Versammlung
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SCHULTZE RECHTSANWÄLTE Die Wohnungseigentümerversammlung Die Eigentümerversammlung ist das Entscheidungsorgan der Wohnungseigentümer. Die Vorbereitung und Durchführung der Versammlung ist eine der zentralen Aufgaben des WEGVerwalters. Die damit verbundenen Aufgaben und Pflichten sind mit zahlreichen gesetzlichen Regelungen verknüpft. A) Die ordnungsgemäße Einberufung I. Voraussetzungen der Einberufung einer Versammlung Wie oft eine Versammlung abgehalten werden muss, richtet sich nach der Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Ist hierin keine Regelung enthalten, gilt die gesetzliche Regelung, wonach der Verwalter mindestens einmal im Jahr eine Versammlung einzuberufen hat. Daneben ist der Verwalter in folgenden weiteren Fällen zur Einberufung einer Versammlung verpflichtet: - auf Verlangen von mehr als 1/4 der Wohnungseigentümer, § 24 Abs. 2 WEG, Dieses Einberufungsverlangen kann nach herrschender Ansicht nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden 1 . Bei der Berechnung der erforderlichen Zahl von Antragstellern kommt es allein auf die Anzahl von Köpfen an 2 . Dies gilt auch dann, wenn das Stimmrecht abweichend geregelt ist, z.B. sich nach Miteigentumsanteilen bestimmt. Das Einberufungsverlangen muss schriftlich gestellt werden. Gemäß § 126 Abs. 1 BGB müssen die betreffenden Eigentümer das Verlangen eigenhändig unterschreiben. In dem Schreiben müssen der Zweck und die Gründe des Verlangens enthalten sein. - wenn nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung eine Einberufung geboten ist, - wenn die erste Versammlung nicht beschlussfähig war, § 25 Abs. 4 S. 1 WEG. II. Einberufungsberechtigte Die Versammlung ist grundsätzlich vom Verwalter einzuberufen. Fehlt ein Verwalter oder weigert sich der Verwalter eine Versammlung einzuberufen, so ist gemäß § 24 Abs. 3 WEG der Vorsitzende des Verwaltungsbeirates oder sein Vertreter zur Einberufung berechtigt, § 24 Abs. 3 WEG. Verpflichtet ist er hierzu nicht. Die Regelung lässt leider Möglichkeiten zum Missbrauch offen. So stellt sich die Frage, ob eine Weigerung immer ausdrücklich erklärt werden muss. Der Verwalter, der zur Abberufung steht, weigert sich möglicherweise nicht, bleibt aberuntätig. Denkbar ist auch, dass er den Versammlungstermin erst für mehrere Monate später festsetzt oder mehrfach den Termin verlegt. Mit diesen 1 2 BayObLGZ 1972, 314 BayObLGZ 1972, 314; OLG Hamm NJW 1973, 2300 = OLGZ 1973, 423 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE Verschleppungstaktiken musste sich teilweise das OLG Hamm auseinandersetzen. Eine Differenz zwischen Einberufung und Termin von 18 Kalendertagen wurde dabei als nicht beachtlich eingestuft. Mehrmaliges Verschieben oder Verlegungen um mehrere Monate würden nach Auffassung des Senates jedoch faktisch eine Weigerung darstellen. 3 Der einzelne Wohnungseigentümer ist nie zur Einberufung berechtigt. Eine Berechtigung hierzu erlangt aber die Wohnungseigentümergruppe, die ein nach § 24 Abs. 2 WEG formal ordnungsgemäßes Einberufungsverlangen gestellt hat und dabei erfolglos blieb. Die Eigentümer müssen sich aber hierfür gemäß §§ 37 Abs. 2 BGB analog, 24 Abs. 2 WEG vom Gericht ermächtigen lassen 4 . Erklärt der Verwalter ausdrücklich die Weigerung, die Versammlung einzuberufen, kann der Antrag sofort bei Gericht gestellt werden. Vielfach wird der Verwalter aber auf das Begehren überhaupt nicht reagieren. Es schließt sich dann die Frage an, wie lange die Eigentümer mit einem gerichtlichen Antrag zuwarten müssen. Grundsätzlich steht dem Verwalter hinsichtlich der Ausführung der Ladung ein gewisser Ermessenspielraum zu. Um seiner Untätigkeit einen Erklärungswert im Sinne einer Weigerung zu verleihen ist, es ratsam hierfür eine angemessene Frist zu setzen. Angesichts der Einfachheit der Organisationsaufgaben, die mit einer Ladung mit vorgegebener Tagesordnung verbunden sind, sollte eine Woche zwischen Zugang des Ladungsbegehrens und der Versendung der Ladung ausreichend sein. Der Verwalter hat einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Festlegung des Termins der Eigentümerversammlung. Die Festlegung des Ladungstermins kann hingegen auch rechtsmissbräuchlich sein. Das ist der Fall, wenn dem Ladungsbegehren zwar entsprochen wurde, der Versammlungstermin aber erst in einigen Wochen stattfinden soll. Auch in diesem Fall kann ein gerichtlicher Antrag auf Zulassung einer Eigentümerladung gerechtfertigt sein. 5 Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch können sich ergeben aus der begehrten Tagesordnung (z.B. Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund und fristlose Kündigung des Verwaltervertrages), der Ladungsfrist unter Beachtung der sonst üblichen Fristen sowie der vorgeblichen Gründe, die Versammlung nunmehr deutlich später abzuhalten oder nochmals zu verschieben. Wird die Versammlung von einer unzuständigen Person einberufen (z.B. Wohnungseigentümer, früherer Verwalter, Vorsitzender des Verwaltungsbeirats, ohne dass die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 3 WEG vorliegen), sind die in einer solchen Versammlung gefassten Beschlüsse wirksam, aber anfechtbar 6 . III. Einberufungsfrist Nach § 24 Abs. 4 S. 2 WEG soll die Frist der Einberufung mindestens 1 Woche betragen. Dem Verwalter ist ein Ermessen eingeräumt, die Frist in dringenden Fällen abzukürzen. Das vom Verwalter ausgeübte Ermessen ist gerichtlich nachprüfbar. Dabei ist zu untersuchen, ob die Abkürzung der Frist durch die Dringlichkeit der Maßnahme gerechtfertigt war, und ob durch die Fristverkürzung ein Eigentümer an der Ausübung seines Stimmrechts behindert war 7 . 3 OLG Hamm OLGZ 81, 24 BayObLG WuM 1990, 320; BayObLG, NJW 1970, 1136 5 OLG Hamm OLGZ 1981, 24 6 BayObLG WE 1991, 285; KG NJW 1987, 386 7 OLG Frankfurt / M. OLGZ 1982, 418 4 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE Den Eigentümern steht es frei, eine verbindliche Einberufungsfrist zu vereinbaren. Dabei empfiehlt sich eine Frist von mindestens 2 Wochen, um sämtlichen Eigentümern die Gelegenheit zu geben, ihre Termine danach einzurichten. Die Berechnung der Frist bestimmt sich nach §§ 186 ff BGB. Für den Beginn der Einberufungsfrist ist der Tag maßgebend, an dem die schriftliche Einberufung den Eigentümern zugeht. Die Wochenfrist endet mit Ablauf des Tages, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem das fristauslösende Ereignis stattfand. Am Folgetag kann die Versammlung unter Einhaltung der Ladungsfrist abgehalten werden 8 . Ist also der Tag, an dem das Einberufungsschreiben zugeht, ein Montag, so läuft die Frist am kommenden Montag ab. Die Versammlung kann dann am nächsten Tag, also am Dienstag, stattfinden. IV. Form der Einberufung Für die Ladung ist Textform vorgeschrieben, §§ 24 Abs. 4 WEG, 126 b BGB. Zulässig sind damit auch Ladungen per E-Mail oder per Fax. Die Ladung zur Versammlung muss den Eigentümern zugehen. Die ordnungsgemäße Aufgabe zur Post ersetzt den Zugang nicht. Sie muss den Tagungsort, die Anfangszeit der Versammlung und die Tagesordnung enthalten. Fehlt die Tagesordnung, so sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse grundsätzlich anfechtbar. Die unzureichende Bezeichnung der Beschlussgegenstände der Versammlung in der Tagesordnung gehört ebenfalls zu den Formerfordernissen, die eine Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse begründen kann, § 23 Abs. 2 WEG 9 . Die Bezeichnung der Beschlussgegenstände soll dem Eigentümer ermöglichen, sich vorab zu informieren. Nur so kann er sachorientiert entscheiden, ob er zur Versammlung erscheinen möchte, und ob eine inhaltliche Vorbereitung auf die Versammlung notwendig ist. An die Bezeichnung der Tagesordnungspunkt sind keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Eine schlagwortartige Bezeichnung genügt 10 . Unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ oder „Verschiedenes“ können nur Gegenstände ganz untergeordneter Bedeutung beraten und beschlossen werden 11 . Folgende Beschlussgegenstände fielen nach Auffassung der Gerichte hierunter. - Standort Müllcontainer 12 Nutzung eines gemeinschaftlichen Tischtennisraums als Geräteraum 13 Gebrauchszeitenregelung der Waschmaschinen 14 Es ist daher zu empfehlen, durch Stichworte den TOP „Sonstiges“ Kontur zu verleihen. 8 BayObLG Beschl. vom 08.06.90, Az: BReg 1 bz 18/89 BayObLG Rpfleger 1982, 100 10 BayObLGZ 1992, 79 11 OLG Hamm NJW-RR 1993, 468 12 BayObLG NJW – RR 1990, 784 13 BayObLG WuM 1985, 101 14 BayObLG WE 1988, 67 9 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE V. Ergänzung der Tagesordnung Der Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung ist zulässig. Ein Wohnungseigentümer hat Anspruch hierauf, wenn der Antrag ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und nicht offensichtlich ohne sachlichen Grund erfolgt. 15 Das ist nicht der Fall, wenn der Tagesordnungspunkt nur dazu dienen soll, die Versammlung zu stören oder wenn erst später hierüber zu entscheiden ist (ordentliche Neubestellung eines neuen Verwalters in erst über einem Jahr). Der Wohnungseigentümer kann die Tagesordnung nicht selbst ergänzen. Sie muss mit der Ladung bekannt gemacht werden, so dass dieses Recht beim Verwalter verbleibt. Weigert sich dieser jedoch pflichtwidrig, die Tagesordnung zu ergänzen, so kann der Verwaltungsbeiratsvorsitzende die Tagesordnung in entsprechender Anwendung von § 24 Abs. 3 WEG ergänzen. 16 Nicht in der Ladung angekündigte Beschlussgegenstände können also nur beschlossen werden, wenn sie untergeordneter Bedeutung sind und daher unter dem Punkt „Sonstiges“ bzw. „Verschiedenes“ abgehandelt werden können. VI. Versammlungsort und –zeit Zur Festlegung des Versammlungsortes gibt es keine gesetzliche Anweisung. Der Versammlungsort muss daher nicht am Ort der Wohnanlage sein. Die Rechtsprechung fordert aber einen räumlichen Bezug zur Anlage, was nicht bedeutet, dass die Versammlung in der selben politischen Gemeinde abgehalten werden muss. 17 Es ist danach auch einzelnen Eigentümern nicht zumutbar, Reisen zu ganz anderen Orten als der Wohnlage zu unternehmen. Sollen etwa 20% der Eigentümer als Eigennutzer eine lange Anreise hinnehmen, weil 80% der Eigentümer Kapitalanleger sind, ist dies für die Eigentümer am Ort nicht zumutbar. 18 Käufer einer entfernt gelegenen Wohnanlage müssen sich vielmehr ihrerseits auf Anreisen bei Versammlungen einstellen. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Versammlung kommt es ebenfalls darauf an, dass den Eigentümern die Teilnahme nicht unnötig erschwert wird. An Werktagen sollte die Versammlung nicht vor 17.00 – 18.00 Uhr beginnen, da auch berufstätigen Eigentümern die Teilnahme ermöglicht werden soll. 19 Bei einer Anberaumung an Sonn- und Feiertagen ist den Eigentümern Gelegenheit zu geben, ihrem Recht auf Religionsausübung nachzugehen. Als Richtlinie sollte die Versammlung daher nicht vor 11.00 Uhr anberaumt werden. 20 VII. Verzicht auf Formen und Fristen der Ladung Sind alle Wohnungseigentümer zur Versammlung erschienen, liegt eine Vollversammlung vor. In diesem Fall können die Wohnungseigentümer durch Beschluss auf die Formen und 15 BayObLGZ 1988, 287 OLG Düss. NJW-RR 1986, 96; BayObLGZ 1988, 287 17 OLG Frankfurt OLGZ 1984, 333 18 OLG Köln WE 1990, 171 19 Vormittags an Werktagen unzulässig: OLG Frankfurt OLGZ 1982, 418 20 BayObLG WE 1988, 32 16 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE Fristen der Ladung wirksam verzichten. Versehentliche Fehler der Ladung können sich nicht nachteilig auswirken und Streitigkeiten nach sich ziehen, wenn dieser Beschluss zu Beginn der Versammlung gefasst wird. VIII. Konsequenzen fehlerhafter Einberufungen Die Verletzung von Ladungsvorschriften zieht nur ausnahmsweise eine Nichtigkeit des Beschlusses nach sich. So wird eine Nichtigkeit angenommen, wenn ein Beschluss ohne vorherige Ladung nur im Rahmen einer formlosen Zusammenkunft getroffen wird. 21 Gleiches wird für Beschlüsse auf Eigentümerversammlungen, zu denen ein Nichtberechtigter geladen hat, angenommen. 22 Grundsätzlich generieren Ladungsfehler nur eine Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse. Die Anfechtung hat jedoch keinen Erfolg, wenn feststeht, dass der Fehler nicht kausal für das Abstimmungsergebnis sein konnte. 23 Die Anforderung ist höher, als sie zunächst erscheint. Wird beispielsweise ein Miteigentümer nicht zur Versammlung geladen, steht die fehlenden Kausalität nicht schon deshalb fest, weil der Beschluss mit einer großzügigen Mehrheit getroffen wurde. Die Bewertung erfolgt also nicht rein mathematisch, sondern es wird vom Gericht auch in Erwägung gezogen, ob der nicht geladene Eigentümer möglicherweise Informationen hatte, die die anderen Eigentümer in ihrem Abstimmungsverhalten beeinflusst hätten. 24 B) Teilnahmeberechtigung an der Versammlung I. Teilnahme- und Stimmberechtigte Teilnahmeberechtigt sind zunächst alle Wohnungseigentümer. Dies gilt auch für den Eigentümer, den ein Stimmverbot (§ 25 Abs. 5 WEG) trifft. Dritte sind grundsätzlich nicht zur Teilnahme berechtigt. Dies gilt auch für den werdenden Eigentümer, solange er noch nicht im Grundbuch eingetragen ist, es sei denn, er ist zur Ausübung dieses Rechtes durch den Veräußerer ermächtigt worden. An Stelle des Eigentümers sind auch Nießbraucher, Wohnrechtsinhaber, Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter, Nachassverwalter und Testamentsvollstrecker Teilnahme berechtigt. Gleiches gilt für gesetzliche Vertreter wie z.B. Eltern bei Minderjährigen. Wohnungseigentümer können auch Dritte zur Teilnahme und Ausübung des Stimmrechts bevollmächtigen. In einem solchen Fall darf aber nur der Bevollmächtigte teilnehmen, nicht der Eigentümer. Widerruft er die Vollmacht, muss der Bevollmächtigte die Versammlung verlassen. Anschließend darf wieder der Eigentümer an der Versammlung teilnehmen. Die Befugnis der Eigentümer, sich auf der Versammlung vertreten zu lassen, kann allerdings durch Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 WEG auf einen bestimmten Personenkreis, z.B. Ehegatten 25 , Verwalter oder andere Wohnungseigentümer beschränkt werden 26 . 21 OLG Hamm WE 1/93, 24 OLG Frankfurt OLGZ 1985, 142 23 BGH ZFIR 2002, 914 24 BayObLGZ 1992, 79 25 BayObLGZ 1996, 297 (danach auch keine analoge Anwendung auf nichtehel. Lebenspartner) 26 BGHZ 99, 90 22 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE Weiterhin kann die Teilnahme Dritter, z.B. Mieter oder Pächter durch Mehrheitsbeschluss zugelassen werden. Die Hinzuziehung Dritter bietet sich insbesondere dann an, wenn sie der sachgerechten Information und Bewertung schwieriger Problemlagen dient und so den Willensbildungsprozess fördern kann. Diese Voraussetzungen sind bei der Beteiligung von Beratern der Gemeinschaft, wie etwa Architekten, Rechtsanwälten oder Sachverständigen erfüllt. Da auch diese grundsätzlich fremde Dritte sind, ist zu empfehlen, auch über deren Teilnahme einen Zulassungsbeschluß am Anfang der Versammlung zu fassen. Ferner kann nach der Auffassung des BGH ein Dritter als Berater oder Beistand eines Wohnungseigentümers ein Teilnahmerecht haben. 27 Voraussetzung hierfür ist, dass ein berechtigtes Interesse an der Hinzuziehung des Beraters vorliegt, welches gewichtiger ist, als das Interesse der anderen Wohnungseigentümer, die Versammlung auf den Kreis der Eigentümer zu beschränken. 28 Ein überwiegendes Interesse des Wohnungseigentümers an sachkundiger Beratung kann sich aus einem in seiner Person liegenden beachtlichen Grund (z.B. hohes Alter oder Krankheit) oder aus dem Schwierigkeitsgrad der Angelegenheit ergeben, über die nach der Tagesordnung zu beschließen ist. Im Übrigen ist es jedem Wohnungseigentümer zumutbar, sich vor Beginn der Versammlung beraten zu lassen. Schließlich sind sowohl der Verwalter als auch seine Mitarbeiter, die ihn bei der Durchführung der Versammlung unterstützen, teilnahmeberechtigt. 29 Werden Teilnahmeberechtigte rechtswidrig von der Versammlung ausgeschlossen, sind die nach dem Ausschluss gefassten Beschlüsse anfechtbar. Sie sind im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG für ungültig zu erklären, es sei denn, sie wären auch bei ordnungsgemäßem Vorgehen ebenso gefasst worden. 30 II. Gemeinsame Versammlungen Mitunter werden aus Vereinfachungsgründen gemeinsame Versammlungen vom Verwalter angestrebt, weil die Erörterungspunkte der Gemeinschaften zahlreiche inhaltliche Parallelen aufweisen. Hierdurch nehmen dann aber zwangsläufig ständig fremde Dritte an der Versammlung der jeweils anderen Gemeinschaft teil. Aufgrund der Teilnahmeregelungen ist es daher unzulässig, wenn mehrere Gemeinschaften gemeinsame Versammlungen abhalten 31 . III. Getrennte Versammlungen bei Mehrhausanlagen Mehrhausgemeinschaften können Teilgemeinschaften bilden und getrennte Versammlungen abhalten. Voraussetzung hierfür ist eine entsprechende Regelung in der Gemeinschaftsordnung oder ein bestandskräftiger Beschluss 32 . In solchen Versammlungen können nur Angelegenheiten beschlossen werden, die die übrigen Eigentümer nicht 27 BGHZ 121, 236 BGHZ 121, 236 29 KG NZM 2001, 297 30 BayObLG NJW-RR 1991, 531 31 OLG Köln NZM 2002, 617; BayObLGZ 2000, 340; OLG Hamm NZM 2004, 787 32 BayObLGZ 1994, 98 28 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE betreffen. 33 Bei Angelegenheiten, die von der Gemeinschaft zu tragende Kosten beinhalten, scheidet daher eine abgesonderte Versammlung und Beschlussfassung aus 34 . IV. Niederschrift der Versammlung Gemäß § 24 Abs. 6 WEG sind über die in der Versammlung getroffenen Beschlüsse Niederschriften aufzunehmen. Die Niederschrift muss den genauen Wortlaut der Beschlüsse sowie das Abstimmungsergebnis enthalten. Die Niederschrift ist vom Vorsitzenden der Versammlung, einem Eigentümer und, soweit ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, von dessen Vorsitzenden bzw. seinem Vertreter zu unterschreiben. Nach herrschender Ansicht ist die Niederschrift mindestens 1 Woche vor Ablauf der Anfechtungsfrist zu erstellen 35 . Eine Pflicht, die Niederschrift innerhalb dieser Frist zu vervielfältigen und zu versenden, besteht grundsätzlich nicht. Durch § 24 Abs. 6 S. 3 WEG wird den Wohnungseigentümern lediglich ein Einsichtsrecht in die Niederschrift gewährt. Das Einsichtsrecht umfasst auch die Befugnis, sich Abschriften fertigen zu lassen 36 . Der Verwalter ist jedoch ohne entsprechende Vereinbarung grundsätzlich nicht verpflichtet, den Wohnungseigentümern eine Kopie der Niederschrift zu übersenden oder ihnen in sonstiger Weise den Inhalt der gefassten Beschlüsse unaufgefordert mitzuteilen 37 . C) Die Beschlussfähigkeit der Versammlung I. Die erste Versammlung Die erste Versammlung ist gemäß § 25 Abs. 3 WEG beschlussfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile vertreten. Durch Vereinbarung können die Eigentümer regeln, dass sich die Beschlussfähigkeit nach Anzahl von Köpfen oder der vertretenen Wohnungen richtet 38 . Erschienen im Sinne der Vorschrift sind auch diejenigen Eigentümer, die sich in der Versammlung ordnungsgemäß vertreten lassen. Für die Bewertung der Beschlussfähigkeit werden nur die Anteile / Köpfe / Objekte von erschienenen und stimmberechtigten 39 Wohnungseigentümern berücksichtigt. Die Stimmen (Anteile / Köpfe / Objekte) von Eigentümern, die zwar erschienen, aber nicht stimmberechtigt sind, werden nicht mitgezählt. Die Beschlussfähigkeit ist daher nicht für die gesamte Versammlung, sondern für jede Beschlussfassung getrennt zu beurteilen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass vor jeder Beschlussfassung die Beschlussfähigkeit durch den Vorsitzenden erneut festgestellt werden muss. Eine solche Pflicht ergibt sich nur dann, wenn der Vorsitzende begründete Zweifel an der Beschlussfähigkeit hat oder solche Zweifel von Wohnungseigentümern geäußert 33 OLG Schleswig NZM 2000, 385; BayObLG NZM 2000, 1021 BayObLG NZM 2000, 554 = ZMR 2000, 319; OLG Hamm OLGZ 1990, 168 35 BayObLG WE 1991, 204 36 OLG Zweibrücken WE 1991, 333 37 BayObLG WE 1992, 139 38 KG WuM 1994, 41 39 BayObLG ZMR 2002, 527 34 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE werden 40 . Solche Zweifel können insbesondere entstehen, wenn einzelne Wohnungseigentümer die Versammlung vorzeitig verlassen oder wenn Stimmverbote bei einzelnen Beschlussgegenständen bestehen. II. Die zweite Versammlung Ist die erste Versammlung nicht beschlussfähig, ist gemäß § 25 Abs. 4 WEG eine zweite Versammlung einzuberufen. Diese Versammlung ist dann in jedem Fall, unabhängig von der Anzahl der Erschienenen beschlussfähig. Hierauf muss in der Einladung besonders hingewiesen werden. Im übrigen muss die zweite Versammlung dieselbe Tagesordnung wie die erste haben. Nur dann liegt eine echte Wiederholung vor. Ist die Tagesordnung nur in Teilbereichen identisch, gelten die Erleichterungen hinsichtlich der Beschlussfähigkeit nur für die identischen Teile 41 . Im übrigen gelten für die Einberufung der zweiten Versammlung dieselben Voraussetzungen wie für die erste. III. Die sog. Eventualversammlung Die Einberufung der zweiten Versammlung kann erst dann erfolgen, wenn die Beschlussunfähigkeit der ersten Versammlung festgestellt worden ist. Sinn der Eventualversammlung ist es, den Eigentümern im Falle der Beschlussunfähigkeit die Anreise an einem anderen Tag zu einer zweiten Versammlung zu ersparen. Die hilfsweise, für den Fall der Beschlussunfähigkeit ausgesprochene Ladung erfolgt für den selben Tag kurz hinter dem Termin der ersten Versammlung. Die Einberufung einer zweiten Versammlung bereits in der Einladung zur ersten Versammlung für den Fall, dass die erste Versammlung beschlussunfähig sein sollte, ist unzulässig. Denn bei ihr ist die Ladungsfrist von einer Woche nicht eingehalten. Eine solche Einberufung zu einer Eventualversammlung verstößt gegen den Sinn und Zweck der Regelung in § 25 Abs. 4 WEG. Nur mit der neuerlichen Einhaltung der Ladungsfrist erhält der Eigentümer Gelegenheit, eine Teilnahmemöglichkeit an der zweiten Versammlung tatsächlich in Betracht zu ziehen. Wird dennoch eine Eventualversammlung abgehalten, sind die dort gefassten Beschlüsse grundsätzlich anfechtbar. Ein Beschluss, eine Eventualversammlung zuzulassen, ist entgegen der Auffassung des Kammergerichtes Berlin nicht nur anfechtbar 42 , sondern wegen Beschlussunzuständigkeit nichtig. 43 Zulässig ist hingegen eine Eventualversammlung, wenn sie in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen ist oder die Wohnungseigentümer eine entsprechende Vereinbarungen getroffen haben 44 . Der Übergang in die zweite Versammlung ist dann vom Vorsitzenden förmlich festzustellen. 40 BayObLG WE 1990, 140 OLG Frankfurt/M. OLGZ 1983, 29 42 KG NZM 2001, 105 43 LG Mönchengladbach, NZM 2003, 245 44 OLG Köln WE 9/99, 9 41 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE D) Stimmverbote Durch Stimmverbote sollen Interessenkollisionen zum Nachteil der Gemeinschaft vermieden werden. In § 25 Abs. 5 WEG sind drei Fälle geregelt, in denen der Wohnungseigentümer von einem Stimmverbot betroffen ist. Der Wohnungseigentümer ist von der Abstimmung ausgeschlossen, wenn (1.) die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm zur Entscheidung ansteht, wenn (2.) entschieden werden soll, ob ein Rechtsstreit gegen ihn eingeleitet oder beendet werden soll und wenn (3.) das Urteil zur Duldung der Einziehung des Wohneigentums rechtskräftig ist. Das Stimmverbot betrifft grundsätzlich nur Umstände in der Person des jeweiligen Eigentümers. Persönliche Näheverhältnisse, insbesondere verwandtschaftliche Beziehungen zu einer befangenen Person, führen nicht zu einem Stimmverbot. Wirtschaftliche Verflechtungen können jedoch zu einem Stimmverbot führen. 45 I. Die Vornahme eines Rechtsgeschäfts Mit der Vornahme eines Rechtsgeschäfts sind vorrangig der Abschluss von Verträgen, wie Kauf-, Miet- und Pachtverträgen zu verstehen. Erfasst werden auch rechtsgeschäftsähnliche Handlungen wie Mahnungen und Fristsetzungen. Von großer praktischer Relevanz sind Vereinbarungen mit dem Verwalter, die den Verwaltervertrag betreffen. II. Die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits Der Wohnungseigentümer ist ferner nicht stimmberechtigt, wenn der Beschluss die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Eigentümer gegen ihn betrifft. In der Praxis sind dies namentlich Fälle, in denen ein Rechtsstreit gegen den Bauträger, der Miteigentümer ist, wegen Baumängeln eingeleitet werden soll. Unter Rechtsstreit ist auch ein selbständiges Beweisverfahren nach § 485 ZPO zu verstehen. III. Stimmverbot bei Verurteilung nach § 18 WEG Der Wohnungseigentümer, der nach §§ 18, 19 WEG zur Duldung der Entziehung des Wohneigentums rechtskräftig verurteilt ist, hat kein Stimmrecht mehr. IV. Zusammenstellung der Stimmverbote Die nachfolgende Aufstellung gibt einen Überblick darüber, unter welchen Voraussetzungen der Wohnungseigentümer (WE) mit einem Stimmverbot belegt ist. Abstimmung über (Beschlussgegenstand): WE soll als Verwalter bestellt werden 45 46 s.u. FN 51 BGH NZM 2002, 995 www.kanzlei-schultze.de Stimmverbot für WE ja Stimmverbot für WE nein X 46 SCHULTZE RECHTSANWÄLTE Abberufung des WE als Verwalter aus wichtigem Grund 47 Abberufung des WE als Verwalter Kündigung Verwaltervertrag und Abberufung in einem Beschluss Beschluss über Abschluss Verwaltervertrag mit WE Erhöhung Verwaltervergütung bei wirtschaftlicher Verbindung mit Verwalter Kündigung Verwaltervertrag mit WE Kündigung Verwaltervertrag mit Nicht-WE Entlastung des WE als Verwalter Entlastung des WE als Verwaltungsbeirat Abschluss eines Vertrags mit WE Erteilung Mandat an Anwalt, der Sozius von WE ist Bauliche Änderung kommt fast ausschließlich einem WE zugute Einleitung Rechtsstreit gegen WE Erledigung Rechtsstreit gegen WE X 48 X 49 X 50 X 51 X 52 X 53 X 54 X 55 X 56 X 57 X 58 X 59 X 60 X 61 Stimmverbote schließen den Wohnungseigentümer nicht vom Rede-, Teilnahme- und Antragsrecht aus. V. Stimmverbot und Vertretung Die Bevollmächtigung zur Vertretung eines Wohnungseigentümers in der Versammlung bedarf keiner bestimmten Form, wenn in der Gemeinschaftsordnung nichts anderes vorgeschrieben ist. Aufgrund der Zurückweisungsmöglichkeit einseitiger Willenserklärungen wie sie Stimmabgaben darstellen (§ 174 BGB), ist die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht im Original empfehlenswert. Ein Telefax oder Kopie, z.B. eines Verwaltervertrags mit Vollmacht reichen also nicht, um dem Formerfordernis zu genügen. Erscheinen mehrere Personen mit Vollmachten für denselben Eigentümer, richtet sich die Bevollmächtigung nach der jüngeren Vollmacht. 47 Ob ein wichtiger Grund vorliegt hat der Versammlungsleiter bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses vorläufig zu entscheiden. Abschließend entscheidet dies dann ggf. das Gericht. 48 BGH NZM 2002, 995, OLG Düss. NZM 2001, 992 49 BGH NZM 2002, 995 50 BGH NZM 2002, 995 51 KG NJW-RR 1986,642 52 KG NJW-RR 1986, 642 53 OLG Düsseldorf NZM 1999, 285 54 Das gilt für den WE, der wirtschaftlich so eng mit Verwalter verbunden ist, dass Interessenidentität vorliegt, OLG Düss. NZM 1999, 285 55 OLG Zweibrücken NJW-RR 2002, 735; BayObLG WE 1989, 64 56 OLG Zweibrücken NJW-RR 2002, 735 57 § 25 Abs. 5 WEG 58 BayObLGZ 1994, 339 59 BayObLGZ 2003, 254 60 § 25 Abs. 5 WEG 61 § 25 Abs. 5 WEG www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE Betrifft eines der Stimmverbote den Wohnungseigentümer, der sich in der Versammlung vertreten lassen will, kann er keinen anderen zur Ausübung seines Stimmrechts bevollmächtigen. Er kann keine Rechtsmacht zur Ausübung übertragen, die er selbst nicht hat. Betrifft das Stimmverbot den Vertreter des Eigentümers, ist er nicht befugt, die Vertretung auszuüben. Der vom Stimmverbot Betroffene soll wegen seiner privaten Sonderinteressen nicht auf die Beschlussfassung einwirken, wobei es unerheblich ist, ob die Einwirkung im eigenen Namen oder im fremden Namen erfolgt. Zusammenfassend gibt die nachfolgende Tabelle einen Überblick: Vollmachtgeber Bevollmächtigter trifft als WE* Stimmverbot trifft als WE Stimmverbot * WE=Wohneigentümer Kann der Bevollmächtigte mit abstimmen? kein Nein,str. 62 trifft als WE Stimmverbot kein trifft als WE Stimmverbot Nein 63 Entsprechendes gilt, wenn der Vertreter nicht ein Wohnungseigentümer, sondern ein Dritter ist. Einem Stimmverbot unterliegt deshalb auch der von einem Wohnungseigentümer bevollmächtigte Verwalter, wenn etwa ein Beschluss über seine Entlastung gefasst werden soll 64 . Der bevollmächtigte Vertreter kann jedoch einem Wohnungseigentümer Untervollmacht erteilen, wenn dies dem Willen des Hauptvollmachtgebers entspricht und der Vertreter die Untervollmacht nicht mit Weisungen für die Abstimmung verbunden hat, um das Stimmverbot zu umgehen 65 . VI. Stimmverbot und Mitberechtigung Gehört ein Wohnungseigentum mehreren Personen gemeinschaftlich, können diese ihr Stimmrecht gemäß § 25 Abs. 2 S.2 WEG nur einheitlich ausüben. 66 Die Rechtslage ist vergleichbar mit der gemeinsamen Abstimmung über Beschlussgegenstände mit Stimmverbot und solchen ohne Stimmverbot. Hier wird ein einheitliches Stimmverbot für den Beschluss generiert 67 . Die Einheitlichkeit des Stimmrechts begründet sonach auch hier ein einheitliches Stimmverbot, auch wenn nur einer der Gemeinschaftseigentümer betroffen ist. 68 VII. Rechtsfolgen des Stimmverbots Ein Wohnungseigentümer, der von einem Stimmverbot betroffen ist, darf bei der betreffenden Beschlussfassung nicht mitstimmen. Gibt er dennoch eine Stimme ab, ist diese unwirksam und darf vom Versammlungsleiter bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses nicht 62 Stimmverbot: OLG Frankfurt/M OLGZ 1983,175; OLG Düsseldorf NZM 1999, 285; KG WE 1989, 134; Kein Stimmverbot, wenn keine Weisung über Abstimmverhalten erteilt wird: OLG Zweibrücken NZM 1998, 671 63 BayObLG Rpfleger 1979, 64; KG NJW-RR 1989,144; OLG Düss. NZM 2001, 992 64 KG WE 1989, 134 65 BayObLG WE 1999, 29 66 Gleiches gilt für die Anfechtung eines Beschlusses, BayObLGZ 1990, 260 67 OLG Zweibrücken NJW-RR 2002, 735 68 BayObLGZ 1992, 288 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE berücksichtigt werden 69 . Wird die Stimme zu Unrecht mitgezählt, kann der Beschluss angefochten werden. Er ist aber nur dann für ungültig zu erklären, wenn sich die Stimmabgabe auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat. 70 E) Die Abstimmung I. Formulierter Beschlussantrag Zur Abstimmung ist ein bestimmter, formulierter Beschluss zu stellen. Leider ist immer noch festzustellen, dass über eine bestimmte Verfahrensweise diskutiert und anschließend über den allgemeinen Konsens abgestimmt wird. Die Formulierung nimmt dann der Verwalter nach der Versammlung im Protokoll vor. Diese Verfahrensweise ist unzulässig. Sie birgt auch die Gefahr in sich, dass der Beschluss wegen Unbestimmtheit erfolgreich angefochten wird. 71 Der Beschlussantrag sollte daher möglichst konkret und genau formuliert werden. Wird hierin auf ein Ereignis oder einen Gegenstand Bezug genommen, muss die Bezeichnung so genau sein, dass nachträglich eine Bestimmung möglich ist. 72 Eine Erleichterung wird von der Rechtsprechung hinsichtlich Abrechnung und Wirtschaftsplan dahingehend zugebilligt, als dass hier eine (eindeutige) Bezugnahme zulässig ist, ohne dass Teile des Zahlenwerks in den Beschlussantrag aufzunehmen sind. 73 II. Mehrheitserfordernisse Auch im WEG-Recht werden verschiedene Mehrheiten unterschieden. Bei der Stimmauszählung werden nur die (zustimmenden, ablehnenden) Stimmabgaben berücksichtigt. Stimmen von Eigentümern, die sich der Stimme enthalten, werden nicht mitgezählt. 74 Ferner werden Stimmen von abstimmenden Eigentümern, die mit einem Stimmverbot belegt sind, nicht mitgezählt. Das gilt auch, wenn sie sich dennoch an der Abstimmung beteiligen. Das WEG geht, wenn es sich um Beschlussfassungen handelt, grundsätzlich von einer sogenannten einfachen Mehrheit aus, § 25 Abs. 1 WEG. Diese liegt vor, wenn es bei der Auszählung mehr Ja- als Nein-Stimmen gibt. Gibt es ein pari, also gleich viel Ja- wie Neinstimmen, ist der Antrag abgelehnt. Neben dieser einfachen Mehrheit sind qualifizierte Mehrheiten zu beachten. Eine qualifizierte Mehrheit liegt vor, wenn eine Zustimmung von mehr als der Hälfte der Abstimmenden nicht für die Annahme des Antrags ausreicht. Es sind verschiedene Formen einer qualifizierten Mehrheit regelbar. So kann mehr als die Hälfte der Stimmen aller Mitglieder der Eigentümergemeinschaft für einen angenommenen Beschlussantrag notwendig sein. Eine schwach besuchte bzw. vertretene Versammlung kann aufgrund dieser Erschwerung einen Beschluss also gar nicht fassen, auch wenn die Anwesenden ganz überwiegend sich hierfür aussprechen. 69 BGH NZM 2002, 992 OLG Düss. WuM 1999, 181 71 KG OLGZ 1982, 306; BayObLG WuM 1993, 707 72 BayObLG WuM 1993,707 73 BayObLG NZM 2000, 683 74 BGH NJW 1989, 1090 70 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE Eine weitere qualifizierte Mehrheit ist die Einstimmigkeit. Solche oder andere qualifizierte Mehrheiten können in der Gemeinschaftsordnung als Erfordernis für die Annahme eines Beschlussantrages vereinbart sein. Im Rahmen der Vorbereitung einer Eigentümerversammlung sind diese Abstimmungsregelungen daher stets zu prüfen. III. Der Beschluss mit einfacher Mehrheit Der Beschluss mit einfacher Mehrheit ist an zahlreichen Stellen im WEG geregelt. Folgende Beschlussgegenstände können mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. - Angelegenheiten der ordnungsgemäßen Verwaltung nach § 21 Abs. 3, 5 WEG sind u.a.: - 75 die Aufstellung einer Hausordnung die Instandsetzung und Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Abschluss eines Vergleichs wegen Mängel mit dem Bauträger 75 der Abschluss von Feuer- und Haftpflichtversicherung die Bildung von Rückstellungen für künftige Instandhaltungen die Aufstellung eines Wirtschaftsplanes (§ 28) die Verpflichtung zur Duldung von Maßnahmen zur Herstellung von Telefon-, Fernseh- und Energieversorgungsanschlüssen - die Bestimmung über den Versammlungsvorsitzenden nach § 24 Abs. 5 WEG, - die Bestellung und Abberufung des Verwalters nach § 26 Abs. 1 WEG, - die Ermächtigung des Verwalters zur außergerichtlichen bzw. gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen nach § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG, - das Verlangen nach Rechnungslegung, § 28 Abs. 4 WEG, - Beschlüsse über Wirtschaftsplan, Abrechnung und Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 5 WEG - sowie der Beschluss über die Bestellung eines Verwaltungsbeirates nach § 29 Abs. 1 WEG. - Nutzungsregelungen nach § 15 WEG, sofern nicht einzelnen oder mehreren Eigentümern die Benutzung unter Ausschluss anderer Eigentümer zugewiesen wird. BayObLG, NZM 2000, 344 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE IV. Beschlussgegenstände mit qualifizierter Mehrheit 1. Mitgliedermehrheit Das WEG normiert in § 18 WEG eine qualifizierte Mehrheit 76 . Zur Entziehung des Wohneigentums müssen nicht nur mehr als 50% der anwesenden Eigentümer, sondern mehr als 50% der Mitglieder der Gemeinschaft votieren. 2. Einstimmige Beschlüsse und Vereinbarungen Die Abgrenzung zwischen Beschluss und Vereinbarung kann schwer werden, wenn an dem einstimmigen Beschluss alle Eigentümer mitgewirkt haben oder mitwirken mussten. Soll ein Beschluss z.B. im schriftlichen Verfahren gefasst werden (Umlaufbeschluss), ist gemäß § 23 Abs. 3 WEG die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Vielfach wird daher zur Unterscheidung hier der Begriff der „Allstimmigkeit“ verwendet. Zur weiteren Unterscheidung zwischen Beschluss und Vereinbarung ist auch nach dem Inhalt zu differenzieren. Wollen die Eigentümer das Grundverhältnis zueinander abweichend von der Gemeinschaftsordnung oder dem Gesetz regeln, liegt eine Vereinbarung vor. Der Beschluss stellt eine Einzelentscheidung dar, wie verfahren werden soll. Wird insoweit die Gemeinschaftsordnung verändert, bedarf diese Veränderung zu ihrer Wirksamkeit keiner besonderen Form. Die Änderung gilt jedoch nur dann auch für Rechtsnachfolger jedes Wohnungseigentümers, etwa nach einem Verkauf, wenn die Änderung im Grundbuch eingetragen ist. Erforderlich hierfür ist, dass alle Eigentümer die Vereinbarung unterzeichnen und die Unterschriften notariell beglaubigt werden ( § 29 GBO) V. Feststellung des Beschlussergebnisses Der Versammlungsleiter hat bei der Abstimmung die Anzahl der Ja- und der Nein-Stimmen sowie die der Enthaltungen zu ermitteln. Dabei darf die sogenannte Subtraktionsmethode angewandt werden. D.h. aus den ersten beiden Abstimmungsfragen ergibt sich bei Kenntnis der Anzahl der Anwesenden durch Subtraktion der bis dahin abgegebenen Stimmen das Reststimmverhalten 77 . Sind also z.B. 100 stimmberechtigte Eigentümer anwesend und stimmen 54 für den Antrag und 26 gegen den Antrag, ergibt sich nach der Subtraktionsmethode, dass sich 20 der Stimme enthalten haben. Der Versammlungsleiter muss also nicht auch diese Eigentümer zur Abgabe eines Handzeichens auffordern, sondern kann deren Anzahl mathematisch ermitteln. Teilnehmer, die einem Stimmverbot unterliegen, haben keine Stimme. Sie können sich auch nicht enthalten. Stimmen sie dennoch ab, ist die Stimme nicht zu werten. 78 Gleiches gilt für Stimmen, die wegen des Versuchs der Majorisierung unwirksam sind. 79 76 KG Beschluß vom 2.2.96, 24 W 3552/95 BGH NZM 2002, 992 78 BGH NZM 2002, 992 79 BGH NZM 2002, 992 77 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE Wie die Stimmen zu zählen sind ergibt sich nach dem Stimmprinzip. Das Gesetz geht vom Kopfprinzip aus, § 25 Abs. 2 S. 1 WEG. Danach hat jeder Wohneigentümer unabhängig von der Anzahl der Miteigentumsanteile oder der Anzahl der Wohnungen eine Stimme. Andere Stimmprinzipien können in der Gemeinschaftsordnung formuliert sein. Nach dem Wertprinzip wird jede Stimme in Höhe der jeweiligen Miteigentumsanteile gewichtet. Es werden als die Miteigentumsanteile, die für bzw. die gegen den Beschluss gestimmt haben gezählt. Beim Objektprinzip wiederum vermittelt jede Wohnung eine Stimme. Unter Beachtung der erforderlichen Mehrheit ist anschließend das Beschlussergebnis festzustellen. Die Feststellung legt verbindlich und konstitutiv das Abstimmungsergebnis fest. Geht der Versammlungsleiter z.B. bei einem pari-Abstimmungsergebnis fälschlicherweise von einer Beschlussannahme aus, so gilt der Beschluss als gefasst. Er ist aber anfechtbar 80 . VI. Anfechtbare und nichtige Beschlüsse Grundsätzlich sind alle Beschlüsse innerhalb der normierten Anfechtungsfrist von einem Monat (nicht nur 4 Wochen!) ab Beschlussfassung anfechtbar. Erfolgreich ist die Anfechtung, wenn der Beschluss rechtswidrig zustande kam. Rechtswidrige Beschlüsse nennt man auch „Zitterbeschlüsse“. Die Eigentümer müssen einen Monat bis zur Bestandskraft des Beschlusses bangen und „zittern“, dass keine (erfolgreiche) gerichtliche Anfechtung erfolgt. Erfolgt sie nicht, ist der Beschluss danach bestandskräftig. Die Anfechtungsfrist beginnt indessen erst gar nicht zu laufen, wenn ein nichtiger Beschluss gefasst wurde. Nichtige Beschlüsse sind rechtlich nicht existent. Sie müssen nicht beachtet werden und lösen daher auch keine Anfechtungsfrist aus. Den Streit um die Nichtigkeit eines Beschlusses kann man freilich nur über eine gerichtlich verbindliche Entscheidung klären. Die sogenannte Zitterbeschlussentscheidung des BGH 81 hat an dieser grundsätzlichen Dualität von nur befristet angreifbaren Beschlüssen und dauerhaft nichtigen Beschlüssen nichts geändert. Er hat nur die Grenzen der nichtigen Beschlüsse ausgeweitet. Nichtig sind demnach alle Beschlüsse, zu denen der Eigentümergemeinschaft die absolute Beschlusskompetenz fehlt. Diese fehlt nach den Feststellungen des Gerichts für die Einräumung von Sondernutzungsrechten für einen Eigentümer. Der BGH stellte fest, dass hierfür eine Vereinbarung der Eigentümer notwendig sei. Dabei unterlies er es, allgemeingültig zu formulieren, bei welchen Gegenständen ebenfalls eine absolute Beschlusskompetenz fehle. Um der Entscheidung Konturen zu verleihen, wurde aber bestimmt, welche Beschlussgegenstände jedenfalls keine nichtigen, sondern bestenfalls anfechtbare Beschlüsse nach sich ziehen können. Dies sind: 80 81 Gebrauchsregelungen nach § 15 WEG Beschlüsse hinsichtlich der baulichen Veränderung nach § 22 WEG BGH, NZM 2001, 961; OLG Düss. NZM 2002, 527 BGH NZM 2000, 1184 = WE 1/2001 www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE - Gegenstände der ordnungsgemäßen Verwaltung. Dies sind nach § 21 V WEG insbesondere: - die Aufstellung einer Hausordnung - die Instandsetzung und Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums - der Abschluss von Feuer- und Haftpflichtversicherung - die Bildung von Rückstellungen für künftige Instandhaltungen - die Aufstellung eines Wirtschaftsplanes (§ 28) - die Verpflichtung zur Duldung von Maßnahmen zur Herstellung von Telefon- Fernseh- und Energieversorgungsanschlüssen - - Ferner die Gegenstände, für die nach dem WEG ausdrücklich der Beschluss als Entscheidungsform vorgesehen sind. Dies sind insbesondere Beschlüsse über: - Entziehung des Wohneigentums, § 18 WEG - die Bestimmung über den Versammlungsvorsitzenden nach § 24 Abs. 5 WEG, - die Bestellung und Abberufung des Verwalters nach § 26 Abs. 1 WEG, - die Ermächtigung des Verwalters zur außergerichtlichen bzw. gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen nach § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG, - das Verlangen nach Rechnungslegung, § 28 Abs. 4 WEG, - Wirtschaftsplan, Abrechnung und Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 5 WEG - sowie über die Bestellung eines Verwaltungsbeirates nach § 29 Abs. 1 WEG. Schließlich stellt der BGH fest, dass auch für solche Gegenstände ein Beschluss zulässig ist, in denen zwar nach dem Gesetz eine Vereinbarung vorgeschrieben ist, eine besondere Vereinbarung der Eigentümer aber ausdrücklich einen Beschluss zulässt. VII. Die Majorisierung Als weiterer Problemfall bei Anstimmungen tritt die sogenannte Majorisierung in Erscheinung. Als Majorisierung wird der Fall bezeichnet, dass ein Wohnungseigentümer sein Stimmübergewicht dazu missbraucht, einen ihm genehmen Beschluss herbeizuführen. Beschlüsse, die unter Missbrauch der Stimmgewalt zustande kommen, sind anfechtbar. www.kanzlei-schultze.de SCHULTZE RECHTSANWÄLTE Grundsätzlich steht es dem sogenannten Mehrheitseigentümer frei zu entscheiden, ob und wie er von seinem Stimmrecht Gebrauch macht. Sofern der Beschluss den Mehrheitseigentümer selbst betrifft, ist dieser in den meisten Fällen von einem Stimmverbot betroffen und daher nicht stimmberechtigt. Stimmberechtigt ist der Mehrheitseigentümer aber bei der Verwalterwahl und zwar unabhängig davon, ob er selbst oder ein von ihm favorisierter Kandidat zur Wahl steht. Die Problematik der Majorisierung entsteht in der Praxis nahezu ausschließlich bei der Verwalterwahl. Eine Majorisierung ist erst anzunehmen, wenn neben dem Stimmübergewicht weitere, besondere Umstände hinzutreten, die die Vorgehensweise als missbräuchlich erscheinen lassen. Solche Umstände können insbesondere in der fehlenden persönlichen und fachlichen Eignung des Kandidaten liegen. Gleiches gilt, wenn der Mehrheitseigentümer erst in der Versammlung einen Kandidaten vorschlägt, so dass die anderen Eigentümer keine Möglichkeit haben, sich von diesem ein Bild zu machen. Auch ein Fall der Majorisierung kann es darstellen, wenn anderweitig mit Hilfe des Stimmübergewichts gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstoßen wird 82 . Das Stimmrecht eines Mehrheitseigentümers, der immer wieder versucht, seine Stimmgewalt zu missbrauchen, kann für die Zukunft beschränkt werden. 83 82 83 KG NJW-RR 1987, 268; BayObLGZ 1986, 10; OLG Karlsruhe WuM 1988, 325 OLG Düsseldorf OLGZ 1984, 289 www.kanzlei-schultze.de