ZwEISTuFIgE TuRBOauFLaDung – KOnZEpT FüR

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ZwEISTuFIgE TuRBOauFLaDung – KOnZEpT FüR
forschung Aufladung
Zweistufige Turboaufladung – Konzept
für hochaufgeladene Ottomotoren
Das Downsizing von Ottomotoren zur Reduktion der CO2-Emissionen hat sich am Markt als Trend
etabliert. Dieser Trend wurde möglich gemacht durch die Entwicklung der Direkteinspritzung bis
zur Serienreife und die damit einhergehenden neuen Freiheitsgrade bezüglich Einspritztiming und
Ladungs­wechselsteuerung am aufgeladenen Motor. Im Rahmen aktueller Entwicklungszyklen werden
daher Konzepte für deutlich Hubraum reduzierte Motoren als Ersatz für bisherige Baureihen von der
FEV diskutiert.
a u tore n
Dr.-Ing. Philipp Adomeit
ist Fachleiter Innovation
und Thermodynamik bei
der FEV Motorentechnik
GmbH in Aachen.
Dipl.-Ing. Andreas Sehr
ist Abteilungsleiter
Ottomotoren bei der FEV
Motorentechnik GmbH
in Aachen.
M. Sc. Sandra Glück
ist Wissenschaftliche
Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen an der
RWTH Aachen.
Dipl.-Ing.
Stefan Wedowski
ist Fachkoordinator
Aufladung bei der FEV
Motorentechnik GmbH
in Aachen.
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1 Einleitung
2 Zielsetzung und Motivation der Zweistufigkeit
3 Rechnerische Auslegung der Aufladegruppe
4 Adaption Brennverfahren
5 Ergebnisse Bennverfahren
6 Package
7 Ergebnisse Transientverhalten
8 Zusammenfassung
1 Einleitung
Um auch die bisherigen großvolumigen Motoren mit sechs Zylindern durch entsprechend kleinere Vierzylindermotoren zu ersetzen, sind hohe spezifische Leistungen von über 100 kW/l sowie
ein diesen Komfortantrieben entsprechendes Transientverhalten
mit fülligen dynamischen Drehmomentkurven zu realisieren. Bei
kleineren Basismotoren kann eine sehr hohe spezifische Leistung
zur Darstellung einer Hochleistungsvariante genutzt werden; dies
trägt über die Konzentration auf wenige Grundmotoren im Portfolio zur Reduktion der Kosten und des Entwicklungsaufwands bei.
Zur Erreichung dieser spezifischen Leistung sind hohe, über heutige Werte hinausgehende Aufladegrade erforderlich.
Bei der Entwicklung derartig „hochaufgeladener“ Ottomotoren
begegnet man neuen Herausforderungen. Im vorliegenden Beitrag
werden der Einsatz der hierzu nötigen Werkzeuge sowie die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie diskutiert.
2 Zielsetzung und Motivation der Zweistufigkeit
Ausgangspunkt der Studie war die Zielvorgabe, mit einem aufgeladenen 1,8-l-Motor 120 kW/l zu erreichen und ein entsprechend
hohes Nennmoment zwischen 1500 und 5500/min zu realisieren,
wie in ❶ im Vergleich zum Streuband aufgeladener Motoren dargestellt.
Im rechten Teildiagramm des Bildes sind die Auswirkungen dieser Steigerung des Mitteldrucks anhand eines typischen Verdichterkennfelds veranschaulicht. Die typischen Volllast-Betriebspunkte
eines Motors mit etwa 90 kW/l nutzen das Kennfeld nahezu vollständig aus. Im unteren Drehzahlbereich nähern sich die stationären
Betriebspunkte üblicherweise relativ stark an die durch Pumpen verursachte linke Kennfeldgrenze. Im Bereich der Nennleistung sind
gute Wirkungsgrade darzustellen sowie ausreichend Höhen- und
­Regelreserve zur maximal möglichen Laderdrehzahl einzuhalten.
Werden nun 120 kW/l bei weiterhin akzeptablem Low-End-Torque
gefordert, angedeutet durch die beiden offenen Kreise, so wird der
Betriebsbereich heutiger, in Großserie verfügbarer Radialverdichter
verlassen. Auch wenn durch zusätzliche Maßnahmen die Verdichterauslegung bezüglich Kennfeldbreite hin optimiert wird, geht ­dies
stark zu Lasten des Wirkungsgrads, und der nötige große Turbo­lader
zur Darstellung des maximalen Durchsatzes verhindert ein befriedigendes Transientverhalten des Motors.
Auch turbinenseitig ist die Darstellung der nötigen Leistung im
unteren Drehzahlbereich bei gleichzeitig hinnehmbarem Abgasgegendruck im Nennleistungsbereich nicht realisierbar.
Daher muss ein aus zwei Aufladeaggregaten bestehendes System gewählt werden. In ❷ sind die in Frage kommenden Auflade05I2010
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systeme im Hinblick auf die wesentlichen Kriterien, darstellbare
Leistung, dynamisches Transientverhalten und allgemeiner Pack­
age sowie Konstruktionsaufwand bewertet.
Die Referenz bildet ein Festgeometrie-Turbolader mit Wastegate
zur Regelung der Turbinenleistung, der bei geringem Aufwand die
heute üblichen Volllastanforderungen erfüllt. Im nächsten Schritt
sind hier mit „optimiert“ bezeichnete einstufige Lader einsetzbar,
die bei Steigerung der Performance, aber auch des nötigen Aufwands, noch Verbesserungspotenzial bieten, jedoch aus den oben
genannten Gründen limitiert sind. Darüber dargestellt sind hybride Aufladesysteme, die entweder durch mechanisch oder auch
elektrisch angetriebene Verdichter, bei denen es sich um Verdrängungs- und Strömungsmaschinen handeln kann, den Aufladebereich erweitern. Beide Prinzipien bieten transient dynamisches Potenzial und erlauben damit eine leistungsorientierte Auslegung des
Turboladers, wobei ein frei platzierbarer, elektrisch angetriebener
Verdichter Vorteile hinsichtlich Package gegenüber dem an den
Motor-Riementrieb gebundenen mechanischen Verdichter aufweist.
Der sogenannte eBooster ist allerdings hinsichtlich Wiederholbarkeit der Zusatzaufladung limitiert durch die Leistungsfähigkeit des
elektrischen Systems eines Fahrzeugs. Hybride Aufladesysteme
mit mechanischem Verdichter sind aus Studien bekannt [1] und
haben den Weg in die Großserie gefunden [2], allerdings ist die
Nutzung des Kompressors auf niedrige Drehzahlen beschränkt,
und eine echte zweistufige Aufladung im Nennleistungsbereich
scheint auch mit Blick auf den Verbrauch nicht sinnvoll.
Die zweistufige Abgasturboaufladung, die bereits bei Dieselmotoren in Großserie verfügbar ist, stellt somit eine vielversprechende
Alternative dar.
Sie bietet hohes Potenzial zur Zielerfüllung. Als hauptsächliche
Herausforderungen ergeben sich die Auslegung der Aufladegruppe, die Beherrschung des Prozessverlaufes bei hohen Ladedrücken
sowie die Darstellung eines befriedigenden Transientverhaltens bei
packagegerechter Umsetzung.
Daher sollte dieses Konzept im Rahmen einer Machbarkeitsstudie näher untersucht werden.
3 Rechnerische Auslegung der Aufladegruppe
Zur rechnerischen Auslegung wurde die eindimensionale Ladungswechselsimulation mit Hilfe des kommerziellen Programms GTPower eingesetzt, wobei als Basis ein gut abgeglichenes Modell
des FEV eigenen 1,8-l-Basismotors mit zentraler Direkteinspritzung dienen konnte.
❶Ziel-Volllastkurven und Limitierung der einstufigen Turboaufladung
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forschung Aufladung
durch geringen Abgasgegendruck den Kraftstoffverbrauch positiv zu
beeinflussen. Aus der hierzu notwendigen Größe der Räder resultiert
das erkennbare verzögerte Ansprechen.
Als Regelkonzept wurde das von Dieselmotoren bekannte Prinzip
übernommen, welches eine komplette, verdichter- und turbinenseitige Bypassierung der Hochdruckstufe sowie die Regelung der Niederdruckturbine mit einem Wastegate vorsieht. Der Hochdruck-Turbinenbypass ist hierbei als Ladedruckregelklappe ausgeführt, der
Bypass des Hochdruck-Verdichters wird aktiv aktuiert und die Ansteuerung ist Teil des Regelungskonzepts. Jedoch ist eine reine Offen-/Geschlossen-Umschaltung vorgesehen.
❷Bewertung von Aufladesystemen
4 Adaption Brennverfahren
Im Fokus der Auslegung stand die Auswahl der beiden Turbolader.
Es wurden für beide Stufen unterschiedliche Raddurchmesser und Gehäusevarianten sowie verschiedene Regelungskonzepte untersucht. Außerdem bestand die Forderung, derzeit auf dem freien
Markt verfügbare Turbolader zu verwenden.
Als Ergebnis der Aus­legungsphase wurden
zwei geeignete Turbolader definiert, die den
nötigen Ladedruck darstellen sowie ein gutes
Übergangsverhalten zwischen den Stufen ermöglichen, wie die in ❸ gezeigten Verläufe
der Betriebskennlinien in den Verdichterkennfeldern zeigen.
Es ist zu erkennen, dass die zunächst ungünstig erscheinende Lage der stationären
Betriebspunkte im Hochdruckverdichter im
transienten Betrieb relativiert wird. Die
Trägheit des großen Laders führt dazu, dass
bei der Beschleunigung der Hochdruck-Turbolader einen größeren Teil der Verdichtungsarbeit übernimmt; entsprechend weitet sich der Betriebsbereich des Hochdruckverdichters zu höheren Druckverhältnissen
und Durchsätzen hin aus. Hierbei arbeitet
der Verdichter auch im Bereich des optimalen Wirkungsgrads.
Der Niederdruck-Turbolader wurde im Wesentlichen im Hinblick auf den Betrieb im Nennleistungsbereich bestimmt, das heißt, es werden gute Wirkungsgrade angestrebt, um
Zur Darstellung der hohen spezifischen Leistung mit hohem Aufladegrad ist eine Anpassung des Brennverfahrens notwendig. Das hier verfolgte Konzept zielt auf eine erhöhte Ladungsbewegungsinten­sität mit
gleichzeitig hohem Homogenisierungsgrad
ab, um eine schnellere Verbrennung zur Verbesserung der Klopffestigkeit und ­eine Vermeidung irregulärer Verbrennung zu erreichen. Die Brennraumströmungs- und Einlasskanalentwicklung erfolgt mit dem CMDProzess [3]. Dabei werden, bei einem flankierend im Vorfeld fest­gelegten Verdichtungsverhältnis von 8,5 drei Kanalvarianten
mit CAD-CFD-Verfahren ausgelegt und bewertet: Im Einzelnen die Grundgeometrie
des Basiseinlasskanals (Base), eine Version
mit mittlerem Tumble (MTP) und eine Version mit hohem Tumble (HTP). In ❹ wird
die mit CFD berechnete Brennraumströmung am Ende der Ansaugphase für diese
drei Varianten verglichen. Hierbei zeigt die
Basiseinlasskanalgeometrie bis zu diesem
Zeitpunkt keine Entwicklung einer Tumblebewegung, was sich unter anderem am Fehlen eines Tumblezentrum manifestiert. Im
Vergleich dazu lässt sich bei der MTP-Variante ein sich ausbildender Tumble erkennen, der auslassseitig über der Kolbenmulde aufwärts strömt. Einen nochmals deutlich stärkeren Tumble liefert die HTP-Variante. Hier zeigt das Strömungsfeld eine ausgeprägte Tumbleaufwärtsströmung und ein Tumb-
❸Turbolader Betriebslinien
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❺Optische Diagnostik von Einspritzung und Gemischbildung auf dem ­
FloTec-Prüfstand
tragene Kraftstoff in die Brennraummitte transportiert und dort
verdampft. Unzureichende Gemischzustände wie eine wandnahe
Konzentrationsüberhöhung lassen sich hier nicht detektieren.
5 Ergebnisse Brennverfahren
❹Brennraumströmung und CMD-Vorhersage von Brennverzug und Brenndauer
von 5 bis 50 % Umsatz
lezentrum mittig über der Kolbenmulde. Diese Variante wurde somit
für die weiteren Arbeiten definiert. Eine Auswertung der Strömung am
Kompressionsende im Hinblick auf die Konvektions- und Turbulenzcharakteristik ermöglicht eine Vorhersage von Brennverzug und Brenndauer auf Basis spezifischer Kennzahlbeziehungen. Dieser Ansatz wird
hier eingesetzt, um die Kanalvarianten hinsichtlich ihrer Brenneigenschaften bei den speziellen thermodynamischen Zuständen der Hochaufladung zu bewerten. Die in ④ dargestellten Ergebnisse zeigen, dass
bei Erhöhung der Tumbleintensität eine niedrigere Brenndauer vorhergesagt wird. Gleichzeitig wird auch der Brennverzug speziell bei niedrigen und mittleren Drehzahlen deutlich reduziert.
Eine adäquate Gemischbildung ist eine weitere Herausforderung
der Hochaufladung, da infolge der hohen Aufladegrade und Einspritzmengen die Spray-Strömungsinteraktion deutlich beeinflusst
wird. Zur Untersuchung verschiedener Kombinationen von Einlasskanal und Injektor wird das FloTec-System eingesetzt. Dabei handelt sich um einen optischen Schleppmotor, der mit einer metallischen Flowbox betrieben werden kann und einen guten optischen
Zugang durch Verwendung einer Glaslaufbuchse bietet. Damit
­werden Strömungs- und Gemischbildungsuntersuchungen mittels
PIV-, Streulicht- und LIF-Diagnostik möglich, ohne dass ein zeitund kostenaufwändiger Aufbau eines Transparentmotors notwendig wird. ❺ zeigt den FloTec-Aufbau und eine Sequenz des mit
Hochgeschwindigkeitsstreulichtaufnahmen analysierten Einspritzvorgangs bei einer niedrigen Drehzahl von 1500/min. Durch die
Tumblebewegung wird der anfänglich in die Kolbenmulde einge-
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Anhand von Prüfstandsversuchen sowie einer ersten Prototypenapplikation wurde die grundsätzliche Umsetzbarkeit des Konzepts gezeigt. Speziell die angestrebten Zielwerte bei 1500 bis
2000/min konnten ohne das Auftreten irregulärer Verbrennungsphänomene dargestellt werden. Zur Charakterisierung des Brennverhaltens ist in ❻ exemplarisch die Lage des maximalen Verbrennungsdruckes über dem Verdichtungsenddruck, zurückgerechnet
aus Verdichtungsverhältnis und Zylinderfüllung, dargestellt.
Im linken Teil des Graphen ist ein von Saugmotoren und Turbomotoren mit Saugrohreinspritzung, also ohne spülenden Ladungswechsel, gebildetes Streuband dargestellt. In diesem Streuband
sind die mit hochoktanigen Kraftstoffen betriebenen Motoren am
rechten Rand wiederzufinden. Die neueren Turbomotoren, bei denen in diesem Drehzahlbereich das Restgas durch entsprechende
Ventilüberschneidung ausgespült und damit die Klopfneigung reduziert wird, sind als separater Bereich ausgewiesen. Hier finden
sich sowohl der einstufig aufgeladene SGT-Basismotor als auch
der mit GT² bezeichnete, zweistufig aufgeladene Motor der Konzeptstudie am Rand dieses Bereichs.
Die Tatsache, dass beide Motoren auf einer Trade-Off-Linie liegen, zeigt, dass die relative Klopffestigkeit, das heißt, die Lage der
Verbrennung im Verhältnis zum Aufladegrad bei beiden Motoren
eine vergleichbare Qualität hat. Somit haben die oben beschriebenen Maßnahmen einer relativen Verstärkung der Klopfneigung
durch höhere Aufladung entgegenwirken können. Trotzdem zeigt
sich hier weiteres Verbesserungspotenzial, da die absolute Lage
der Verbrennung in Hinblick auf Abgastemperatur und auch Wirkungsgrad natürlich in Richtung des optimalen Bereichs zu entwickeln ist. Bezüglich der Umsetzbarkeit des Konzeptes kann der
erreichte Stand jedoch als positiv bewertet werden, da noch wei-
T L Engineering GmbH, Schönaustr. 11, 65201 Wiesbaden
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Die Konstruktion ❼ zeichnet sich durch einen sehr kompakt bauenden Abgaskrümmer aus, der direkt an die Turbine der Hochdruckstufe geflanscht ist. Im Gehäuse der Turbine ist der Bypass integriert,
der bedarfsgerecht aktuiert wird und den direkten Weg auf die in diesem Fall oben liegende Niederdruckturbine freigibt. Wie im rechten
Teilbild zu sehen, konnte die komplette Aufladeeinheit ohne tiefgreifende Eingriffe in den Fahrzeugvorbau eines Mittelklasse-Pkw (Ford
Focus) integriert werden, und nimmt hierbei kaum mehr Platz ein als
die ursprüngliche Krümmer-Turboladereinheit. Durch diesen vorläufigen Konstruktionsstand der Studie konnte die Machbarkeit gezeigt
werden. Das volle Potenzial eines solchen Systems wird sich jedoch
erst nach weiterer Optimierung, zum Beispiel im Bereich der Ladeluftführung und Aktuierung, erschließen lassen.
❻Einordnung Verbrennungslage
❼Prototyp Konstruktion
tere Verbesserungen nach Detailoptimierung des Ladungswechsels
sowie der Gemischbildung zu erwarten sind.
6 Package
Im Rahmen der Konzeptstudie sollte auch die hardwareseitige
Machbarkeit eines zweistufigen Aufladekonzepts geprüft werden.
Daher war der Einsatz eines vorläufigen Konzeptstands in einem
Fahrzeug ebenfalls Bestandteil der Arbeiten, und parallel zur rechnerischen Auslegung der Aufladegruppe wurde ein packagegerechter Hardwarestand erarbeitet.
7 Ergebnisse Transientverhalten
Die stationäre Zielwertdarstellung ist bei Turbomotoren noch keine
ausreichende Validierung eines Konzepts. Vielmehr ist die Fahrbarkeit abzuprüfen, wobei speziell bei zweistufigen Systemen das Zusammenspiel der beiden Turbolader und die prinzipielle Wirksamkeit
der Ladedruckregelung zu untersuchen ist.
In ❽ ist hierzu im linken Teilbild für einen Beschleunigungsvorgang
im Fahrzeug der Verlauf der Laderdrehzahlen über der Zeit aufgetragen, und zwar sowohl Simulation als auch Messung im Fahrzeug.
Die gute Übereinstimmung zwischen Rechnung und Messung zeigt,
dass eine zuverlässige Konzeptbetrachtung und Hardwareauswahl
möglich ist, wenn sich die Rechnung auf gut abgeglichene Grundmodelle und zuverlässige Daten stützt.
Der kleinere Hochdrucklader beschleunigt unmittelbar nach Betätigen des Fahrpedals zum Zeitpunkt t=0 s, der Gradient der Drehzahl beträgt zu Beginn zirka 100.000/s. Die Niederdruckstufe dreht
aufgrund der größeren Trägheit und der Leistungsentnahme in der
vorgeschalteten Hochdruckturbine verzögert hoch.
Bei Erreichen des Soll-Ladedruckes von etwa 2,6 bar absolut nach
etwa 3 s erfolgt die Abregelung der Hochdruckturbine durch Öffnen
der Ladedruckregelklappe, im folgenden Verlauf wird der Ladedruck
eingeregelt, wie an den Drehzahlverläufen zu erkennen.
Im rechten Teildiagramm sind die Ergebnisse von insgesamt drei
Fahrversuchen, jeweils Beschleunigungen im dritten Gang, beginnend
bei verschiedenen Start-Drehzahlen, den entsprechenden Werten einstufig aufgeladener Turbomotoren gegenübergestellt. Aufgetragen ist
im oberen Bereich der erreichte Maximalwert des Ladedrucks (absolut)
während der Beschleunigung sowie im unteren Bereich der Gradient
❽Transientverhalten und Vergleich mit einstufigen
Systemen
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des Ladedruckaufbaus. Zur Beurteilung des Druckaufbaus wurde der
Zeitraum zwischen Erreichen der Saugvolllast zirka 0,2 s nach Start
und dem Erreichen von 90 % maximalen Ladedruckes ausgewertet.
Bereits in diesem voroptimierten Konzeptstand ist im Bereich unterhalb von 2000/min der Vorteil des zweistufigen Systems erkennbar, berücksichtigt man ferner das maximal erreichte Ladedruckniveau, so wird deutlich, dass die zu einstufigen Systemen vergleichbaren Ladedrücke deutlich schneller erreicht werden.
8 Zusammenfassung
Die Darstellung hochaufgeladener Ottomotoren mit spezifischen
Leistungen oberhalb 100 kW/l, welche mit dem Ziel der Verbrauchsreduktion über Downsizing als Ersatz für großvolumige Motoren, oder im Sinne einer modularen Erweiterung von Motorfamilien über das Aufladesystem auch bei kleineren Motoren, eingesetzt werden können, stellt sowohl die Ladungswechselauslegung
als auch die Brennverfahrensentwicklung vor neue Herausforderungen. Es konnte in einer Machbarkeitsstudie gezeigt werden,
dass diesen Herausforderungen durch konsequente Anwendung
existierender Werkzeuge begegnet werden kann und sowohl die
Darstellung und Regelung einer entsprechenden Aufladegruppe
als auch eines Brennverfahrens mit einer guten Ausgangsbasis in
Hinblick auf Klopffestigkeit und Vorentflammung möglich ist.
Gleichzeitig zeigten die Konzeptuntersuchungen jedoch auch auf,
welche Schwerpunkte in weiteren Arbeiten gesetzt werden müssen, um das Konzept weiter zu entwickeln. Neben konstruktiven
Aspekten wie Optimierung der Ladeluftrohre und einer Verbesserung des transienten Verhaltens ist hierbei vor allen Dingen als
nächster Schritt die Analyse und gegebenenfalls Optimierung des
Kraftstoffverbrauchs- sowie Emissionsverhaltens zu nennen.
Literaturhinweise
[1] Habermann, K. et.al.: Maßnahmen zur Verbesserung des Anfahrdrehmoments
bei aufgeladenen Ottomotoren, Aufladetechnische Konferenz, Dresden 2002
[2] Krebs, R., et al.: Neuer Ottomotor mit Direkteinspritzung und Doppelaufladung von Volkswagen. In: MTZ Jahrgang 66, 11/2005
[3] Schmidt, A., et al.: „Charge Motion Design Prozess“ – Neue Wege zur
­Auslegung der Ladungsbewegung und Integration in den Entwicklungsprozess, 8. Internationales Stuttgarter Symposium Automobil- und Motorentechnik / 11.-12.März 2008
Danke
Ein abschließender Dank gebührt der Firma Borg Warner Turbo
­Systems, die die Konzeptstudie durch die Überlassung von Daten und
Bauteilen hilfreich unterstützt hat.
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