How to write Fanfiction

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How to write Fanfiction
How to write Fanfiction
by Maya88
Inhaltsverzeichnis
1.Vorwort..............................................................................................................................................2
2.Lesson 01: Die Idee............................................................................................................................4
3.Lesson 02: Plotoutline.....................................................................................................................12
4.Lesson 03: Charaktere ....................................................................................................................23
5.Lesson 04: OCs Part 1 – Mary-Sues.................................................................................................33
6.Lesson 05: OCs Part 2 – Characterdesign........................................................................................43
7.Lesson 06: Schreiben ......................................................................................................................61
8.Lesson 07: Korrektur........................................................................................................................79
9.Lesson 08: smut [extra]...................................................................................................................90
10.Lesson 09: Reviews [extra]..........................................................................................................106
11.Nachwort.....................................................................................................................................115
12.Anhang 1: Material .....................................................................................................................116
13.Anhang 2: Checklisten ................................................................................................................123
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1. Vorwort
Diese Idee beschäftigt mich nun schon seit einiger Zeit und nachdem ich noch einmal intensiv
darüber nachgedacht habe, wie ich das Ganze hier aufziehen und schreiben könnte, habe ich mich
jetzt dazu entschlossen die Idee in die Tat umzusetzen.
Ich möchte dabei vorweg sagen, dass ich dies nicht wirklich als eine Art Handbuch oder Anleitung
geschrieben habe, von der ich nun erwarte, dass man sie sklavisch befolgt. Auch möchte ich
niemandem auf den Schlips treten, nur weil ich bestimmte Dinge kritisiere, die andere vielleicht
ganz toll finden. Es handelt sich bei diesem kurzen Werk lediglich um Anregungen, Tipps oder
Hilfestellungen, Dinge, über die ich nachdenke, bevor ich anfange eine FF zu schreiben oder zu
veröffentlichen. Ich weiß, dass es eine Menge Leute gibt, die einfach drauf los schreiben und
trotzdem ganz wunderbare Geschichten zustande bringen – aber wenn wir ehrlich sind: Das
können die Wenigsten. Und ich zähle mich ebenfalls zu denen, die einen Plan brauchen, bevor sie
schreiben.
Wie ich schon sagte, möchte ich niemanden verärgern oder provozieren und schon gar nicht
behaupten „Ich bin die beste FF-Schreiberin ever und ich kann alles“. Auf keinen Fall. Man braucht
sich nur mein Profil anzusehen und sieht, dass ich weder viele FFs noch Leser und Reviews habe.
Ich mache auch Fehler. Dumme Fehler. Und ich bin kein Paradebeispiel.
Ich sage das nur jetzt, damit man nicht auf die Idee kommt hinterher zu meckern: „Das machst du
selber auch nicht!“ oder „Sieh dir mal dein Geschreibsel an! Als ob du besser wärst!“ oder „Für wen
hältst du dich, Tipps zu geben, wenn du selber kein guter Autor bist!?“ … Leute. Das weiß ich selber.
Es wäre ziemlich arrogant zu behaupten, dass ich perfekt bin und mich nie aus dem Klischee-Topf
bediene oder ausgelutschte Formulierungen wähle usw. . Ich dachte nur, dass ich an dieser Stelle
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vielleicht meine Gedanken zu bestimmten Themen, die jeden FF-Schreiber beschäftigen sollten,
niederschreibe und schaue, was ihr dazu sagt und wie ihr das seht. Und vielleicht findet ihr einige
Anmerkungen ja ganz hilfreich?
Ich habe hierzu im Vorfeld einige „Kategorien“ ausgewählt, zu denen ich etwas sagen möchte.
Diese können sich vielleicht noch leicht ändern oder hier und da ergänzt werden, aber im Großen
und Ganzen wird mein kleiner „Ratgeber“ wie folgt aufgebaut sein:
Lesson 01: Die Idee
Lesson 02: Plotoutline
Lesson 03: Charaktere
Lesson 04: OCs Part 1 – Mary-Sues
Lesson 05: OCs Part 2 – Characterdesign
Lesson 06: Schreiben
Lesson 07: Korrektur
Lesson 08: smut [extra]
Lesson 09: Reviews [extra]
Ich denke, dass die Titel für sich sprechen. Ich versuche so viele Dinge anzusprechen wie möglich,
aber da es sich hierbei um eine Ideensammlung zum Thema „Fanfiction“ dreht und nicht um
Original-Arbeiten (mit Ausnahme des Kapitels zum Thema „OC“), werde ich mich bei bestimmen
Dingen wohl etwas kürzer fassen.
Ansonsten hoffe ich, dass ihr mir das hier nicht krumm nehmt und wünsche ich euch beim Lesen
viel Spaß :)
LG, Maya
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2. Lesson 01: Die Idee
Bevor man mit dem Schreiben einer Fanfiction anfängt, hat man in der Regel erst einmal eine Idee.
Grundsätzlich könnte man sagen: „Es gibt keine schlechten Ideen, nur schlechte Umsetzungen.“. Ob
man dem zustimmt oder nicht, sei jedem an dieser Stelle selbst überlassen.
Man braucht keine super außergewöhnliche Idee, die noch nie dagewesen ist. Mal davon
abgesehen, dass es diese so gut wie nicht gibt, kann man die Aufmerksamkeit der Leser auch mit
08/15-Ideen erregen. Ja, manchmal denkt man sich: „Oh nein, nicht schon wieder eine FF über XYZ,
das ist so ausgelutscht!“. Aber selbst die können gut sein, wenn man einige Dinge beachtet (dazu
mehr in >Lesson 02: Plotoutline<).
Aber kommen wir vorerst zu einigen beliebten Ideen und Settings im KPop-Fandom, um einen
Überblick zu gewährleisten:
Ideen mit weiblichen Original-Charakteren (fem!OCs):
1. Female!OC (vorzugsweise Halbkoreanerin und Halbdeutsche oder Halbamerikanerin) muss
aufgrund des Jobs ihrer Eltern (vorzugsweise ihres Vaters) nach Korea ziehen, worauf sie
natürlich gar keine Lust hast. Dort trifft sie dann auf Idol A (vorzugsweise der Bias des
Schreibers) und obwohl sie ihn erst überhaupt nicht ausstehen kann, entwickelt sich im
Laufe der Geschichte eine Romanze.
2. Big Hit Entertainment/SM Entertainment/YG Entertainment/etc. möchte eine neue Girl
Group rausbringen, die natürlich dann mit BTS/EXO/iKON/etc. zusammenarbeitet oder gar
mit ihnen zusammenwohnt (vorzugsweise handelt es sich hierbei um eine MMFF und
genau so viel Mädchen wie Jungen in der Boy Band).
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3. Die Schwester/Cousine/Freundin aus Kindertagen von Idol A (in der Regel nicht der Bias,
aber ein Bandmitglied des Bias') kommt diesen besuchen oder landet durch etwaige
tragische Vorfälle (vorzugsweise Tod der Eltern, Krankheit, Umzüge, Mobbing etc.) bei ihm
und quartiert sich bei der Band ein. Davon abgesehen, dass natürlich alle sie mögen (oder
derjenige, der sie nicht mag und erst ablehnend ist, stellt sich als ihr Verehrer heraus), wird
im Laufe der Geschichte ihre tragische Vergangenheit aufgerollt und Idol B (vorzugsweise
der Bias und das Bandmitglied, dass sich vorerst ablehnend verhalten hat) verliebt sich
unsterblich in sie und verspricht ihr beizustehen.
4. Female!OC (auch hier wieder vorzugsweise Halbkoreanerin oder auch mal komplett
Deutsche oder Amerikanerin) ist eine ausgezeichnete Tänzerin/Sängerin/Rapperin (kommt
meist auf den Bias an, mit den der OC verkuppelt wird) und durch einen Zufall
(vorzugsweise ein Video auf Youtube, Verwandtschaft mit einem CEO oder Freundschaft
mit einem Idol) wird ihr wie aus dem Nichts ein Vertrag angeboten und sie wird über Nacht
zum Star. Idol A (der Bias des Schreibers) arbeitet mit ihr zusammen oder trifft sie
Backstage oder war schon vorher (aufgrund des Youtube-Videos z.B.) ein Fan von ihr und
muss sie näher kennen lernen.
5. Female!OC geht in dieselbe Klasse wie Band/Bands A/ABC (vorzugsweise BTS, aber auch
EXO, Topp Dogg, B.A.P, SHINee → die Liste kann endlos lang sein, aber meist steht eine
Band im Mittelpunkt). Sie ist ein schüchternes Mauerblümchen (vorzugsweise ist sie auch
Mobbing-Opfer) und schwärmt für den coolsten Typen ever (vorzugsweise natürlich der
Bias des Schreibers). Durch einen Zufall (vorzugsweise ein Projekt/Referat, aber auch der
strahlende Held, der sie vor ihrer Mobbern schützt ist beliebt) lernen die beiden sich
kennen/arbeiten zusammen und kommen sich dabei näher (auch hier sind tragische
Vergangenheiten sehr beliebt).
Na? Kommen einem diese Szenarien bekannt vor? An dieser Stelle sei nun nicht gesagt, ob das
gute oder schlechte Ideen sind – da gehen die Meinungen auseinander, da jeder einen anderen
Geschmack hat (Anm.: Die oben genannten fem!OCs sind immer hart an der Grenze zur Mary-Sue
→ mehr dazu in >Lesson 04: OCs Part 1 - Mary-Sues<). Aber es sind bestimmte „Klischees“, die
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gerade bei weiblichen Original-Charakteren gehäuft vorkommen.
Aber das gibt es auch bei Boys Love Geschichten:
Ideen im Boys Love Bereich (ohne OCs):
1. Idol A wird von seinen Eltern (auch hier vorzugsweise der Vater) auf ein Internat geschickt.
Er hasst die Schule, das Gebäude, die Lehrer, seinen Zimmergenossen Idol B (nicht
zwingend notwendig, aber häufig das Pairing-Gegenstück) natürlich vom ersten Tag an und
will so schnell wie möglich wieder hier weg. Aber schon im Laufe der ersten Tage ändert er
seine Meinung, denn er lernt Idol B näher kennen und verliebt sich langsam in ihn (oder er
lernt durch ihn Idol C kennen, der dann seine große Liebe wird).
2. Idol A musste die Schule wechseln (Gründe sind vorzugsweise ein Umzug/Jobwechsel der
Eltern oder Mobbing an der vorigen Schule) und kommt in eine Klasse mit einem Haufen
anderer Idols (vorzugsweise die restlichen Bandmitglieder der Band von Idol A oder aber
EXO und Co). Er ist eher zurückhaltend und gerät durch die allseits beliebten Zufälle mitten
in die Streitereien zwischen der zwei coolsten/beliebtesten/gefürchtetsten Banden der
Schule. Idol B ist in der einen Gang und übt eine unglaubliche Faszination auf Idol A aus und
schließlich kommen sie sich näher, obwohl Idol A so überhaupt nicht in die Bande passt.
3. Idol
A
ist
ein
Streber
wie
er
im
Buche
steht
und
hasst
den
Klassenclown/Schwänzer/Frauenschwarm/etc., der eine Bank hinter/vor ihm sitzt. Täglich
wird er von diesem gemobbt/verprügelt/verspottet/etc. und er findet ihn natürlich absolut
nicht anziehend und heiß und kann nicht verstehen, warum alle ihn toll finden. Natürlich
müssen die beiden dann zusammen an einem Projekt arbeiten und Idol A merkt, dass mehr
hinter dieser coolen Fassade steckt und die beiden kommen sich näher (vorzugsweise kann
diese Geschichte auch aus der Sicht des „coolen Typen“ geschrieben werden, der von dem
Streber total angenervt ist und dann doch Gefallen an ihm findet, obwohl er ja so gar nicht
sein Beuteschema ist).
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4. Idol A ist ein Vampir und Idol B ist ein Mensch. Je nach Geschichte ist entweder der Vampir
total versessen auf den Menschen und verfolgt diesen heimlich, fantasiert von ihm und
stellt sich vor, ihm endlich das Blut auszusaugen oder aber der Mensch lernt den Vampir
kennen (incognito?) und ist von dessen kühlen Art und mysteriös-geheimnisvollen Aura
fasziniert und versucht mehr über ihn herauszufinden. Nicht immer, aber häufig, endet die
Geschichte damit, dass der Vampir den Menschen beißt (häufig mit smut verbunden, weil
so ein Biss natürlich total geil und erregend ist) → ob sie dann bis in alle Ewigkeiten
zusammen bleiben, weil Idol B nun ebenfalls ein Vampir ist, ist dem Schreiber überlassen,
aber diese Geschichten haben oft auch einen dramatischen Hang und ein Sad End (death
etc.).
5. Idol
A
ist
ein
„Bad
Boy“
(Schwänzer/Schläger/Krimineller/in
einer
Straßengang/Bandenchef/Dealer/Auftragsmörder/etc.) und Gefühle sind ihm gleich, die
nerven nur. Er lebt und macht was ihm gefällt und ist gut darin. Bis er auf Idol B trifft
(vorzugsweise
ein
„Gut-Mensch“/Polizist/Anwalt/Streber/sein
Opfer/Sohn
eines
Politikers/etc. – manchmal auch alles zusammen) und sein Leben plötzlich gar nicht mehr
so einfach gestrickt ist. Vorzugsweise ist Idol B (s)eine Geisel oder anders in Gefahr, sodass
sich Idol A entscheiden muss.
Von diesen (und mehr) gewissen Szenarien abgesehen, gibt es zudem bestimmte Settings -von
dem Original-Setting (der Musikbranche) abgesehen-, die gerne immer und immer wieder benutzt
und scheinbar nie langweilig werden:
1. Schule/Internat (das Non-Plus-Ultra, um hormongesteuerte Jugendliche miteinander zu
verkuppeln)
2. Krankenhäuser (weil Ärzte, Praktikanten und Krankenschwestern einfach ein Fetisch sind)
3. Verbrechermilieu (nirgends gibt es so viel Tabus und Dramen a la Gewalt, Blut, Drogen und
Sex wie hier)
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4. Maze Runner & Tribute von Panem AUs (weil um das Überleben zu kämpfen
zusammenschweißt)
5. (Dritter Welt-)Krieg (Idols mit Uniformen und Waffen erfüllen ebenfalls eine Art Fetisch und
es gibt Bromance)
6. Vampire/Werwölfe
(Fantasy-Gestalten,
die
einen
sexy-animalischen
und
gefährlichen/verbotenen Charakter haben)
Nachdem wir nun einige beliebte Story-Ideen, Szenarien und Settings kennen gelernt haben, muss
man sagen, dass zu einigen einfach bestimmte Pairings dazugehören:
1. Streber/Schulschwänzer oder Schulschwänzer/Mauerblümchen
2. Vampir/Werwolf oder Vampir/Mensch
3. Lehrer/Schüler
4. Krimineller/Polizist
5. Arzt/Praktikant oder Arzt/Patient oder Praktikant/Patient
6. Soldat/Gefangener oder General/Soldat
… um jetzt nur einige Kombinationen zu nennen.
Die aufgeführten Beispiele zeigen einen Großteil der FF-Ideen im (aktuellen) KPop-Fandom. Gerade
Schul-FFs und Vampir-Geschichten erfreuen sich großer Beliebtheit und werden immer wieder
geschrieben und auch immer wieder gelesen. Wenn man nun also eine Idee für seine Geschichte
hat und merkt, dass sie in eine dieser Sparten gehört, dann nicht sofort sagen: „ Aber da gibt es
schon so viele FFs zu, ich schreibe die Geschichte lieber nicht...“. Auch wenn die Idee schon oft
vorkam, so gleicht doch in der Regel keiner der anderen, weil sie jedes Mal anders umgesetzt wird.
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Selbst wenn man das beliebteste Setting, die ausgelutschteste Idee und das klischeehafteste
Pairing hat, kann die Geschichte gut sein, die Leser ansprechen und begeistern, wenn sie gut
geschrieben ist und eben nicht alles vorherzusehen ist.
→ man kann sich also ruhig an diesen Klischees bedienen, sich vielleicht sogar ganz gezielt aus
Idee, Setting und Paar-Kombination etwas zusammenbasteln und trotzdem eine gute Geschichte
schreiben!
Aber nehmen wir an, man möchte wirklich einmal etwas ganz Anderes schreiben. Wo fängt man
an?
Vielleicht hat man zu Anfang nur eine Szene im Kopf, oder einen Satz, einen bestimmten Konflikt
oder auch nur einen Charakter, den man unbedingt etwas ganz Spezielles tun lassen möchte. Wenn
das der Fall ist, dann kann man überlegen: Passt diese Szene wirklich nur in dieses eine Setting?
Oder kann ich es wagen, gewohntes Terrain zu verlassen, weil ich das auch anders umsetzen kann?
Als Beispiel könnte man jetzt sagen: „Ich möchte, dass Idol A und Idol B ein bestimmtes
Streitgespräch haben, welches auf diese und jene Weise endet oder auf dies und das hinausläuft.“
Vielleicht hat der Streit ein ganz spezielles Thema, sodass man es wirklich nur in einem oder
vielleicht zwei Settings unterbringen kann. Geht es z.B. um „Fanservice“, wird man das
Streitgespräch wohl nur in der Musikbranche (dem „Original-Setting“) unterbringen können,
andere Settings könnten schwierig werden – es sei denn man wandelt Fanservice vielleicht in
Flirten oder anderes Verhalten um, das provokant ist → dann wäre man in der Wahl des Settings
weniger eingeschränkt. Hat man als Grundidee „Eifersucht“ im Kopf, ist das ebenfalls sehr
unspezifisch und könnte genauso gut in der Schule wie im Krankenhaus oder auch im Krieg spielen;
je nachdem wie man es umsetzt.
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Manchmal hilft es auch, wenn man sich bewusst (oder unbewusst) beeinflussen lässt. Und ich
meine damit nicht Klauen. Aber man kann z.B. einen Film sehen oder sich durch Dokumentationen
(da gibt es ja im Netz genug) wühlen, um an eine Idee oder ein Setting zu kommen.
Was spricht dagegen, wenn man eine Dokumentation über Menschenversuche im Krieg anschaut
und sich dann überlegt: Idol A könnte einer dieser Ärzte sein und Mitleid mit den
Versuchspersonen haben, Idol B könnte sein Vorgesetzter sein oder Idol C einer dieser Menschen,
an denen experimentiert wird etc. … Oft fliegen einem die Ideen nur so zu, wenn man die Augen
offen hält und sich einfach inspirieren lässt und nicht von vornerein ausschließt „Das kann ich nicht
schreiben.“. Ich komme beim Schauen von Filmen und Dokumentationen, aber auch beim Lesen
von Büchern (vor allem Thriller und Science-Fiction) auf die tollsten Ideen ^^ Ob man diese dann
schreibt und veröffentlicht ist eine Sache, aber man kann sich das Szenario und die Personen z.B.
vorerst notieren und später noch einmal hervorholen und die Idee bei Bedarf weiterentwickeln.
Häufig ist es aber der Fall, dass man von vornerein ein Setting vor Augen hat oder einen Charakter
in einer bestimmten Rolle und es fehlt an Handlung. Ja, ich möchte gerne eine Vampir-Geschichte
schreiben und Idol A ist ein Vampir. Oder man möchte eine Dystopie schreiben, in der Idol A ein
Anführer der Rebellen ist. In beiden Fällen hat man das Setting vorgegeben und die Rollen ggf auch
schon – aber es fehlt an Story. Ja, Idol A als Rebellenführer ist klasse! Aber was lass ich ihn tun?
Was zum Teufel ist der Plot?
Wie ich schon im Vorwort sagte, schreiben viele Menschen einfach drauf los. Häufig lese ich in der
Kurzbeschreibung oder im Vorwort des Schreibers Sätze wie: „Ja, ich sollte nicht noch eine FF
anfangen, aber die Idee hat mich nicht mehr losgelassen“ oder „Mir kam in der Schule/im Bus
spontan diese Idee und ich habe sie Zuhause direkt aufgeschrieben und stelle sie nun online – was
haltet ihr davon?“ In der Regel heißt das: „Ich habe eine Idee und obwohl sie noch nicht
ausgearbeitet ist und ich keinen Plan habe, was ich eigentlich genau tun will, habe ich schon mal
den Prolog oder Kapitel 1 geschrieben und online gestellt, weil ich wissen will, wie die Leser die
Idee finden.“ Leider stellt man dann oft mit einem Blick auf das Profil fest, dass der besagte Autor
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schon 458748 angefangene Geschichten hat, von denen 60-70% abgebrochen sind.
Was sagt uns das? Es mangelt offenbar an der Planung: Der Autor hat keinen Plot. Und das ist der
Tod beinahe jeder Geschichte. Die Idee kann toll sein, 08/15 oder außergewöhnlich, interessant
oder schaurig-schön – aber es gibt eigentlich keine Handlung und als Leser hat man keinen Plan,
wo der Autor mit einem hin will. Weil es der Autor selbst nicht weiß.
Aber wie schreibt man einen Plot? Was ist ein Plotoutline?
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3. Lesson 02: Plotoutline
Fangen wir mit etwas ganz Einfachem an und beschäftigen uns mit der Frage: Was ist ein Plot?
In wenigen Worten ist der Plot die Quintessenz der Geschichte, das Handlungsgerüst, der
Rahmenplan, der eigentliche Ereignisverlauf, der berühmt-berüchtigte Rote Faden, der sich durch
die Kapitel zieht und die Richtung angibt. Ein gut konstruierter und nachvollziehbar dargestellter
Plot hält beim Leser das Interesse an der Geschichte wach. Im Regelfall. Es ist zumindest
wünschenswert.
Wie ich bereits sagte, schreiben viele einfach drauf los, ohne sich vorher Gedanken über den Plot
zu machen. Es gibt Autoren, z.B. Stephen King, die behaupten, dass ihnen der Plot beim Schreiben
kommt und sie vorher nichts planen → aber seien wir mal ehrlich: Wir sind kein Stephen King. Es
gibt einige wenige FF-Autoren, die das scheinbar drauf haben, aber selbst die haben meist nach
einigen Kapiteln einen Plot oder zumindest ein Ziel vor Augen, auf welches sie dann hinarbeiten.
Die meisten Schreiberlinge können dies leider nicht (inklusive meiner Person) und müssen sich
vorher überlegen, was die genaue Handlung sein soll, damit die Geschichte eine Richtung hat und
nicht nach einigen Kapiteln abgebrochen wird, weil vielleicht die Idee gut ist, aber man nicht mehr
weiß, worüber man schreiben soll.
In Schreibratgebern heißt es häufig, dass man seine Grundidee, die Handlung der Geschichte,
probeweise versuchen soll in einem einzigen Satz zu formulieren. Ich persönlich halte von diesem
Rat... nicht viel. Aber vielleicht kommen andere damit gut klar ;)
Manch einem hilft es vielleicht vorerst eine Art Kurzbeschreibung anzufertigen, wie sie hier auf
FF.de ja bei 99% der Geschichten anzufinden ist. Diese muss zu Beginn nicht einmal sonderlich
aussagekräftig sein und muss auch noch nicht das Ende beinhalten – aber grob die Idee zu
skizzieren ist kein schlechter Gedanke.
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Ich werde in diesem Kapitel hauptsächlich darüber schreiben, wie ich dieses Problem (= Erstellen
eines Plots) bewältige, denn über eigene Erfahrungen kann man selbstverständlich besser
schreiben und ich möchte auch nicht wiederkäuen, was in hunderten von Schreibratgebern steht –
zumal diese für angehende Autoren von Original-Arbeiten gedacht sind und nicht für das Schreiben
von Fanfiction.
Man kann vieles auch auf Fanfiction anwenden, aber es gibt eben doch einige wesentliche
Unterschiede, z.B. a) die Charaktere sind vorgegeben und b) sofern man keine AU-Story schreibt,
ist auch das Setting von vornerein bekannt und durchdacht. Vielleicht denken deswegen viele, dass
es einfacher ist Fanfiction zu schreiben, als Original-Arbeiten, aber neben einigen Vorteilen gibt es
natürlich auch Nachteile. Denn gerade der vorgegebene Rahmen kann einem im Laufe des
eigentlichen Schreibakts Schwierigkeiten verursachen, besonders wenn es um die Darstellung der
Charaktere geht, aber dazu mehr in den dafür vorgesehenen Lessons.
Ich gebe im Folgenden Beispiele aus eigenen Geschichten, um Fehler aufzuzeigen, die am
häufigsten passieren und mit einem ausgearbeiteten Plot verhindert werden können.
Bevor ich mit dem Schreiben beginne, beschäftige ich mich mit einigen (für mich) wichtigen
Fragen.
Die erste lautet: Was ist das Ende?
Es mag vielleicht den ein oder anderen wundern, warum ich das Pferd scheinbar von Hinten
aufzäume, aber die Frage nach dem Ende ist für mich ein entscheidender Punkt. Ich habe
festgestellt, dass ich furchtbare Schwierigkeiten damit habe, Geschichten zu beenden, wenn ich
nicht schon vorher weiß Wie. Das war mein großer Fehler, den ich z.B. bei Geschichten wie „Big
City Life“ gemacht habe.
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→ Das Ende sagt nicht nur was darüber aus, wie die Geschichte ausgeht, sie gibt auch die Richtung
vor und liefert bereits wichtige Anhaltspunkt für den Plot!
Tipp: Wenn man sich anfangs noch nicht festlegen kann, kann man auch zwei Enden in der
Rückhand haben, z.B. ein „Happy End“ und ein „Sad End“ und während des Planens oder
Schreibens „spontan“ entscheiden, welches sich stimmiger anfühlt.
Schauen wir uns noch einmal unsere Ideen aus dem vorigen Kapitel an. Denn wie ich schon sagte,
hat man meist zu Anfang ja nur ein bestimmtes Setting, eine Rolle oder auch eine Szene im Kopf,
die man unbedingt verarbeiten möchte.
Greifen wir zu Demonstrationszwecken hierfür unser Beispiel aus Lesson 01 wieder auf:
„Ich möchte, dass Idol A und Idol B ein bestimmtes Streitgespräch haben, welches auf diese und
jene Weise endet oder auf dies und das hinausläuft.“
Das war – um an dieser Stelle ganz ehrlich zu sein – mein Aufhänger für „Pretty Young Things“. Wer
die Geschichte kennt weiß, dass es keinen richtigen Streit gab, aber gemeint ist hier die Szene in
Kapitel 7 (auf FF.de Teil 8, weil 1 der Prolog ist). Ich hatte diese Szene im Kopf und wollte sie
unbedingt schreiben.
Meine Gedanken waren folgende: „Ich möchte, dass V Rap Monster seine Liebe gesteht, er ihn
küsst und von Rap Monster weggestoßen wird.“ Ich hatte also das Thema der
„Auseinandersetzung“ → das Geständnis, und wusste auch im Voraus wie es ausgeht → Rap
Monster schubst V von sich. Das ist allerdings nur eine einzige Szene der Geschichte. Aber solch ein
einfacher Gedanke ist meist Ausgangspunkt für die Entstehung eines Plots.
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Die Frage lautet nun: Wie komme ich dorthin?
Bevor wir unsere beiden Protagonisten direkt streiten lassen, brauchen wir eine Ausgangssituation.
Es kann natürlich auch interessant zu lesen sein, wenn man direkt ohne Ankündigung in die
Handlung geworfen wird und einen „WTF“-Moment erlebt – aber man sollte sich hierbei im Klaren
sein, dass man es sich dabei etwas schwieriger macht. Warum? Weil ein Streit in die Kategorie
„Konflikt“ gehört und Konflikte sind der Motor einer Geschichte.
Man könnte sagen: Ohne Konflikt, keine Handlung. Und die Handlung ist zumeist spannender,
wenn sich der Konflikt langsam aufbaut → Charaktere in einer Geschichte (aber auch im wahren
Leben) wachsen an ihren Konflikten, zwingen sie zu handeln und offenbaren dabei ihre Wünsche
und Ängste (dazu mehr in >Lesson 03: Charaktere<).
Also empfiehlt es sich eine Ausgangssituation zu schaffen. Meist hat man hier schon eine vage
Vorgabe, je nach Setting. Man muss hierbei nicht bei Adam und Eva anfangen, es reicht einen
groben Überblick zu verschaffen. Es gibt „klassische“ Plot-Strukturen wie z.B. die 5-Akt- oder 3-AktStruktur, die man vor allen in Dramen findet, aber man kann sich auch einfach an den drei schönen
Worten „Einleitung, Hauptteil und Schluss“ orientieren.
In der Einleitung wird die erwähnte Ausgangssituation dargestellt: In was für einem Setting
befinden wir uns? Wer sind die Hauptfiguren? Was ist Thema? In der Exposition der klassischen 5Akt-Struktur heißt es: Der Leser wird über räumliche, zeitliche und personelle Verhältnisse
informiert.
Beispiel „Pretty Young Things“: Im Prolog und Kapitel 1 werden die Leser zum einen darüber
informiert, dass es sich um ein Crossover (KPop/JRock) handelt, dass wir uns im Setting
„Musikbranche“ befinden und dass V bereits seit einiger Zeit in Rap Monster verliebt ist, er diesen
jedoch für hetero hält.
Tipp: In den meisten Fällen ist bereits in der Einleitung klar, was der Konflikt ist bzw. sein wird, aber
man muss den Leser nicht mit der Nase drauf stoßen. Idealerweise wird die Ausgangssituation in
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wenigen Kapiteln (1-2) zusammengefasst, aber es gibt keine feste Regel zur Länge. Je nach
Gesamtlänge und Komplexität der Geschichte, können durchaus 3-5 Kapitel erforderlich sein, um
den Leser über alles Nötige aufzuklären und den drohenden Konflikt langsam einschleichen zu
lassen.
In diesem Fall haben wir bereits folgende Informationen für unseren Plot:
1. Die FF-Idee (z.B. einen Streit oder andere Art von Auseinandersetzung)
2. Idealerweise ein Ende (Happy End oder Sad End)
3. Die Ausgangssituation (der in der FF herrschende „Ist-Zustand“, bevor der Konflikt ausgelöst
wird)
An diesen (vielleicht wenigen oder vagen) Punkten kann man sich nun entlanghangeln und einen
Plot kreieren. Dazu gehen wir weitere Fragen durch und halten alles erst einmal in Stichpunkten
fest, was uns einfällt.
Beispiel-Fragen für das Schreiben eines Plotoutlines:
1. Was ist das „Story-Goal“?
2. Was sind die (negativen) Konsequenzen, wenn das Ziel nicht erreicht wird?
3. Was muss passieren, damit das Ziel erreicht wird?
4. Was sind Anzeichen dafür, dass die negativen Konsequenzen näher rücken?
5. Was muss ggf. geopfert/riskiert werden, um das Ziel zu erreichen?
6. Was hindert den Protagonisten daran das Ziel zu erreichen?
7. Was für Unterstützung erhält der Protagonist auf seinem Weg?
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Diese Fragen eignen sich vor allem für komplexere Storys in Alternativ-Universen, aber auch
„typische Kuppel-FFs“, die in der Schule oder in der Musikbranche spielen, können anhand einiger
dieser Fragen mehr Tiefe erlangen.
Wenn nun das Ziel ist das Paar zusammenzubringen, gibt es meist keine anderen negativen
Konsequenzen als Herzschmerz. Aber vielleicht droht auch der Verlust der Freundschaft (wenn die
Charaktere zuvor Freunde waren) oder wenn wir uns im Original-Setting, der Musikbranche,
bewegen, dann wohl möglich auch ganz drastisch das Aus der Band, Verlust des Vertrages, sollte
der Manager dahinter kommen und sie vor die Wahl stellen, etc. – es gibt einige Möglichkeiten.
Das können dann natürlich auch bereits die Hinderungsgründe dafür sein, dass Idol A Idol B seine
Liebe gesteht, von anderen Dingen wie z.B. Heterosexualität (das soll es ja echt geben) oder einer
Freundin oder einem „Nebenbuhler“ abgesehen. Und natürlich dem inneren Konflikt. Jeder hat
das wohl schon erlebt, diese lästige Frage, mit der man sich herumquält: Soll ich es ihm/ihr sagen?
In der Regel hat man Angst. Ganz einfach. Unterstützung kann der Verliebte z.B. durch einen
besten Freund erfahren oder ganz unverhofft durch Zufälle, bestimmte Äußerungen des Schwarms
etc.
Simpel könnte man einen „guten“ Plot auch in diesen wenigen Sätzen zusammenfassen:
1. Es gibt ein Ziel zu erreichen.
2. Der Hauptcharakter beginnt für dieses Ziel zu kämpfen.
3. Dabei taucht ein Problem auf.
4. Nun muss der Hauptcharakter erst einmal dieses Problem beseitigen.
5. Idealerweise gibt es auch Rückschläge.
6. Unerwartete Wendungen oder dramatische Ereignisse erzeugen Spannung.
7. Nach Leid und Tränen wird endlich alles gut.
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Wenn man sich nun Notizen zu all den bisherigen Fragen und Punkten gemacht hat und beginnt
diese logisch miteinander zu verknüpfen, in eine sinnige Reihenfolge zu bringen und sich alles zu
einer Handlung zusammenfügt: Dann hat man sein Plotoutline. Glückwunsch ;)
Diesen kann man nun detaillierter ausbauen.
Man sollte dabei vielleicht bedenken, dass sowohl das Ziel als auch das Problem verständlich bzw.
nachvollziehbar sein sollte. Es sollte zudem in das Setting passen. Die Probleme, denen sich der
Hauptcharakter stellen muss, sollen schwierig sein, ein deutliches Hindernis darstellen, aber
trotzdem überwunden werden können. Man sollte idealerweise zeigen, dass der Hauptcharakter
sich anstrengen muss, um sein Ziel zu erreichen, Rückschläge erlebt, vielleicht sogar die Hoffnung
aufgibt → aber schlussendlich weiterkämpft, vielleicht sogar Opfer bringt. Es gibt beinahe nichts
Schlimmeres als in den ersten 2-3 Kapiteln zu sagen, wie schrecklich und unmöglich alles doch ist
und nur 1-2 Kapitel später hat der Hauptcharakter das Problem mit einem Fingerschnipsen gelöst...
Die Geschichte lebt davon, dass der Protagonist den Leser mit durch die Geschichte führt, ihn an
seinem Leiden teilhaben und ihn darum bangen lässt, ob alles gut ausgeht.
Auch deswegen ist es wichtig, immer den Konflikt im Auge zu behalten. Auch hier bediene ich mich
mal frech an meinen eigenen Geschichten.
Im Beispiel von „Pretty Young Things“ ist der Konflikt ganz klar: V ist in Rap Monster verliebt, den
er für hetero hält. Rap Monster ist nicht nur ein Junge/Mann, er ist ein sehr guter Freund, ein
Bandkollege (Arbeitskollege), der Leader der Band und hatte bislang nur Beziehungen mit
Mädchen/Frauen, weswegen V davon überzeugt ist (und Rap Monster auch), dass er hetero ist und
niemals etwas mit ihm anfangen würde.
Dieser Konflikt zieht sich durch die gesamte Geschichte und verhärtet sich schließlich nach Vs
Geständnis, da Rap Monster ihn entsetzt von sich stößt → es ist ein herber Rückschlag, den V hier
erleidet und es muss im Anschluss klar werden, was das für ihn, für Rap Monster und die Band für
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Konsequenzen hat und ob diese überwunden werden können oder ob die Geschichte ein „Sad
End“ bekommt.
Im Beispiel von „Danger“ gibt es mehrere Protagonisten und mehrere Handlungsstränge, die
Geschichte ist also um einiges komplexer. Dennoch kann ich sagen, dass der Hauptkonflikt darin
besteht, dass Yongguk – nach anfänglichen Erfolgen und Aufstiegschancen – nun in der
koreanischen Mafia plötzlich Rückschläge erlebt, es wird gegen ihn intrigiert, es werden ihm Steine
in den Weg gelegt und sein Konkurrent macht ihm das Leben schwer. Es gilt also nun
herauszufinden, wie Yongguk mit diesem Problem umgeht, was er zu tun gedenkt, was er bereit ist
zu riskieren und ob sich der Konflikt lösen lässt (ich kann an dieser Stelle nicht zu viel verraten, da
die Geschichte auf FF.de noch nicht abgeschlossen ist und ich ja nicht spoilern will :D).
An dieser Stelle möchte ich euch einen Tipp geben, der gerade bei komplexeren Geschichten
hilfreich sein kann – das hat mir die Gliederung des Plots von „Danger“ ungemein erleichtert:
→ Nehmt euch Karteikarten und schreibt auf jede Karte einen Stichpunkt – sei es nun ein
Gespräch, was stattfinden soll, oder ein bestimmtes Ereignis, ein Wendepunkt, etc. – und legt die
Karten anschließend vor euch. Vielleicht sind es zu Anfang nur 4 oder 5 Karten und auf den ersten
Blick passt nichts zusammen, aber das sollte euch nicht beunruhigen :) Schiebt die Karten so, dass
sie für euch eine sinnvolle Reihenfolge ergeben. Nun überlegt, wie ihr die Lücken zwischen diesen
Ereignissen schließen könnt und schreibt weitere Ideen auf Karten. Schreibt und schiebt so lange
hin und her, bis ihr einen groben Handlungsverlauf habt.
= Der Vorteil an den Karteikarten ist, dass ihr die wichtigsten Ereignisse direkt im Überblick habt,
ebenso wie die Übergänge und den Schluss – außerdem könnt ihr immer wieder nachträglich
Karten herausnehmen, hinzufügen und hin- und herschieben, bis der Verlauf stimmig ist.
→ Diese Methode gibt es auch in der Film-Branche ( = Storyboard)
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How to write Fanfiction
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Mit dieser Methode habe ich wirklich Ordnung in meine Handlungsstränge gebracht und konnte
alles in Szenen einteilen und überlegen in welchen Kapiteln was vorkommen soll. Und an diesem
Gerüst könnt ihr euch nun beim Schreiben entlang arbeiten; es ergeben sich beinahe wie von
selbst Einleitung, Hauptteil und Ende.
Zum Schluss möchte ich noch etwas sagen: Neben gar keinem oder zu wenig Plot, ist das
nächstgrößte Problem „zu viel“ Plot. Geht das denn? Kann man zu viel Plot haben? … Ja. Das geht.
Negativ-Beispiel „Big City Life“: Wie ich bereits zu Anfang des Kapitels schrieb, hab ich bei BCL so
ziemlich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann XD Ich hatte vorab kein Ende in
Sicht und habe einfach drauf los geschrieben. Klischeehafterweise handelt es sich hierbei um eine
dieser vielen Schul-FFs.
Ruki ist dabei die Hauptperson, zieht in eine neue Stadt, kommt an eine neue Schule usw. – das
„übliche“ Drama. Ich hatte im Vorfeld eine Karte der Stadt gezeichnet und mir kamen immer mehr
Ideen a la: A könnte ein Nachbar sein, B geht in seine Klasse, C ist in dieser Bande/Gang, D ist der
Bruder von E usw. … Ich hatte hinterher viiiiiiiel zu viele Charaktere in die Geschichte eingebaut
und der eigentliche „Plot“ (Ruki mit Reita zu verkuppeln) geriet völlig ins Abseits. Es wurde so ein
08/15-Slice-of-Life-Geplänkel, welches mich schlussendlich nirgends mehr hinführte.
Wenn ich mir die Geschichte jetzt, einige Jahre später, wieder ansehe, könnte ich einfach nur
heulen, weil es das absolute Chaos und das Paradebeispiel einer schlecht konstruierten FF ist. Es ist
grauenvoll. Und es hätte so gut werden können *hust*
Aber aus Fehlern lernt man und so habe ich genau das in „Pretty Young Things“ verhindert. Ich
habe im Laufe meiner Planung und auch noch während des eigentlichen Schreibens plötzlich so
viel Ideen zu weiteren Charakteren gehabt, dass ich genau wusste: Das Drama wiederholt sich!
Was soll ich tun?
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How to write Fanfiction
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Und ich tat, was getan werden musste: Ich habe radikal gekürzt.
Bestimmte Charaktere, die ich unbedingt mit einbauen wollte, sind rausgefallen (Chanyeol,
Daehyun, Yongguk, L.Joe usw.), Szenen wurden gestrichen (Jimin, Minsu usw.) – Warum? → Um
den eigentlichen Plot im Fokus zu behalten und die Geschichte rund abzuschließen. Ja, es tut einem
in der Seele weh, aber man muss sich ganz ernsthaft fragen, ob diese Charaktere/Szenen die Story
vorantreiben oder ausbremsen.
Im Endeffekt schreibe ich jetzt an einer Fortsetzung, in denen ich einige weitere Charaktere (nicht
alle) mit einbaue und ich habe nebenbei einige One-Shots geschrieben, um die Ideen festzuhalten
ohne sie in die Hauptstory mit einzufügen und diese zu überladen.
So. Versuchen wir alles zusammenzufassen:
–
Überlegt euch vorab, was die Grundidee, die Handlung, der Plot ist
–
Einigt euch auf einen (Haupt-)Konflikt, der sich in der Handlung bemerkbar macht
–
Versucht bereits früh ein Ende für die Geschichte festzulegen
–
Denkt darüber nach, auf welche Weise man zu diesem Ende gelangt
–
Skizziert euch die anfängliche Ausgangssituation
–
Vergleicht die Ausgangssituation mit dem Konflikt und dem Ende → Was muss passieren?
–
Idealerweise müssen die Charaktere Hindernisse überwinden, um an ihr Ziel zu kommen
–
Denkt euch Rückschläge, Wendepunkte und Erfolge aus
–
Bringt eure Notizen/Ereignisse in eine sinnvolle Reihenfolge und schließt die Lücken
–
Überladet euren Plot nicht mit (unwichtigen) Nebenhandlungen
–
Versucht das Ziel, den Konflikt und die Schwierigkeiten nachvollziehbar zu gestalten
–
Scheut euch nicht davor zu kürzen oder auch mal eine Szene zwei-, drei- oder fünfmal zu
schreiben
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Mit dem Plot untrennbar verbunden sind natürlich die Charaktere der Geschichte. Sie treiben den
Plot voran, rufen beim Leser Emotionen hervor, sie agieren und reagieren – und wir leiden
(hoffentlich) mit ihnen mit.
Was macht einen guten, runden Charakter aus?
Im Fanfiction-Bereich haben wir (von OCs abgesehen) die handelnden Personen vorgegeben und
es liegt an uns, diese entsprechend ihrer Rollen darzustellen. Wie schaffen wir das am besten?
Warum erscheinen uns manche Charaktere realer oder sympathischer als andere? Und was
bedeutet OoC?
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4. Lesson 03: Charaktere
Wie ich bereits im letzten Kapitel angedeutet habe, hat es Vor- und Nachteile, bereits existierende
literarische Figuren oder reale Personen als Hauptcharaktere für die Geschichte zu haben und zu
benutzen.
Zwei herausragende Vorteile sind:
–
kein zeitaufwendiges Characterdesign (Warum Zeit und Mühe aufbringen, wenn man
Aussehen, Vergangenheit, Persönlichkeit etc. auf einem Silbertablett serviert bekommt?)
–
der Wiedererkennungswert (Der Leser meint den Charakter bereits zu kennen, empfindet
Sympathie für ihn und verfolgt die Story, weil es sich vielleicht um ein Bias handelt)
Aber es gibt auch zwei Nachteile:
–
OoC-Gefahr (Hat man im Grunde nur das Aussehen der Figur/Person übernommen und
ansonsten einen völlig anderen Charakter aus ihm gemacht, der nichts mit dem Original
gemeinsam hat?)
–
mangelnde Charakterentwicklung (Häufig machen die Protagonisten in Fanfictions keine
„Entwicklung“ durch, da die Persönlichkeit bereits vorgegeben ist und da selten dran
gerüttelt wird)
Man muss für sich selbst entscheiden, ob eher die Vor- oder die Nachteile überwiegen. Manchmal
frag ich mich selbst: „Warum schreib ich die (AU-)Geschichte nicht eigentlich von vornerein mit
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Original-Charakteren und gehe stattdessen das Risiko ein, dröge und flache Abziehbilder meiner
Lieblings-Idols zu kreieren?“
Nun, genau das ist ja der Reiz an Fanfictions: Bekannte Figuren/Personen in ein erfundenes
Szenario zu setzen. Man sieht einen Film und denkt: „Boah, Idol A würde einen coolen
Attentäter/whatever abgeben“ und plötzlich sprudeln die Ideen nur so aus einem heraus. Man
kann der Fantasie freien Lauf lassen und seine „Lieblinge“ Dinge tun lassen, die sie in der Realität
niemals (?) tun würden. Alles dufte, oder?
Wäre da nicht das große OoC-Problem.
Klären wir vorerst: Was genau ist OoC? Es ist die Abkürzung für „Out of Character“, was bedeutet,
dass sich die literarische Figur oder die reale Person untypisch verhält.
Ein sehr markantes Beispiel wäre hier vielleicht ein Snape (Harry Potter), der plötzlich im rosa Tutu
zum Zaubertrank-Unterricht erscheint und allen erklärt, dass Einhörner seine Lieblingskreaturen
sind und er von nun an allen Gryffindors 50 Zusatzpunkte pro Stunde gibt, einfach weil er Harry so
schätzt → da werden sich wohl so ziemlich alle einig sein, dass das in den Büchern niemals
vorkommen würde. Es ist ein für Snape untypisches/uncharakteristisches Verhalten.
Bei literarischen Figuren fällt es Autoren vielleicht leichter, sie „in Character“ zu schreiben, da man
schriftlich niedergelegte Beispielsituationen und Informationen hat, je nach Buch auch persönliche
Gedankengänge und Meinungen, die klar von der Figur geäußert werden. Man bekommt ein
„Gefühl“ für diese kreative Schöpfung.
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How to write Fanfiction
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Was aber ist mit realen Personen wie KPop-Idols?
Ich gebe an dieser Stelle offen zu, dass ich es wahnsinnig schwierig finde, Idols „in Character“ zu
schreiben. Ich habe Unmengen an Shows, Interviews, Backstageclips, Fancams etc. gesehen und
glaube hin und wieder auch sie zu kennen. Aber Menschen sind weitaus komplexer als literarische
Figuren. Es passieren immer wieder Dinge, die mich überraschen. Außerdem muss man dazu sagen
(auch wenn einige das jetzt nicht gerne hören): Es sind Idols.
Selbst wenn sie vom Management kein Image verpasst bekommen haben, welches sie spielen
müssen, so verhalten sie sich doch vor der Kamera anders als privat. Himmel, ich bin kein Idol und
selbst ich verhalte mich in Gruppen und/oder vor der Kamera anders.
Nehmen wir BTS und Min „SWAG“ Yoongi aka Suga als Beispiel. Wir alle kennen sein Verhalten vor
der Kamera, doch die Member sagen selbst, dass er derjenige ist, der sich privat völlig anders
verhält – und hin und wieder gibt es kurze Einblicke, die das bestätigen (oder zu bestätigen
scheinen).
Und was ist mit EXO? In Fanfictions werden sie häufig (eigentlich ähnlich wie alle anderen Bands)
als „große Familie“ dargestellt. Aber wie in den letzten Monaten/Jahren immer deutlicher wird,
sind sie das nicht. Baekhyun z.B. (aber auch andere Member) hat es schon mehr als einmal gesagt:
„Actually we're not so close.“. Natürlich wollen wir als Fans nicht glauben oder hören, dass unsere
liebsten Idols keine Best-Friends-4-Ever sind, sondern eher so etwas wie eine Arbeitsgemeinschaft,
Kollegen.
→ Als Außenstehender kann man das kaum oder gar nicht beurteilen. Und das ist – wie ich finde –
das besonders Knifflige an KPop-Idols. Man kann nicht genau sagen, was „echt“ ist.
Als großer BTS (und B.A.P) Fan möchte ich an dieser Stelle lautstark protestieren und schreien:
„Nein, BTS sind eine Familie!“ … Mag sein. Ich habe viele, viele, viele Videos gesehen und habe
immer ein breites Grinsen im Gesicht, wenn sie sich gegenseitig loben, sich unterstützen,
gemeinsam lachen und Scheiße bauen *hust* – aber zu 100% sicher sein kann ich trotzdem nicht,
weil ich die Jungs nicht persönlich kenne.
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Wie also schreibt man jemanden „in Character“, den man nicht kennt? Wie bringt man diese
Personen in seiner Geschichte so lebensecht/realitätsnah rüber wie möglich? Was machen
Autoren, die uns BTS, B.A.P, SHINee, EXO, BLOCK B, ToppDogg etc. so herrlich „rund“ präsentieren,
als wären sie wirklich „real“?
Antwort: Der Wiedererkennungswert.
Ich erwähnte bereits, dass vorgegebene Personen den Vorteil des Wiedererkennungswerts haben.
Leser haben ein klares Bild vor Augen und sind meist schon voreingenommen, wenn sie etwas
über Idol A oder Idol B lesen oder das Pairing CxD. Es geschieht oft unbewusst, aber wenn wir
einen bestimmten Namen lesen, haben wir gewisse Erwartungen. Wir erwarten den „Happy Virus“
Chanyeol, „bitchy“ Baekhyun, Min „SWAG“ Yoongi, „Alien“ V oder „the loudest Ninja“ Daehyun zu
sehen/lesen. Es handelt sich hierbei um „Stereotype“.
Was sind „Stereotype“? Um es mit Wikipedias Worten zu sagen, handelt es sich hierbei um eine
Beschreibung einer Gruppe oder Person, die einprägsam und bildhaft ist. Sprich: Wir haben etwas
Komplexes vereinfacht und ihm einen bestimmten Wiedererkennungswert verpasst, eine Art Label.
Ein schlafender, mürrischer oder scheinbar gelangweilter Suga kommt in Fanfictions häufiger vor
als ein fröhlicher und hyperaktiver. Ein schüchterner, stiller und teils depressiver Kyungsoo kommt
häufiger vor als ein total optimistischer und unterhaltsamer etc. ...
Natürlich stechen bei jedem Menschen bestimmte Charaktereigenschaften stärker hervor als
andere. Und bei Idols gibt es das auch, seien sie nun „fake“ oder „echt“. Das heißt aber nicht, dass
Suga in einer Fanfiction nur gelassen in der Ecke sitzen und die Augen verdrehen muss – natürlich
kann er auch fröhlich sein. Aber es ist eine Tatsache, dass wir ihn (oder andere Idols) als „gut
getroffen“ erachten, wenn wir diese Bilder bestätigt sehen.
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Wie geht man aber nun vor, wenn man eine existierende Person wie ein KPop-Idol in eine
Fanfiction einbauen möchte? Ist es überhaupt notwendig, dass wir sie so genau/stark „in
Character“ schreiben wie wir können?
Nein. Meiner Meinung nach nicht.
Ich will damit nicht sagen, dass man sich bei der Darstellung der Personen keine Mühe geben oder
sich zwingen muss „in Character“ zu schreiben. Es kommt auf verschiedene Dinge an. So spielt es
für mich auch eine Rolle, ob die Personen Haupt- oder Nebencharaktere repräsentieren und
inwiefern sie „OoC“ sind. Wenn ich jetzt an das rosa Tutu denke → darauf kann ich natürlich gern
verzichten.
Aber Abweichungen lassen sich eigentlich nicht vermeiden.
Wahrscheinlich hat so gut wie jeder in der Schule schon die Begriffe „runde“ und „flache“ (oder
auch „dreidimensionale“ und „eindimensionale“) Charaktere gehört. Hauptcharaktere sind immer
„rund“ bzw. „dreidimensional“, Nebencharaktere hingegen „flach“ bzw. „eindimensional“.
→ Das Problem liegt auf der Hand: Es handelt sich um reale Personen, also sind sie alle
dreidimensional.
Was tun?
= Man legt fest, wer als Haupt- und wer als Nebencharakter agiert.
Gehen wir davon aus, dass man eine Fanfiction über... (komplett) EXO schreiben möchte. Das sind
ein Haufen Personen. Aber in der Regel hat man einige wenige Hauptakteure, wenn es sich z.B. um
eine „Kuppel-FF“ handelt, dann gibt es zwei Personen, die im Vordergrund stehen. Dazu kommen
dann noch zwei oder drei andere, die mit involviert sind, als Nebenbuhler oder beste Freunde,
Ratgeber etc. agieren und dann „der Rest“.
Es empfiehlt sich also, zu den Personen, die die Hauptrollen einnehmen, gewisse Stichpunkte zu
notieren oder sich doch zumindest näher mit ihnen zu befassen. Viele Informationen erhält man
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auf diversen Fan-Sites oder man kennt sie durch das intensive Schauen von Shows etc. → die Info,
dass Daehyun Käsekuchen (oder generell Essen...) liebt, bekommt man in so gut wie jedem
Steckbrief, aber man sieht es eben auch (ehrlich... das Typ ist Backstage eigentlich nur am essen...).
Ein guter Ansatz wäre zu den Hauptcharakteren Dinge zu notieren wie Hobbies/Interessen,
Fähigkeiten, Herkunft/Dialekt, aber auch Eigenschaften, die besonders hervorstechen. Wichtig ist
hierbei, dass man sowohl negative als auch positive Züge der Person aufschreibt → sobald
Charaktere in einer Geschichte nicht perfekt sind, Makel haben, auch mal Dummheiten anstellen
oder Entscheidungen treffen, die nicht ideal sind, Fehler machen und zeigen, dass sie
„menschlich“/komplex sind, erscheinen sie uns real.
Anmerkung nebenbei: Einige Autoren greifen zu kleinen Kniffs wie z.B. das Erwähnen/Auftreten
von Haustieren (Kais Pudel, Yesungs Schildkröte etc.) oder Familienmitgliedern (sofern bekannt).
Auch Geschehnisse aus der Trainee-Zeit oder Ereignisse, die vor dieser Zeit gespielt haben, dienen
dazu den Charakter realitätsnah darzustellen.
→ diese „Kleinigkeiten“ zeigen Herkunft, Vergangenheit und Sozialleben von Idols, was ein
wichtiger Punkt für die Dreidimensionalität ist
Die Ausarbeitung der Hauptcharaktere sollte hierbei etwas detaillierter sein als die der
Nebencharaktere. Natürlich sind diese auch dreidimensional, aber man kann die
Informationen/Charakterzüge auf die beschränken, die in ihrer Funktion „wichtig“ sind.
Wenn man also über BTS schreibt und man will Jimin und V verkuppeln oder Jimin und Jungkook,
dann gibt man sich wie von selbst mehr Mühe mit dem Beschreiben ihrer Person und Gefühle – da
„reicht es“, wenn man Suga als viel schlafenden und leicht mürrischen Bandkollegen beschreibt,
sofern er keine aktive, den Plot betreffende Funktion erfüllt. Auch wenn er uns durch dieses Bild
also dreidimensional und realistisch erscheint, so ist er doch als „flacher“ Charakter für die
Geschichte konstruiert worden.
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Maya88
Dasselbe gilt für AU-Geschichten. Wobei man hier schon etwas freier sein kann, was die
Genauigkeit betrifft. Wenn ich eine Fanfiction schreibe, in der Jungkook ein Auftragskiller oder
Kyungsoo ein Stricher oder Chanyeol ein Student ist, dann kann man ihnen selbstverständlich ihre
Charaktereigenschaften zuordnen wie man es „braucht“, aber trotzdem die Person so darstellen,
dass er einen Wiedererkennungswert hat.
Chanyeol kann Student sein und EXO existiert als Band nicht, trotzdem kann man ihn z.B. Gitarre
spielen und den „Happy Virus“ sein lassen, als den man ihn kennt. Aber man kann dieses
stereotypische Bild der Geschichte anpassen und es wandeln, man muss sich nicht haargenau dran
halten.
Im Grunde bleibt es sowieso jedem Autoren selbst überlassen, ob er die Idols in seiner Fanfiction
„in Character“ schreibt und wenn ja, wie pedantisch, oder ob er/sie es absichtlich nicht tut. Und
genauso bleibt es auch jedem Leser überlassen, ob er da Wert drauf legt oder nicht.
Der letzte Punkt, den ich jetzt noch ansprechen möchte, ist die Entwicklung der Charaktere, die ich
ebenfalls bereits erwähnte.
Hierzu einige Gedanken, die ich hierzu im vorigen Kapitel geäußert habe:
–
Mit dem Plot untrennbar verbunden sind natürlich die Charaktere der Geschichte. Sie
treiben den Plot voran, rufen beim Leser Emotionen hervor, sie agieren und reagieren –
und wir leiden (hoffentlich) mit ihnen mit.
–
Ohne Konflikt, keine Handlung. Und die Handlung ist zumeist spannender, wenn sich der
Konflikt langsam aufbaut → Charaktere in einer Geschichte (aber auch im wahren Leben)
wachsen an ihren Konflikten, zwingen sie zu handeln und offenbaren dabei ihre Wünsche
und Ängste.
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–
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Die Probleme, denen sich der Hauptcharakter stellen muss, sollen schwierig sein, ein
deutliches Hindernis darstellen, aber trotzdem überwunden werden können. Man sollte
idealerweise zeigen, dass der Hauptcharakter sich anstrengen muss, um sein Ziel zu
erreichen, Rückschläge erlebt, vielleicht sogar die Hoffnung aufgibt → aber schlussendlich
weiterkämpft, vielleicht sogar Opfer bringt.
Kurzum: Die Charaktere sind im Plot eingeflochten und erleben diese Dinge an unserer Stelle. Sie
starten an einem gewissen Punkt, stoßen auf ein Hindernis/Konflikt und müssen dieses bewältigen.
Doch wie?
Auch wenn wir keine AU-Geschichte schreiben und sich unsere Story im Musik-Business abspielt,
so sollten die Charaktere doch eine Art von Entwicklung durchmachen. Das muss keine große sein,
nichts Weltbewegendes, sie sollen nicht plötzlich von Clark Kent zu Superman werden oder
entdecken, dass sie statt Musiker lieber Atomphysiker wären – auch kleine Dinge erzielen eine
große Wirkung.
Um es mit Alexander Steeles Worten zu sagen:
„Figuren müssen die Fähigkeit besitzen, sich zu verändern, und der Leser sollte das Potential dazu
erkennen. Besonders wichtig ist die Veränderung für die Hauptfigur der Geschichte. Und obwohl
diese Veränderung – die überaus dramatisch oder auch ganz subtil sein kann – oft den Höhepunkt
der Geschichte markiert, muss sie keinesfalls am Ende der Geschichte stehen oder am Ende
vollzogen und komplett sein. In jedem Fall sollte der Leser aber im gesamten Verlauf der Story
spüren, dass die Figur sich verändern kann – sie muss stets die Wahl haben. Wenn Sie für Ihre Figur
kein Entwicklungspotential vorgeben, wird sie berechenbar, sodass der Leser rasch das Interesse an
ihr verliert.“
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Auch wenn sich Steele hier auf OCs konzentriert und nicht auf die Darstellung von realen Personen
in Fanfictions, so ist diese Aussage doch durchaus zutreffend. Wenn die Charaktere in einer
Fanfiction nichts erleben, sich keinen Herausforderungen stellen müssen, mit keinen Problemen
konfrontiert werden und immer gleich bleiben – dann herrscht Langeweile.
Wenn wir also eine Fanfiction schreiben wollen, in der es darum geht zwei Idols miteinander zu
verkuppeln, haben wir eine Handlung, die mit Entscheidungen, Herausforderungen, Problemen
behaftet ist. Wie groß oder klein diese sind, bleibt jedem selbst überlassen – doch man sollte
erkennen, dass der Hauptcharakter etwas tun muss.
Konflikte konfrontieren uns mit Ängsten und wenn wir Entscheidungen treffen müssen, offenbart
sich der wahre Charakter. Jeder Mensch hat Schwächen. Wenn diese in einer Geschichte
überwunden werden, nachdem man (hart) mit ihnen gekämpft hat, dann hat der Charakter sich
entwickelt.
= Beispiel: Es wird (leider) nicht sehr häufig in Fanfictions behandelt, aber z.B. die Tatsache, dass
man sich als Junge/Mann in einen anderen Jungen/Mann verliebt und sich plötzlich mit dem fiesen
Wort „Homosexualität“ konfrontiert sieht, löst bei vielen Angst, ja sogar Panik aus. Der Charakter
muss sich (eigenen/fremden) Vorurteilen stellen und eine Entscheidung treffen. Am Ende der
Geschichte wird er auch eine getroffen haben, die Frage ist nur: Hat er sich seinen
Ängsten/Vorurteilen/etc. gestellt, hat sie überwunden, ist an der Situation gewachsen – oder
konnte er es nicht?
Und inwiefern beeinflusst das die Darstellung und das Problem „OoC“?
Ich nehm hier mal „Pretty Young Things“ als Beispiel. Wir alle kennen und lieben unseren 4D-Alien
V. Aber seine Verliebtheit in Rap Monster ist für ihn eine Ausnahmesituation und er ist stiller und
zurückhaltender als üblich → das macht ihn OoC, aber sein untypisches Verhalten ist erklärbar und
am Ende der Geschichte ist er wieder „der Alte“, nachdem das Problem überwunden wurde. Es ist
keine gewaltige Entwicklung, aber etwas passiert mit dem Hauptcharakter, er verändert sich.
Dasselbe gilt für die Fortsetzung „Pretty Wild Things“ und Rap Monster.
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So, ich glaube, ich habe euch an dieser Stelle genug zugeschwafelt...
Fassen wir zusammen.
In der Regel betrachten wir Idols in einer Fanfiction als rund, dreidimensional, überzeugend oder
einfach gut getroffen, wenn sie...
–
das Bild, was wir von der Person haben, bestätigen. Das können Stereotype sein wie
„Happy Virus“ Chanyeol, „Alien“ V oder auch „Evil Maknae“ Kyuhyun sein.
–
neben all ihren guten Eigenschaften auch einige negative haben und die Balance gehalten
wird, sodass sie einfach menschlich und nicht übermenschlich erscheinen.
–
Informationen aus dem „wahren Leben“ offenbaren wie z.B. Haustiere, Macken, Vorlieben
etc., die dem Fan der Band oder der Person bekannt sind.
–
wie wir mit Problemen konfrontiert werden. Das schafft emotionale Anteilnahme und wir
fragen uns, ob unser Bias die Situation meistert oder an ihr scheitert.
Dreh- und Angelpunkt ist der Wiedererkennungswert. Wir wollen unseren Bias so sehen, wie wir
ihn sehen. Es reichen schon kleine Details, die uns freuen und uns der Person näher bringen → und
schon leiden wir mit ihm/ihr mit und verfolgen die Geschichte, weil wir unbedingt wissen müssen
wie es ausgeht.
Klappt das auch mit OCs? Ja und Nein.
Warum sind uns/vielen dann ein Großteil der OCs unsympathisch? Vor allem, wenn sie die
Hauptrolle innehaben? Wie kreiert man einen überzeugenden Charakter, der nicht
Wonderwoman/Superman ist und uns mit den Zähnen knirschen lässt?
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5. Lesson 04: OCs Part 1 – Mary-Sues
Ich habe bereits in der ersten Lesson >Die Idee< erwähnt, dass OCs – vor allem fem!OCs – immer
hart an der Grenze zur Mary-Sue sind. Und wie man wahrscheinlich mittlerweile festgestellt hat,
bin ich selber kein Fan von fem!OCs, ganz besonders, wenn sie die Hauptfiguren in den
Geschichten sind.
Ich hatte einmal (auf Englisch) eine „interessante“ Diskussion mit einigen anderen Fans, die sagten,
dass die fem!OCs nur so unbeliebt sind, weil die anderen Fans dann „neidisch“ sind und sie sich
natürlich lieber selbst mit ihrem Bias verkuppelt sehen wollen (→ ähnlich wie Fans, die eifersüchtig
werden, wenn andere Fans über ihren Bias reden/schwärmen oder wenn der Idol eine Freundin
hat, dass diese dann einen Shitstorm auf sich zieht → erinnert euch an Baekhyun und Taeyeon).
= Bei mir persönlich sind fem!OCs hauptsächlich deswegen so unbeliebt, weil sie entweder a) eine
Mary-Sue sind oder b) eine schlecht getarnte Self-insert. Und das möchte ich einfach nicht lesen.
So einfach ist das ;)
Aber wie ich beobachtet habe, gibt es auch Autoren und Leser, die sich auf dieses Genre fixieren
und ausschließlich über dieses Thema schreiben oder eben lesen → Geschmäcker sind verschieden
und das ist auch gut so. Es gibt genauso viele Leute, die keine Boys Love Geschichten mögen/lesen
– was nun wiederum mein bevorzugtes Genre ist.
Zudem gibt es Unterschiede zwischen OCs, die Haupt- oder Nebencharakter sind. In meinen
eigenen Geschichten kamen OCs bislang immer nur als Nebencharaktere vor, weil man teils einfach
nicht ohne auskommt. Ich gebe an dieser Stelle ganz offen und ehrlich zu, dass ich mich (noch)
nicht an eine Fanfiction gewagt habe, die einen fem!OC als Hauptcharakter hat, einfach weil die
„Gefahren“, diese richtig in den Sand zu setzen, zu groß sind. Außerdem reizt es mich nicht :)
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Maya88
Was ich mal geplant hatte, war eine Trainee-Fanfiction mit male!OCs – aber auch dort ist es bislang
bei der Planung geblieben (obwohl ich aktuell wieder am überlegen bin die Notizen
hervorzukramen...).
Doch bevor wir in die Tiefe gehen und uns richtig schmutzig machen, klären wir mal einige
Begriffe.
Was ist ein OC?
OC steht entweder für „Original Character“ oder „Own Character“. Es handelt sich also nicht um
eine literarische Figur oder reale Person aus dem gewählten Fandom, sondern um einen
erfundenen, selbst kreierten Charakter des Autors.
Anmerkung: „Self-insert“ ist nicht gleichbedeutend mit „OC“ und „OC“ ist nicht gleichbedeutend
mit „Reader“! → dazu im Nachtrag mehr
Was ist eine Mary-Sue?
Als Mary-Sue wird ein fem!OC dann bezeichnet, wenn sie grundsätzlich durch besonders
herausragendes Aussehen, einen unwiderstehlichen Charakter oder enormes/seltenes Talent aus
der Masse heraussticht. Sobald in einer Fanfiction eine Mary-Sue auftaucht, erkennt man sie
sofort: Sie betritt den Raum und zieht die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich. Die
Handlung dreht sich nur um sie und ihr wird von Kritikern nachgesagt, dass sie eine Art
„perfektionierte Version der Autorin“ (selten Autor) darstellt, die mit ihrer Hilfe ihre Fantasien
auslebt → besonders häufig kommen sie in Erstlingswerken vor.
Männliche Mary-Sues kommen in der Regel seltener vor und werden meist Gary-Stu genannt, ich
habe aber auch schon von dem Begriff Barry-Lue gehört.
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How to write Fanfiction
Maya88
Zählen wir mal einige Merkmale einer typischen Mary-Sue auf:
–
besonders hübsch oder ungewöhnliches Aussehen (z.B. Heterochromie, „Porzellanhaut“
etc.)
–
idealisierter/perfekter Charakter (Mary-Sues haben keine Fehler oder aber sie sind so
unbedeutend, dass sie unter dem Glanz ihrer guten Eigenschaften verblassen)
–
außergewöhnlich begabt (im KPop-Fandom können fem!OCs super Singen, Tanzen, Rappen,
Modeln – manchmal alles zusammen – und Dinge wie Zeichnen kommen manchmal auch
noch dazu)
–
tragische oder „unglaubliche“ Vergangenheit (das reicht von dramatischen Todesfällen,
schlimmsten Mobbing, Missbrauch in der Familie bis hin zu Selbstmordversuchen)
–
besondere Verwandtschaftsverhältnisse zu Fandom-Charakteren (im KPop-Fandom
besonders Schwestern oder Cousinen von Idols, Töchter, Nichten oder Enkelinnen von
CEOs, PDs oder Managern)
–
im KPop-Fandom häufig Halbkoreanerin, Halbamerikanerin, Halbdeutsche, Deutsche etc.
(diese kommen meist nicht direkt aus Korea, sondern ziehen von Deutschland oder
Amerika dorthin), in Fantasy- oder Science-Fiction-Fandoms sind es gerne Halbelfen oder
andere mit Menschen gekreuzte Wesen/Aliens
–
ein Name, der sich von den anderen abhebt und fast immer nicht zu der eigentlichen
Herkunft/Ethnizität passt (Koreanerinnen/Halbkoreanerinnen, die Arizona, Phoenix,
Saphira, Candy, Jade, Sapphire, Raven heißen, Deutsche, die Yumi, Yuki oder Yoona heißen
etc. – beliebt sind auch Doppelnamen, dann meist eine Kombination aus „ethnischkorrektem“ und asiatischen Namen; es gibt eine Fülle von beliebten, oft langen und
komplizierten „Fantasie“-Namen, die natürlich alle eine wahnsinnig tiefgründige Bedeutung
haben)
–
Objekt der Begierde („love interest“) eines Charakters oder gleich mehrerer Charaktere (im
KPop-Fandom natürlich der Bias der Band und/oder der beste Freund oder Rivale oder alle
zusammen)
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How to write Fanfiction
–
Maya88
generell sind sie bei allen beliebt (und sollte es ein Charakter wagen sie nicht zu mögen,
dann wird dieser oft in einem besonders schlechten Licht und unsympathisch dargestellt
oder es stellt sich heraus, dass er sie eigentlich doch mag/liebt und sich nur nicht
„ausdrücken“ konnte)
–
sie sind Dreh- und Angelpunkt der Geschichte (die eigentlichen Hauptcharaktere des
Fandoms rücken in den Hintergrund und erhalten häufig Charakterzüge, die für sie
untypisch sind – so ist z.B. Harry Potter natürlich plötzlich absolut hilflos und
aufgeschmissen ohne die Hilfe von Dumbledores Enkelin, der Superhexe)
–
trotz ihres umwerfenden Aussehens und ihres Wahnsinnstalents sind sie selbstverständlich
aufopferungsvoll, liebenswürdig, hilfsbereit, bescheiden, schüchtern etc. (es soll die MarySues „sympathisch“ machen; ein weiterer Kniff ist es, Mitleid zu erregen, z.B. durch
Umstände wie Mobbing, ein alkoholkranker Vater, Verlust der Eltern/Waisendasein, ein
angeborener Herzfehler usw.)
Eine schöne, englische Definition stammt von tvtropes:
„She has an unusual and dramatic Back Story. The canon protagonists are all overwhelmed with
admiration for her beauty, wit, courage and other virtues, and are quick to adopt her as one of
their True Companions, even characters who are usually antisocial and untrusting; if any character
doesn't love her, that character gets an extremely unsympathetic portayal. She has some sort of
especially close relationship to the author's favorite canon character – their love interest,
illegitimate child, never-before-mentioned sister, etc. Other than that, the canon characters are
quickly reduced to awestruck cheerleaders, watching from the sidelines as Mary Sue outstrips them
in their areas of expertise and solves problems that have stymied them for the entire series.“
So. Ich glaube, wir alle wissen jetzt, was eine Mary-Sue ist und warum ich sagte, dass viele (nicht
alle) fem!OCs im KPop-Fandom hart an der Grenze sind ( = es tauchen immer wieder Schwestern
von BTS-Membern, Nichten und Enkelinnen von Lee Sooman, Freundinnen aus Kindertagen etc.
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How to write Fanfiction
Maya88
auf, die eine tragische Vergangenheit haben, super begabt aber bescheiden und schüchtern sind
und die Liste kann noch weiter fortgeführt werden)
Was sich mit der Zeit daraus entwickelte – vor allem durch starke Kritik und Abneigung gegenüber
Mary-Sues in gewissen Fandoms (z.B. diverse Animes oder Harry Potter) – waren Anti-Sues.
Sie gibt es in unterschiedlich extremen Formen. Autoren, die krampfhaft versuchen, nicht das
perfekte, liebe, hübsche, talentierte Mädchen von nebenan zu beschreiben, dem alle Charaktere
verfallen sind, geben ihren Sues bestimmte Eigenschaften, die eindeutig zeigen sollen: „Ich bin
keine Mary-Sue!“ (was meist trotzdem in die Hose geht).
–
Sie sind noch immer hübsch, aber nicht perfekt. Häufig bekommen sie Makel wie eine
Narbe, die sie aber trotzdem nicht entstellt und irgendwie „interessant“ und „anders“ oder
sogar „attraktiv“ macht.
–
Sie haben Fehler, wobei die schlimmsten meist ein Sturkopf oder ein „böses Temperament“
sind. Also nichts, was sie unausstehlich machen würden.
–
Sie können meist „nur“ eine Sache perfekt. Wir wollen ja nicht übertreiben.
–
Ihre Namen sind häufig noch immer ungewöhnlich, aber nicht mehr ganz so unglaubwürdig
und heben sich nicht völlig von den anderen Charakteren ab, weil sie zumindest ins
Setting/Land passen.
–
Statt von allen geliebt zu werden, hat die Anti-Sue meist nur ein oder zwei Menschen,
denen sie wirklich nahe steht (meist im Zusammenhang mit ihrer tragischen Vergangenheit)
und ihr „love interest“ muss sich erst ihr Vertrauen und ihre Liebe „verdienen“/erarbeiten.
–
Statt hilfsbereit und immer lieb und freundlich zu sein, hat die Anti-Sue eine harte Schale,
immer einen flotten/frechen Spruch auf den Lippen und beeindruckt die anderen
Charaktere mit ihrem spitzen Sarkasmus und ihrer Schlagfertigkeit (was sie meist einfach
nur „arrogant und arschig“ erscheinen lässt).
–
Trotz ihrer konstruierten Fehler, dreht sich noch immer alles nur um sie und sie stellt alle
anderen Charaktere in den Schatten – was sie eben doch zu einer Mary-Sue macht...
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How to write Fanfiction
Maya88
In meinen eigenen kurzen Worten gesagt: Eine Mary-Sue hat einfach ein plattes Characterdesign.
Und eine Anti-Sue kann genauso schlimm oder sogar noch schlimmer sein.
Sowohl im Internet als auch in jedem (guten) Schreibratgeber, gibt es Tipps und Tricks, die Autoren
dabei helfen sollen, glaubwürdige Charaktere zu erschaffen (hier muss man aber berücksichtigen,
dass die Charaktere für Original-Arbeiten und nicht für Fanfictions gedacht sind!). Vor allem wenn
es sich um den Hauptcharakter der Geschichte handelt, ist ein gut durchdachtes Characterdesign
von unschätzbarem Wert.
Im letzten Kapitel sprach ich von der Dreidimensionalität von Charakteren.
Das werden wir uns jetzt näher anschauen.
Wenn man von den „drei Dimensionen“ literarischer Figuren spricht, dann meint man die drei
Beschreibungsebenen nach Lajos Egri: Die physiologische, die soziologische und die psychologische
Ebene. Die drei Ebenen sind miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig.
1. Physiologische Ebene: Das Erscheinungsbild
Hier werden alle körperlichen Merkmale der Figur beschrieben. Das Äußere kann informativ sein
und Erwartungen wecken. Welche Haltung die Figur zur Schau trägt, was sie anzieht und wie sie
sich bewegt, wenn sie die Straße entlanggeht – all das gehört mit zu ihrer Persönlichkeit.
Auftreten, Präsenz und Äußeres verraten eine Menge über Einstellung und Charakter.
2. Soziologische Ebene: Der Hintergrund
Hier erfährt man, ob die Figur arm oder reich ist, über welchen Bildungsstand sie verfügt, was sie
für einem sozialen Umfeld sie angehört, ob sie aus einer großen oder kleinen Familie kommt,
welche schönen oder traumatischen Erlebnisse sie hat, wie die Beziehung zu ihren
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Eltern/Geschwister ist und eine Menge anderer Faktoren, die dazu beitragen einen Charakter/eine
Persönlichkeit auszuformen.
3. Psychologische Ebene: Die Persönlichkeit
Hier werden alle psychologischen Eigenheiten der Figur zusammengetragen. Das können
Informationen zu der allgemeinen Grundstimmung der Figur sein, gute und schlechte
Eigenschaften, Ängste, Hoffnungen, Vorlieben, Abneigungen – sprich: Wie denkt und empfindet
dieser Charakter? Wonach sehnt er sich? Die Persönlichkeit wird zum größten Teil durch die ersten
beiden Kategorien ausgebildet. Sie ist das Endergebnis all dessen, was die Person war und heute ist
und bestimmt ihr Denken und Handeln in der Geschichte.
Nun gut, auch Mary-Sues haben ein Erscheinungsbild, einen Hintergrund und eine Persönlichkeit.
Was unterscheidet also einen gut ausgearbeiteten OC von einer Mary-Sue?
Ich sagte, dass Mary-Sues meist ein „plattes Characterdesign“ haben → es fehlt ihnen an Tiefgang,
Komplexität, Kontrasten, Motivation und Glaubwürdigkeit.
Es gibt durchaus Dinge, die Mary-Sues richtig machen.
In Original-Arbeiten ist die Hauptfigur meist die auffälligste: Sie hat etwas Ungewöhnliches in
ihrem Erscheinungsbild (z.B. Smokey Barrett mit ihrer Narbe, Dr. Kreisler mit seinem rabenhaften
Erscheinungsbild, Joe O'Laughlin mit seinen parkinsonschen Ticks etc.), ein besonderes Talent,
welches sie von den anderen Charakteren abhebt, traumatische Erfahrungen in der
Kindheit/Jugend und einen besonderen oder „sprechenden“ Namen.
Aber einige Dinge machen Mary-Sues falsch: Ein nahezu perfekter Charakter, die Begabungen sind
zu ungewöhnlich und zugleich zu aufdringlich und die Tatsache, dass sie bei allen beliebt ist oder
von mehreren Personen begehrt wird, machen sie einfach unglaubwürdig und unsympathisch.
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Ganz ehrlich: Solch einen Menschen würde man im wirklichen Leben doch auch nicht mögen,
oder? Perfekte Menschen erscheinen einem meist einfach nur penetrant nervig. Manch einer mag
jetzt mit spitzer Zunge behaupten, dass das der pure Neid ist, der da spricht, Fakt ist aber, dass
mehrere Dinge dahinter stecken.
Wir empfinden Menschen als unsympathisch, wenn sie
a) gekünstelt, gestellt, falsch wirken (permanentes Lächeln, lautes Lachen, übertriebenes
Gehabe, „zu“ schön etc.)
b) völlig anders sind als wir (stille Menschen kommen z.B. nur in seltenen Fällen mit sehr lauten
und aufgedrehten Menschen zurecht → gibt es, aber da spielen dann meist andere
Berührungspunkte eine entscheidende Rolle)
c) Charaktereigenschaften haben, die wir an uns selbst nicht mögen (wir sind gut darin, Fehler
und Macken an uns selbst zu ignorieren, aber wenn wir Menschen mit diesen begegnen und
sie wie einen Spiegel vorgehalten bekommen, stellen sich uns die Nackenhaare hoch)
d) für uns nicht „greifbar“/verständlich sind (das Verhalten wirkt völlig sinnfrei und unlogisch,
wir können nicht nachvollziehen, was im Kopf dieser Person vorgeht und gehen automatisch
auf Abstand)
e) uns an unangenehme Dinge erinnern oder uns mit Dingen konfrontieren, die uns
unangenehm sind (die Person erinnert uns vielleicht unbewusst an eine andere Person, die
uns früher wehgetan hat oder aber sie hat Marotten, die uns z.B. ekeln oder nerven wie in
die Gegend zu spucken oder eine extrem aufdringliche Art etc.).
f) nur über sich reden (jeder kennt wenigstens eine Person im wirklichen Leben, wo sich einfach
immer alles nur um sie drehen muss)
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Es gibt einige Gründe, warum uns Menschen unsympathisch sind. Und Mary-Sues verkörpern
häufig mehrere dieser Eigenschaften. Und es wird meist noch schlimmer, wenn der Autor versucht,
diese Mary sympathisch darzustellen und Mitleid für sie zu wecken...
Aber was ist mit fem!OCs, die keine Mary-Sues sind? Was stört mich persönlich an diesen Figuren?
Mir persönlich ist es wichtig, dass fem!OCs, die als Haupt- oder Nebencharakter in ein etabliertes
Fandom eingeführt werden, glaubhaft sind. Ich muss diese Figur ernst nehmen können und
möchte nicht alle paar Sätze mit den Augen rollen, weil entweder alles vorhersehbar ist oder ihr
nach zwei Seiten/Kapiteln alle zu Füßen liegen. Ich möchte bei einer erfundenen Figur Gründe für
ihr Handeln erkennen können, Fehler, witzige Eigenschaften, eine Persönlichkeit, die realistisch
erscheint und nicht „künstlich“, obwohl es sich um eine Kunstfigur handelt. Sie sollte sich in das
Geschehen einfügen können, ohne das Bild zu stören oder zu verzerren.
Grundsätzlich lieben Autoren ihre OCs und reagieren dann beleidigt, entsetzt, traurig oder verstört
oder wütend, wenn die Leser nicht ebenfalls so empfinden.
Da hat es ein Hauptcharakter besonders schwer.
OCs als Nebencharaktere haben eine höhere Akzeptanz.
Warum?
Die Anforderungen an einen Hauptcharakter sind hoch. Sie müssen sich von der Masse abheben
ohne überheblich zu wirken, sie müssen emotionale Anteilnahme schaffen ohne permanent auf
die Tränendrüse zu drücken, sie müssen sowohl vertraute als auch fremde Charakterzüge
aufweisen, sie müssen einfach gestaltet und zugleich komplex sein und zu guter Letzt mit ihrem
Verhalten überzeugen ohne es zu forcieren.
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Die Anforderungen an einen Nebencharakter sind geringer. Nebencharaktere erfüllen meist nur
einen (oder mehrere) der folgenden Funktionen: Sie unterstützen den Hauptcharakter, sie hindern
den Hauptcharakter und/oder sie spiegeln/kontrastieren den Hauptcharakter. Sie übermitteln
Informationen, bringen den Hauptcharakter dazu über bestimmte Dinge nachzudenken und/oder
treiben die Handlung voran. Nebencharaktere treten manchmal nur einmal auf oder immer wieder
ganz kurz und müssen vom Charakter her weniger überzeugend sein.
→ Wenn der Leser durchgängig mit einem OC konfrontiert wird und sich mit diesem
auseinandersetzt, ist er grundsätzlich kritischer und hinterfragt diese Kunstfigur. Wenn er dann
Logikfehler und Lücken entdeckt, bröckelt die Glaubwürdigkeit des OCs und dieser erscheint
schneller unsympathisch. Von Nebencharakteren erwartet man grundsätzlich nicht viel und schnell
sind kleine Auftritte dieser Figuren wieder vergessen und der Fokus liegt wieder auf dem
Hauptcharakter.
So einfach ist das.
In Part 2 geht es dann mit dem Characterdesign weiter.
Nachtrag:
OC = Original oder Own Character
Reader = der Leser der Fanfiction ist die Hauptperson (meist aus der zweiten Person [„Als du am
Morgen aufstehst..“] erzählt, aber auch aus der ersten)
Self-insert = der Autor hat sich selbst und zumeist noch eine Freundin in die Geschichte eingebaut
→ es handelt sich hier weder um einen OC, noch um den Reader!
Es ist manchmal schwer bei einer Ich-Perspektive zu entscheiden, ob es sich im einen OC oder ein
Self-insert handelt (oder
auch um den Reader). Man sollte dies aber noch während des Prologs/1. Kapitels mit Sicherheit
feststellen können!
Mehr zu den Perspektiven erfahrt ihr in >Lesson 06: Schreiben<
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6. Lesson 05: OCs Part 2 – Characterdesign
Wie ich schon sagte, bin ich selbst kein großer OC-Bastler. Beziehungsweise, in meiner OriginalArbeit (nicht veröffentlicht) war es natürlich von Nöten, die Charaktere zu erfinden und detailliert
auszuarbeiten, aber in einer (KPop-)Fanfiction habe ich bislang nur einen OC als Nebencharakter
auftauchen lassen. Von daher bin ich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die geeignetste Person,
die hier Tipps für glaubhafte und sympathische fem!OCs im KPop-Fandom geben kann.
Aber versuchen kann ich es. Außerdem kann man die Dinge, die ich hier aufzähle, auch generell
unter dem Punkt „Characterdesign“ abspeichern/notieren und auch für nicht fem!OCs verwenden.
Dabei gehe ich in 2 Schritten vor:
1. Die drei Dimensionen
2. Der erste Auftritt und die Darstellung
Noch einmal zur Erinnerung die drei Dimensionen:
1. Physiologische Ebene: Das Erscheinungsbild
Hier werden alle körperlichen Merkmale der Figur beschrieben. Das Äußere kann informativ sein
und Erwartungen wecken. Welche Haltung die Figur zur Schau trägt, was sie anzieht und wie sie
sich bewegt, wenn sie die Straße entlanggeht – all das gehört mit zu ihrer Persönlichkeit.
Auftreten, Präsenz und Äußeres verraten eine Menge über Einstellung und Charakter.
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2. Soziologische Ebene: Der Hintergrund
Hier erfährt man, ob die Figur arm oder reich ist, über welchen Bildungsstand sie verfügt, was sie
für einem sozialen Umfeld sie angehört, ob sie aus einer großen oder kleinen Familie kommt,
welche schönen oder traumatischen Erlebnisse sie hat, wie die Beziehung zu ihren
Eltern/Geschwister ist und eine Menge anderer Faktoren, die dazu beitragen einen Charakter/eine
Persönlichkeit auszuformen.
3. Psychologische Ebene: Die Persönlichkeit
Hier werden alle psychologischen Eigenheiten der Figur zusammengetragen. Das können
Informationen zu der allgemeinen Grundstimmung der Figur sein, gute und schlechte
Eigenschaften, Ängste, Hoffnungen, Vorlieben, Abneigungen – sprich: Wie denkt und empfindet
dieser Charakter? Wonach sehnt er sich? Die Persönlichkeit wird zum größten Teil durch die ersten
beiden Kategorien ausgebildet. Sie ist das Endergebnis all dessen, was die Person war und heute ist
und bestimmt ihr Denken und Handeln in der Geschichte.
Beginnen wir also mit dem Erscheinungsbild unseres Original oder Own Characters und
unterteilen diese Ebene in
–
äußere Kennzeichen (Größe, Statur, Haut-, Haar- und Augenfarbe, körperliche
Besonderheiten, Kennzeichen),
–
Auftreten (Kleidungsstil, Mimik, Gestik, Gangart, Stimme, sprachliche Eigenheiten, Geruch)
und
–
gesundheitliche Aspekte (Gebrechen aller Art wie Entstellungen, Deformationen, Allergien,
Krankheiten).
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Das sind normalerweise die Dinge, die einem sofort beim Characterdesign einfallen (vielleicht
nicht unbedingt der letzte Punkt). Wenn wir z.B. für eine Fanfiction im KPop-Fandom eine
Koreanerin erfinden möchten, haben wir allein durch die Ethnizität einige Vorgaben, die teils
veränderbar sind und teils nicht.
Die Durchschnittsfrau in Südkorea ist 1.63m groß und wiegt ca. 60kg – Idols im Schnitt „natürlich“
nur zwischen 42 und 48kg – hat schwarzes Haar, braune Augen und höchstwahrscheinlich ein
Monolid. Das schränkt einen natürlich etwas ein und das möchte auch so gut wie keiner lesen
(obwohl es mal interessant wäre). Aber Hauptfiguren sind keine Durchschnittscharaktere, also
müssen wir uns überlegen, was sie für eine äußerliche Besonderheit hat. Sie könnte z.B. allein
schon durch ihre Größe auffallen, indem sie 1.75m ist, und braune Augen haben, die im Licht einen
leichten Grünschimmer bekommen. Vielleicht hat sie auch eine Zahnlücke oder in ihrem sonst so
gewöhnlichen Gesicht ein einzelnes Muttermal am Nasenrücken.
Natürlich kann man sich auch dafür entscheiden, dass sich diese Koreanerin bereits einigen
Schönheitsoperationen unterzogen hat und daher andere Merkmale hat.
Wenn man eine Halbkoreanerin hat, sollte man überlegen, welche Merkmale aufeinandertreffen
und was genau machbar ist. Eine Figur, die zur einen Hälfte asiatisch und zur anderen kaukasisch
ist, kann natürlich zum einen größer sein, als auch besondere Merkmale im Gesicht, der Statur
usw. aufweisen. Vergleicht man Bilder in der Frontal- und Profilansicht, fallen einem bestimmt
Dinge ein, die man ändern kann, ohne dass es too much wird (Gesichtsform, Nase, etc.). Vielleicht
hat man auch Bilder solcher Kinder zur Hand (findet man teils auch bei Google) und kann sich
dadurch inspirieren lassen, ein Merkmal zu finden, das nicht sofort „Mary-Sue“ schreit und den OC
doch besonders macht.
Das Auftreten ist ein Aspekt, bei dem man meiner Meinung nach etwas freier sein kann. Wenn
man Menschen in seiner Umgebung beobachtet, fallen einem viele Dinge auf, die man hier
einbauen könnte. Ist die Figur eher bequem gekleidet und trägt ungern einengende Sachen wie
Röhrenjeans oder Tops? Oder bevorzugt sie feminine Kleidung, die ihre Figur betonen? Besitzt sie
Markenklamotten oder legt sie da keinen Wert drauf? Sind ihre Sneakers sauber geputzt und sehen
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aus wie neu oder sind sie „eingelatscht“? Trägt die Figur Schmuck (Tipp: Personen, die eigentlich
keinen Schmuck, aber trotzdem immer ein bestimmtes Stück wie z.B. einen Ring, tragen, haben
fast immer eine emotionale Bindung zu diesem Gegenstand)? Gestikuliert die Figur beim Reden
oder sitzt sie eher still? Spricht sie laut oder leise und lacht sie viel? Hat sie einen Akzent oder
Dialekt?
Es gibt tatsächlich eine Liste (bzw. mehrere Listen), die von Wissenschaftlern der
Verhaltensforschung zusammengestellt wurde und bestimmten Gesten und Mimik Eigenschaften
und Gefühle zuordnen. Dies trifft natürlich nicht auf alle Menschen zu und auch nicht in jeder
Situation, aber man kann sich dort das ein oder andere vielleicht abgucken.
Vielleicht fällt die Figur dadurch auf, dass sie sich das Ohrläppchen reibt, wenn sie nachdenkt, oder
mit der Nase wackelt, wenn sie nervös ist – solche Kleinigkeiten unterstreichen die Individualität
eines OCs.
Gesundheitliche Aspekte sind natürlich nicht immer sichtbar. Aber wenn z.B. jemand einen
humpelnden Gang hat und dies (später) damit erklärt wird, dass er/sie einen Autounfall hatte,
dann kann dies durchaus Erwähnung finden. Auch kann der OC ständig eine gerötete Stelle am
Arm haben, weil sie einen nervösen Juckreiz hat. Eine besonders blasse Hautfarbe kann auf eine
Anämie deuten. Narben und Muttermale sind natürlich auch total okay und gehören mit in diese
Sparte.
Tipp: Bei fem!OCs, die als Hauptcharakter fungieren sollen, würde ich persönlich von dramatischen
Dingen wie Herzfehlern oder Tumoren und Ähnlichem abraten. Aber natürlich bleibt das auch
jedem selbst überlassen. Man kann auch, wenn wirklich ein ernstes medizinisches Problem
vorliegt, in der Geschichte erwähnen, dass der OC generell einen kränklichen/schwachen Eindruck
macht und vielleicht beobachtet man ihn/sie dabei, wie er/sie regelmäßig Tabletten schluckt –
ohne dass diese Dinge dem Leser ständig unter die Nase gerieben und überdramatisch dargestellt
werden.
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Wenn man sich zum Aussehen Gedanken gemacht – und hoffentlich typische Sue-Merkmale
vermieden – hat, kann es mit der zweiten Ebene weitergehen:
Der Hintergrund.
Rufen wir uns hierzu folgende Sätze in Erinnerung:
–
She has some sort of especially close relationship to the author's favorite canon character –
their love interest, illegitimate child, never-before-mentioned sister, etc.
–
besondere Verwandtschaftsverhältnisse zu Fandom-Charakteren (im KPop-Fandom
besonders Schwestern oder Cousinen von Idols, Töchter, Nichten oder Enkelinnen von
CEOs, PDs oder Managern)
Wenn man der Gefahr des „Mary-Sue-Fluchs“ entgehen möchte, sollte man dies möglichst
meiden. Also keine weitere BTS-Schwester, keine CEO-Enkelin oder -Nichte, EXO-Cousine usw. Auch
hatte ich bereits auf das Sue-Merkmal „Waisenkind“ (wahlweise auch Adoptivkind) hingewiesen.
Was spricht dagegen, dass der fem!OC eine ganz gewöhnliche (vielleicht sogar glückliche!) Familie
hat? Ist das grundsätzlich erst einmal langweilig? Wenn ich mir meine Familie ansehe, dann finde
ich das durchaus nicht langweilig und abgedroschen oder uninteressant – und garantiert hat jede
Familie etwas, was sie von anderen unterscheidet und Anlass für Handlung gibt, wenn man sich
umschaut.
Aber natürlich wird es dadurch schwieriger oder aufwendiger, diese Person dann mit einem Idol
bekannt zu machen und zu verkuppeln. Wenn das das primäre Ziel der Geschichte ist... tja, dann
könnt ihr das natürlich alle gerne weiterhin tun, aber es gibt sicher auch noch andere
Möglichkeiten.
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Selbstverständlich ist der Punkt auch von dem Plot der Geschichte abhängig. Wenn es z.B.
notwendig ist, dass der OC aus der Oberschicht kommt, eine Elite-Uni besucht und einen
angesehenen sozialen Status hat, weil er/sie sonst nicht auf Idol A trifft, dann kann man das so
übernehmen.
Oder man denkt sich etwas anderes aus. Sie muss jetzt nicht direkt aus einem Armenviertel
kommen, die Mittelschicht tut es auch, wenn es z.B. darum geht, dass sie für ihren Platz an der
Elite-Uni arbeiten muss → man muss nicht zwangsweise zu Extremen greifen und ein zweites
Aschenputtel schaffen. Die fem!OC muss auch kein Mobbing-Opfer oder Mauerblümchen sein, es
gibt Abstufungen zwischen „Star“ und „Loser“.
Seht euch zur Inspiration gängige Klassenstrukturen an, vielleicht eure eigene, wenn ihr noch zur
Schule geht oder erinnert euch an eure alten Klassen zurück – was gab es für Mädchen und Jungen
und welche Gruppendynamik herrschte vor? Möglicherweise findet ihr hier eine passende Rolle
für euren OC.
Soll die Fanfiction unbedingt im Musik-Business spielen, kann der fem!OC auch auf die Idols
treffen, ohne mit einem verwandt zu sein. Je nach Company treffen natürlich auch keine Trainees
auf Idols, weil sie separate Bereiche haben, aber zufällige Aufeinandertreffen sind hier immerhin
noch wahrscheinlicher, als z.B. als gewöhnlicher Fan im Supermarkt plötzlich in seinen Bias
hineinzulaufen und dann nach der Nummer gefragt zu werden – oder so etwas. Ebenso
unwahrscheinlich bzw. beinahe völlig realitätsfern ist es, dass die Band als Ganzes unterwegs ist
und in einen hineinrennt – und sich dann ganz spontan ein oder mehrere Member in den OC
verlieben. Man muss mit Klischees und „Zufällen“ vorsichtig sein. Wenn ihr euren OC unbedingt
mit eurem Bias verkuppeln müsst, dann macht euch ein paar Notizen zu den Orten, an denen sich
derjenige am häufigsten aufhält und bedenkt auch wie wenig Freizeit sie haben.
In einer Folge von „Celebrity Bromance“ hat V z.B. gesagt, dass er sich ganz früh morgens aus dem
Dorm geschlichen hat, um alleine etwas im Laden zu essen und wurde vom Manager angerufen
und zurückbeordert → solche Dinge hört und liest man bei den Idols immer wieder. Bei so einer
Gelegenheit könnte man ihn vielleicht treffen, aber auch hier wäre es schwierig den üblichen
Klischees aus dem Weg zu gehen. Aber es wäre möglich.
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Was mir nun ebenfalls dazu einfällt, weil wir gerade beim Thema sind, sind folgende Szenarien, die
immer wieder vorkommen:
–
neue Girl Group wohnt plötzlich mit BTS oder so zusammen – warum auch immer
–
neue Girl Group hat mit BTS oder so ein „Debut-Projekt“ am laufen, bei dem sie 24h
aufeinander hocken und gefilmt werden und zusammen ein Album aufnehmen oder so
–
fem!OC wird aus mehr als dubiosen Gründen bei BTS oder so einquartiert (Lernzwecken?
Manager-Ausbildung? Training? Etc.) und eine Romanze entsteht
Noch unwahrscheinlicher werden diese Szenarien, wenn es sich dabei um Mädels eines
Austauschprogramms, Fans oder Deutsche (sorry) handelt... Ich kann verstehen, dass das
bestimmte „Wunschvorstellungen“ sind, besonders von jüngeren Fans, aber je unglaubwürdiger
ein Szenario ist, desto schwieriger wird es, mit Charakteren und Plot zu überzeugen.
Ein wahrscheinlicheres Szenario wäre, dass die erfundene Girl Group bereits Debut hatte und den
anderen Bands und Idols nach und nach bei diversen Shows im Backstagebereich begegnet. Wer
Clips dieser Art gesehen hat bzw. regelmäßig sieht, weiß, dass die Bandinteraktionen hier
besonders deutlich sind, Freundschaften geknüpft und Nummern ausgetauscht werden. Vielleicht
trifft man sich auch auf der Toilette, wie scheinbar jeder, der mit BTS befreundet ist ;)
Aber man muss diese Dinge langsam und bedacht ins Rollen bringen.
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Gut. Kommen wir zur letzten Ebene:
Die Persönlichkeit.
Schauen wir uns dazu noch einmal die Notizen zu einer typischen Mary-Sue an:
–
idealisierter/perfekter Charakter (Mary-Sues haben keine Fehler oder aber sie sind so
unbedeutend, dass sie unter dem Glanz ihrer guten Eigenschaften verblassen)
–
außergewöhnlich begabt (im KPop-Fandom können fem!OCs super Singen, Tanzen, Rappen,
Modeln – manchmal alles zusammen – und Dinge wie Zeichnen kommen manchmal auch
noch dazu)
–
trotz ihres umwerfenden Aussehens und ihres Wahnsinnstalents sind sie selbstverständlich
aufopferungsvoll, liebenswürdig, hilfsbereit, bescheiden, schüchtern etc. (es soll die MarySues „sympathisch“ machen; ein weiterer Kniff ist es, Mitleid zu erregen, z.B. durch
Umstände wie Mobbing, ein alkoholkranker Vater, Verlust der Eltern/Waisendasein, ein
angeborener Herzfehler usw.)
Und dann rufen wir uns in Erinnerung, was für Anforderungen an einen Hauptcharakter gestellt
werden:
→ Sie müssen sich von der Masse abheben ohne überheblich zu wirken, sie müssen emotionale
Anteilnahme schaffen ohne permanent auf die Tränendrüse zu drücken, sie müssen sowohl
vertraute als auch fremde Charakterzüge aufweisen, sie müssen einfach gestaltet und zugleich
komplex sein und zu guter Letzt mit ihrem Verhalten überzeugen ohne es zu forcieren.
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Wir sprachen bereits kurz über Tiefgang, Komplexität, Kontraste, Motivation und Glaubwürdigkeit
von Charakteren, aber auch davon, dass sie trotz allem einfacher gestaltet sind als wirkliche
Menschen. Wie passt das zusammen?
Lesen wir mal, was Isa Schikorsky zum Thema Einfachheit und Relevanz sagt:
„Literarische Figuren sind im Vergleich zu wirklichen Menschen wesentlich einfacher, sollten aber
trotzdem eine gewisse Komplexität besitzen. Reale Menschen wechseln oft ihre Ansichten, ändern
ihre Entschlüsse, handeln unsinnig und unlogisch und sind in ihrem Wesen dermaßen vielschichtig,
dass wir sie nie völlig verstehen. Literarische Figuren dagegen sind fassbar und klar konturiert, ihre
Eigenschaften sind reduziert, ihre Ziele erkennbar und ihre Verhaltensweisen verständlich, auch
wenn sie anfangs vielleicht rätselhaft agieren.
Einfachheit verbindet sich mit Relevanz. Die Kennzeichen literarischer Figuren sind abhängig von
den Erfordernissen der Geschichte. Von Bedeutung sind allein die Charakterzüge und Fähigkeiten,
die eine Figur benötigt, um die Herausforderungen zu bewältigen, vor denen sie steht.“
Und Alexander Steele zu Kontrasten und Beständigkeit:
„Kontraste:
Das Faszinierende an der menschlichen Natur ist ihre Widersprüchlichkeit. Und diese
Widersprüchlichkeit stellt eine unerschöpfliche Quelle für Sie dar, wenn Sie Ihren Figuren
Komplexität verleihen wollen.
Welche widersprüchlichen Elemente Sie Ihrer Figur auch mitgeben wollen, denken Sie daran, dass
diese Kontraste nicht plötzlich aus dem Nichts hervorspringen oder sich mit einer Fanfare
ankündigen.
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Beständigkeit:
Wenn Sie nicht gerade eine Jekyll/Hyde-Persönlichkeit entwickeln, ist es nicht besonders geschickt,
diese Figur den größten Teil der Geschichte über auf eine bestimmte Art agieren zu lassen, um
dann plötzlich auf eine andere umzuschalten. Jede Handlung, jedes Benehmen sollte authentisch
und glaubhaft sein und sich im Rahmen des von Ihnen entwickelten Charakters bewegen.
Kontrastierende Züge sind wichtig, aber der Charakter sollte beständig bleiben.
Figuren können durchaus „charakterfremd“ (→ OoC) handeln – solange Sie schon lange vorher
andeuten, dass dies möglich und im Rahmen des Charakters liegen könnte. Falls ein schüchterner,
zurückhaltender Charakter plötzlich etwas Mutiges oder Riskantes tut, muss der Leser lange vor
dieser Tat sehen können, dass dies im Bereich seiner Fähigkeiten liegt.“
Wie erschafft man nun eine komplexe Figur, die glaubhaft wirkt, in ihrem Handeln beständig ist
und zugleich emotionale Anteilnahme am Geschehen bietet?
Wenn ich einen Charakter erstellen möchte, dann gehe ich wirklich super simpel vor und bediene
mich an verschiedenen Vorlagen:
1. Horoskope
Ich habe mehrere Bücher zu dem Thema Zuhause; abendländisch, chinesisch, indianisch etc. Ich
fange an zu blättern und sehe vielleicht eine Beschreibung, die mir zusagt, notiere mir diese und
blätter wieder. Möglicherweise sagt mir auch die Charakterisierung des Sternzeichen, bei dem ich
gelandet bin, vollständig zu. Dann schreibe ich besondere Eigenschaften heraus und schau, wie ich
daraus einen Charakter bastle.
Ich habe auch ein Buch, in dem zu jedem Tag des Jahres ein Horoskop drin steht. Das schlag ich
dann auch mal blind auf und schau, wo ich gelandet bin und ob die Beschreibung passt.
Was auch machbar – und durchaus interessant – ist, ist die Möglichkeit sich online ein Horoskop zu
einer erfundenen Person erstellen zu lassen. Einfach Geburtsdatum und -ort eintragen, die Seite
berechnen lassen und schauen, was das Ergebnis ist.
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Methode 1 liefert dann z.B. folgende Informationen, wenn man in einem der Bücher das
Sternzeichen Krebs aufschlägt: ausgesprochener Familienmensch, enge Verbindung zum
Elternhaus, fühlt sich bei großer Aufregung, Hektik und lautem Treiben unwohl, einige wenige,
aber tiefe Freundschaften, ausgeprägte Fantasie usw.
Methode 2 liefert – blind aufgeschlagen – folgende Informationen für den 5. August: Vielseitigkeit,
Kreativität, Willenskraft und Entschlossenheit, gerne produktiv, feste Moralvorstellungen, Hang
zum Materialismus, Bedürfnis nach sozialem Aufstieg, Wissensdurst usw.
Methode 3 liefert für den 7. Mai 1992, geboren um 13:03 Uhr in Shanghai, folgende
Informationen: In Ihrem tiefsten Wesenskern sind Sie ein besonnener und gemütvoller Mensch. Ihr
Gefühlsleben ist ausgeprägt. Sie wollen emotionale Sicherheit, können aber auch rührend für
andere Menschen sorgen. Sie denken schnell, impulsiv und entscheidungsfreudig. Spontane Einfälle
liegen Ihnen mehr als Logik und gründliches Analysieren.
2. Persönlichkeitstests
Im Internet gibt es mehr als genug Persönlichkeitstests zu den unterschiedlichsten Themen. Hier
versucht man sich in einen anderen Charakter hineinzuversetzen und beantwortet anstelle dieser
fiktiven Person verschiedene Tests zum Umgang mit Geld, Kontaktfreudigkeit, Einstellung zu Liebe
und Sexualität, Reaktion auf Stresssituationen etc. Vielleicht braucht man nicht einmal mehr die
Auswertung, weil man schon während des Ausfüllens des Tests auf Fragen stößt, die einen über
den Charakter nachdenken lassen und vielleicht zu der einen oder anderen Situation inspirieren –
wer weiß?
Die Schwierigkeit besteht bei dieser Methode wirklich „nur“ darin, dass man versuchen muss, nicht
so zu antworten, wie man es selber täte, sondern die Antworten für seinen OC finden muss.
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3. Charakterbögen
Sowohl in Büchern (Schreibratgeber, Psychoanalyse etc.) als auch im Internet findet man viele
verschiedene Fragebögen, die einem beim Erstellen oder Charakterisieren eines Charakters helfen
sollen. Das können spezielle Charakterbögen für RPG/LARP-Charaktere sein, welche die auf Animes
zugeschnitten sind, aber auch allgemeinere zu unspezifischen, literarischen Charakteren (die man
z.B.
vielleicht schon mal in der Schule zum Charakterisieren von Figuren in Schullektüren
gebraucht hat).
Ich habe schon lange nicht mehr nach solchen Bögen gesucht, aber in den letzten Jahren habe ich
öfter solche Charakterbögen ausgedruckt, wenn mir ein guter „über den Weg gelaufen“ ist und
habe diese in meinem Schreibordner abgeheftet. Wenn ich mal nicht weiterkomme, blätter ich da
ein wenig drin herum und stoß vielleicht auf eine Frage oder Beschreibung, die mir hilft.
4. Listen von Charaktereigenschaften
Hierzu hatte ich sowohl mal eine deutsche Liste abgespeichert, die unterteilt war in „positive“ und
„negative“ Eigenschaften, als auch eine sehr lange englische Liste (mit über 1000 „character
traits“). Wenn man dazu neigt, seinen OCs immer dieselben Charakterzüge zuzuordnen, dann kann
man auch hier nach Anregungen suchen und findet dann auch nicht nur positive sondern auch eine
Fülle von negativen Eigenschaften. Wir erinnern uns, dass ein runder Charakter immer „gute“ und
„schlechte“ Charaktereigenschaften haben sollte.
→ Und aus all diesen Informationen, kann man sich einen wunderbar komplexen, aber – mit
Hinsicht auf Hintergrund und Handlungsbogen – stimmigen Charakter erstellen.
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Entscheidend ist nun der erste Auftritt und die Darstellung des OCs. Wenn man das vergeigt und
die mühsam ausgearbeitete fem!OC kommt falsch rüber, dann hat man verspielt: „Sie sollten ein
besonderes Augenmerk auf diese erste Begegnung legen. Denn sie entscheidet über Zuneigung
oder Ablehnung, ganz wie im richtigen Leben. Und dabei kann eine Menge schiefgehen.“
Häufige Fehler sind:
–
der Leser wird sofort zu Beginn mit einem „schönen/hübschen“ Menschen konfrontiert
–
der Leser erhält eine äußerst detaillierte Beschreibung der Klamotten
–
der Leser wird direkt über alle (positiven) Eigenschaften des OCs aufgeklärt
Besonders in Erstlingswerken (oder Fanfictions jüngerer Autoren) passiert es häufig, dass sehr
akribisch beschrieben wird, was die Hauptfigur anhat. Das kann einen großen Absatz oder sogar
mehrere Absätze einnehmen – und in der Regel ist das eine eher unwichtige Information, die den
Leser langweilt. Er überspringt den Abschnitt oder rollt genervt mit den Augen.
Ja, die Hauptfigur ist am detailliertesten ausgearbeitet und wir haben uns Mühe damit gegeben,
ein genaues Bild von ihr zu zeichnen – warum also nicht den ersten Auftritt mit diesen
Informationen füllen?
→ Weil es unnötig ist. Kleidung mag eine Menge über die Person aussagen, aber diese langen
Beschreibungen haben meist nichts mit dem Charakter zu tun. Ich muss nicht wissen, wie viel
Zentimeter ihre Absätze hoch sind, wie lang und breit die Schleifen an ihrem Oberteil sind – das
sind Details, die nicht weiter wichtig sind und als störend empfunden werden können.
Wir haben einen durchdachten OC in unserem Kopf und möchten diesen dem Leser so positiv wie
möglich vorstellen.
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How to write Fanfiction
Die
nächste
Gefahr:
Maya88
Der
Autor
rattert
in
zwei
weiteren
Abschnitten
alle
guten
Charaktereigenschaften der Figur runter. Ein No-Go. Sowohl positive als auch negative
Eigenschaften müssen „häppchenweise“ präsentiert werden. Wenn wir einen neuen Menschen
kennen lernen, brauchen wir auch länger als einen Tag, um zu erfahren, was es mit ihm auf sich
hat.
→ Was wir haben, ist ein erster Eindruck.
= Und diesen müssen wir beschreiben.
Schwierig wird es, wenn die Fanfiction aus der Ich-Perspektive geschrieben ist. Die Figur wird in der
Regel (hoffentlich) nicht damit beginnen eine seitenlange Charakterbeschreibung von sich zu
geben.
→ Am besten lernt man einen Charakter kennen, der von sich selbst in der Ich-Perspektive erzählt,
indem man ihn oder sie bereits zu Beginn der Geschichte handeln lässt. Wie ein Menschen etwas
tut und was er dabei empfindet, sagt viel über die Persönlichkeit.
Das muss auch nichts Großes sein. Vielleicht unterhält er/sie sich mit einem Freund oder der
Mutter und wir erhalten Informationen über ihre Beziehung zu ihnen oder persönliche Meinungen
zu einem (Streit-)Thema. Vielleicht ist sie gerade bei der Arbeit und wir erhalten Informationen
darüber, warum die Figur z.B. in einem Altenpflegeheim oder in einem Supermarkt arbeitet, wie
sie mit Patienten oder Kunden umgeht und was sie sich dabei denkt → besteht ein starker Kontrast
zwischen den Außenbild und dem Innenbild?
Wenn man sich noch einmal die gesammelten Charaktereigenschaften in den Notizen ansieht – vor
allem diejenigen, die bei dem OC herausstechen – und sich Gedanken darüber macht, wie man das
zeigen könnte, statt einfach zu sagen „A hatte Durchhaltevermögen“ oder „A ließ sich nicht
unterkriegen“, dann wirken die Charaktere weniger plakativ und sehr viel realistischer und
glaubwürdiger.
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How to write Fanfiction
Maya88
Wird nicht aus der Ich-Perspektive geschrieben, hat man es vielleicht leichter, einen neuen
Charakter einzuführen ohne direkt sämtliche Informationen preiszugeben. Aber man läuft auch
Gefahr, dass man Stereotype beschreibt oder vage Aussagen trifft wie „Sie war schön“.
Der erste Auftritt sollte prägnant sein, zeigen, dass es sich um einen wichtigen Charakter handelt,
aber nicht zu außergewöhnlich sein.
Mary-Sues haben die Angewohnheit, einen Raum zu betreten und alle Aufmerksamkeit auf sich zu
ziehen. Sie ignorieren das plötzliche Verstummen der Gespräche und dass sie von allen angestarrt
werden (schließlich ist sich unsere Sue nicht bewusst, wie atemberaubend schön sie ist) und
begeben sich zu ihrem Platz. Sie setzen sich, hören nicht das kollektive Aufseufzen ihrer Verehrer,
wenn sie sich das Haar über die Schulter werfen und beginnen stillschweigend in einem Buch zu
lesen.
Die Anti-Sue betritt den Raum und bootet dumme Kommentare mit ihrer Schlagfertigkeit aus. Sie
trägt lange Kleidung, um ihre Narben zu verdecken und mit griesgrämigem Blick setzt sie sich an
ihren Platz und ihre Kopfhörer auf, um ihre nervigen Mitschüler zu ignorieren. Obwohl sie eine
abwehrende Haltung einnimmt, beeindruckt sie ihren „love interest“ mit ihrer Fähigkeit, sich zu
wehren und die anderen in ihre Schranken zu weisen.
Was lernen wir daraus?
→ Lasst den OC niemals einen vollen Raum betreten, um eine erste Beschreibung ihrer Person auf
den Leser loszulassen.
(an dieser Stelle fasse ich mir scheltend an die eigene Nase, da mein OC ein Café betritt *hust*)
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Zurück zum ersten Eindruck.
Ich nehme mal an, dass viele hier ihre Freunde oder Bekannte auf „natürlichere“ Weise kennen
gelernt haben. Viele wahrscheinlich in der Schule, im Internet, auf einem Konzert (bzw. in der
Warteschlange) oder einer Party oder man wurde durch Dritte miteinander bekannt gemacht.
Nun versucht euch daran zu erinnern, was z.B. euer erster Eindruck von eurer besten Freundin war.
Oder eurem festen Freund, wenn ihr einen habt. Wenn ihr eine „Clique“ habt oder meist zu dritt,
viert oder fünft herumhängt – wie ist es dazu gekommen? Wurdet ihr einander vorgestellt? Was
verbindet euch?
Wenn ihr also nicht aus der Ich-Perspektive schreibt, dann versucht euren OC auf solch eine
natürliche Art und Weise einzuführen und sie mit den anderen Charakteren vertraut zu machen
und versucht nichtssagende Beschreibungen wie „Sie war schön“ zu vermeiden. Wenn ihr bereits
die hervorstechenden Merkmale des OCs notiert und vor Augen habt, versucht euch vorzustellen,
was euch am ehesten auffallen würde, wenn ihr ihm/ihr tatsächlich begegnen würdet.
Würde sie euch auffallen, weil sie viel lacht? Oder hat sie sich auf eine besondere Art vorgestellt?
Wo bleibt euer Blick hängen, wenn ihr sie anseht – auf ihren Händen, die mit der Uhr spielen, auf
ihrem Gesicht, weil ihr das Lächeln mögt, auf ihre Füßen, weil sie nicht stillsteht und zappelt?
Zur Erinnerung: Ihr müsst sie nicht von Kopf bis Fuß sofort beschreiben. Zählt einige Dinge auf, die
besonders auffallen und sie von den anderen in der Gruppe unterscheidet (es wäre sinnlos ständig
auf ihr blondes Haar einzugehen, wenn drei andere Leute in der Gruppe ebenfalls blond sind).
Geht auf ein oder zwei Charakterzüge ein, die bei einem ersten Treffen bereits deutlich werden –
ist sie überhaupt nicht schüchtern und zurückhaltend und beteiligt sich sofort an den Gesprächen?
Macht sie eher vage Aussagen und den Eindruck, als habe sie keine eigene Meinung (bzw. äußert
sie nicht)?
Puh, jetzt ist das Kapitel wirklich sehr lang geworden.
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Versuchen wir zum Schluss noch einmal zusammenzufassen, was man beim Characterdesign
beachten sollte:
–
versucht typische Mary-Sue-Merkmale zu vermeiden (Lesson 04)
–
versucht daraufhin euch nicht zu einer Anti-Sue hinreißen zu lassen (Lesson 04)
–
überlegt euch, ob euer OC der Hauptcharakter oder ein Nebencharakter ist und überlegt, welche
Anforderungen an diesen Figuren-Typus gestellt werden
–
beginnt mit einer vorerst groben Skizze der drei Dimensionen: Erscheinungsbild, Hintergrund und
Persönlichkeit
–
beachtet hierbei, dass die Dimensionen ineinander stimmig sein sollten und sich auch in den
Handlungsstrang der Geschichte einfügen lassen
–
erstellt eine Liste von positive und negativen Eigenschaften für den OC und überlegt euch, welche dieser
Züge besonders hervorstechen sollen und was für positive und negative Konsequenzen diese auf den OC
und seine Mitmenschen ausüben
–
auch wenn es sich um eine komplexe und dreidimensionale Figur handelt, solltet ihr sie zu Beginn
vereinfacht und simpel darstellen und erst im Laufe der Geschichte die Persönlichkeit mehr entfalten
–
der OC sollte glaubwürdig erscheinen, also in ihrer Handlungsweise beständig sein, aber auch Raum zur
Entwicklung lassen
–
gestaltet den ersten Auftritt des OCs nicht zu außergewöhnlich und versucht dennoch ein einprägsames
Bild von ihr zu zeichnen, sodass man erkennt, dass sie kein (unwichtiger) Nebencharakter ist
–
konfrontiert euren Leser nicht sofort mit all ihren guten Eigenschaften und offenbart den Hintergrund
der Figur, um den Leser nicht zu überfordern, zu nerven oder zu langweilen
–
haltet eure Beschreibungen von Aussehen und Kleidung kurz und geht nicht auf alle Details ein, sondern
zeigt, was ggf an dem OC besonders auffällig ist (positiv wie negativ)
–
versucht euren OC auf natürliche Weise in die Story einzuflechten, ohne den Plot oder die anderen
Charaktere zu stark zu verzerren (störender Einfluss)
–
vermeidet es zu sehr auf Mitleid zu setzen, um euren OC sympathisch erscheinen zu lassen (Charaktere,
die ständig in Tränen ausbrechen, weil sie etwas Traumatisches erlebt haben, sind als Hauptcharakter
häufig nicht interessant und nerven den Leser schnell)
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Ich glaube, das waren jetzt so weit die wichtigsten Punkte.
Ruft euch beim Erstellen des Charakters immer wieder in Erinnerung, dass er besonders als
Hauptfigur mit Tiefgang, Komplexität und Glaubwürdigkeit überzeugen muss.
Ihr müsst hierfür dem Leser nicht alles erzählen, was ihr selbst über die Figur wisst – grundsätzlich
habt ihr mehr Informationen zu dem Charakter, als hinterher in die Geschichte einfließen. Aber das
ist wichtig für euer eigenes Verständnis, damit ihr die Person glaubhaft und realistisch darstellen
könnt.
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Maya88
7. Lesson 06: Schreiben
Nachdem ich mich in den beiden letzten Kapiteln reichlich über OCs ausgelassen habe, kommen
wir nun endlich zum eigentlichen Schreiben der Geschichte.
Wir haben bislang über folgende Dinge gesprochen:
–
Ideenfindung
–
Ausarbeiten eines Plots
–
Darstellung der Charaktere
–
Characterdesign
Wenn wir uns zu diesen Themen ausführlich Gedanken gemacht und alles so weit notiert,
ausgearbeitet und strukturiert haben, dann sind wir bereit endlich loszulegen!
Schauen wir uns zum Thema „Schreiben“ folgende Punkte an:
–
korrekte Verwendung der deutschen Sprache
–
Absätze
–
Balance zwischen Erzählen, Beschreiben, Handlung und Dialog
–
Tempo, Szenen und Kapitel
–
Perspektiven
–
Schreibblockade?
Fangen wir mit den Grundlagen an.
Die korrekte Verwendung der deutschen Sprache – Rechtschreibung, Grammatik, Groß- und
Kleinschreibung, Zeichensetzung etc. – ist ein Muss für jeden (Hobby-)Autor. Und Hand aufs Herz:
Ich habe da selber meine Schwierigkeiten mit. Deswegen erwarte ich in Fanfictions keine
Perfektion.
= Aber! → Was ich erwarte ist, dass der Autor der Geschichte sich Mühe gibt.
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Ihr kennt das vielleicht: Ihr lest eine Kurzbeschreibung und schon innerhalb dieser wenigen Sätze
tauchen Fehler in der Groß- und Kleinschreibung auf, zwei oder drei Tippfehler, zwei definitive
Rechtschreibfehler, es fehlen Kommata oder Leerzeichen usw.
Hat man dann noch wirklich Lust die Geschichte zu öffnen und zu lesen? Ich ehrlich gesagt nicht.
Mir vergeht dann die Lust auf die Geschichte.
Ich will an dieser Stelle niemanden beleidigen. Viele haben Probleme mit der deutschen
Rechtschreibung und vor allem der Zeichensetzung. Aber wenn man einen Text schreibt und diesen
veröffentlicht, um ihn anderen Menschen (potentiellen Lesern, anderen Autoren) zugänglich zu
machen, dann finde ich schon, dass man wenigstens die Grundlagen beherrschen sollte.
Und wenn man das nicht tut, dann etwas Zeit investiert, um sich mit ihnen vertraut zu machen.
Und zur Not tut es dann auch ein Beta (mehr dazu in >Lesson 07: Korrektur<).
Ehe ich damals (als ich... 15 war?) meine erste Beta-Leserin getroffen habe, habe ich wirklich
dumme Fehler gemacht. Vor allem bei der Zeichensetzung und ich habe zum Teil echt schlimme
Satzstrukturen und Ausdrücke gehabt. Heute denke ich vor jedem Komma angestrengt nach: Muss
das da hin?? XD
Eine Fanfiction ist nicht dasselbe wie ein Roman, den man im Buchladen kauft – also Geld
investiert und eine bestimmte Qualität erwartet – aber es ist dennoch ein Text, der doch dem Leser
eine gewisse Freude bereiten soll. Eine FF erfüllt denselben Zweck wie ein verlegtes Buch: Sie dient
der Unterhaltung.
Und ich persönlich fühle mich nicht unterhalten, wenn die Geschichte vor Fehlern nur so strotzt.
Über kleine Fehler sehe ich oft hinweg und wenn der Stil und die Handlung gut sind, dann lese ich
auch weiter, wenn gröbere Fehler drin sind – aber es ärgert mich trotzdem.
Zählen wir mal einige der häufigsten Fehler auf:
1. Groß- und Kleinschreibung
→ In der Regel schreibt man Satzanfänge groß, Eigennamen und Substantive.
Was ich häufig sehe, sind kleingeschriebene Substantive und Substantivierungen. Jedem sollte klar
sein, dass „Schüler“ groß geschrieben wird oder eben auch Wörter wie „Buch“, „Regen“, „Abfall“
etc. Aber es können eben auch Adjektive groß geschrieben werden, wenn sie substantiviert
werden.
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Maya88
Am häufigsten sehe ich hier folgenden Fehler: „Er sah dem braunhaarigen in die Augen und (...)“.
Was ist falsch? Word/Open Office zeigt hier keinen Fehler und wer es nicht besser weiß, der wird
diesen Satz so stehen lassen. ABER das Wort „braunhaarigen“ wird in diesem Fall groß
geschrieben! Das Schreibprogramm wird das Wort nicht rot unterschlängeln, weil es klein
geschrieben auch richtig ist → aber eben nicht in diesem Kontext.
Hier handelt es sich tatsächlich um ein Substantiv und deswegen lautet der Satz richtig so: „Er sah
dem Braunhaarigen in die Augen und (...)“.
Bei manchen Dingen bin ich selber unsicher und schlage das dann nach (ein Duden ist schon
hilfreich). So habe ich z.B. herausgefunden, dass ich „heute Früh“ nach österreichischer
Schreibweise schreibe, weil man im Deutschen eher dazu neigt „heute früh“ klein zu schreiben...
Ich setze „Früh“ aber mit „Morgen“ gleich (also „die Frühe“), also schreibe ich es groß (so wie die
lieben Menschen in Österreich).
So kann auch ein Adverb wie „abends“ in einigen Fällen groß geschrieben werden: „eines Abends“.
Wer sich unsicher ist, sollte einfach nachschlagen.
Was ich auch oft sehe, sind zusammengesetzte Wörter, die scheinbar Probleme bereiten. So habe
ich hier schon Formen wie „austausch Schüler“ oder „gruppen Zwang“ gesehen. „Gruppenzwang“
schreibt man zusammen und groß, es ist ein normales Substantiv. „Austauschschüler“ kann man
ebenfalls zusammen schreiben, aber ich habe auch schon die Schreibweise „Austausch-Schüler“
mit Bindestrich gesehen. Hier in diesem Falle wegen des Zusammentreffens zweier „sch“-Laute,
aber es gibt auch andere zusammengesetzt Worte, die man mit Bindestrich schreiben kann oder
muss. Am besten schaut man auch hier nach, wenn man sich unsicher ist.
Wenn Wort/Open Office mir ein Wort rot unterschlängelt, neige ich dazu das Wort aufzutrennen
und einen Bindestrich zu benutzen. Aber wenn ich mir sicher bin, dass man das Wort auch
zusammen schreiben kann, dann schau ich lieber im Duden nach (Schreibprogramme wissen eben
auch nicht alles).
2. Rechtschreibung
→ Aufgrund von ständigen Rechtschreibreformen und „Anpassungen“ kommt man hier schnell
durcheinander
Ich gebe an dieser Stelle ganz offen zu, dass ich dazu neige „Delphin“ oder „Choreographie“ und
ähnliche Wörter mit „ph“ statt mit „f“ zu schreiben. Im Duden stehen beide Varianten, also sind sie
auch (noch^^) beide richtig.
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Maya88
Was ich häufig sehe/lese sind z.B. Dinge wie:
–
buxieren statt bugsieren
–
seit statt seid (oder umgekehrt)
–
Verwechslung als/wie
–
fehlende Leerzeichen nach dem Komma
–
falsch gesetztes das/dass
Ich weiß nicht wieso, aber in letzter Zeit habe ich häufig das Wort „buxieren“ gelesen – was mich
irgendwie ungemein erheitert XD Ich mag das Wort „bugsieren“ und finde es lustig, wenn es
Verwendung findet, aber dann mit „x“ oder mit „ks“ geschrieben wird.
Es handelt sich hier um einen wirklich simplen Rechtschreibfehler. Ähnliche Fehler sind z.B. auch
„abwägig“ statt „abwegig“ oder „Reperatur“ statt „Reparatur“ usw.
Bei solchen Dingen rät es sich, einfach im Duden nachzuschlagen. Man braucht den nicht einmal
(wie ich) im Regal stehen haben, da der Duden auch eine Homepage hat und man dort
dementsprechend suchen kann, wenn man sich unsicher ist. „buxieren“ müsste im
Schreibprogramm eigentlich rot unterschlängelt sein und wenn etwas rot unterschlängelt wird,
sollte man in der Regel noch einmal sichergehen, dass man sich nicht vertippt hat.
Was ist mit „seit“ und „seid“? Leider kommt auch dieser Fehler häufig vor, dabei kann man das
eigentlich schnell und einfach regeln. Ich gebe hier mal zwei Beispielsätze: „Seit heute Morgen
nervst du mich damit!“ und „Seid ihr eigentlich von allen guten Geistern verlassen?“
Frage: Wo ist der Unterschied? „seit“ bezieht sich immer auf die Zeit. „Ich lerne seit zwei Jahren
Koreanisch.“ oder „Seit wann kennt ihr euch?“. Aber „seid“ hat nichts mit der Zeit zu tun. Es ist eine
konjugierte Form von dem Verb „sein“ → „Ich bin, du bist, er/sie/es ist, wir sind, ihr seid & sie sind“.
… Einfach, oder?
Was ist mit den beiden schönen Wörtern „als“ und „wie“? Ein schönes Streitthema. Meine Familie
kommt nicht aus Nordrhein-Westfalen, sondern aus Niedersachsen und meine Mutter erzählt
immer wieder gern, wie geschockt sie war, als meine Eltern nach Münster gezogen sind. Plötzlich
waren sie mit Sätzen konfrontiert wie „Tu ma die Fenster losmachen!“ oder dem sehr populären
„Ich bin größer als wie du!“.
Ja, es scheint eine Art regionaler Dialekt zu sein – dennoch ist es falsch. In einem Roman wird man
dies nicht lesen (es sei denn ein Charakter spricht so), weil es für die Verwendung von „als“ und
„wie“ klare Regeln gibt, die man zu befolgen hat → die Kombination „als wie“ ist ein verbreiteter
Sprachfehler.
Wann verwendet man was?
Grundsätzlich kann man sagen, dass man „wie“ verwendet, wenn man in einem Vergleich die
Gleichheit hervorhebt und „als“, wenn man einen Unterschied feststellt.
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Maya88
Beispiele für „wie“: „Ich bin so groß wie du.“ - „Dieser Sommer ist genau so heiß wie letzter
Sommer.“ - „Du siehst noch immer so aus wie vor fünf Jahren.“ - „Es dauert so lang wie immer.“
Beispiele für „als“: „Ich bin größer als du.“ - „Dieser Sommer ist heißer als letzter Sommer.“ - „Du
siehst älter aus als noch vor fünf Jahren.“ - „Es dauert länger als letztes Mal.“
Der nächste Fehler – den ich irgendwie am wenigsten verstehe – ist das fehlende Leerzeichen.
Auch das habe ich in letzter Zeit wieder häufiger gesehen und es irritiert mich ungemein...
Was ich meine, ist Folgendes:
>Susi(19) war noch nie eine beliebte Schülerin,aber nach ihrem Umzug nach Seoul wird alles
anders.Ihr neue Nachbar,Jimin(20),ist einfach zu gut aussehend,als dass sie es leugnen könnte und
ausgerechnet der geht in ihre neue Klasse.< usw. usw.
Auch hier gibt es eine Regel: Hinter Kommata und Punkten folgt ein Leerzeichen.
Richtig müsste der Text also so aussehen:
>Susi (19) war noch nie eine beliebte Schülerin, aber nach ihrem Umzug nach Seoul wird alles
anders. Ihr neuer Nachbar, Jimin (20), ist einfach zu gut aussehend, als dass sie es leugnen könnte
und ausgerechnet der geht in ihre neue Klasse.<
Was mich gerade zusätzlich verwirrt ist, dass Open Office das nicht rot unterschlängelt...
ABER wenn man liest – sei es nun im Internet, ein (Schul-)Buch, ein Plakat auf der Straße – dann
sieht man doch, dass dort Platz zwischen ist. … oder? Das ist irgendwie der Fehler, der mich am
meisten verwirrt. Also bitte merken: Da kommen Leerzeichen hin, was nicht nur eine Regel ist,
sondern auch das Lesen ungemein erleichtert :)
Als letztes das niemals aus dem Trend kommende „das/dass“-Problem.
Viele merken sich einfach: „Nach einem Komma schreibe ich >dass< mit zwei 's'“. Das ist schon mal
ein guter Anfang, aber auch das ist nicht ganz korrekt.
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How to write Fanfiction
Maya88
Sehen wir uns auch hier einige Beispiele an:
„Er betrachtete das Bild, das an der Wand hing.“
„Ich wusste, dass das passieren würde.“
„Kann es sein, dass du lügst?“
„Sie hoffte, das Krankenhaus bald verlassen zu können.“
„Dass das so endet, habe ich nicht gewollt.“
Hier haben wir fünf unterschiedliche „das/dass“-Situationen. Im ersten Beispiel wird „das“ hinter
dem Komma mit nur einem „s“ geschrieben, weil es sich auf „das Bild“ im vorangegangenen
Hauptsatz bezieht. Man könnte „das“ auch durch „dieses/jenes/welches“ ersetzen → „Er
betrachtete das Bild, welches an der Wand hing“. Es ist ein rückbezügliches Fürwort ( =
Relativpronomen).
In den meisten anderen Fällen, in denen „dass“ mit zwei „s“ geschrieben wird, handelt es sich um
die Konjunktion, ein Bindewort.
3. Grammatik
→ Ich will an dieser Stelle nicht zu viel schreiben, da ich (zu meiner Freude!) hier auch nicht viele
Fehler kenne.
Es handelt sich meist um einen falschen Kasus/Numerus/Genus oder falsche Konjugation des
Verbs.
Dies sind Dinge, die man normalerweise bereits in der Grundschule vermittelt bekommt, aber nur
noch einmal zur Erinnerung:
Kasus = simpel gesagt sind das 1. Nominativ, 2. Genitiv, 3. Dativ und 4. Akkusativ → in der
Grundschule haben wir das meist einfach „die 4 Fälle“ oder auch „das Beugen von Nomen“
genannt (Deklination). In anderen Sprachen gibt es noch andere Fälle wie z.B. Vokativ oder Ablativ,
aber das sollte uns an dieser Stelle nicht kümmern.
Numerus = Singular oder Plural → einfach „Einzahl“ oder „Mehrzahl“
Genus = maskulin, feminin oder neutral → also „männlich“, „weiblich“ oder „es/sachlich“
Wahrscheinlich kennt jeder so tolle Sätze wie „Das ist meine Mutter ihr Hund“.
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Maya88
Auch hier sagen viele, dass es sich um einen regionalen Dialekt handelt, aber grammatikalisch ist
das ein Albtraum XD Es ist kein Geheimnis, dass wir Deutsche Genitiv-faul sind und statt „Das ist
meines Mutters Hund“ lieber „Der Hund gehört meiner Mutter“ sagen. Aber man sollte die vier
Fälle schon beherrschen, vor allem wenn man schreibt und sich nicht in der wörtlichen Rede
befindet.
Was die Konjugation betrifft: Auch ich komme hier manchmal ins schlingern. Gerade bei Wörtern,
die nicht so geläufig sind und daher im alltäglichen Sprachgebrauch meist nicht in den Formen
vorkommen, die man dann plötzlich beim Schreiben braucht.
Ich finde z.B. das Wort „schelten“ total klasse! Aber konjugieren? Ja, da komm ich dann auch gerne
durcheinander. Im Präteritum will ich automatisch „scholt“ sagen, was totaler Quatsch ist. Auch
hier hilft einfach das Heraussuchen im Duden oder im Internet, wenn man überfragt ist.
Deutsche Sprache, schwere Sprache. Da scheint schon was dran zu sein. Ich bin auch echt froh,
dass ich Muttersprachler bin und ich kein Deutsch lernen musste...
4. Zeichensetzung
→ Das böse, böse Komma. Mein persönlicher Todfeind – aber nicht nur meiner XD
In meinem „Handbuch Zeichensetzung“ von Duden werden dem Komma über 140 Seiten (!)
gewidmet. Zum Vergleich: Das Semikolon hat 2 Seiten :D … Das sagt uns schon eine Menge, oder?
Wann werden Kommata gesetzt?
(Anm.: Laut dem Duden ist sowohl „Kommas“ als auch „Kommata“ als Plural zulässig und weil ich
„Kommata“ gewohnt bin, werde ich das hier beibehalten)
Am geläufigsten sind wohl die drei folgenden Kommaregeln:
1. Ein Komma trennt Haupt- und Nebensatz, 2. Ein Komma trennt Wörter in Aufzählungen und 3.
Ein Komma trennt einen Zusatz oder Zwischensatz von dem Hauptsatz.
Die Trennung von Haupt- und Nebensatz sollte noch kein Problem darstellen.
Ein einfacher Hauptsatz könnte so aussehen: „Alle klatschten Beifall.“ - „Ich habe dich gerufen.“
Diesen kann man dann noch mit einem Nebensatz näher ausführen, der dann mit einem Komma
abgegrenzt wird: „Alle klatschten Beifall, als das Theaterstück endete.“ - „Ich habe dich gerufen,
weil ich mit dir sprechen muss.“
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Maya88
Aufzählungen sind ebenfalls leicht zu erkennen: „Er kauft Milch, Brot, Eier und Mehl.“ → statt
überall ein „und“ zwischen zu setzen, schreiben wir ein Komma.
Kommen wir zu Zusätzen. Ein einfacher Hauptsatz: „Das Auto war kaputt.“ Wollen wir das Auto
näher beschreiben, können wir einen Zusatz einfügen, den wir mit einem Komma vom Hauptsatz
trennen: „Das Auto, das mir mein Vater geliehen hat, ist kaputt.“ Auch hier ist es noch recht simpel,
das Komma an der richtigen Stelle zu setzen.
Schwierig wird es bei komplexen Sätzen. Wie es in Fanfictions häufig der Fall ist. Da gehen Sätze
gerne schon einmal über mehrere Zeilen und wenn dort dann die Kommata nicht oder nicht richtig
gesetzt sind, bekommt der Leser Probleme. Es würde jetzt jedoch zu viel Platz beanspruchen, hier
sämtliche Kommaregeln aufzulisten und zu erläutern. Wie ich bereits im letzten Kapitel sagte,
werde ich am Ende noch ein Kapitel anhängen, in dem ihr alle Quellen findet und auch einige gute
Seiten von mir verlinkt werden, wo ihr bestimmte Dinge schnell nachschlagen könnt.
Deswegen möchte ich nur noch zwei Dinge sagen, die mir gerade einfallen, weil es häufig
vorkommt.
„Er war ein schrecklicher alter Griesgram.“ → „Er war ein schrecklicher, alter Griesgram.“ oder „Er
war ein schrecklich alter Griesgram.“ = „schrecklicher“ und „alter“ sind hier gleichwertige Attribute
und müssen mit einem Komma getrennt werden. Bezieht sich das „schrecklicher“ jedoch auf
„alter“, dann muss man aus „schrecklicher“ ein „schrecklich“ machen und kann das Komma
weglassen.
Andere Beispiele: „Es war ein trüber, kalter Morgen.“ oder „Es war ein schrecklich
heruntergekommenes, baufälliges Gebäude.“
Und zu guter Letzt die Zeichensetzung bei der wörtlichen Rede. DER Fehler schlechthin. Auch der
Fehler, den ich immer gemacht habe, bevor ich meine erste Beta hatte.
Viele schreiben Folgendes:
–
„Das ist nicht fair.“, sagte er.
–
„So hab ich das nicht gemeint!“ Rief sie erschrocken.
–
„Kannst du mal damit aufhören?“, sie rollte genervt mit den Augen.
Richtig ist es so:
–
„Das ist nicht fair“, sagte er.
–
„So habe ich das nicht gemeint!“, rief sie erschrocken.
–
„Kannst du mal damit aufhören?“ Sie rollte genervt mit den Augen.
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Erläuterung: Endet die wörtliche Rede mit einem Punkt, aber man fügt „sagte er“, „rief sie“ etc.
hinten an, dann wird der Punkt in der wörtlichen Rede weggelassen, man setzt ein Komma hinter
die Anführungszeichen und schreibt klein weiter. Genau das ist auch der Fall im zweiten Beispiel: Es
folgt ein „rief sie“, also kommt hinter die Anführungszeichen ein Komma und es wird klein
weitergeschrieben (Frage- und Ausrufezeichen bleiben im Gegensatz zum Punkt stehen). Folgt
hinter der wörtlichen Rede kein „rief/sagte/flüsterte/murmelte/brüllte/whatever“, dann folgt kein
Komma und man schreibt groß weiter.
Zwei weitere Dinge:
–
„Das“, nuschelte er kleinlaut, „habe ich nicht gewusst. Tut mir leid.“
–
„Das ist nicht fair!“, rief er und ruderte aufgebracht mit den Armen, „Warum tust du mir
das an?“ oder
–
„Das ist nicht fair!“, rief er und ruderte aufgebracht mit den Armen. „Warum tust du mir
das an?“
Im ersten Beispiel wird der Satz unterbrochen → der Einschub wird mit Kommata abgetrennt und
die wörtliche Rede wird klein weiterschrieben. Im zweiten und dritten Beispiel haben wir denselben
Satz. Nach dem Einschub spricht dieselbe Person weiter, nachdem der erste Satz vollständig war.
Man kann den Einschub entweder mit zwei Kommata abtrennen oder aber nach dem Einschub
einen Punkt setzen. Der Punkt ist der häufigste Variante, aber man kann beides machen. Ich
verwende relativ häufig die Variante mit zwei Kommata, wenn ich verdeutlichen will, dass dieselbe
Person noch weiterspricht und nicht der oder einer der Gesprächspartner.
Kommen wir zum nächsten Thema. Absätze.
Ich finde das wirklich interessant. Es gibt Menschen, die in ihren Fanfictions absolut keine Absätze
verwenden. Dann gibt es welchen, die nach gefühlt jedem zweiten oder dritten Satz einen Absatz
machen (damit die Absätze alle in etwa gleich lang sind) und welche, die vielleicht in einem Kapitel
drei große Absätze haben.
Ich gestehe, ich setze sie meist nach Gefühl. Mir wurde auch schon mal gesagt, dass ich zu viele
Absätze mache, dabei mache ich (rein von der Logik her) sogar hier und da zu wenige.
Denn es gibt tatsächlich auch (lockere?) Regelungen für Absätze.
In der Regel ist ein Absatz ein Sinnabschnitt. Die Sätze stehen alle in einem logischen
Zusammenhang, behandeln ein Thema, einen Gedankengang etc. Nun gut. Das ganze Kapitel, ja
die ganze Geschichte, steht in einem Sinnzusammenhang, oder? Warum dann also Absätze setzen?
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How to write Fanfiction
Maya88
Grundsätzlich gilt, dass in folgenden Fällen ein Absatz gesetzt wird:
–
der Handlungsort ändert sich (Schule, Zuhause, Straße etc.)
–
die Zeit ändert sich (nächster Tag, eine Stunde später etc.)
–
die Perspektive ändert sich (die hier oft einfach mit POV eingeleitet wird)
–
das Thema ändert sich (gerade hat Person A noch über das eine Problem nachgedacht, jetzt
über ein anderes)
Aber auch wenn:
–
man von der Beschreibung zur Handlung oder zum Dialog wechselt
Ich habe mal gelesen, dass eigentlich immer ein Absatz erfolgt, wenn jemand beginnt zu sprechen.
Nehmt euch einen Roman zur Hand und ihr seht, was ich meine. Die Seiten mit Dialog sind schnell
zu erkennen, weil alle paar Zeilen/Sätze ein Absatz bzw. ein Einzug kommt.
Wenn ich mich an diese Regeln halten würde, dann hätten meine Geschichten noch mehr Absätze.
Aber im Normalfall setze ich meine Absätze halt nach Gefühl, meist wenn ich das Thema wechsle
oder von einer Beschreibung zur Handlung übergehe und solche Dinge.
Grundsätzlich sollen Absätze Struktur in den Fließtext bringen und das Lesen des Textes
vereinfachen. Wenn man einen dicken Blocksatz vor sich hat, dann kann die Geschichte noch so
gut sein → nach einer Weile nervt es, die Konzentration lässt nach und man kann scheinbar
nirgends kurz stoppen, weil man dann die Stelle nicht mehr wiederfindet, an der man aufgehört
hat zu lesen.
Also: Bitte Absätze setzen!
Was mich zum nächsten Punkt bringt: Der richtigen Balance.
Ich kann an dieser Stelle keine Formel nennen a la: 40% Beschreibung, 25% Erklärung, 25%
Handlung und 10% Dialog. Das klappt so nicht. Es kommt auf die Geschichte und auch den
persönlichen Schreibstil an.
So kommt es bei mir durchaus vor, dass ich mal Kapitel mit relativ viel Dialog und Handlung habe
und dann wieder Kapitel, in denen eher die Erklärungen und auch Beschreibungen dominieren und
so gut wie kein Dialog stattfindet.
Die richtiger Balance zu finden ist schwierig.
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How to write Fanfiction
Maya88
Ich habe einiges an Ratgebern, Romanen und Fanfictions gelesen und kann sagen: Jeder handhabt
das anders. In einem Ratgeber heißt es, dass man am besten so wenig Beschreibungen und
Erklärungen haben sollte wie möglich und im nächsten heißt es dann wieder, dass man
Erklärungen am besten ganz weglassen und alles in Handlung und Dialog einfließen lassen soll.
Es gibt Autoren, die viel Wert auf Details und Beschreibungen legen, andere setzen ihren Fokus auf
einen guten Dialog. Gerade in Fantasy-Romanen (die ich kaum lese), habe ich das Gefühl, dass
manchmal seitenlang nur beschrieben und erklärt wird, weil man die Welt, in der der Protagonist
sich befindet, dem Leser nahegebracht werden muss. Das mag stimmen, aber alles in Maßen.
Selbst bei guten Geschichten und Autoren neigt man an diesen Stellen dazu, das Buch aus der
Hand zu legen und eine Pause zu machen, weil es selten fesselt und schnell langatmig wird.
Ich persönlich versuche Erklärungen im Text zu vermeiden, aber man kommt auch nicht ohne aus.
Beschreibungen versuche ich knapp zu halten, es sei denn die Situation erfordert etwas anderes
(als Jin in „Danger“ z.B. das Büro seines ehemaligen Chefs betritt, lass ich ihn den Raum kurz
begutachten und in Erinnerung schwelgen – aber ich halte es dennoch kurz; als Jinyoung im Büro
seines Chefs sitzt, beschreibe ich den Raum gar nicht und konzentriere mich auf die Personen und
das Gespräch). Dialog und Handlung liegen bei mir immer in etwa gleich auf, weil ich beides
miteinander zu verbinden versuche. Ob es mir gelingt, ist wieder ein anderes Thema.
Auch ist es wohl eine Frage des Geschmacks. Es gibt Menschen, die durchaus gerne lange
Beschreibungen der Umgebung und Ähnliches lesen, weil sie sich das dann genau vorstellen.
Andere wiederum wollen bestimmte Dinge lieber ihrer Fantasie überlassen und gar nicht so genau
wissen wie etwas aussieht.
Die meisten Autoren entwickeln mit der Zeit einen eigenen Schreibstil und finden ihre eigene
Balance, aber selbst hier kann es je nach Geschichte und Thema mal schwanken.
Mit dem Stil ist auch häufig das Tempo der Geschichte verbunden.
Hier gibt es vor allem drei Dinge, die einen Leser ärgern:
–
die Handlung kommt bereits in den ersten zwei Kapiteln in Schwung und danach ist die Luft
raus
–
die Handlung kommt nach fünf oder mehr Kapiteln noch immer nicht in Fahrt und man
weiß eigentlich gar nicht worum es geht
–
die Handlung kommt in gutem Tempo in Schwung und dann folgt ein „Loch“ (mehrere
„Füllkapitel“), ehe endlich das herbeigesehnte Ende kommt
Das richtige Tempo zu finden ist nicht einfach und ist auch von der Länge und Komplexität der
Geschichte abhängig. Zu diesem Thema (Anfang, Mitte, Ende) habe ich bereits in >Lesson 02:
Plotoutline< kurz etwas gesagt.
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Maya88
In der Regel braucht man einige Seiten bzw. Kapitel, um den Leser über die Situation aufzuklären.
Wo befinden wir uns, wer sind die Hauptfiguren, zu welcher Zeit spielt die Geschichte, was ist der
Konflikt etc. Je komplexer die Story, desto länger kann die Exposition sein. Kann, muss aber nicht.
Es ist für den Leser meist interessanter und auch angenehmer, wenn er nicht direkt zu Beginn der
Geschichte über alles aufgeklärt wird und erst im Laufe der Handlung bestimmte Dinge erklärt
werden.
In einem Schreibratgeber heißt es, dass in einem Roman die erste bzw. die ersten fünf Seiten
entscheidend sind. In der Bücherei oder im Geschäft schlägt der Leser das Buch auf, liest in die
erste Seite rein und entscheidet dann, ob er es wieder wegstellt oder mitnimmt. Ein Verleger liest
die ersten fünf Seiten, wenn ihn das Manuskript dann nicht „gepackt hat“, folgt in der Regel eine
Absage.
Im Fanfiction-Bereich – finde ich – sind wir Leser da in zwei Kategorien einzuteilen:
Die einen schließen das Fenster sofort, wenn sie nach einigen Absätzen nichts Interessantes an der
Geschichte finden, während die anderen großzügig sind und mehrere Kapitel lesen, bevor sie die
Geschichte aufgeben.
Ich bin ehrlich: Wenn mich die ersten zwei Kapitel nicht überzeugen (sei es nun vom Stil, der Story
oder den Charakteren her), dann lese ich nicht weiter. Wobei ich persönlich eher damit leben kann,
wenn die Handlung langsam in Gang kommt, als dass es bereits im ersten Kapitel voll zur Sache
geht.
Von daher ist es schwer, es jedem recht zu machen. Das geht eigentlich gar nicht. Das können auch
veröffentlichte Autoren mit ihren Romanen nicht. Entweder man mag den Schreibstil und die
Herangehensweise des Autors oder eben nicht. Ich selbst lasse meine Geschichten auch eher
langsam in Gang kommen, was wohl viele langweilt. Aber das ist nun mal mein Stil und könnte den
auch nicht einfach ändern.
Mit dem Tempo der Geschichte sind auch Dinge wie Zeitsprünge und Rückblenden verbunden.
Viele mögen keine Rückblenden und professionelle Autoren raten von Rückblenden ab oder
empfehlen, so wenige wie möglich einzubauen.
In Fanfictions, gerade in langen und komplexen Geschichten, finden sich hingegen häufig
Rückblenden und ich mag die ganz gern lesen, sofern sie den Lesefluss nicht stören und alles
unnötig in die Länge ziehen. Also am besten nur Rückblenden schreiben, wenn in dieser etwas
Wichtiges erläutert wird, das man nicht einfach so in eine Erklärung oder einen Dialog einbauen
kann. Rückblenden können verdammt interessant sein, wenn sie dieses Kriterium erfüllen.
Zeitsprünge sind nur dann sinnvoll, wenn die Geschichte über mehrere Monate oder Jahre spielt.
In diesen Fällen jeden Tag oder jede Woche zu beschreiben ist keine gute Idee. Zeitsprünge kann
man darüber hinaus auch gut in kürzere Geschichten einbauen, ohne dass sie stören oder den
Lesefluss „unterbrechen“ wie Rückblenden.
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Maya88
In den meisten Fällen (nicht allen) ist es von Vorteil, wenn man den Plot gut durchdacht und die
wichtigsten Dinge bereits im Vorfeld in Szenen und Kapitel eingeteilt hat. Dadurch vermeidet man
„Löcher“ im Sinne von unnötigen „Füllkapiteln“ oder dass bereits nach zwei Kapiteln so gut wie
alles vorbei und die Luft raus ist.
Darüber sprach ich auch bereits in >Lesson 02: Plotoutline<. Die Anordnung der Szenen kann
entscheidend für das Tempo der Geschichte sein und für eine interessante Abwechslung zwischen
Handlung und Erklärungen sorgen. Auch hier ist eine gute Balance ein guter Kniff.
Wenn man z.B. ein Kapitel hat, in dem einiges erklärt werden soll, ist es immer gut, wenn in einer
weiteren Szene etwas Handlung folgt, damit der Leser nicht das Gefühl hat, dass in dem Kapitel
nichts passiert ist.
Hat man seine Geschichte erst einmal in die entsprechenden Szenen eingeteilt, kann man diese in
Kapitel aufteilen und schauen, wie man diese am besten sortiert, damit die Handlung nicht ins
Stocken gerät und es durchweg interessant bleibt. Eine gute Faustregel ist, dass man in einem
Kapitel 1-3 Szenen „abarbeitet“. Was über drei Szenen hinausgeht, ist meist zu viel – sei es nun zu
viel Personen oder zu viel Info oder zu viel Handlung, sodass hinterher im Kopf des Lesers Chaos
herrscht und er sich fragt, was nun Sinn und Zweck dieses speziellen Kapitels war.
Je nachdem was in den einzelnen Szenen passiert, welche Gewichtungen diese bekommen oder
wie komplex diese sind, desto länger können sie werden → so kann auch eine einzelne Szene ein
ganzes Kapitel füllen.
Hier kommt es natürlich aber auch darauf an, ob man dazu neigt lange oder kurze Kapitel zu
schreiben. Es gibt hier sehr viele Autoren auf FF.de, die Kapitel von „nur“ ca. 1200 Wörtern Länge
schreiben, während andere sich 2000 als Ziel setzen. Ich persönlich schreibe meist zwischen 3000
und 3500 Wörter pro Kapitel und versuche die Szenen gleich stark zu gewichten, aber das klappt
natürlich nicht immer, weil die Szenen unterschiedlich lang werden, je nachdem wie wichtig diese
sind. So kann es durchaus passieren, dass eine Szene um einiges länger wird, als vorerst gedacht
und ich an die 4000 Wörter komme, wenn ich beide geplante Szenen in dem Kapitel unterbringe.
Ich persönlich finde das nicht schlimm und lese selber auch lieber längere Kapitel als welche, die
nur 1000 Wörter haben (ich habe letztens tatsächlich eine Geschichte gesehen, in dem die Kapitel
nur zwischen 250 und 300 Wörter lang waren → achtet hier darauf, dass Kapitel auf FF.de eine
Mindestlänge von 100 Wörtern haben müssen!).
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Kommen wir zum letzten wichtigen Punkt. Die Wahl der richtigen Perspektive.
Erzählt man aus der Sicht einer der Hauptcharaktere? Eines unbeteiligten Beobachters? Einer
Nebenfigur? Oder schreibt man aus mehreren Perspektiven? Aus der ersten, zweiten oder dritten
Person?
Mir ist aufgefallen, dass gerade Schreibanfänger und Autoren von OC mit Hauptcharakter dazu
neigen, aus der ersten Person („Ich“) schreiben. Warum? Nun, das kann zwei Gründe haben: 1.
Weil es einfacher ist, so zu schreiben als würde man das selbst erleben (Gedanken, Gefühle) oder
2. Weil der OC im Grunde eine getarnte Self-Insert ist. Aber es kann natürlich auch andere Gründe
geben, das sind jetzt nur zwei, die häufig (nicht immer) eine Rolle spielen.
Veröffentlichte Roman-Autoren z.B. schreiben häufig in der ersten Person, um die Distanz zum
Leser so gering wie möglich zu halten und so die emotionale Anteilnahme zu maximieren.
Im Grunde hat jede Perspektive/Sicht seine Vor- und Nachteile. Und auch hier kommt es auf die
Geschichte an – aber auch auf den persönlichen Geschmack und das Können des Autors (ich z.B.
kann ums Verrecken nicht aus der ersten Person erzählen und lese auch lieber Geschichten, die in
der dritten Person geschrieben sind).
Man sollte sich vor dem Schreiben die Frage stellen, ob man die Geschichte aus dieser oder jener
Perspektive schreiben kann und/oder sollte. Wenn man z.B. aus der Sicht einer Person schreibt, die
kaum am Geschehen beteiligt ist, dann macht es wenig Sinn – oder es ist die Absicht des Autors,
den Leser lange im Ungewissen zu lassen und nur bestimmte Aspekte zu beleuchten, die man als
Außenstehender mitbekommt. Aber vielleicht sind so auch (häufige?) Perspektiv-Wechsel
notwendig, die dann stören könnten.
Was mir hier wichtig ist, ist Beständigkeit.
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Ich kann mit Perspektiv-Wechseln leben, aber dann bitte nicht mehr als fünf Personen und bitte
immer aus derselben Person geschrieben. Was ich hier mal gesehen habe, was mich irgendwie sehr
während des Lesens gestört hat, war so etwas hier:
~A POV~
(Text, 1. Person)
~B POV~
(Text, 1. Person)
~Erzähler~
(Text, 3. Person)
~B POV~
(Text, 1. Person)
~C POV~
(Text, 2. Person)
Da denkt man sich irgendwann einfach nur noch: WTF!? So ging es mir zumindest. Meiner
Meinung nach, kann man eine Geschichte ruhig aus Sicht der 1. Person schreiben und zwischen
den beiden (oder drei) Hauptcharakteren wechseln → aber dazwischen dann auch noch einen
Erzähler in der 3. Person einzubauen oder noch einen Nebencharakter, bei dem plötzlich die 2.
Person verwendet wird, ist einfach zu viel des Guten.
Ich finde sowieso die Wahl des „Du“ in einer Fanfiction gewöhnungsbedürftig. Meist findet diese
Person auch nur Verwendung in sogenannten „Reader-FFs“ (meist gekennzeichnet durch
„IdolxReader“ oder „IdolxDu“ in der Kurzbeschreibung), während die „Ich“-Perspektive sowohl aus
der Sicht eines Idols, eines OCs, des Erzählers, der Haupt- oder Nebenfigur erzählen kann – ebenso
wie die dritte Person („Er/Sie“).
Wenn einem eine bestimmte Perspektive liegt und die gut drauf hat, dann empfehle ich an dieser
Stelle nicht, diese nun unbedingt zu wechseln, weil ich sie persönlich nicht mag XD
Aber man sollte schon darauf achten, dass die Wahl auf eine Perspektive fällt, die der Geschichte
zuträglich ist und diese unterstützt und die Handlung gut wiedergibt, ohne dass man (zu) häufig
wechseln muss. Perspektiv-Wechsel können interessant sein, aber man sollte hierbei versuchen in
derselben Person zu schreiben und diese nicht auch noch ständig zu wechseln – das verwirrt und
ärgert schnell.
So viel zum „Grundwissen“ des Schreibens ;D
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Was nun?
Wir kennen unsere Handlung, die Charaktere und wissen (bestenfalls) was und wie wir schreiben
möchten – und trotzdem starren wir auf ein leeres Blatt Papier und kriegen kein einziges Wort
getippt.
Schreibblockade.
Der erste Satz klingt immer scheiße, egal wie oft man ihn schreibt. Die Szene klingt gestelzt und
abgehackt. Das Kapitel klingt wie eine Anleitung zum Brötchen backen. Jedes Wort wird zur Qual.
Man schreibt einen Satz und löscht ihn sofort wieder und nach einem Tag hat man erneut ein
leeres Blatt vor sich.
Urgh.
Schreibblockaden sind mit das Schlimmste, was einem (Hobby-)Autor passieren kann. Leide ich
jetzt auch gerade wieder drunter... Wenn ich ein neues Kapitel oder eine neue Szene beginne,
schlägt die Schreibblockade bei mir am häufigsten zu. Warum? Dieser verdammte erste Satz.
Der erste Satz oder auch der erste Absatz ist immer schwierig. Und wenn ich den schon scheiße
finde, was sollen dann erst die Leser denken? Wenn ich mir meine ersten Sätze ansehe, dann sind
die nicht besonders – deswegen gebe ich mir meist die ersten zwei bis drei Sätze. Wenn danach
noch immer alles einfach Banane ist, verliere ich die Nerven und höre auf zu schreiben. Und dann
komme ich nicht weiter. Manchmal sehr lange.
Wenn ich den ersten Satz geschafft habe, dann läuft es erst einmal ganz gut. Bis ich zu einer Stelle
komme, die ich unbedingt schreiben wollte – und jetzt fällt mir nicht ein, wie ich das schreiben
kann.
Erkennt ihr das Problem?
→ zu hohe Ansprüche
Manchmal hilft einfach alles nichts und ich muss eine Geschichte einige Tagen oder Wochen liegen
lassen, ehe ich mit der nötigen Geduld und „Gleichgültigkeit“ wieder herangehen und schreiben
kann.
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Maya88
Was ich absolut nicht empfehlen kann, ist auf Zwang zu schreiben. Ich hatte mir mal den Plan
zurecht gelegt, dass ich alle zwei Wochen ein Kapitel hochladen möchte. Klappte erst ganz gut, bis
das richtige Leben dazwischen funkte. Und wenn ich dann gerade Zeit hatte und mich zwang zu
schreiben, klang einfach alles murks.
Professionelle Autoren müssen mit Deadlines leben und haben in den meisten Fällen einen
Schreibplan, eine Routine, eine bestimmte Zeit und/oder einen bestimmten Ort, zu/an dem sie
schreiben. Meist nehmen sie sich vor an einem Tag zwischen 3000 und 5000 Wörter zu schreiben,
erst einmal egal, ob es gut oder schlecht ist. Hauptsache man schreibt. Aussortieren und
bearbeiten kann man später immer noch.
Ich habe keine Deadline, die mir im Nacken sitzt. Außer meiner eigenen.
Also was tun, wenn man nicht weiterkommt?
Ich lass die Geschichte liegen.
Einige Tage, manchmal auch zwei Wochen. In der Zwischenzeit bin ich entweder am Lesen oder
aber ich schreibe andere Dinge – irgendwelche. Seien es nun Anfänge anderer
Geschichten/Projekte, irgendwelche Szenen, die mir im Kopf herumschwirren, Dinge, die
überhaupt nichts mit Fanfictions zu tun haben...
Meist komme ich dann wieder in meinen „Schreibfluss“ und kann bald daraufhin an der
eigentlichen Geschichte weiterschreiben.
Ein Trick, den ich mal probiert habe:
Bevor man aufhört zu schreiben (bevor man ins Bett geht, whatever), einen angefangenen Satz
stehen lassen. Nicht zu ende schreiben → so hat man am nächsten Tag einen Punkt zum
Anknüpfen.
Meine Erfahrung: Es hat mich wahnsinnig gemacht!
Ich bin abends ins Bett gegangen und meine Gedanken kreisten um diesen einen beschissenen,
abgebrochenen Satz! Ich konnte nicht schlafen. Ich bin wieder aufgestanden, habe den Computer
hochgefahren, den Satz zu ende geschrieben und habe mich dann wieder hingelegt...
Bestimmt ist das ein guter Trick – wenn man es denn bis zum nächsten Tag durchhält.
Ich habe leider also auch keine Wunderheilung gegen Schreibblockaden. Ich versuche meist in der
Zeit, in der ich nicht weiterkomme, viel zu lesen oder an anderen Dingen zu schreiben, um mich
„zu triggern“. Aber das funktioniert auch nicht immer und kann schon mal länger dauern.
Wenn ich dann versuche auf Zwang an der Geschichte weiterzuschreiben, dann endet alles in einer
Katastrophe und ich habe hinterher bei der Überarbeitung mehr Arbeit als sonst – weil ich dann
meist alles komplett neu schreibe...
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Und somit kommen wir zum nächsten Thema: Der Korrektur.
Selbst wenn ich noch einige Male über den Text drüber lese, ehe ich ihn veröffentliche, entdecke
ich immer wieder Fehler. Tippfehler, Flüchtigkeitsfehler, schlechte Formulierungen, Logikfehler,
Widersprüche etc. …
Worauf sollte man bei der Überarbeitung seiner Texte achten? Was ist ein Beta? Wie kann ein Beta
helfen?
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Maya88
8. Lesson 07: Korrektur
Sobald man seine Geschichte fertig geschrieben hat, liest man in der Regel noch einmal Korrektur.
Im Fanfiction-Bereich liest man für gewöhnlich nach dem Vollenden eines Kapitels drüber, da es
hier eher üblich ist eine Geschichte „in progress“ kapitelweise zu posten. Es kommt vor, dass
bereits abgeschlossene Geschichten hochgeladen werden, aber das ist eher selten und auch dann
folgen tendenziell regelmäßige Updates von einem bis drei Kapiteln.
Je nachdem welche Methode man wählt, unterscheidet sich meines Erachtens nach auch die
Korrekturweise. Man kann z.B. eher nach Löchern im Plot, Logikfehlern oder Widersprüchen
suchen, wenn die Geschichte bereits abgeschlossen ist. Das geht auch, wenn man erst ein paar
Kapitel hat, aber es kann sein, dass es einem dann noch nicht auffällt.
Was mich persönlich ärgert sind Updates, bei denen man das Gefühl hat, dass der Autor nach dem
Schreiben nicht noch einmal drüber gelesen hat. Tippfehler und Wortwiederholungen sind hier mit
am häufigsten zu finden und das ließe sich mit einem abschließenden, erneuten Lesen eigentlich
vermeiden.
Was mich noch mehr ärgert sind „lustige“ Kommentare im Vor- oder Nachwort wie: „Tipp- und
Rechtschreibfehler dürft ihr behalten :D !“ … (At this point I wanna scream: I don't want your
f*cking typos!)
Es gibt wirklich viele Dinge, die ein Autor selber korrigieren oder ausbessern kann, ohne einen
Beta-Leser zu haben. Ich sprach darüber bereits im letzten Kapitel: Selbst wenn man keine Ahnung
von der Rechtschreibung bestimmter Wörter hat oder eine Konjugation nicht weiß, so kann man
dies nachschlagen. Das ist kein großer Aufwand und es trägt bei mir zu einer gewissen
„Missstimmung“ bei, wenn ich so etwas sehe
(→ ebenso bin ich skeptisch, wenn es im Vorwort heißt, dass das Kapitel „doch noch heute Morgen
vor der Schule“/whatever fertig geworden ist.... die sind zu 99% NICHT Korrektur gelesen und
strotzen vor Fehlern...).
Aber fangen wir ganz vorne an.
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How to write Fanfiction
Maya88
Wenn man keinen Beta-Leser hat und an einer Geschichte schreibt, die man auch online postet
oder posten möchte, sollte man einen gewissen Anspruch an seinen eigenen Text haben, was die
Qualität betrifft.
Ich erinnere mich, dass ich einmal einen Autor (bzw. eine Autorin) im Review darauf aufmerksam
gemacht habe, dass so gut wie der ganze Text klein geschrieben war, Satzzeichen fehlten etc. Es
kam die pampige Antwort, dass ich es ja nicht lesen muss, wenn es mich stört → Das Kapitel
wurde am Handy geschrieben (!) und dafür wäre es doch ganz gut (!) geworden.
… Nehmen wir uns einen Moment Zeit, über diese Antwort nachzudenken.
Für mich hieß das übersetzt: „Ich, als Autor, lege keinen Wert darauf, ob mein Text ordentlich
geschrieben ist. Ich habe meine festen Leser/Fans, die mir zu jedem Kapitel >Quietschies< (dazu
mehr im Kapitel: >Lesson 09: Reviews<) schicken und sich nicht daran stören.“
Mag nicht so sein. Kam aber so rüber. Und das hat mich wirklich verdammt verärgert.
Ich weiß, dass viele mittlerweile am Handy Fanfictions lesen (ich gehöre nicht dazu) und scheinbar
nun auch am Handy schreiben und hochladen. Hab ich auch überhaupt nichts gegen. ABER auch
dann sollte man darauf achten, dass der Text lesbar und verständlich ist und nicht vor Fehlern
strotzt. Auch am Handy kann man Korrektur lesen. Sollte man auch. Gerade wenn man auf dem
Handy tippt passieren viele Flüchtigkeitsfehler. Für mich ist es einfach ein Zeichen von
Bequemlichkeit, wenn man das nicht tut. Und so etwas regt mich auf.
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Maya88
Wie beginnt man am besten damit seinen Text selber zu korrigieren, wenn man das Kapitel fertig
hat?
Der erste, logische Schritt wäre hier die automatische Rechtschreibprüfung, die Microsoft Word
oder Open Office bietet.
[Anmerkung: Mit anderen Schreibprogrammen bin ich leider nicht vertraut, ich entschuldige mich
dafür an dieser Stelle.]
Wenn man im Schreibprogramm „Automatisch prüfen“ eingestellt hat, wird im Dokument alles rot
unterschlängelt, was das Programm nicht kennt oder aber halt falsch geschrieben wurde – sei es
nun ein einfacher Tippfehler oder ein Rechtschreibfehler. Oder koreanische Namen, wenn man
diese nicht hinzugefügt hat.
Man sollte sich aber auch nicht zu sehr auf diese automatischen Rechtschreibprüfungen verlassen,
denn manchmal werden auch Wörter markiert, die es tatsächlich (laut Duden) gibt, aber das
Programm kennt es einfach nicht. Bei Unsicherheit auch hier besser selber nachschlagen oder zur
Not Google fragen. Auch habe ich schon gesehen, dass die Funktion „Rechtschreibung und
Grammatik“ (bei Open Office zu finden unter „Extras“) nicht immer völlig reibungslos funktioniert.
Ich habe das Gefühl, dass das Programm grundsätzlich Probleme mit langen/komplexen Sätzen hat
und dann bestimmte Zusammenhänge nicht erkennt. Vielleicht liegt es aber auch an mir :)
[Edit: Nein, ich habe mir das auch von anderen bestätigen lassen, dass sich hier Fehler
einschleichen – warum auch immer]
Wenn man die Rechtschreibprüfung abgeschlossen hat, empfehle ich NOCH EINMAL über den Text
zu lesen. In der Regel lese ich mindestens fünfmal über meine Kapitel, ehe ich sie poste – und dann
lese ich sie noch einmal online und finde fast immer noch ein oder zwei Fehler, die ich in Open
Office übersehen habe.
Woran liegt das?
Ich dachte erst, es läge an mir. Aber vor kurzem habe ich gelesen, dass es tatsächlich etwas
ausmacht, über welches Medium der Text gelesen wird. Als ich das erste Mal als Beta-Leser tätig
wurde, habe ich die Kapitel immer ausgedruckt und mit einem Bleistift oder Kugelschreiber drüber
gelesen und alles markiert, was mir aufgefallen ist. Auf Papier erkenne ich meist mehr. Auf diese
Weise kann man dann auch das ein oder andere am Rand notieren, sich Sätze unterstreichen, die
man vielleicht noch einmal umformulieren möchte, Wörter markieren, bei denen man sich
unsicher ist und man hat viel besser Wortwiederholungen im Blick, wenn man die Seite
ausgedruckt auf Papier vor sich liegen hat.
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Maya88
Das heißt im Klartext, dass ich (ich rede hier wirklich nur von mir) meist am Computer zwei oder
dreimal über den Text lese, dann vielleicht noch einmal über den Ausdruck gehe, dann noch
einmal am Computer lese und dann erst poste. Und anschließend lese ich online noch ein bis
zweimal drüber, weil ich dann tatsächlich immer noch Fehler finde.
Wie ihr merkt, lese ich also für gewöhnlich viel Korrektur XD
Ja, es ist zeitaufwendig. Manchmal dauert es genauso lange den Text zu korrigieren wie ihn zu
schreiben. Selten sogar noch länger. Aber es muss sein. Würde ich meine Texte auf die Menschheit
loslassen ohne noch einmal Korrektur gelesen zu haben- Nein. Den Gedanken führe ich nicht
weiter aus... ^^
Es geht auch nicht nur um Tippfehler, Wortwiederholungen und Rechtschreibfehler. Wenn man
nachher das Kapitel noch einmal am Stück liest, fallen einem Dinge auf, die man beim Schreiben
nicht bemerkt hat.
Seltsame Formulierungen, total umständliche Satzstrukturen... Mir ist es schon einmal passiert,
dass ich geschrieben habe, es wäre Nachmittag und zwei Absätze später war es auf einmal Abend
*hust*
So etwas passiert vor allem dann, wenn man während des Schreibens eine Pause macht.
Deswegen versuche ich normalerweise eine Szene am Stück zu schreiben, was zeitlich oder auch
von der Kreativität oder Motivation her nicht immer funktioniert, aber ich versuche es. Das hat
auch den Vorteil, dass man voll in dieser Szene und der Stimmung ist – wenn ich mitten in der
Szene abbreche, dann klingt es oft holprig und man sieht genau, wo ich einen Cut während des
Schreibens gemacht habe.
→ Auch solche Dinge bemerkt man in der Regel beim Korrekturlesen!
Ihr seht also, dass man schon einiges erreichen kann, wenn man nur selber über den eigenen Text
noch mal drüber geht, ehe man ihn online stellt.
Doch es gibt Dinge, die einem selber nicht auffallen. Sei es nun „Betriebsblindheit“ (→ man liest
den eigenen Text sooft, dass man auf einige Dinge einfach nicht mehr achtet oder man ist halt
seinen „Stil“ und seine Art zu Schreiben gewöhnt und „stumpft dagegen ab“), Müdigkeit oder
Unwissenheit.
→ Dann ist ein Beta ratsam.
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Maya88
Klären wir an dieser Stelle: Was ist ein Beta-Leser?
Die Funktion eines Beta-Lesers ist genau das: Das nochmalige (oder erstmalige) Durchlesen des
Textes, bevor er veröffentlicht wird. Oft fällt einer zweiten Person etwas auf, was wir übersehen.
Oder noch besser: Der Beta sieht komplett andere Dinge, die ihn irritieren, wie z.B. unklare
Formulierungen, die uns als Autor völlig verständlich sind.
Theoretisch kann ein Beta-Leser (oder eine Beta-Leserin) jeder sein. Theoretisch. Es kommt ganz
darauf an, was genau ihr von einem Beta-Leser verlangt. Ihr könntet also z.B. ein Familienmitglied
oder eine/n Freund/in fragen, ob er/sie über das Kapitel liest und ob ihm/ihr etwas Bestimmtes
auffällt. Allerdings ist es häufig so, dass die Familie nicht einmal weiß, dass man (Fanfictions)
schreibt und gerade wenn es sich um Slash-Arbeiten oder gar um expliziten smut handelt, ist es
wohl eher unangenehm, wenn die Mutter oder der Bruder oder wer auch immer das liest XD
(Ich schreibe seit... gut 13 Jahren und meine Familie hat bis vor kurzem noch nie etwas davon
gelesen → bis meine Mutter auf einmal meinte, sie wolle gerne etwas davon sehen. Ich habe ihr
die ersten 3 (?) Kapitel von Danger gegeben und bin rot wie eine Tomate geworden, als sie die
(zum Glück kurze und sehr un-smut-ige) Sexszene zwischen Yongguk und Namjoon gelesen hat
XDD)
Ich persönlich finde es von Vorteil, wenn andere Autoren über den Text drüber lesen. Oder auch
Menschen, die selber nicht schreiben, aber viel lesen – die haben in der Regel ein Gefühl für einen
ordentlichen Textfluss entwickelt und sind kritischer, wenn das Lesevergnügen durch Fehler,
schlechte Formulierungen, Unklarheiten oder lange, umständliche Sätze ins Stocken gerät.
Auf den meisten Seiten, die sich mit dem Schreiben (seien es nun Fanfictions oder OriginalArbeiten) befassen, findet sich auch ein Forum zum Austausch. Hier auf FF.de gibt es die
Möglichkeit unter „Forum“ → „Allgemeines“ → „Betaleserbörse“ → „Betaleser-Sammelthread“
einen Beta-Leser zu finden, wenn man niemanden im Bekanntenkreis kennt, der für diese Aufgabe
geeignet ist.
Es kann schwierig sein einen Beta zu finden. Das letzte Mal, als ich nachgesehen hab (ist schon ein
bisschen her), waren nur zwei oder drei Leute da (auf über 20 Seiten Thread), die unter „Fandoms“
auch KPop angeboten haben (liegt vielleicht auch daran, dass viele Autoren in diesem Fandom
noch recht jung sind und selbst kaum Schreiberfahrung haben)...
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How to write Fanfiction
Maya88
Aber es gibt auch einige Beta-Leser, die angeben, dass sie auch in anderen Fandoms ihre Dienste
anbieten können, wenn es sich nur um die Korrektur von Rechtschreibung, Grammatik,
Zeichensetzung, Stil, Satzstrukturen etc. handelt und kein Wissen über die Charaktere oder die
Welt vorhanden sein muss. Wer auf OoC oder Logikfehler hingewiesen werden möchte, sollte da
dann lieber einen Freund fragen, der sich in dem Fandom auskennt – oder auf die Reviews warten
(wobei auch die nicht immer aufschlussreich sind → auch hier wieder mehr in >Lesson 09:
Reviews<).
Ich selbst habe bisher erst zwei Beta-Dienste übernommen (bzw. an einem Text arbeite ich gerade
[immer] noch... *hust*) und streiche grundsätzlich ALLES an, was mir auffällt. Ich beschränke mich
nicht nur auf Rechtschreibung und Grammatik, weswegen meine Korrekturen auch relativ lange
dauern, weil ich zu fast jedem Fehler auch noch eine Erklärung schreibe oder versuche Vorschläge
zur Verbesserung zu liefern (wenn ich z.B. einen Satz missverständlich oder eine Formulierung
unglücklich finde).
Auch hier scheint es Unterschiede zu geben.
Ich habe schon von Betas gehört, die „stumpf“ den Text lesen und in bereits korrigierter Form an
den Autor zurückschicken – ohne die Fehler anzustreichen oder zu erklären, sie verbessern einfach
und schicken den Text zurück. Und dann gibt es Betas (zu dieser Sorte gehörten zum Glück meine
beiden Damen ^^), die sich die Zeit nehmen und sich mit dem Autor gemeinsam das Kapitel
ansehen und bestimmte Dinge besprechen, auf die Fehler hinweisen und genau erklären, warum
das so ist
→ auf diese Weise kann der Autor am besten vermeiden, diese Fehler zu wiederholen!
Was ich an dieser Stelle noch zum Ausdruck bringen möchte: Beta-Leser tun dies in ihrer (oftmals
beschränkten) Freizeit und erhalten kein Entgelt wie ein professioneller Lektor! Deswegen sollte
man auf jeden Fall dankbar sein, wenn sich jemand die Zeit nimmt, um den Text zu korrigieren.
→ ABER das heißt NICHT, dass alle Beta-Leser gut sind und immer Recht haben.
Was ich damit sagen will ist Folgendes. Gerade im KPop-Bereich ist es mir in den letzten Wochen
oder Monaten aufgefallen, dass in den Reviews Beta-Dienste angeboten werden. Erst einmal:
Klasse! Beta-Lesen ist eine Menge Arbeit und wer sich freiwillig meldet, verdient schon mal
Respekt und Dankbarkeit.
Aber man sollte nicht sofort zusagen und rufen: „Halleluja, endlich habe ich jemanden gefunden!“.
Denn ich bin doch sehr skeptisch, wenn das Angebot zum Beta-Lesen selber vor Fehlern
strotzt........
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How to write Fanfiction
Maya88
Ich möchte jetzt kein Review hier zitieren, um den- oder diejenigen nicht persönlich anzugreifen,
aber ich gebe mal eben ein improvisiertes Beispiel eines solchen Reviews:
>Hallo! Die Idee ist schonmal Klasse :) Leider haben sich einige fehler eingeschlicehn und Ich würde
dir anbieten, für dich korrekturzulesen :) Die Geschichte hat potential und ich finde es Schade, das
sie sowenige Leser und Reviews hat! Kannst dich ja bei Mir meldne :)<
…. Wenn man ein solches Review bekommt, sollte man das Angebot mit... Vorsicht genießen. Es ist
definitiv nett gemeint und die Person möchte wahrscheinlich wirklich helfen, doch in diesem
kreierten Review (was dem Original sehr nahe kommt) haben sich selbst offensichtliche Fehler
eingeschlichen. Bevor man auf das Review antwortet und ggf. auf das Angebot eingeht, sollte man
einige Dinge überprüfen:
1. Hat der Review-Schreiber selber Geschichten veröffentlicht und wenn ja, wie sind diese
geschrieben? Kann ich vielleicht selber (auch wenn ich Probleme habe) Fehler entdecken?
2. Hat der Review-Schreiber schon einmal Beta-Dienste angeboten und ist eines dieser Werke
veröffentlicht? Wenn ich da drüber lese, sind die Texte dann „fehlerfrei“ oder sind noch immer
offensichtliche Tippfehler vorhanden?
3. Hat der Review-Schreiber dieses Review auch unter andere Geschichten gesetzt und wenn ja,
waren dort dieselben Fehler wie im eigenen Review enthalten? Oder hat sich der Review-Schreiber
vielleicht einfach nur dummerweise vertippt, weil er in Eile war?
In erster Linie ist es lobenswert, wenn man sich als Beta-Leser zur Verfügung stellt. Aber man sollte
sich auch vorher darüber im Klaren sein, dass man
1. selber die deutsche Sprache annähernd beherrschen muss,
2. zum Teil eine Menge Zeit investieren muss und das nicht „mal eben einfach so nebenbei“ zu
machen ist und
3. man dazu in der Lage sein sollte, Fehler nicht nur zu erkennen, sondern auch verständlich dem
Autoren zu erklären, was genau falsch ist und wie es richtig heißen muss.
Andernfalls macht das – meiner Meinung nach – nicht viel Sinn.
Hat man einen Beta-Leser gefunden, der gut mit einem zusammenarbeitet, Fehler entdeckt und
korrigiert, Unklarheiten gut erklären kann etc., dann hat man wirklich einen Glücksgriff gelandet :)
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How to write Fanfiction
Maya88
Was aber bei der Zusammenarbeit von Autor und Beta-Leser wichtig zu beachten ist: Man muss
nicht alles umsetzen, was der Beta-Leser vorschlägt. Nur weil der Beta-Leser ein Wort unpassend
findet oder eine Formulierung nicht mag und eine andere vorschlägt, muss man das noch lange
nicht tun. Andererseits sollte man schon auf den Beta-Leser hören, wenn es um ganz sachliche
Dinge geht. Warum einen Beta-Leser beschäftigen und ihm die „Zeit stehlen“, wenn man hinterher
doch nicht auf ihn hört und den Text beinahe in seiner Ursprungsfassung (mit Fehlern!) hochlädt?
Das ist nicht Sinn und Zweck der Sache und frustriert beide Parteien.
Na gut, eher den Beta-Leser.
Wer selber noch keinen Beta-Dienst übernommen hat, kann das vielleicht nicht nachvollziehen,
aber wenn man zum Teil STUNDEN an einem Kapitel sitzt, um die Fehler zu korrigieren und alles
verständlich für den Autoren auseinander zu klamüsern und ihm alles haarklein zu erklären – und
dann sieht man im Endeffekt, dass so gut wie NICHTS umgesetzt wurde... Dann fühlt man sich
einfach verarscht. Man hat immerhin viel Zeit und Mühe in seiner Freizeit investiert. Da kann man
genauso gut auch mit der Wand reden...
(→ ist mir zum Glück noch nicht passiert)
Am besten ist es einfach, wenn Autor und Beta-Leser eine gute (Arbeits-)Chemie haben und
aufeinander eingehen. Beide arbeiten freiwillig miteinander, der eine, um zu helfen und der
andere, um zu lernen und sich zu verbessern. Da sollte man in der Lage sein, über Unklarheiten im
Text zu sprechen.
So viel zum Beta-Leser.
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How to write Fanfiction
Maya88
Einige Dinge, die abschließende Korrektur einer kompletten Geschichte betreffend, lassen sich jetzt
nicht „kurz und knapp“ zusammenfassen. Aber ich versuche noch ein paar Sachen an dieser Stelle
zu erwähnen, die ich als wichtig erachte.
Da wäre zum einen der Plot.
Wie bereits zu Anfang erwähnt, kann man Korrekturen am Plot (meist) besser ganz zum Schluss
vornehmen. So kann es sein, dass man während des kapitelweisen Uploads keine Ungereimtheiten
entdeckt, aber später, wenn man alles im Zusammenhang noch einmal liest, springen sie einem
regelrecht ins Auge. Dann fragt man sich: Was ist aus dem-und-dem geworden? Was ist an dieser
Stelle passiert? Warum ist dies-und-jenes gewesen? Man stellt fest, dass man hier und da vielleicht
Szenen nicht sinnig miteinander verknüpft hat, Dinge ungeklärt geblieben sind, einige Aktionen und
Dialoge keinen Sinn ergeben etc. Man hat auf einmal ein großes ? über dem Kopf und vielleicht ist
man nach dem Lesen auch „unbefriedigt“, weil „etwas fehlt“.
Die Charaktere sind ein weiterer wichtiger Punkt.
Ich habe mich über die Darstellung der Charaktere schon genug ausgelassen, aber an dieser Stelle
muss ich sie noch einmal erwähnen. Wenn man sein Gesamtwerk betrachtet und die Figuren von
Anfang bis Ende erneut „begleitet“ hat, dann fallen einem solche Sachen wie mangelnde
Charakterentwicklung, sprunghaftes/irrationales Verhalten oder die „Künstlichkeit“ von
Charakteren auf. Schreibt und updatet man kapitelweise OHNE zuvor noch einmal die vorigen
(oder auch nur das letzte) Kapitel gelesen zu haben, passiert das schnell. In Kapitel 6 ist Person A
noch gut gelaunt, immer optimistisch und in Kapitel 8 plötzlich griesgrämig und in Kapitel 13 dann
auf einmal wieder fröhlich und munter – oder wieder etwas ganz anderes. Und das alles ohne
Erklärung. Man ist verwirrt.
Verbunden mit dem Plot und den Charakteren sind auch die einzelnen Szenen und Kapitel.
Erst wenn die Geschichte abgeschlossen ist und man anschließend alles durchliest, stellt man
vielleicht fest, dass es einige überflüssige Szenen gibt, die man genauso gut auch streichen könnte.
Oder die Rückblende an Stelle x würde besser an die Stelle y passen. Vielleicht sollte ich den Prolog
raus nehmen und die Geschichte gleich mit Kapitel 1 starten? Oder ich tausche Kapitel 3 mit
Kapitel 7? Das hat viel mit dem Tempo und der Balance der Geschichte zu tun, die ich in >Lesson
06: Schreiben< erwähnt habe. Alles was den Lesefluss und die Entwicklung des Plots arg verzögert,
sollte im Nachhinein noch einmal überdacht werden. Die Anordnung der Szenen und Kapitel macht
eine Menge aus und sollte unbedingt später oder auch öfters während des Schreibens überprüft
werden!
Am Ende von „How to write Fanfiction“ werde ich noch einige kurze Checklisten anfügen, an
denen ihr euch vielleicht orientieren könnt, wenn ihr euren fertigen Text Korrektur lest. Oder auch
einen unfertigen.
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How to write Fanfiction
Maya88
Meine Arbeitsweise:
Ehe ich das nächste Kapitel einer Geschichte schreibe, lese ich mir meist noch einmal durch, was
ich zuvor alles geschrieben habe. Manchmal auch nur die Kapitel oder Szenen, in denen der
Charakter vorkam, der nun im aktuellen Kapitel wieder vorkommt. Wenn ich also bei „Danger“
weiterschreibe und in der Szene kommt... z.B. Taehyung vor, dann lese ich mir die Szenen durch, in
denen er zuletzt vorkam, damit ich da relativ nahtlos dran anknüpfen kann und frisch in Gedanken
habe, was ihm bereits passiert ist.
So versuche ich Ungereimtheiten während des Schreibens zu vermeiden. Ob mir das schlussendlich
gelungen ist, werde ich wohl erst wissen, wenn die Geschichte abgeschlossen ist und ich noch
einmal alles am Stück gelesen habe.
Man sollte auf jeden Fall keine Angst vor der Korrektur haben.
Ich habe schon in Vor- oder Nachworten oder Reviews, Blogeinträgen etc. gelesen, dass viele sich
davor scheuen, nach dem Schreiben noch einmal drüber zu lesen, weil sie dann dazu neigen alles
wieder zu löschen oder komplett umzuschreiben. Ich habe zu dem Thema unterhaltsame
Geschichten gelesen, bei denen sich die Autoren schlussendlich die Haare rauften, weil sie nicht
fassen konnten, dass sie SO etwas tatsächlich geschrieben haben XD
Da ist aber absolut nichts Schlimmes dran. Mir fällt leider gerade der Autor nicht ein, der sagte:
„The first draft is always crap.“ ^^ Irgendwie ist da schon was Wahres dran. Man kann auch zu viel
überarbeiten, aber in 9/10 Fällen ist die zweite Version des Textes um Längen besser ;)
Das wirklich Schwierige ist einfach, dass man oft Probleme damit hat, mit sich selbst kritisch zu
sein und zuzugeben: „Ja, diese Szene ist einfach scheiße.“. Man hängt an seinem Text und möchte
erst einmal ungern daran herumwerkeln oder gar ganze Absätze und Szenen streichen! Auch mir
ist es natürlich schon untergekommen, dass ich Szenen geschrieben habe, die für die Handlung
einfach unnötig waren, die ich aber ungern streichen wollte → das ist mir bei „Pretty Young
Things“ laufend passiert. Ich habe die Szenen dann aber schlussendlich doch aus der Geschichte
gelöscht, sie aber in einem separaten Dokument/Ordner abgespeichert. Ich habe schließlich Zeit
und Mühe in die Szenen gesteckt und vielleicht kann ich sie später noch einmal brauchen – für eine
Fortsetzung, eine Side-Story, ein kurzes Extra wie z.B. einen One Shot... ?
Selbst wenn ich die Szenen nie wieder verwende: Was solls? Dann behalte ich sie einfach für mich.
Man sollte also keine Angst davor haben ggf. eine Geschichte komplett umzustrukturieren,
Charaktere zu entfernen, Szenen und Kapitel zu streichen oder bestimmte Szenen noch einmal neu
zu schreiben :)
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How to write Fanfiction
Maya88
Und das war es eigentlich an dieser Stelle von mir.
Offiziell war dies als letztes Kapitel meines „How to...“ geplant, aber jetzt im Nachhinein sind noch
die beiden Extra-Kapitel >Lesson 08: smut< und >Lesson 09: Reviews< hinzugekommen.
Außerdem wollte ich ja noch ein Kapitel mit Büchern und Links zur Verfügung stellen und einige
(kurze) Checklisten.
In unserer nächsten Lesson geht es also um smut – macht euch auf was gefasst :D !
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How to write Fanfiction
Maya88
9. Lesson 08: smut [extra]
Okay. Kommen wir zu unserem ersten Extra-Kapitel von „How to write Fanfiction“ und machen uns
richtig schmutzig: Reden wir über smut. … :)
Klären wir zuerst einmal, was genau „smut“ ist.
Da ich jetzt nur englische Definitionen zur Hand habe, werde ich das mal relativ frei erklären: Der
Begriff „smut“ wird im Grunde dann gebraucht, wenn in Fanarts oder Fanfictions explizite sexuelle
Handlungen dargestellt werden oder aber die Erotik im Vordergrund steht. In einer Definition heißt
es sogar, dass „smut“ im Gegensatz zu „porn“ an weibliche Leser adressiert wäre, weil in der Regel
neben expliziten Darstellungen von Sex ein ausgefeilter Plot, Romantik und andere Dinge in der
Geschichte vorkommen, die eher Frauen ansprechen.
Über die Definitionen lässt sich streiten. In den meisten smut-Fanfictions, die ich gelesen haben,
war meist nicht wirklich Plot vorhanden. Aber dann wird die Geschichte auch (normalerweise) als
PWP markiert → „Porn without Plot“. Erfreut sich auch großer Beliebtheit (Ihr kleinen
Schweinchen ;D).
WICHTIG: Auch wenn viiiiele, viele, viele Menschen das gerne ignorieren: PWPs sind auf FF.de
VERBOTEN und werden in der Regel gesperrt, mit der Aufforderung an den Autor, die Geschichte
so zu bearbeiten, dass ein Plot erkennbar ist, der auch ohne den Sex-Part funktioniert.
… Leute ehrlich. Lest einfach die Regeln, haltet euch dran und erspart mir/uns und den Operatoren
die Nerven und Mühe. Wenn ihr unbedingt PWPs schreiben und hochladen wollt, dann müsst ihr
das auf einer anderen Plattform tun → auf Animexx z.B. sind PWPs erlaubt, dort aber
entsprechend gesichert, sodass nur angemeldete, volljährige User Zugriff dazu haben.
Nun, ich verstehe natürlich das Problem: Ein Großteil der Autoren und Leser von PWPs sind
Teenies *hust* Hormone *hust* und die haben natürlich dann keinen Zugang zu diesen
Geschichten.
Sorry, Mädels – ich musste auch warten, bis ich 18 war, ehe ich die Freuden der PWPs legal für
mich entdecken durfte ;)
Aber weiter im Text.
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How to write Fanfiction
Maya88
Ich persönlich unterteile für mich „smut“ in 3 Stadien oder Kategorien. Wer des Englischen mächtig
ist weiß, dass „smut“ auf Deutsch so viel heißt wie: „Schmutz“, „schmutzig“, Schweinkram“,
„beschmutzen“, „Dreck“, „Pornographie“ etc. Und das trifft manchmal nicht wirklich zu.
1. Stadium ist für mich eine harmlose, kleine Sexszene. Häufig wenig detailliert, keine Begriffe
wie „Schwanz“, kein exzessives Gestöhne und Gerammel, kein Dirty Talk und häufig auch
„Erste-Mal-Sex“, der recht authentisch geschrieben ist und vielleicht den Leser sogar ein
wenig zum Schmunzeln oder Lachen bringt, weil es nicht perfekt und peinlich ist. Das hat
für mich absolut nichts Schmutziges an sich und verdient das Label „smut“ nicht wirklich
(meiner Meinung nach).
2. Stadium ist schon detaillierter, die sexuelle Handlung wird sehr explizit beschrieben, es
fallen auch schon mal vulgäre Ausdrücke und die Erregung der handelnden Personen und
die Leidenschaft und Hitze der Situation steht im Vordergrund. Diese Sexszene dient mehr
oder weniger wirklich der Unterhaltung und dem „Spaß an Sex“, kann mehrere Absätze
oder Seiten lang sein und findet sich wohl mit am häufigsten im Fanfiction-Bereich. Ja, das
ist smut. Ob nun mit Plot oder ohne.
3. Stadium ist... Hardcore. Hier geht es richtig zur Sache und der sexuelle Akt wird minutiös
zelebriert, in alle Einzelheiten zerlegt und es ist wirklich schmutzig. Echter Schweinkram. Die
Sprache kann sehr vulgär sein, Aufforderungen wie „Fick mich“ fallen gern und oft und der
Inhalt ist oft ziemlich kinky. Threesomes oder Foursomes (oder Gangbangs, die dann z.B.
bei BTS mit OT7 oder EXO mit OT12 gekennzeichnet sind), der Einsatz von Toys, BDSM oder
andere Fetische... Jup, das kommt hier alles vor. Es ist „Porn at it's best“ und meist Inhalt
von PWPs. Hell yeah, that's smut.
Ich gebe an dieser Stelle zu, dass ich selber smut schreibe, der doch häufig in die letzte Kategorie
fällt → diese One Shots sind als PWPs markiert und nicht auf FF.de zu lesen, weil Maya ein lieber
Mensch ist und sich an die Regeln hält ;)
Aber einige fragen sich vielleicht: Muss das denn sein? Muss die FF denn unbedingt smut
beinhalten?
Nein. Natürlich nicht.
Ich habe schon von Lesern gehört, die aufhören eine FF zu lesen, sobald Sexszenen kommen, weil
sie da „kein Bock drauf“ haben. Viele Beta-Leser im Forum geben unter den Einschränkungen an,
dass sie kein smut lesen wollen. Es gibt wirklich eine Menge Leute, die gut und gern auf smut
verzichten können und lieber einen guten Plot lesen.
Und dann gibt es Leser, die gezielt nach FFs mit smut-Inhalten suchen. Und wisst ihr was? Gerade
im KPop-Bereich haben die FFs, die auf „P18 Slash“ stehen und viel Sex zum Inhalt haben, oft die
meisten Aufrufe und Reviews. … Das sollte uns vielleicht zu denken geben :D
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How to write Fanfiction
Maya88
Mein großes Problem mit smut ist meist dies: Da der Großteil der KPop-Fans und Autoren hier auf
FF.de doch recht jung ist, lässt auch meist die Sexszene zu wünschen übrig. Wenn ich eine FF
anfange zu lesen und bereits in den ersten 3 Kapiteln sind die Protagonisten schon einige Male
über sich hergefallen und der smut liest sich... „platt“ und manchmal auch „unlogisch“, dann rate
ich wie alt die Autoren sind, geh auf das Profil und sehe meine Vermutung meist bestätigt. In der
Regel sind diese Autoren zwischen 14 und 17 Jahre alt ;) (Ihr kleinen Schweinchen)
Das soll nicht heißen, dass junge Autoren grundsätzlich schlechten smut schreiben. Es gibt auch
„ältere“ Autoren, die ums Verrecken keinen smut schreiben können. Und auch mein smut gehört
eher in die Schublade „gewöhnungsbedürftig“, hat sich aber doch in den letzten Jahren stark
verändert → ich bin älter geworden (Ich bin ein Fossil), habe eigene Erfahrungen gemacht (nicht
nur schöne) und mein Schreibstil hat sich generell geändert/verbessert (hoffe ich doch).
Mir persönlich ist einfach aufgefallen, dass der „richtig gute Stoff“ halt eher von Autorinnen (geben
wir es zu, es sind meist Frauen) kommt, die bereits einige Schreib- als auch Lebenserfahrung
haben.
Ich möchte an dieser Stelle auch gar nicht allzu sehr darauf eingehen, weil da jeder einen anderen
Geschmack hat bzw. jeder andere Ansprüche an „guten“ smut stellt.
Wenn man sich nun also dazu entschlossen hat, smut zu schreiben, dann kommt es auf folgende
Dinge an:
–
Handelt es sich bei dem smut nur um eine „kurze“ Szene in einer längeren Fanfiction?
–
Soll es recht authentischer und un-pornographischer „Erste-Mal-Sex“ sein?
–
Sind die handelnden Charaktere ein Liebespaar oder ist es ein eher stürmischer One-NightStand?
–
Sind mehr als nur zwei Personen involviert?
–
Ist der smut-Teil sehr detailliert und nimmt ein ganzes Kapitel ein?
–
Wie „schmutzig“ darf es sein? → Ist es vielleicht ein PWP One Shot?
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How to write Fanfiction
Maya88
Man sollte sich vorher darüber im Klaren sein, was genau man schreiben möchte. Schreibt man an
einer längeren Geschichte, in der zwei Charaktere miteinander verkuppelt werden sollen und es
kommt im Laufe der Kapitel zum Sex (ob nun mittendrin oder abschließend), dann schreibt man
diesen vermutlich auf ganze andere Art und Weise, als einen One Shot, der in die Kategorie PWP
fällt und in dem es darum geht, dass sich drei Leute betrinken und danach hemmungslos in einem
Hotelzimmer übereinander herfallen.
→ Ich habe mal eine FF gelesen, die wirklich in einem ganz wunderbaren Stil geschrieben wurde
und dann kam irgendwann eine Sexszene vor und die war so dermaßen „dreckig“, dass sie völlig
aus dem Rahmen fiel.
Und an dieser Stelle möchte ich gerne einen Blogeintrag einer Autorin (Memphis) von Animexx
zitieren:
„Okay, wie immer, tiefe, tiefe, wirklich tiefe Bewunderung und super glänzender Neid, für all die
Leute, die es schaffen, Sexszenen so zu schreiben, dass sie tatsächlich attraktiv und nicht total
lächerlich klingen. (Gibt wenige, die das schaffen, aber es gibt welche!)
Ich habe mich heute nun auch mal dazu verleiten lassen und es liest sich, als würde ich übers
Butterbrotschmieren schreiben, nur dass ich für das Wort Messer und Brot mehr Synonyme finden
musste - nicht sehr viel mehr und über die Butter reden wir gar nicht erst. Das Sexinesslevel ist aber
in etwa ähnlich.
Ich mein, OMG, was ist mein Problem? Das ist ja eigentlich auch nur eine Vorgangsbeschreibung,
aber mal ganz ehrlich, wir haben im Deutschen verdammt viele häßliche Wörter, die man dafür
verwenden muss. Warum haben wir keine hübsche Bezeichnungen für Geschlechtsteile - allen das
Wort Geschlechtsteil! Gah! Mir kommt es manchmal so vor, als wäre unsere ganze Sprache darauf
ausgelegt, lächerlich zu klingen, wenn es um Sexszenen geht. Ich sitz da manchmal echt da und
denk mir: Also auf Englisch würdest du das so und so schreiben und es gut finden. Aber ich schreib
ja nicht auf Englisch, sondern auf Deutsch und nu?
Macht man es vulgär und dirty oder geht man auf die klinisch elitäre Variante? Oder am besten
alles in völlig lächerliche Synomyme verpacken?
Dann führte er seine Fleischpeitsche in das gut gebutterte Brötchen ein. --- Hell yeah, das ist Sex,
den man gelesen haben möchte. Oder halt nicht. Eigentlich gehts nur wieder ums Brotschmieren.
Und dann, Leute, habe ich auch noch einen ganz fatalen Fehler begangen. Ich habe mir die
Sexszene nachträglich nochmal durchgelesen! WTF?! Warum habe ich überhaupt gedacht, die
Wörter wären es wert gewesen, in dieser Kombination getippt zu werden oder überhaupt
geschrieben zu werden?
Verdammt, das alles gehört verbrannt, verbannt, ausgelöscht ...“
So amüsant ich diesen Blogeintrag auch finde (und ich tu's), muss ich doch ein wenig
widersprechen.
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How to write Fanfiction
Maya88
Ich selber lese zwar auch 90% meiner KPop-Fanfictions auf Englisch, aber ich finde ehrlich gesagt
nicht, dass Deutsch nicht dafür geeignet ist, um Sexszenen zu schreiben. Aber wahrscheinlich bin
ich sowieso eine der wenigen Deutschen, die ihre Muttersprache mag ^^
Aber klar, man muss sich schon fragen, was für ein Vokabular man verwendet/verwenden möchte.
Wie ich bereits andeutete, ist das für mich eine Frage der Situation, dem allgemeinen Ton der
Geschichte und auch, ob es in diesem Kontext zu den Charakteren passt.
Aber wie schreibt man denn nun „guten“ smut?
Bevor ich das erste Mal smut geschrieben habe (also, so richtigen smut XD), habe ich viiiiel, viel,
viel smut gelesen. Also, meiner Ansicht nach guten smut. Und dann habe ich – shocking – mich ein
wenig mit der männlichen Anatomie beschäftigt. Aber das Lesen von smut ist für mich das A und
O. Wenn man eine Geschichte oder einen Autoren gefunden hat, in dem guter smut vorkommt,
dann sollte man sich nach dem Lesen fragen: Warum hat mir das gefallen? Und wenn man smut
liest, der einem nicht gefallen hat, dann fragt man sich dasselbe: Warum fand ich den smut-Part
nicht gelungen?
Auf diese Weise findet man heraus, was genau einem wichtig bei der Umsetzung der smut-Szene
ist. Muss es detailliert sein? Lege ich eher Wert darauf, dass die Gefühle der Charaktere rüber
kommen und gar nicht so der Sex an sich? Welche Wortwahl trägt dazu bei, dass ich es gut finde?
Was stört mich und verdirbt mir die Stimmung?
Ich gebe an dieser Stelle zu, dass es mir schwer fällt, mich kurz zu fassen. Also, zumindest bei den
richtig smut-igen smut-Szenen. Da kommen für den smut-Part schon mal zwischen 3000 und 6000
Wörter zustande :D
Aber das ist eben auch alles eine Frage des persönlichen Geschmacks.
Ich habe mich das erste Mal richtig für smut begeistern können, nachdem ich eine Fanfiction auf
Animexx gelesen habe, die so was von dirty war, dass es mir fast die Schuhe ausgezogen hat. Aber
es war einfach verdammt genial geschrieben! Wer meine FF „Pretty Young Things“ kennt/gelesen
hat, der weiß vielleicht wovon ich spreche. Das ganze Crossover-Szenario ist entstanden, als ich
nach langer Zeit mal wieder meine Lieblings-smut-FF rausgesucht und gelesen habe. Daraufhin
habe ich den Ruki x Reita x V Threesome geschrieben und die Welt von PYT wurde zum Leben
erweckt.
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How to write Fanfiction
Maya88
Wer nicht weiß, von welcher Geschichte ich spreche: Es handelt sich hierbei um die „Ride the
Rockers“-Reihe von raphael_asdrai (Animexx, Link folgt am Ende des Kapitels). Für mich auch
heute noch ein absolutes Meisterwerk, was smut angeht. Aus dieser Geschichte stammen auch die
Pairings von PYT (Ruki x Reita und Saga x Chiyu etc.) und generell das Treiben hinter den Kulissen
der PSC. Ich würde euch an dieser Stelle liebend gerne eine Kostprobe geben, aber ich kann mich
ehrlich gesagt für keine Szene entscheiden XD Stattdessen machen wir weiter im Text und wer
Interesse hat, der kann sich die Geschichten (es sind insgesamt 8 Teile in der Reihe) selber
durchlesen.
Was ich wichtig finde: Die Atmosphäre muss stimmen. Aktionen dürfen nicht so abgehackt werden.
Es darf nicht zu schnell gehen. Die Anatomie sollte beachtet werden (einige Dinge sind einfach
nicht möglich, auch wenn man beweglich ist).
Geben wir mal ein Beispiel.
[Anmerkung: Da ich an dieser Stelle keine Textstellen aus FFs kopieren wollte, um niemanden
anzugreifen, musste ich mir die folgenden Sätze selber aus den Ärmeln schütteln... Aber sie sind
von entsprechenden FFs „inspiriert“...]
„A drückte B gegen die Wand und küsste seinen Hals. B keuchte und warf den Kopf in den Nacken.
A grinste und biss ihm in die Brustwarze, was B ein erneutes Stöhnen entlockte. Er wanderte mit
seiner Hand tiefer und umfasste das erregte Glied des anderen. Doch B kam nicht wirklich dazu, es
zu genießen, denn im nächsten Moment wurde er herumgedreht. A packte wieder nach seinem
Glied und begann es zu pumpen. Seine andere Hand strich über seinen Hintern. Er küsste Bs Nacken
und der keuchte überrascht auf, als A direkt mit drei Fingern in ihn stieß. B stöhnte. Es tat weh,
aber es war auch gut. Als er begann sich A entgegen zu bewegen, zog der seine Finger raus und B
seufzte enttäuscht. Dann stieß A in ihn. Seine Stöße wurden immer schneller und härter und immer
wieder keuchte B. Er stöhnte laut auf, als A endlich seinen Punkt fand. Nach ein paar weiteren,
harten Stößen kam A tief in B, B kurz nach ihm.“
… Es gibt Leute, die das „smut“ nennen. Eh. No. Solche Szenen habe ich leider schon häufig
gelesen, mal etwas mehr mal etwas weniger ausgearbeitet – aber für mich ist das definitiv kein
smut.
Das Geschreibsel da oben hat keine Atmosphäre, die Satzzusammenstellung ist eine Katastrophe,
es geht viel zu schnell und realistisch ist es auch nicht. Das hat für mich absolut keinen
Unterhaltungswert und sollte am besten aus der Fanfiction gestrichen oder aber (stark)
überarbeitet werden.
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How to write Fanfiction
Maya88
Was mich dann noch mehr schockt, sind Reviews in denen es heißt: >Wuah! Das war so toll! Die
beiden sind einfach heiß! Schreib schnell weiter!!< oder >Ich liebe deinen smut!< oder >Dein
Schreibstil ist der Hammer! Dein smut ist verdammt gut!<
…. WHAT?? (dazu mehr in >Lesson 09: Reviews<)
Nehmen wir uns einen Moment, um diese improvisierte smut-Szene auseinander zu nehmen.
„A drückte B gegen die Wand und küsste seinen Hals. B keuchte und warf den Kopf in den Nacken.
A grinste und biss ihm in die Brustwarze, was B ein erneutes Stöhnen entlockte.“
Das mag ja alles schön und gut sein, aber es fehlt einfach etwas. A küsst Bs Hals, der keucht, A
beißt ihm in die Brustwarze (was übrigens weht tut!), B stöhnt... Das ist eine ziemlich trockene
Vorgangsbeschreibung und ist ziemlich un-smut-ig.
Wie kann man das nun verbessern? Selbst wenn man nur eine kurze Szene schreiben möchte (was
mir wie gesagt sehr schwer fällt), sollte man sowohl die beiden Charaktere als auch den Leser in
die richtige Stimmung versetzen. Und man sollte sich überlegen, was es mit dem Küssen auf sich
hat.
Kussszenen werden oft kurz abgehackt, dabei es das etwas verdammt Sinnliches und nicht nur das
kurze Aufeinanderpressen von Lippen. Auch wenn smut-Kritiker es gerne verneinen, können
Lippen und Zungen doch eine ganze Menge!
Sehen wir uns mal verschiedene Szenen an, in denen geküsst wird.
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Maya88
Meine allererste Kussszene (geschrieben 2008) lautete so:
„[...]Ohne Vorwarnung griff er in Reitas Nacken und zog ihn zu sich auf gleiche Höhe. Der
erschrockene Laut, den der Junge daraufhin von sich gab, wurde von Ruki verschluckt, als er die
leicht geöffneten Lippen mit den seinen verschloss.
Nie hätte er gedacht, dass es ein so überwältigendes Gefühl sein würde einen anderen Jungen zu
küssen. Doch er tat es gerade und es war unbeschreiblich. Reitas Lippen waren genauso weich, wie
sie aussahen und wie im Rausch ließ er seine Zunge leicht über sie fahren und hoffte auf Einlass.
Scheinbar war Reita wirklich schon etwas angetrunken, denn es dauerte höchstens eine Sekunde,
ehe er die Lippen einen Spalt breit öffnete und Ruki mit seiner Zunge zwischen sie gleiten konnte.
Ihm entfuhr ein wohliges Seufzen, als er die von Reita ausmachen konnte und diese nun leicht zu
streifen begann. Der Blonde keuchte überrascht auf, kam ihm aber entgegen und intensivierte ihren
Kuss. Ruki wusste nicht mehr, wo ihm der Kopf stand, als Reita auch während des Kusses nicht zu
tanzen aufhörte und ihre Körper sich immer weiter aufheizten. Angeregt durch die immer noch
leicht kreisende Hüfte und den weichen Lippen auf seinen, begann Ruki die Zunge des Blonden zu
streicheln und auffordernd anzustupsen. Warmer Atem blies ihm entgegen, als Reita ein
zufriedenes Schnaufen von sich gab und mit Ruki zu spielen anfing. Ihre Zungen umkreisten sich,
rieben aneinander und fochten einen kleinen Kampf um die Dominanz aus, den Ruki freiwillig
nachgab. Er spürte, wie Reita ihm folgte und nun ebenfalls den Mund des anderen erkundete. Noch
leicht schüchtern ließ er seine Zunge immer tiefer in das fremde Gebiet eintauchen und
umschmeichelte sanft seinen Spielgefährten, der ihn gewähren ließ. Erst als den beiden der
Sauerstoff knapp wurde, zogen sie sich zurück, drückten noch ein letztes Mal die Lippen zu einem
beinahe scheuen Kuss aufeinander und trennten sich, um zu Atem zu kommen.[...]“
Hier ging es um den ersten Kuss von Ruki und Reita in „Big City Life“ und er ist entsprechend
detailliert geschrieben. Es ist keine Glanzleistung, aber wenn man einen Kuss näher beschreiben
will, dann muss man sich überlegen, was man alles so mit Lippen und Zunge tun kann.
→ Lippen können sich sanft, mal mit mehr oder weniger Druck, auf die Lippen des anderen
pressen, man kann an den Lippen des anderen nippen oder knabbern, sie sogar massieren. Zungen
können sich massieren, umschmeicheln, den anderen necken, herausfordern, streicheln,
anstupsen – whatever! Wird es etwas wilder kann man auch beißen, schnappen, saugen, lecken,
ziehen – kommt alles auf die Stimmung und den Schreibstil an.
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How to write Fanfiction
Maya88
Wenn ich Küsse in smut-Szenen einbaue, dann sind diese meistens weniger gefühlvoll und der
„Kampf um die Dominanz“ ist ein Klischee, welches ich immer wieder verwende. Genau wie „den
Atem rauben“ oder „die Mundhöhle des anderen plündern“...
„[...]Saga beugte sich vor, um die frechen Lippen mit seinen einzufangen und in einen feuchten Kuss
zu verwickeln. Ihre Zungen kämpften um die Dominanz, doch Saga spürte, wie Minsu ihm
absichtlich die Oberhand gewinnen ließ, ihn in seinen Mund lockte und zufrieden stöhnte, als der
Bassist der Einladung folgte. Er erkundete die fremde Höhle und sog jedes kleine Seufzen und
Keuchen gierig auf, das aus der Kehle des Tänzers drang. Seine Hände strichen fest über den
schlanken, aber durchtrainierten Oberkörper, reizten die Brustwarzen und erreichten den Hals, den
Minsu ihm stöhnend entgegenreckte.[...]“ - Afterparty
„[...]Er beugte sich über ihn, stützte sich auf die Unterarme und küsste Daehyun leidenschaftlich.
Sofort öffnete der Jüngere den Mund und gewährte ihm Einlass. Ihre Zungen trafen aufeinander,
heiß und feucht und Yongguk entkam ein zufriedenes Stöhnen. Die ganze Zeit über hatte er seine
eigene Erregung verdrängt, zum Wohle von Daehyun hinten angestellt, versucht nicht zu beachten,
aber jetzt wurde sie ihm mit einem Schlag wieder bewusst und er küsste seinen Freund heftiger als
beabsichtigt. Seine Zunge focht mit Daehyuns, massierte sie, stupste sie auffordernd an, lockte sie
heraus, nur um sie gleich wieder zurückzudrängen. Das Keuchen und Stöhnen des Jüngeren hallte
in ihm wider und er küsste mit ebenso viel Leidenschaft zurück, biss auf seine Unterlippe, leckte
entschuldigend darüber und fing seine Zunge zwischen den Zähnen, um an ihr zu saugen. Yongguk
Finger fuhren durch das dunkle Haar seines Freundes und nur widerwillig trennte er sich von ihm.
[...]“ - Care for You
„[...]Die Stimme des Jungen zitterte und Kangjun lief ein erregter Schauer über den Rücken, als sein
Freund den Abstand zwischen sich und TK überwand und ihre Lippen aufeinander trafen. TK wollte
nach hinten ausweichen, doch Ray hielt ihn im Nacken fest und schlang seinen zweiten Arm um die
Taille des Jüngeren. Grob zwängte er seine Zunge in den Mund des anderen, der erschrocken
aufkeuchte. Kangjun beobachtete, wie sich TK's Lippen öffneten und seine Arme sich gegen Rays
Brust stemmten, als dieser ihn forsch küsste. Der Rapper gab ein ersticktes Wimmern von sich und
wand sich in dem festen Griff des Sängers.
Kangjuns Hose wurde eng, bei dem Anblick. Er konnte sehen wie TK's Gegenwehr langsam unter
den erfahrenen Küssen erstarb. Seine Finger krallten sich in Rays Oberteil und suchten dort nach
Halt, als der Ältere mit seiner Zunge die fremde Mundhöhle plünderte. Der Sänger war dominant,
sein Griff in TK's Nacken unnachgiebig. Kangjun kannte diese Seite seines Freundes; auch wenn
dieser beim Sex unten lag, war er doch fordernd und wusste es seinen Willen durchzusetzen, liebte
es Macht auszuüben. Und das tat er. Er raubte dem Jüngeren den Atem, neckte mit seiner Zunge
die des Rappers und biss ihm schließlich auf die Unterlippe, sodass TK schmerzhaft stöhnte. Ray
gönnte ihm einen Moment zum Luftholen und betrachtete in der Zeit das Gesicht seines
Gegenübers.[...]“ - What you want
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How to write Fanfiction
Maya88
Get it? Man kann während eines Kusses SO VIEL machen, deswegen finde ich es immer schade,
wenn nur geschrieben wird „Er küsste ihn“ und das war es dann. Und auch wenn man keine Lippen
küsst, sondern den Hals oder andere Körperteile, dann kann man noch immer viel schreiben.
Lippen können über die Haut geistern, streifen, streicheln, an ihr nippen, sie küssen, man kann an
ihr knabbern, saugen, sogar rein beißen, darüber lecken usw.
Lasst eurer Fantasie freien Lauf und seid kreativ! Und wenn es hinterher blöd klingt, dann kann
man immer noch Sätze wieder streichen oder umschreiben, die Formulierung ändern, ein Wort
austauschen etc. → was ich bereits im Kapitel über die Korrektur des Textes ansprach.
Gehen wir unseren Beispiel-Text weiter durch:
„Er wanderte mit seiner Hand tiefer und umfasste das erregte Glied des anderen. Doch B kam nicht
wirklich dazu, es zu genießen, denn im nächsten Moment wurde er herumgedreht. A packte wieder
nach seinem Glied und begann es zu pumpen. Seine andere Hand strich über seinen Hintern.“
Hier passiert irgendwie zu viel in zu kurzer Zeit und es wird auf nichts näher eingegangen. Ja, ein
Handjob mag nicht besonders aufregend zu schreiben sein, denn im Endeffekt macht man mit der
Hand die ganze Zeit dasselbe. Aber dennoch kann man es etwas näher beschreiben. Auch ist hier
der Übergang holprig und viel zu schnell. In einem Moment greift A nach Bs Glied, im nächsten
wird er herumgedreht und A greift wieder nach seinem Glied. … Hm. Diese 4 Sätze sind definitiv
noch ausbaufähig.
So könnte man hier erst einmal schreiben, wie die Hand von A langsam tiefer gleitet, die Haut ganz
leicht mit den Fingerkuppen streift, B eine Gänsehaut bekommt, vielleicht auch etwas zurück zuckt
oder voller Erwartung beginnt schneller zu atmen, als er die Hand weiter Richtung Körpermitte
wandern spürt. Wenn A dann „das erregte Glied umfasst“, kann man dies ebenfalls weiter
ausführen → selbst wenn dies – wie in diesem Beispiel – nur kurz ist, bevor B herumgedreht wird,
so könnte man trotzdem schreiben, wie A einen Moment lang das Glied streichelt oder neckend
mit den Fingern die Länge auf- und abgleitet oder er packt vielleicht recht fest zu und „wichst“
(sorry) ihn kurz aber heftig, um ihn zu ärgern. Auch hier gibt es einige Möglichkeiten. Und dann
kann man auf die Reaktion von B eingehen. Er könnte erschrocken aufkeuchen oder laut stöhnen
oder ihm stockt der Atem, er zuckt zusammen, er biegt sich dem anderen entgegen oder schließt
genießend die Augen...
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How to write Fanfiction
Maya88
Sehen wir uns mal eine näher ausgearbeitete Version dieser Sätze an:
„Er ließ seine Hand langsam tiefer gleiten, streichelte die weiche Haut und ließ seine Finger
hauchzart über Bs Bauchmuskeln wandern, die unter seinen Berührungen erzitterten. Er hörte B
leicht keuchen und spürte die Hitze unter seinen tastenden Fingerkuppen, ein leichter Schweißfilm
bildete sich auf seiner Haut. Als A seine Hand um das erregte Glied des anderen legte, sog B
überrascht den Atem ein und biss sich auf die Unterlippe, um ein Stöhnen zurückzuhalten. Sein
Körper bog sich A entgegen, als dieser seinen Griff festigte und mich Nachdruck einige Male auf
und abfuhr. Doch B kam nicht wirklich dazu, es zu genießen, denn im nächsten Moment wurde er
herumgedreht und mit dem Oberkörper gegen die kühle Wand gepresst.“
Usw. Das ist jetzt nur eine kurze Demonstration und wahrscheinlich würde ich das in einer
richtigen Geschichte noch wieder ganz anders schreiben, aber es geht ja ums Prinzip und ich
glaube, es wird klar was ich meine ^^
Wer einen ausführlichen Handjob lesen will, findet einen in „Pretty Young Things“ ;)
Kommen wir zum nächsten Punkt:
„Er küsste Bs Nacken und der keuchte überrascht auf, als A direkt mit drei Fingern in ihn stieß. B
stöhnte. Es tat weh, aber es war auch gut. Als er begann sich A entgegen zu bewegen, zog der
seine Finger raus und B seufzte enttäuscht.“
Yeah. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich persönlich würde mehr als nur „überrascht
keuchen“, wenn mir jemand ohne Vorwarnung drei Finger in den Arsch schiebt. Sorry. Mal ganz
davon abgesehen, dass das nicht mal so eben möglich ist. Ein Finger, ja, zwei Finger, schon
schwierig, drei Finger, nope. Wenn ihr mir nicht glaubt, macht den Selbsttest ;)
Auch wenn es sich um die geschriebene Form eines Pornos handelt: Ein wenig Realismus erwarte
ich schon. Und dazu gehört eben auch, dass man nicht einfach drei Finger in jemanden rammen
kann und derjenige das dann toll findet.
100
How to write Fanfiction
Maya88
Selbst wenn man PWP schreibt, sollte doch wenigstens minimale Vorbereitung Teil des Ganzen
sein. Ich gebe zu, dass ich auch schon eine Szene geschrieben habe, in der der Bottom nur wenig
vorbereitet wurde und kein Gleitgel im Spiel war, aber dennoch habe ich es erwähnt. Ansonsten
kann allein die Vorbereitung Teil des Vorspiels sein und ebenfalls erotisch und erregend dargestellt
werden. Wie ausführlich dieser Part wird, hängt vom Autor und auch der Situation ab ( → ist es das
Erste Mal oder hat derjenige doch schon mehr Erfahrung und braucht vielleicht keine so intensive
Vorbereitung?). Man sollte sich überlegen wie genau das abläuft.
Kurzer Exkurs:
Der Anus besteht aus mehreren ringförmigen Muskeln. Über die genaue Anzahl kann man streiten,
aber es gibt äußere und innere Schließmuskeln. Die äußeren Muskeln kann man mit Übung
willentlich entspannen, während die inneren nicht der Kontrolle unterliegen (bzw. mit viel Übung
soll wohl auch das möglich sein, aber auch nur ansatzweise).
Wenn man verkrampft ist, ziehen sich die Schließmuskeln zusammen und der Versuch weiter
einzudringen, wird Schmerzen bereiten. Die Schließmuskeln sind sehr empfindlich und so werden
1 oder 2cm von einem Finger als viel mehr empfunden. So viel dazu.
Das nächste ist die „natürliche Schmierung“. Fakt ist: Anal ist nicht Vaginal. Das sollten wir alle
wissen. ABER auch der Analkanal hat eine Schleimhaut und ist nicht total trocken. Wer es nicht
weiß: Es wird tatsächlich ein schleimiges Sekret gebildet, welches z.B. das Ausscheiden von Kot
(yeah) erleichtert. Diese Drüsen, die das Sekret produzieren, sind beim Menschen nicht sehr stark
ausgebildet oder können sogar ganz fehlen. Aber ich habe auch schon Berichte gelesen (und von
einigen Personen gehört), dass Mann oder Frau richtig feucht werden kann – z.B. bei analer
Stimulation.
Bam. In your face B*tch.
Ich erwarte jetzt aber nicht, dass in jeder smut-Geschichte auf alle Schließmuskeln eingegangen
wird oder dass plötzlich alle feucht werden können XD *lach* Der kurze Exkurs sollte nur ein wenig
Verständnis dafür vermitteln, dass man nicht einfach drei Finger oder einen Penis hineinrammen
kann.
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How to write Fanfiction
Maya88
Und wenn es dann endlich soweit ist, lesen wir so etwas:
„Dann stieß A in ihn. Seine Stöße wurden immer schneller und härter und immer wieder keuchte B.
Er stöhnte laut auf, als A endlich seinen Punkt fand. Nach ein paar weiteren, harten Stößen kam A
tief in B, B kurz nach ihm.“
Innerhalb von 4 Sätzen wurde der komplette sexuelle Akt abgearbeitet. Er stieß zu, tat dies immer
schneller, fand schließlich die Prostata (das ist übrigens keine Murmel mittel im Analkanal!) und
kurz danach kommen beide. Sehr sexy. Wie ich bereits einige Male in den vorigen Kapiteln sagte,
dienen Fanfictions der Unterhaltung. Und smut ist da keine Ausnahme. Klar, es kommt auf die
Szene bzw. den Zweck der smut-Szene an.
In „Danger“ gibt es eine kurze Sexszene am Ende von Kapitel 2 – ich habe es sehr kurz gehalten,
weil es für mich kein smut und ich nicht auf explizite Darstellung aus war.
„[...]Sein Mentor kannte ihn gut, wusste wo er empfindlich war und küsste und streichelte seinen
Hals, das Schlüsselbein, den Hüftknochen... Als er mit dem Finger in ihn eindrang, um ihn
vorzubereiten, entspannte sich Namjoon. Er suchte erneut nach dem Mund des Älteren und lockte
ihn mit seiner Zunge in den eigenen, empfing ihn zufrieden und stöhnte leicht, als Yongguk einen
weiteren Finger in ihn schob. [...] Er brach den Kuss und gab ihm mit einem Nicken zu verstehen,
dass er soweit war. Als Yongguk sich in ihm versenkte, wurden sämtliche störende Gedanken
vertrieben; kein [...]. Einzig und allein der Mann über ihm zählte, das Gefühl ihn in sich zu spüren
und nicht nur körperlich sondern auch emotional tief mit ihm verbunden zu sein. Yongguks
Bewegungen waren ruhig und sanft, auch wenn er sich mit Nachdruck in ihn schob und Namjoon
ihn so eng an seine Brust zog, dass er sich selbst kurz die Luft aus den Lungen presste. Sein Kopf
war wie leer gefegt und endlich spürte er eine angenehme Ruhe seinen Körper erfassen. Er hörte
das leise Stöhnen an seinem Ohr und ihm wurde wohlig warm, als er jeden Muskel des Anderen zu
spüren schien – wie sie sich anspannten und bei jedem sanften Stoß anmutig unter der Haut
bewegten – so eng umschlungen wie sie dalagen.[...]“
Das ist jetzt eine zusammengekürzte Version der Szene und für mich absolut harmlos und kein
smut im eigentlich Sinne. In meinen PWPs hingegen geht’s richtig zur Sache, mit Dirty Talk und
allem Drum und Dran.
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How to write Fanfiction
Maya88
„[...]Ruki gab ein leises Lachen von sich und registrierte zufrieden wie sich die feinen Haare in Vs
Nacken aufstellten. Doch er würde ihm keine Antwort geben. Stattdessen wandte er sich an Reita
und zwinkerte. „Was meinst du, Reita?“, begann er und ließ seine Finger über die schweißnasse
Brust des Jungen geistern, „Für wie viel Männer hat er schon die Beine breit gemacht? Oder...“,
seine Hand wanderte weiter zwischen Vs Beine, schenkten der Erregung jedoch keine Beachtung,
sondern bahnten sich ihren Weg zu der kleinen Öffnung hinter den Hoden, „meinst du dieses Loch
ist noch Jungfrau?“ Vs Wangen brannten vor Scham und er wollte sich Rukis Hand entwinden, doch
Reita hielt seine Hüfte an Ort und Stelle. Der Bassist grinste und V schlug die Augen nieder, um ihn
nicht ansehen zu müssen. Ruki packte sein Kinn und zwang ihn ihm ins Gesicht zu blicken. „Ich
wette, wenn du nachts allein in deinem Bett liegst, holst du dir einen runter, während du dir
vorstellst ordentlich durchgevögelt zu werden... Während deine Freunde schlafen, spritzt du
heimlich ab bei dem Gedanken einen Schwanz in dir zu haben, der dich fickt...“, er leckte sich über
die Lippen, als er sah, wie sein Gegenüber erzitterte bei seinen Worten, „Ich hab Recht, nicht
wahr?“ Hastig schüttelte V den Kopf. „N-nein!“[...]“
Ich glaube, der Unterschied ist offensichtlich ;) Der zweite Beispiel-Text stammt aus einem PWP
(bzw. Kapitel 4 von „Pretty Young Things“) und der sexuelle Akt erstreckt sich auf über 4700 Wörter
*hust*
Ein weiteres Beispiel wäre dieser Ausschnitt:
„[...]Ray bewegte sich nun etwas schneller und kräftiger und TK's Muskeln spannten sich an, er
versteifte sich und sein Kopf bog sich in den Nacken. Er biss sich auf die Unterlippe, versuchte sein
Stöhnen zu unterdrücken. Sein Brustkorb hob und senkte sich in tiefen, leicht bebenden Zügen. Da
hielt Ray inne und gab einen unzufriedenen Laut von sich. „TK“, meinte er mit fester Stimme und
der Jüngere öffnete zaghaft seine Augen, „Hör auf damit – ich will dein Stöhnen hören, klar?“ Er
deutete mit seiner Hüfte einen Stoß an und der Rapper rang atemlos nach Luft. Ein zweiter Stoß
und TK keuchte heftig. „Na, los... Lass mich deine Stimme hören... Halt dich nicht zurück“, schnurrte
Ray nun etwas sanfter und rieb erneut sein Becken in gleichmäßigen Bewegungen gegen das des
Jüngeren. Und tatsächlich schien TK's Hemmungen zu fallen, sein Seufzen und Keuchen wurde
lauter und je heftiger Ray sich an ihn presste, desto unbeherrschter wurde das Stöhnen des
Jüngeren. „Hyung... Hyung... h-hör nicht auf... aah...“ Der Sänger erhöhte sein Tempo und TK
versuchte ihm mit seiner Hüfte entgegen zu kommen und sich Befriedigung zu verschaffen.
Bis Ray plötzlich stoppte. TK gab einen frustrierten Laut von sich, doch der Ältere packte ihn und
hielt sein Becken fest. „Hyung...!“ Kangjun wurde ganz schwindelig, so bedürftig klang die tiefe
Stimme. Seine Hand bewegte sich schneller auf und ab, die Augen nicht vom Bett abwendend.
„Willst du kommen?“, provozierte Ray den Jüngeren, der hilflos nickte, „Dann bitte mich darum.“
Kangjun hätte es nicht gewundert, wenn TK angefangen hätte zu schluchzen, so ausgeliefert und
unbefriedigt wie sein Wimmern klang. Scheinbar rang er mit seinem Stolz, doch kurz darauf bat er
mit leiser Stimme: „Hyung... bitte...“ „Bitte was, TK?“ „Bitte... bitte lass mich kommen...“
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How to write Fanfiction
Maya88
Kangjun presste sich die Hand auf den Mund, seine Bauchdecke bebte, Ray lachte leise. „Braver
Junge...“, kommentierte er und dann bewegte er sich endlich wieder. Rau und ungestüm stieß er
sein Becken vor, rammte den Unterleib des Rappers dabei in die Matratze unter ihm, der jedes Mal
haltlos aufschrie. Seine Finger kratzten über den Stoff der Bettdecke und zerwühlten die Laken. Als
er sich zuckend aufbäumte, sein Orgasmus ihn überrollte und seine Stimme brach, ergoss sich
Kangjun in seine Hand und er kniff angestrengt die Augen zusammen. Sein Herz pochte wie wild
und seine Muskeln zitterten und er benötigte seine gesamte Selbstbeherrschung, um nicht
ebenfalls zu schreien.[...]“
Wie man nun smut schreibt, bleibt jedem selbst überlassen. Aber man sollte sich schon vorher
darüber im Klaren sein, welchem Zweck die smut-Szene dient.
In vielen längeren Geschichten kommt hin und wieder smut vor. Das kann das Erste Mal zwischen
den Hauptcharakteren sein, ein fataler One-Night-Stand oder einer der Protagonisten holt sich
einen runter, während er an seinen Schwarm denkt – whatever. Sie können sich wirklich stark von
One Shots und PWPs unterscheiden und das ist auch gut so. Wie gesagt passt es nicht immer,
wenn es plötzlich richtig schmutzig zu sich geht.
Was man beachten sollte:
–
Atmosphäre schaffen
–
keine platte Vorgangsbeschreibung
–
Gefühle (Erregung, Leidenschaft, Liebe, etc.) sollten rüber gebracht werden
–
die Aktionen sollten nicht „abgehackt“ wirken
–
auch wenn man einen kurzen Text schreibt, sollte man nicht von A nach B springen
–
Gedanken über einzelne Vorgänge machen (Berührungen, Küsse, etc.)
–
Aktion und Reaktion (das muss nicht immer ein Stöhnen oder Keuchen sein)
–
Handlungen im Rahmen des Möglichen!
Ich glaube, mehr kann ich zu diesem Thema nicht mehr sagen ^^°
104
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Maya88
Ich hoffe, der kleine Exkurs und die Beispiel-Texte helfen irgendwie weiter. Wer nun noch immer
nicht wirklich weiß, wie er seine smut-Szene schreiben kann/soll, der sollte meinen Rat beherzigen
und sich seine Lieblings-Geschichten raus suchen.
→ Lest den smut, den ihr besonders gut fandet und macht euch Notizen (ernsthaft!). Schreibt euch
auf, was genau euch an dem smut gefällt. Vielleicht hilft es auch, wenn ihr euch einige
Formulierungen aufschreibt oder eine Art Begriff-Sammlung anlegt, die euch das Schreiben
erleichtert. Also alle möglichen Wörter für diverse Körper- und Geschlechtsteile, Synonyme für
„stöhnen“ oder „keuchen“, Beschreibungen für das Küssen – schreibt alles auf, was euch helfen
könnte.
Und dann übt ihr. Wenn ihr schreibt, dann denkt daran, dass der erste Versuch ruhig völlig Banane
klingen kann. Hauptsache ihr schreibt erst einmal, überarbeiten könnt ihr das Ganze hinterher
immer noch.
Wenn ihr mit einer Szene zufrieden seid, könnt ihr diese auch zuerst einem anderen Autor oder
einer Freundin zeigen und eine zweite Meinung einholen, bevor ihr das vielleicht online stellt. Je
nach Rückmeldung kann man dann noch immer an Details feilen, Formulierungen ändern oder
Sätze löschen/hinzufügen. Übung macht den Meister :)
Und Reviews sind dabei sehr hilfreich!
Deswegen hatte ich mich noch dazu entschlossen, ein Extra-Kapitel zum Thema „Reviews“ zu
schreiben.
Im nächsten Kapitel stellen wir uns also die Fragen: Warum sind Reviews wichtig? Wie schreibt
man ein gutes Review/konstruktive Kritik? Wie geht man mit Reviews/Kritik um? Wie antwortet
man auf ein Review?
Nachtrag
Der Link zu raphael_asdrais „Ride the Rockers“:
http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/182375/order_1_0/
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How to write Fanfiction
Maya88
10. Lesson 09: Reviews [extra]
Okay, nachdem wir uns im letzten Kapitel über smut unterhalten haben, kommen wir zum
nächsten umstrittenen Thema: Reviews. Warum umstritten? Nun... Es gibt verschiedene Ansichten
zu diesem Thema und rein theoretisch kann man sich darüber den Mund fusselig diskutieren.
Reviews sind für Fanfiction-Autoren absolut (lebens-)wichtig. Ich werde dies gleich noch weiter
ausführen.
Kommen wir jedoch zu Beginn zu den verschiedenen Arten von Reviews und Review-Schreibern.
Ja, da gibt es einen Unterschied und einige Dinge waren mir bis vor kurzem auch nicht klar.
Kommen wir zuerst zu den Review-Schreibern.
1. Es gibt Review-Schreiber, die grundsätzlich nur zu abgeschlossenen Geschichten ein Review
schreiben
2. Es gibt Review-Schreiber, die zu Beginn einen Kommentar hinterlassen a la „Die Geschichte
klingt interessant, ich werde sie im Auge behalten“ (und danach hört man vielleicht nie
wieder was von ihnen)
3. Es gibt Review-Schreiber, die „nur“ alle paar Kapitel ein Review schreiben, wenn etwas
besonders Interessantes passiert ist, was kommentiert werden muss (meistens smut)
4. Es gibt Review-Schreiber, die, eh... die gar keine Reviews schreiben (? → also im engeren
Sinne keine Review-Schreiber sind)
5. Es gibt Review-Schreiber, die jedes Kapitel kommentieren (hierzu gleich noch mehr)
Vor allem zu den ersten beiden Punkten möchte ich etwas sagen.
Als vor einigen Wochen auf FF.de die Diskussion aufkam, ggf die Review-Optionen zu überarbeiten,
da die Reviews nicht nur im KPop-Bereich, sondern überall (stark) nachgelassen haben, habe ich
mich mal durch verschiedene Meinungsäußerungen durchgelesen und dabei einiges Neues
gelernt.
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How to write Fanfiction
Maya88
So haben sich nicht nur Autoren, sondern eben auch Review-Schreiber (die selbst keine Autoren
sind) zu Wort gemeldet und da habe ich z.B. erfahren, dass es Review-Schreiber gibt, die
grundsätzlich nur abgeschlossenen Geschichten lesen und kommentieren. Und welche, die
vielleicht zum ersten Kapitel etwas schreiben, um ihr Interesse zu bekunden und dann all die
darauffolgenden Kapitel nichts schreiben und erst wieder ein Review hinterlassen, wenn das letzte
Kapitel hochgeladen wurde.
→ Ich habe zu diesen Review-Methoden keine wirkliche Erklärung/Begründung gefunden und mir
persönlich (!) ist das auch nicht ganz verständlich. Bei Fanfictions handelt es sich um Arbeiten von
Fans für Fans und diese werden (in der Regel) kapitelweise hochgeladen. Und die meisten Autoren
gehen davon aus, dass sich zu jedem Kapitel jemand meldet und kommentiert, was in dem Kapitel
passiert ist, schließlich hat man viel Arbeit hinein gesteckt.
Nehmen wir mal an, die Geschichte ist 50 Kapitel lang – da nur ganz zum Abschluss einen
Kommentar zu hinterlassen und nicht näher auf all die einzelnen Kapitel/Szenen einzugehen finde
ich (ich ganz persönlich!) ziemlich mickrig...
Oder eben gar kein Review zu schreiben. Hier habe ich meist keine anderen Begründungen
gefunden als:
1. „Ich bin zu faul, um ein Review zu schreiben“
2. „Ich habe keine Zeit, um ein Review zu schreiben“
3. „Ich weiß nie, was ich in meinem Review schreiben soll“
Ich will niemandem auf die Füße treten, aber Punkt 2 ist z.B. schon... dreist? Man liest (konsumiert)
die Arbeit eines anderen, die Stunden, Tage oder Wochen in Anspruch genommen hat und dann
nimmt man sich keine 5 Minuten Zeit, um ein Review zu hinterlassen? Das finde ich besonders
dann „kritisch“, wenn man die Geschichte auf der Favo-Liste hat. Wenn man die Geschichte
favorisiert, dann muss es doch etwas geben, was einem gefällt und man dem Autor vielleicht
mitteilen kann, oder?
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Maya88
Beantworten wir an dieser Stelle eine der Fragen aus dem vorigen Kapitel: Warum sind Reviews
wichtig?
Aus mehreren Gründen. Verschiedene Autoren haben hierzu verschiedene Meinungen, aber ich
zähle mal die Gründe auf, die man am häufigsten liest bzw. bestätigt sieht oder die einem klar sein
sollten.
1. Interaktion
2. Kritik
3. Belohnung
Lasst mich das näher erklären.
1. Wie ich bereits sagte, handelt es sich bei Fanfictions um Arbeiten von Fans für Fans. Wenn
nun jemand z.B. eine Geschichte über BTS schreibt, dann geht er davon aus, dass auch
hauptsächlich BTS-Fans die Geschichte lesen und sich dazu ihre Gedanken machen – und
diese im Idealfall dem Autor mitteilen. Ich habe von vielen gehört, dass es ihnen in diesem
Punkt wie mir geht: Man möchte mit den Lesern in Kontakt treten, sich mit ihnen über die
Band, die Geschichte, die Idee etc. austauschen, ihre Meinung hören. Beim
Veröffentlichen von Fanfictions hat man (im Gegensatz zu einem Buch) die tolle
Gelegenheit zu verschiedenen Szenen, Kapiteln, Wendepunkten etc. direkt eine
Rückmeldung in Form eines Reviews von den Lesern/Fans zu erhalten und auch selber auf
diese zu reagieren. Diese Interaktion, dieser direkte Austausch über die Geschichte, die
Reaktion auf einzelne Kapitel/Szenen ist für viele FF-Autoren mit das Wichtigste!
2. In der Regel wird kein Mensch gerne kritisiert. Ich auch nicht. Aber konstruktive Kritik ist
immer willkommen (nun ja, auch nicht immer bei allen...). Warum? Konstruktive Kritik hilft
Autoren sich stetig zu verbessern und vielleicht Fehler auszumerzen, die ihnen selber noch
nie aufgefallen sind. Wenn man nie eine Rückmeldung zu einer Geschichte bekommt, weiß
man erst einmal nicht warum → wir sind keine Gedankenleser! Erhält man keine Reviews
bekommt man meistens Panik. Man liegt wach oder sitzt vor dem Computer und fragt sich
fieberhaft immer wieder: „Was mach ich falsch?“ Beliebt ist auch folgender Gedanke:
„OMG, ich bin so schlecht! Ich bin der schlechteste Autor der Welt! Ich kann nicht schreiben
und fabriziere den größten Mist in der Geschichte der Fanfictions T.T !!“ … Jupp. Wir
Autoren sind empfindsame Seelen und versinken schnell in Depressionen und
Selbstzweifeln.
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Maya88
3. Deswegen muss unser armes Ego hin und wieder gestreichelt werden ^^ Jedes Mal, wenn
ein Alert uns sagt, dass wir ein Review bekommen haben, freuen wir uns darüber wie über
ein schönes Geschenk :) Denn genau das ist es: Mit einem Review macht man einem Autor
ein Geschenk. Es ist die schönste Belohnung für die harte Arbeit, die wir in unsere
Geschichte investieren, die Zeit und Nerven, die uns jedes Kapitel kostet und macht all die
Frustration, die uns die Fertigstellung der Szene gebracht hat, wieder wett! Seien wir
ehrlich: Jeder möchte Reviews haben. Bekommen wir viele Reviews, fühlen wir uns gut und
bestätigt und motiviert :)
Ich habe mal eine (spaßhafte?) Zusammenfassung zu dem Thema gelesen, wie man besonders
viele Reviews bekommt.
1. Schreibe in einem beliebten Fandom
2. Schreibe über das beliebteste Couple in diesem Fandom
3. Schreibe smut
4. Schreibe noch mehr smut
5. … Schreibe am besten nur noch smut...
Das mag auf den ersten Blick erst einmal komisch (im Sinne von lustig) wirken, aber ich sehe dies
leider häufig bestätigt. Die Story mag noch so platt geschrieben und der Plot quasi nicht-existent
sein: Die Geschichte bekommt im Schnitt 3-5 Reviews pro Kapitel mehr als ein Pairing, welches
kaum Anhänger hat (oder vielleicht noch gar nicht vorkam). Selbst wenn die Geschichte besser
geschrieben und der Plot besser ausgearbeitet und interessanter ist.
Ich habe schon wirklich gute Geschichten gesehen, die vielleicht 1-5 Reviews hatten und (viele)
Geschichten, die meiner Meinung nach völlig überbewertet sind, die dann mal eben zwischen 3050 Reviews haben, obwohl der Schreibstil eher mittelmäßig ist, Fehler vorhanden sind und der Plot
vorhersehbar und schlecht durchdacht ist (wenn es denn überhaupt einen Plot gibt).
Hin und wieder nehme ich mir dann mal die Zeit und lese einige der Reviews. Und damit kommen
wir zum nächsten Punkt: „Quietschies“. … Hach ^^
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How to write Fanfiction
Maya88
Was sind Quietschies?
Ich erwähnte diese bereits in einer vorigen Lesson und an dieser Stelle führe ich das weiter aus.
Unter „Quietschies“ versteht man eine besondere Art von Review. Meist sind diese nur eine oder
wenige Zeilen lang und enthalten folgende Sätze:
–
Awwwwwww, das war soooo toll!!!! Schreib schnell weiter!!
–
Supi Kapi! Freu mich aufs nächste!!
–
Du hast weitergeschrieben!!! *freu freu freu* Und es war wie immer einfach klasse!!
–
BIST DU VERRÜCKT?? DU KANNST HIER DOCH NICHT AUFHÖREN O_O !!!
–
JAAAAAAA!!!! Endlich geht es weiter!!! Wieder ein super Kapitel!
Und diverse weitere Variationen der genannten Beispiele. Meist wird in diesen Quietschies nur
zum Ausdruck gebracht wie „supi“, „klasse“, „süß“, „hot“ oder „toll“ alles war, dass man sich
darüber freut, dass es „endlich“ weitergeht oder dass der Autor „ganz schnell“ weiterschreiben
soll. Der Einsatz von Ausrufezeichen, jeder Menge Emoticons, niedlichen Abkürzungen oder
GROßSCHRIFT ist hier unerlässlich!
Es gibt auch Autoren, die sich über diese Reviews freuen, einfach weil es ein Review ist. Ich will
mich auch nicht beschweren. Wenn ich ein Quietschie kriege (ich glaube, ich habe noch nie eins
bekommen... Oo), dann freue ich mich auch, einfach weil man überhaupt irgendeine Art von
Rückmeldung erhält.
Aber das Problem mit Quietschies ist einfach, dass in diesen Reviews absolut nicht auf den
eigentlichen Inhalt des Kapitels eingegangen wird. Wie ich bereits sagte, ist es für uns Autoren
wichtig, mit den Lesern in Kontakt zu treten, dass ein Austausch stattfindet und wir erfahren, was
der Leser von unserer Idee, einem bestimmten Charakter, einer Szene, an der man lange gesessen
hat oder der Geschichte und dem Schreibstil allgemein hält. Wir möchten wissen, was genau an
der Geschichte gefällt und was nicht – und bestenfalls auch warum!
Und genau das macht konstruktive Kritik aus. Konstruktive Kritik ist Kritik, die nützlich ist, sprich:
nutzbringend. Eine Kritik, auf der man aufbauen kann. Deswegen ist es streng genommen auch
noch immer keine konstruktive Kritik wenn man schreibt: „Die Szene zwischen A und B hat mir gut
gefallen“ oder „Der Dialog/Das Gespräch zwischen C und D war klasse“. Und warum? Es fehlt die
Begründung. Ich gebe zu, dass es auch mir sehr, sehr schwer fällt, genau auszumachen, warum mir
etwas besonders gut gefallen hat. Aber es ist auch eine Sache der Übung.
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Maya88
Also kommen wir zu Frage 2: Wie schreibt man ein gutes Review/konstruktive Kritik?
Gerade wenn man eine Geschichte auf der Favo-Liste hat und jedes Kapitel verfolgt und auf
Updates wartet, dann würde ich mal sagen: Die Geschichte gefällt dem Leser. Warum schreiben
dann viele keine Reviews und teilen das dem Autor mit? Eine Begründung habe ich bereits
genannt: Einige scheinen nicht recht zu wissen >wie< oder >was< sie schreiben sollen. Ich habe
auch während der Diskussion die Aussage gelesen: „Ist ja auch dämlich, wenn ich unter jedes
Kapitel setze: War toll, mach weiter so!“
→ Im Endeffekt ist das korrekt. Im Grunde ist es „dämlich“. Aber das ist ja auch nicht gewünscht.
Normalerweise passiert in jedem Kapitel etwas Anderes, etwas Neues. Die Story wird weiter
vorangebracht, es werden vielleicht neue Fragen aufgeworfen, man erfährt etwas über einen
Charakter, Geheimnisse werden gelüftet usw. → und genau das möchte der Autor in der Regel
kommentiert sehen.
Geben wir mal ein einfaches Beispiel.
Gehen wir davon aus, dass wir eine AU-Geschichte haben. Eh, meinetwegen EXO in einem
Kriminalfall – außerdem ist es eine Romanze und zielt darauf ab, D.O mit Kai zu verkuppeln.
Kapitel 1: Situation wird geschildert und man erfährt, dass D.O Profiler beim FBI ist, meinetwegen
schon lange keine Beziehung mehr hatte, alleine lebt und generell seine Zeit am liebsten mit der
Arbeit verbringt
Kapitel 2: Eine Leiche wird gefunden und alles weist daraufhin, dass der Täter bereits schon einmal
zugeschlagen hat und dies bereits die dritte Leiche mit dieser ganz bestimmten Signatur war →
D.Os Team wird mit dem Fall betraut
Kapitel 3: D.O und seine Kollegen untersuchen des Tatort und sprechen mit den Einsatzkräften vor
Ort und wissen nicht, dass sie dabei vom Täter beobachtet werden
Kapitel 4: Kai, ein engagiertes Mitglied der Gemeinde, bietet D.O/dem Team seine Hilfe an →
während des Kapitels wird aufgrund von Andeutungen klar, dass es sich bei ihm um den Täter
handelt und es mit den Ermittlern spielt (und D.O ggf in Gefahr ist (?) → Suspense!)
Bei einem ausgefeilten (hier: Krimi-)Plot passiert NIE in einem Kapitel dasselbe wie im vorigen.
Deswegen ist es natürlich nicht angebracht, einfach unter jedes neue Kapitel „War toll“ zu
schreiben.
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How to write Fanfiction
Maya88
Zu Kapitel 1 könnte man schreiben, was einem an D.Os Charakter (bislang) gefällt, ob einem das
Setting zusagt und natürlich Dinge wie den Schreibstil kommentieren
Zu Kapitel 2 könnte man auf den Leichenfund bzw die vom Autor erfundene/verwendete Signatur
des Mörders eingehen, schreiben wie man die Szene empfunden hat, war es authentisch?, hatte
man vielleicht Gänsehaut oder Ekel-Alarm?, war eine Szene in der Gerichtsmedizin und wie war sie
geschrieben?, wie war D.Os Reaktion?, usw.
Zu Kapitel 3 könnte man kommentieren, wie man die Situation empfunden hat, in der man wusste,
dass D.O und sein Team vom Täter beobachtet wurde, wurde Spannung erzeugt?, hatte man das
Gefühl, dass gleich etwas passiert?, hatte man hier vielleicht schon einen Verdacht, wer der Täter
ist (anhand von Beschreibungen)?, usw.
→ Idealerweise geht man auf den Inhalt des Kapitels ein, schildert was man daran gut oder
schlecht fand (am besten mit Begründung wie z.B. „fehlende Atmosphäre“, „steifer Dialog“, „zu
wenig Beschreibungen“ etc.), ob einem der Schreibstil gefällt, ob man vielleicht Fehler entdeckt hat
usw.
WICHTIG: Wenn man Fehler entdeckt oder aber Dinge aufzählt, die einem nicht gefallen haben,
dann sollte man dies zum einen freundlich äußern und bestenfalls einen Verbesserungsvorschlag
(oder halt die Korrektur des Fehlers) mitliefern und nicht einfach sagen „XY war kacke“ → damit
kann ein Autor erst einmal nichts anfangen und bringt nichts, außer dass er deprimiert ist und sich
verzweifelt fragt, warum das „kacke“ war. Und das führt nicht dazu, dass der Autor besser wird,
weil er nicht weiß, was genau er verbessern muss.
Vergleichen wir mal einen Quietschie mit einem konstruktiven Review:
Quietschie:
„WUAH!! Das war so krass! Bin gespannt wie es weitergeht!! Schreib schnell weiter!“
Konstruktives Review:
„Wow, also der Leichenfund war ja mal wirklich krass. Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie sie die
Leiche aus dem Wasser gefischt haben – so wie du es beschrieben hast, konnte ich es regelrecht
„riechen“ (danke dafür XD !). Ich kann die Reaktion von A total nachvollziehen, ich glaube, ich hätte
mich auch übergeben... Die Szene war wirklich gut. Ich bin gespannt, wie B auf die Ergebnisse der
Gerichtsmedizin reagiert, die Signatur ist wirklich ungewöhnlich – wie bist du da nur drauf
gekommen? Steckt da ein tieferer Sinn hinter? Hm, wahrscheinlich. Bin jetzt schon auf die
Auflösung gespannt ^^ (..)“
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How to write Fanfiction
Maya88
→ Ein Review muss nicht zwangsweise so lang sein und man muss auch nicht auf jede Szene
peinlich genau eingehen, aber man sollte doch versuchen, auf die Dinge einzugehen, die besonders
bei einem hängen geblieben sind oder Eindruck gemacht haben. Der Autor wird (in der Regel) viel
Zeit und Arbeit investiert haben und sich sehr darüber freuen, wenn er eine Rückmeldung zu eben
dieser Szene erhält und liest, wie die Reaktionen darauf sind :) !
Ein Wort an Autoren:
Jupp, es gibt keine Review-Pflicht. Und (Schwarz-)Leser erpressen oder anfangen zu schimpfen
und zu jammern kommt auch nicht gut. Ein absolutes No-Go: Selbst 20+ Geschichten auf der FavoListe haben, die man NICHT kommentiert hat und sich dann beschweren, dass man keine Reviews
bekommt (oder nicht GENUG). Leute, das geht gar nicht. Ganz unfein ist das... Einfach arschig.
= Es ist eigentlich klar, dass man selbst bei 60 Favo-Einträgen NICHT davon ausgehen kann, dass
alle regelmäßig schreiben. Und wenn man dann pro Kapitel „nur“ 3-5 Reviews erhält, dann sollte
man dennoch dankbar sein und an all die armen Mitleidenden denken, die GAR KEINE Reviews
erhalten und nicht anfangen sich zu beschweren.
… Dankeschön :)
Eine weitere Sache: Umgang mit Kritik & Antwort auf ein Review
Wenn ein Leser in seinem Review (konstruktive) Kritik äußert, dann nicht einfach „dicht machen“
und ignorieren. Man kann es natürlich nicht jedem Leser recht machen, jeder hat einen anderen
Geschmack und empfindet beim Lesen auch anders. Aber wenn z.B. die Rechtschreibung kritisiert
wird, dann ist das nichts Subjektives. Oder wenn nicht nur einer, sondern gleich mehrere ReviewSchreiber sagen, dass sie die Entwicklung der Romanze zwischen zwei Charakteren als viel zu
schnell und „unlogisch“ empfinden, dann ist vermutlich was dran und man sollte darüber
nachdenken.
Kritik ist natürlich im ersten Moment hart zu schlucken. Man freut sich über ein Review und dann
liest man etwas Negatives. Das trifft seinen. Erst einmal: Keine Panik. Nicht die Nerven verlieren.
Nicht wütend werden. Wenn man zu aufgewühlt ist, dann NICHT sofort auf das Review antworten.
Verdaut die Kritik, denkt in Ruhe darüber nach und antwortet erst dann.
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How to write Fanfiction
Maya88
→ Bei der Review-Antwort ist es wichtig (finde ich jedenfalls), dass man dem Leser dafür dankt,
dass er überhaupt ein Review hinterlassen hat. Wie ich schon sagte, gibt es hier keine ReviewPflicht und von daher sollte man demjenigen danken, dass er sich die Zeit genommen hat, ein paar
Zeilen zu hinterlassen.
Nach einem Danke kann man anschließend auf den eigentlichen Inhalt des Reviews eingehen.
Wenn etwas kritisiert wurde, dann kann man sich dazu äußern (und wenn man nur schreibt, dass
man darüber nachdenkt oder so), wenn Fragen gestellt wurden, dann bitte darauf antworten (es
sei denn sie verraten alles XD), hat der Leser vielleicht eine Theorie geäußert oder macht sich über
bestimmte Dinge nähere Gedanken, kommt mit ihm ins Gespräch oder teilt ihm mit, dass ihr euch
darüber freut, dass er sich so für die Geschichte interessiert und sie ihn zum Denken anregt.
WICHTIG für Autor und Review-Schreiber: Behaltet immer einen freundlichen Ton, werdet nicht
persönlich oder beleidigend! Sollte etwas unklar sein oder es kommt vielleicht zu einem
Missverständnis, dann regelt das in einer PN und nicht in den Reviews. Reviews sind nicht das
Mittel um einen persönlichen Disput auszutragen, es sollte hier einzig und allein um die Geschichte
gehen!
… Danke :)
Ich weiß, dieses Extra-Kapitel ist im Gegensatz zu meinen vorigen Kapiteln recht kurz geworden,
aber ich wollte mich jetzt auch nicht zu sehr über dieses Thema auslassen, einfach weil es ein
sensibles Thema ist. Ich hoffe einfach nur, dass ich sowohl Lesern als auch Autoren ein wenig
vermitteln konnte, warum Reviews wichtig sind und was man bestenfalls beachten sollte.
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How to write Fanfiction
Maya88
11. Nachwort
Im Nachwort möchte ich allen danken, die mein „How to“ auf ihre Favo-Liste gesetzt, ihm einen
Stern gegeben und/oder mir ein Review hinterlassen haben – vielen, vielen Dank!
Ziel dieses kleinen Werkes war es, Autoren praktische Tipps zu vermitteln, aber auch das Wissen
um Plotoutlining und Characterdesign, das Schreiben an sich und die anschließende Korrektur und
ich hoffe, dass ich diesem Ziel wenigstens ein bisschen nahe gekommen bin. Wie ich im Vorwort
sagte, braucht man sich natürlich nicht an alles halten, was ich in meinen Lessons geschrieben
habe.
Abschließend möchte ich eigentlich nur noch sagen: Schreiben ist Arbeit. Egal ob Fanfiction oder
ein Original-Werk. Ein Haufen Arbeit. Und es ist ein Handwerk. Ein Handwerk, das man erlernen
kann. Man muss nur fleißig üben und darf nicht aufgeben :)
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12. Anhang 1: Material
Wie versprochen, folgen nun einige Bücher, aus denen ich zitiert oder die ich bereits zum Thema
„Schreiben“ gelesen habe und empfehlenswert finde. Zu jedem Buch werde ich kurz etwas sagen,
damit ihr einen kleinen Überblick habt. Anschließend möchte ich euch einige Links zur Hand
geben, die euch bei Fragen zur Rechtschreibung, Kommasetzung oder dem Finden von Synonymen
etc. unter die Arme greifen.
Bücher:
Lajos Egri: „Literarisches Schreiben: Starke Figuren entwickeln. Originelle Ideen finden. Die
Handlung vorantreiben.“
= Aus diesem Buch habe ich nichts zitiert, aber ich habe es an einem Tag verschlungen. Es ist ein
sehr praxisorientiertes Buch, welches nicht nur Theorie vermittelt, sondern zahlreiche (!), lebhafte
Beispiele gibt und auch zu eigenen Übungen anregt. Von Lajos Egri stammen die drei
Beschreibungsebenen (physiologisch, soziologisch und psychologisch), die ich in meinen Lessons zu
OCs und Characterdesign erwähne (das Zitat stammt aus dem Buch von Brockhaus).
Sol Stein: „Über das Schreiben“
= Das Buch habe ich gerade erst angefangen und er schreibt nicht nur über das Schreiben von
literarischen/fiktionalen Texten, sondern auch journalistischer und anderer nicht-fiktionaler Texte.
Sein Kapitel über das „Erschaffen faszinierender Menschen“ ist wirklich sehr gelungen und auch
sonst lässt sich das Buch leicht lesen und gibt viele Beispiele. Er geht auch auf Handlung,
Spannung, Dialoge und (ausführlich) auf Perspektiven ein. Alles in allem ein gutes Standardwerk,
welches die Grundlagen des Schreibens vermittelt.
Isa Schikorsky: „Helden, Helfer und Halunken: Perfekte Figuren für Ihren Roman“
= Habe ich ebenfalls verschlungen. Dieses Buch widmet sich tatsächlich nur den Figuren und ist
teils sehr psychologisch, aber auch (literatur-)geschichtlich und vermittelt ausführliches Wissen
über die Gestaltung und Entwicklung einer Figur, ihr Handeln, Denken und Sprechen, ihre Rolle im
Erzählprozess und vieles mehr. Sie gibt u.a. auch einige Tipps, die ich euch gegeben habe
(Horoskope etc.) und habe mich darüber gefreut, dies in einem Schreibratgeber zu lesen. Am Ende
des Buches ist ein Figuren-Steckbrief, den man ausfüllen kann und zudem „20 Tipps für perfekte
Figuren“. Zusammen mit dem Buch von Lajos Egri ein Muss, wenn man sich ausführlich mit
Characterdesign befassen möchte.
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Sylvia Englert: „So lektorieren Sie Ihre Texte: Verbessern durch Überarbeiten“
= Nicht nur für Beta-Leser geeignet, sondern auch für Autoren, die ihre Texte selber korrigieren
oder aber vorab ihren Text prüfen möchten. Das Buch ist recht dünn und zielt nicht nur auf das
Korrigieren fiktionaler Texte ab, sondern auch von Sachtexten, Artikeln, Essays etc. Der Teil über
fiktionale Texte beschäftigt sich mit ähnlichen Inhalten, die ich in meiner Lesson über die Korrektur
erwähne: Glaubhafte Charaktere, Löcher im Plot, Anordnung von Szenen etc. Zu jedem Thema gibt
es eine kurze Checkliste und auch Verbesserungsvorschläge.
Alexander Steele: „Romane und Kurzgeschichten schreiben“
= Das Buch habe ich ehrlich gesagt (noch) nicht ganz gelesen, aber aus ihm stammen die Zitate
zum Thema Kontraste und Beständigkeit. Die einzelnen Kapitel sind von verschiedenen Autoren
verfasst und widmen sich darin ihrem Lieblingsthema, so sind neben Charakteren auch hier Plot,
Perspektive, Beschreibung, Dialog etc. zu finden. Kapitel über Perspektiven finde ich
normalerweise ätzend, aber in diesem Buch ist es wirklich ganz wunderbar dargestellt und mit
guten Beispielen unterlegt.
Brockhaus: „Kreatives Schreiben: Vom leeren Blatt zum fertigen Text“
= Das war mein erstes Buch, was ich zum Thema „Schreiben“ gelesen habe und als Einstieg war es
nicht schlecht. Es gibt einen groben Überblick über verschiedene Genres, das Wecken der eigenen
Kreativität, Tipps zum Überwinden von Schreibblockaden und die üblichen Themen wie Plot und
Charaktere. Die Kapitel sind an für sich kurz gefasst, geben aber im Grunde das Wichtigste wieder.
Wer mehr zu einem bestimmten Thema lesen will, sollte weiterführende Literatur zur Hand
nehmen, aber als Einstieg und Überblick über die meisten Bereiche ist es geeignet (das Buch
arbeitet z.B. auch mit Lajos Egris drei Beschreibungsebenen).
James N. Frey: „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“ Band 1 & 2
= Dieses Buch wird von vielen empfohlen, ich selber habe es aber noch nicht gelesen → das ist in
der Bücherei ständig vergriffen. Aber da es sooft Erwähnung findet (auch in Rezensionen auf
Amazon zu anderen Ratgebern), dachte ich, ich liste es mit auf, damit ihr wisst, dass es das Buch
gibt.
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Spezielle Bücher:
Nicolette Bohn: „Realistische Mörder in Krimis und Thrillern“
= Nicht unbedingt ein Schreibratgeber für jeden, aber als ich „Danger“ und „Pull the Trigger“
angefangen habe zu planen (in denen es schließlich um Mörder, Serienkiller und generell
Kriminelle geht), habe ich dieses Buch gelesen und es hat mir vor Augen geführt, was ich alles noch
überarbeiten bzw. berücksichtigen muss. Das Buch ist eingeteilt in Kapitel zu „Serienmörder“,
„Stalker“, „Kannibalen“ etc. und gibt hierzu ausführliche Täterprofile und Beispiele aus dem realen
Leben (Dahmer, Bundy und Co). Am Ende finden sich zu jedem Täterprofil eine Zusammenfassung
(a la „Geschlecht: vorwiegend männlich“, „Alter: zwischen 25 und 40“ usw.).
Sylvia Englert: „Fantasy schreiben und veröffentlichen. Phantastische Welten und Figuren
erschaffen.“
= Habe ich leider noch nicht im Regal stehen, aber es ist von derselben Autorin wie „So lektorieren
Sie Ihre Texte“ und auch wenn ich kein großer Fantasy-Fan bin, bin ich dennoch scharf drauf, es zu
lesen, da ich denke, dass sich davon auch Einiges auf die Science-Fiction oder generell AUs
(Fanfiction) anwenden lässt.
Stephen L. Gillett: „World-Building. A writer's guide to constructing star systems and lifesupporting planets“
= Da ich Science-Fiction-Liebhaber bin und alle Bücher zum Thema „(Exo-)Planeten“,
„Sonnensysteme“, „Universum“, „Hyperraum“ etc. lese, die ich in die Finger bekomme und selber
eine Original-Arbeit zu diesem Genre plane, habe ich dieses Buch gekauft. Es ist auf Englisch, aber
das ist (für mich) kein Problem und ich empfehle es jedem, der sich für das Thema interessiert. Es
wird auf ganz elementare Dinge eingegangen wie astronomisches Grundwissen, Gravitation,
Atmosphäre, Rotation/Jahreszeiten, Plattentektonik, Magnetfelder etc. und gibt Tipps, wie man
einen glaubhaften Planeten bzw. ein Setting erschafft. Wirklich gut.
Die folgenden beiden Bücher werde ich mir hoffentlich bald noch zulegen:
Ronald B. Tobias: „20 Masterplots: Die Basis des Story-Building in Roman und Film“
= Ist auch vom Autorenhaus Verlag wie Sol Steins „Über das Schreiben“ und da ich mich sehr fürs
Plotten interessiere und auch schon einiges zu den berühmt-berüchtigten Masterplots gelesen
habe, muss ich dieses Buch einfach haben. Es hat gute Rezensionen erhalten und ich denke, dass
es für alle Plotoutline-Fans dort draußen empfehlenswert ist (auch wenn ich es noch nicht gelesen
habe).
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Roy Peter Clark: „Die 50 Werkzeuge für gutes Schreiben“
= Die Rezensionen sind recht geteilt, aber der Blick ins Buch (Amazon) zeigt, dass er auch Themen
wie die bösen Adverbien, Aktiv-Passiv, Satzstellung, Absätze, Cliffhanger, Szenen, Recherche etc.
bearbeitet und das reizt mich schon sehr. Es ist halt kein typischer Schreibratgeber, sondern
behandelt wirklich das Schreiben als Handwerk und gibt einen Überblick über die verschiedenen
Werkzeuge, die einem als Autor zur Verfügung stehen.
Links:
[Anmerkung: Da ich einen neuen Computer habe und meine ganzen Lesezeichen futsch sind, muss
ich derzeit selber wieder alles heraussuchen, was ich mal abgespeichert hatte, aber ich gebe euch
mal einige grundlegende Dinge zur deutschen Sprache zur Hand]
Einzelne Wörter, Grammatiken oder schnelle Rechtschreibprüfungen erledige ich mit Duden:
http://www.duden.de/rechtschreibpruefung-online
Beliebte Rechtschreibfehler schaue ich hier: http://www.korrekturen.de/beliebte_fehler.shtml
oder hier: http://wortwuchs.net/beliebte-fehler/ nach
Konjugationen schlage ich hier nach: http://www.verbformen.de/konjugation/?i=gehen
oder hier: http://konjugator.reverso.net/konjugation-deutsch-verb-schelten.html
Redewendungen findet ihr hier: http://www.redensarten-index.de/suche.php
Wortwiederholungen? Synonyme findet ihr hier: http://synonyme.woxikon.de/synonymliste
Listen mit Charaktereigenschaften: http://charaktereigenschaften.miroso.de/
und: http://wortwuchs.net/charaktereigenschaften/
Allgemein Rechtschreibung und Zeichensetzung: http://www.studisonline.de/Studieren/Richtig_schreiben/
→ Grundsätzlich empfehle ich jedem einen Duden im Regal stehen zu haben. Und vielleicht sogar
von Duden „Grundwissen Grammatik“ ;) Aber diese Links helfen einem weiter, wenn man die
Bücher nicht hat oder gerade zu faul ist, aufzustehen und es zu holen... *pfeif*
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Außerdem hatte ich euch Links versprochen, die beim Characterdesign helfen könnten. Neben dem
Link oben (Charaktereigenschaften), gebe ich euch einige/wenige Links zu Charakterbögen, PsychoTests und Horoskopen:
Charaktere:
Blank Character Bio Sheet (Deviantart):
http://ttotheaffy.deviantart.com/art/Blank-Character-Bio-Sheet-90733420
Character Personality Chart (Fiction Writers Mentor):
http://www.fiction-writers-mentor.com/character-personality-chart/
Charakterentwicklung – Ein Rundumschlag (Charta Scriptoria):
http://www.chartascriptoria.de/artikel/charakterentwicklung-ein-rundumschlag
Making Interesting Characters (tvtropes):
http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/SoYouWantTo/MakeInterestingCharacters
13 Ways To Create Compelling Characters (Justine Musk):
http://justinemusk.com/2010/02/01/13-ways-to-create-compelling-characters/
Wer Rollenspiele kennt/mag/spielt, der kann auch von DSA, D&D etc. die Charakterbögen nutzen
und umändern ^^
Am besten ist es, wenn man sich selbst einen (ausführlichen) Charakterbogen aus allem
zusammenschreibt, den man dann immer wieder benutzen kann. Ich persönlich habe einiges an
verschiedenen Bögen ausgedruckt und abgeheftet und wenn ich denke, dass bei einem Charakter
noch etwas fehlt, dann blättere ich darin.
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Psycho-Tests:
Big-Five Persönlichkeitstest:
http://www.psychomeda.de/online-tests/persoenlichkeitstest.html
Persönlichkeitstypen:
1. https://www.16personalities.com/de/kostenloser-personlichkeitstest
2. http://charaktertest.net/persoenlichkeitstest/
https://www.123test.de/personlichkeitstest/
Leide ich an einer Persönlichkeitsstörung?
http://www.testedich.de/quiz29/quiz/1298028560/Leide-ich-an-einer-Persoenlichkeitsstoerung
Selbsttests (Depressionen, Essstörung, Borderline etc.):
https://www.psychotherapiepraxis.at/surveys/
Wenn ihr zu bestimmten Fragen (Geld, Extrovertiertheit, Liebe etc.) oder Persönlichkeiten näheres
erfahren wollt, dann sucht am besten ganz speziell über Google.
Wenn ihr euch fragt, ob euer Charakter nicht vielleicht manisch-depressiv sein könnte oder ob er
unter Kaufsucht leidet oder sonst irgendwie eine solche Frage während des Schreibens aufkommt,
dann sucht nach Definitionen, Selbsttests und Erfahrungsberichten zu diesen Themen!
Horoskope:
Ich benutze hauptsächlich Bücher, wenn ich Informationen zu bestimmten Sternzeichen
brauche/suche.
Ich empfehle einfach bei Google das Sternzeichen einzugeben + Charakter oder Persönlichkeit,
dann bekommt man meist ganz gute Übersichten.
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Persönliche Horoskope könnt ihr hier erstellen lassen:
http://www.astroconnect.de/BerechnungEingabe.aspx
http://astrologie.zukunftsblick.de/
http://www.onlinehoroskope.de/horoskope/mini-horoskope.htm
Ich glaube, es ist der erste Link, den ich einige Male für Charaktere in meinen Geschichten
verwendet habe.
Ich hatte auch mal eine Seite, die wirklich sehr ausführliche (mehrere Seiten lang) Horoskope
erstellt hat, aber die finde ich leider nicht mehr.... T.T
Anderes:
Für den Mary-Sue-Check lest euch noch einmal das Kapitel über Mary-Sues durch und macht einen
✓oder ein X hinter die typischen Eigenschaften.
Und hier sind noch zwei (amüsante, aber ausführliche) Checklisten für euch:
http://limyaael.livejournal.com/30981.html
http://www.springhole.net/writing/marysue.htm
Ich hatte auf meinem alten Rechner noch eine Menge Links abgespeichert zu Dingen wie Plotting,
Writing Superhero Origins, How to write believable Characters, Characterdevelopment, How to
create a plausible postapocalyptic World, Worldbuilding usw. Aber die habe ich leider nicht mehr
(außerdem sind 90% der Links auf Englisch ^^).
Aber man findet (mit den richtigen Key Words) so ziemlich alles was man braucht über Google. Ich
habe jetzt auf meinem neuen Rechner zwei Ordner, „Schreiben“ und „Recherche“ → dort lade ich
alles ab, was ich mal rausgesucht habe (u.a. auch Links/Texte zu medizinischen Dingen, Krieg,
Waffen, Tiere [für meine Wolf-AU und ggf Hybrid-AU], die Mafia, Planeten...). Sehr
empfehlenswert! ;)
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13. Anhang 2: Checklisten
[Anmerkung: Dies sind nur recht kurze Checklisten mit einigen wichtigen Fragen. Wenn ihr zu den
Fragen die Details oder Tipps braucht, lest euch die entsprechenden Lessons noch einmal durch :)]
Der Plot:
–
Kennst du die zentrale Handlung deiner Geschichte?
–
Gibt es einen Konflikt?
–
Hast du dir über die Konsequenzen Gedanken gemacht?
–
Was ist das Ziel?
–
Weißt du, wie die Geschichte ausgehen wird (Sad End/Happy End)?
–
Hat deine Geschichte Anfang, Mitte und Ende?
–
Ist der Anfang mit zu viel Exposition vollgestopft?
–
Beginnt die Geschichte an der richtigen Stelle und zur richtigen Zeit?
–
Gibt es Höhe- und Wendepunkte?
–
Gibt es Löcher im Plot?
–
Hast du zu viel Nebenhandlung?
–
Passiert alles in einer logischen Reihenfolge (Ursache/Wirkung/Ablauf)?
–
Ist das Ende plausibel und befriedigend?
–
Wurden (alle) offenen Fragen geklärt?
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Charaktere:
–
Sind deine Idols (zu) OoC oder erkennt man sie wieder?
–
Sind deine OCs Mary Sues oder Self-Inserts?
–
Haben deine Charaktere Wünsche?
–
Passen alle Charaktere in die Handlung?
–
Hat dein Protagonist ein Ziel, welches er unbedingt erreichen muss/will?
–
Können sich deine Charaktere entwickeln?
–
Sind die Hauptfiguren komplex genug?
–
Haben alle Charaktere positive und negative Eigenschaften?
–
Hast du dir zu allen drei Ebenen Gedanken gemacht?
–
Kann man alle Charaktere deutlich voneinander unterscheiden?
–
Sind die richtigen Figuren „rund“ und die richtigen „flach“?
–
Kennst du alle deine Charaktere gut genug?
–
Gibst du nur die Informationen, die wirklich notwendig sind?
–
Präsentierst du deine Charaktere mit allen Mitteln (Handeln, Sprachen, Gedanken,
Erscheinung)?
Dialog:
–
Arbeitest du an den richtigen Stellen mit Dialog statt mit Beschreibungen?
–
Werden die richtigen Informationen mit Dialog vermittelt?
–
Klingt der Dialog natürlich oder steif und gekünstelt?
–
Kommst du im Dialog zum Punkt oder ist er stellenweise überflüssig?
–
Klingen die Charaktere unterschiedlich (Wortwahl, Akzent/Dialekt, Informationen)?
–
Wird der Dialog durch Beschreibungen/Subtext unterstützt oder eher ausgebremst?
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Beschreibungen:
–
Arbeitest du mit allen fünf Sinnen?
–
Sind die Beschreibungen spezifisch oder eher ungenau?
–
Benutzt du Adverbien nur, wenn sie wirklich notwendig sind?
–
Benutzt du vielleicht zu viele Beschreibungen?
–
Gehst du an den richtigen Stellen auf Details ein?
–
Benutzt du Klischees oder zu viele/gemischte/unsaubere Metaphern und Redewendungen?
Ich hoffe, diese kleinen Checklisten helfen euch ein wenig weiter ^^
Viel Spaß beim Schreiben und seid schön fleißig :)
-Maya88
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