Qualität von Phytopharmaka

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Qualität von Phytopharmaka
Qualität von
Phytopharmaka
Sandra Stamm
Praktikum Pharmazeutische
Biologie III
Bedeutung von Phytopharmaka
Ausgaben für rezeptfreie Arzneimittel
im Jahr 2007: (BAH)
•
gesamt: 6,2 Mrd. Euro
•
davon für Phytopharmaka: 1,29 Mrd. Euro (23%)
Phytopharmaka:
•
erfreuen sich wachsender Beliebtheit
•
gelten als nebenwirkungsarm, „natürliche“ AM, gesunde Lebensführung
•
große Bedeutung im Rahmen der Selbstmedikation (Husten / Erkältung,
Herz-Kreislauferkrankungen, Verdauungsbeschwerden, Beruhigungs/Schlafmittel
Gliederung
• Definition: was ist ein Phytopharmakon?
• Zulassung und Registrierung
• Extrakte und Qualität
• Deklaration
• Vergleichbarkeit
• Klinische Studien
Was sind Phytopharmaka?
Am Anfang der Arzneimittelgewinnung
und der Krankenbehandlung mit
Arzneimitteln stehen historisch
gesehen pflanzliche Produkte.
Was sind Phytopharmaka?
AMG § 2 Arzneimittelbegriff
(1) Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt
sind,
durch Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper
1. Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen,
zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen…
AMG § 3 Stoffbegriff
Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind
…
2. Pflanzen, Pflanzenteile, Pflanzenbestandteile, Algen, Pilze und Flechten
in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand
…
Was sind Phytopharmaka?
• Rationale Arzneimittel → AMG
• Wirkstoff: Zubereitungen aus Pflanzen, Pflanzenteilen und
Pflanzenbestandteilen → Extrakt (Vielstoffgemisch)
• Anwendung im Sinne der Schulmedizin
• Adäquate Dosierung
• Indikationsgerechte Verordnung
• Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses
• Verwendung zugelassener bzw. registrierte Zubereitungen
Was sind Phytopharmaka?
Keine Phytopharmaka:
•
•
•
•
•
Isolierte Pflanzeninhaltsstoffe
Homöopathika
Anthroposophika
Bachblüten
Nahrungsergänzungsmittel,
Lebensmittel, Diätetika
Anforderungen an ein Arzneimittel
Phytopharmakon = rationales AM
AMG
Qualität
Wirksamkeit
Unbedenklichkeit
Zulassung bzw. Registrierung
Zulassung und Registrierung
„normale“ Arzneimittel
• Qualität, Wirksamkeit
und Unbedenklichkeit
nachgewiesen in
pharmakologischen,
toxikologischen und
klinischen Studien
Well established
medicinal use
• Qualität, Wirksamkeit
und Unbedenklichkeit
beruhen auf
epidemiologischen Daten,
Monographien und
publizierter wissenschaftlicher Literatur
• NW des „well established
med. use“ mind 10 Jahre
Zulassung:
Rationale Phytopharmaka
Traditional use
• Qualität, Wirksamkeit
und Unbedenklichkeit
beruhen auf
langdauernder
Verwendung und
Erfahrung
• Verwendung mind.
30 Jahre, davon mind.
15 in der EU
Registrierung:
Traditionelle
Phytopharmaka
Qualität
Problematik
• Phytopharmaka sind Vielstoffgemische. Die pflanzliche Droge / der
pflanzliche Extrakt stellt in ihrer / seiner Gesamtheit den Wirkstoff dar.
• Für Phytopharmaka als Vielstoffgemische ist die qualitative und
quantitative Reproduktion wesentlich aufwendiger als für definierte
Einzelstoffe.
• Um einen gleichbleibenden therapeutischen Erfolg bei einer
Behandlung mit einem Phytopharmakon garantieren zu können, muss
die Zusammensetzung des pflanzlichen Inhaltsstoffes dieses
Pytopharmakons von Charge zu Charge möglichst gleich bleiben.
Qualität
Ausgangsdroge / Extrakt
Fertigarzneimittel
Qualität des Phytopharmakons
Extrakt - Definition nach Ph.Eur.5
Zubereitungen von flüssiger, halbfester oder fester Beschaffenheit, die
aus, üblicherweise getrockneten, pflanzlichen Drogen oder tierischen
Materialien hergestellt werden.
1. Standardisierte Extrakte
werden innerhalb zulässiger Grenzen auf einen vorgegebenen Gehalt an
wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffen eingestellt. Die Einstellung
erfolgt mit inerten Materialien oder durch Mischen von Extraktchargen.
2. Quantifizierte Extrakte
werden auf einen definierten Bereich von Inhaltsstoffen eingestellt. Die
Einstellung erfolgt durch Mischen von Extraktchargen.
3. Andere Extrakte
werden im Wesentlichen durch ihr Herstellungsverfahren sowie duch ihre
Spezifikation bestimmt.
Extrakt-Untermonographien
Fluidextrakte (Extracta fluida):
Extraktion mit Ethanol und/oder Wasser, Lösen eines Trocken- oder
Dickextraktes, 1 Teil Droge entspricht 1 Teil Flüssigextrakt
Tinkturen (Tincturae):
Mazeration oder Perkolation mit Ethanol, Lösen eines Trocken- oder
Dickextraktes, gefiltert, 1 Teil Droge + 5 bzw. 10 Teile Ethanol
Zähflüssige Extrakte, Dickextrakte (Extracta spissa):
halbfest, durch Eindampfen des Lösungsmittels
Trockenextrakte (Extracta sicca):
fest, Verdampfen des Lösungsmittels,
Trocknungsverlust bzw. Wassergehalt max. 5%
Extraktherstellung
Arzneidroge
Auswahl des Pflanzenteils,
Reinigung, Zerkleinerung
Drogenpulver
Zusatz von Lösungsmittel,
Extraktion
Fluidextrakt
Einengung,
Trocknung
Trockenextrakt
Spezialextrakt
• Ubiquitäre und
unerwünschte Begleitstoffe
werden entfernt bzw.
möglichst weitgehend
reduziert
• therapeutisch relevante
Inhaltsstoffe werden
konzentriert
• Beispiel: Ginkgo biloba
Extrakt EGb 761
- Anreicherung von
Ginkgoliden und
Bilobalid
- Reduktion von
Ginkgolsäuren
Arzneidroge
Drogenpulver
Fluidextrakt
Trockenextrakt
Spezialextrakt
Spezialextrakt
Ginkgo
Spezialextrakt
Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761®
enthält:
Ginkgoflavon(ol)glycoside
24,0 Prozent
(22,8-26,4%)
Ginkgo
Vollextrakt
Terpenlactone 6,0 Prozent
(5,4-6,6%)
Ginkgolide 3,1 Prozent
Bilobalid 2,9 Prozent
Ginkgolsäuren unter 5 ppm
Biflavone unter 0,1 Prozent
Droge-Extrakt-Verhältnis
DEV (Droge-Extrakt-Verhältnis)=
Masse der eingesetzten Droge
Masse des erhaltenen Extrakts
Tinkturen:
DEV ~ 1:5 – 1:10
Fluidextrakt:
DEV ~ 1:1
Trockenextrakt:
DEV ~ 3-15:1
Spezialextrakt:
DEV ~ >30:1
Extrakt - Inhaltsstoffe
Wirksamkeits
bestimmende
Inhaltsstoffe
• ergeben im isolierten
Zustand den gleichen
therapeutischen
Effekt wie der
Gesamtextrakt
• für die Wirksamkeit
des Extraktes
verantwortlich
Wirksamkeits
mitbestimmende
Inhaltsstoffe
• ergeben im isolierten
Zustand NICHT den
gleichen
therapeutischen
Effekt wie der
Gesamtextrakt
• für die Wirksamkeit
des Extraktes
mitverantwortlich
Leitsubstanzen
• kein Beitrag zur
Wirksamkeit
• chem. def.
Inhaltsstoffe
• analytische Hilfsmittel,
Einsatz zu
Kontrollzwecken
Extrakt - Inhaltsstoffe
Wirksamkeits
bestimmende
Inhaltsstoffe
bekannt
Wirksamkeits
mitbestimmende
Inhaltsstoffe
bekannt
Wirksamkeit
nachgewiesen
keine Korrelation zu
best. Inhaltsstoffen
Extrakttyp A
Extrakttyp B
Extrakttyp C
Sennes-, Aloe-,
Mariendistelextrakt
Johanniskraut-,
Weißdornextrakt
BrennesselBaldrianextrakt
Extraktqualität
Droge
Stammpflanze
Pflanzenherkunft, Anbau
(Klima, Boden…)
Pflanzenteil
Schnittgröße,
Pulveranteil
Extraktionsart
Extraktionszeit
Extraktionstemperatur
Extraktionsdruck
Chargengröße
Herstellungsverfahren
Auszugsmittel
Extraktqualität
Auszugsmittelart,
-konzentration
und -menge
Durchflussgeschwindigkeit
HPLC
Nasschemisch
→ Deklaration
Analytik
Extraktcharakterisierung
Standardisierung
Normierung
Alle Maßnahmen, die zu einer
reproduzierbaren Qualität der
Droge und des daraus
hergestellten Extraktes führen
Im Anschluss an Standardisierung,
wenn wirksamkeitsbestimmende
Inhaltsstoffe bekannt sind
• Festlegung von Standards für:
Ausgangsdroge
Auszugsmittel
Herstellverfahren
Inprozeßkontrollen
Drogen- bzw. Extraktzubereitung
Einstellung auf einen festen
Normwert an
wirksamkeitsbestimmender
Substanz bzw. Substanzgruppe mit
Angabe des Mindest- und
Höchstgehaltes
• Chargenmischung
Extraktcharakterisierung
Zeitschrift für Phytotherapie 2004; 25:S35-40
Deklaration
„Quality of Herbal Medicinal Products“
Bestandteil der Deklaration
•
DEV
•
Menge des Gesamtextraktes
•
Art und Konzentration des eingesetzten Auszugsmittels
Für die Deklaration gilt:
•
wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe, die zur Normierung
eingesetzt werden, müssen deklariert werden
•
wirksamkeitsmitbestimmende Inhaltsstoffe können nach BfArM
deklariert werden, wenn eine pharmakologische Wirkung belegt ist
•
Leitsubstanzen werden nicht deklariert
Beispiele
Legalon®
1 Kps. enth.: Trockenextrakt aus Mariendistelfrüchten (3644:1) 173-186,7 mg (entspr. 140 mg Silymarin, ber. als
Silibinin) -Auszugsmittel: Ethylacetat >96,7%.
Tebonin® forte
1 Filmtbl. enth.:
40mg Trockenextrakt aus Ginkgo biloba-Blättern (35-67:1)
Auszugsmittel: Aceton 60% (m/m).
Quant. auf 8,8-10,8 mg Flavonoide, berechnet als
Flavonoidglykoside, sowie auf 2,0-2,8 mg Terpenlactone,
davon 1,12-1,36 mg Ginkgolide A, B, C u. 1,04-1,28 mg
Bilobalid, weniger als 0,2 μg Ginkgolsäuren pro Filmtbl..
Vergleichbarkeit
?
=
1 Tablette enthält 600mg
Johanniskrauttrockenextrakt
1 Tablette enthält 600mg
Johanniskrauttrockenextrakt
Vergleichbarkeit
?
=
1 Tbl. enth.: JohanniskrautTrockenextrakt (5-8:1) 612 mg Auszugsmittel: 50 Vol.-% Ethanol.
1 Filmtbl. enth.: Trockenextrakt aus
Johanniskraut (3-7:1) 600 mg Auszugsmittel: Methanol 80% (v/v).
Anw.: Psychovegetative Stör.,
depressive Verstimmungszustände,
Angst u./od. nervöse Unruhe
Anw.: Leichte bis mittelschwere
depressive Episoden
Vergleichbarkeit
?
=
9 Wirkstoff: Johanniskraut-Trockenextrakt
o DEV: (5-8:1) bzw (3-7:1)
o Auszugsmittel: Ethanol 50% (v/v) bzw. Methanol 80% (v/v)
o Indikation
9 Darreichungsform
Vergleichbarkeit
=
Die beiden Präparate sind nicht vergleichbar
und dürfen nicht ausgetauscht werden!
Klinische Studien
• Erkenntnisse über Krankheitsentstehung und Krankheitsverläufe
• Überprüfung neuer therapeutischer und diagnostischer Verfahren
• Erprobung neuer Arzneimittel
Erkenntnisgewinnung und Qualitätssicherung in der Medizin
Klinische Studien & Phytopharmaka
Extrakt
Wirkungscharakteristik
Finanzierung
• Vielstoffgemisch → viele
biolog. Effekte
• meist große therapeutische
Breite
• klinische Studien sind sehr
teuer
• verschiedene Stoffmuster
bei unterschiedlich
hergestellten Extrakten
• meist keine auffallende
Sofortwirkung, sondern
längere Latenzphase
• eher geringer Absatzmarkt
• wirksamkeitsbestimmende
Inhaltsstoffe nicht bekannt
• meist geringe max.
Wirkungsstärke
→ Bioäquivalenzstudien
nicht möglich
→ Probleme des
Wirksamkeitsnachweises
• eigene Studien für
unterschiedliche Extrakte
→ Probleme bei der
Finanzierung
Profunde klinische Studien fehlen häufig
Therapeutischer Einsatz eines Phytopharmakons bleibt
oft nicht ausreichend belegt
Was passiert im Praktikum?
• Identitätsprüfung von Phytopharmaka
→ Kamillen- und Thymianöle nach Ph. Eur.
→ Erkältungspräparate mittels DC
• Vergleich von Phytopharmaka und Beurteilung ihrer Qualität
→ Kamillen- und Ginkgopräparate werden mittels DC
analysiert, es folgt ein qualitativer Vergleich der Präparate,
wobei Sie sich auf die Deklaration des Arzneimittels
beziehen.

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