14.02.2011 - Silvan Zurbriggen
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14.02.2011 - Silvan Zurbriggen
16 SKI-WM 2011 Walliser Bote Montag, 14. Februar 2011 Silvan Zurbriggen zu Super-Kombi, Spezialisierung im Slalom und möglicher Zukunft als Speedfahrer Die Lockrufe der Abfahrt Silvan Zurbriggen ist der Schweizer Trumpf in der heutigen Super-Kombination. Der Oberwalliser über seine Beziehung zu dieser speziellen Disziplin und der Frage, ob er in Zukunft nicht auf Speed setzen müsste. ROMAN LAREIDA, GARMISCH-PARTENKIRCHEN Silvan Zurbriggen, Ivica Kostelic verzichtet heute auf die SuperKombination. Ihre Chancen auf eine Medaille hier an den Weltmeisterschaften sind gestiegen. «Das will nichts heissen. Jeder muss für sich fahren.» Sie wollen den Druck tief halten damit, oder? «Nein (lächelt dabei). Es ist so, wie ich es gesagt habe. Ich muss für mich fahren. Ich muss meine Leistung genau gleich bringen. Ich kann ja mir wegen Kostelic’s Absenz nicht einfach mehr erlauben.» Aber die Chance, dass am Schluss einer schneller ist, ist doch gesunken. «Auch ein Kostelic gewinnt nicht immer. Er war auch schon hinter mir.» Die Kombinationswertung hat auch schon bessere Zeiten erlebt. Früher war sie sogar die Disziplin schlechthin. Läuft sie Gefahr, an Bedeutung zu verlieren, wenn man sieht, wer sich alles zurückzieht, wenn die Belastung zu gross wird? «Was man einfach beobachten kann im Weltcup, ist, dass die Zeiten der Allrounder schwer geworden sind. Vielleicht ist die Zeit der Vielkönner im Skirennsport sogar vorbei.» Görgl: «Alles ist ein Wahnsinn» Elisabeth Görgl war nach dem Super-G-Gold zum WM-Auftakt auch in der Abfahrt nicht zu schlagen. Die am Sonntag 30 Jahre alt werdende Steirerin ist die erste österreichische Abfahrts-Weltmeisterin seit Michaela Dorfmeister 2001 in St. Anton. Görgl triumphierte vor dem gesundheitlich angeschlagenen Favoritinnen-Duo Lindsey Vonn und Maria Riesch. Die entthronte Amerikanerin und die Lokalmatadorin fahren wie Görgl für den Skiausrüster Head. «Ich liebe diesen Schnee und die Bedingungen hier.» Und wie am Dienstag tat sie dies mit der Startnummer 16, die sich immer mehr zu ihrer persönlichen Glücksnummer entwickelt. «Die ‹16› hatte ich auch schon im Olympia-Riesenslalom (Bronze – Red.). Klar habe ich darauf gehofft, wieder die gleiche Nummer zu erhalten», so Görgl nach ihrem Premierensieg in der Abfahrt. «Die erste Goldmedaille ist ein Wahnsinn, die zweite Goldmedaille ist ein Wahnsinn, einfach alles ist ein Wahnsinn.» | Si Wieso das denn? «Das hat mit der Spezialisierung in den technischen Disziplinen zu tun. Die schreitet voran. Schauen Sie sich einmal an, wie viele Fahrer beispielsweise ausschliesslich auf den Slalom konzentriert sind. Das hat einen Schub bekommen mit den Schweden, Jens Byggmark etwa hat da Gas gegeben. Ich habe gespürt, wie ich im Slalom einfach einbüsse, wenn ich viel Abfahrt trainiere.» Auch die Österreicher Manfred Pranger, Mario Matt, Reinfried Herbst setzen ganz auf Slalom. Franzosen und Italiener auch. Eigentlich gehört auch Ihr Teamkollege Marc Gini zu dieser Kategorie. «Die gehen voll drauf. Wissen Sie, wie viele Tage ich in diesem Winter Slalom trainiert habe? Gerade mal fünf. So kann man natürlich nicht mithalten mit denen. Immer wenn ich Zeit zum Training hatte, so wie Anfang Saison, war ich dabei.» «Auf Speed zu setzen, bietet verlockende Aussicht» Silvan Zurbriggen Wollen Sie damit sagen, dass Sie sich bald entscheiden müssen, entweder als Slalomfahrer oder als Speedfahrer zu gelten? «Im letzten Jahr habe ich nur Slalom trainiert. Auf diesen Winter hin haben wir das geändert. Ich habe natürlich nicht gewusst, dass sich durch das umfassende Speedtraining derart gute Resultate einstellen würden. Das ist einerseits sehr schön, andererseits zwingt es mich zu einem Entscheid.» Speed oder Slalom, das ist hier die Frage. Tage der Entscheidung. Zurbriggen im WM-Hotel der Schweizer. «Genau. Ich muss mich Ende dieses Winters entscheiden, wohin meine Reise weitergeht. Ich meine, ich bin 30jährig, nicht gerade mehr der Jüngste.» Ist die Gefahr der Verzettelung zu gross? «Schauen Sie sich mal meinen Januar an. Zuerst Bormio, dann Zagreb, Adelboden, Wengen, Kitzbühel, Schladming, Chamonix. Das ist einfach zu viel. Das muss ich im nächsten Jahr ändern.» Sie mussten vor der WM eine einwöchige Pause nehmen. Hätten Sie diese nicht besser früher genommen, um sich nicht derart ausgelaugt zu fühlen? «Man macht nicht gerne Pause, wenn man sehr gute Resultate fährt. Ich spürte bereits etwas früher nicht mehr dasselbe Körperverhalten im Rennen. Wenn der Körper müder wird, dann ist das Risiko, das man bereit ist zu nehmen, verringert. Man stellt dann die Skier eher quer. Das ist ein Zeichen, ein Reflex, ein Schutzmechanismus des Körpers.» Haben Sie sich tatsächlich erholt oder redet man sich das für einen Grossanlass wie die WM bloss ein? «Ich habe tagelang zehn Stunden geschlafen. Ich war also FOtO WB sehr, sehr müde. Aber jetzt bin ich wieder frisch. Wir haben das so geplant, dass ich genau die Woche vor der WM aussetze und mich erhole.» Sie müssen sich also entscheiden. Wir vertraten immer die Meinung, Sie seien ein Speedfahrer. Ist es nun so weit? «Ich werde das Ende der Saison entscheiden. Ich will die letzten Weltcuprennen nach der WM abwarten.» Silvan Zurbriggen, tippen wir richtig, wenn wir sagen, Sie zielen künftig auf Abfahrt und Super-G, dann liegt die Super-Kombi ja auch noch drin. Schliesslich verlernen Sie das Slalomfahren nicht. Diese Wahl böte Ihnen mehr Disziplinen, in denen Sie Erfolg haben könnten. Auch das Alter spricht für Speed. «Diese Möglichkeit besteht. Das stimmt. Zumindest verlockend ist diese Variante.» Lindsey Vonn sagte, es sei schön, in fünf Disziplinen zu fahren. Aber viel, viel schöner sei es, in einer Disziplin so richtig stark zu sein und gewinnen zu können. «Das ist so. Dem habe ich nichts mehr beizufügen.» Damenabfahrt beschert der Schweiz zum vierten (!) Mal einen vierten Platz – kein Grund zum Hadern Springen im Hotelzimmer Man könnte jetzt durchaus hadern mit dem Schicksal. Lara Gut hat zum zweiten Mal als Erste eine WM-Medaille verpasst. Das Podest der Damenabfahrt war aber zu hochkarätig besetzt. Gestern Abend nach dem Nachtessen spielte sich hinter verschlossenen Türen im Schweizer Teamhotel «Mercure» Kurioses ab. Nur dank einem gut aufgelegten Papa Gut war im Zielgelände im kleinsten Kreis zu vernehmen, was im Zimmer seiner Tochter vor sich ging. Lara Gut, etwas unsicher, ob das lädierte linke Knie wirklich hält auf der anforderungsreichen Piste, zog sich die Skischuhe an, hüpfte in Hocke herum, um die Schläge zu imitieren, die ihr tags darauf drohten. Es machte zwar weh, aber lange nicht derart heftig, dass ein Start unmöglich schien. Es war der Moment, wo Gut wohl erstmals wusste, ich starte. Start habe ich definitiv entschieden, dass ich fahre», sagte Gut nach dem Rennen. «Ich habe an der letzten WM zweimal Silber gewonnen, jetzt zweimal Vierte, so ist der Sport. Das gehört dazu. Eine muss Vierte werden.» Und Vater Pauli Gut besänftigt: «Nicht verrückt werden, sie hat noch viel vor sich.» «Sie hat viel vor sich» Zuerst Krücken, dann Rennen. Gut: «10 Minuten vor dem Start habe ich definitiv entschieden, dass ich fahre.» FOtO KEyStONE Für Damenchef Mauro Pini war klar: «Wer den Charakter von Lara kennt, den überrascht die Teilnahme nicht wirklich.» Es war trotz dem vierten Platz eine starke Performance der eigenwilligen Tessinerin. Als sie nach ihrem Überschlag im Kombi-Slalom mit einem ge- zerrten Innenband das Spital verliess, ging sie an Krücken. Dazu spielte ihr im Rennen auch der rechte Fuss übel zu, der beim Sturz ebenso in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die MRI-Untersuchung hat hier aber nichts Gravierenderes ergeben. «Zehn Minuten vor dem Gut kam mit gut drei Zehntelsekunden den Medaillen am nächsten. Den anderen Schweizerinnen blieb das Podest klar verwehrt. Dominique Gisin und Nadja Kamer, beide aufgrund von Podestplätzen in diesem Winter mit berechtigten Hoffnungen, befanden sich am Tag X nicht in der entsprechenden Verfassung. Gisin, bevor sie enttäuscht davonzog: «Ich war nicht in Vollbesitz meiner Kräfte.» Kamer, die in Val d’Isère Zweite und in Cortina d’Ampezzo Fünfte wurde, fiel als Vierzehnte vollends durch. Fabienne Suter ihrerseits erreichte mit Platz 13 in etwa das erwartete Ergebnis. «Ich stehe heute dort, wo ich immer stand in dieser Weltcupsaison», sagte sie entwaffnend. Rohe Kraft Dass es für die Damen als Gesamtergebnis nicht zu einer Abfahrts-Medaille gereicht hat, muss jedoch mit Blick auf das Podest nicht zum Hadern führen. Damen-Cheftrainer Mauro Pini: «Schauen Sie sich die ersten drei an. Alles Fahrerinnen mit aussergewöhnlich starker Athletik. Diese Strecke hat rohe Kraft vorausgesetzt. Die körperliche Verfassung und die Erfahrung haben heute einen grossen Einfluss gehabt. Es liegt nicht an der Technik. Viel fehlt uns nicht.» Doch Pini wird sich wohl damit abfinden müssen, dass es für die Frauen zu einem WMNuller kommen wird. Im Riesenslalom und im Slalom ist eine Medaille nur sehr schwer rlr möglich.