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Claudia und Matthias Kocher M annheim ist eine Arbeiterstadt, die voll im Strukturwandel steckt. Das merkt auch Matthias Kocher. In der fünften Generation führt der Ingenieur die Gärtnerei am Hauptfriedhof. Dass die Produktion nicht mehr rentabel war, erkannte Kocher bereits Mitte der 90er Jahre. Heute ist die Gärtnerei ein reines Dienstleistungsunternehmen. „Die anderen Sparten sind von den Kollegen gut besetzt, und der Standort direkt am Friedhof bietet sich für eine rentable Produktion nicht an“, sagt Kocher. Der Mannheimer nutzt seine Kreativität für die Aufgaben auf dem Friedhof, und da gibt es in Mannheim eine Menge zu tun. Gegen immer kleiner werdende Gräber und die Baumbestattungen führte er 2002 gemeinschaftlich gepflegte Urnenreihengräber mit einheitlichen Grabzeichen ein. Kocher ist Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft Ba- KONTAKT Gärtnerei Kocher, Am Friedhof 15–21, 68167 Mannheim, Telefon 06 21/3 43 53, Fax 33 45 83, [email protected] [email protected] 38 Gemeinschaftlich gepflegte Urnenreihengräber bestehen seit 2002 Gärtnerei Kocher in Mannheim Neue Grabmodelle entwickeln Viele Friedhofsgärtner suchen angesichts sinkender Beisetzungszahlen und steigender Tendenz zu Urnengräbern nach neuen Geschäftsfeldern. Manch einer tummelt sich in den Hausgärten seiner Kunden, ein anderer entdeckt Dienstleistungen wie Hol- und Bringservice für sperrige Waren. Matthias Kocher aber konzentriert sich auf sein Kerngeschäft auf dem Friedhof. discher Friedhofsgärtner und weiß, wie man solche Projekte angeht. Gemeinschaftsgräber gut im Griff Die Gräber werden als komplettes Paket mit einem Dauergrabpflegevertrag angeboten. „Jeder Friedhofsgärtner, der der Genossenschaft angeschlossen ist, bekommt eine Reihe zur Pflege. Verteilungsschlüssel ist das durchschnittliche Dauergrabpflegekapital der letzten drei Jahre, so werden auch kurzfristige Sprünge nivelliert“, erklärt Kocher das Vergabeverfahren unter den Kollegen. Die Gräber werden sofort komplett bepflanzt und ge- pflegt, wenn wieder eine neue Reihe gebraucht wird. Die Urne wird unter die Fläche, die für die Wechselbepflanzung vorgesehen ist, beigesetzt. So entstehen in der Regel kaum Schäden am Grab, und der Bereich sieht immer ordentlich aus. „Wenn die Gräber noch nicht belegt sind, pflegen die Friedhofsgärtner auf eigene Kosten. Aber das sind Beträge, die wir verschmerzen können.“ Seit 2003 ist mit den „Partnerschaftsgräbern“ eine weitere Variante der gemeinschaftlich gepflegten Gräber in Mannheim im Angebot. Auf der Grabstätte im Format eines zweistelligen Wahlgrabs ist Platz für insgesamt acht Urnen. „Die Reihengräber sind gut an- genommen worden, doch Ehepaaren konnten wir da keinen bestimmten Platz reservieren. So ist dann die Idee der Partnergräber entstanden. Das sind dem Typ nach Wahlgräber, die auch nachgekauft werden können“, berichtet Kocher. Je ein Viertel eines Partnergrabs ist für ein Ehepaar gedacht, der ebenfalls viergeteilte Stein kann nach Ablauf der 15-jährigen Ruhefrist ausgetauscht und durch einen neuen ersetzt werden. Zurzeit arbeiten Matthias Kocher und Kollegen mit dem regionaltypischen roten Sandstein. So lassen sich die Kosten auf Dauer halten. Sie betragen für das Grab inklusive der dreimaligen Bepflanzung und der Pflege für 15 Jahre ab 2007 51-52/2006 FRIEDHOFSGARTENBAU Das „Partnergrab“ gehört zu den neuen Angeboten Blumengeschäft am Hauptfriedhof 2200 e beim Reihengrab und 3300 e für das Partnerschaftsgrab. Die Stadt Mannheim bietet auf dem Hauptfriedhof „Baumgräber“ auf einem Feld mit einem großen Baum an. Die Urnengräber sind mit einer einfachen Platte gekennzeichnet. Das Angebot der Friedhofsgärtner ist dazu – auch im Preis – eine deutliche Alternative mit umfangreicher Dienstleistung. Das sorgt für regen Zulauf bei den Gärtnern. Bedenkenträger blockieren Doch Matthias Kocher denkt schon einen Schritt weiter. Seiner Ansicht nach sollen die 51-52/2006 Gärtner auf Dauer die Menschen nicht zur Feuerbestattung zwingen, um das Angebot der gemeinsam gepflegten Anlagen nutzen zu können. Also muss eine Variante her, die auch Erdbeisetzungen erlaubt. Erste Ideen gibt es, aber auch noch viele Fragen und Probleme. Die Gärtner legen Wert darauf, dass der Bereich der gemeinschaftlich gepflegten Gräber immer gut aussieht. Wie geht das mit einer Sargbeisetzung zusammen? Einen Platz für das neue Feld hat Kocher bereits gefunden. Doch noch stehen er und seine Kollegen mit der Stadt in Verhandlung. „Für die Genehmigung der Urnenreihengräber haben wir zwei Jahre gebraucht.“ Dabei sind nicht die Mitarbeiter des Garten- und Friedhofsamts das Problem, sondern die Politiker im Stadtrat haben bei neuen Dingen für den Friedhof immer viele Bedenken. Doch Kocher wird in der Sache am Ball bleiben. „Mit der Entwicklung neuer Grabmodelle sind wir sicher erst am Anfang.“ Dauergrabpflege mit Prozenten Zu den Fortgeschrittenen gehört Kocher, wenn es um die Kalkulation von Dauergrabpflegeverträgen und die Kooperation mit Kollegen geht. Das laufende Jahr wird bei ihm ver- mutlich das beste im Sektor Dauergrabpflege werden. Der kaufmännisch orientierte Gärtner, dessen Leidenschaft die Zahlen sind, hat seinen Kunden ein besonders gutes Angebot gemacht: Alle Verträge dieses Jahres enthalten natürlich noch 16 % Mehrwertsteuer. Darüber hinaus bietet Kocher je nach Laufzeit seinen Kunden weitere Prozente an. „Bei der Verzinsung, die die Dauergrabpflege hat, ist das betriebswirtschaftlich für mich kein Problem.“ Prozente locken die Kunden auch in die Dauergrabpflege. Hauptarbeitsfeld für Kocher und Team ist der Hauptfriedhof in Mannheim. Doch viele Kunden möchten Gräber auf anderen Friedhöfen oder sogar außerhalb von Mannheim gepflegt haben. Das lohnt sich für Kocher nicht. Deshalb kooperiert er in diesen Fällen mit seinen Genossenschaftskollegen. Sie übernehmen die Grabpflege und zahlen ihm eine Provision in Höhe von 10 %. „Das funktioniert natürlich auch anders herum. Auch ich pflege für Kollegen Gräber hier auf dem Hauptfriedhof“, berichtet Kocher. Vorteil: Er gibt seine Kunden nicht aus der Hand. Ist der Kunde einmal bei ihm, bleibt er auch dort. Die gemeinschaftlich gepflegten Gräber und die Kooperation mit den Kollegen sorgen dafür, das Kocher trotz recht widrig erscheinender Rahmenbedingungen optimistisch in die Zukunft schauen kann. Die sechste Generation der Kochers geht noch zur Schule – ob hier ein Nachfolger heranwächst? „Ich will nicht drängen, ich wurde auch nicht gedrängt. Als die Entscheidung anstand, habe ich mich für die Selbstständigkeit entschieden und den Betrieb übernommen“, erklärt der studierte Gärtner. Statt in einem fremden Unternehmen in der zweiten oder dritten Reihe zu stehen, leitet Matthias Kocher heute einen Betrieb, der dank der guten Ideen und der Konsequenz an der Spitze eine gute Zukunft vor sich hat. S TA N D O RT Gärtnerei Kocher in Mannheim B E T R I E B S DAT E N ➜ Gesellschaftsform: Einzelfirma ➜ Geschäftsführer: Matthias Kocher ➜ Mitarbeiter: 11, darunter 7 Gesellen, 1 Verwaltungskraft, 2 Aushilfen ➜ Tätigkeitsfelder: Grabpflege 75 %, Floristik 25 %, Zahl der Pflegegräber: 1 400, Anteil Dauergrabpflege: 40% ➜ Maschinenpark: 1 Transporter, 2 Minitransporter Piaggio, 4 Elektrotransporter Still mit Hänger ➜ Mitgliedschaften: VBG-Fachgruppe Friedhof (Vorstandsmitglied), BdF, Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner (Vorstandsvorsitzender), FdF ➜ EDV-Lösung: Softnet/Schatten Text und Bilder: Christiane James, Straelen 39