Leuchtturmin Ladenburg

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Leuchtturmin Ladenburg
FRIEDHOFSGARTENBAU
Rosemarie Freund und
Enkel Heiko Freund
Heiko Freund pflegt auch das
Grab von Karl Benz, dem Erfinder des Automobils, und seiner
Frau Berta, der ersten Autofahrerin. Das Grab soll in absehbarer Zeit umgestaltet werden
F
riedhofsdienstleistungen
und Dauergrabpflege bieten vor allem Betrieben in
ländlichen Regionen noch sehr
viele Möglichkeiten. Oft sind
die Potenziale bei Kaufkraft
und Kundenwünschen noch
nicht ausgeschöpft. Mit einer
Mustergrabanlage als Initialzündung ging Heiko Freund die Sache in Ladenburg an. Ladenburg hat 12 000 Einwohner
und eine gute Kaufkraft. Ergebnis: Viel Aufmerksamkeit, viele
Aufträge und eine stark gestiegene Zahl von Neuabschlüssen.
„Wir haben selbst nicht geglaubt, dass das so gut funktionieren wird“, sagt Heiko
Freund. In einem Kraftakt gestaltete er im Frühjahr letzten
Jahres sechs Mustergräber di-
KONTAKT
Gärtnerei Freund, Preysingstraße 12,
68526 Ladenburg,
Telefon 062 03/31 12, Fax 18 06 28
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Gärtnerei Freund in Ladenburg
Leuchtturm in Ladenburg
Dass Mustergräber einen Boom bei Friedhofsaufträgen auslösen
würden, hatte Familie Freund nicht erwartet. Der Betrieb, der mit
einem Blumengeschäft präsent ist, hatte Friedhofsarbeiten bisher
nebenbei ausgeführt. Nun aber gibt es neue Perspektiven.
rekt vor dem kleinen Friedhof
in Ladenburg. Seitdem können
die Freunds über Auftragsmangel und fehlende Neuabschlüsse bei der Dauergrabpflege
nicht klagen. Jutta Freund, Heikos Mutter, führt gemeinsam
mit ihrer Mutter Rosemarie
Freund das kleine Blumengeschäft in einer Seitenstraße in
Ladenburg. Es ist das einzige
Fachgeschäft für Blumen und
Dienstleistungen am Friedhof.
Den Betrieb gibt es seit mehr
als 100 Jahren.
Der Bereich Friedhof wurde
bislang von Heikos Onkel Helmut Freund, der als angestellter
Gärtnermeister in einer Hydrogärtnerei arbeitet, nach Feierabend bewirtschaftet. Wie groß
die Möglichkeiten in diesem Bereich sind, hat Heiko Freund,
gelernter Zierpflanzengärtner,
bei Matthias Kocher im rund
20 km entfernten Mannheim
erfahren. Dort arbeitet er als
Geselle. Freund hat ein Auge
für das Gestalten von Gräbern.
Die Grundlagen lernte er bei
Kocher, der für ihn mehr Mentor als klassischer Arbeitgeber
ist. „Zurzeit arbeite ich fast für
zwei. Einmal das normale Geschäft bei meinem Arbeitgeber
und dann die Aktivitäten zu
Hause“,
berichtet
Heiko
Freund von einem anstrengenden Jahr. Das kann nicht immer
so weitergehen. „Über kurz
oder lang werde ich wohl einen
guten Mitarbeiter verlieren“,
weiß Kocher.
Staunen über große
Nachfrage
Noch staunen Mutter und
Großmutter in Ladenburg über
den Zuwachs im Bereich Friedhof. Beide fühlen sich in der
Beratung noch unsicher. Mit
einfachen Mitteln versuchen
Heiko Freund und Matthias Ko-
cher, den Frauen zu helfen. Für
die Beratung gibt es zum Beispiel schriftliche Kalkulationsbeispiele für Grabpflege und
Dauergrabpflege. Die hat Freund
jeweils auf einer A4-Seite zusammengefasst und einlaminiert. Die Mustergräber sind
sorgfältig etikettiert und auch
mit den Namen der Pflanzen
versehen.
„Es gibt aber noch viele Detailfragen, oft werde ich mehrfach am Tag angerufen“, berichtet Freund. Der kann sich mittlerweile sehr wohl vorstellen,
dass die Arbeit auf dem Friedhof
in Ladenburg mal einen wesentlichen Teil zu seinem Lebensunterhalt beitragen wird.
Mit allen neuen Verträgen
gelang es, ein Preisniveau für
die Pflege zu bekommen, die
fast dem in Mannheim entspricht. Damit ist diese Arbeit
auskömmlich. „Bei alten Verträgen haben wir Gräber über-
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S TA N D O RT
LADENBURG
Gärtnerei Freund
in Ladenburg
B E T R I E B S DAT E N
Mustergräber als Initialzündung
arbeitet und finanziell auch etwas draufgelegt“, weiß Kocher.
Er hat sich mit den Freunds zusammengesetzt und sämtliche
Verträge durchgearbeitet. Dabei haben die Ladenburger gelernt, wie man die Angebote
wirtschaftlich kalkulieren muss,
um finanziell auf Dauer zu-
rechtzukommen. „Die Investition in die alten Verträge hat
sich gelohnt. Bis Anfang Dezember konnten wir 45 neue
Verträge abschließen und auch
einen guten Teil davon in Pflege nehmen“, sagt Freund. Aus
diesen Neuabschlüssen konnten auch die zusätzlichen Inves-
BA D I S C H E F R I E D H O F S G Ä RT N E R
Spezialberatung
erforderlich?
M
Matthias Kocher, Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner, denkt zurzeit über einen Spezialberater nach, der Betrieben wie den Freunds
mit Rat und Tat zur Seite stehen sollte. „Die Gärtnerei in
Ladenburg ist nur ein Beispiel von vielen in Baden. Ich
denke, da lässt sich eine ganze Menge machen, wenn
man die Themen Dauergrabpflege und Dienstleistung auf
dem Friedhof aktiv angeht“, meint Kocher. Was mit guter
fachlicher Leistung und viel Engagement, auch von Seiten Kochers, machbar ist, beweist das Beispiel Freund.
Nicht nur in Baden, im gesamten Bundesgebiet gibt es sicher noch viele Gärtnereien, die den Bereich Friedhof nur
nebenher bearbeiten. Hier liegen nicht nur Chancen für
die Dienstleister brach, sondern auch für Produzenten.
Ein Großteil der in Deutschland produzierten Pflanzen
wird bereits für die Gräber gebraucht, es könnten noch
viel mehr sein. Andere Genossenschaften und Treuhandstellen sollten ähnlich wie Matthias Kocher darüber
nachdenken, wie sie neue Mitglieder und neue Kunden
für die Dauergrabpflege gewinnen können. Intensive Beratung, die teilweise auch in der Hilfe vor Ort, zum Beispiel bei der Gestaltung und Pflege der Gräber zu leisten
ist, ist dazu aber vermutlich notwendig.
Jam
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Alle Mustergräber sind etikettiert
titionen in die Gräber aus dem
Bestand finanziert werden.
Betriebsstrukturen
umstellen
Mit dem Auftragsboom ergeben
sich neue Probleme bei der Organisation des Betriebs. Damit
das Geschäft auf dem Friedhof
ausgebaut werden kann, müssen im Büro entsprechende
Strukturen geschaffen werden.
Noch produzieren die Freunds
einen Teil ihrer Ware selbst.
„Wir überlegen aber, bei den
Beet- und Balkonpflanzen auf
Rohware umzusteigen und
nicht mehr alles selbst anzuziehen“, erklärt Freund. Der Blumengroßmarkt Mannheim, der
auch einen Lieferservice bietet,
ist eine gute und nahe Einkaufsquelle.
Zurzeit machen sich die
Freunds gemeinsam mit Matthias Kocher Gedanken darüber, wie man die Bürotätigkeiten sinnvoll ausführen kann.
„Jetzt sind die Ladenburger auf
die Grabpflege aufmerksam geworden, und nun muss das Feld
weiter beackert werden, um
auch in der Zukunft ein ähnliches Niveau bei den Abschlüssen halten zu können“, meint
Kocher.
Die Freunds in Ladenburg
wissen immer noch nicht so
recht, ob das Jahr 2006 in Sachen Dauergrabpflege, die sich
➜ Gesellschaftsform:
Einzelunternehmen
➜ Geschäftsinhaber:
Helmut Freund
➜ Firmengründung:
1901, seit 1990 von
Helmut Freund geführt
➜ Mitarbeiter: 3, darunter
1 Meister und 2 Gesellen
➜ Tätigkeitsfelder:
Grabpflege (20 %), Dauergrabpflege (10 %), Floristik
(60 %), Produktion (10 %)
➜ Anzahl Pflegegräber:
190, davon etwa 30 %
Dauergrabpflege
➜ Produktionsfläche:
700 m2 geschützt,
800 m2 Freiland
➜ Betriebsmittellohn: 38 e
➜ Maschinenpark:
2 Still-Elektrowagen,
1 Elektro-Golfwagen,
1 Traktor mit Anhänger
➜ Mitgliedschaften:
Verband Badischer Gartenbaubetriebe, Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner
➜ EDV-Lösungen:
in Zukunft: Softnet
nach der Abschlusssumme auf
das 15-fache der Vorjahre gesteigert hat, nur ein Traum war
oder doch Realität. Für Heiko
Freund ist aber klar: Hier kann
er sich eine solide Basis für seinen eigenen Betrieb schaffen.
Text und Bilder:
Christiane James, Straelen
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