altstadt mit ihren neugotischen Steingebäuden und Kirchen geben der Stadt ein romantisches mittelalterliches Flair. Mit zwei Universitäten und zahlreichen Colleges sieht sich Christchurch gern als geistiges Zentrum des Landes. Die südlichste Stadt ist Dunedin, die wegen der ausgeprägten viktorianischen Architektur auch Edinburgh des Südens genannt wird. Der Grundriss der schottischen Hauptstadt wurde auf Dunedin übertragen. Von den 110.000 Einwohnern sind viele schottischer Herkunft, was sich auch im Dialekt, in Traditionen und in den Geschäften bemerkbar macht. Die Stadt verteilt sich über mehrere Hügel um das langgestreckte Hafenbecken des Otago Harbour. Zum besonderen landschaftlichen Reiz dieser Stadt trägt auch die anschließende Otago Peninsula bei, die sich zu einem Naturund Freizeitpark entwickelt hat. Von den rund 3,8 Mio Einwohnern leben fast Dreiviertel (ca. 2.904.000) auf der Nordinsel, lediglich 927.000 leben auf der Südinsel. Neuseeland, das die Größe der alten Bundesrepublik Deutschland besitzt, hat mit rund 13 Einwohnern pro Quadratkilometer eine der geringsten Bevölkerungsdichten der Welt. Das dünn besieAbb. 05 delte Land, 87% der Bevölkerung leben in Städten, ist zum überwiegenden Teil noch in unberührtem Zustand. Knapp die Hälfte der Landesfläche sind Weiden und nur etwa 20% sind mit Wald bedeckt. Ansonsten herrschen Grasfluren vor. Trotz der teilweise dünnen Besiedelung ist die touristische Infrastruktur gut entwickelt und ausgesprochen vielfältig. Über ein gut ausgebautes Straßennetz und ein flächendekkendes Angebot regionaler Flüge, Busverbindungen und Wassertransport-mitteln die Architektur Christchurch’s: läßt sich nahezu jeder Winkel NeuseeAbb. 06 Nördlich der Banks-Halbinsel, in der Mitlands erkunden. te der Ostküste liegt Christchurch auf NeuDie Hauptstadt Wellington (330.000 Ein- seelands Südinsel. Mit 337.000 Einwohwohner) liegt an der Südspitze der Nord- nern, einem internationalen Flughafen und insel. Sie ist Sitz der Regierung und des zwei Universitäten ist sie die größte Stadt Parlaments. Die größte Stadt ist allerdings der Südinsel. das ebenfalls auf der Nordinsel gelegene 1856 wurde Christchurch offiziell von den Auckland mit knapp 1 Mio Einwohnern, ersten Europäern gegründet, die sich um im größeren Ballungsraum sogar 1,3 Mio 1850 in Canterbury ansiedelten. und damit einem Drittel der gesamten Bevölkerung. Mit mehr als 300.000 Einwoh- Die neuen Siedler waren von der einfachen nern ist Christchurch die größte Stadt der Bauweise aus Stroh, Holz und Stein der Südinsel. Sie liegt an der Ostküste am bis dahin in diesem Gebiet siedelnden Rande der Canterbury Plains. Im Osten Maori fasziniert. Auf vertikalen Hölzern trennt die Hügelkette der Port Hills die werden die Balken des Daches aufgesetzt, Abb. 07 Stadt von ihrem natürlichen Hafen die mit kultischen Reliefs verziert sind. Als I - 2 Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur auf der Südinsel Neuseelands und in Christchurch Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Regenschutz dienen geflochtene Strohmatten, die bis zum Boden reichen. Im Inneren sind die Hütten mit einem ähnlichem Strohgebinde ausgekleidet und durch Wände abgeteilt. Die Maori’s leben in einem Siedlungsverband aus mehreren Hausgruppen in familiären Strukturen. Die ersten Wohnhäuser europäischer Siedler orientieren sich an den vorgefundenen Stukuren. Sie benutzen ebenfalls die Materialien Holz, Stroh und Stein, um feste Unterkünfte und Siedlungen zu bauen. Zunehemend werden die Häuser mit Räumen erweitert, die einfach an das Haupthaus angebaut werden. Man wechselt auch vom Wandmaterial Holz zum Wandmaterial Stein, welches in der Region ausreichend vorhanden ist. Zu diesen ersten Missionshäusern kommen großvolumigere Bauwerke für den neuen englischen Landadel, der sich in der Region niederläßt. Bisher wurde das Grundstück von den Missionen zum Lebensunterhalt genutzt. Die englischen Landherren allerdings errichten um ihr Haus herum großzügige Gartenlandschaften. Zwischen den einzelnen Gütern liegen oftmals mehrere hundert Kilometer . Der Wunsch nach ‘größerer Architektur’ wächst. Um 1845 beginnt man Kirchen im gotischen Stil der Heimat England zu errichten. Die sogenannte ‘Decorative Gothic’ mit Maßwerk und Vierung aus massivem Mauerwerk wird in nahezu allen größeren Siedlungen und Städten angewendet, um Gotteshäuser oder Kathedralen zu errichten. Allerdings sind die Dimensionen in Neuseeland im Vergleich zu Europa minimaler in Volumen und Höhe. Teilweise wird hierzulande das gotische Kreuzgrat- und Rippengewölbe in Holzbauweise ausgebildet. Neben zahlreichen Verzierungen und detailiereter Ausformulierung der Konstruktion Innen und Bearteitung: Christian Lippamnn, Katrin Friedrich Außen bleiben die reduzierteren Varianten neuseeländischer Kirchenbaukunst nicht zurück und können mit Anmut glänzen. Christchurch Cathedral erbaut 1860, Architekt George Gilbert Scott (Nr.7). Abb. 08 Der Stil überträgt sich zunehemend auf öffentliche Gebäude, ist allerdings nicht ganz so prächtig und ausformuliert. Als Beispiel kann man das Canterbury Provincial Government Building (Nr.08) in Christchurch anführen. Erbaut im Jahre 1859 von B.W. Mountfort soll das Gebäude den Reichtum der Region Canterbury zum Ausdruck bringen, was sich in seiner detailierten und stilechten gotischen Durchbildung zeigt. Ein Turm aus massivem Mauerwerk markiert in der Mitte des Gebäudes den Eingang und trennt optisch die seitlich angeschlossenen Flügel in Holzbauweise. Zahlreiche andere öffentliche Gebäude, vor allem aber Banken, Gerichtsgebäude und City Halls (Nr.09) werden im gleichen Stil errichtet. Die Städte, unter anderem auch Christchurch, beginnen zu wachsen. Stadtstrukturen für die Erweiterungen werden vom Vorbild englischer Städte übernommen. Neben ländlichen Siedlungsstrukturen entstehen in den Städten erste Parzellenbebauungen, die die Straßen säumen. Der Stil reicht von einfachen Häusern in einer Reihe (Nr.10) bis hin zu freistehenden Gebäuden und Landhäusern im Stil des Klassizismus, sowie des Kolonialstils. Vor allem wohlhabende Bürger zeigen den neuen Reichtum durch ihr Haus mit seiner Inneneinrichtung (Nr.11). Ab 1880 setzt sich in Christchurch unter der Wirkung des Melburner Architekten William Armson der Stil der NeoRenesaissance nach dem Vorbild italieneischer Palazzos durch. Er errichtet komplette Straßenzüge, vor allem die I - 3 Abb. 09 Abb. 10 Abb. 11 Abb. 12 Abb. 13 Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur auf der Südinsel Neuseelands und in Christchurch Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Bearbeitung: Christian Lippmann, Katrin Friedrich ‘Herford Street’ (Nr.12) und die ‘Cashel Street’ (Nr.13); letztlich verwirklicht er den italienischen Gedanken mit dem Bauwerk für die Bank of New Zealand in Dunendin mit exzellenter Detailgestaltung in Fassade und Innenraum. begleiter sind amerikanische Architekten wie Frank Loyd Wright. In Christchurch baut Samuel Hurst Seager 1897-1901 das Haus Daresbury Fendalton. Der Grundriss, streng nach englischem Vorbild, beherbergt unterschiedlichste Nutz- und GesellAbb. 14 schafträume; das Ensemble in die Umge1887 baut Samuel Hurst Saeger das Old bung eines englischen Landschaftsparks Christchurch City Council (Nr.14) nach vik- gesetzt, wird den Ansprüchen des Nutzers torianisch, gotischem Vorbild in rotem und der Idee gerecht (Bild Nr.17). Ziegelmauerwerk und mit lockerer Fassadengestaltung. Ein starker Einfluß Desweiteren entstehen das Weston der ‘Arts and Crafts’ Bewegung wird sicht- House 1923 und der Bishopscourt 1926, bar. Es entstehen des weiteren einige beides Landhäuser nach englischer MaPressegebäude: zwischen 1905-06 von Al- nier von Cecil Wood (Bild Nr.18-19). Einfred und Sidney für die „New Zealand flüsse von F. L. Wright sind in verschieExpress Company“ (Nr.15), sowie 1909 denen Siedlungen und Häusern erkennvon Collins und Harman für „The Press“. bar (Nr.20). Die Sakralarchitektur von Christchurch bekommt 1901-1904 Zuwachs mit einer NeoAbb. 15 Renaissance Basilika Cathedral of the Blessed Sacrament von dem Architekten F.W. Petre. Hier zeigen sich starke italienische und französische Einflüsse, fast zu vergleichen mit Arbeiten von Brunelleschi. Auf kreuzförmigem Grundriss erheben sich Mittel- und Seitenschiff; im Kreuzungspunkt bekrönt durch eine Kuppel, Abb. 16 laufen die Tonnengewölbe der Kirchenschiffe zusammen. Antike Säulenformen und Pilaster tragen das Gesims und lokkern die Fassade auf. Die Westfassade ist um zwei seitliche Glockentürme mit Kuppeln erweitert (Nr.16). Aufwendige Kassettendecken und Gesimsbänder verzieren die Architektur des Gebäudes. Auch die Moderne Architektur sieht sich in Neuseeland verwirklicht. Im Stil des ‘Art Deco’ entwerfen Helmor und Cotterill 1933 die Coldstream Lodge, und erinnern ein bißchen an Wiener Bauten von Adolf Loos (Nr.21). L. E. Williams baut 1934 das Avon Cinema für Christchurch mit abgerundeten Gebäudekanten und dekorativer Fassade (Nr. 22). Neue Siedlungsstrukturen nach modernem Vorbild mit Herausbildung von städtischen Vororten, genannt ‘Suburbs’, entstehen als staatliches Bauprojekte (Nr.23). Einfache Bauproduktion und Uniformität prägen das Stadtbild dieser neuen Siedlungsgebiete. Sichtbar wird vor allem der Einfluß der maschinellen Fertigung und Abb. 17 der Einzug der konstruktiven Glas- und Die ‘Arts and Crafts’ Bewegung beeinflußt Stahlarchitektur speziell für die Errichtung auch die Wohnarchitektur. Man strebt neuer moderner Hochbauprojekte. nach modernen individuellen Wohnformen, die dem Land in ihrer Gestaltung ange- In den folgenden Jahren nach 1945 entmessen sind. Man besinnt sich der hier steht in Neuseeland ein neues Gefühl für vorkommenden Materialien Holz, sowie die Interpretation moderner ArchitekturanStein und baut diese effecient in die Er- sätze frei von Antisemitismus und FaschisAbb. 18 scheinung der Architektur ein. Weg- mus, was vielen Architekten ein neues I - 4 Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur auf der Südinsel Neuseelands und in Christchurch Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Feld zum experimentieren gibt. Neben staatlich geförderten Wohnungsbau- und Siedlungsprogrammen erwächst ein Bewußtsein für die neuseeländische Architektur mit eigener Sprache. Gordon Wilson ist einer der Wegbereiter. Er entwickelt einfache Einheiten für den Wohnungsbau, der sich an den Familiengrößen von zwei, drei und vier Familienhaushalten, sowie Einzelwohnungen orientiert. Ein weiterer Architekt ist Paul Pascooe. 1940 entwirft er in der Stadt Dunedin das Harris House. Es besitzt einen L-förmigen Grundriss mit Orientierung zur Sonnenrichtung Norden. Moderne Raumfolgen und Funktionstrennung durchziehen den Baukörper, der ein Flachdach besitzt (Nr.24). Moderne Prinzipien der funktionalen Baukörperzuordnung setzten die Architekten Gray Young und Morton Young in Christchurch um. Mit dem Helene Curtis Building von 1944 und der Railway Station von 1954 gelten einfache geometrische Formen in roter Ziegelbauweise als Architekturmaßstab (Nr.25-26). 19551960 baut Pascooe in Christchurch den Internationanl Airport, ein horizontaler nach außen ragender Körper dem ein vertikaler Turm aufgesetzt wird mit Kontrollzentrum auf oktagonalem Grundriss. Die moderne Architektur entwickelt zunehmend Individualismus. Vorerst wirkt es sich in der Wohnarchitektur aus. Baukörperarragements, die sich durch Verschiebung und Verschneidung ergeben, dazu einfache Materialität und extravagante Fenster-, Fassden- sowie Innenraumgestaltung, werden ausprobiert. Dies verdeutlicht sich in den Häusern von Miles Warren: Dorset Street Flats, 19561957 und M. B. Warren House, 1960, beide in Christ-church (Nr.27-28). Bearteitung: Christian Lippamnn, Katrin Friedrich Experimentelle Architektur zeigt sich auch im Lytteltton Road Tunnel Authority Building, 1962 von Peter Beaven. Das Gebäude ist eigentlich seiner Zeit voraus, es wirkt struktural und beschreibt einen Symbolismus (Nr.29). Ähnliches gilt für den Whakantane Airport, 1971 von Poger Walker entworfen. Die moderne Phase gewinnt zunehmend an Brutalität. Das Christchurch College, 1964 von Warren und Mahoney entwickelt seine Volumina um ein Quadrat als Campus. Es gliedert sich in verschobene Blökke von Baukörpern, die sich mit ihrem weißen Mauerwerk von tragenden vertikalen Betonstrukturen absetzen (Nr.30). Die ovale Form der Christchurch Town Hall, 1966-1972 von Warren und Mahoneny ist wie das College von vertikalen Betonstützen aufgebrochen und zergliedert (Nr.31). Exkurs Moderne Wohnarchitektur: Ende der 40er Jahre entwickelt sich in Neuseeland ein Trend zum Wohnhaus, der von Seiten der Regierung aber auch von den Architekten propagiert wird, ‘the modern living’. Die Regierung macht sich für verschiedene Hausbauprogramme stark, die vor allem für den Mittelstand der Bevölkerung ausgelegt sind. Die Entwicklung der manufakturalen Hausproduktion trägt auch dazu bei, daß die Kosten für den Hausbau gesenkt werden können. ‘Low cost houses’ gewinnen an Attraktivität und zunehmend auch an Standard. In Architekturzeitschriften wie ’Design Review’, ‘Your New House’ oder ‘Home’ diskutieren die Protagonisten die neuartigen Ideen und Lösungsansätze. Einfache Baukörperstudien erweisen sich als sinnvoll und können in einen Kontext eingefügt werden. Das Beispiel Tom House von Charles Fearley zeigt, daß Einfachheit I - 5 Abb. 19 Abb. 20 Abb. 21 Abb. 22 Abb. 23 Abb. 24 Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur auf der Südinsel Neuseelands und in Christchurch Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Bearbeitung: Christian Lippmann, Katrin Friedrich nicht einfach sein muß (Nr.32). Ein weiteres Beispiel ist das Raymond House von Miles Warren. Zwei verschobene Baukörper mit unregelmäßigem Satteldach bieten interessante Raumkonstellationen. Zur Abb. 25 Sonne ausgrichtet ist die Terrasse und dahinter befindliche Räume sind gut belichtet und belüftet. Große Glasflächen tragen dazu bei. Als Beispiel mit Pultdach zeigt sich das Terrassenhaus Mrkusich House von Brenner Associates aus dem Jahre 1952 (Nr.37). Auf massiven Steinfundamenten erhebt sich ein Holzbau mit vollverglaster Sonnenseite und Klappfenstern zur Beund Entlüftung. Erstaunlich ist, daß dieses Haus schon in den 50er Jahren ökologischen Anforderungen genügt: Solare Energiegewinnung über ablüftbare FassaErkennbar ist, daß im Gegensatz zur eu- den, ein Pultdach, daß eine Überhitzung ropäischen Architektur, die meist mehre- durch direkte Sonneneinstrahlung verAbb. 26 re Geschosse umfaßt, eine einfache ein- hindert (Nr.38). geschossige Bebauung vorherrscht, die aber großflächiger angelegt ist. Neusee- Es gibt weitere Beispiele moderner Archiländisches Wohnverhalten ist mehr nach tektur, die zum einen ‘schöne Architektur’ außen orientiert. An das Wohnen werden zeigen, und ökologisch sinnvoll sind. deshalb andere Ansprüche gestellt. Justine Clark und Paul Walker enden in ihrem Buch „Looking For The Lokal“ an Abb. 27 Ein weiteres Beispiel von Warren und dieser Stelle. In Neuseeland hat moderne Mahoney: Grigg House. Einfache Archi- Architektur die Möglichkeit gehabt sich in tektonische Formen, Prinzipien der ihrer Einfachheit und Funktion schon in Fensteranordnung und optimale frühen Jahren durchzusetzen. Das bot die Grundrissgestaltung fügen sich in das Möglichkeit einer ständigen WeiterentUmfeld ein (Nr.33). wicklung... Abb. 28 Teilweise wird zu einem Haus eine Veranda zugefügt (Nr.34). Dieses Gestaltungselement war auch schon Bestandteil der Maori Hütten. Man besinnt sich der Tradition der Ureinwohner, z.B. das Mc Intyre House von Glengarry und Corson, oder das Abb. 29 Hope House von Treadwell und Wild von 1956 (Nr.35). Konzentrierte, städtische Wohnbebauung in Neuseeland ist, mit Europa verglichen, durchaus weiträumiger. Teilweise wird der Abb. 30 zweigeschossige Wohnungsbau angewendet. Ein modernes und äußerst interessantes Konzept ist das Beispiel von Miles Warren, eine Reihenbebauung in Christchurch von 1958: Dorset St Flats (Nr.36), oder auch eine zweistöckige Wohneinheit für mehrere Parteien mit LauAbb. 31 bengang von John Scott: Falls House. I - 6 Ökologische Konzepte: Seit die Regierung die „Better Building Codes“ als Planungsgrundlage festgesetzt hat, haben verschiedene Fertighaushersteller ihre Konzepte hinsichtlich Ökologie überarbeitet. Der Einsatz natürlicher Materialien, vor allem Holz für Wand- und Dachkonstruktionen, gibt die Möglichkeit ökolgisch nachhaltig zu sein. Des weiteren werden Komposttoiletten, Wärmedämmstoffe und biologische Anstriche verwendet, sowie passive Solarenergie und Regenwasser genutzt. Die Kosten Für diese Häuser liegen zwischen 150,000 NZ-$ und 300,000 NZ-$ (Nr.39-43). Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur auf der Südinsel Neuseelands und in Christchurch Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Bearteitung: Christian Lippamnn, Katrin Friedrich Auszüge aus einem Werbeprojekt für individual ‘cells’ in the body of the Earth nachhaltiges ökologisches Wohnen: organism. A sustainable society can be built in terms If humanity is to continue for many of this hypothesis. It means preserving all thousands of years into the future there is those functions of Gaia that serve for the a problem to be solved. Society has to maintenance of stability and adjustment learn a new way of life that can be to change. If we take the analogy further, sustained over the coming centuries human society is likened to the nervous because the old ways of the advanced system of the Earth organism. We take industrial nations are no longer suitable. ‘information’ from the environment, In these societies, production leaped ‘process’ it and make decisions to forward after World War II and peaked in respond to it. If we can become creative the 1970s. Industrialised societies have in our processing and not just reactive, specific characteristics, that is, high per human society would be analogous to the capita food consumption, energy use and ‘brain’. As the brain manages the body so waste-heat production. Abb. 32 Abbildung 35 Abbildung 37 Abb. 36 Abb. 38 Not only do human beings need to control population growth but also to develop energy-efficient technologies with minimal waste production. This describes a sustainable society profoundly different from the status quo. How can such a society be attained? The Gaia concept guides us towards a solution. With the Earth considered as a living organism the ‘organs’ that allow it to maintain its stability are its climate, nutrients, waste and mineral cycles, etc, and the feedbackcontrol systems inherent in all of them. In that ‘world-organism’ we may be seen as humanity should manage the planet. The brain could recklessly control the body as a profligate to ‘use’ it for amusement and satiation of pleasure and gratification but at the expense of body health. Alternatively it could frugally administer the body conserving its energy and making decisions which result in good health. In the past humanity has chosen the profligate mode of abusing the resources of the planet. In the last few years the situation is changing. Many are choosing to adopt a nurturing mode, managing the Earth for the good of all its biota. To achieve I - 7 Abb. 33 Abb. 34 Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur auf der Südinsel Neuseelands und in Christchurch Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Bearbeitung: Christian Lippmann, Katrin Friedrich this it is first necessary to learn to manage our own lives. This can be achieved by utilising intelligence and present levels of knowledge of environmental science and avoiding the frontier mentality of: ‘there is always more where that came from’. There Abb. 39 is not always more. The limits are well set by research into fossil energy, land and minerals. As Dr Schumacher (1973) once wrote: ‘to manage society we need to start with ourselves’. As you will see later, the overriding problem is how to manage waste heat, by far the greatest pollutant. Abb. 40 If we learn to manage our lives, families, homes and work in such a way that they optimise health, beauty and conservation, the principles we learn can be extrapolated to society at large. It may take generations to achieve a post-industrial age of living in consonance with Gaia. It will require a vast effort in the scientific study of organisms and ecosystems at all levels. Such a study is not just ecology, it is human ecology for if we wish to remain on this planet, our present parasitical role must be reversed so that we become a part of the total planetary ecosystem. The politician and economist need to be taught the principles Abb. 41 of environmental science and Gaian management to make sense of the decisions they make. Also environmental science needs to be communicated at a level appropriate for all. Once this has been undertaken and people have taken responsibility for ordering their lives, Abb. 42 motivation and knowledge will move to action. But time is our shortest resource. The next step is to move from the individual to the many. To accomplish a sustainable world society we need to learn about ourselves and the Earth and deal with each as part of the whole. For millennia we have learned to control and use nature. Abb. 43 Now is the time when cooperation and I - 8 harmony with Gaia are the most important next steps to take to enable human evolution to continue. The alternative is probably unthinkable, namely, that we are not indispensable in the Earth’s systems. Thenext step is to become responsible stewards, caring for and attending to all of nature as part of ourselves. We hope that a journey through these pages can result in restoring health when it is failing from exposure to modern pollutants, as well as stimulating the creation of environments in which you and your family may grow in body, mind and Abb. 44 Abb. 45 Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur auf der Südinsel Neuseelands und in Christchurch Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens spirit. The Gaian lifestyle and its appropriate architecture can create the conditions which will help you and yours integrate more fully with all life on this planet. This is the only fully alive and aware condition that should be considered appropriate by all thinking human beings. Bauen nach „Building Code“ In Neuseeland besinnt man sich seit langem der Gestaltung von Lebens-, d.h. in erster Linie auch Siedlungsraum. Durch staatliche Vorgaben soll ein nach Möglichkeit homogenes Wohngefüge entstehen, das Prinzipien von „Licht und Luft“ folgt. Der Faktor begrenzter zur Verfügung stehender Flächen ist dabei relativ unwichtig aufgrund der Weite des Landes. Diese Planungsprinzipien beziehen sich auf den Städtebau, Material usw. Bearteitung: Christian Lippamnn, Katrin Friedrich geografisch stark geformten Lagen ist eine Behandlung der natürlichen Grenzen unweigerlich. (Bild Nr. 49) Die Behandlung des Vorgartens ist genau wie der Rest zu behandeln. Hierzu muss die Einstellung der Neuseeländer erwähnt werden: Die Ausrichtung der Gebäude ist zur Strasse orientiert und besitzt Prestigecharakter. (Bild Nr. 47) Haustypen werden nicht direkt vorgeschrieben. Es gibt dennoch Vorschriften, nach denen Häuser entsprechend ihrer Größe, eingeordnet werden; Building Code A- D: Klassifikation von kleinem Standard zu gehobenem und zusätzlich Dichte der Bebauung. Bild Nr. 48 zeigt nur ausgewählte Beispiele. Wichtige Vorschriften bezüglich Siedlungsbildung werden hier herausgegriffen: Der Wechsel von verkehrsintensiven zu armen Bereichen soll unterstützt werden, durch kleinteilige Strassen und Parkstrukturen. (Bild Nr. 46) Mögliche Häuser einer Siedlung sollen entlang einer Baulinie errichtet werden, die Entwicklung von Baukörpern in die Grundstückstiefe steht frei. Bei Abb. 46 Abb. 47 Abb. 48 I - 9 Abb. 49 Regional- und ortstypische Siedlungsstrukturen und Architektur auf der Südinsel Neuseelands und in Christchurch Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Bearbeitung: Christian Lippmann, Katrin Friedrich Quellen: Literatur: Peter Shaw: New Zealand Architecture. FROM POLYNESIAN BEGINNINGS TO 1990. Photographs by Robin Morrison. Hodder & Stoughton, Auckland 1991 Justine Clark and Paul Walker: LOOKING FOR THE LOCAL. architecture and the new zealand modern. Victoria University Press, Wellington 2000 Internet: http://www.neuseeland.de http://www.ecohousing.pl.net/ http://www.ecoprojects.co.nz/ http://www.ecoprojects.co.nz/ education.asp I - 10