Strategien der Produktion und Vermarktung von High

Transcrição

Strategien der Produktion und Vermarktung von High
Kommunikationswissenschaft
Riskante Kalkulationen.
Strategien der Produktion und Vermarktung
von High-Concept-Actionspielfilmen
Eine komparative Fallstudie
Hausarbeit
zur Erlangung des Grades eines Magister Artium
der
Philosophischen Fakultät
der Westfälischen Wilhelms-Universität
Münster, Westfalen
vorgelegt von
Oliver Kreft
aus Minden
2004
-I-
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
I.
I.1
I.2
II.
II.1
II.2
II.3
II.4
II.5
Einleitung
Problemstellung und Begründung
Ziel und Gang
Theoretische Grundlagen
Charakteristika des Actiongenres
Faszination des Actionfilms
Thematische Bezugspunkte des Actionfilms
Neue Methoden filmischer Umsetzung im Actionfilm
Charakteristika des High-Concept-Approach
Strategische Optionen der Produktion und
Vermarktung von High-Concept-Actionfilmen
III.1 Strategische Optionen der Produktion: Filmischer Text
III.1.1 Orientierung am Actiongenre
III.1.2 Rollenbesetzung mit Stars
III.1.2.1 Begriffserklärung “Star“
III.1.2.2 Entstehung von Starimages
III.1.2.3 Identifizierung von Actionfimen
III.1.3 Transnationalisierung des Produkts Film
III.1.4 Einsatz digitaler Technologien
III.1.5 Authentizität der filmischen Darstellung
III.2 Rahmenbedingungen der Vermarktungsstrategien:
Ausserfilmischer Kontext
III.2.1 Entscheidungsprozesse von Filmkonsumenten
III.2.2 Einfluss der Mund-zu-Mund-Propaganda
III.2.3 Akzeptanz von Filmen vor dem Hintergrund
aktueller Ereignisse
III.3 Strategische Optionen der Vermarktung: Filmischer
Kontext
III.3.1 Budget
III.3.2 Timing des Markteintritts
III.3.3. Spielfilmtrailer
III.3.4 Filmwerbung im Internet
III.3.5 Filmwerbung in audiovisuellen Medien
III
IV
V
1
1
2
5
5
7
10
11
13
III.
16
16
16
17
20
21
23
24
26
27
29
29
32
34
35
40
42
44
46
48
- II IV. Komparative Fallstudie
IV.1 Anlage der komparativen Fallstudie
IV.1.1 Methodenwahl
IV.1.2 Konzeption forschungsleitender Annahmen und
sich daraus ableitende Fragen
IV.1.3 Handlungsbeschreibung der Filme, auf die sich
die Untersuchung bezieht
IV.1.4 Begründung der Filmauswahl
IV.2 Durchführung der komparativen Fallstudie
IV.3 Auswertung der komparativen Fallstudie
50
50
50
V.
97
Schlussbetrachtung und Diskussion
Literaturverzeichnis
51
55
58
60
94
99
Anhang I
109
Anhang II
111
Anhang III: Filmographie
113
- III -
Abkürzungsverzeichnis
ABC
Abb.
a.M.
Aufl.
Bd.
bspw.
bzw.
ca.
CGI
d.h.
ELE
et. al.
ESPN
f.,ff.
F
FA
FAZ
Hrsg.
i.a.
i.d.R.
i.S.
Jg.
m.E.
MIR
MTV
NASA
NBA
Nr.
o.S.
o.V.
S.
SMS
sog.
Tab.
TAZ
Warner Bros.
WTC
u.a.
USA
vgl.
Vol.
z.B.
American Broadcasting Corporation
Abbildung
am Main
Auflage
Band
beispielsweise
beziehungsweise
cirka
Computer Generated Image
das heißt
Extinction Level Event
et alii, et alia, et alteri
Extreme Sports Channel
folgende, fortfolgende
Frage
Forschungsleitende Annahme
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Herausgeber
im allgemeinen
in der Regel
im Sinne
Jahrgang
meines Erachtens
Name der russischen Weltraumstation MIR
Music Television
National Aeronautics and Space Administration
National Basketball Association
Nummer
ohne Seite
ohne Verfasser
Seite
Short Message Service
sogenannte(r)
Tabelle
Die Tageszeitung
Warner Brothers
World Trade Center
und andere, unter anderem
United States of America
vergleiche
Volume
zum Beispiel
- IV -
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abb. 1:
Modell des klassischen Hollywoodkinos
8
Abb. 2:
Modell des kontemporären Actionblockbusters
9
Abb. 3:
US-Marktanteile Studios 2001
58
Abb. 4:
Der Moment, in dem der Komet den „Deep Impact“
auslöst
69
Abb. 5:
Das Shuttle Messiah beim Verlassen der
Raumstation in Deep Impact
71
Abb. 6:
Das Shuttle Messiah im Schweif des Kometen in
Deep Impact
71
Abb. 7:
Der Asteroid in Armageddon
72
Abb. 8:
Meteoriteneinschlag in das Chrysler Building, in
Armageddon (Einstellung eins)
72
Abb. 9:
Meteoriteneinschlag in das Chrysler Building, in
Armageddon (Einstellung zwei)
72
Abb. 10: Paris in Armageddon von Meteoritenschauer
zerstört
73
Abb. 11: Roller Coaster Structure
74
Abb. 12: Struktur von Armageddon
75
Abb. 13: Struktur von Deep Impact
75
-V-
Tabellenverzeichnis
Tab. 1:
Seite
33
Entscheidungsrelevante Parameter bei der
Filmauswahl
Tab. 2:
Die durchschnittlichen Vermarktungskosten der
zehn kostenintensivsten Produktionen in 1998
Tab. 3:
Einspielergebnisse namhafter Stars in den
1990ern auf dem nordamerikanischen Markt
Tab. 4:
Filmographie von Morgan Freeman bis zum Start
von Deep Impact. Zeitraum: von 1990 bis 1998
Tab. 5:
Filmographie von Bruce Willis bis zum Start von
Armageddon. Zeitraum: von 1990 bis 1998
Editingtrends in Actionfilmen 1990-1998
Tab. 6:
Tab. 7:
Die zehn kostenintensivsten Produktionen in 1998
Daten zum Kinostart von Armageddon und Deep
Tab. 8:
Impact
Tab. 9:
Übersicht über die Ergebnisse der komparativen
Fallstudie.
Tab. 10: Actionsequenzen in Deep Impact
Tab. 11: Actionsequenzen in Armageddon
40
62
64
65
73
83
86
96
112
113
-1-
I.
Einleitung
I.1
Problemstellung und Begründung
In der Kinoentwicklung der letzten beiden Jahrzehnte lässt sich
eine grundlegende Tendenz ausmachen: Die in Hollywood unter
dem zunehmenden Einfluss digitaler Technik produzierten
Actionfilme dominieren in der westlichen Hemisphäre den Markt
des Unterhaltungskinos (vgl. Herrmann, 2001).
Mit dieser Tendenz ist eine massive Kostenexplosion der Hollywoodproduktionen einhergegangen. Allein zwischen 1991 und
1999 verdoppelten sich die durchschnittlichen Produktionskosten
einer Hollywood-Produktion auf über 52 Millionen Dollar. Der
größte Teil der Kosten entsteht vor allem durch den Einsatz
aufwendiger Technik und Computeranimation sowie die Gagen
bekannter Schauspieler wie beispielsweise Arnold Schwarzenegger oder Tom Hanks. (vgl. o.V., Der Spiegel 16/1999, S.85)
Die hohen Produktionskosten vermögen indes weder die Qualität,
noch den ökonomischen Erfolg zu gewährleisten. Im Jahr 19981
etwa bestimmten riskante Kalkulationen und kostspielige Flops
das Kinogeschäft. Zwei Drittel der Hollywoodproduktionen brachten den Produktionsstudios Millionenverluste, die sich mit Kassenschlagern kaum ausgleichen ließen. (vgl. o.V., Der Spiegel
16/1999, S. 84) Es ist festzustellen, dass zu Beginn des 21.
Jahrhunderts immer mehr Medienangebote um die knappe
Ressource Aufmerksamkeit ringen (vgl. Schmidt 2000: 82). Durch
das Überangebot an medialem Output befindet sich daher das
Medium Film in einer starken Konkurrenzsituation zu anderen
Unterhaltungsmedien. Die mit dieser Konkurrenzsituation verbundene Erfolgsunsicherheit, sowie die hohen Produktionskosten
stellen zwei wesentliche Charakteristika des Filmgeschäfts dar.
Im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Konsumenten besteht
daher auf Produzentenseite das Bedürfnis nach neuen erfolgsversprechenden Strategien der Produktion und Vermarktung von
Actionfilmen.
1
Die für die komparative Fallstudie ausgewählten Filme wurden beide
im Jahr 1998 produziert.
-2Einen neuen Ansatz in der Produktion und Vermarktung von
Actionfilmen stellt der High-Concept-Approach dar, der aus
wissenschaftlicher Perspektive noch weitestgehend unerforscht
ist. In den zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen über
Hollywoodfilme, findet der High-Concept-Film kaum Beachtung.
Die wenigen Veröffentlichungen zum High-Concept-Approach
basieren vor allem auf einer filmökonomischen Betrachtung. Justin
Wyatt (1994) hat ein Buch mit dem Titel “High Concept“ veröffentlicht, welches sich mit Aspekten der Filmvermarktung von HighConcept-Filmen befasst. Janet Wasko (1994) setzt sich in ihrem
Buch “Hollywood in the information age“ mit der Entstehungsgeschichte des High-Concept-Films auseinander und beschreibt die
Auswirkungen neuer Technologien auf Produktion, Distribution
und Vermarktung von Hollywoodfilmen. Darüber hinaus gibt es
von Robert Blanchet (2003) die Publikation “Blockbuster“, die sich
mit Ästhetik und Ökonomie des postklassischen Hollywoodkinos
befasst und den High-Concept-Approach aufgreift.
I.2
Ziel und Gang
Als kommunikationswissenschaftlicher Anschluss stellt sich die
Frage, ob sich massenkulturelle Produkte wie der High-ConceptActionfilm dem Mainstream andienen, um ökonomisch erfolgreich
zu sein.
Gemäß Schmidt lässt sich im Werbesystem beobachten, dass
jeder erfolgreichen Innovation die konzeptuelle Wiederholung
folgt. Schmidt hat diesen Aspekt auf das Spannungsverhältnis
zwischen Wiederholung, Unterbrechung und Veränderung
zurückgeführt. Die sowohl innovative als auch erfolgreiche
Strategie dient innerhalb des Werbesystems somit als Orientierung für die Konkurrenz und wird durch Imitation ihrerseits selber
zu dem, was gemeinhin als Mainstream bezeichnet wird. (vgl.
Schmidt 2000: 84)
Im Rahmen dieser Arbeit wird daher untersucht, welche Strategien
der High-Concept-Approach in bezug auf den Mainstream verfolgt
und ob sich für den High-Concept-Actionfilm eine ähnliche
Entwicklung wie für das Werbesystem zeigt. Darüber hinaus wird
untersucht, ob dem High-Concept-Approach einheitliche Strategieelemente in der Produktion und Vermarktung von Actionfilmen
zugrunde liegen und welche Erfolgsfaktoren von Actionfilmen sich
identifizieren lassen.
-3Ausgehend von einer Darstellung der Besonderheiten des Actionfilms und seiner filmischen Umsetzung wird der High-ConceptApproach definiert. Im Anschluss daran werden im folgenden
dritten Kapitel strategische Optionen der Produktion und Vermarktung von High-Concept-Actionfilmen herausgearbeitet. Den
Ausgangspunkt dazu bildet eine Betrachtung zentraler Produktionsstrategien wie beispielsweise die Besetzung mit Stars, der
Einsatz digitaler Technologien und die Transnationalisierung von
Filmen. Im Anschluss daran werden nicht oder nur schwer
beeinflussbare Rahmenbedingungen der Vermarktung aufgezeigt.
Daran schließt sich eine Betrachtung strategischer Optionen der
Vermarktung an. Dabei konzentriert sich die Arbeit auf Strategien,
denen vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbs
konkurrierender Unterhaltungsmedien eine besondere Bedeutung
für die Vermarktung von High-Concept-Actionfilmen zukommt.
Unter anderem werden dabei die Strategie der MarketingBudgetierung und die genrespezifische Gestaltung von Filmtrailern
betrachtet.
Basierend auf diesen im vorangegangenen Kapitel herausgearbeiteten Strategien wird im vierten Kapitel der Arbeit im Rahmen
einer komparativen Fallstudie überprüft, ob den beiden ausgewählten High-Concept-Actionfilmen einheitliche Strategien der
Produktion und Vermarktung zugrunde liegen. Der Bezugsrahmen
dieser Arbeit wird dabei insofern eingeschränkt, als dass er sich
nur auf die Erstverwertung von High-Concept-Actionfilmen im Kino
beschränkt und eine darüber hinausgehende Verwertung als
Video, DVD und Fernsehfilm nicht weiter untersucht. Für die
Fallstudie wurden die Filme Deep Impact und Armageddon
ausgewählt, da diese in besonderem Maße der Idee des HighConcept-Films entsprechen.
Dieser empirische Teil der Arbeit beginnt mit der Vorstellung und
Begründung des Methodendesigns für die komparative Fallstudie.
Im Anschluss daran werden bezogen auf High-ConceptActionfilme forschungsleitende Annahmen formuliert, aus denen
sich wiederum konkrete Fragen ableiten lassen, die sich unmittelbar an die beiden Filme Deep Impact und Armageddon richten.
Dieser Fragenkatalog bildet die Grundlage für die Durchführung
der komparativen Fallstudie. Gegenstand der empirischen Studie
sind Artikel aus verschiedenen Fachzeitschriften, Filmographien,
Internetdatenbanken zu Filmstatistiken und ein Experten-Interview
mit dem Marketingchef von Buena Vista Deutschland.
-4Den Abschluss bildet eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse, dem sich ein Ausblick auf noch bestehenden Forschungsbedarf anschließt.
-5-
II.
Theoretische Grundlagen
II.1
Charakteristika des Actiongenres
Das Genre des Actionfilms wird zu den großen Kategorien
filmischer Genres gezählt. Gemäß dem Filmtheoretiker Sobchack
existiert der Actionfilm als solches jedoch gar nicht, sondern stellt
lediglich eine Art Sammelbegriff dar. Die Genrebezeichnung
erlaubt keine eindeutigen Schlüsse hinsichtlich des Handlungsspektrums sog. Actionfilme (vgl. Sobchack 1988: 9). Zudem liegt
dem Genre keine klar abzugrenzende Definition zugrunde. Der
Filmwissenschaftler Neale konstatiert, dass das Genre des
Actionfilms Hollywoods Neigung für generische Hybridität und
Überlappung aufzeigt (vgl. Neale 2000: 52). Selbst ScienceFiction-Filme, Katastrophenfilme oder etwa Piratenfilme werden
bisweilen unter die Kategorie Actionfilm gefasst. „The term loosely
connects a number of more specific genres, all dealing with
`adventures´, but particularized by certain plot formulas, settings,
character networks, icons and conventions of action which
together mark out the range of this category.” (Sobchack 1988: 9)
Folgt man Sobchack, so sind Actionfilmen also auf der Handlungsebene bestimmte Muster und Konventionen gemein. Darüber
hinaus stehen die Interaktionen der Charaktere in unmittelbarem
Zusammenhang zur Narration. Das Handeln der Protagonisten ist
stets intentional und direkt. Daraus lässt sich ableiten, dass den
Interaktionen ebenfalls etwas Musterhaftes zugrunde liegt.
Neale stellt als zentrale Merkmale des Actionfilms das Physische
und Athletische im Sinne des Spektakulären heraus.
„The term `action-adventure´ has been used […] to pinpoint a
number of obvious characteristics common to these genres and
films: a propensity for spectacular physical action, a narrative
structure involving fights, chases and explosions, and in addition to
the deployment of state-of-the-art special effects, an emphasis in
performance on athletic feats and stunts.” (Neale 2000: 52)
Laut dem Filmwissenschaftler King ist das Actionfilmgenre kein
Format für die feineren Nuancen narrativer Strukturen (vgl. King
2002: 183). Das bedeutet jedoch nicht, dass der Actionfilm auf
narrative Strukturen verzichtet. Die narrative Dimension rückt in
den Hintergrund und wird bisweilen vom Zuschauer nicht wahrgenommen, da das spektakuläre Bild dominiert (vgl. King 2002: 201).
Das Spektakuläre entsteht folgerichtig keineswegs aus dem
-6Nichts. Auf der narrativen Ebene muss sich eine gewisse Dramatik
entfalten, die die Inszenierung des Spektakulären unterstützt. Die
aussichtslose Situation, der schier unlösbare Konflikt und die
unausweichliche Konfrontation besitzen unter dramaturgischen
Gesichtspunkten ebendiese Qualität (vgl. Neumann 1987: 30).
Stets sieht sich der Protagonist im Actionfilm großen und unüberwindlichen Hindernissen gegenüber. Nicht zuletzt sind es jedoch
seine herausragenden Fähigkeiten und sein heldenhaftes Auftreten, die ihn jede noch so bedrohliche Situation meistern lassen.
„A protagonist either has or develops great and special skills and
overcomes insurmountable obstacles in extraordinary situations to
successfully achieve some desired goal, usually the restitution of
order to the world invoked by the narrative. The protagonists confront the human, natural or supernatural powers that have improperly assumed control over the world and eventually defeat them.”
(Sobchack 1988: 9)
Bordwell sieht im Protagonisten den Agenten eines UrsacheWirkungs-Prinzips, auf dem die Narration aufbaut. Der Protagonist
wird entweder zum Auslöser bestimmter Ereignisse, oder er muss
auf sie reagieren. (vgl. Bordwell und Thompson 2001: 62) Die
Existenz einer psychologisch motivierten Ursache-Wirkungs-Logik
im Action-Blockbuster wird allerdings von vielen Kritikern bestritten. Stattdessen gibt es – so der Vorwurf an New Hollywood2 –
lediglich lose Verknüpfungen nachhaltiger Actionszenen, die auf
spektakulären Stunts, Stars und Spezialeffekten basieren.
„Many critics argue that […] complex character traits and character
development […] have been replaced by one-dimensional stereotypes, and plot-lines are now devised almost solely to link one action sequence to the next. Narrative complexity is sacrificed on the
altar of spectacle.” (Buckland 1998: 167)
Die Filmwissenschaftler Maltby und Craven halten dem entgegen,
dass es durchaus Sinn macht, dass Filme über ähnliche Strukturen verfügen und sich an ein System von Konventionen anpassen.
„If a movie conforms to systems of conventions with which viewers
are familiar, the viewers´ prior knowledge is both activated and
guaranteed by their being able to predict the movie´s development
or outcome.” (Maltby und Craven 1995: 40) Der Vorwurf der
eindimensionalen Stereotypisierung lässt sich mit Maltby und
2
Der Terminus New Hollywood dient der zeitgeschichtlichen Einordnung und Abgrenzung zum klassischen Studiosystem New Hollywood bezeichnet die Filmproduktion seit den 1980er Jahren (vgl.
King 2002: 3).
-7Craven nicht eindeutig widerlegen. Immerhin wird aber klar, dass
die geradlinige, schnörkellose Narration im Actionfilm den Zuschauer beim Rezeptionsvorgang in eine aktivere Rolle zwingt und
ihm das erwünschte Rezeptionserlebnis verschafft.
II.2
Faszination des Actionfilms
Jeder Art von Genre liegt von Seiten des Rezipienten eine
bestimmte Erwartungshaltung zugrunde. Dies gilt auch für den
Actionfilm, erlaubt er doch dem Zuschauer das intensive Eintauchen in emotionale und viszerale Gefühlswelten.
Nach Ansicht des Medienwissenschaftlers Schnell ist es das
Gefühl der Angst und der Beklemmung, von dem der Zuschauer
partiell ergriffen sein möchte. Die Angst vermag den Zuschauer zu
packen, ihn einerseits aufzuwühlen und andererseits in ein
erregendes Beben zu versetzen, das ihm einen Lustgewinn
verheißt. (vgl. Schnell 1987: 8) Gemäß dem Filmjournalisten
Seeßlen trachtet der Zuschauer danach, sich einen Kick bzw.
Thrill zu verschaffen. „Im Thrill versucht man, über die Angst zur
Lust zu kommen.“ (Seeßlen 1995: 28)
Die dargestellten Bewusstseinszustände erschließen sich dem
Zuschauer z.B. durch die intensive Wahrnehmung von Geschwindigkeit. Dazu der Mediendramaturg Christian Mikunda: „Die
beliebteste Bewegungsinduktion ist jene, die Kinozuschauer in
einen Geschwindigkeitsrausch versetzt, wie ihn sonst nur Rennfahrer erleben.“ (Mikunda 1986: 156)
Mittels der induzierten Bewegung baut der Zuschauer ein nahezu
erdrückendes Spannungspotential auf, das in der Lage ist, ihn in
einen ungeheuren Bann zu versetzen. Ein Beispiel hierfür ist die
schnelle Kamerafahrt bei einer Verfolgungsjagd, bei der der
Zuschauer selbst das Gefühl hat, im Auto zu sitzen und die
Verfolgung aufzunehmen. Die Jagd wird zur unmittelbaren
Realität, und der Rezipient ist vollends in sie eingebunden. Ihre
Geschwindigkeit verspürt er buchstäblich am eigenen Körper. (vgl.
ebd. 1986: 157f.) Der Zuschauer erlebt das Geschehen auf der
Leinwand als den „[…] exstatischen Rausch der Geschwindigkeit“
(ebd. 1986: 163). Maltby und Craven setzen den Bewusstseinszustand, der beim Zuschauer während des Rezeptionsvorganges
entsteht, mit dem bei einer Achterbahnfahrt gleich. „In the experience of its audience, a movie is the emotional equivalent of a
-8roller-coaster ride at least as much as it is a thematically significant story: borrowing a term, we might call the combination a
`story ride´.” (Maltby und Craven 1995: 35f.) Die Achterbahnfahrt
verspricht Nervenkitzel und Adrenalinschübe und versetzt den
Menschen in einen exstatischen Rauschzustand. Das alles trägt
zum unmittelbaren Lustgewinn bei und begründet die Faszination,
die von diesem Hochgeschwindigkeitserlebnis ausgeht. Tatsächlich sind es diese Erregungszustände, nach denen wir Menschen
suchen, da „[…] wir auf Lustgewinn [...] programmiert sind“
(Westerbarkey 2001: 13).
Die Filmindustrie reagiert auf die angesprochenen Bedürfnisse der
Zuschauer, indem sie Actionfilme nach einem bestimmten Muster
produziert. „Many contemporary action, action-adventure, actionadventure-science-fiction and other blockbusters present a pattern
of peaks and troughs of action/spectacle [...].“ (King 2002: 187)
Gemäß diesem Muster existieren im modernen Actionfilm gleich
mehrere spektakuläre Actionsequenzen von höchster Dramatik,
deren Übergänge zahlreiche kleinere Spannungssequenzen
beinhalten. Im Gegensatz dazu sieht das klassische Modell einen
linearen Verlauf der Narration mit der spektakulärsten Sequenz
am Ende vor. Im Folgenden veranschaulichen zwei Grafiken (Abb.
1 und Abb. 2) den Unterschied zwischen dem klassischen Modell
und dem des zeitgenössischen Action-Blockbusters:
Abb. 1: Klassisches Modell (Quelle: King 2002: 188)
Abb. 1: Modell des klassischen Hollywoodkinos
(Quelle: King 2002: 188)
-9-
Abb. 2: Modell des kontemporären Actionblockbusters
(Quelle King 2002: 188)
Wie Blanchet feststellt, liegt dem Actionfilm der 90er Jahre ein „[...]
betont aggressiver und direkt auf den Zuschauer gerichteter
audiovisueller Produktionsstil [zugrunde; Anm. d. Verf.]“ (Blanchet
2003: 11). Prägend für diesen Stil sind die zahlreichen technologischen Innovationen wie computergenerierte Bilder und der digitale
Mehrkanalton, die „die Rückkehr einer Attraktionsästhetik.“ (ebd.
2003: 11) begründen. Nicht zuletzt ist es diese Attraktionsästhetik
mit Blick auf das Spektakuläre, die den Zuschauer fasziniert und
insgesamt die Grundlage für die Renaissance des Kinos bildet
(vgl. ebd. 2003: 11).
Die Faszination geht aber auch zu einem ganz wesentlichen Teil
von einem weiteren typischen Handlungselement der Actionfilme
aus. Sie resultiert aus der Identifikation des Rezipienten mit dem
Protagonisten, dem Superhelden, der als einziger ein mögliches
Unheil oder eine Katastrophe abwenden kann (vgl. Hant 1992:
50f.).
Die Ausführungen verdeutlichen, dass sich die Faszination, die
der Actionfilm auf den Zuschauer ausübt, nicht auf singuläre
Aspekte beschränken lässt. Vielmehr zeigt sich, dass sie auf
zahlreichen verschiedenen Faktoren basiert. Erst in ihrer Kombination bzw. als Einheit entfalten sie ihre gesamte Wirkung und
begründen die Faszination des Actionfilms.
- 10 -
II.3
Thematische Bezugspunkte des Actionfilms
Charakteristisch für das Amerika des vergangenen Jahrzehnts
waren gemäß der Filmwissenschaftlerin Barbara Wyllie die
zahlreichen Unwägbarkeiten, denen sich die amerikanische
Gesellschaft ausgesetzt sah. Unzählige neue Herausforderungen,
deren wahre Tragweite sich in der Gegenwart nicht ausmachen
ließ, bestimmten das gesellschaftliche Bewusstsein vor dem
Eintritt in das neue Jahrtausend. Das Hollywoodkino thematisierte
vieles davon auf narrativer Ebene. „America in the 1990s was
characterized by millennial angst, corporate domination, and
dramatic advances in technology, all expressed, in varying forms,
through the Hollywood product.“ (Wyllie 2003: 181) Nach King sind
es ebendiese Themen mit umfassender gesellschaftlicher Bedeutung, die den Nerv der Zuschauer treffen und deshalb die thematischen Anforderungen an den Actionfilm kennzeichnen (vgl. King
2002: 108).
In zahlreichen Actionfilmen stellt sich die Konfrontation des
Einzelnen mit nahezu unüberwindbaren Hindernissen dar. Die
Extremsituation, mit der sich der Protagonist konfrontiert sieht,
findet dabei ihren Ursprung zumeist in gesellschaftlichen Missständen oder Naturereignissen. „Natural causes (floods, earthquakes) or societal causes (institutions, wars, economic depressions) may serve as catalysts or preconditions for the action, but
the narrative invariably centers on personal psychological causes
[…].” (Bordwell und Thompson 2001: 76) Dem Einzelnen, der als
Einziger die Welt retten oder einen herbeigesehnten Zustand
herstellen kann, wird somit gewissermaßen die Funktion des
Erlösers zuteil. Görnitz-Rückert3 spricht in diesem Zusammenhang
von einem Erlösermythos und verweist darauf, dass die Erlöservorstellung tief im Christentum, aber auch im Buddhismus verankert ist. (vgl. Görnitz-Rückert 2002: 159) Hollywood macht sich
diesen Aspekt zunutze und thematisiert dem Theologen Martin
Laube zufolge die Erlöserfigur in zahlreichen Filmen (End of Days,
Independence Day, The Matrix, um nur einige zu nennen) (vgl.
Laube 2002: 3). Der Religionswissenschaftler Jörg Herrmann
unterstützt die Aussage, dass das Kino einen Ort moderner
Mythenproduktion darstellt. Mythen sind deshalb so interessant für
3
Sebastian Görnitz-Rückert schreibt für “Medienobservationen“, die
essayistische Online-Zeitschrift der Universität München.
- 11 das Kino, da sie „[...] die Grenzen zum Unvertrauten und Bedrohlichen [...],“ berühren und es gleichzeitig „[...] ins Vertraute zu
integrieren [vermögen; Anm. d. Verf.]“ (Herrmann 2001: 93). Die
Integration ins Vertraute bietet dem Rezipienten Orientierung und
Halt zugleich und ermöglicht ihm, sich und seine Kultur darin
wiederzufinden. In diesem Sinne ist es das Bestreben Hollywoods,
Themen von hohem Komplexitäts- und Abstraktionsgrad zu
vermeiden. „The Industry reduces the subject to easily recognizable cliches and stereotypes […]” (Giglio4 2000: 21). Schließlich
geht es Hollywood darum, möglichst profitable Filme zu produzieren, die ein Massenpublikum ansprechen. Dementsprechend
wurden am Ende des 20. Jahrhunderts in zahlreichen Actionfilmen
Weltuntergangsszenarien thematisiert (vgl. Lewis 2001: 1). Dies
geschah nicht zuletzt deshalb, weil der Weltuntergang zur Jahrtausendwende in beträchtlichem Maße in den Medien diskutiert
wurde und das Publikum daher hinsichtlich dieser Thematik
ausreichend sensibilisiert war. Auch die Medienethiker Loretan
und Martig stellen fest, dass apokalyptische Vorstellungen, Bilder,
Symbole, Erwartungen und Ängste die Bildkultur der 90er Jahre
prägten. „Hollywood-Produktionen wie zum Beispiel Deep Impact
oder Armageddon greifen zur Inszenierung der Zerstörung der
Welt auf die apokalyptische Erzähldramaturgie zurück.“ (Loretan
und Martig 1999: 47)
II.4
Neue Methoden filmischer Umsetzung im
Actionfilm
Die Dynamisierung des visuellen Flusses und damit des Rezeptionserlebnisses ist die Tendenz, die sich im Hollywoodactionkino
gegenwärtig ausmachen lässt. Beschleunigte Schnittrhythmen
bestimmen die visuelle Ausgestaltung und tragen zu dynamischen
und spektakulären Bildinhalten bei. (vgl. Blanchet 2003: 208ff.)
Untersuchungen von Bordwell untermauern diese Entwicklung des
Actionfilms. Bordwell hat hinsichtlich der visuellen Dynamik im
Film einen Vergleich angestellt. Er verglich die durchschnittliche
Einstellungsdauer von Actionfilmen, die zwischen den 60er und
4Earnest
Giglio ist emeritierter Professor für Politikwissenschaften. Er
erforscht u.a. die Beziehung zwischen Politik und Film.
- 12 80er Jahren5 produziert wurden mit der von Actionfilmen der 90er
Jahre. Zwischen den 60er und 80er Jahren war die durchschnittliche Einstellungsdauer sechs bis acht Sekunden, während der
Actionfilm der 90er Jahre nur eine durchschnittliche
Einstellungsdauer von zwei bis vier Sekunden aufweist. (vgl.
Bordwell 2001: 170) Die Ursache für diesen Wandel sieht Bordwell
zum einen im Einfluss der Werbung und zum anderen in der
Geltung von MTV begründet, die beide zu einer Gewöhnung des
Zuschauers an schnelle und aggressive Darstellungsformen
beitrugen. Der Actionfilm reagierte demzufolge auf die
vermeintlichen Bedürfnisse der Zuschauer. (vgl. ebd. 2001: 170f.)
Im Zuge der Dynamisierung des Bildes stehen den Filmregisseuren aber noch weitere Möglichkeiten zur Verfügung. In den Filmen
von John Woo zeigt sich beispielsweise eine außerordentliche
Bandbreite filmästhetischer Stilmittel – Woo´s Filme sind gewissermaßen bezeichnend für den Actionfilm der 90er Jahre.
„Auf der formalästhetischen Ebene gebraucht Woo einen unverwechselbaren Stil, um damit Dramatik und Spannung auszudrücken. Solche ästhetischen Mittel sind beispielsweise bei der filmtechnischen Umsetzung intensiver Zeitlupensequenzen, eingefrorene Bilder, hektische Kameraführung, viele Retrospektiven und
Parallelmontagen, mehrere Kameras gleichzeitig bei der Aufnahme.“(Bohrmann 2002: 114)
Ähnlich wie Woo arbeiten auch zahlreiche andere Regisseure6,
was Bordwell dazu veranlasst, von einer allgemeinen Tendenz
zum Stilpluralismus und Eklektizismus zu sprechen. Allein der
exzessive Gebrauch von Zeitlupensequenzen im Actionfilm der
90er Jahre vermag hier als Beispiel zu dienen. (vgl. Bordwell
2001: 179)
5
Der Actionfilm hatte seinen Ursprung genau genommen erst Anfang
der Achtzigerjahre (vgl. Bordwell 2001: 169f.). Bordwell verglich deshalb actionorientierte Filme der 60er und 70er Jahre mit Actionfilmen
der 80er und 90er Jahre.
6
Man denke zum Beispiel an Regisseure wie John McTiernan (Die
Hard 1-3), Jan de Bont (Speed, Twister) oder Michael Bay (Armageddon). Die Filme dieser Regisseure verweisen auf stilistische Vielseitigkeit im Actionfilm der 1990er. Allein Dialogszenen orientieren
sich in ebendiesen Filmen nicht allein an dem klassischen
Schuss/Gegenschuss – Verfahren, sondern werden permanent ergänzt durch Schwenks, Zooms und verschiedenste Kameraeinstellungen (vgl. Blanchet 2003: 208ff.).
- 13 Gemäß Blanchet manifestiert sich im kontemporären ActionBlockbuster der „[...] Exzess der reinen Kinetik, Chaotik, Schnelligkeit, Wucht und Fülle des audiovisuellen Stimulus“ (Blanchet
2003: 210). Das Ziel ist es, „[...] dem Publikum eine physische
Erfahrung zu geben und nicht eine distanziert voyeuristische“
(ebd. 2003: 211). Dem vermag der Actionfilm zu entsprechen,
indem er sein Publikum durch unmittelbar auf die körperlichen
Reflexe gerichtete Schock-, Schwindel- und Geschwindigkeitseffekte in seinen Bann zieht (vgl. ebd. 2003: 210f.).
II.5
Charakteristika des High-Concept-Approach
Der sog. High-Concept-Film hat das Kino der 90er Jahre als
kulturelles und ökonomisches Phänomen unübersehbar geprägt
und ist aus der aktuellen Filmproduktion Hollywoods nicht mehr
wegzudenken. Der Begriff des High-Concept-Films findet zwar in
filmwissenschaftlichen Fachpublikationen Verwendung, in nichtwissenschaftlichen Veröffentlichungen wird er aber stets als
Blockbuster bezeichnet.7
In der aktuellen Mediengesellschaft, die sich durch Medienkonglomerate auszeichnet und in der nach Thomas Elsaesser alles
irgendwie miteinander verbunden ist (vgl. Elsaesser 2001: 11),
besitzen High-Concept-Filme eine Schlüsselfunktion.8 Sie stehen
am Anfang einer komplexen Verwertungskette und bilden den
Ausgangspunkt für weitgefächerte ökonomische Aktivitäten.
„Popular films often initiate or continue an endless chain of other
cultural products. A film concept or character often leads to a TV
show, with possible spin-offs, video games, and records. Merchandising efforts also include toys, games, T-shirts, trading cards, […],
theme park rides, […], magazines, how-the-movie-was-made
books, etc.” (Wasko 1994: 4)
Angesichts der großen wirtschaftlichen Bedeutung von HighConcept-Filmen ist es konsequent, die ihnen zugrunde liegenden
7
Beide Termini bezeichnen dasselbe.
8
Erst durch ihre Einbettung in diversifizierte und finanzkräftige Medienkonzerne konnten die Majorstudios die strategisch notwendige Ausgangssituation für den “Siegeszug des Blockbusters“ schaffen. Die
großen Blockbusterproduktionen vermochten die zahlreichen Synergieeffekte der Medienkonzerne zu nutzen. Die Auswertungspalette für
Filmprojekte erweiterte sich um ein Vielfaches (vgl. Blanchet 2003:
121).
- 14 Konzeptionen verstärkt von einem filmökonomischen Standpunkt
aus zu betrachten.
In diesem Zusammenhang wird auf die Arbeiten von Justin Wyatt
hingewiesen. In seinen Untersuchungen zum Hollywoodfilm der
1980er und 1990er argumentiert Wyatt, dass Filmprojekte von der
Filmindustrie in zunehmendem Maße aufgrund ihrer Vermarktungschancen ausgewählt werden. Dabei ist der Fokus insbesondere auf die Vermarktungsmöglichkeiten von Begleitprodukten
zum Film gerichtet. Die Definition, die sich bei Wyatt für HighConcept-Filme findet, drückt auf anschauliche Weise ebendiese
kommerziell orientierte Anspruchshaltung an diesen Filmtypus
aus. „High concept is […] a form of narrative which is highly
marketable.“ (Wyatt 1994: 12)
Auch mit Elsaesser lässt sich sagen, dass der kontemporäre
Blockbuster Ausdruck der ökonomischen Logik Hollywoods ist.
„The blockbuster is a movie engineered for maximum meaning,
[…] its different parts function as a cultural database. […] Often the
parts are attractions, which come together in the film´s story line,
but which in the process of marketing can be exploited separatedly.” (Elsaesser 2001: 19)
Im Idealfall erlaubt ein Blockbuster folglich ein vielschichtiges
Marketing, mit dem sich die verschiedensten Zielgruppen ansprechen lassen. Da es sich bei Filmen um Vertrauensgüter und
Dienstleistungsprodukte handelt, ist es zwingend erforderlich, um
das Vertrauen potentieller Konsumenten zu werben. Tatsächlich
wird beim High-Concept-Actionfilm wie bei keinem anderen
Filmtypus versucht, Kinogänger vom außergewöhnlichen Produktnutzen zu überzeugen. Dabei wird in der Filmvermarktung das
herausgestellt, was in der Betriebswirtschaftslehre als sog.
einzigartiges Verkaufsargument Unique Selling Proposition
bezeichnet wird (vgl. www.marketing-lexikon-online.de/Welcome/
Stichworte_U/USP/usp.html).
Dem Zuschauer wird ein unvergleichliches, nie zuvor erlebtes
Kinoereignis versprochen. Der Slogan zum Film Armageddon
“Take the ride of your life“ bringt das einzigartige Verkaufsversprechen stellvertretend für alle anderen Blockbuster sehr schön zum
Ausdruck.
In seiner wissenschaftlichen und medienökonomischen Auseinandersetzung mit dem High-Concept-Film befasst sich der Medienkulturtheoretiker Dominic Strinati ebenfalls mit der Verortung des
- 15 High-Concept-Films im Spannungsfeld zwischen Wiederholung
und Innovation. Strinati konstatiert, dass zyklische Tendenzen das
Wesen der Filmproduktion Hollywoods – insbesondere von
Blockbustern – bestimmen. In Hollywood wird stets nach dem
Grundsatz verfahren, dass das, was einmal zum Erfolg führte, ein
weiteres Mal zum Erfolg führen muss. Als Konsequenz aus dieser
Haltung ergibt sich, dass die Standardisierung von Innovationen
ein integraler Bestandteil dessen ist, was Strinati als das “System
Hollywood“ (Strinati 2000: 48) bezeichnet. Wie der Filmwissenschaftler Paul McDonald feststellt, vollziehen sich Prozesse der
Standardisierung verstärkt auf Genreebene. Dieser Aspekt lässt
sich insofern nachvollziehen, als dass Genres grundsätzlich etwas
Musterhaftes zugrunde liegt. In leicht abgewandelter Form
verspricht das immer gleiche Prinzip wiederkehrenden Erfolg. Der
Filmwissenschaftler Neil McDonald beschreibt die Denkweise
Hollywoods denn auch wie folgt: „If a certain cluster of plot devices
proves successful then use a variation of the same colours again
and again.” (McDonald, Neil 2000: 74).
Letztlich besteht die Leistung des High-Concept-Approach darin,
„[…] eine zunehmend ökonomisierte und systematisierte Zugangsweise […] bei der Gestaltung von Filmprojekten und damit
eine radikalisierte Kommerzialisierung des Hollywoodkinos
durchzusetzen“ (Blanchet 2003: 153).
- 16 -
III.
Strategische Optionen der Produktion und
Vermarktung von High-Concept-Actionfilmen
III.1 Strategische Optionen der Produktion:
Filmischer Text
III.1.1 Orientierung am Actiongenre
Unter Genres werden unter filmtheoretischen Gesichtspunkten
solche Filmgruppen verstanden, die sich nach dem Medienwissenschaftler Eggo Müller charakterisieren lassen „[...] z.B. durch
eine typisch soziale oder geographische Lokalisierung, durch
spezifische Milieus oder Ausstattungsmerkmale, Figuren- oder
Konfliktkonstellationen oder durch besondere Themen oder Stoffe“
(Müller 1997: 141). Gemäß dem Filmwissenschaftler Thomas
Schatz repräsentieren Filmgenres als textuelle Systeme Sets von
Regeln der Konstruktion, die verwendet werden, um eine spezifische kommunikative Funktion zu schaffen (vgl. Schatz 1997: 96).
Dabei handelt es sich genau genommen um eine Verständigungsfunktion, da Genres Orientierungen bieten, Erwartungen stiften
und die Rezeption determinieren (vgl. Hickethier 2002: 63). Den
Zuschauer versetzen sie in die Lage, vertraute Muster in Filmen
wiederzuerkennen und tragen so zur Orientierung in der gesamten
Filmwelt bei. Zwar sind die strukturellen Komponenten eines
Genres nicht klar festgelegt, dennoch umfassen Genres individuelle, ikonographische Merkmale, mittels derer sich Bedeutungen von
Film zu Film tragen lassen. Diese ikonographischen Konventionen, denen sich weitere bezogen auf Thematik, Motive und
Bedeutungen hinzufügen lassen, verweisen dem Medien- und
Kulturtheoretiker Rainer Winter zufolge darauf, dass Genres nicht
aus Filmen allein bestehen. (vgl. Winter 1992: 38) Sie bestehen
auch aus spezifischen Erwartungshaltungen von Seiten des
Zuschauers. Diese Auffassung wird von Neale gestützt: „They
[Genres; Anm. d. Verf.] consist [...] of specific systems of expectation and hypothesis which spectators bring with them to the
cinema, and which interact with films themselves during the
course of the viewing process.” (Neale 2000: 31) Produzenten und
Filmemacher müssen nach Meinung des Fernsehwissenschaftlers
Mikos die Erwartungen der Zuschauer in ihrer Planung
berücksichtigen, um kommerziell erfolgreiche Filme zu
produzieren (vgl. Mikos 2002: 96f.). So ist etwa davon auszugehen, dass die Zuschauer eines Actionfilms erwarten, dass er
sich im Einklang mit den filmischen Strukturkonventionen des
- 17 mit den filmischen Strukturkonventionen des Actionfilmgenres (vgl.
Kap.II.2.1) befindet.
In diesem Zusammenhang weist Cook darauf hin, dass Genres
die Filmindustrie in die Lage versetzen, Zuschauererwartungen zu
antizipieren. „The genres, each with its recognisable repertoire of
conventions [...], enabled the industry to predict audience expectation. Differences between genres meant different audiences could
be identified and catered to.” (Cook und Bernink 1999: 137)
Der Filmtheoretiker Hickethier stellt heraus, dass Genrebegriffe als
Schemata intersubjektive Funktionen besitzen (vgl. Hickethier
2002: 64). Nach Ansicht der Kommunikationswissenschaftler
Schmidt und Weischenberg werden Schemata „[…] im Laufe der
Sozialisation als überindividuelle, intersubjektiv wirksame Ordnungsmuster oder Programme im Individuum aufgebaut“ (Schmidt
und Weischenberg 1994: 214). Auch für Filmgenres gilt, dass sich
Menschen Kenntnisse bezogen auf Konventionen, thematische
Inhalte und visuelle Ausgestaltung erst aneignen müssen. Die
Vertrautheit eines Zuschauers mit einem Genre stellt sich als
Folge eines kumulativen Prozesses dar. Durch wiederholte
Sehvorgänge gelangen die genrespezifischen, narrativen Muster
ins Bewusstsein des Zuschauers und haben letztlich Einfluss auf
die Erwartungen der Zuschauer (vgl. Schatz 1981: 11f.).
Wenngleich es – wie der Filmwissenschaftler Mark Jancovich
betont – bezogen auf die Zusammensetzung von Genres keine
einheitlichen Auffassungen gibt, so lässt sich jedoch mit Bordwell
und Thompson sagen, dass Genres und deren Konzeption auf
einem stillschweigenden Übereinkommen zwischen Filmemachern, Rezensenten und dem Publikum basieren. (vgl. Jancovich
2002: 470; Bordwell und Thompson 2002: 96)
Was die Produktion von Actionfilmen angeht, so sind die Studios
demnach gut beraten, sich an die genrespezifischen Strukturkonventionen zu halten. Andernfalls droht ihnen angesichts enttäuschter Erwartungshaltungen der finanzielle Misserfolg.
III.1.2 Rollenbesetzung mit Stars
Im kommerziell orientierten Hollywoodkino sind Filmstars von
zentraler Bedeutung. Stars haben starken Einfluss auf die Textebene und die beiden Kontextebenen. Da sich das Selbstverständnis eines Filmstars aber in erster Linie aus seiner Tätigkeit
- 18 als Schauspieler ableitet, spricht vieles dafür, seine originäre
Funktion auf der Ebene des filmischen Textes anzusiedeln. Die
Betrachtung der Funktion des Stars ist aufgrund dieses Aspektes
dem Kapitel III.1 zugeordnet. Im Folgenden werden zudem auch
Aspekte angesprochen, die die beiden Kontextebenen betreffen,
da sich die Ebenen wechselseitig bedingen und durchdringen.
Die Funktion des Stars ist primär im Rahmen des filmischen
Textes zu sehen. Der Star schlüpft in die Rolle des Protagonisten,
um den die Handlung strukturiert ist und wird zum „[...] Träger des
Blickes des Zuschauers [...]“ (Winter 1992: 61). Der Zuschauer
wird sich im Idealfall mit dem Protagonisten identifizieren und sich
verstärkt auf den Film einlassen.
Sekundär – aber nicht weniger relevant – ist die Funktion des
Stars auf der filmischen Kontextebene und der außerfilmischen
Kontextebene. So wird den Stars etwa eine wichtige Funktion
sowohl auf der Ebene des Produktionsprozesses als auch auf der
Ebene der Distribution (Verkauf und Vermarktung von Filmen) und
Filmvorführung zuteil. Bei besonders kostspieligen Filmprojekten
versuchen die Produzenten potentielle Geldgeber durch die
Namen großer Stars zu gewinnen. Dadurch, dass das Mitwirken
eines namhaften Stars in einer geplanten Produktion angekündigt
wird, lassen sich Investoren leichter davon überzeugen, in ein
Filmprojekt zu investieren. Der Star stellt letztendlich eine Art
Absicherung der Profite dar. „The star becomes a form of capital
inasmuch as his or her image can be used to create advantage in
the market for films and secure profits.“ (McDonald, Paul 2000: 14)
Für die Vermarktung ergeben sich durch die Besetzung mit Stars
auch klare Vorteile. Vom Publikum wird schließlich erwartet, dass
es sich in außerordentlicher Weise von Filmen mit Staraufgebot
angezogen fühlt (vgl. ebd. 2000: 5ff.).
So gilt es festzuhalten, dass die Besetzung mit Stars die Erfolgschancen einer Produktion prinzipiell erhöht. Um im Speziellen die
finanziellen Erfolgsaussichten eines Actionfilms zu steigern, sollte
sich der besetzte Star auch dem Actionfilmgenre zuordnen lassen
(Gledhill 2000: 189f.). Einem Schauspieler wie Woody Allen oder
Steve Martin würde die Verkörperung des Helden in einem
Actionfilm kaum abgenommen. Die Erwartungen an einen Actionfilm mit einem dieser beiden Schauspieler wären voraussichtlich
- 19 gering9 und der finanzielle Erfolg an der Kinokasse würde mit
hoher Wahrscheinlichkeit ausbleiben.
Aufgrund der Intertextualität10 ihres Images können Stars in den
verschiedensten Medien auf ein Produkt - beispielsweise einen
neuen Film - aufmerksam machen (vgl. Dyer 1986: 3f.). Stars
fungieren in diesem Sinne nach Aussage von Schmidt und
Zurstiege als „komprimierte Aufmerksamkeitsaggregate“ (Schmidt
und Zurstiege 2000: 83).
Gaitanides11 stellt fest, dass bisweilen allein der Name eines
Hauptdarstellers ausreicht, um einem Filmprojekt ein Markenimage zu geben. Dieser Umstand ist auf die Erwartungshaltung
der Zuschauer zurückzuführen, die Projekten, an denen Stars
beteiligt sind, ein hohes Maß an Vertrauen in die Qualität entgegenbringen. Nicht zuletzt wird mit dem Star die Erwartung einer
Fortsetzung vergangener Spielfilmerfolge verknüpft. Stars haben
für den Zuschauer somit eine Orientierungsfunktion bei der
Filmauswahl. (vgl. Gaitanides 2001: 17f. und Albert 1998: 254ff.)
Diese Orientierungsfunktion lässt sich gemäß Stephen Crofts
ebenso Regisseuren zuschreiben, denen Starkult nachgesagt
wird. „Authorship has therefore recently added the promise of
certain spectatorial pleasures, the cachet of cultural respectability,
or cult status to the labels which traditionally typified classical
Hollywood’s promotion of its films – genre and stars.” (Crofts 2000:
85) Crofts misst dem Namen eines Regisseurs zudem wichtige
Funktionen im Bereich des Marketings und der Produktdifferenzierung bei (vgl. ebd.: 96). Ähnlich verhält es sich mit der Funktion
des Stars. „Stars act as a means of product differentiation […].”
(McDonald, Paul 2000: 12)
9
Woody Allen und Steve Martin lassen sich aufgrund ihrer Filmographien eindeutig nicht dem Actionfilmgenre zuordnen. Beide Schauspieler sind eher bekannt für (Tragik)-komödien (vgl. The Internet
Movie Database).
10
Zum Aspekt der Intertextualität des Starimages vgl. Kap.III.1.
11
Michael Gaitanides ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der
Universität der Bundeswehr in Hamburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt u.a. Kapitalmarkt- und Medienkommunikation.
- 20 -
Der Filmstar ist also auf verschiedenen Ebenen Funktionsträger.
Ein Aspekt, der sich unter anderem darauf zurückführen lässt,
dass sich die Erwartungen und Bedürfnisse sowohl der Industrie
als auch des Publikums auf ihn konzentrieren. (vgl. ebd. 1995: 80)
III.1.2.1 Begriffserklärung “Star“
Der Star hat den Hollywoodfilm seit seinen Anfängen als ein
kulturelles Phänomen entscheidend geprägt. Zum gegenwärtigen
Zeitpunkt sind Stars unverzichtbare Bestandteile von Hollywoodproduktionen. Die Bedeutung des Stars stellt sich aber nicht nur
auf Ebene des Filmes dar, sondern sie lässt sich genauso in
nahezu allen Bereichen der aktuellen Mediengesellschaft beobachten.12 Geradezu inflationär erfolgt dabei die Verwendung des
Begriffes Star, dessen Konturen mehr und mehr im allgemeinen
Sprachgebrauch verschwimmen.
Unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten erfuhr das Starphänomen lange Zeit kaum Berücksichtigung und galt als trivialer Aspekt
der Populärkultur. Mittlerweile haben jedoch vor allem die Sozialwissenschaften die Bedeutung des Themengegenstandes für sich
erkannt. Der Filmwissenschaftler Richard Dyer hat sich in mehreren wissenschaftlichen Publikationen intensiv mit dem Starphänomen auseinandergesetzt. In seinen frühen Arbeiten stellt Dyer
einen semiotischen Ansatz vor, demzufolge der Star als Text
existiert und das Image eines Stars sich aus einer Vielzahl von
Zeichen zusammensetzt. Ausgehend von diesen Überlegungen
entwickelt Dyer den sog. „intertextuellen Ansatz“ (Dyer 1986: 3),
der sich durch eine hohe Anschlussfähigkeit auszeichnet.13 Dyer
zufolge sind Stars durch medial vermittelte Starimages gekennzeichnet. (vgl. Dyer 1986: 3f.)
Als Starimage wird das Bild bezeichnet, welches der Star aus
Sicht des Rezipienten verkörpert. Dieses Bild besteht nach
Meinung des Filmwissenschaftlers Stephen Lowry aus allen
öffentlich zugänglichen „[...] Zeichen und Aussagen über den Star
12
Diverse TV-Formate wie “Deutschland sucht den Superstar“ oder
“Star Search“ mögen hier als Beispiel dienen.
13
John Ellis (vgl Ellis 1982: 87ff.) und Paul McDonald (vgl. McDonald,
Paul 1995: 95) dient dieser Ansatz als Grundlage ihrer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Begriff Star.
- 21 als Person und als Filmfigur" (Lowry 1997: 15). Derartige Zeichen
und Aussagen basieren z.B. auf Filmkritiken, Fernsehauftritten
oder Berichten und Fotos über das Privatleben der Stars in der
Regenbogenpresse. Das Image lässt sich in zwei Bereiche
differenzieren, die in fortwährender Wechselwirkung zueinander
stehen: das innerfilmische und das außerfilmische Image. Das
innerfilmische Image wird durch die Schauspieltätigkeit des Stars
geprägt. Beim außerfilmischen Image rückt dagegen das Privatleben des Stars in den Vordergrund (vgl. ebd.: 15f.).
Da Starimages auf einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen
basieren, gelten sie als intertextuell. „Star images are the product
of intertextuality in which the non-filmic texts of promotion, publicity
and criticism interact with the filmic text.“ (McDonald, Paul 1995:
83) Die Bedeutung eines Starimage ist McDonald zufolge niemals
begrenzt, dauerhaft oder in seiner Gesamtheit erfassbar. Die
intertextuellen Verknüpfungen stellen sich als zu komplex dar.
(vgl. ebd. 1995: 83) Anhand der komplexen Zusammensetzung
eines Starimages wird deutlich, weshalb Paul McDonald Stars als
ausgehandelte Identitäten bezeichnet (vgl. McDonald, Paul 2000:
6). Da sich Starimages aus zahlreichen verschiedenen Quellen
speisen, aber nicht jedem Menschen jede Quelle zugänglich ist,
werden sie unterschiedlich interpretiert. Folglich sind Starimages
offen für verschiedene Lesarten (vgl. ebd. 2000: 7).
III.1.2.2 Entstehung von Starimages
Die Entstehung von Stars basiert keineswegs auf einem Zufallsprinzip, wie Belton weiß: „Stars are not born but made; and they
are made with a purpose – to sell films.” (Belton 1994: 112) Der
Star stellt ein Konstrukt dar, das nicht allein auf den Filmen eines
Schauspielers fußt. Scheint sein Image zunächst in spezifischen
Rollen verwurzelt, so reicht es jedoch darüber hinaus, denn das
Startum wird vielmehr innerhalb eines weiten Terrains der Massenkultur konstruiert (vgl. ebd. 1994: 89f.). Diese Meinung vertritt
auch der Filmwissenschaftler Geoff King: „The star persona is the
product of a number of performances, but also cultivated offscreen, in press and publicity materials, interviews and other
appearances.“ (King 2002: 150) Gemäß dem Medientheoretiker
Faulstich stellt für die Starkonstruktion der öffentliche Raum eine
unverzichtbare Bedingung dar (vgl. Faulstich 2000: 294). Erst
durch die fortwährende Präsenz eines Schauspielers in den
- 22 Medien wird dieser zum Star. Starimages bedürfen der Multimedialität (vgl. ebd. 2000: 293), denn „wie könnte ein Star ein Star
sein, wenn niemand darum wüsste, wenn nicht darüber gesprochen würde, wenn er kein Bestandteil des Mediensystems wäre?“
(ebd. 2000: 296)
Jedoch muss ein Schauspieler bestimmte Voraussetzungen
erfüllen, um in den Status eines Stars zu gelangen. Nach Carlo
Sommer14 muss ihm etwas mythenhaftes und geheimnisvolles
zugrunde liegen, etwas, dass ihn aus der Masse hervorstechen
lässt und zu seiner Sublimierung beiträgt (vgl. Sommer 1997:
114). Indem er über Alltägliche hinausgeht und das Perfekte
verkörpert, dient er als Ersatz für die eigene Unvollständigkeit (vgl.
Faulstich 2000: 300). Faulstich: „Der Star ist die Verkörperung
unserer Sehnsüchte als erfüllte.“ (ebd. 2000: 300)
Bei alldem gilt es jedoch zu betonen, dass der Star nur dank
seiner Fans ein Star ist bzw. geworden ist. Er verkörpert das
Produkt sowohl individuellen als auch kollektiven Begehrens (vgl.
ebd. 2000: 295).
Das Starimage betreffend wird von Seiten der Fans erwartet, dass
der Star seinem Image treu bleibt: „Too much difference from
established star image may lead to disappointment for the intended audience.” (Geraghty 2000: 189) Einen Schauspieler wie
Sylvester Stallone oder Arnold Schwarzenegger wollen die Fans
nach Möglichkeit nur als stählernen Actionhelden in einem
Actionfilm sehen (vgl. Schröder 1995: 43ff.).
Dennoch sind aber Starimages (vor allem das außerfilmische),
gemäß der Filmwissenschaftlerin Geraghty, von Inkonsistenz,
Wandel und Schwanken gekennzeichnet (vgl. ebd. 2000: 186). Mit
Paul McDonald lässt sich letztlich schlussfolgern, dass die
Imagekonstruktion nie ganz abgeschlossen ist. „The process of
intertextual associations is so complex that the meaning of a star´s
image is never limited, stable or total. The star´s image is not one
thing, but many things.” (McDonald, Paul 1995: 83) Dem polysem
14 Carlo Sommer ist Professor für Kommunikationspsychologie und
Sprachwissenschaften an der Fachhochschule Darmstadt.
- 23 strukturierten Starimage15 werden permanent neue Facetten
hinzugefügt, solange eine Berichterstattung stattfindet (vgl.
Geraghty 2000: 186f.).
III.1.2.3 Identifizierung von Actionfilmen
Das Publikum assoziiert nach Ansicht von Blanchet bestimmte
Stars mit ganz bestimmten Handlungsmomenten innerhalb eines
Films. „Jeder weiß in etwa, was er von einer romantischen
Komödie mit Julia Roberts oder einem Actionfilm mit Arnold
Schwarzenegger zu erwarten hat.“ (Blanchet 2003: 161) Nach
King lässt sich sogar die Aussage treffen, dass bei Zuschauern
mehrheitlich eine Korrelation zwischen Genre- und Starerwartungen existiert. Bei Hollywoodproduktionen, die zwar mit Stars
aufwarten (sog. star vehicles), aber nicht den Genreerwartungen
gerecht werden, droht gegebenenfalls ein finanzieller Misserfolg
(vgl. King: 2002: 149).
Grundsätzlich vermögen Stars eine bestimmte Konsumentengruppe anzusprechen, die überwiegend Filme sieht, in denen ihre
favorisierten Stars mitwirken (vgl. Belton 1994: 112). Als Ursache
hierfür mag etwa gelten, dass über die Identifikation mit dem Star
dem Film, in dem er mitspielt, ein Vertrauensvorschuss zuteil wird.
Der Filmwissenschaftler Justin Wyatt bezeichnet die für diesen
Vertrauensvorschuss verantwortlichen Elemente innerhalb eines
Films als pre-sold properties16. Wyatt zufolge kann Stars die
wichtige Funktion eines pre-sold element zukommen (vgl. Wyatt
1993: 129).
Gemäß Wyatt setzt eine Vielzahl der High-Concept-Filme auf presold elements speziell in bezug auf den Star. Im Bewusstsein,
dass in den Zuschauererwartungen bestimmte Stars mit bestimmten Genres verknüpft sind, bemühen sich die Produzenten von
15
Der Terminus der “structured polysemy“ in Bezug auf das Starimage
findet sich bei Dyer (Vgl. Dyer 1986: 3). Dyer bringt damit zum Ausdruck, dass sich das Starimage aus einer Vielzahl von Bedeutungen
zusammensetzt.
16
Justin Wyatt bezeichnet diejenigen Elemente eines Filmprojekts als
“pre-sold properties“, von denen der Konsument bereits Kenntnis
besitzt, und die ihm vertraut sind. Im Idealfall haben sie sich bereits
zu einem vorherigen Zeitpunkt oder in anderen Zusammenhängen
als erfolgreich erwiesen (vgl. Wyatt 1994: 129ff.).
- 24 High-Concept-Produktionen stets, den passenden Star zu finden
und die festgelegten Erwartungen des Zuschauers nicht zu
enttäuschen. „When a star´s persona is directly linked with a genre
and the project under consideration adheres to this genre then the
film generally falls into the high concept category.” (Wyatt 1993:
10) Stars agieren also als Mittel der Produktdifferenzierung auf
Produzentenseite und auch auf Konsumentenseite (vgl. McDonald, Paul 2000: 12). Sie haben Orientierungsfunktion (vgl.
Kap.III.1.2). Gemäß Dirk Schweitzer17 wird Filmen mit Starbesetzung grundsätzlich ein höherer Qualitätsgrad von Seiten potentieller Kinogänger unterstellt als Filmen ohne Stars (vgl. Schweitzer
1996: 39).
III.1.3 Transnationalisierung des Produkts Film
Kulturelle Massenprodukte sind nach Auffassung des Soziologen
Richard Münch „[...] immer weniger an einen bestimmten Ort der
Produktion, Präsentation und Aneignung gebunden [...]“ (Münch
2000: 137). und folgen so dem Diktat der Globalisierung. Der
Unterhaltungsfilm – und als solches der High-Concept-Actionfilm –
bildet da keine Ausnahme. Bei seiner Vermarktung und Distribution setzt Hollywood auf globale Strategien. Hollywoodfilme dominieren längst nicht mehr nur den heimischen Markt, sondern auch
die internationalen Märkte. In allen Ländern, die dem westlichen
Kulturkreis angehören, haben Hollywoodproduktionen den
nationalen Produkten den Rang abgelaufen und prägen die
Marktsituation. Rückflüsse sowohl aus heimischen, als auch
internationalen Märkten werden mittlerweile von den amerikanischen Filmproduzenten einkalkuliert (vgl. Schweitzer 1996: 158f.).
Die Intention Hollywoods ist es, seine Top-Filme mit Ereignischarakter auszustatten und ihnen ein Image zu geben, das sie
entschieden von nationalen Produkten abhebt. Dem Zuschauer
soll dabei die Botschaft vermittelt werden, dass nur Hollywoodproduktionen seinen hohen Ansprüchen gerecht werden können. In
erster Linie versucht Hollywood, auf Ebene der Filmästhetik
Maßstäbe zu setzen und Standards zu definieren. Diese Standards prägen das Anspruchsniveau der Zuschauer und machen
weitere Kinobesuche von Hollywoodproduktionen wahrscheinlich
17
Dirk Schweitzer legte 1996 an der GH Siegen die Dissertationsschrift
“Film als Marktleistung“ vor.
- 25 (vgl. ebd. 1996: 160). Die Filmästhetik allein ist aber nicht das,
was für den weltweiten Erfolg von Hollywoodfilmen ausschlaggebend ist. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Filme in der
ganzen Welt – also auch über die Grenzen des nordamerikanischen Kulturkreises hinweg – verstanden werden können. „Wenn
Hollywoods Figuren [...] oft stereotyp wirken, ist dies wohl [...] auf
die für Hollywood generell wichtige Anforderung universeller
Verständlichkeit zurückzuführen [...]“ (Blanchet 2003: 23).
Was für die populäre Kultur im Allgemeinen gilt – die Affinität zu
universalen Gefühlen und Wertvorstellungen – das gilt hier für den
Unterhaltungsfilm im Speziellen. Stets dient die Orientierung an
Universalia dabei der leichten Zugänglichkeit (vgl. Carroll 1998:
30ff. u. 414ff.). Der Rezipient soll sich in seinen Erwartungen
bestätigt sehen.
Diese Tendenz zur Affirmation ist kennzeichnend für den kommerziell ausgerichteten Unterhaltungsfilm. „Hollywood movies generally tend to meet more expectations that they frustrate, for commercial reasons. The confirmation of pre-existing assumptions is
probably a more reliable source of the kind of pleasure likely to
generate mass-market profits at the box-office.” (King 2002:149)
Der Unterhaltungsfilm weist hierin ein typisches Merkmal massenkultureller Produkte auf, die gleichsam affirmativ funktionieren (vgl.
Münch 2000: 137).
Zugänglichkeit und universelle Verständlichkeit versucht der
kontemporäre Blockbuster – als solches auch der High-ConceptActionfilm – ebenso durch intertextuelle Bezüge zu gewährleisten.
Wyatt spricht in diesem Zusammenhang von einem Referenzsystem, in das der High-Concept-Film eingelagert ist. Dabei handelt
es sich um Referenzen bezogen auf andere Filme, Fernsehshows
und die verschiedensten Formen von Multimedia. „[...] High
concept relies [...] on this intertextuality from an economic standpoint due to the audience´s point of recognition. These references
function as a `shorthand´ method of transmitting information.”
(Wyatt 1994: 57ff.)
Um allerdings auf globaler Ebene ein Massenpublikum ansprechen zu können, muss mit Blick auf die unterschiedlichen Rezeptionsvoraussetzungen der verschiedenen Einzelkulturen eine
Generalisierbarkeit der intertextuellen Bezüge gegeben sein.
- 26 -
III.1.4 Einsatz digitaler Technologien
Die 1990er wurden nach Auffassung von Cook und Bernink im
Bereich der filmischen Postproduktion durch Bildbearbeitungsund Bildmanipulationsprozesse auf Computerbasis geprägt. Die
neuen Technologien fungierten als Wegbereiter für hoch budgetierte High-Concept-Actionfilme, die verstärkt auf Spezialeffekte
setzten (vgl. Cook und Bernink 1999: 59).
Während lange Zeit den neuen Techniken von Seiten der Hollywoodstudios große Skepsis entgegengebracht und vielfach ihre
Notwendigkeit in Frage gestellt wurde, gelang den digitalen
Technologien durch ein Filmtrio Anfang der 90er Jahre der
Durchbruch. The Abyss, Terminator 2 und Jurassic Park beinhalteten Effekte, die keinesfalls anders als auf digitalem Wege hätten
umgesetzt werden können. (vgl. Hubbard 2003: 99) Vor allem der
Film Jurassic Park hatte maßgeblichen Anteil an der Zeitenwende
und verkörpert wie kein anderer den Sprung ins digitale Zeitalter.
„After Jurassic Park, everyone went digital […]. The CG dinosaurs
[…] were breathtakingly persuasive, giving a convincing impression
of life. Not only was the 3D animation awe inspiring but the compositing of these creatures into real settings was virtually flawless.”
(ebd. 2003: 99)
Nach Hubbard stellt compositing den Kernbereich des digitalen
Effektkinos dar. Beim compositing werden Bilder aus dem Computer – z.B. die nur virtuell existierenden 3D-Dinosaurier – in ein real
existierendes Landschaftsszenario eingebunden. (vgl. ebd. 2003:
105) Die digitalen Techniken ermöglichen folglich die Verknüpfung
zwischen dem Realen und dem Fantastischen. Der Filmwissenschaftler Wheeler Winston Dixon dazu: „Digital special effects
have transformed the landscape of the visual in film, transporting
the viewer seamless beyond that which is real into a synthetic
world where computer animation, morphing and digital effects
blend the actual with the fantastic.” (Dixon 1998: 22-23) Als Folge
der fortwährenden Manipulation von Realität durch CGI (computer
generated image) ergibt sich gemäß Cook und Bernink eine
unwirkliche Realität, die sich jedoch bis heute als charakteristisch
für den zeitgenössischen Blockbuster darstellt und seinen Reiz
ausmacht. „This manipulation of reality results in a new reality, an
unreal (or hyper-reality). The resultant films become spectacles of
technological possibility, experienced for their awesome effects.”
(Cook 1999: 61)
- 27 Die Zuschauer sind sich letztendlich zwar im Klaren darüber, dass
sich auf der Leinwand in extremem Maße eine unwirkliche Realität
präsentiert, dennoch vermag dieser Umstand nichts an der
Akzeptanz gegenüber dem Dargestellten zu ändern. Das Gegenteil ist der Fall. Gemäß Schweitzer ermöglicht die kontinuierliche
Perfektion des Realitätsscheins die verstärkte Identifikation des
Zuschauers mit dem Filminhalt. „Immer phantastischere Inhalte
(Projektion) können glaubhafter der Realität angepasst werden
(Identifikation). Somit erschließen sich zunehmend neue Publikumsschichten.“ (Schweitzer 1996: 48)
Mithilfe digitaler Technologien gelingt es Hollywood also, sich auf
einem Weltmarkt durchzusetzen, auf dem immer mehr Medienangebote um die Aufmerksamkeit des Zuschauers ringen (vgl.
Münch 2000: 138ff.).
III.1.5 Authentizität der filmischen Darstellung
Mehr als jedes andere Kommunikationsmedium vermag der Film
nach Einschätzung des Medien- und Kulturtheoretikers Rainer
Winter den Eindruck einer Ähnlichkeit mit der Wirklichkeit zu
erzeugen. Tatsächlich ist es aber eben nur dieser Wirklichkeitseindruck und nicht die Wirklichkeit selbst, die der Zuschauer
wahrnimmt. (vgl. Winter 1992: 58f.) Sind die Bilder gekonnt
inszeniert, so reagiert er auf sie, als ob sie mehr als nur Bilder
wären. „Es kommt zu einer Entdifferenzierung zwischen der
Wirklichkeit und der Welt der Fiktion, die durch ihre große Ähnlichkeit mit der ersteren deren Platz einnimmt.“ (ebd. 1992: 59)
Während des Rezeptionsvorgangs kommt es gemäß dem Medienund Kulturtheoretiker Patrick Fuery18 zu einem Abgleichen der im
Film dargestellten Wirklichkeit und anderen Realitätsentwürfen.
„There are a number of different orders of reality which come into
play when we watch a film.” (Fuery 2000: 124) Diese anderen
Realitätsentwürfe lassen sich nach Fuery in fünf Bereiche einteilen: Die Realität unseres Alltagsdaseins, die Sozio-Realität, die
epistemische Realität, die psychische Realität und die vom
Subjekt erfahrene Realität. Daraus ergibt sich eine ausgesprochen
komplexe Beziehung des Films zur Realität.
18
Patrick Fuery ist Professor für Medien- und Kulturwissenschaften an
der University of Sussex.
- 28 Die im Film gezeigten Bilder beziehen sich laut Fuery auf die
Interpretation einer materiellen Weltordnung (ebd.: 17). Ob und
inwieweit sich Rückschlüsse auf die tatsächlich real existierende
Weltordnung ziehen lassen, kann sich auf die Akzeptanz des
Zuschauers gegenüber dem Film auswirken. Dabei spielt es
jedoch nur eine untergeordnete Rolle, ob der Film stark realitätsorientiert ist oder ganz und gar ins Fantastische geht.
„Even the most fantastic of films, such as Un chien andalou,
Twelve Monkeys, or City of Lost Children produce a sense of reality within their textual order of things. […] So for example time
travel has a level of (and investment in) realism in Twelve Monkeys, even if we do not accept it outside of the parameters of the
film.” (ebd.: 123)
Entscheidend ist nur, dass ein Film im Rahmen der Parameter, die
er selbst vorgibt, einem realistischen und glaubwürdigen Erscheinungsbild entspricht und sich der Zuschauer darauf einlassen
kann. Filminhalte, die sich als zu phantastisch und unwahrscheinlich darstellen, werden zum Teil nicht akzeptiert (vgl. Schweitzer
1996: 46). Die Akzeptanz von Seiten der Zuschauer einem Film
gegenüber basiert zudem auf ihrer Erwartungshaltung, die von
den jeweiligen Genrekonventionen bestimmt wird. Bestimmte
Genres verlangen mehr als andere eine authentische und plausible Darstellungsweise der Filminhalte. „[Genres as; Anm. d. Verf.]
systems of expectation and hypothesis involve a knowledge of,
indeed they partly embody, various regimes of verisimilitude –
various systems and forms of plausibility, motivation and belief.“
(Neale 2000: 32)
Insbesondere dem Genre des Actionfilms, der viele fantastische
Bilder und Motive beinhaltet, kommen die drastisch verbesserten
Möglichkeiten der filmischen Illusion durch Spezialeffekte zugute.
Mithilfe von Spezialeffekten lässt sich das Außergewöhnliche, das
im Actionfilm ständig passiert, im realen Leben hingegen niemals
irgendjemandem widerfährt, so präsentieren, dass es dem
Zuschauer im Rahmen des Handlungskontextes als plausibel
erscheint.
Entscheidend ist, dass der Film es schafft, im Zuschauer die
Bereitschaft zu wecken, sich auf die Illusion einzulassen – so der
Filmwissenschaftler Nowell-Smith (vgl. Nowell-Smith 1998: 442).
- 29 -
III.2 Rahmenbedingungen der Vermarktungsstrategien: Ausserfilmischer Kontext
III.2.1 Entscheidungsprozesse von Filmkonsumenten
Bei der Auswahl von Medienangeboten im weiteren und Filmangeboten im engeren Sinne kann dem Publikum mit Katz und
Foulkes eine aktive, bzw. selektive Rolle unterstellt werden (vgl.
Katz / Foulkes 1962: 378). Eine aktive Selektionsleistung in
Abhängigkeit zu den Bedürfnissen wird zudem durch den Filmtheoretiker Hickethier postuliert, der sich dabei auf den Uses-andGratifications Approach stützt:
„Der Rezipient tritt als aktiv Handelnder auf, der aus dem Angebot
auswählt, was er sehen und hören will, weil er sich davon eine Befriedigung seiner Bedürfnisse verspricht [...]. Dieser Nutzenansatz
(Uses-and-Gratifications Approach) setzt jedoch vor, dass der Rezipient auch tatsächlich zwischen verschiedenen Angeboten wählen kann.“ (Hickethier 2001: 10)
Die Aktivität des Rezipienten im Uses-and-Gratifications Approach
wird von Schweitzer in Konstruktivität19 und Selektivität differenziert. Im Rahmen der Aktivitätsdimension der Selektion werden
Entscheidungen für oder gegen bestimmte Filmangebote seitens
der potentiellen Rezipienten gefällt. Filme stellen so gesehen die
Objekte der Entscheidung dar und senden „[...] die für die Selektivität der Rezipienten notwendigen Stimuli aus“ (Schweitzer 1996:
22).
Grundsätzlich muss beim potentiellen Rezipienten die Motivation
zum Kinobesuch gegeben sein. Die Motivation kann verschiedenen Ursprungs sein wie Tesser et al. in ihren Studien über die
Funktion von Kinofilmen20 feststellen.
Tesser et al. unterscheiden im Wesentlichen drei Dimensionen der
Motivation:
Self Escape
Self Development
und Entertainment.
19
Konstruktivität bezeichnet das Verstehen von Medieninhalten (vgl.
Schweitzer 1996: 22).
20
Die Studie von Tesser et al. aus dem Jahr 1984 basiert auf der Gratifikationshypothese der Massenkommunikationsforschung (vgl. Tesser et al. 1988: 441ff.)
- 30 Self Escape definiert die Motivation des Kinobesuchs als Wunsch,
dem Alltag zu entfliehen und Kompensation für nichterfüllte
Wünsche und Träume zu erlangen. Der Faktor Self Development
unterstellt, dass Menschen ins Kino gehen, um starke Emotionen
zu erleben. Die Dimension Entertainment stellt den bloßen
Unterhaltungsgedanken des Kinobesuchs ohne unmittelbar
emotionale Motivation in den Mittelpunkt des Zuschauerinteresses. Self Development und Self Escape unterscheiden sich in der
Hauptsache dadurch, dass beim Self Development der Kinobesuch einen persönlichen Charakter aufweist, während Self Escape
eine soziale Ausrichtung besitzt. Vorausgesetzt, dass die Motivation zum Kinobesuch vorhanden ist, erfolgt die Entscheidung nach
Tesser et al. in der Regel in Abhängigkeit zu den persönlichen
Filmvorlieben. (vgl. Tesser et al. 1988: 441ff.)
Die Ausführungen von Tesser zeigen, dass der Actionfilm prinzipiell allen drei Motivationsdimensionen gerecht zu werden vermag.
Nach Meinung des Medienwissenschaftlers Sergi basiert der
Entscheidungsprozess von Kinogängern auf Zuschauererwartungen. Dabei hat das zeitgenössische Hollywoodkino gemäß Sergi
entscheidenden Einfluss auf die Erwartungshaltung des Publikums
und setzt im internationalen Vergleich Maßstäbe. Sergi spricht von
einer kontinuierlichen Anhebung der Rezeptionserwartungen und
führt diesen Aspekt darauf zurück, dass Hollywood seine Zuschauer gegenwärtig besonders intensiv zu involvieren vermag
und dadurch wesentlich stärker anspricht. „The audience´s
powerful sensual involvement with this three-dimensional sonic
space is clearly designed to fulfil their high aural expectations, to
heighten the cinematic experience […].“ (Sergi 2001: 125)
King vertritt ebenfalls die Auffassung, dass Rezipienten ihre
Auswahl- und Kaufentscheidung an Erwartungen ausrichten. „We
usually `buy into´ a particular set of expectations. This happens
economically, if we pay for a ticket […] also emotionally.” (King
2002: 122) Bordwell stellt fest, dass die Erwartungen des Zuschauers im Spannungsfeld von Wiederholung auf der einen Seite
und Innovation auf der anderen Seite anzusiedeln sind. „Audiences expect the film to offer something familiar, but they also
demand fresh variations on it.“ (Bordwell 2001b: 97)
Gerade das Zusammenspiel zwischen Konventionen und Innovationen, Gewöhnung und Neuheit – so Bordwell – ist zentral für den
Genrefilm. Genres verändern sich im Laufe der Zeit, ihre Konven-
- 31 tionen ändern sich, und durch die Vermischung der Konventionen
verschiedener Genres schaffen Filmemacher kontinuierlich neue
Möglichkeiten. (vgl. ebd. 2001b: 97) Gemäß Bordwell hat das
Publikum Freude daran, die gleichen Konventionen in leicht
abgewandelter Form immer und immer wieder zu sehen. Das
Publikum möchte im Allgemeinen vertraute Werte vorfinden und
diese Werte bestätigt wissen. Die Filmproduzenten halten sich in
der Regel daran und tendieren weniger zu radikalen und grundlegend neu orientierten Konzepten, da es ihnen auch darum geht,
die Erwartungen der Zuschauer nicht zu enttäuschen (vgl. King
2002: 148).
Bordwell verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass es so
etwas wie einen stillschweigenden Vertrag zwischen Filmmachern
und dem Publikum gibt: „The contract between filmmaker and
audience, the promise of something new based on something
familiar.“ (Bordwell 2001b: 99)
Das Vertraute stellt sich überdies in intertextuellen Bezügen21 dar.
Nach Auffassung des Medienwissenschaftlers Jenkins treffen im
Prozess des Filmverstehens intertextuell organisierte Rezipienten
auf intertextuell organisierte Texte innerhalb eines historisch und
kulturell spezifischen Zusammenhangs (vgl. Jenkins 2000: 167).
Da Intertextualität für den Zugang zu Filmen und der Verständlichkeit von Filmen eine gewichtige Rolle spielt, ist davon auszugehen, dass Intertextualität auch Einfluss auf den Entscheidungsprozess von Kinogängern besitzt.
Die essentielle Bedeutung vertrauter Elemente im Film findet sich
ebenso bei Schweitzer. „Ein Film, der die Bedürfnisse des Publikums befriedigt, enthält sowohl vertraute als auch phantastische
Elemente. Die Mechanismen der Identifikation und Projektion sind
Voraussetzungen für die Wirkung eines Films.“ (Schweitzer 1996:
46)
Der Großteil des Publikums – so Schweitzer – verlangt nach
Filmen, bei denen sich die Interpretation des Filmtextes auf
konkrete Merkmale stützt. Andernfalls droht ein Abbruch des
Interpretations- bzw. Rezeptionsprozess. Um einem Abbruch des
Interpretationsvorgangs vorzubeugen, muss der filmische Text
21
Zum Aspekt der Intertextualität vgl. Kap.III.1.3.
- 32 nach Möglichkeit Kohärenzen bzw. gut nachvollziehbare Verbindungen beinhalten. Eindeutige Kohärenzen lassen sich durch
konkrete Merkmale im Text schaffen. Diese eindeutigen Kohärenzen dienen auch dem filmischen Verständnis bei Personen, die
lediglich ein niedriges konzeptuelles Niveau aufweisen. Zu große
Assoziationsleistungen liegen nicht im Interesse der Publikumsmehrheit. Da die Informationsverarbeitungskapazität des Menschen beschränkt ist, werden bereits „[...] Filme mit immer gleichem `Strickmuster´, die nur geringe Variationen in konkret
fassbaren Elementen aufweisen, als genügend abwechslungsreich erfahren[...]“ (ebd. 1996: 85).
Schweitzer beschreibt zwar die unmittelbare Rezeptionssituation
bei bereits vorangegangenem Filmentscheidungsprozess, verweist allerdings darauf, dass die Selektivität bezogen auf zukünftige Entscheidungsprozesse durch sowohl negative, als auch
positive Rezeptionserfahrungen beeinflusst wird (vgl. ebd. 1996:
85).
Es bleibt insgesamt festzuhalten, dass Rezipienten als aktiv
handelnde Wesen ihre Auswahl an Erfahrungen und Erwartungen
ausrichten.
III.2.2 Einfluss der Mund-zu-Mund-Propaganda
Die persönliche Kommunikation hat nach Ansicht der Sozialwissenschaftlerin Stefanie Henseler entscheidenden Anteil an der
Informations- und Meinungsbildung bei der Lancierung neuer
Kinofilme (vgl. Henseler 1987: 87). Schweitzer geht sogar soweit
zu sagen, dass die persönliche Kommunikation über Kinofilme
weitaus mehr Relevanz besitzt als die verschiedenen Massenmedien.
„Zwar ist es [.] denkbar, dass sich eine beträchtliche Erreichbarkeit
allein auf direkte [.] Wirkungen der Massenkommunikation (Werbung, Filmkritik etc.) zurückführen lässt, doch konnten empirische
Studien belegen, dass die Mundpropaganda die für die Wahl eines
Films bedeutendste Informationsquelle darstellt.“ (Schweitzer
1996: 218)
Die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung von Helmar
Baum unterstreichen ebenfalls den Wert von Mund-zu-MundPropaganda. Demnach entscheidet sich fast die Hälfte der
befragten Kinogänger für einen Film, der ihnen von Freunden
empfohlen wurde, wie die Tabelle 1 auf der folgenden Seite
verdeutlicht.
- 33 Die im Rahmen von persönlicher Kommunikation stattfindende
Mund-zu-Mund-Propaganda kann, wie der Medienwissenschaftler
Blanchet zeigt, verheerende Auswirkungen auf den Filmentscheidungsprozess haben (vgl. Blanchet 2003): 169.
Tab.1: Entscheidungsrelevante Parameter bei der Filmauswahl
(Baum 2003: 109)
Nach Blanchet stellt Mund-zu-Mund-Propaganda ein postrezeptives Phänomen dar, während Marketinginstrumente grundsätzlich
eher prärezeptiven Charakter haben (vgl. ebd. 2003: 168f.).22
Marketingkonzepte sind von Seiten der Studios beeinflussbar.
Mund-zu-Mund-Propaganda folgt dagegen ganz eigenen Gesetzen. „Marketing and promotion can do much to boost a film on
opening, but word-of-mouth, over which the studios have little if
any control, tends to take over in the following weeks.” (King 2002:
65)
22
Blanchet verweist darauf, dass sich Filmmarketing fast ausschließlich
auf den Filmstart konzentriert. Sobald Filme einmal angelaufen sind
und z.B. hinter den Erwartungen der Analysten zurückbleiben, erhalten sie keine Nachfolgepromotion.
- 34 Obschon die Studios kaum einen Einfluss darauf haben wie die
Kommunikation über Filme abläuft, so sind sie jedoch in der Lage
„ [...] neue Kinofilme zum Gesprächsthema in der Öffentlichkeit zu
machen“ (Baum 2003: 10). Das heißt, dass die Filmunternehmen
über die Massenmedien steuern können, über welchen Film
kommuniziert wird. Sie machen dabei von der Macht der Massenmedien Gebrauch, Themen zu setzen und instrumentalisieren
die Massenmedien für ihre eigenen Zwecke. In diesem Zusammenhang erscheint es sinnvoll, den Blick auf die Agenda-SettingForschung zu richten. (vgl. ebd. 2003: 30 und 64f.)
Der Agenda-Setting-Ansatz war ursprünglich im Kontext der
politischen Kommunikationsforschung entwickelt worden, lässt
sich jedoch auf die Massenmedien insgesamt übertragen.
„Der Grundgedanke lautet: Die Medien `besetzen´ durch ihre laufende Berichterstattung bestimmte Themen mehr oder weniger
stark. Als Folge dessen wird auch in den Köpfen der Rezipienten –
mit bestimmtem Zeitabstand – eine entsprechende thematische
Besetzung festzustellen sein.“ (Merten 1999: 365)
Das Agenda-Setting-Konzept setzt dabei eine Kausalbeziehung
über die Wirkung der Massenmedien auf die Rezipienten voraus
(vgl. ebd.: 366). Auf neue Filme bezogen lässt sich schlussfolgern,
dass potentielle Kinogänger durch verstärkte Thematisierung
dieser Filme in den Medien auf ebendiese aufmerksam werden.
Die interpersonale Kommunikation über diese neuen Filme wird
zudem – wie bereits festgestellt wurde – in Gang gesetzt.
Der besonders hohe Stellenwert der Mund-zu-Mund-Propaganda
lässt sich gemäß Baum darauf zurückführen, dass „im Rahmen
der persönlichen Kommunikation den Kommunikator, i.d.R. keine
materiellen Interessen mit der Empfehlung oder Warnung bzgl.
eines bestimmten Produktes verbinden [...]“ (Baum 2003: 44). Im
Vergleich zur Werbung wird die Mund-zu-Mund-Propaganda
weniger bis überhaupt nicht in Frage gestellt und gilt als besonders glaubwürdig (vgl. ebd. 2003: 44).
III.2.3 Akzeptanz von Filmen vor dem Hintergrund
aktueller Ereignisse
Die Bereitschaft von Seiten des Publikums sich auf Filme bestimmter Genres einzulassen, ist unter anderem an historische
Befindlichkeiten geknüpft (vgl. Crofts 2000: 84). So geht man in
Hollywood beispielsweise davon aus, dass die Akzeptanz Action-
- 35 filmen gegenüber in solchen Zeiten, in denen eine Gesellschaft mit
unmittelbaren Kriegsängsten oder Terror im eigenen Land konfrontiert wird, sehr gering ist. Die unmittelbaren Reaktionen
Hollywoods auf die Ereignisse vom 11. September 2001, die sich
zum Teil im Verzicht von Filmstarts ausdrückten, sprechen da eine
deutliche Sprache (vgl. Gallé 2001). Die Macher aus Hollywood
befürchteten, dass das Publikum Actionfilme rigoros ablehnen
würde. Eine Sorge, die insbesondere bei den Actionfilmen nachvollziehbar ist, die mit dem Motiv des Terrors spielen (vgl. ebd.
2001).
In zahlreichen Filmen wurden in der Vergangenheit entweder
Wolkenkratzer oder das WTC Ziel von Anschlägen und Naturkatastrophen. Tatsächlich war die Inszenierung der Zerstörung von
Hochhäusern und der Zwillingstürme bis zum Zeitpunkt der
verheerenden Anschläge vom 11. September weitgehend
unbedenklich, doch änderte sich genau das schlagartig.
Der Verzicht auf Gewaltorgien im actionorientierten Kinofilm
währte jedoch nicht lang und effektlastige Blockbuster und
Actionfilme – so Blanchet – sollten langfristig nichts von ihrer
Rentabilität einbüßen (vgl. Blanchet 2003: 226). Dieser Umstand
zeigt, dass historische Befindlichkeiten in der Tat keine konstanten, unveränderlichen Ausgangssituationen verkörpern und
dauerhaften Einfluss auf die Hollywood-Studios ausüben. Bereits
wenige Monate nach den Anschlägen auf das WTC kam ein Film
mit Arnold Schwarzenegger in die Kinos, bei dem ein Terroranschlag auf ein Hochhaus thematisiert wurde. Collateral Damage,
so der Name des Films, wurde nur kurzzeitig auf einen anderen
Starttermin verlegt (vgl. ebd. 2001).
III.3 Strategische Optionen der Vermarktung:
Filmischer Kontext
„The aim of the corporate blockbuster is to
make a big splash, to create impact both
in pre-publicity and during the crucial
opening weekend.“ (King 2002: 196)
Mit Beginn der 80er Jahre etablierte sich ein Filmmarketingsystem, das nicht länger nur als rein externe Begleiterscheinung der
Filmindustrie zu sehen war. Im Zuge der wachsenden Kommerzialisierung und Ökonomisierung des Filmgeschäfts begann das
- 36 Marketing, unablässig steigenden Einfluss auf den Prozess der
Filmgestaltung selbst zu nehmen. (vgl. Wyatt 1994: 1 u. 8f.) Nach
Wyatt wurden Hollywoodfilme seit den 80er Jahren mit Blick auf
eine optimale Vermarktung über die Medien konzipiert. Der
Einfluss des Marketings wurde dabei so groß, dass bisweilen die
Realisierung von Filmprojekten von den Vermarktungschancen
abhängig gemacht wurde. Dazu King: „It is likely that decisions
about what films to produce are shaped by such factors, especially
at the blockbuster end of the market.“ (King 2002: 214) Durch die
Dominanz des Marketings, so der Filmwissenschaftler Wyatt,
wurden andere Aspekte des Mediums verstärkt in den Hintergrund
gedrängt (vgl. Wyatt 1994: 1 u. 8f.).
Blanchet erklärt die Bedeutungszunahme des Marketings damit,
dass seine Auswirkung auf das Filmauswahlverhalten durch
Hollywoods Filmunternehmen festgestellt wurde. Marketing schafft
die Voraussetzung dafür, dass beim Kinogänger die so bedeutenden Erkennungs- und Differenzierungsprozesse eingeleitet
werden. Dem potentiellen Konsument wird ermöglicht, ein Filmprojekt von anderen Filmen und Unterhaltungsangeboten zu unterscheiden und die immanenten Qualitäten eines Filmprojekts zu
begreifen. (vgl. Blanchet 2003: 158)
Um die Wahrnehmung des potentiellen Kinogängers auf zentrale
Aspekte zu lenken, bevorzugt das zeitgemäße Filmmarketing
elementare Botschaften und setzt auf die Reduktion von Komplexität. „The marketing of high concept films is structured also by the
choice of an image which is reducible, concise, and transferable
into other media.“ (Wyatt 1994: 122) Die Effizienz von Marketingkampagnen, so Blanchet, ist abhängig von einfachen, prägnanten,
klaren Filmkonzepten, die sich schnell kommunizieren lassen.
Dieser Umstand lässt sich nicht zuletzt darauf zurückführen, dass
konkrete Handlungsmuster
„[...] eine ideale Voraussetzung für den Entwurf von charakterisierenden Titeln, synoptischen Slogans, Printanzeigen, Trailern und
Press Kits für sämtliche Formen der Crossover-Werbung [darstellen, Anm. d. Verf.], die in entsprechender Kombination schon lange
vor dem Start eines Films entsprechende Schemata einrasten lassen und mehr oder weniger gefestigte und hohe Erwartungshaltungen beim Rezipienten wecken.“ (Blanchet 2003: 158)
Auf den Punkt gebracht lässt sich sagen, dass einfache aber
wirkungsvolle Botschaften einfache Konzepte voraussetzen. Das
- 37 ist auch die Ansicht der führenden Hollywoodproduzenten der
Achtziger und Neunziger23: Eine große Idee, das war die Überzeugung von Don Simpson, „[...] hat auf der Rückseite einer
Streichholzschachtel Platz“ (zitiert nach Hüetlin 2001: 33).
Das von Simpson plakativ beschriebene Erfolgsgeheimnis für
einen Film entspricht exakt dem, was Wyatt als Bestandteil von
High-Concept deklariert. High-Concept-Filme lassen sich thematisch in ein bis zwei Sätzen erklären (vgl. Wyatt 1994: 10). Der
Vorteil, den Filme bieten, die thematisch so einfach gefasst sind,
liegt darin, dass sie eine bessere Abstimmung des Marketings
ermöglichen. „Films that are high concept could be matched by
marketing campaigns that accurately represent their content.“
(ebd. 1994: 10)
Marketing ist immer bestrebt, die filmische Narration auf Grundaussagen zu reduzieren. Daher bedarf es der klaren unmissverständlichen Handlungskonzeptionen, die in High-Concept-Filmen
vorhanden sind.
Paul McDonald spricht von der einen grundlegenden, gut zu
vermarktenden Idee, die gegeben sein muss, um kommerziell
erfolgreich zu sein. „Central to recognising success [...] is the
premise, the basic marketable idea that can be exploited in the
sale of the film and the ancillary merchandise.” (McDonald, Paul :
84)
Der Erfolg einer Marketingkampagne ist nach Ansicht von Blanchet allerdings zeitlichen und räumlichen Begrenzungen einzelner
Werbeplattformen ausgesetzt (vgl. Blanchet. 2003: 158). Das
Marketing für die großen Blockbuster-Filme ist in der Regel
unmittelbar auf mehrere Wochen vor dem Filmstart ausgerichtet.
„The big movie [...] [announces; Anm. d. Verf.] itself like a weather
front weeks before, by the turbulence it creates in the news
media.” (Elsaesser: 16)
Die wirklich großen Blockbuster, die ein derart gebündeltes
Medieninteresse hervorrufen, setzen auf das, was King als
Saturation Advertising beschreibt. Das Saturation Advertising
23
Als die führenden Hollywoodproduzenten der Achtziger- und Neunziger Jahre gelten Jerry Bruckheimer und Don Simpson (vgl. Hüetlin
2001: 33).
- 38 verfolgt eine flächendeckende Filmwerbung über mehrere nationale TV-Sender. Diese Form des Marketings erzeugt zwar eine
starke Konsumentenwahrnehmung, ist aber auch mit hohen
Kosten verbunden. (vgl. King 2002: 58)
Im Idealfall gelingt es dem Filmmarketing, einen Film so zu
bewerben, dass in der medialen Öffentlichkeit der Eindruck
entsteht, durch Rezeptionsverzicht unbedingt ein großes Kinoereignis zu verpassen:
„The aim of the corporate blockbuster is to make a big splash, to
create impact both in pre-publicity and during the crucial opening
weekend. A big, noisy, no-holds-barred spectacular offering might
be assumed to do this most effectively. Audiences might be
thought more likely to flood in droves to films described in these
terms. Such films are more easily sold in the hyperbolic rhetoric
used by Hollywood in an attempt to give blockbuster productions
the coveted ´must-see´-quality” (ebd. 2002: 196)
Weitestgehend Uneinigkeit herrscht darüber, ob Genres für das
zeitgenössische Filmmarketing von eminenter Bedeutung sind.
Dem Medienwissenschaftler Douglas Gomery zufolge lassen sich
Genrefilme leichter vermarkten, da sie Elemente beinhalten, die
bereits auf dem Markt erprobt sind. Anlehnungen an Erfolgsfilme
eines Genres gehören zu einer beliebten Marketingstrategie (vgl.
Gomery 1998: 436). Dem potentiellen Konsumenten, der sich mit
der Entscheidung für einen Film einem gewissen Risiko24 aussetzt, soll ein Gefühl von Sicherheit gegeben werden. Er soll sich
für einen Film in dem Bewusstsein entscheiden, dass er zu wissen
glaubt, was er bekommt.
Auch nach Auer haben Genres im Filmmarketing einen sehr
hohen Stellenwert. Dieser Umstand lässt sich darauf zurückführen, dass hinter den Genres die Zielgruppen stehen, die es
anzusteuern gilt. Zielgruppenorientiertes Marketing verspricht
gemäß Auer eine höhere Effizienz als Marketingkonzepte, die den
gesamten Markt erfassen wollen.25 „Eine Zielgruppenkombination
24
Das wahrgenommene Risiko der Rezeptionssituation Kino ist aus
Sicht eines Filmkonsumenten vergleichsweise beachtlich (vgl.
Schweitzer 1996: 218).
25
Der Filmwissenschaftler Hillier verweist ebenfalls darauf, dass sich
das sog. “audience targeting“ im modernen Marketing durchgesetzt
hat. Er führt das darauf zurück, dass sich mittels zielgruppenorientierten Marketingkonzepten Kosten minimieren lassen. (vgl. Hillier
1993: 30)
- 39 oder Vermischung der Zielgruppen sollte [.] vermieden werden,
sonst verwässert die Kommunikation.“ (Auer 2000: 91)
Im Gegensatz zu Gomery und Auer ist Crofts der Meinung, dass
Genres tatsächlich kaum mehr einen zentralen Aussagewert im
Marketing darstellen. Als Begründung führt er die Destabilisierung
der Genres an. Dadurch, dass Genregrenzen sich verschoben
bzw. aufgelöst haben, bieten Genres gegenwärtig weniger
Orientierung. Die Destabilisierung hat, so Crofts, zu einer “Zielgruppenfragmentierung“ (Crofts 2000:96) geführt.
Nach Meinung von Crofts sind die Namen von Regisseuren und
Produzenten im zeitgenössischen Kino als Marketing-Labels von
großer Relevanz (vgl. Crofts 2000: 96). In der Tat machen Vermarktungsstrategien vom Regisseursnamen Gebrauch, und dies
umso mehr, wenn es sich um sog. Kult-Regisseure handelt.
Die für diese Marketingstrategien so typischen Slogans „[...] (”a x
film“, ”x presents“, “from the y of x“) […]” (Blanchet 2003: 160) sind
in zahlreichen Trailern und auf vielen Filmplakaten zu finden.
Namhafte Filmregisseure und Produzenten zählen neben Starschauspielern zu dem, was Wyatt als pre-sold properties26
bezeichnet. Es sind dies Faktoren, die einem Film bereits vor dem
Kinostart Aufmerksamkeit zusichern. (vgl. Wyatt 1994: 129ff.)
Weitere pre-sold properties mit hohem Vermarktungswert sind
etwa „[...] das Sequel respektive Filmfranchise, der Zyklus, das
Remake und die Bestsellerverfilmung, aber auch die jüngeren
Formen des TV-Serienremakes oder Spin-offs und der Comic- und
Computerspielverfilmung“ (Blanchet 2003: 160).
Der Drang der Produktionsfirmen zur Serie, so die Filmredakteurin
Sabine Horst, resultiert aus dem Wunsch, den Erfolg kalkulierbar
zu machen. Mittels der Serialisierung lassen sich Trademarks
schaffen, die der Kreation erneuerbarer Konsumgüter dienen (vgl.
Horst 2003: 30).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dem Filmmarketing
durch die voranschreitende Ökonomisierung des Filmgeschäfts
ein immenser Bedeutungszuwachs widerfahren ist. Ein beachtli-
26
Eine genaue Definition des Terminus pre-sold properties findet sich
in Kap.III.1.2.3.
- 40 cher Teil von dem, was Filme kosten, entfällt auf Filmwerbung und
Marketing. Wie Tabelle 2 zu entnehmen ist, lagen die Marketingkosten im Jahr 199827 zwischen einem Drittel und der Hälfte der
Gesamtkosten.
Film
Gesamtkosten
Weltweite
Marketingkosten
Prozentualer
Anteil der
Marketingkosten
an den
Gesamtkosten
1.
Armageddon
$220.000.000
$80.000.000
36,36%
2.
Godzilla
$200.000.000
$80.000.000
40%
3.
Lethal Weapon 4
$180.000.000
$60.000.000
33,33%
4.
Mulan
$150.000.000
$60.000.000
40%
5.
Deep Impact
$140.000.000
$60.000.000
42,86%
6.
The Mask of Zorro
$130.000.000
$60.000.000
46,15%
7.
Dr. Doolittle
$125.000.000
$50.000.000
40%
8.
The X- Files
$123,000,000
$60.000.000
48,78%
9.
Saving Private Ryan
$120.000.000
$50.000.000
41,67%
10.
The Horse Whisperer
$120.000.000
$60.000.000
50%
Tab. 2: Die durchschnittlichen Vermarktungskosten der zehn kostenintensivsten Produktionen in 1998 (Quelle: Bannon 1998)
Unter der Prämisse, dass Kino den Impetus schafft, der die ganze
Maschinerie der Filmverwertung28 zum Laufen bringt, ist der hohe
Anteil der Vermarktungskosten allerdings gut nachvollziehbar (vgl.
King 2002: 74).
III.3.1 Budget
Kennzeichnend für das Hollywoodkino der 90er Jahre ist nach
Auffassung des Filmwissenschaftlers Tino Balio die stete Anhebung der Produktionsbudgets bis hin zu einer drastischen Kostenexplosion. Der “Ultra-high-budget-Film“, dem kostenmäßig nach
oben buchstäblich keine Grenzen gesetzt sind, verdeutlicht diese
Tendenz auf anschauliche Weise. (vgl. Balio 1998: 59)
27
Da für die komparative Fallstudie im praktischen Teil dieser Arbeit
zwei Filme aus dem Jahr 1998 ausgewählt wurden, sind hier die
durchschnittlichen Marketingkosten für Filme aus ebendiesem Jahr
aufgeführt.
28
Nach King ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass
wenn ein Film bereits im Kino einen nennenswerten Erfolg erzielt, er
auch in allen anderen Verwertungszusammenhängen erfolgreich
sein wird (vgl. King 2002: 74).
- 41 Nach Meinung von Jon Lewis existiert in Hollywood eine ökonomische Logik, die hohe Investitionen mit Erfolg gleichsetzt. „According to the revised logic of Hollywood economics, a movie attracts
audiences through the excess of its investment in capital and
technology.” (Lewis 1998: 47)
Budgets wird insofern die Funktion von Statussymbolen zuteil (vgl.
Schröder 1995: 83), als dass einem teuren Film ein hoher Qualitätsgrad von Seiten des Massenpublikums unterstellt wird. „Um
mit hohen Produktionskosten eine in den Augen des Massenpublikums bessere Qualität herzustellen und damit die Chancen von
Publikumserfolgen [...] zu erhöhen [...]“ (Schweitzer 1996: 159),
setzen die Majorstudios auf immer größere Produktionsbudgets.
Ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen der Höhe des
Produktionsbudgets und dem Publikumserfolg eines Films
existiert, lässt sich nicht mit absoluter Sicherheit sagen. Schweitzer zufolge ist es jedoch theoretisch plausibel (vgl. ebd. 1996:
159). Fakten sprechen indes für die von Schweitzer geäußerte
These: Laut King spielen 10 Prozent aller Filme 50 Prozent der
gesamten Gewinne ein, und bei diesen 10 Prozent handelt es sich
um die kostenintensiven Blockbuster-Produktionen (vgl. King
2002: 52).
Letztendlich geht es den großen Studios darum Event-Filme zu
produzieren, an denen das öffentliche Interesse nicht vorbeikommt. Filme also, die in sämtliche Bereiche der Populärkultur
vordringen. Doch genau diese Filme verlangen eine hohe Investitionsbereitschaft, da sie in der Regel nicht ohne Stars, einen
namhaften Regisseur und teure Spezialeffekte auskommen (vgl.
Schröder 1995: 83 u. King 2002: 52).
Event-Filme setzen gemäß Blanchet hauptsächlich auf die
Darstellung des Spektakulären und sind zu einem Großteil dem
Actionfilmgenre zuzuordnen. Sie kommen in der Regel nicht mehr
ohne kostspielige Spezialeffekte aus. Dass High-ConceptActionfilme dementsprechend über ein hohes Budget verfügen
müssen, erscheint da nur konsequent. „Die großen Budgets und
Einspielerfolge gehen seit 1975 klar an das aktionistische, phantastische, jugendliche Spannungs- und Spektakelkino.“ (Blanchet
2003: 149)
Der forcierten Produktion von Big-Budget-Filmen liegt nach
Ansicht von Dirk Schweitzer aber noch ein ganz anderes bislang
nicht genanntes Motiv zugrunde. Die Majorstudios setzen auf
- 42 kapitalintensive Produktionen, „[...] um einen Markt für kapitalintensive Filme auf- und auszubauen und mit Zutrittsbarrieren zu
versehen [...]“ (Schweitzer 1996: 159)
III.3.2 Timing des Markteintritts
Um seine High-Concept-Filme beziehungsweise Megapics optimal
auf einem globalen Markt zu lancieren, entwickelte Hollywood das
Distributionsschema des sog. Saturation Release, der auch
weitestgehend als Wide Release bekannt ist. Anders als beim
althergebrachten Platform Release lassen sich mittels des
Saturation Release weltweit die wichtigsten Kinoleinwände
dominieren (vgl. Balio 1998: 70). Blanchet hat die beiden Distributionsformen miteinander verglichen:
„Im Modus des Platform Release startet der Film oft mit nur einer
Handvoll Kopien in den zentralen Metropolen Amerikas New York
und Los Angeles, per definitionem aber nicht mehr als mit einigen
hundert Kopien in den wichtigsten Großstädten der USA und erfährt dann nach traditionellem Muster und abhängig von seinem
Erfolg bei Publikum und Kritik eine schrittweise Ausweitung innerhalb dieser und anderer regionaler Märkte. Beim Saturation Release startet der Film dagegen landesweit in bis über 3000 Kinos
gleichzeitig. Die Kopienzahl wird im weiteren Verlauf möglicherweise leicht erhöht, ändert sich aber nur geringfügig.“ (Blanchet
2003: 166)
Nach Meinung von Wyatt profitieren nur High-Concept-Filme vom
Saturation Release, wohingegen andere Filme, z.B. Produktionen
der sog. Independent Studios auf Mund-zu-Mund-Propaganda und
Rezensionen angewiesen sind (vgl. Wyatt 1994: 112). Um diesen
Standpunkt zu untermauern, führt der Filmwissenschaftler Wyatt
an, dass der Saturation Release spezielle Marketingstrategien
verlangt, die sich nur bei High-Concept-Filmen vorfinden lassen.
Exakt zum Zeitpunkt des Filmstarts muss das Interesse am Film in
der öffentlichen Wahrnehmung dergestalt gebündelt sein, dass
dem Film die maximale Aufmerksamkeit entgegengebracht wird.
„High concept films can garner high awareness and then maintain
this awareness through a comprehensive marketing approach [...]
to a greater extent than for low concept films […]. Of course, wordof-mouth also factors into the boxoffice success or failure of a high
concept film, but the marketing channels working for the high concept movies offer a substantial `head start´ in the market place.”
(Wyatt 1994: 113)
Die extreme Konzentration auf das Startwochenende ist durchaus
nachvollziehbar, denn Saturation Releases erzielen ihre höchsten
Zuschauerzahlen und Chartplatzierungen nahezu ausnahmslos in
der ersten Woche. Gemäß Blanchet lässt sich im Allgemeinen ab
- 43 der zweiten Startwoche ein sukzessiver Rückgang des Zuschauerinteresses beobachten. (vgl. Blanchet 2003: 168) Wide Releases,
die nach der ersten Woche hinter den Absatzerwartungen der
Produzenten zurückbleiben, erhalten in der Regel keine weitere
Nachfolgepromotion. Die Majors unterstellen ganz einfach, dass
das Publikum – unterstützt durch Medieneinflüsse und negative
Mund-zu-Mund-Propaganda – unwiderruflich ein vernichtendes
Urteil über einen Film gefällt hat. (vgl. ebd.: 168)
In eine neue Dimension des Saturation Release war Hollywood
1998 mit dem Film Godzilla vorgedrungen. Der Film lief in Nordamerika auf vorher nie erreichten 7363 Leinwänden an – rund 20
Prozent mehr, als der vorherige Rekordhalter, The Lost World von
Steven Spielberg, der am gleichen Wochenende des Vorjahres in
die Kinos kam. (vgl. King 2002: 49) Beide Filme wurden am
strategisch sehr wertvollen Memorial Day Weekend in die Kinos
gebracht. „`Memorial Day Weekend´ - das steht unter den Vermarktern der Ware Film in den USA für fette Erträge: Der Dollar
rollt schneller, wenn etwa Eltern endlich Zeit haben, mit ihren
Kindern ins Kino zu gehen.“ (o. V., Der Spiegel 24/ 1998: 211)
Was das Timing des Markteintritts angeht, so existieren für die
Majors indessen noch weitere Präferenztermine. Der 4. Juli, ein
weiterer Nationalfeiertag in den USA, bietet ähnliche Vorzüge wie
das Memorial Day Weekend. Neben diesen Feiertagen gilt die
Ferienzeit zwischen Mai und September als die beste Zeit für
Hollywood, um die erfolgversprechendsten, aber auch kostspieligsten Produktionen ins Rennen zu schicken. (vgl. Blanchet 2003:
170) Darüber hinaus stellt „[...] Weihnachten die ökonomisch
wichtigste und am härtesten umkämpfteste Periode des amerikanischen Kinojahres [dar; Anm. d. Verf.]“ (Blanchet 2003: 171).
Godzilla ist im Übrigen ein gutes Beispiel dafür, wie mittels
massiver Marketingkampagnen ein Wide Release die Aufmerksamkeit potentieller Konsumenten erlangen kann. Genauso
verweist Godzilla jedoch auf die Gefahren des Marktes. Nach dem
durchaus zufriedenstellenden Einspielergebnis von 74 Millionen
Dollar in der ersten Woche ging das Zuschauerinteresse drastisch
zurück. Bis zum Kinostart von Godzilla war in den Medien eine
kontinuierliche Spannung aufgebaut worden. Kaum etwas war
über das Aussehen der Riesenechse nach außen hin bekannt
geworden. Es war der Kampagne gelungen „[...] den Event-Film
zum Film-Event zu machen [...]“ (o.V. 1998: 211), und der Film
- 44 war gewissermaßen mit einem “Must See“-Label versehen
worden. Als das Aussehen von Godzilla dann schließlich bekannt
war, war der komplette Effekt der Marketingkampagne verpufft
und das Interesse der Zuschauer schnell erloschen. Experten
führen diesen Umstand nicht zuletzt auf die negative Mund-zuMund-Propaganda und die harschen Kritiken zurück.
Das Distributionsschema des Saturation Release konnte der Film
Godzilla aber grundsätzlich nicht in Frage stellen. Nach wie vor
setzen die großen Blockbuster-Produktionen – nicht nur diejenigen
aus dem Actiongenre – auf den Saturation Release. Im letzten
Jahr, am 05.11.2003, lief der dritte Teil der Matrix- Trilogie, Matrix
Revolutions, sogar weltweit absolut zeitgleich an, um der Internetpiraterie
vorzubeugen
(vgl.
o.V.:
2003;
URL:
http://de.news.yahoo.com/031110/71/3qt4o.html:). Ob das Beispiel
Matrix Schule machen wird, bleibt indes abzuwarten.
III.3.3.
Spielfilmtrailer
„Trailer sind ein prägnantes Format audiovisueller Kommunikation,
ausgestattet mit einer filmischen, das heißt aus Fotogrammen,
Tönen und Texten komponierten Formgestalt.“ (Hediger 2001: 17)
Anders ausgedrückt, stellen Trailer relativ kurze Filmzusammenschnitte dar, die auf einen umfassenden, filmischen Text verweisen und diesen gewissermaßen simulieren (vgl. ebd.: 217). Sie
bilden das Schlüsselstück einer jeden Filmwerbekampagne und
erreichen mehr potentielle Zuschauer als jedes andere Werbemittel (vgl. ebd.: 13).
Die Funktion von Trailern ist es, bestimmte Filmimages aufzubauen und diese Images in audiovisuellen Medien zu kommunizieren.
Das Image für ein und denselben Film kann dabei von Trailer zu
Trailer variieren. In der Regel werden Trailer zielgruppenspezifisch
produziert. „[ The; Anm. d. Verf.] image may be varied from trailer
to trailer and commercial to commercial depending on the audience segment.“ (Wyatt 1994: 133)
Die vornehmliche Funktion des Trailers liegt also darin, Aufmerksamkeit zu generieren. Gemäß Knut Hickethier gelingt dies dem
Trailer „[...] durch physisch intensive, durch emotionale und durch
überraschende Reize“ (Hickethier 1997: 226). Physisch intensive
Reize resultieren aus Farbe und Größe der Darstellung. Emotionale Reize entstehen auf Grundlage der Präsentation von Personen
und deren Befindlichkeiten. Sie sind da am wirkungsvollsten, wo
- 45 ihnen ein emotionaler Appellcharakter an biologisch verankerte
Signale zugrunde liegt. Überraschungs- oder Schockeffekte sind
ebenfalls allgegenwärtig in der Trailerkonzeption und ergeben sich
etwa dort, wo die Bilder des Trailers gegen grundlegende Wahrnehmungserfahrungen der Zuschauer verstoßen. (vgl. ebd: 226)
Nach Auffassung von Vinzenz Hediger29 verfolgen Trailer die
Intention, Zuschauer massiv emotionalem Stress auszusetzen.
Aus diesem Grund sind sie so konzipiert, dass sie betont gefühlsmäßige Ereignisse darstellen, die aus dem Rahmen des Alltäglichen fallen. Dahinter steckt der Gedanke, dass emotionale
Ereignisse grundsätzlich eher im Gedächtnis haften bleiben. Dazu
Hediger: „Die Qualität der Erinnerung hängt ab von der Intensität
der Emotion, die mit der Informationsverarbeitung einhergeht.“
(Hediger 2001: 232)
Um die Intensität, mit der der Zuschauer einen Trailer erlebt,
zusätzlich zu steigern, setzen die Produzenten prinzipiell auf eine
höhere Schnittfrequenz. Die Schnittfrequenz beläuft sich auf
ungefähr das Dreifache des eigentlichen Films. Da gemäß Julian
Hochberg eine Korrelation zwischen der Schnittfrequenz von
Filmen und dem Erregungszustand des Publikums besteht, ist
tatsächlich von einem intensivierten Rezeptionserlebnis auszugehen (vgl. Hochberg 1986: Kap.22 S.53)
Um ihrem Publikum in kürzester Zeit optimal verwertbare Informationen und begreifliche Botschaften zu vermitteln, greifen Trailer
auf eine Reihe ganz bestimmter Strategien zurück. Der Filmtheoretiker Hickethier: „Für ihre Geschichten bedienen sich [...] Trailer
in Anbetracht der knappen Zeit Stereotypen, Situationen, die der
Zuschauer aus den Medien bereits kennt.“ (Hickethier 1997: 135)
Überdies stellt Hickethier fest, dass Trailer Schlüsselbilder
(vergleichbar mit Werbespots) beinhalten, die vorgeprägte, innere
Bilder im Rezipienten ansprechen. Diese Schlüsselbilder basieren
auf konventionalisierten Handlungsmustern und enthalten infolgedessen eindeutige Aussagen. Entscheidend für die Informationsverarbeitung ist, dass sich das Dargestellte auf bereits bekannte
kommunikative Muster bezieht bzw. diesen entspricht. Die
systematische Aktivierung dieser Grundmuster erfolgt durch den
29
Vinzenz Hediger hat eine Professur für Theorie und Geschichte bilddokumentarischer Formen an der Ruhr-Universität Bochum
- 46 strategischen Einsatz der Schlüsselbilder. (vgl. ebd. 1997: 228)
Hediger zufolge sind „[...] gewisse Muster der formalen Gestaltung
über längere Zeiträume rekursiv gestaltet“ (Hediger 2001: 226). Es
existieren lediglich Variationen dieser Muster in zeitgenössischen
Trailern. Die Annahme, dass zwischen Formgestalt und psychischer Wirkung ein relativ enger Zusammenhang existiert, stellt ein
zentrales Postulat der kognitiven Filmpsychologie dar. (vgl. ebd.:
226)
Wenngleich Trailer zwar in erster Linie zum Film verführen sollen,
haben sie noch eine weitere Funktion, die durchaus von zentraler
Bedeutung ist. Mit Hediger lässt sich sagen, dass aktuelle Trailer
jene Publikumsgruppen vom Kino fernhalten sollen, für die der
Film nicht gedacht ist. Sofern sich Leute im Kino einen Film
anschauen und anschließend schlecht darüber reden, kann das
dem Geschäft schaden. (vgl. ebd.: 208)
III.3.4 Filmwerbung im Internet
Um die Relevanz der Filmwerbung im Internet aufzuzeigen, sollen
zunächst Kommunikationsstrukturen im Internet dargestellt
werden.
Im Vergleich zu konventioneller Face-to-face-Kommunikation, die
die physische Anwesenheit zweier Gesprächspartner verlangt,
bietet das Internet auf kommunikativer Ebene den Vorteil, dass die
Kommunikation im virtuellen Raum stattfindet. Wenngleich
Personen räumlich voneinander getrennt sind, ist ihnen über das
Internet die Möglichkeit kommunikativer Interaktion gegeben.
Nach dem Wirtschaftswissenschaftler George Silverman erleichtert das Internet sowohl individuelle Kommunikation, als auch
Gruppenkommunikation nach dem “one-to-many“- Prinzip30 (vgl.
Silverman 2001: 110f.). Für Silverman stellt das Internet das
idealste aller Medien für Mund-zu-Mund-Propaganda dar. „[…]
Ideas can spread over the Internet because people are [.] in close
communication proximity” (ebd.. 2001: 107). Kommunikate
erreichen theoretisch jeden Ort unseres Planeten, und das in sehr
30
Eine einzelne Person kann z.B. einen Text (z.B. eine persönliche
Filmkritik oder Beurteilung) in ein Internetforum einer Website stellen. Dieser Text kann theoretisch von beliebig vielen Besuchern der
Website gelesen werden. Ähnlich verhält es sich mit Newsgroups,
die ebenfalls theoretisch einen unbegrenzten Adressatenkreis ansprechen können.
- 47 geringer Zeit. Genau darin liegt aber auch die Gefahr: „[…] All
[Internet; Anm. d. Verf.]-forums are places where negative word of
mouth can run rampant or be turned around to great advantage.”
(ebd.. 2001: 112)
Um negativer Mundwerbung vorzubeugen, sind die Majorstudios
daher gefordert, ihren Marketingkampagnen im Internet einen
hohen Qualitätsanspruch zugrunde zu legen. In der Regel führen
nur qualitativ ansprechende Informationen zum Erfolg, das heißt
zu guter publicity.
Die kontemporären Blockbuster-Produktionen haben größtenteils
alle eine eigene Website, die Filminteressierte bisweilen ein Jahr
vor dem Kinostart eines Filmes aufsuchen können. Insbesondere
Trailer lassen sich mittlerweile nicht mehr ausschließlich im Kino
oder im TV sehen, sondern können von besagten Websites
heruntergeladen werden (vgl. King 2002: 50).
Verschiedene Studios darunter Warner Bros. und DreamWorks
haben für die unmittelbare Zukunft die verstärkte Produktion von
Kurzfilmen angekündigt, deren Rezeption ausschließlich im
Internet möglich sein wird (vgl. ebd. 2002: 77). Wie diese Kurzfilme aussehen könnten, und was für einen Hype sie auszulösen
imstande sind, haben im Jahr 2003 die vier “Animatrix“-Kurzfilme
angedeutet.
„Bei den großen Internetanbietern droht dieser Tage der Netzinfarkt. Aus der Tiefe des virtuellen Raums werden die Server nur so
bombardiert, zu Spitzenzeiten herrscht ein elektronischer Superstau. Grund der Überbelastung sind [...] Kurzfilme, die vorerst nur
über das World Wide Web abrufbar sind und der Wiedergeburt des
innovativsten Kinoereignisses der 90er Jahre vorangehen: `Matrix´.“ (Rosner 2003: 28)
Mit vier Millionen Downloads stellt allein der erste “Animatrix“-Teil
Second Renaissance eindrucksvoll unter Beweis, dass der
Grundgedanke der Studios, zusätzliches Interesse für ihre
Produkte bereits lange im Vorfeld mittels Kurzfilmen zu erzeugen,
ausgesprochen erfolgsversprechend ist (vgl. ebd. 2003: 28).
Entscheidend ist, dass über die Kurzfilme das eigentliche Produkt,
der Film, Teil des öffentlichen Kommunikationsprozess wird. (vgl.
Rosen 2000: 196).
Bei der hohen Anzahl von vier Millionen Downloads ist davon
auszugehen, dass besagter “Animatrix“-Teil im Internet unter
Usern viel kommuniziert und weiter empfohlen wurde. Es lässt
- 48 sich dementsprechend die im Rahmen von persönlicher Kommunikation
stattfindende
Mund-zu-Mund-Propaganda
(vgl.
Kap.III.2.2) unterstellen.
Was die “Animatrix“-Filme angeht, so lassen sie sich zwar ohne
weiteres in das “Matrix“-Universum eingliedern, enthalten aber
keine einzige Originalszene aus Matrix Reloaded oder Matrix
Revolutions. Ihnen wird gewissermaßen die Funktion von Supplements zum Originalfilm zuteil (vgl. Rosner31 2003: 28f.). Diese
Form der animierten Kurzfilme bietet sich auch bei anderen
Blockbuster-Produktionen – wie zum Beispiel Comic-Verfilmungen
– an. Die breite Resonanz auf die animierten Internettrailer dürfte
zum Nachahmen animieren.
Nach Auffassung von King hat sich herausgestellt, dass jüngere
Menschen, die einen hohen Medienkonsum vorweisen und das
Internet häufig und bevorzugt nutzen, eine bedeutende Zielgruppe
für Blockbuster darstellen. „The internet is one of the fastestgrowing forms of communication and is especially popular among
some of the younger, higher media-consuming and better educated groups that constitute key audiences constituencies for
Hollywood films.” (King 2002: 76) Tatsächlich deutet einiges
darauf hin, dass die Hollywoodmajors die Relevanz von Marketingkampagnen im Internet erkannt haben.
III.3.5 Filmwerbung in audiovisuellen Medien
Der Saturation Release, der bereits in Kap. III.3.2 eingehend
dargestellt wurde, bedarf nach Hediger massiver TV- Werbung.
Allein die riesigen TV-Werbekampagnen vermögen den hohen
Grad an Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu gewährleisten,
der nötig ist, um die zahlreichen Kinosäle bei Massenstarts zu
füllen. Insbesondere das jugendliche Publikum, so Hediger, ist
über Fernsehwerbung erreichbar (vgl. Hediger 2001: 196).
Ausgesprochen treffend bezeichnet der Filmwissenschaftler King
die gigantischen TV-Werbekampagnen als Saturation Television
Advertising. Die enge Verbindung dieses Konzeptes zum Saturation Release wird deutlich. (vgl. King 2002: 50)
31
Heiko Rosner ist Filmredakteur bei der Filmzeitschrift Cinema und
www.imdb.de.
- 49 Das Saturation Television Advertising stellt sich als sehr kostenintensive Werbemaßnahme dar. Es wird jedoch von den Studios als
eine Art Rückversicherung verstanden und soll vor dem finanziellen Fiasko am Box-Office32 bewahren. „Widespread opening and
saturation television advertising are responses to potential
financial insecurity and increasing budgets. They are designed to
protect investments.” (ebd. 2002: 57) Die Rechtfertigung für teure
Werbekampagnen basiert in erster Linie auf dem Umstand, dass
TV-Kampagnen einem Film bereits vor dem Filmstart ein Image
geben können (vgl. Hediger 2001: 203).
Gemäß Wyatt sind High-Concept-Filme immer von großen TVWerbecampagnen begleitet (vgl. Wyatt 1994: 19). Speziell bei den
ganz großen, hoch budgetierten Blockbuster-Filmen verteilt sich
die Fernsehwerbung in Nordamerika auf ein Dutzend oder mehr
Kanäle. Schließlich geht es bei Filmen wie Titanic nicht darum, nur
bestimmte Zuschauersegmente anzusprechen, vielmehr lautet das
Ziel, möglichst die Gesamtheit aller Zuschauergruppen zu erreichen (vgl. Hediger 2001: 199).
Die Hauptursache für die gestiegenen Marketingkosten (im
speziellen die für Blockbuster) liegt also in den hohen Kosten für
die TV-Werbung (vgl. Schatz 1993: 26).
Da sich der Stellenwert des Fernsehens voraussichtlich auch
durch den Vormarsch des Internets nicht verringern dürfte, wird
das TV-Filmmarketing mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in
Zukunft eine unverändert gewichtige Rolle spielen.
32
Box-office ist der englische Begriff für Kinokasse. Box office success/hit/attraction bedeutet so viel wie Kassenschlager (vgl.
http://www.wordreference.com/de/Translation.asp?ende=box+office).
- 50 -
IV.
Komparative Fallstudie
IV.1 Anlage der komparativen Fallstudie
Im theoretischen Teil der Magisterarbeit wurden strategische
Optionen der Produktion und Vermarktung von Actionfilmen
dargestellt. Im folgenden praktischen Teil schließt sich die exemplarische und vergleichende Analyse zweier HollywoodBlockbuster in Bezug auf die aufgezeigten strategischen Optionen
an. Es wurden die beiden Filme Armageddon und Deep Impact
ausgewählt. Eine ausführliche Begründung der Filmauswahl
erfolgt in Kapitel IV.1.4. Bei der komparativen Fallstudie findet
bezüglich dieser Filme eine Hinwendung zu den zugänglichen
Daten statt. Neben diversen Fachartikeln in Filmzeitschriften und
Filmberichten in Tageszeitungen dienen Texte aus dem Internet
zur Datenbasis. Darüber hinaus fließen Daten aus Filmdatenbanken in die Untersuchung mit ein.
IV.1.1 Methodenwahl
Mittels einer komparativen Fallstudie lässt sich überprüfen, ob den
in Kapitel III aufgestellten strategischen Optionen für den Erfolg
von Actionspielfilmen bei aktuellen Hollywoodproduktionen
Anwendung widerfährt. Durch den Vergleich im Rahmen der
Fallstudie werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der
Produktion und Vermarktung von Deep Impact und Armageddon
direkt erkennbar.
Das Datenmaterial wird vorwiegend einer qualitativen inhaltsanalytischen Untersuchung unterzogen. Die Inhaltsanalyse hat sich in
den Sozialwissenschaften als Instrument zur Erhebung sozialer
Wirklichkeit etabliert und wird als `Königsweg´ in der Kommunikationswissenschaft angesehen (vgl. Knoche33 1997: 3f.). Sie dient
der Analyse von fixierter Kommunikation. Im Zuge der qualitativen
Inhaltsanalyse ist eine systematische, regel- und theoriegeleitete
Vorgehensweise anzustreben, um Rückschlüsse auf bestimmte
Aspekte der Kommunikation ziehen zu können (vgl. Mayring 1983:
13f.). Die Vorgehensweise bei der qualitativen Inhaltsanalyse
33
Manfred Knoche ist Professor für Kommunikationswissenschaft an
der Universität Salzburg.
- 51 beschreibt Mayring34 wie folgt: „Der qualitative Analyseschritt
besteht dabei darin, deduktiv gewonnene Kategorien zu manifesten Textstellen methodisch abgesichert zuzuordnen.“ (Mayring
2000) Für einzelne Untersuchungsaspekte werden auch quantitative Methoden zur Untersuchung angewandt.
IV.1.2 Konzeption forschungsleitender Annahmen und
sich daraus ableitende Fragen
Die forschungsleitende Frage „Ob dem High-Concept-Approach
einheitliche Strategieelemente in der Produktion und Vermarktung
von Actionfilmen zugrunde liegen.“ lässt sich in ihrer allgemeinen
Formulierung inhaltsanalytisch nicht untersuchen. Vielmehr bedarf
es konkreter Untersuchungsschwerpunkte, die sich aus der
leitenden Forschungsfrage ergeben. Die Konzeption der konkreten
Schwerpunkte basiert auf einer deduktiv theoretischen Herangehensweise. Vor dem theoretischen Hintergrund erschließen sich
forschungsleitende Annahmen, aus denen sich Fragen ableiten
lassen. Der auf diese Art und Weise entstehende Katalog von
Annahmen übersetzt die Forschungsfrage in „[...] einzelne überprüfbare Behauptungen“ (Früh 1991: 125). Im weiteren Forschungsverlauf gilt es, diese Behauptungen entweder zu bestätigen oder zu widerlegen.
Im Sinne der Nachvollziehbarkeit ist es erforderlich, dass den
Annahmen eine Begründung auf Basis von theoretischen Überlegungen oder Vermutungen zugrunde liegt. Für die vorliegende
Arbeit ist dieser Aspekt gewährleistet, da sich der folgende
Katalog aus den theoretischen Vorüberlegungen ergibt.
Nach Auffassung des Kommunikationswissenschaftlers Werner
Früh ist es jedem Forscher selbst überlassen, auf der Grundlage
seines eigenen Ermessens Untersuchungsschwerpunkte zu
definieren (vgl. Früh 1991: 125f.).
Im Folgenden werden für die im dritten Kapitel herausgearbeiteten
strategischen Optionen forschungsleitende Annahmen formuliert,
die es im Rahmen der komparativen Fallstudie zu überprüfen gilt.
Jeder forschungsleitenden Annahme (FA) wird die entsprechend
konkretisierte Fragestellung (F) unmittelbar zugeordnet. Die aus
34
Philip Mayring hat eine Professur am Institut für Psychologie an der
Universität Klagenfurt.
- 52 den Annahmen abgeleiteten Fragen werden für die Filme Deep
Impact und Armageddon im Kapitel IV.2 jeweils überprüft.
FA1: High-Concept-Actionfilme setzen auf den Starfaktor.
F1: Werden die tragenden Rollen in Armageddon und
Deep Impact mit Stars besetzt?
FA1 liegt die Prämisse zugrunde, dass Stars aus Sicht der Studios
einerseits eine Rückversicherung für sichere Profite darstellen und
andererseits dazu dienen ein Markenimage für einen Film aufzubauen (vgl. Kap.III.1.2).
FA2: In Actionfilmen werden vorzugsweise bekannte
Stars eingesetzt, die schon in zahlreichen anderen
Actionfilmen mitgespielt haben.
F2: Spielen in Deep Impact und Armageddon Stars mit,
die schon in vielen anderen Actionfilmproduktionen
mitgewirkt haben?
Wenn Stars mit einem anderen Genre als dem des Actionfilms
verknüpft werden, besteht die Gefahr, dass diese aus Sicht der
Konsumenten nicht die notwendige Glaubwürdigkeit besitzen, um
eine Hauptrolle zu übernehmen. Andernfalls ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ihnen Misstrauen und Ablehnung von Seiten
der Zuschauer widerfährt (vgl. Kap. III.1.2.2).
FA3: High-Concept-Actionfilme sind so angelegt, dass
sie universell verständlich sind und ihnen auch außerhalb
des nordamerikanischen Kulturkreises Anerkennung
widerfährt.
F3: Genügen Armageddon und Deep Impact der Anforderung universeller Verständlichkeit und vermögen
aufgrund dessen Kinobesucher weltweit anzusprechen?
Diese Frage zielt unter anderem auf den Anspruch und die
Verständlichkeit der Thematik und die Konzeption der Narration.
- 53 Überdies soll in diesem Kontext untersucht werden, ob beide
Filme eine Affinität zu universalen Gefühlen und Wertvorstellungen aufweisen (vgl. Kap.III.1.3). Nicht minder erforschenswert ist
die Darstellung der Figuren und ihrer Charaktere und ihre eventuelle Ausrichtung an Stereotypen.
FA4: High-Concept-Filme des Actiongenres machen
Gebrauch von digitalen Produktionstechnologien, um
a)
b)
c)
der zeitgenössischen Blockbuster-Ästhetik zu
entsprechen,
ihre Inhalte glaubhaft der außerfilmischen Realität anzupassen und
eine Dynamisierung des Rezeptionsprozesses
herbeizuführen.
F4: Setzen Armageddon und Deep Impact auf digitale
Produktionstechnologien?
In diesem Zusammenhang steht besonders die Ästhetik des
Kinobildes im Untersuchungsinteresse (vgl. Kap.III.1.4). Es
werden die Besonderheiten und Auffälligkeiten des Films benannt
und überdies gilt es, die Qualität der Einbindung allein virtuell
existierender Objekte in reale Schauplätze zu bewerten.
FA5: High-Concept-Actionfilme entsprechen einem
realistischen Erscheinungsbild – im Rahmen der Parameter, die sie selbst vorgeben.
F5: Orientieren sich Armageddon und Deep Impact an
einer realistischen Darstellungsweise innerhalb ihres
eigenen narrativen Kontextes?
Unabhängig davon, wie fantastisch sich die Filminhalte auch
präsentieren, gilt: Das Aussergewöhnliche und die Extremsituation
als mehr oder weniger essentielle Bestandteile des Actionfilms
verlangen nach einer in ihren Grundzügen realistischen Darstellungsweise (vgl. Kap.III.1.5). Der Zuschauer soll sich schließlich
auf die ihm gebotene Illusion einlassen können.
- 54 -
FA6: High-Concept-Actionfilme setzen in der Konzeption
auf pre-sold properties, um sich bereits vor dem Kinostart
Aufmerksamkeit zu sichern.
F6: Werden bei Armageddon und Deep Impact pre-sold
properties eingesetzt?
Die Relevanz der pre-sold properties für große BlockbusterProduktionen ist in Kap.III.3 bereits ausführlich dargestellt worden.
FA7: High-Concept-Filme des Actiongenres weisen
einfache und prägnante Konzepte auf und beinhalten
Botschaften, die sich gut kommunizieren lassen.
F7: Verfügen Armageddon und Deep Impact über klare
und unmissverständliche Handlungskonzeptionen, die
thematisch so einfach gefasst sind, dass sie sich gut
vermarkten lassen?
Filmmarketing verfolgt generell die Absicht, die filmische Narration
auf Grundaussagen zu reduzieren. Das setzt leicht fassbare und
gut zu vermittelnde Handlungskonzeptionen voraus (vgl. Kap.III.3).
FA8: Hoch budgetierte Event-Filme werden nach dem
Distributionsschema des Saturation Release in die Kinos
gebracht.
F8: Hat man sich bei Deep Impact und Armageddon für
den Saturation Release entschieden?
In diesem Annahmen/Frage-Komplex soll in einem ersten Schritt
die Frage nach dem Distributionsschema und der Anzahl der
Startleinwände beantwortet werden. In einem zweiten Schritt
sollen die Einspielergebnisse miteinander verglichen und kommentiert werden. Das heißt, dass mögliche Ursachen für gutes
oder schlechtes Abschneiden an der Kinokasse erörtert werden
sollen.
Der Saturation Release erreicht seine höchsten Zuschauerzahlen
und Chartplatzierungen nahezu ausnahmslos am ersten Wochenende seines Kinolaufs. Es ist demnach in der Regel bereits nach
- 55 der ersten Woche eine Tendenz erkennbar, ob ein Film zu einem
Hit oder einem Flop wird. Zudem sind Filmstarttermine meist so
geplant, dass die Filme zu strategisch wichtigen Zeitpunkten
anlaufen.35 Hier gibt es von Seiten der Majors bestimmte Präferenztermine für Filmpremieren (vgl. Kap. III.3).
FA9: High-Concept-Actionfilme werden so vermarktet,
dass ihnen in den Medien Ereignisstatus zuteil wird. Die
Filmvermarktungsmaschinerie
bei
ActionfilmBlockbustern setzt auf spektakuläre und einprägsame
Marketingformeln.
F9: Gelingt es Deep Impact und Armageddon sich über
umfangreiche Marketingkonzepte als Medienereignis zu
etablieren? Sind die Trailer und Filmposter von Armageddon und Deep Impact geeignet, um den Filmen
Ereignischarakter zu verleihen?
Diese Frage bezieht sich vor allem auf Filmwerbung im Internet
und in den audiovisuellen Medien. Es wird in diesem Zusammenhang untersucht, ob beide Filme mit flächendeckenden Marketingkampagnen beworben wurden.
IV.1.3 Handlungsbeschreibung der Filme, auf die sich
die Untersuchung bezieht
Deep Impact:
Der Film beginnt mit der Entdeckung eines Kometen, der geradewegs auf die Erde zurast. Erstaunlicherweise ist es der Schüler
Leo Biederman (gespielt von Elijah Wood), der den Kometen mit
einem Fernrohr, das kaum professionellen Ansprüchen genügt,
noch vor allen Wissenschaftlern entdeckt. Um einer Panik in der
Bevölkerung vorzubeugen, wird diese brisante Information vorerst
von US-Präsident Beck (Morgan Freeman) unter Verschluss
gehalten. Stattdessen wird ein Geheimplan ins Leben gerufen, der
die nukleare Sprengung des Kometen vorsieht. Zu diesem Zweck
soll unter der Führung des Apollo-Veteranen Captain Spurgeon
35
Strategisch wichtige Zeitpunkte sind beispielsweise Memorial Day
Weekend oder die Weihnachtsfeiertage (vgl. Kap.III.3.2).
- 56 “Fish“ Tanner (Robert Duvall) ein Raumschiff auf dem Kometen
landen und unter der Kometenoberfläche Atombomben versenken. Die spektakuläre Mission scheitert jedoch. Der Komet wird
lediglich in zwei Teile auf gespalten, die aber beide unverändert
Kurs auf die Erde nehmen.
Durch Zufall stößt die Fernsehreporterin Jenny Lerner (Téa Leoni)
auf einen Bericht über die Ankunft eines sog. E.L.E. (Extinction
Level Event). Lerner droht mit der Information an die Öffentlichkeit
zu gehen. Infolgedessen sieht sich der Präsident gezwungen, eine
Rede an die Nation zu richten, in der er bekannt macht, dass ein
Komet von der Größe von Manhattan sich auf direktem Kollisionskurs mit der Erde befindet. In der Ansprache erfolgt u.a. das
Eingeständnis des Scheiterns einer bereits stattgefundenen
Rettungsmission. Dieser Aspekt lässt die Katastrophe unausweichlich ins kollektive Bewusstsein rücken. Die Rede des USPräsidenten gibt der Bevölkerung kaum Anlass zur Hoffnung auf
Abwendung des drohenden Aufpralls.
Nach dem Plan der Regierung soll ein durch Losentscheid
ermittelter kleiner Teil des amerikanischen Volkes solange in
einem Bunker verharren, bis die Erde nach dem Kometeneinschlag wieder bewohnbar ist. Die Regierungsentscheidung
konfrontiert die Bevölkerung mit einer harten, unausweichlichen
Realität, die zudem wie ein Selektionsprozess anmutet (Personen
ab einem gewissen Alter sind von der Verlosung der Plätze im
Bunker ausgeschlossen). Fortan dominiert das “Warten auf den
Weltuntergang“ die filmische Handlung. So wird z.B. eindringlich
dargestellt, wie sich die Hauptcharaktere und ihre Familien mit
ihrem Schicksal auseinandersetzen.
Am Schluss des Filmes kommt dann doch alles ganz anders. Es
kommt zu einem vergleichsweise versöhnlichen Ende mit Happy
End-Charakter.
Während zwar der kleinere Teil des Kometen im atlantischen
Ozean einschlägt und eine verheerende Flutwelle auslöst, kann
der weitaus größere Teil am Aufprall gehindert werden. In einer
letzten entscheidenden Handlung opfert sich die Raumschiffbesatzung um Captain Tanner für das Wohl und den Fortbestand der
Menschheit. (vgl. Berardinelli 1998 und vgl. Pfirstinger 1998b)
- 57 Armageddon
Der Meteoritenschauer, der am Anfang von Armageddon ein Loch
in das World Trade Center schlägt und das Empire State Building
auseinanderreißt, stellt lediglich einen Vorboten für die Ankunft
eines Asteroiden von der Größe des Staates Texas dar. Eine
verheerende Katastrophe von globalem Ausmaß scheint nahezu
unausweichlich. Der Asteroid steuert mit einer Geschwindigkeit
von 35000 km/h geradewegs auf die Erde zu, und es verbleiben
nur 18 Tage Zeit, um die Gefahr aus dem All zu bannen. Dem
Leiter der NASA, Dan Truman (Billy Bob Thornton), wird die
Aufgabe übertragen, einen Weg zu finden, den blauen Planeten
zu retten. Ein geradezu irrwitziger Plan wird zur Rettung der Erde
entwickelt: Truman rekrutiert den weltbesten Spezialisten für TiefÖlbohrungen, Harry S. Stamper (Bruce Willis), samt seinem zwölf
Mann starken Team. In zwei Shuttles, die Freedom und die
Independence, werden Stamper und seine Männer in den Weltraum katapultiert und sollen unter der Begleitung hochqualifizierter
Shuttle-Piloten auf dem Asteroiden landen. Auf dem gigantischen
Gesteinsbrocken angekommen, ist das Expertenteam gefordert,
ein 254 Meter tiefes Loch bis zum Kern zu bohren und den
Asteroiden mit einem nuklearen Sprengkopf von innen heraus zu
sprengen. Im Falle eines Scheiterns der Mission sieht sich die
Bodenkontrollstation der NASA in letzter Instanz gezwungen, den
Sprengkopf vorzeitig explodieren zu lassen. Im Team, das den
Planeten retten soll, ist auch A.J. Frost (Ben Affleck), Stampers
zukünftiger Schwiegersohn. Grace Stamper (Liv Tyler) hat also
allen Grund, das riskante Unternehmen mit gemischten Gefühlen
zu verfolgen. Mehr als einmal sieht es danach aus, dass ihr Vater
oder ihr Freund bei der gefährlichen Mission ihr Leben verlieren
könnten. Das Schicksal der gesamten Menschheit liegt also in den
Händen zweier Männer. Am Ende lässt sich die Welt nur dadurch
retten, dass einer der beiden sein Leben opfert. Stamper opfert
sich schließlich zugunsten von A.J. Frost. (vgl. Berardinelli 1998;
vgl. McCarthy36 1998; vgl. Westphal37 1998; vgl. Pfirstinger 1998a)
36
Todd McCarthy ist Filmredakteur bei www.variety.com.
37
Anke Westphal ist Filmredakteurin bei der Berliner Zeitung.
- 58 -
IV.1.4 Begründung der Filmauswahl
Wenngleich das Actionfilmgenre von thematischer Vielfalt gekennzeichnet ist, so sind Actionfilmen jedoch auf der Handlungsebene
grundsätzlich bestimmte Muster und Konventionen gemein.38
Bei der Auswahl der Filme für die komparative Fallstudie wurden
solche Filme berücksichtigt, die sich unbedingt dem Actionfilmgenre zuordnen lassen und eine hohe Vergleichbarkeit auf Grundlage
der Thematik vorweisen. Darüber hinaus sollte es sich um Blockbuster-Produktionen sog. Majors aus Hollywood handeln und nicht
etwa um kleinere Independentproduktionen.
Deep Impact und Armageddon stellen typische Majorproduktionen
dar, „[...] kostspielige Flagschiffproduktionen, die im Erfolgsfall
Rekordeinnahmen versprechen, das finanzielle Risiko des Studios
aber auch dramatisch erhöhen“ (Blanchet 2003: 243). Deep
Impact wurde von der DreamWorks SKG produziert und Armageddon von der Walt Disney Company (vgl. ebd. 83f.). Folgendes
Schaubild (Abb. 3) gibt Aufschluss über die US-Marktanteile der
Hollywoodstudios und belegt, dass DreamWorks und Disney zu
den Majors in der Filmbranche zählen:
Abb. 3: US-Marktanteile Studios 2001
(Quelle: Blanchet 2003: 80 u. AC Nielsen, EDI)
38
Vgl. Kap.II.2.1.
- 59 Die Vergleichbarkeit beider Filme ist vor allem auf der Handlungsebene gewährleistet. Beide Filme greifen eine ähnliche Themenstellung auf und verkörpern ein typisches Handlungsszenario für
das Genre des Actionfilms. Streng genommen lassen sie sich aber
auch dem Genre des Katastrophenfilms zuweisen, das gewissermaßen ein Subgenre des Actionfilmgenres darstellt. Sie thematisieren die globale Bedrohung durch den Einschlag eines gigantischen Gesteinsbrockens aus dem All. In Armageddon ist es ein
Asteroid von der Größe des Staates Texas, in Deep Impact bildet
ein Komet den Ausgangspunkt für das Katastrophenszenario. Die
Rettung vor dem drohenden Weltuntergang ist folglich das
zentrale Thema beider Filme. Auch die Pläne zur Abwendung der
Katastrophe weisen in Deep Impact und Armageddon analoge
Strukturen auf. In beiden Filmen werden Weltraummissionen mit
dem Ziel ins All entsandt, den jeweiligen Gesteinskörper mit
nuklearen Sprengköpfen zur Explosion zu bringen und ihn von
seiner Bahn abzubringen. Dabei werden die Protagonisten sowohl
in Deep Impact als auch in Armageddon dazu gezwungen, „unter
dem permanenten Druck eines Zeitultimatums zu operieren, das
die Spannung [...] um ein Vielfaches zu steigern vermag“ (Blanchet 2003: 57f.).
Das, was Bordwell als die Deadline bezeichnet, stellt ein von
Hollywood oft verwendetes sehr kraftvolles Instrument dar: Ein
übergreifendes Zeitlimit verschränkt mit einem langfristigen Ziel
des Protagonisten, das über der kompletten Handlung des Films
schwebt. (vgl. Bordwell 1985: 45f.)
Aufgrund der Deadline-Struktur wird Deep Impact und Armageddon genau das zuteil, was den Actionfilm nach Auffassung von
Neumann kennzeichnet: „Zuspitzung der Spannung, Countdown,
Explosion, Katastrophe“ (Neumann 1987: 30).
Ein weiterer Aspekt, der für die Auswahl der beiden Filme sprach,
stellt der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung dar. Beide Filme datieren
aus dem Jahr 1998. Deep Impact wurde am 08.05.1998 in die
nordamerikanischen Kinos gebracht, während Armageddon knapp
zwei Monate später am 01.07.1998 Leinwandpremiere hatte. Die
historischen Befindlichkeiten zum Zeitpunkt der Erstausstrahlung
sind also nahezu identisch.
- 60 -
IV.2 Durchführung der komparativen Fallstudie
Bei der Durchführung der komparativen Fallstudie werden Antworten auf die aus den forschungsleitenden Annahmen abgeleiteten
Fragestellungen gegeben. Die forschungsleitenden Annahmen
selber finden in diesem Kapitel keine unmittelbare Berücksichtigung. Es erfolgt die fast ausschließliche Hinwendung zu den
Fragen, die sich auf die beiden Filme beziehen. Dabei werden die
Fragen gemäß der in Kapitel IV.1.2 fest gelegten Reihenfolge in
der Regel abwechselnd für beide Filme beantwortet.39 Bei einigen
Fragen – das sei hier angemerkt – bietet es sich an, die Fragen
nicht im Wechsel und somit strikt voneinander getrennt zu beantworten.
FA1: High-Concept-Actionfilme setzen auf den Starfaktor.
F1: Werden die tragenden Rollen in Armageddon und
Deep Impact mit Stars besetzt?
Deep Impact
Die tragenden Rollen verteilen sich auf sechs Schauspieler:
Robert Duvall, Téa Leoni, Elijah Wood, Vanessa Redgrave,
Maximilian Schell und Morgan Freeman. Von diesen Schauspielern stellt zum Zeitpunkt der Erstaustrahlung keiner einen unbedingten Kassenmagneten dar, der die Zuschauer allein durch
seine Präsenz in die Kinos lockt. Für Elijah Wood – mittlerweile
gefeierter Weltstar durch seine Hauptrolle als Frodo in Herr der
Ringe – ist Deep Impact eine der ersten Major-Produktionen
überhaupt. Morgan Freeman kann zwar auf zwei Oscar Nominie-
39
Genauso gut hätte eine strikte Trennung der Untersuchung bezogen
auf beide Filme erfolgen können. D.h. man hätte beispielsweise zuerst nur die Fragen an den einen Film und dann an den anderen gerichtet. Das hätte m.E. aber dazu geführt, dass durch die ständige
Wiederholung der Fragestellungen die Untersuchung unnötig überfrachtet worden wäre.
- 61 rungen “Best Actor“ für die Komödie Driving Miss Daisy40 in 1989
und das Drama von Stephen King The Shawshank Redemption in
1994 zurückblicken, dennoch ist er kein Box-Office Star, der im
Sinne einer pre-sold property (vgl. Kap.III.3) fungiert. Immerhin
belegte Freeman im Oktober 1997 im englischen Magazin Empire
den 31sten Platz in der "The Top 100 Movie Stars of All Time"Liste. Ob Freeman dem durchschnittlichen Kinogänger bekannt
sein dürfte, ist aber trotzdem fraglich und muss tendenziell mit
nein beantwortet werden (vgl. The Internet Movie Database).
Vanessa Redgrave ist ebenfalls eine renommierte Schauspielerin,
die bereits viermal für einen Oskar nominiert wurde41. Im Jahr
1978 wurde sie sogar Oscarpreisträgerin. Dennoch besitzt sie
nicht das Format eines Top-Stars, zumal der Ruhm ihrer großen
Erfolge längst verblasst ist (vgl. ebd.). Was Maximilian Schell
anbetrifft, so lässt sich über den Österreicher sagen, dass er seine
erfolgreichste Zeit zu Beginn der Produktion von Deep Impact
lange hinter sich hatte. In den 60ern und 70ern spielte er in vielen
Kinofilmen mit und gewann 1961 einen Oscar für eine TV- Rolle
(vgl. ebd.). Eine weitere Hauptrolle ist mit Téa Leoni besetzt,
deren Filmographie kaum nennenswert ist (vgl. ebd.).
Deep Impact, so bleibt festzustellen, präsentiert zwar Stars,
jedoch keine, die einen Vertrauensvorschuss beim Publikum
haben (vgl. Schröder 1995: 42).
Armageddon
Der Film von Regisseur Michael Bay kann auf ein vortreffliches
Staraufgebot verweisen. Neben Bruce Willis sind in weiteren
Rollen Ben Affleck, Billy Bob Thornton und Liv Tyler zu sehen.
Bruce Willis als Protagonist des Filmes zählt zu den absoluten
Topstars der Branche. In der Rangliste der Top Stars des Jahres
40
Driving Miss Daisy belegte 1989 den 8. Platz in der Höhe der Gesamteinnahmen. Die Komödie erreichte $106.593.296. Das ist gemessen an Batman, der mit $251.188.924 den ersten Platz belegte,
ein beachtlicher Wert.
41
Redgrave erhielt Oscarnominierungen in der Kategorie ”Best actress“
für A man for all seasons (1966), Isadora (1968), Mary, Queen of
Scotts (1971), Howards End (1992).
- 62 2000 belegt Willis den fünften Platz42. In den 1990ern erzielten
Filme, in denen Willis die Hauptrolle spielte – es waren insgesamt
15 – auf dem nordamerikanischen Markt durchschnittlich
$76.318.883,8
(vgl. http://www.boxofficemojo.com/actors/brucewillis/ ).
Zum Vergleich werden im Folgenden (Tab .3) die durchschnittlichen Einspielergebnisse verschiedener Top Stars aufgeführt:
Schauspieler
Anzahl
der GesamteinspielergebFilme
mit nis
Hauptrolle
Durchschnittliches
Einspielergebnis
Tom Cruise
9
$959.589.388
$106.621.043,1
Arnold Schwarzenegger
10
$984.860.222
$98.486.022,2
Harrison Ford
10
$894.058.466
$89.405.846,6
Mel Gibson
12
$950.024.524
$79.168.710,33
Bruce Willis
15
$1.144.783.257
$76.318.883,8
Ben Affleck
11
$550.568.356
$50.051.668,73
Tab .3: Einspielergebnisse namhafter Stars in den 1990ern auf dem
nordamerikanischen Markt (Quelle: Boxofficemojo)
Auch die übrigen Rollen in Armageddon sind mit namhaften
Schauspielern besetzt. Ben Affleck zählt zu den durchaus bekannteren Schauspielern, ist aber zum Zeitpunkt der Leinwandpremiere
von Armageddon nur wenig etabliert.43 Dennoch bringen es die
Filme von Affleck auf durchaus respektable Einspielergebnisse
wie Tabelle 3 zeigt.
Liv Tyler und Billy Bob Thornton zählten vor dem Filmstart nicht zu
den Top-Stars der Branche, dennoch gelten sie als Stars (vgl. The
Internet Movie Database). Für den Nebenhandlungsstrang, die im
Film stark thematisierte Liebesbeziehung zwischen A.J Frost (Ben
Affleck) und Grace Stamper (Liv Tyler), stellt Liv Tyler aufgrund
ihrer Attraktivität eine ideale Besetzung dar (vgl. geocities.com).
42
Die Rangliste gibt Aufschluss über die “Star Power“ eines Schauspielers. Die Werte zur Ermittlung von Star Power ergeben sich primär
aus den Einspielergebnissen am Startwochenende und aus den Gesamteinspielergebnissen
(vgl.
http://www.boxofficemojo.com/bankability ).
43
Seinen ersten großen Erfolg hatte Affleck mit Good will Hunting. Dies
war zugleich der einzige nennenswerte Film vor Armageddon (vgl.
The Internet Movie Database).
- 63 Im Vergleich der beiden Filme lässt sich die Aussage treffen, dass
Armageddon über vortreffliche Starpower verfügt, während Deep
Impact kaum über sog. Starvalue verfügt.
F1:
Werden die tragenden Rollen in
Armageddon und Deep Impact mit Stars
besetzt?
Deep Impact
Armageddon
Trifft eher nicht zu
Trifft zu
FA2: In Actionfilmen werden vorzugsweise bekannte
Stars eingesetzt, die schon in zahlreichen anderen
Actionfilmen mitgespielt haben.
F2: Spielen in Deep Impact und Armageddon Stars mit,
die schon in vielen anderen Actionfilmproduktionen
mitgewirkt haben?
Deep Impact
Die Akteure in Deep Impact lassen sich bis auf Morgan Freeman
nicht zwingend mit dem Actionfilmgenre in Verbindung bringen.
Darüber geben die Filmographien der einzelnen Schauspieler
Aufschluss (vgl The Internet Movie Database). Bei keinem von
ihnen lässt sich mit Ausnahme von Freeman eine eindeutige
Affinität zum Actionfilmgenre44 nachweisen.
Im Folgenden (Tab .4) sind die gesamten Filme von Freeman
aufgelistet, bei denen er mit Beginn der 90er Jahre bis zur Leinwandpremiere von Deep Impact mitgespielt hat:
44
Eine Affinität zum Actionfilmgenre wäre etwa dann gegeben, wenn
sich mindestens 50-60 Prozent der Filme eines Schauspielers diesem Genre zuordnen lassen.
- 64 -
Filmtitel
Genre
Hard Rain (1998)
Action, Thriller
Amistad (1997)
Drama
Kiss the Girls (1997)
Action, Drama, Thriller
Chain Reaction (1996)
Action, Thriller, Drama
Moll Flanders (1996)
Drama
Se7en (1995)
Action, Thriller, Drama
Outbreak (1995)
Action, Thriller, Drama
The Shawshank Redemption (1994)
Drama
Unforgiven (1992)
Western, Drama
The Power of One (1992)
Drama,
Robin Hood: Prince of Thieves (1991)
Action, Drama
The Bonfire of the Vanities (1990)
Comedy, Drama
Tab. 4: Filmographie von Morgan Freeman bis zum Start von Deep
Impact. Zeitraum: von 1990 bis 1998 (Quelle: The Internet Movie
Database).
Wie Tabelle 4 verdeutlicht, sind mindestens fünfzig Prozent von
Freeman´s Filmen dem Actionfilmgenre zuzuordnen. Fünf Filme
entfallen auf das Genre Drama, wobei dieses Genre selten ganz
ohne Actionelemente auskommt45. Es fällt darüber hinaus auf,
dass fünf der sieben Filme, in denen Freeman eine Hauptrolle
hatte, dem Actiongenre zuzuordnen sind (vgl. The Internet Movie
Database).
Der Schauspieler Morgan Freeman lässt sich mit dem Genre des
Actionfilms assoziieren.
45
Wie Tab. 4 verdeutlicht, werden Filme häufig sowohl dem Actiongenre als auch dem Genre Drama zugerechnet.
- 65 -
Armageddon
Bruce Willis ist ohne Zweifel ein bekannter Actionfilmstar. Die
Filmographie von Willis belegt diese Aussage:
Filmtitel
Genre
Mercury Rising (1998)
Action, Thriller, Drama
The Jackal (1997)
Action, Thriller
The Fifth Element (1997)
Action, Sci-Fi, Drama
Last Man Standing (1996)
Action, Drama, Western
Twelve Monkeys (1995)
Action, Drama, Sci-Fi, Thriller
Die Hard: With a Vengeance (1995)
Action, Thriller, Crime
Nobody´s Fool (1994)
Drama
Pulp Fiction (1994)
Drama, Crime
Color of Night (1994)
Mystery, Thriller, Drama
Striking Distance (1993)
Action, Thriller
Death Becomes Her (1992)
Comedy
The Last Boy Scout (1991)
Action, Thriller
Billy Bathgate (1991)
Crime, Drama
Hudson Hawk (1991)
Action,. Adventure, Comedy
Mortal Thoughts (1991)
Thriller
The Bonfire of the Vanities (1990)
Comedy, Drama
Die Hard 2 (1990)
Action, Thriller
Tab .5: Filmographie von Bruce Willis bis zum Start von Armageddon.
Zeitraum: von 1990 bis 1998 (Quelle: The Internet Movie
Database)
Der Tabelle lässt sich entnehmen, dass fast 60% der Filme von
Bruce Willis auf das Actionfilmgenre entfallen. Frappierend ist
zudem, dass die letzten sechs Filme vor der Produktion von
Armageddon Actionfilme sind.
Willis, so bleibt zu konstatieren, eignet sich vortrefflich, um
Armageddon bereits vor der Leinwandpremiere das Image eines
viel versprechenden Actionfilms zu geben.
Im Vergleich der beiden Hauptakteure ist eindeutig Bruce Willis
eher dazu geeignet, einen Actionfilm beim Publikum anzukündigen. Zuschauer mögen zwar spannende Filme mit Morgan
Freeman assoziieren, jedoch stellt er nicht den “ultimativen“
Actionhelden wie z.B. Sylvester Stallone oder Arnold Schwarzenegger dar (vgl. Schröder 1995: 42).
- 66 -
F2: Spielen in Deep Impact und Armageddon
Stars mit, die schon in vielen anderen
Actionfilmproduktionen mitgewirkt haben?
Deep Impact
Armageddon
Trifft zu
Trifft zu
FA3: High-Concept-Actionfilme sind so angelegt, dass
sie universell verständlich sind und ihnen auch außerhalb
des nordamerikanischen Kulturkreises Anerkennung
widerfährt.
F3: Genügen Armageddon und Deep Impact der Anforderung nach universeller Verständlichkeit und vermögen
sie aufgrund dessen weltweit Kinobesucher anzusprechen?
Deep Impact und Armageddon basieren beide auf einer zentralen,
universell verstehbaren Thematik. Die globale Bedrohung durch
einen Kometen- bzw. Asteroideneinschlag, wie sie beide Film
thematisieren, ist zwar wenig wahrscheinlich, liegt jedoch zumindest im Bereich des Möglichen. In den Medien wird dieses
Szenario von Zeit zu Zeit diskutiert, so dass unterstellt werden
darf, dass die meisten Menschen schon einmal damit konfrontiert
worden sind46.
Weltuntergangsszenarien im Film sind darüber hinaus seit jeher
ein beliebtes Motiv wie bereits in Kap.II.2.3 festgestellt wurde. Es
werden menschliche Urängste angesprochen, die sich nicht
zuletzt in apokalyptischen Bildern ausdrücken, und genau das tun
Deep Impact und Armageddon.
46
Diverse Zeitungsartikel informierten die Öffentlichkeit in der Vergangenheit in unregelmäßigen Zeitabständen über real existierende Bedrohungen durch Kometen bzw. Asteroiden. Gibt man z.B. bei der
Archivsuche beim Spiegel, der FAZ oder der Süddeutschen Zeitung
die Suchbegriffe Asteroid oder Komet ein, so erhält man zahlreiche
Verweise auf Artikel, die da etwa lauten: “Todesbote aus dem All“,
“Asteroiden auf dem Kollisionskurs: wann fällt Gottes Hammer?“,
“NASA-Warnung: Asteroid rast Richtung Erde“ oder “Massensterben:
Der Killer kam aus dem All“. Interessanter Weise wird durch Wissenschaftler bereits als bedrohlich eingestuft, wenn ein sog. “erdnahes
Objekt“ die Erde nur um 670000 Kilometer verfehlt, so Tom Levine
von der Berliner Zeitung. (vgl. Levine 2000)
- 67 Nach Ansicht von Wyllie ( vgl. Kap.II.2.3) hat sich bei vielen
Menschen im Vorfeld zum Jahrtausendwechsel angesichts
zahlreicher Unwägbarkeiten ein Gefühl kollektiver Angst breit
gemacht. Das neue Millennium weckte apokalyptische Vorstellungen und machte unzählige Menschen im Vorfeld zum Jahrtausendwechsel im Allgemeinen sehr empfänglich für Filme, in denen
Weltuntergangsszenarien thematisiert wurden. (vgl. Wyllie 2003:
181) In dieser Hinsicht wurden beide Filme optimal auf die
historische Befindlichkeit ausgerichtet. Hans-Arthur Marsiske47
zufolge war das
„[...] kein Zufall, dass gleich zwei aufwendige Produktionen sich mit
diesem Thema beschäftigten: Wie alle Science-FictionErzählungen haben auch diese ihre wissenschaftliche Vorgeschichte. Die läuft in diesem Fall unter dem Titel Shoemaker Levy9. So hieß der Komet, dessen Trümmer vor vier Jahren auf den
Jupiter stürzten. Es war das erste Mal, dass Astronomen ein solches Ereignis direkt beobachten konnten. Die Bilder von den riesigen Explosionswolken, aufgenommen vom Hubble-SpaceTelescope und bodengestützten Teleskopen, gingen um die Welt
und nährten das Bewusstsein für die Gefahr, die auch der Erde
aus dem All droht“ (Marsiske 1998).
Die Argumentation von Marsiske erscheint durchaus plausibel.
Offensichtlich orientieren sich Armageddon und Deep Impact an
realen Begebenheiten, und dieser Umstand versetzt ein potentielles Publikum verstärkt in die Lage, Bezüge zur außerfilmischen
Wirklichkeit herzustellen.
Thematisch gesehen gibt es in beiden Filmen zwei zentrale
Aspekte, wobei der eine aus dem anderen resultiert: Zum einen ist
das die Katastrophe, die alles Leben auf dem Planeten zu zerstören droht, und zum anderen die zur Rettung eingeleitete Maßnahme. Die Leithandlungsfäden sind an einer direkten, unverschlungenen Narration ausgerichtet. Die Rettung bringt in beiden
Filmen die handlungsrelevanten Charaktere ins Spiel. In Armageddon ist es mehr oder weniger ein Einzelner, Bruce Willis, der –
zwar unterstützt von seinem Team – letzten Endes doch auf sich
selbst gestellt ist, wenn es darum geht, zu entscheiden, ob er sein
Leben für das der gesamten Menschheit opfert. Dem gemäß wird
Willis die Funktion des Erlösers zuteil (vgl. Kap.II.2.3). In Deep
Impact dagegen schlüpft nicht ein einzelner in die Rolle des
Erlösers, sondern die gesamte Besatzung des Raumschiffes
47
Hans-Arthur Marsiske ist promovierter Soziologe und ist als freier
Redakteur für www.heise-online.de tätig.
- 68 Messiah. Allein der Name des Shuttles hat hier Symbolcharakter
und bringt ihren Auftrag zum Ausdruck.
Neben dem Erlösermythos orientieren sich beide Filme aber auch
am Mythos der Unverwundbarkeit48. Genau genommen geht es in
beiden Filmen allerdings um die Demontage des Mythos der
Unverwundbarkeit. „Earth´s impact craters are reminders of our
vulnerability.“ (Graham 1998: 42) Und darüber hinaus schlägt
Armageddon gleich zu Beginn des Filmes eine Brücke zum
Mythos vom Aussterben der Dinosaurier, wie die Filmkritikerin
Daphne Merkin49 feststellt: „It´s been sixty-five million years since
an asteroid hurtled this way, killing off the dinosaurs […]“ (Merkin
1998: 78). Beide Filme stellen eindrucksvoll unter Beweis, dass
das Kino ein Ort moderner Mythenproduktion50 ist (vgl. Kap.
II.2.3). Sie formulieren Botschaften, die sich an Mythen als
integralen Bestandteilen des sozialen und kulturellen Gefüges von
Gesellschaften orientieren – so die Ethnologin Elke Mader (vgl.
Mader 2003). Dabei sind es jedoch nicht nur Mythen, die lediglich
in der Kultur einer Einzelgesellschaft verwurzelt sind, sondern in
einem weltgesellschaftlichen Kontext soziale Bedeutung manifestieren.
Da Deep Impact und Armageddon beide auf einem einfachen,
prägnanten und klaren Filmkonzept basieren, - die weltweit
verstehbare Thematik eingeschlossen – entsprechen sie der
Anforderung nach universeller Verständlichkeit.
F3: Genügen Armageddon und Deep Impact
der Anforderung universeller Verständlichkeit und vermögen aufgrund dessen
weltweit Kinobesucher anzusprechen?
Deep Impact
Armageddon
Trifft zu
Trifft zu
48
Der Mythos der Unverwundbarkeit hatte das Nationalbewusstsein in
den USA bis zu den Anschlägen vom 11.09.2001 geprägt und ist
somit tief in der amerikanischen Bevölkerung verankert (vgl. Böhm
2002).
49
Daphne Merkin ist Filmkritikerin bei der Zeitung The New Yorker.
50
Kulturelle Produkte sind nach Auffassung von Eder besonders breiten- und tiefenwirksam, sofern sie von einem großen Publikum, mythosanalog als intuitiv zugängliche Sinnstiftung erfahren werden (vgl.
Eder 2000: 5). Der Bezug beider Filme zu Mythen kommt also der
Anforderung nach universeller Verständlichkeit nach.
- 69 -
FA4: High-Concept-Filme des Actiongenres machen
Gebrauch von digitalen Produktionstechnologien, um
a)
b)
c)
der zeitgenössischen Blockbuster-Ästhetik zu
entsprechen,
ihre Inhalte glaubhaft der außerfilmischen Realität anzupassen und
eine Dynamisierung des Rezeptionsprozesses
herbeizuführen.
F4: Setzen Armageddon und Deep Impact auf digitale
Produktionstechnologien?
Deep Impact
Die Bildästhetik von Deep Impact basiert zu einem Großteil auf
Spezialeffekten (vgl. Vaziri 1998). Dabei steht die Inszenierung
des Spektakulären ganz klar im Vordergrund. Beispielhaft und von
bemerkenswerter Qualität ist die Szene, in der der Komet auf die
Wasseroberfläche des atlantischen Ozeans aufschlägt und eine
3000 Fuß hohe Flutwelle hervorruft. Vom Filmwissenschaftler
Blanchet wird diese Einstellung (Abb. 4) als “Money Shot“ bezeichnet. Ein Terminus, der ihren ökonomischen Wert stark
verdeutlicht51 (vgl. Blanchet 2003: 223).
Abb. 4: Der Moment, in dem der Komet den “Deep Impact“ auslöst
(Quelle: Visual Effects Headquarters Archive).
51
Nach Blanchet sind “Money Shots“ jene Einstellungen, die das Spektakuläre hervorragend in Szene setzen und vom „[...] Publikum mit
einem ehrfürchtigen “wow“ kommentiert [werden; Anm. d. Verf.].“
(Blanchet 2003: 223) Häufig sind “Money Shots“ Bestandteile von
Trailerkampagnen.
- 70 Nach Aussage von Mimi Leder, der Regisseurin des Films, hätte
sich nicht nur im speziellen diese Szene, sondern der ganze Film
ohne digitale Effekte nicht realisieren lassen (vgl. McDonald,
William 1998). Der gigantischen Flutwelle folgen zahlreiche
Einstellungen sog. “Disaster Shots“, die die Überflutung New
Yorks visualisieren. Das Wasser, das über die Stadt hereinbricht,
wurde komplett digitalisiert und existiert nur als CGI. (vgl. Vaziri
1998)
Alles in allem wurde bei diesen Einstellungen so verfahren, dass
virtuelle Elemente am Computer in real existierende Schauplätze
eingebunden wurden. Diese virtuellen Bilder sind entweder reine
Computeranimationen oder wurden auf Basis von Miniaturmodellen (Abb. 5) geschaffen. Entscheidend für die Qualität der Bildästhetik sind aber nicht allein die Spezialeffekte. Vielmehr ist es die
Verknüpfung von Spezialeffekten und Kameraarbeit, die zum
einen die perfekte Illusion schafft und zum anderen die Intensität
bestimmter Momente in Deep Impact ausmacht. „The single best
shot of the destruction of New York is an overhead view of the city
streets overcome with water. Visible on buildings' roofs are
panicking New Yorkers, who desperately try to run away from their
impending doom.” (ebd. 1998)
Spektakuläre, publikumswirksame Sequenzen bietet der Film
zudem bei der Darstellung der Rettungsmission, und hier zeigt
sich ein weiteres Mal die große Wirkung der Spezialeffekte:
Aufgabe des Shuttles Messiah ist es, auf der Oberfläche des
Kometen zu landen. Dabei nähert sich das Raumschiff dem
Kometen von hinten und fliegt unmittelbar durch dessen Schweif
hindurch. Das Shuttle bekommt währenddessen die volle Urgewalt
des Kometen – ausströmende Gase und gewaltige Gesteinsbrocken – zu spüren. Es wird von einem massiven Felskörper
getroffen (Abb. 6). An dieser Einstellung ist wiederum bemerkenswert, dass das Shuttle – lediglich durch ein Miniaturmodell
dargestellt – in ein teils virtuelles, dreidimensionales und teils real
existierendes Szenario integriert wurde. Dank hervorragend
abgestimmter Ausleuchtung und Kameraarbeit (durch starkes
Ruckeln der Kamera wird ein extrem unruhiger Flug simuliert)
wirkt auch diese Szene sehr authentisch (vgl. ebd. 1998).
- 71 -
Abb. 5: Das Shuttle Messiah beim
Verlassen der Raumstation
in Deep Impact
(Quelle: Visual Effects
Headquarters Archive).
Abb. 6: Das Shuttle Messiah im
Schweif des Kometen in
Deep Impact
(Quelle: Visual Effects
Headquarters Archive).
Armageddon
Bei Armageddon dominieren ebenfalls Spezialeffekte die Bildästhetik. Während in der Vergangenheit52 – u. a. aufgrund mangelnder technischer Möglichkeiten – allein auf der rein deskriptiven
Ebene eines Geschehens im Film Dramatik, Anspannung und
Konfusion zum Ausdruck gebracht wurden, vermag Armageddon
durch seine aggressive, hightech-unterstützte Bildgestaltung, dem
Zuschauer eine physische Erfahrung (wie bei einer Achterbahnfahrt) zu geben.
Der auf die Erde zu rasende Asteroid etwa wirkt in seiner Bedrohlichkeit so überaus real und veranschaulicht auf eindrucksvolle
Weise die hohe Qualität der computer-generierten Bilder. Dabei
basiert die Darstellung des Asteroiden (Abb. 7) auf der komplexen
Verbindung einer Miniaturnachbildung des Gesteinskörpers und
CGI53. „Dream Quest built an enormous miniature asteroid, and
covered it with digital particles to simulate gases emanating from
the rock.” (Vaziri 1998)
52
Vgl. dazu Kap.III.1.4.
53
Die Einbindung von Miniaturmodellen in Computer generierte Bilder
zählt zu den traditionellen visuellen Effekten – so Mitch Mitchell, Professor für Advanced Image an der University of Bournemouth (vgl.
Mitchell 2003: 63f.).
- 72 -
Abb. 7: Der Asteroid in Armageddon (Quelle: Visual Effects
Headquarters Archive).
Nicht minder beeindruckend und ausgesprochen realistisch wurde
die Verwüstung des New Yorker Chrysler Building (Abb. 8 und
Abb. 9) auf Grundlage einer ähnlichen Vorgehensweise inszeniert.
Auch dieses Gebäude stellt ein Miniaturmodel dar. Die in Richtung
der Erde herunter stürzenden Trümmer sind nur als digitale
Elemente vorhanden (vgl. Vaziri 1998). Diese Einstellung ist
beispielhaft für die Bildästhetik und die audiovisuellen Stimuli, die
der Film in großer Menge beinhaltet.
Abb. 8: Meteoriteneinschlag in das
Chrysler Building, in
Armageddon (Einstellung
eins)
(Quelle: Visual Effects
Headquarters Archive).
Abb. 9: Meteoriteneinschlag in das
Chrysler Building, in
Armageddon (Einstellung
zwei)
(Quelle: Visual Effects
Headquarters Archive).
Die Spezialeffekte in Armageddon dienen in erster Linie dazu, die
Zerstörung geschichtsträchtiger Städte und Gebäude zu visualisieren. Zwar gibt es gleichermaßen zahlreiche imposante Einstellungen von den Missionsshuttles auf Basis von CGI, doch im Mittelpunkt stehen eindeutig die katastrophentypischen Bilder. Diese
sind am besten dazu geeignet, dem Zuschauer Schrecken und
Entsetzen zu vergegenwärtigen. Die Darstellung des Einschlags
eines Meteoritenschauers in das Zentrum von Paris wäre so
ebenfalls ohne Spezialeffekte nicht möglich gewesen. Diese
Einstellung (Abb. 10) basiert auf der Kombination einer herkömmlichen Photographie und einem Satellitenbild von Paris, das
verwendet wurde, um eine wirklichkeitsgetreue dreidimensionale
Umgebung zu generieren. (vgl. Vaziri 1998)
- 73 -
Abb. 10: Paris in Armageddon von Meteoritenschauer zerstört
(Quelle: Visual Effects Headquarters Archive)
Die Bildästhetik von Armageddon wird über die Spezialeffekte
hinaus maßgeblich von Kameraführung und Schnitt bestimmt.
Folgt man Blanchet, so ist es die Intention des Films, mittels
beschleunigter Schnittrhythmen eine Dynamisierung des visuellen
Flusses und somit des Rezeptionserlebnisses herbeizuführen. Die
durchschnittliche Einstellungsdauer liegt für den Film von Regisseur Michael Bay bei 2,2 Sekunden und markiert einen Spitzenwert für Actionfilme. (vgl. Blanchet 2003: 207f.)
Tabelle 6 zeigt Editingtrends im Actionfilmgenre im Zeitraum von
1990-1998:
Film
Armageddon (98)
Durchschnittliche
Einstellungslänge
2,2 Sek.
Enemy of the State (98)
2,4 Sek.
Volcano (97)
2,2 Sek.
Face/Off (97)
2,5 Sek.
The Rock (96)
2,7 Sek.
Terminator 2 (91)
3,2 Sek.
Independence Day (96)
3,2 Sek.
Starship Troopers (97)
3,5 Sek.
Twister (96)
3,6 Sek.
Die hard with a Vengeance (95)
4,0 Sek.
Jurassic Park (93)
5,2 Sek.
Deep Impact (98)54
5,5 Sek.
Saving Private Ryan (98)
8,8 Sek.
Tab. 6: Editingtrends in Actionfilmen 1990-1998
(Quelle: Blanchet 2003: 207)
54
Die durchschnittliche Einstellungslänge in Deep Impact wurde der
Tabelle hinzugefügt. Den Wert habe ich selbst ermittelt. Auf insgesamt 115 Filmminuten kommen 1258 Schnitte.
- 74 Neben der hohen Schnittfrequenz hat aber auch Bays extrem
mobile und multivariable Kameraführung maßgeblichen Anteil an
der dynamischen Bildästhetik. Bay macht selbst da, wo die
Figuren und Objekte seines Films in statischen Positionen verharren, Gebrauch vom gesamten Spektrum der Kameraarbeit:
„Insbesondere jene Sequenzen, die das vergleichsweise aktionslose Geschehen in der NASA-Kontrollstation wiedergeben, werden
von Bay [...] `künstlich´ dynamisiert: Kreisende bogenförmige, vertikale und horizontale Kranfahrten in weiten Einstellungen und
Establishing Shots; frontale Zooms und Dollyfahrten auf und weg
von den besorgten Gesichtern der Akteure; gelegentliche Reißschwenks in oder aus einer Einstellung und langsame, vorwiegend
horizontal driftende Dollyfahrten in Nah- und Großaufnahmen [...]
signalisieren ständig dramatische Spannung und halten den visuellen Fluss des Films konstant in Bewegung.“ (ebd. 2003: 209)
Insgesamt gesehen versucht Armageddon, sein Publikum durch
unmittelbar auf die körperlichen Reflexe ausgerichtete Schock-,
Schwindel- und Geschwindigkeitseffekte in seinen Bann zu
ziehen. Das narrative Konzept von Armageddon gleicht gemäß
dem Filmwissenschaftler King einer für die kontemporäre Blockbuster-Ästhetik typischen “roller coaster structure“ (vgl. King 2002:
185, vgl. Blanchet 2003: 213). Diese Struktur ist durch eine
fortdauernde Serie von Höhen und Tiefen und unablässiger Action
gekennzeichnet wie Schaubild (Abb. 11) verdeutlicht:
Abb. 11: Roller Coaster Structure
(Quelle: King 2002: 188).
Im Vergleich von Deep Impact und Armageddon lässt sich
feststellen, dass Armageddon weit mehr spektakuläre Sequenzen
beinhaltet. Folgende Schaubilder55 (Abb. 12 u. Abb. 13) lassen die
Unterschiede erkennen:
55
Bei der Darstellung der Struktur erfolgte eine strikte Orientierung an
der Handlung der beiden Filme (vgl. Tab. 10 u. Tab. 11 im Anhang
dieser Arbeit).
- 75 -
Abb. 12: Struktur von Armageddon.
Abb. 13: Struktur von Deep Impact.
Deep Impact entspricht folglich weniger der roller coster structure
als dies bei Armageddon der Fall ist.
Dieser Umstand rechtfertigt allerdings nicht die Aussage, dass
Deep Impact nicht der zeitgenössischen Blockbuster-Ästhetik
entspricht. Wie King konstatiert, gibt es überdies andere, abweichende Strukturmodelle, die der Narration kontemporärer Actionblockbuster zugrunde liegen. (vgl. King 2002: 188) Deep
Impact orientiert sich an einem anderen Modell56.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Intention, über
digitale Produktionstechnologien Inhalte glaubhaft der außerfilmischen Realität anzupassen und eine Dynamisierung des Rezeptionserlebnisses zu erreichen, in beiden Filmen Rechnung getragen
wurde.
56
King betont zwar, dass es andere Strukturmodelle gibt, er geht aber
nicht näher ins Detail.
- 76 -
F4: Setzen Armageddon und Deep Impact auf
digitale Produktionstechnologien?
Deep Impact
Armageddon
Trifft zu
Trifft zu
FA5: High-Concept-Actionfilme entsprechen einem
realistischen Erscheinungsbild – im Rahmen der Parameter, die sie selbst vorgeben.
F5: Orientieren sich Armageddon und Deep Impact an
einer realistischen Darstellungsweise innerhalb ihres
eigenen narrativen Kontextes?
Die in Deep Impact und Armageddon beschriebene Gefahrensituation durch einen Kometen- bzw. Asteroideneinschlag ist nach
Meinung von Christian Gritzner, Raumfahrtingenieur und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Luft- und Raumfahrttechnik
der Technischen Universität Dresden, grundsätzlich realistisch.
(vgl. Neuhann57 2002) Der Wissenschaftler verweist indes darauf,
dass mindestens zwei Jahre vor einem möglichen Aufprall erste
Abwehrmaßnahmen ergriffen werden müssten. Andernfalls gingen
die Chancen „[...] den Asteroiden [oder Kometen; Anm. d. Verf.]
irgendwie aus seiner Umlaufbahn zu schubsen [...]“(ebd. 2002) –
das Ziel aller erklärten Abwehrmaßnahmen – gegen null. In beiden
Filmen wird aber versucht, in weitaus kürzerer Zeit (in Armageddon sind es sogar nur 18 Tage von der Entdeckung bis zum
möglichen Einschlag) den Asteroiden bzw. Kometen zu sprengen
und dadurch abzulenken. Infolgedessen können beide Produktionen auf die für Actionfilme so überaus attraktive Deadline-Struktur
zurückgreifen. (vgl. Blanchet 2003: 57) Insbesondere Armageddon
nutzt das so kontinuierlich im Plot vorhandene dramatische
Element, um permanent Spannung aufzubauen.
Nach Gritzner galten Nuklearexplosionen zur Sprengung des
kosmischen Gesteinskörpers bis vor wenigen Jahren als einzig
praktikable Lösung. Die Wahrscheinlichkeit, dass durch die
Sprengung der Asteroid bzw. Komet entweder in mehrere große
57
Florian Neuhann ist freier Redakteur bei der Berliner Zeitung.
- 77 Teile zerbrechen würde oder die Energie in der lockeren Geröllstruktur verpuffen könnte, wird jedoch – neueren Erkenntnissen
zufolge – als ziemlich hoch eingeschätzt.
„Die bisher vorhandenen atomaren Raketen seien für die Asteroidenabwehr unter anderem wegen mangelnder Schubkraft ungeeignet. `Da müsste man eigens Satelliten bauen, die den Sprengsatz aufnehmen´, sagt Gritzner. Dann könnte der Sprengsatz beispielsweise - wie im Filmepos Armageddon - in den Asteroiden
hineingebohrt werden.“ (Neuhann 2002)
Mittlerweile werden andere Abwehrmethoden in Erwägung
gezogen, von denen sich aber manche erst in einigen Jahren
mithilfe von Hochtechnologie durchführen lassen (vgl. ebd. 2002).
Prinzipiell, das zeigen die Ausführungen Gritzners, stellt eine
Sprengung einen Lösungsansatz dar, der gar nicht so abwegig
und realitätsfern ist. Beide Filme orientieren sich dementsprechend an durchaus denkbaren Abwehrmaßnahmen.
Kevin Zahnle58 vom Wissenschaftsmagazin “Nature“ hat die
beiden Filme hinsichtlich ihres wissenschaftlichen Anspruchs
untersucht. Während er über Armageddon ein vernichtendes Urteil
fällt, „Armageddon´s science is simply silly“ (Zahnle 1998: 435),
bescheinigt er Deep Impact, wissenschaftlich plausibel ausgerichtet zu sein. Er stellt fest, dass die Oberfläche des Kometen in
Deep Impact relativ realistisch dargestellt ist, kritisiert jedoch, dass
es nie und nimmer zur sofortigen Eruption der Geysire auf dem
Kometen beim Einfall erster Sonnenstrahlen kommen würde59.
Auch den Effekt der Sprengungen im Film bezweifelt Zahnle. Viel
wahrscheinlicher wäre es gewesen, wenn zum einen durch die
Explosion lediglich eine äußere Schicht des Kometen abgetragen
worden wäre und zum anderen das Massezentrum des Kometen
auf eine andere Bahn gelenkt worden wäre. (vgl. ebd. 1998: 435)
Ohne die Spaltung des Kometen in zwei unterschiedlich große
Teile, die zudem ihren Kollisionskurs unverändert beibehalten,
hätte der Film jedoch sein furioses, an spektakulären Spezialeffekten ausgerichtetes Finale eingebüßt. Dramaturgisch gesehen ist
der besagte Aspekt also von immensem Wert, da er maßgeblich
zu einer gesteigerten Intensität des gesamten Rezeptionserlebnis-
58
Kevin Zahnle arbeitet für das “NASA Ames Research Center“.
59
Tatsächlich wirkt die besagte Einstellung im Film m.E. sehr unrealistisch. Der Spannung tut das aber keinen Abbruch.
- 78 ses beiträgt. Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil des
Publikums um der Spannung und der spektakulären Szenen willen
dieses vermeintlich wissenschaftliche Defizit ignoriert. (vgl.
Graham 1998: 42)
Grundsätzlich ist Deep Impact, wie auch Rex Graham60 in der
Fachzeitung Astronomy feststellt, sehr um wissenschaftliche
Plausibilität bemüht. „The scientists who consulted on the project
say Deep Impact pays attention to everything from the comets
wispy coma, or fog-like shroud, to dialog as seemingly insignificant
as NASA astronauts´ radio chatter.” (ebd. 1998: 42) Innovative
Spezialeffekte werden gemäß Graham ganz in den Dienst einer
authentischen Visualisierung eines Weltuntergangsszenarios
gestellt (vgl. ebd.: 42).
Deep Impact, so lässt sich feststellen, versucht, einem realistischen Erscheinungsbild – im Rahmen seiner eigenen Parameter –
zu entsprechen. Im Großen und Ganzen vermag der Film diesem
Anspruch gerecht zu werden.
Bei Armageddon verhält es sich anders. Wie bereits angesprochen, vertritt Nature-Redakteur Kevin Zahnle die Auffassung, dass
Armageddon jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt.61 Der
Film tendiert zu maßloser Übertreibung und scheint sich nach
Auffassung der FAZ-Redakteurin Verena Lueken an der Werbebotschaft von Godzilla “Size does matter!“62 zu orientieren (vgl.
Lueken 1998: 37). Im Folgenden sind die Kritikpunkte von Zahnle
an Armageddon aufgeführt:
„(1) only the three largest asteroids can be described as `the size
of Texas´; (2) at 18 days before impact, a Texas-sized asteroid
would be as bright as the stars of Orion´s belt, yet somehow it
evades discovery until then; (3) the energy required to split the
Texas-sized asteroid is 10¹º megatonnes, roughly a million world
nuclear arsenals; and (4) an 800-foot-drill-hole (everything in Ar-
60
Rex Graham ist freier Redakteur bei verschiedenen wissenschaftlichen Magazinen wie z.B. Astronomy, Biotechnology News, Earth,
Hemispheres Magazine, International Wildlife und Technology Review. Er besitzt einen Master of Science in Mikrobiologie.
61
Der Vorwurf mangelnder wissenschaftlicher Plausibilität wird auch
von anderer Seite aus erhoben (vgl. Ferris 1998: 5; vgl. Berardinelli
1998b).
62
Der Verweis auf Größe und Bedrohungspotential entspricht der Philosophie Hollywoods über Marketingkampagnen „den Event-Film
zum Film-Event zu machen [...].“ (o.V., Der Spiegel 24/1998: 211)
- 79 mageddon is bigger) hardly seems like much compared with the
vastness of Texas.” (Zahnle 1998: 435)
Armageddon muss sich auch von Timothy Ferris63, Redakteur der
Zeitschrift The New Yorker, den Vorwurf gefallen lassen, nur
wenig Glaubwürdigkeit zu besitzen. Ferris behauptet, dass sich
ein Asteroid von so immenser Größe in unmittelbarer Erdnähe
niemals in der dargestellten Art und Weise verheimlichen lassen
würde:
„In `Armageddon´, the NASA boss explains that `there are only
nine telescopes in the world that can spot the asteroid, and we
control eight of them.´ But even if the American government controlled the big telescopes, as it does not, the people up there in the
mountaintop domes are scientist, not Army colonels, and the moment they saw such a thing they´d be on the phone to everybody”.
(Ferris 1998: 5)
Tatsächlich wiegt dieser Vorwurf schwer. Es darf aber unterstellt
werden, dass ähnlich wie in Deep Impact die inkonsequente Logik
des Filmes und die oft fehlende wissenschaftliche Plausibilität
nicht vom Gesamtpublikum bemängelt werden. Die Kernzielgruppe für Actionfilme – junge Männer – zeigte sich über mehrere
Wochen an dem Film interessiert, so Andrew Hindes von der
Filmzeitschrift Variety. Das Fernbleiben des sog. älteren Publikums (vgl. Hindes 1998b) könnte jedoch darauf zurückzuführen
sein, dass
Armageddon über ein Glaubwürdigkeitsproblem
verfügt.
Abschließend soll ein Aspekt angesprochen werden, den Marsiske
an beiden Filme kritisiert.
„Die faszinierende Stille des Vakuums etwa oder Schwerelosigkeit [im Weltall; Anm. d. Verf.],“ (Marsiske 1998) werden gar nicht
berücksichtigt. „Statt dessen donnern die Raumfähren in berüchtigter `Star Wars´-Manier mit lautem Getöse wie Düsenjäger durch
den luftleeren Raum“ (ebd. 1998).
Den Zuschauer vermag das offenbar nicht zu irritieren, vielmehr
scheint er es bereitwillig zu akzeptieren, sind doch mit ganz
63
Timothy Ferris ist emeritierter Professor an der Univerity of California, Berkeley. Er ist der Author diverser Bestseller auf dem Gebiet
der Astronomie und Physik wie z.B. Coming of Age in the Milky Way,
The Mind's Sky, Galaxies und The Red Limit. Ferris wurde sowohl
für den Pulitzer Prize als auch und den National Book Award nominiert.
- 80 wenigen Ausnahmen – darunter Stanley Kubricks 2001: A Space
Odyssey – Weltraumfilme in der Regel effektvoll mit bombastisch
lauter Soundkulisse inszeniert. (vgl. ebd.1998)
Insgesamt lässt sich unterstellen, dass Deep Impact und Armageddon die extreme Distanz zur Alltagswelt64 nutzen, um von der
Wirklichkeit abzulenken.
Im direkten Vergleich lässt sich derweil feststellen, dass Deep
Impact über weit mehr Glaubwürdigkeitspotential im Rahmen der
vom Film vorgegebenen Parameter verfügt als Armageddon.
Deep Impact
F5: Orientieren sich Armageddon und
Deep Impact an einer realistischen
Darstellungsweise
innerhalb
ihres
eigenen narrativen Kontext?
Trifft eher zu
Armageddon
Trifft eher nicht
zu
FA6: High-Concept-Actionfilme setzen in der Konzeption
auf pre-sold properties, um sich bereits vor dem Kinostart
Aufmerksamkeit zu sichern.
F6: Werden bei Deep Impact und Armageddon pre-sold
properties eingesetzt?
Deep Impact und Armageddon entsprechen der gängigen Blockbuster-Philosophie und setzen beide auf pre-sold properties wie
im Folgenden gezeigt wird. Allein das jeweilige Konzept beider
Filme entspricht dem, was der Filmwissenschaftler Wyatt als Presold Versprechen bezeichnet. Nach Wyatt ist ein Pre-sold Versprechen durch ein Konzept definiert, das ein nationales Gefühl
oder einen Trend beinhaltet. (vgl. Wyatt 1994: 15)
Das nationale Gefühl war gemäß Wyllie zum Jahrtausendwechsel
durch kollektive Angst vor den Unwägbarkeiten einer ungewissen
Zukunft geprägt. „America in the 1990s was characterized by
millennial angst, corporate domination, and dramatic advances in
technology, all expressed, in varying forms, through the Hollywood
64
Nach Gehring ist die Distanz zur Alltagswelt ein Charakteristikum von
Actionfilmen, und sie dient dazu, die Gefahren zu maximieren (vgl.
Gehring 1988: 10).
- 81 product.“ (Wyllie 2003: 181) Die sowohl in Deep Impact als auch in
Armageddon thematisierten Weltuntergangsszenarien spiegeln die
gemeinschaftlichen Besorgnisse besagter Gesellschaft am Ende
der 1990er Jahre wider.
Die Apokalypse, die im Bewusstsein vieler Menschen mit dem
Jahrtausendwechsel assoziiert wurde, findet in der gigantischen
Flutwelle in Deep Impact ihren Ausdruck. Armageddon fußt
genauso auf apokalyptischen Vorstellungen, die sich durch die
schier ausweglose Situation am Ende des Films ausdrückt. Der
Weltuntergang ist auch in Armageddon erst in allerletzter Sekunde
abwendbar. Beide Filme machen sich demzufolge die Empfänglichkeit unzähliger Menschen für apokalyptische Szenarien
zunutze.
Es lassen sich aber noch weitere pre-sold properties in Deep
Impact und Armageddon ausmachen.
Deep Impact kann als Produzenten den als Koryphäe geltenden
Steven Spielberg65 vorweisen, dessen Name gemeinhin so etwas
wie eine Erfolgsgarantie bedeutet. „The presence of his name on a
project is seen by industry and public alike as close to a guarantor
of quality and popular appeal.“ (King 2002: 103) Und auch Armageddon verfügt mit Jerry Bruckheimer, „[…] one of the topgrossing moviemakers of the last two decades […]” (Hindes
1998b) über einen Produzenten, der beim Publikum großes
Ansehen genießt und ähnlich wie Spielberg als Erfolgsgarant gilt
(vgl. Williams66 1998: 41). Nach Ansicht von Marsiske werden mit
Bruckheimer „[…] gewaltige Eruptionen kinematographischer
Energie [assoziiert; Anm. d. Verf.]“ (Marsiske 1998). Bruckheimer
steht für intensives, dynamisches Actionkino in einem audiovisuell
aggressiven Produktionsstil (vgl. Blanchet 2003: 210).
65
Spielberg gilt seit den 1970ern als einer der einflussreichsten Produzenten Hollywoods. Selbst ein Film wie Schindlers Liste (1993), der
mit einem Produktionsbudget von $25 Millionen auskommen musste,
erreichte eine Einspielsumme von $96 Millionen. Ein Ergebnis, das
einem Blockbuster gerecht werden würde. (vgl. King: 92f.)
66
David E. Williams ist Filmredakteur beim Filmmagazin “American Cinematographer“.
- 82 Im Vergleich zu den Produzenten wird den Regisseuren beider
Filme indes keineswegs die Funktion von pre-sold properties
zuteil.
Mimi Leder, die Regisseurin von Deep Impact, galt zum Zeitpunkt
der Produktion des Films auf dem Kinofilmsektor als weitgehend
unbekannt. Deep Impact war nach Project Peacemaker (1997)
erst ihre zweite große Kinoproduktion. Allerdings stellte Leders
Debutfilm einen Flop dar, da er nicht einmal in der Lage war, die
Hälfte seiner Produktions- und Vermarktungskosten auf dem
heimischen Markt einzuspielen. Den Produktions- und Vermarktungskosten des Debutfilms in Höhe von insgesamt ca.
$85.000.000 steht ein Einspielergebnis von $41.262.140 gegenüber. (vgl. Boxofficemojo.com und The Internet Movie Database )
Auch Armageddon´s Michael Bay besaß bei Produktionsbeginn
nicht den unbedingten Status eines Erfolgsregisseurs. Er zeichnete für drei Filme verantwortlich, von denen zwei respektable
Einspielergebnisse brachten. The Rock (1996) spielte auf dem
heimischen Markt insgesamt $134.006.771 ein (bei Produktionskosten von $75.000.000). Bad Boys (1995) erzielte eine Einspielsumme von $65.807.024 (Produktionsbudget von ca. $23.000.000
). Zu Bays erstem Kinofilm Shadows and Light: From a different
view (1992) lassen sich keine Daten finden. (vgl. ebd. und Worldwideboxoffice.com)
Des Weiteren fungieren die Produktionsbudgets von Deep Impact
und Armageddon beide als pre-sold properties.67 Armageddon war
nicht nur mit Gesamtkosten von $220.000.000 die kostenintensivste Produktion des Jahres, sondern galt seinerzeit auch als der
kostspieligste Film, den Disney bis dato produziert hatte. Deep
Impact stellte mit $140.000.000 den fünft teuersten Film in 1998
dar. In der nachfolgenden Tabelle sind die kostenintensivsten
Produktionen des Jahres 1998 aufgeführt.
67 Wie in Kap.III.3.1 gezeigt wurde, geht die Filmindustrie davon aus, dass
teuren Filmen von Seiten potentieller Zuschauer hohe Qualitätsstandards
unterstellt werden und daher einen Vertrauensvorschuss genießen.
- 83 Film
Produktionskosten
Weltweite
Marketingkosten
Gesamtkosten
1.
Armageddon
$140.000.000
$80.000.000
$220.000.000
2.
Godzilla
$120.000.000
$80.000.000
$200.000.000
3.
Lethal Weapon 4
$120.000.000
$60.000.000
$180.000.000
4.
Mulan
$90.000.000
$60.000.000
$150.000.000
5.
Deep Impact
$80.000.000
$60.000.000
$140.000.000
6.
The Mask of Zorro
$70.000.000
$60.000.000
$130.000.000
7.
Dr. Doolittle
$75.000.000
$50.000.000
$125.000.000
8.
The X- Files
$63.000.000
$60.000.000
$123.000.000
9.
Saving Private Ryan
$70.000.000
$50.000.000
$120.000.000
10.
The Horse Whisperer
$60.000.000
$60.000.000
$120.000.000
Tab. 7: Die zehn kostenintensivsten Produktionen in 1998 (Quelle:
Bannon 1998)
Da Stars nach Wyatt zwar zu den pre-sold properties zählen (vgl.
Kap. III.1.2.2), dieser Aspekt aber schon unter FA1/F1 und FA2/F2
untersucht wurde, erfolgt an dieser Stelle keine explizite Hinwendung zu diesem Untersuchungsgegenstand. Es soll an dieser
Stelle lediglich noch einmal darauf verwiesen werden, dass Deep
Impact im Vergleich zu Armageddon weniger auf die Art von Stars
setzt, denen der Status von pre-sold properties zugesprochen
werden kann.
Zählt man zu den pre-sold properties in erster Linie Budget,
Produzenten, Regisseure, Konzepte und Stars so wird man
feststellen müssen, dass sowohl Deep Impact als auch Armageddon in beträchtlichem Maße auf pre-sold-properties setzen.
F6: Werden bei Deep Impact und Armageddon
pre-sold properties eingesetzt?
Deep impact
Armageddon
Trifft zu
Trifft zu
FA7: High-Conceptfilme des Actiongenres weisen
einfache und prägnante Konzepte auf und beinhalten
Botschaften, die sich gut kommunizieren lassen.
F7: Verfügen Deep Impact und Armageddon über klare
und unmissverständliche Handlungskonzeptionen, die
thematisch so einfach gefasst sind, dass sie sich gut
vermarkten lassen?
- 84 Grundsätzlich gilt für die Konzepte beider Filme, dass sie einfach
und prägnant sind. Die jeweilige Story lässt sich in wenigen
Worten zusammenfassen und ist grundsätzlich gut kommunizierbar: In Deep Impact geht es darum, dass ein Komet auf der Erde
einzuschlagen droht und mit verheerenden Folgen für die gesamte
Menschheit zu rechnen ist, sollte sich der Kometeneinschlag nicht
abwenden lassen. Tauscht man das Wort Komet durch das Wort
Asteroid aus, so erhält man die Handlungsbeschreibung von
Armageddon.
Wenngleich sich beide Filme primär auf eine ähnliche Grundthematik reduzieren lassen, so gibt es jedoch einen markanten,
konzeptuellen Unterschied. Die Handlung in Armageddon ist im
Wesentlichen auf die spektakuläre Rettung der Welt ausgerichtet.
Allein dieser Gesichtspunkt macht Armageddon zu einem temporeichen Film, in dem sich zahlreiche Actionszenen scheinbar
nahtlos aneinander reihen68. Im Gegensatz dazu wird in Deep
Impact – nach dem ersten gescheiterten Rettungsversuch – ein
Großteil des Filmes darauf aufgewendet, auf den scheinbar
unausweichlichen Kometeneinschlag zu warten. (vgl. Orwall
1998a: 2)69 Dieser Aspekt nimmt viel Tempo aus dem gesamten
Film. Im Rahmen der Vermarktung von Deep Impact wird er
allerdings komplett ausgespart. Vielmehr vermitteln die Trailer von
Deep Impact – wie auch die Trailer von Armageddon – konsequent den Anschein, dass der Film mit der unablässigen Präsenz
von Actionsequenzen aufwartet. Dies ist natürlich die Intention der
Produzenten, da auf diese Weise der Eindruck entsteht, Dramatik
und reichlich spannungsgeladene Szenen würden das Rezeptionserlebnis bestimmen. Das kann wiederum nur im Sinne der
Vermarktung eines Actionfilms sein, dessen Faszination in
Dramatik und Spannung begründet liegt.
Vergleicht man die Slogans der Marketingkampagnen zu beiden
Filmen, so wird ebenfalls eine klare unmissverständliche Schwerpunktsetzung offenbar, die in direkter Verbindung zu den prägnanten Konzepten beider Filme steht.
68
Die durchschnittliche Schnittfrequenz ist Beleg für das hohe Tempo
von Armageddon.
69
Die erste eigens einberufene Rettungsmission in Deep Impact scheitert sehr früh, so dass die Auseinandersetzung mit dem Weltuntergang den weiteren Handlungsverlauf beherrscht.
- 85 Die Werbeparole von Deep Impact ”Oceans Rise. Cities Fall.
Hope Survives.” impliziert bereits, dass sich der Kometeneinschlag nicht abwenden lässt und nennt die schrecklichen Folgen
beim Namen. Der Slogan wirbt sozusagen mit den “Bildern des
Grauens“, die er ankündigt und dem Publikum somit verspricht.
Darüber hinaus unterstützt der Spruch die Botschaft des Trailers
und verheißt ebenfalls Dramatik. Er ist somit voll und ganz an das
typische Actionfilmpublikum gerichtet, das von einem Gefühl der
Angst und Beklemmung beim Rezeptionsprozess ergriffen sein
will (vgl. Kap.II.2.2).
Der Slogan von Armageddon “Take the Ride of Your Life!“ ist
indessen keine Anspielung auf Zerstörung und Verwüstung, gibt
dem Zuschauer aber ausdrücklich zu verstehen, was er zu
erwarten hat – Action pur. Er stellt eine unmittelbare Aufforderung
dar, sich auf Spektakel und Thrill – vergleichbar mit einer Achterbahnfahrt – einzulassen. (vgl. Blanchet 2003: 212f.)
Beide Slogans – wie auch ihre Trailer – werden dem Anspruch
des High-Concept-Actionfilm gerecht, klare und einprägsame
Botschaften zu formulieren.
Deep Impact
F7: Verfügen Armageddon und Deep
Impact über klare und unmissverständliche Handlungskonzeptionen, die thematisch so einfach gefasst sind, dass sie sich
gut vermarkten lassen?
Trifft zu
Armageddon
Trifft zu
FA8: Hoch budgetierte Event-Filme werden nach dem
Distributionsschema des Saturation Release in die Kinos
gebracht.
F8: Hat man sich bei Deep Impact und Armageddon für
den Saturation Release entschieden und auf wie vielen
Startleinwänden wurden die Filme präsentiert?
Beide Filme wurden nach dem Distributionsschema des Saturation
Release in die Kinos gebracht. Die Anzahl der Startleinwände
unterscheidet sich nur unwesentlich. Tabelle 8 verdeutlicht, dass
eep Impact im Vergleich zu Armageddon den besseren Start
hatte.
- 86 Film
Anzahl
der Zeitpunkt der Einnahmen am Gesamteinnahmen
Startleinwände Premiere
Startwochenende in den USA
in den USA
Deep Impact
3156
8.05.98
$41.152.375
(Mother´s Day
Weekend)
$140.464.664
Armageddon
3127
3.07.98
$36.089.972
(Memorial Day
Weekend)
$201.578.182
Tab. 8: Daten zum Kinostart von Armageddon und Deep Impact (Quelle
www.boxofficemojo.com).
Mit Einnahmen von $41.152.375 konnte Deep Impact die Erwartungen der Verantwortlichen bei DreamWorks und Paramount,
dem Filmverleiher, mehr als nur erfüllen. Man war ursprünglich in
der Kalkulation von einem Wert zwischen 25 und 30 Millionen
Dollar ausgegangen. (vgl. Hindes 1998a) Deep Impact schaffte es
sogar einen Box-Office-Rekord70 für das beste Einspielergebnis
an einem Startwochenende am Mother´s Day Weekend aufzustellen. Der bisherige Rekord wurde von Twister genau zwei Jahre
zuvor mit $41.059.405 aufgestellt. (vgl. ebd. und vgl. Box Office
Mojo)
Interessanterweise konnte Armageddon kaum Kapital daraus
schlagen, dass das Memorial Day Weekend als Startzeitpunkt
gewählt wurde. Der Film von Michael Bay blieb mit einem Einspielergebnis von $36.089.972 in der ersten Woche stark hinter
den Einspielerwartungen zurück. Nach Meinung von Hindes71 hat
der Umstand, dass der 4. Juli (Nationalfeiertag in den USA) auf
einen Samstag fiel, den Ansturm auf die Kinos möglicherweise
verhindert. Darüber hinaus spricht Hindes vom Deep ImpactEffekt, der möglicherweise die Ursache für die wenig zufrieden
stellenden Box-Office Ergebnisse in der ersten Woche darstellen
könnte.
„And then there's the `Deep Impact´ effect: While no one knows
how much impact Paramount's similarly themed summer release
had on `Armageddon´, it's been consistently proven that there's little upside to being the second one in the marketplace.” (Hindes
1998b)
70
Box-Office bedeutet wörtlich übersetzt Kasse. Im erweiterten Sinn
versteht man unter Box-Office das, was an der Kasse hinsichtlich der
Einnahmen passiert. Unter Box Office versteht man insofern generell
die Einnahmen eines Films, die er während seiner Spielzeit einbringt.
71
Andrew Hindes ist Redakteur bei www.variety.com, der OnlineFilmzeitschrift.
- 87 Zwar konnte Armageddon die Kernzielgruppe für Actionfilme –
junge Männer – gleich zu Beginn des Filmstarts in den USA in die
Kinos locken, das ältere Publikum blieb dem Film – Hindes
verweist auf demographische Daten – aber fern, und auch Frauen
zeigten sich weniger interessiert. (vgl. ebd. 1998b) „According to
exit polls, males outnumbered females 55% to 45%”72 (ebd.
1998b).
Während sich Deep Impact zwei Wochen lang auf Platz eins der
“Box-Office-Charts“ behaupten konnte, vermochte Armageddon
nur in der Eröffnungswoche den vordersten Rang zu belegen (vgl.
Box Office Mojo). Dieser Aspekt lässt sich mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Kinostart von Lethal Weapon 4 eine Woche später
am 10.07.1998 zurückführen. Tatsächlich erwies sich Lethal
Weapon 4 als starke Konkurrenz und konnte in seiner ersten
Woche $34.048.124 einspielen. (vgl. Hindes 1998b; vgl. Box
Office Mojo)
Auffallend ist darüber hinaus, dass Deep Impact bereits am ersten
Wochenende 29,3% seiner Gesamteinspielsumme erreicht hat,
während bei Armageddon das Startwochenende lediglich 17,9%
ausmachte. Kinoexperten sprechen in diesem Zusammenhang
von Staying Power. Durch den Terminus Staying Power wird
bezeichnet, dass sich ein Film über längere Zeit am Markt halten
kann, bevor er mangels Nachfrage aus dem Programm genommen wird.
Es bleibt festzuhalten, dass das Distributionsmodell des Saturation
Release am Startwochenende nicht beiden Filmen den optimalen
Einspielerfolg bescherte. Wie die Zahlen in Tabelle 8 verdeutlichen, profitierte Deep Impact weitaus mehr von besagtem Distributionsmodell als Armageddon.
Deep Impact
F8: Hat man sich bei Deep Impact und
Armageddon für den Saturation Release
entschieden?
72
Trifft zu
Armageddon
Trifft zu
Die Vergleichswerte von Variety.com beziehen sich auf die Startwoche.
- 88 -
FA9: High-Concept-Actionfilme werden so vermarktet,
dass ihnen in den Medien Ereignisstatus zuteil wird. Die
Filmvermarktungsmaschinerie
bei
ActionfilmBlockbustern setzt auf spektakuläre und einprägsame
Marketingformeln.
F9: Gelingt es Deep Impact und Armageddon sich über
umfangreiche Marketingkonzepte als Medienereignis zu
etablieren? Sind die Trailer und Filmposter von Armageddon und Deep Impact geeignet, um den Filmen
Ereignischarakter zu verleihen?
In die Vermarktung von Deep Impact und Armageddon wurden
astronomische Summen investiert. Für Deep Impact wurden
$60.000.000 veranschlagt und für Armageddon $80.000.000.
Allein die Höhe der Aufwendungen lässt keinen Zweifel daran
aufkommen, dass beide Filme über das Marketing zum Event-Film
stilisiert werden sollten.
Im Folgenden sollen die Marketingkonzepte beider Filme beschrieben und bewertet werden.
Deep Impact
Die Vermarktung von Deep Impact verfolgte grundsätzlich eine
globale Ausrichtung (vgl. Orwall und Lippman 1998b:1).
Die Trailerkampagnen können als Herzstück des gesamten
Marketings gesehen werden. Insbesondere der erste von zwei
Kinotrailern erlangte zentrale Bedeutung, da er allein mehr als
4000 Mal in der Kinovorschau von Titanic73 gespielt wurde (vgl.
ebd. 1998b:1). Es ist davon auszugehen, dass besagter Trailer
aufgrund der aussichtsreichen Platzierung mehr potentielle
Kinogänger erreichte, als das beispielsweise als Vorfilm eines
wenig nachgefragten Low Budget-Films der Fall gewesen wäre.
73
Titanic ist bisher der erfolgreichste Film aller Zeiten und hat allein an
der Kinokasse auf dem nordamerikanischen Markt 600,8 Millionen
US$ eingespielt. Der Film hat daher mehr Zuschauer ins Kino gelockt, als irgendein anderer Film. (vgl. The Internet Movie Database
und www.worldwideboxoffice.com) Bei der Kinovorführung von Titanic liefen mehr Trailer über die Leinwand, als bei anderen Filmen.
- 89 Beide Kinotrailer präsentierten dem Publikum eine in der gesamten Kinogeschichte beispiellose Einstellung einer gigantischen
Flutwelle, die New York dem Erdboden gleichmacht. Eine Szene,
die den Zuschauer fesselte, so Weinraub, und ihn neugierig auf
den gesamten Film machte. (vgl. Weinraub 1998) Das Hauptunterscheidungsmerkmal der beiden Trailer stellte sich in ihrer
jeweiligen Gesamtlänge (3:13 Minuten und 1:38 Minuten) und in
der Schnittfrequenz dar. Der lange Trailer hatte eine durchschnittliche Schnittfrequenz von 1,12 Sekunden, während der kurze
Trailer nur eine durchschnittliche Schnittfrequenz von 0,79
Sekunden aufweisen konnte. Während der lange Trailer bestrebt
war, dem Zuschauer eine Vorstellung von der Gesamthandlung zu
vermitteln, bot der kurze Trailer lediglich eine fragmentarische
Aneinanderreihung von Einstellungen, mehr oder weniger losgelöst vom eigentlichen Handlungsrahmen.74 Der kurze Trailer war
ausschließlich actionorientiert, er setzte auf die Wucht und Fülle
des audiovisuellen Stimulus und war unmittelbar auf die körperlichen Reflexe der Zuschauer gerichtet. Die Differenzierung der
Trailer lässt auf eine zielgruppenorientierte Konzeption schließen.
Im Gegensatz zum langen Trailer, der auf Breitenwirkung ausgerichtet war, richtete sich der kurze Trailer in erster Linie an das
Kernpublikum von Actionfilmen und an ein mit schnellen Schnitten
vertrautes MTV-Publikum (vgl. Sterngold75 1998).
Neben der Trailerkampagne im Kino machten die Marketingstrategen bei der Vermarktung von Deep Impact verstärkt von TVWerbung Gebrauch. Dabei wurden unter anderem Trailer präsentiert, die speziell auf das jeweilige Programmumfeld zugeschnitten
waren.
„The studio partnered with Turner to sponsor the NBA Playoffs this
past spring, with extended trailers and movie clips. The Inside the
NBA highlights show featured 60-second `Impact Player´ and `Impact Team´ segments, and Atlanta Braves games mixed movie
footage with `best-of´ replays from historic Braves matchups.
Turner's Thursday night World Championship Wrestling franchise
hyped the movie through 90-second segments that showed the
trailer followed by pro wrestlers talking about the movie's action
and special effects.” (Stanley 1998)
74
Im Gegensatz zum kürzeren Trailer führt beim längeren Trailer eine
Erzählerstimme in die Thematik ein.
75
James Sterngold ist Journalist bei der “New York Times“.
- 90 Wie die Kooperation mit dem Medientycoon Turner zeigt, wurde
Wert darauf gelegt, eine Sponsorenintegration anzustreben. Die
Trailer erschienen nicht isoliert, sondern sie waren in das Programm eingebunden und hatten einen unmittelbaren Bezug zum
Programm. Gemäß Stanley, Redakteur bei Brandweek, galt diese
Art der Werbung in den späten 1990ern durchaus als innovativ.
Darüber hinaus verdeutlicht die Zusammenarbeit mit Turner eine
zielgruppenspezifische Ausrichtung des Marketings, da NBA und
die World Championship Wrestling grundsätzlich von Männern
konsumiert werden (vgl. Stanley 1998).
Die Zielgruppe der jungen Frauen wurde versucht, über das
Filmplakat anzusprechen. Folgt man Blanchet, so existiert eine
eindeutige Parallele zum Poster von Cameron´s Titanic. „Das
Filmplakat von Deep Impact bildet in kaum verkennbarer Anlehnung an das Poster von Titanic ein innig umschlungenes, jugendliches Liebespaar über dem ins Meer schlagenden Kometen und
der sich auf Manhattan zuzubewegenden Flutwelle ab.“ (Blanchet
2003: 164) DreamWorks bewegte sich mit der Ausgestaltung des
Deep Impact-Posters im Spannungsfeld zwischen Wiederholung
und Innovation. Das Studio setzte auf die Rekombination bzw.
Abwandlung eines vertrauten, als kontinuierlich zu bezeichnenden
Elements und baute auf seine Wiedererkennbarkeit (vgl. ebd.
2003: 164f.). Vergegenwärtigt man sich ein weiteres Mal, dass der
Trailer von Deep Impact in der Vorschau zu Titanic gezeigt wurde,
so erscheint es als gelungener Schachzug, über das Poster
weitere Vergleichsmomente mit Titanic zu schaffen.
Ob es neben den umfangreichen Trailerkampagnen und der viel
versprechenden Posterkonzeption weitere Vermarktungsstrategien etwa in Form von Tie-Ins76 gab, darüber ließen sich kaum
Informationen gewinnen.
Aus einem Artikel aus dem Wirtschaftsmagazin Brandweek geht
lediglich hervor, dass DreamWorks neben Disney, New Line,
Paramount, Universal, Sony, 20th Century Fox und Warner Tie-Ins
als festen Bestandteil in ihre Filmvermarktungskampagnen
76
Als Tie-In wird auf dem Sektor des Unterhaltungsfilms die Kooperation mit einem Wirtschaftsunternehmen verstanden (vgl. o.Verf
1998b). In der Regel basieren Tie-Ins auf Werbekonzepten wie
Cross Promotion und Product Placement.
- 91 integrieren. (vgl. o. Verf. 2000) Ein Experteninterview hätte
wahrscheinlich wichtige Erkenntnisse über das Wesen der
Vermarktungskampagne des Filmes gebracht, das Gesuch wurde
aber von der Distributionsfirma Universal abgelehnt.
Es bleibt festzustellen, dass das Datenmaterial keine wirklich
profunde Einsicht in die Vermarktungsstrategie von Deep Impact
zulässt. Dennoch ist die klare Tendenz zu spektakulären und
einprägsamen Marketingformeln erkennbar. Deep Impact wurde
über das Marketing als Medienereignis konstituiert.
Armageddon
Auch die Vermarktung von Armageddon orientierte sich nach
Aussage von Bodo Rauscher, Marketing Director Buena Vista
Home Entertainment in Deutschland, an einem globalen Konzept:
„Es gab zentrale TV-Spot-Konzepte, die lokal adaptiert und
gegebenenfalls umgeschnitten wurden.“ (Rauscher). Der Anteil
der klassischen Medien am Gesamtmarketing belief sich auf 50%,
wovon 90% auf TV-Werbung entfielen (vgl. ebd.). TV-Trailer
hatten somit eine wesentliche Bedeutung für das Marketing. Die
Trailerkampagnen hatten zudem eine zielgruppenspezifische
Ausrichtung. „[…] Es gab einmal eine eher romantische Konzeptausrichtung und eine eher action-orientierte, wobei die Programmumfelder nach den Zielgruppen ausgewählt wurden“ (ebd.).
Folgt man Bruce Orwall vom Wall Street Journal, so ist die
Strategie eines gezielten, die verschiedenen Marktsegmente
erfassenden Zielgruppenmarketings unerlässlich, um einen
Kassenschlager zu landen. „But for a movie to become a blockbuster, the boys need to bring dates” (Orwall 1998a: 3). In diesem
Sinne war neben dem action-orientierten Trailer für die Kernzielgruppe von Actionfilmen ein zweiter kreiert worden, der einen
romantischen Subplot mit Ben Affleck und Liv Tyler beinhaltete.77
Als Bestandteil einer weiteren grundlegenden Vermarktungsstrategie für Armageddon lassen sich zahlreiche Tie-Ins ausmachen.
So gab es z.B. Kooperationen mit McDonalds, Swiss Army, Nokia,
77
In einem Artikel auf www.geocities.com (vgl. o.V. 1998b) ist die Rede
von insgesamt ca. zehn verschiedenen Trailerversionen, deren Konzeption auf die Zielgruppen verschiedener TV-Sender abgestimmt
wurde.
- 92 Tag Heuer, Planet Hollywood, Goodyear, Nestlé, ABC, ESPN,
Mattel, und der NASA (o. V. 1998;
URL: http://www.geocities.com/Hollywood/Studio/3956/hype.html).
Am Beispiel der Zusammenarbeit mit Nokia soll im Folgenden die
Qualität der Tie-Ins veranschaulicht werden. Der Tie-In mit Nokia
basierte zum einen auf Product Placement und zum anderen auf
TV-Werbung: In Armageddon ist Bruce Willis zu sehen, der mit
einem Nokia-Handy eine SMS an die NASA-Crew versendet. Was
die TV-Werbung angeht, so wurden den für Nokia konzipierten
TV-Werbespots Einstellungen aus Armageddon zugrunde gelegt
(vgl. Elkin 1998). Kennzeichnend für die Nokia-Spots ist ein
starker intertextueller Bezug. „Nokia runs commercials for their cell
phones with a clip of that guy shouting `Someone dial 911!´.” (o. V.
1998;
URL: http://www.geocities.com/Hollywood/Studio/3956/hype.html)
Die Notrufnummer 911 – davon ist auszugehen – ist unter
erwachsenen Amerikanern allgemein bekannt und weckt eindeutige Assoziationen. Im Werbespot stellt die 911 eine gut
nachvollziehbare und daher ideale Verbindung zwischen Nokia
und dem in Armageddon beschriebenen Katastrophenszenario
her.
Viel versprechende Konzepte, um das Kinoereignis Armageddon
anzukündigen, lagen aber auch den anderen Tie-Ins78 zugrunde:
„McDonalds is offering a chance to win a free ticket to `Armageddon´ with an order of Supersize fries. ABC and ESPN are doing
special promotional shows (more on that later). Mattel is doing the
obligatory toy line. Nestlé is introducing chocolate asteroid balls
that explode in your mouth. And NASA, among many other things,
hosted the June 29 open-air premiere at Cape Kennedy.” (o. V.
1998;
URL: http://www.geocities.com/Hollywood/Studio/3956/hype.html)
Ein echter Marketing-Coup gelang Disney darüber hinaus mit dem
Soundtrack des Filmes. Der Song “I don´t want to miss a thing“,
den Aerosmith eigens für den Film komponiert hatte, konnte sich
insgesamt über einen Zeitraum von 26 Wochen in den US-Top 40
Charts halten (Quelle: top40-charts.com). Das Video zum Song
mit Originalfilmsequenzen aus Armageddon wurde über mehrere
78
Keine Berücksichtigung finden in diesem Zusammenhang die Kooperationen für die Videovermarktung (vgl. Experteninterview mit Rauscher). Die vorliegende Untersuchung spart die erweiterten Verwertungszusammenhänge aus.
- 93 Monate täglich auf MTV gespielt und stellte somit die ideale
Filmwerbemaßnahme dar, um im speziellen ein jüngeres Publikum
zu erreichen.
Seinen Höhepunkt erreichte der Hype um Armageddon schließlich
durch die MTV-Live-Übertragung der Filmpremiere im Kennedy
Space Center in Florida. Vor 600 geladenen Gästen, darunter
zahlreiche Journalisten, präsentierte unter anderem die Rockband
Aerosmith ihre Armageddon-Ballade.
Ergänzend zu den angesprochenen Marketingmaßnahmen und
PR-Aktionen, gab es darüber hinaus eine Radiokampagne mit
einem Testimonial, der den Film bewarb, sowie die obligatorischen
Zeitungsfeatures mit Bruckheimer und den Hauptdarstellern.
Richtet man sein Augenmerk auf die komplette Vermarktungsmaschinerie von Disney, so gelangt man unweigerlich zu dem
Schluss, dass alle Anstrengungen unternommen wurden, Armageddon systematisch in das öffentliche Bewusstsein zu bringen.
Nicht nur durch Trailerkampagnen, sondern vor allem durch
gezielte Tie-Ins strebte Disney kontinuierlich dem Ziel entgegen,
einen Medienhype um Armageddon zu inszenieren und nach
Möglichkeit in alle Bereiche der Kultur vorzudringen. (vgl. Orwall
1998a: 5)
Deep Impact
F9: Gelingt es Deep Impact und Armageddon sich über umfangreiche Marketingkonzepte als Medienereignis zu
konstituieren? Sind die Trailer und Filmposter von Armageddon und Deep Impact
geeignet, um den Filmen Ereignischarakter zu verleihen?
Trifft zu
Armageddon
Trifft zu
- 94 -
IV.3 Auswertung der komparativen Fallstudie
Von den neun Fragen, die aus den forschungsleitenden Annahmen abgeleitet wurden, ließen sich sieben im Rahmen der
komparativen Fallstudie sowohl für Deep Impact als auch für
Armageddon eindeutig bejahen. Lediglich bei zwei Fragen fielen
die Antworten unterschiedlich aus.
Es ließ sich bejahen, dass die Konzeption nicht nur des einen,
sondern auch des anderen Films der Anforderung nach universeller Verständlichkeit entspricht (FA3/F3). Die Realisierung eines
High-Concept-Films – so wurde im theoretischen Teil der Magisterarbeit gezeigt – wird zu einem Großteil von dem zugrunde
liegenden Konzept abhängig gemacht. Das Filmkonzept ist so
gesehen von großem strategischem Wert und muss des Weiteren
in zweierlei Hinsicht den Ansprüchen der Filmunternehmen
genügen. Zum einen muss es gute Vermarktungsmöglichkeiten
aufzeigen, und zum anderen muss es sich unter produktionstechnischen Gesichtspunkten vielversprechend umsetzen lassen.
Einfache und leicht verständliche Konzepte genügen dem am
ehesten. Wie in der komparativen Fallstudie gezeigt wurde,
weisen die Handlungskonzeptionen beider Filme klare und
thematisch prägnante Züge auf (FA7/F7). Ebendiese Einfachheit
drückt sich auch in einprägsamen und ausdrucksstarken Marketingbotschaften aus. Beispielhaft hierfür sind die Trailer und
Filmposter von Deep Impact und Armageddon. Sie geben dem
potentiellen Zuschauer einen Vorgeschmack auf die spektakuläre
Blockbuster- und High-Tech-Attraktionsästhetik, die beiden Filmen
innewohnt. Tatsächlich beinhalten die Trailer eine Aneinanderreihung von kaum zusammenhängenden Actionsequenzen, die den
massiven Einfluss digitaler Technik proklamieren.
Besagter Einfluss lässt sich grundsätzlich bei beiden Filmen über
deren volle Länge ausmachen (FA4/F4). Dadurch entsprechen
beide Produktionen in ihrer visuellen Ausgestaltung der zeitgenössischen Blockbuster-Ästhetik.
Um sich als Kinoevent und mediales Großereignis anzukündigen,
wurden die beiden Majorproduktionen nach dem Distributionsschema des Saturation Release (FA8/F8) in die Kinos gebracht.
Dieser Aspekt untermauert ihren Anspruch, den Kinounterhaltungssektor sowohl landesweit (auf die USA bezogen) als auch
global dominieren zu wollen. Entsprechend wurden Marketingkampagnen gemäß dem Saturation Advertising – im Hinblick auf
- 95 die Filmstarts – intensiviert und forciert. Dadurch sollte es gelingen, eine Plattform für den Saturation Release zu schaffen, und
eine umfassende Thematisierung der Filme in der Öffentlichkeit zu
gewährleisten.
Die Marketingkampagnen zu beiden Filmen waren in der Tat – so
das Ergebnis der Untersuchung – sehr umfangreich und qualitativ
geeignet, die Filme als Medienereignisse zu konstituieren
(FA9/F9). Es darf zudem unterstellt werden, dass die zahlreichen
pre-sold properties in beiden Filmen (FA6/F6) ebenfalls in der
medialen Öffentlichkeit thematisiert wurden und die Filmvermarktung gewissermaßen unterstützten.
Gleichermaßen lässt sich bejahen, dass beide Filme die Beteiligung eines Stars vorweisen können, der bereits in zahlreichen
anderen Actionfilmen mitgespielt hat (FA2/F2). Im Vergleich zu
Deep Impact verfügt Armageddon aber in Bruce Willis über einen
(Action)-Star, der als Publikumsmagnet gilt und der dem Film in
der Öffentlichkeit unbedingt Aufmerksamkeit zu verschaffen
vermag. Diesem Anspruch kann Morgan Freeman (Deep Impact)
– wie aus der Untersuchung hervorgeht – nicht bedingungslos
gerecht werden. Überhaupt lässt sich nur bedingt die Aussage
treffen, dass Deep Impact auf den Starfaktor setzt, während das
für Armageddon uneingeschränkt zutrifft (FA1/F1). Die Besetzung
in Deep Impact besteht überwiegend aus Schauspielern, von
denen keiner über die Qualität eines Kassenmagneten verfügt.
Die Frage, ob sich Armageddon und Deep Impact an einer
realistischen Darstellungsweise innerhalb ihres eigenen narrativen
Kontextes orientieren, konnte indes auch nicht für beide Filme
bejaht werden (FA5/F5). Die vorliegende Fallstudie führt hierin zu
der Erkenntnis, dass Deep Impact eine authentische Visualisierung seiner Weltuntergangsthematik gelingt, während Armageddon in vielerlei Hinsicht zu wenig Glaubwürdigkeit transportiert.
Deep Impact ist bis auf wenige Ausnahmen um wissenschaftliche
Plausibilität bemüht, während das Gegenteil auf Armageddon
zutrifft.
Im Folgenden (Tab .9) sind die Ergebnisse der komparativen
Fallstudie noch einmal in einer tabellarischen Übersicht zusammengefasst:
- 96 -
Fragen der Fallstudie
Deep Impact
Armageddon
F1: Werden die tragenden Rollen in
Armageddon und Deep Impact mit Stars
besetzt?
Trifft eher nicht zu
Trifft zu
F2: Spielen in Deep Impact und Armageddon
Stars mit, die schon in vielen anderen
Actionfilmproduktionen mitgewirkt haben?
Trifft zu
Trifft zu
F3: Genügen Armageddon und Deep Impact
der Anforderung universeller Verständlichkeit
und vermögen aufgrund dessen weltweit
Kinobesucher anzusprechen?
Trifft zu
Trifft zu
F4: Setzen Armageddon und Deep Impact auf
digitale Produktionstechnologien?
Trifft zu
Trifft zu
F5: Orientieren sich Armageddon und Deep
Impact an einer realistischen Darstellungsweise innerhalb ihres eigenen narrativen Kontext?
Trifft eher zu
Trifft eher nicht zu
F6: Werden bei Deep Impact und Armageddon pre-sold properties eingesetzt?
Trifft zu
Trifft zu
F7: Verfügen Armageddon und Deep Impact
über
klare
und
unmissverständliche
Handlungskonzeptionen, die thematisch so
einfach gefasst sind, dass sie sich gut
vermarkten lassen?
Trifft zu
Trifft zu
F8: Hat man sich bei Deep Impact und
Armageddon für den Saturation Release
entschieden?
Trifft zu
Trifft zu
F9: Gelingt es Deep Impact und Armageddon
sich über umfangreiche Marketingkonzepte als
Medienereignis zu konstituieren? Sind die
Trailer und Filmposter von Armageddon und
Deep Impact geeignet, um den Filmen
Ereignischarakter zu verleihen?
Trifft zu
Trifft zu
Tab .9: Übersicht über die Ergebnisse der komparativen Fallstudie (F1-F9)
- 97 -
V.
Schlussbetrachtung und Diskussion
Im Rahmen der komparativen Fallstudie zeigt sich vor allem, dass
Produktion und Vermarktung vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbs konkurrierender Unterhaltungsmedien stark
aufeinander abgestimmt sein müssen, um den ökonomischen
Erfolg der Filme zu sichern.
Es wird deutlich, dass mit der Story, den Stars und dem Einsatz
von Special-Effects in der Produktion die Grundlage für die
Vermarktung geschaffen wird. Armageddon ist durch eine zielgruppenspezifische Vermarktung gekennzeichnet, die mit jeweils
zielgruppenspezifischen Werbebotschaften auf der Story aufbaut
und einerseits Actionszenen mit sensationellen Special-Effects
sowie andererseits eine Love-Story in der Nebenhandlung
herausstellt. So wurden bei Armageddon durch zwei unterschiedliche Trailer-Konzeptionen, mit einer actionbezogenen und einer
romantischen Ausrichtung verschiedene Zielgruppen angesprochen.
Mittels einer spektakulären Bildgestaltung und einer einfachen,
linear verlaufenden Story wird in beiden betrachteten Filmen die
Grundlage für eine international kulturübergreifende Vermarktung
gelegt. Dieses Effekt-Kino schafft zum einen die Basis für eine
weite Zielgruppendefinition und eine mainstream-orientierte,
kulturübergreifende Vermarktung. Zum anderen entspricht die
spektakuläre Bildgestaltung dem aktuellen Konsumentenbedürfnis
im Action-Genre und stellt damit einen einzigartigen Produktnutzen (USP) dar. Bei den betrachteten Filmen der Fallstudie ist
festzustellen, dass dieser USP beispielsweise in den Trailern
deutlich herausgestellt wird. So enthalten die Trailer zu Armageddon und Deep Impact besonders viele Filmszenen, in denen
digitale Technologien zum Einsatz kommen.
Des Weiteren ist bei den betrachteten Filmen zu beobachten, dass
sich durch die Besetzung der Hauptrollen mit dem Genre entsprechenden Top-Stars ein Imagetransfer erzielen lässt, welcher einen
Vertrauensvorschuss bewirkt. Es ist anzunehmen, dass der
durchaus erfolgreiche Film Deep Impact durch die Besetzung mit
einem Top-Star des Genres wie Bruce Willis in Armageddon, noch
erfolgreicher gewesen wäre. Mit Morgan Freeman wurde zwar ein
Star, aber eben kein Top-Star des Genres aufgeboten.
- 98 Bezogen auf die der Arbeit zugrundeliegende Fragestellung liefert
die komparative Fallstudie eindeutige Ergebnisse. Es lässt sich
feststellen, dass den im Rahmen der Fallstudie betrachteten HighConcept-Actionfilmen Deep Impact und Armageddon weitestgehend einheitliche Strategien in der Produktion und Vermarktung
zugrunde liegen und damit beide ökonomisch sehr erfolgreich
waren. Demnach scheint sich der High-Concept-Actionfilm im
Zyklus aus Innovation und Imitation bereits in einer Phase der
Standardisierung zu befinden.
Fraglich ist, wie lange sich der High-Concept-Approach in dieser
Form weiterverfolgen lässt, denn die möglichen Katastrophenszenarien wie Erdbeben, Vulkanausbrüche, Flutkatastrophen und
Epidemien sind irgendwann ausgeschöpft und die Konsumenten
könnten dessen überdrüssig sein.
Die komparative Fallstudie kann aufgrund von zwei Filmen sicher
nicht den Anspruch erheben, repräsentativ für das Actionfilmgenre
sein; aber die Tatsache, dass sieben der neun forschungsleitenden Annahmen bei beiden Filmen zutreffen, spricht dafür, dass sie
grundsätzlich für diese Untersuchung zutreffen. Um repräsentativere Ergebnisse zu erzielen, müsste man eine komparative
Fallstudie auf einer deutlich größeren Anzahl von Filmen aufbauen. Eine solche Folgeuntersuchung könnte Erkenntnisse darüber
liefern, ob sich die forschungsleitenden Annahmen auch für ein
größeres Untersuchungssample bestätigen lassen, oder ob bei
einem oder mehreren ökonomisch erfolgreichen Actionfilmen
keine oder nur wenige der Annahmen zutreffen. In einer Folgeuntersuchung ließe sich darüber hinaus prüfen, inwieweit sich der
Katalog von Annahmen auf Blockbuster-Produktionen anderer
Genres übertragbar ist.
Da Kinofilme im Jahr 2000 nur noch 21 Prozent des Gesamterlöses79 im Kino selbst einspielen, wäre darüber hinaus die Überprüfung der forschungsleitenden Annahmen in bezug auf eine
erweiterte Verwertung ebenfalls ein interessanter Untersuchungsgegenstand.
79
Im Jahr 2000 entfielen in den USA des Weiteren 51 Prozent des Gesamterlöses auf die Video- und DVD-Verwertung und 28 Prozent auf
die Verwertung im Fernsehen (vgl. Blanchet 2003: 107).
- 99 -
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Oscarguy.com, URL: http://www.oscarguy.com/71st/98OscarNods.html
(15.01.2004)
- 109 -
Anhang I
***********************************
Anja Hecht
Publicity Coordinator
Buena Vista Home Entertainment GmbH
Kronstadter Str. 9
81677 München
Tel: +49 89-99340-205
Fax: +49 89-99340-227
[email protected]
www.movie.de / www.disney.de
Part of the Magic of the Walt Disney Company
**************************************
-----Ursprüngliche Nachricht----Von: Hecht, Anja
Gesendet: Montag, 26. Januar 2004 15:09
An: Oliver Kreft [mailto:[email protected]]
Betreff: Re: Fragenkatalog Armageddon
Sehr geehrte Frau Hecht,
hier sind - wie am Telefon besprochen - die Fragen zu meiner Magisterarbeit.
Das Thema meiner Arbeit lautet: Riskante Kalkulationen. Strategien in
Produktion und Vermarktung von High-Concept-Actionfilmen. Eine komparative
Fallstudie.
In der komparativen Fallstudie geht es um den Vergleich von Armageddon und
Deep Impact (beide Filme sind aus dem Jahr 98 und weisen dementsprechend
eine hohe Vergleichbarkeit auf).
Was mich im Besonderen interessiert sind Aspekte der Vermarktung. Die
Antworten können so allgemein wie nötig und so speziell und vertiefend wie
möglich ausfallen.
Die Beantwortung der Fragen wurde von Herrn Bodo Rauscher, Marketing
Director Buena Vista Home Entertainment in Deutschland, vorgenommen.
1. Gab es eine flächendeckende (einheitliche) Filmwerbung für Armageddon?
(Die gleichen Kampagnen in Gesamtdeutschland bzw. Europa)
Bodo Rauscher: Es gab zentrale TV-Spot-Konzepte, die lokal adaptiert und
gegebenenfalls umgeschnitten wurden.
2. Wann begannen und wann endeten die Filmwerbekampagnen?
(Hier genügt ein Schätzwert bzw. eine grobe Angabe. Wichtig ist es für mich
herauszufinden, ob sich der Film bereits Monate vorher in den Medien
ankündigte wie z.B. bei Godzilla.)
Bodo Rauscher: 1 Woche vor bis 2 Wochen nach Veröffentlichungstermin.
- 110 -
3. Gab es zielgruppenorientiertes Marketing?
(Tagsüber z.B. TV- Trailer, die die Liebesbeziehung zwischen Grace Stamper
(Liv Tyler) und A.J. Frost (Ben Affleck) thematisierten; Im Abend- bzw.
Spätprogramm dagegen knallharte Actiontrailer.)
Bodo Rauscher: Ja, es gab einmal eine eher romantische Konzeptausrichtung
und eine eher action-orientierte, wobei die Programmumfelder nach den
Zielgruppen ausgewählt wurden.
4. Gab es Werbekampagnen mit anderen Firmen (sog. Tie- Ins)?
(Mir ist bekannt, dass Nokia einen Spot mit Bruce Willis gemacht hat und
Originalfilmszenen für den Spot verwendet wurden. Diese Frage ist wahrscheinlich eher sensibel?)
Bodo Rauscher: Ja, es gab für die Videovermarktung Kooperationen, u.a. mit
einem Popcornhersteller und einer Brauerei.
5. Gab es spezielle Merchandising- Aktionen?
(Meine Nachforschungen haben ergeben, dass Matell eine ArmageddonActionfigur entwickelte)
Bodo Rauscher: Nicht für Deutschland.
6. Welche Anteile am Gesamtmarketing hatten die einzelnen Werbeformen?
(Die Bonusfrage, die mir durchaus wichtige Erkenntnisse liefern würde.
Allerdings würde ich es verstehen, wenn sie die Beantwortung dieser Frage
ablehnen)
Bodo Rauscher: Klassiche Media hatte einen Anteil von ca. 50%, davon ca.
90% TV
.
So, ich hoffe diese Fragen beinhalten genügend Diplomatie und Entgegenkommen.
Mit freundlichen Grüßen,
Oliver Kreft (Westfäl. Wilhelms Universität Münster - FB Kommunikationswissenschaft)
- 111 -
Anhang II
Erläuterungen zu den Tabellen 10 und 11:
In nachstehenden zwei Tabellen sind die Positionen der Actionsequenzen in Deep Impact und Armageddon zeitlich erfasst. Des
Weiteren wurden Sequenzbeschreibungen vorgenommen, und es
wurde die Qualität der Actionsequenzen bewertet.
Filmminute
Sequenzbeschreibung
Qualität der
Actionsequenz
5
Wolf, einer der Entdecker des Kometen, stirbt auf dramatische
klein
Weise bei einem Autounfall.
Die Szene spielt im Weltall und beschreibt die unmittelbare
51
mittelgroß
Eruption der Geysire auf dem Kometen beim Einfall erster
(Sequenzdauer,
ca.
zwei
Sonnenstrahlen. Die ungeheure Kraft der Eruption bewirkt, dass
die Astronauten der Rettungsmission aus einem Bohrschacht
geschleudert werden. Einer der Astronauten treibt ins All hinaus
Minuten)
und kann nicht mehr gerettet werden.
56
Der Komet explodiert nach der Zündung der Sprengladung und
groß
zerberstet in zwei unterschiedlich große Gesteinsbrocken. Das
Shuttle wird dabei von der Explosion erfasst.
Diese Szene beschreibt den Höhepunkt des Filmes. Biederman,
99
groß
der kleinere Teil des Kometen, trifft auf den atlantischen Ozean
(Sequenzdauer,
zwei
ca.
auf und entfacht eine gigantische Flutwelle. Der Kometeneinschlag zieht eine Spur der Verwüstung nach sich. New York und
Teile der Ostküste werden vollkommen weggespült.
Minuten)
106
Der größere Teil des Kometen wird in nahezu allerletzter
Sekunde gesprengt und der Weltuntergang somit abgewendet.
Tab .10: Actionsequenzen in Deep Impact
groß
- 112 -
Filmminute
Sequenzbeschreibung
Qualität der
Actionsequenz
3
Ein Meteoritenschauer zerstört die Raumfähre Atlantis im
mittelgroß
Weltall. Die NASA ist schockiert, es herrscht äußerste
Alarmbereitschaft bei absoluter Geheimhaltung des Vorfalls.
6
New York wird von massivem Meteoritenhagel heimgesucht.
groß
Zahlreiche Gebäude werden zerstört.
47
Simulation einer Bohrung auf dem NASA Testgelände. Das
klein
Team um Harry Stamper (Bruce Willis) gerät stark unter Druck.
54
Meteoriteneinschlag in Shanghai. Verheerende Verwüstungen
mittelgroß
sind die Folge.
65
Start der Mission zur Rettung der Erde
klein
72
Beide Missionsshuttles docken an der MIR an, um Treibstoff zu
groß
tanken. Die Treibstoffzufuhr verläuft äußerst problematisch. Die
(Sequenzdauer,
ca.
fünf
MIR muss wegen eines Lecks evakuiert werden. A.J. Frost (Ben
Affleck) droht bei der Aktion sein Leben zu verlieren. In der
kompletten Einstellung gibt es zahlreiche Explosionen und
Minuten)
gewaltige Feuerausbrüche. Stamper rettet A.J. Frost in
allerletzter Sekunde (Deadline-Effekt)
Beide Shuttles nähern sich von hinten dem Asteroiden. Ein
80
groß
ausgesprochen turbulentes Manöver bei dem das eine Shuttle
(Sequenzdauer,
ca.
fünf
Independence
mehrfach
von
kleineren
Gesteinsbrocken
getroffen wird und infolgedessen manövrierunfähig ist. Die
Independence kann zwar landen, es gibt aber an Bord einige
Minuten)
Tote.
Innerhalb kurzer Zeit scheitern zwei Bohrungen auf dem
90
klein
Asteroiden. Es bleibt nur ein letzter Bohrkopf, um die Mission
(Sequenzdauer,
erfolgreich zu beenden.
ca.
drei
Minuten)
110
Die Überlebenden der Independence bahnen sich ihren Weg
mittelgroß
zum Team der “Freedom“ über einen Abgrund auf dem
Kometen.
114
Ein verheerender Meteoriteneinschlag verwüstet Paris.
mittelgroß
120
Das Bohrteam auf dem Asteroiden ist massivem Steinhagel
mittelgroß
ausgesetzt. Ein Crewmitglied lässt sein Leben.
133
Sprengung des Asteroiden
Tab. 11: Actionsequenzen in Armageddon
groß
- 113 -
Anhang III: Filmographie
2001: A Space Odyssey
Amistad
Armageddon
Bad Boys
Billy Bathgate
Chain Reaction
City of Lost Children
Color of Night
Death Becomes Her
Deep Impact
Die Hard: With a Vengeance
Die Hard 2
Driving Miss Daisy
Emergency Room
End of Days
Godzilla
Good will Hunting
Hard Rain
Hudson Hawk
Independence Day
Jurassic Park
Kiss the Girls
Last Man Standing
Lord of the Rings
Lethal Weapon 4
Mercury Rising
Moll Flanders
Mortal Thoughts
Nobody´s Fool
Outbreak
Project Peacemaker
Pulp Fiction
Robin Hood: Prince of Thieves
Se7en
Shadows and Light: From a different view
- 114 Striking Distance
Terminator 2
The Abyss
The Bonfire of the Vanities
The Fifth Element
The Jackal
The Matrix; Teil 1
The Matrix Reloaded
The Matrix Revolutions
The Last Boy Scout
The Lost World
The Power of One
The Rock
The Shawshank Redemption
Titanic
Twelve Monkeys
Unforgiven
Un Chien Andalou

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