drei.15 - Ver.di

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drei.15 - Ver.di
STANDPUNKT :
SCHWARZES BRETT :
AKTIV :
ARBEITEN UND LEBEN:
Tarifvertrag Soziale Dienste Ich melde mich krank
Razzia bei Marseille
Physiotherapie im Umbruch
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Nr. 15 _ Oktober 2 0 0 5
dre i
V E R . D I FAC H B E R E I C H 3 – G E S U N D H E I T, S O Z I A L E D I E N S T E , W O H L FA H R T U N D K I R C H E N
Lasst uns nicht
stehen!
draußen
dr
außen
Jobkiller Arbeitszeitverlängerung
verbaut dem Nachwuchs die Zukunft
Was die Länder in den Unikliniken und psychiatrischen Einrichtungen bereits z.T. eingeführt haben,
soll jetzt auch in den kommunalen Kliniken nachvollzogen werden. Der neue Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD) gibt die Möglichkeit, frühestens zum 1. Dezember 2005 die Arbeitszeit zu
kündigen, mit dem Ziel, jeweils landesweit für alle
memöglichkeiten nach der Ausbildung, aber auch die Möglichkeit, eine Stelle in einem anderen Krankenhaus zu bekommen, wären gleich null. Und die, die jetzt vielleicht noch
eine befristete Stelle ergattert haben, verlieren nach der
Befristung ihren Arbeitsplatz. Und fehlende Übernahmemöglichkeiten gefährden natürlich auch die Existenz von
Ausbildungsplätzen. Dabei ist in den letzten vier Jahren die
Ausbildungslücke in Deutschland um 120.000 Ausbildungsplätze gestiegen. Und gerade in der Pflege wird man bald
wieder dringend Fachkräfte suchen (siehe Kasten).
kommunalen Einrichtungen mit ver.di die 40-Stun-
In den Konflikt gehen
den-Woche zu vereinbaren. Und einige kommunale
Die angedrohte Kündigung der Arbeitszeit durch kommunale Arbeitgeberverbände zwingt jeden von uns, sich zu entscheiden: Gehe ich mit meinen Gewerkschaftskollegen im
Betrieb in den Konflikt bis hin zum Streik oder bin ich bereit,
»Opfer zu bringen«. Opfer, das heißt hier: mehr Belastung
durch die Stellenstreichungen bei weniger Freizeit und Gehaltsverluste. So würde eine erfahrene, 28-jährige Krankenschwester mit mehr als sechs Jahren Berufserfahrung (KR
Va) nach Einführung der 40-Stunden-Woche ca. 120 Euro
weniger und selbst im Vergleich mit einer Berufsanfängerin
mit zwei Jahren Berufserfahrung (KR V) in der 38,5-StundenWoche, wenn diese ebenfalls 40 Stunden arbeitet, immer
noch 50 Euro weniger im Monat verdienen. Insbesondere
Teilzeitkräfte und Bereitschaftsdienstler würden die Gehaltskürzungen direkt spüren.
Arbeitgeberverbände haben bereits angekündigt,
so schnell wie möglich von der Arbeitszeitkündigung Gebrauch zu machen.
Dazu steht auch noch die These im Raum: Arbeitszeitverlängerung sichert Jobs und schafft sogar neue. Lothar
Galow-Bergemann, Personalrat im Klinikum Stuttgart,
weiß, warum diese These absurd ist: »Wir haben ca. 2.270
Pflegestellen. Für uns als kommunales Krankenhaus gilt
die 38,5-Stunden-Woche. Die Einführung der 40-StundenWoche wäre nichts anderes als eine unbezahlte Verlängerung der Arbeitszeit um 3,9 Prozent. Aber nicht nur das –
die Erfahrung lehrt, dass die Stellen um genau diesen Prozentsatz gekürzt würden. Das wären bei uns über 170 Stellen, die zusätzlich zu all den bisherigen Sparmaßnahmen
und Budgetkürzungen wegfielen. Unsere Auszubildenden
haben schon jetzt große Probleme, nach erfolgreichem
Examen in ein Arbeitsverhältnis übernommen zu werden.
Die erneute Stellenstreichung würde ihre Chancen auf
Jahre hinaus zunichte machen.«
Ausbildungslücke steigt weiter
Das, was Galow-Bergemann vorrechnet, gilt ebenso für andere Häuser, wenn dort das Gleiche stattfände. Mit der 40Stunden-Woche verlieren wir, hochgerechnet auf ein Jahr,
Freizeit in Höhe von ca. 2 Wochen Urlaub. Das bedeutet, von
je 26 Stellen würde eine Stelle verschwinden. Die Übernah-
INSTITUT FÜR ARBEIT UND TECHNIK
Pflegenotstand droht
Zunahme der Pflegefälle und sinkende Ausbildungszahlen
Die Krankenhäuser in der Bundesrepublik haben in den letzten Jahren
rund 18 Prozent der Betten abgebaut und die Verweildauer der Patienten
um fast 35 Prozent zurückgefahren. Trotzdem stiegen im gleichen Zeitraum die Ausgaben um über 40 Prozent. Steigende Fallzahlen – plus 20
Prozent – führen zu besonderen Belastungen für das Personal. Doch die
notwendigen Personalaufstockungen stoßen an Grenzen.
In Nordrhein-Westfalen sind die Ausbildungszahlen in der Krankenpflege um 19 Prozent und in der Altenpflege um über 8 Prozent zurückgegangen. »Hier muss dringend gegengesteuert werden; sonst droht in
Kürze der Versorgungsnotstand«, so Stephan von Bandemer vom Institut
für Arbeit und Technik (IAT) in Gelsenkirchen. Nach Angaben des Instituts
wird die Zahl der Pflegefälle in NRW aufgrund der demografischen Entwicklung bis zum Jahr 2015 um rund 130.000 auf 590.000 zunehmen.
Durch die Verweildauerreduzierung in den Krankenhäusern fallen in NRW
bis 2010 weitere 10 Millionen Versorgungstage an, für die im Anschluss
an den Krankenhausaufenthalt zumindest teilweise Pflegeleistungen zu
Hause, ambulant oder stationär in Anspruch genommen werden müssen.
Bandemer, Stephan von / Evans, Michaela: Moderne
Arbeit und Qualifizierung in der Gesundheitswirtschaft NRW:
Memorandum der Arbeitsgruppe Lernallianzen der MedEcon Ruhr.
Manuskript; Institut für Arbeit und Technik, Gelsenkirchen 2004,
E-Mail: [email protected].
Verantwortung für Jugend übernehmen
Aber jeder, der bereit ist, dieses persönliche Opfer zu bringen, weil er sich nicht dem Konflikt stellen will, muss sich
klar darüber werden, dass er damit vor allem dem Nachwuchs das größte Opfer auferlegt, dem mit der Arbeitszeitverlängerung die Zukunft verbaut wird. Es geht also nicht
mehr nur darum, sich um seine Rechte zu streiten oder
Opfer zu bringen, sondern uns erwächst zunehmend eine
direkte Verantwortung für die Zukunft unserer Jugend, die
wir durch unser Verhalten beeinflussen. Wir dürfen sie nicht
draußen alleine stehen lassen! Den einen immer mehr Belastung, den anderen keine Arbeit? Es reicht! Wenn unsere
Arbeitgeber den Konflikt wollen, werden sie ihn bekommen.
Eine Arbeitszeitverlängerung darf nicht durchkommen.
38,5 Stunden bleiben – sonst streikt`s.
Illustration: motormac, Thomas Klefisch
DIALOG
2
drei
Wortmeldungen
An alle!
Dies ist euer Forum – schreibt uns, was euch bewegt:
Namentlich gekennzeichnete
Beiträge geben nicht in jedem
Fall die Meinung der Redaktion wieder.
GÜTERSLOH
15_Oktober 2005
[email protected]
WÜRZBURG
BERLIN: VER.DI-VERTRAUENSFRAUEN BEI VITANAS
Klinikum unter Druck
Jugendhilfe light
Pflegekräfte im Schichtdienst werden benachteiligt
ver.di drängt im Streit um die Schließung des Krankenhauses in RhedaWiedenbrück auf eine schnelle Problemlösung. Die Kassen sollen die Behandlungskosten ab sofort wieder
übernehmen und die ortsnahe Patientenversorgung sicherstellen. Wenn die
Kooperation zwischen Rheda-Wiedenbrück und Gütersloh nicht zustande
kommt, gerät auch das Städtische Klinikum Gütersloh erheblich unter Druck.
Dies hätte zur Folge, dass Arbeitsplätze
in der Region in Gefahr geraten. Die
Krankenkassen greifen zu einer »Rambo-Politik«, um die Standorte zu bereinigen. Schon lange ist die Einigung
zwischen Krankenhausträgern und der
Landesregierung zur Fusion des Städtischen Klinikums Gütersloh mit dem
Evangelischen Krankenhaus in RhedaWiedenbrück bekannt. Anscheinend
fehlt der Bewilligungsbescheid – dann
würde eine bürokratische Verantwortungslosigkeit ein Krankenhaus in die
Insolvenz treiben.
ver.di befürchtet massiven Stellenabbau bei Jugendhilfeeinrichtungen und
Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände. Anlass der Befürchtungen ist
die Praxis des Landkreises Würzburg,
Jugendhilfemaßnahmen auf der
Grundlage von Leiharbeit durchzuführen. Dabei kauft der Landkreis bei
seiner hundertprozentigen Tochtergesellschaft Procura Sozialpädagogen
ein, die dort lediglich zum Leiharbeitnehmertarif vergütet werden.
Schon jetzt finden arbeitslose Sozialpädagogen über 40 keine neue Stelle
mehr. Waren im Mai 2004 bereits 207
Sozial- und Diplompädagogen arbeitslos gemeldet, hat sich diese Zahl bis
zum Mai 2005 um annähernd acht Prozent auf nun 223 erhöht.
Die Mitarbeitervertretung der Würzburger Diakonie spricht von einem
Skandal, wie der Landkreis die Bedingungen für Beschäftigte in der Jugendhilfe verschlechtert. Die Leidtragenden
sind nicht zuletzt auch die jugendlichen
Klienten.
Seit wir Pflegekräfte bei Vitanas (früher
Gesellschaft für Heimstätten und Sozialeinrichtungen) arbeiten, konnten
wir darauf vertrauen, dass gesetzliche
Feiertage, die auf einen Wochentag fallen, für alle MitarbeiterInnen von der
monatlichen Soll-Arbeitszeit abgezogen wurden. Die im Schichtdienst Tätigen erhielten somit genauso viele freie
Tage wie Kolleginnen und Kollegen, die
von Montag bis Freitag z.B. im Büro
(auch Zentrale) tätig sind.
Seit Mai 2005 hat sich unser Arbeitgeber dafür entschieden, dieses folgendermaßen zu ändern: Künftig sollen
nur noch die einen freien Tag bekommen, die am Feiertag gearbeitet haben.
Wer z.B. am Samstag und am Sonntag
gearbeitet hat und dafür am Mittwoch
frei hat, dieser Mittwoch aber der
3. Oktober, also ein Feiertag ist, hat
eben Pech gehabt. Bei demjenigen fällt
der für Büromenschen zusätzliche
Feiertag weg. Im Dienstplan heißt das,
die hat ja »sowieso frei« und erhält
keinen Ausgleich für den gesetzlichen
Feiertag. Für Berliner kann das im
schlechtesten Fall neun freie Tage im
Jahr weniger bedeuten! Diese Ungerechtigkeit finden wir empörend, zumal
wir doch im Schichtdienst ohnehin
schon unsere Knochen hinhalten, Personalengpässe auf unserem Rücken
ausgeglichen werden und alle Mehrbelastungen immer munter auf uns abgewälzt werden. Und machen wir nicht
auch so manche Mehrstunde zum Nulltarif? Oder wenn wir sie notieren dann
meistens ohne Überstundenzuschlag.
Auch Bildungsurlaub (pro Jahr fünf bezahlte Arbeitstage) macht doch bisher
kaum einer von uns.
Wir haben unseren Arbeitgeber
aufgefordert, diese Regelung zurückzunehmen, wie andere vernünftige Unternehmen es schon getan haben, z.B.
die großen Berliner Krankenhäuser, die
Post, die BVG (Berliner Verkehrsbetriebe), oder wie es im neuen TVöD jetzt
wieder geregelt ist.
Klare Gründe, die für diese ungerechte
Regelung sprechen, konnte die Geschäftsführung nicht benennen. Nur so
viel: Aus wirtschaftlichen/finanziellen
Gründen geschehe dies nicht, aber es
sei halt eine »freiwillige Sozialleistung«
gewesen. Da empfinden wir uns doch
nur verhöhnt, zumal wir auch noch im
so genannten Unternehmensleitbild
lesen: »Wir fördern die Vereinbarkeit
von Beruf und persönlicher Lebensplanung unserer Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter.« und »Wir tragen die soziale Verantwortung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.« Da stellt sich
doch die Frage: Wer so mit seinen Mitarbeitern umgeht, wie behandelt der
wohl seine ihm anvertrauten Heimbewohner?
Es gilt: Wenn sich Vitanas nicht bewegt, dann holen wir uns die Freizeit
eben über die korrekte Erfassung aller
Mehrarbeitszeiten (auch mit Zuschlag)
und den Besuch von Bildungsurlaubsveranstaltungen zurück! Ob dies im
Sinne unserer Arbeitszeitfirmenstrategen ist?
SICHTWEISEN
Gespaltene Belegschaft
Im Uniklinikum Essen, für das es zurzeit
keinen Tarifvertrag gibt, arbeiten seit
über einem Jahr die neu eingestellten
KollegInnen 41 Stunden – ich sowie
alle anderen Alt-Beschäftigten arbeiten
38,5 Stunden. Für das gleiche Geld.
Nein, stimmt nicht: Die »Neuen« bekommen außerdem kein Urlaubsgeld
und nur die Hälfte des Weihnachtsgeldes. Ich habe mich noch nie getraut,
diese KollegInnen zu fragen, ob sie der
längeren Arbeitszeit was Gutes abgewinnen können.
KollegInnen in der Anästhesie arbeiten im Bereitschaftsdienst teilweise
24 Stunden. Die muss ich erst gar nicht
fragen.
Rund vierzig SchülerInnen machen
alle sechs Monate bei uns Examen. Nur
ein Bruchteil wird übernommen. Die habe ich mich noch nie getraut zu fragen,
ob sie es gut finden, wenn wir länger
Wir müssen länger arbeiten – was bedeutet das für mich?
arbeiten und sie dafür draußen bleiben.
Im Westdeutschen Herzzentrum
des Uniklinikums hat das Amt für Arbeitsschutz in zwei Monaten 400 Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz festgestellt. Die KollegInnen dort habe ich
mich auch nicht getraut zu fragen, ob
sie einer Arbeitszeitverlängerung was
Gutes abgewinnen können.
Ich habe aber die Kollegin gefragt,
die letztens bei uns im Personalratsbüro war. Sie arbeitet in einer befristeten Stelle mit 50 Prozent Arbeitszeit.
Ihr Chef hat ihr bei der Einstellung gesagt, dass ja wohl klar wäre, dass sie
»unter der Hand« mehr arbeiten muss
und in der Gewerkschaft sei man hier
nicht. Die Kollegin hat mich gefragt, ob
ich das nicht weiß, dass das so üblich ist.
Na super: Lohnkürzung durch Arbeitszeitverlängerung! Und was kommt als
Nächstes? Wahrscheinlich weitere Stellenreduzierungen und noch mehr Arbeit für noch weniger Geld.
Meine KollegInnen und ich arbeiten schon seit langem am Limit. Noch
mehr geht einfach nicht. Auch uns
sind physische Grenzen gesetzt. Mehrarbeit und Holen aus dem Frei gehören
leider immer noch zum Alltag von uns
Pflegenden.
Einfach länger arbeiten – die
42plus-Stunden-Woche – ist keine Lösung für die Probleme im Gesundheitswesen. Und die Folgen von Missmanagement der Krankenhausleitungen
lassen sich so auch nicht beheben.
ALEXANDRA WILLER,
Selbstbewusste Pflegekräfte
machen das nicht mit
Arbeitszeitverlängerung ist ein Aufschub auf Kosten der MitarbeiterInnen,
die keine Reserven mehr haben. Es ist
schon lange überfällig, dass wir an
unserem Berufsbild arbeiten, eine Lobby schaffen und unsere Interessen
lautstark vertreten.
Ich finde, wir müssen endlich raus
aus dem antiquierten »Dienen-aus
Demut-Verhalten« und rein in ein
selbstbewusstes Pflegebild! In dem ist
kein Platz für die Ausnutzung von
qualifizierten Arbeitskräften und erst
recht nicht für solche spinnerten Ideen
wie die 42-Stunden-Woche!
BETTINA BUHL, KRANKENSCHWESTER
IM GEMEINSCHAFTSKRANKENHAUS
HERDECKE
FREIGESTELLTE PERSONALRATSVORSITZENDE,
VER.DI-VERTRAUENSFRAU, UNIKLINIK ESSEN
Surfen am Arbeitsplatz?
UMFRAGE
Das Bundesarbeitsgericht hat
am 7. Juli entschieden, dass Beschäf-
Holger Kremer
IBF und Med. Controll
Cindy Zapper, freiwilliges soziales
Jahr in einem Kindergarten
Roland Schauder
Küster und Pfarrsekretär
Andreas Krainer
EDV-Administrator
In den Pausen ist das o.k., wenn
Wir haben ohnehin wenig Zeit
Für mich ist das eine klare Sache:
Wir haben keine Betriebsverein-
dem Arbeitgeber dadurch kein
für so was und haben nur einen
Surfen ist Freizeit und das mache
barung. Natürlich wir hinter vor-
Schaden entsteht. Bestimmte
Computer im Büro. Schon des-
ich nach der Arbeit. In unserer
gehaltener Hand gesurft. Aber
Seiten sind sowieso gesperrt und
halb ist es gar keine Frage –
vernetzten Welt leiden wir doch
bei uns gibt es eine Standleitung
das ist gut so. Mich interessieren
surfen kann man, so lange man
sowieso mehr und mehr darun-
– und solange sich das im Rah-
da eher die Online-Zeitungen.
will, aber zu Hause.
ter, dass wir klare Strukturen
men hält und dem Arbeitgeber
Darauf würde ich auch ungern
verlieren, alles nur noch irgend-
kein Schaden entsteht, finde ich
verzichten.
wie irgendwo hinpfuschen – und
das o.k. Es wäre Sache des Vor-
uns einbilden das sei Freiheit.
gesetzten, dies zu unterbinden.
tigten, die während der Arbeitszeit
im Internet Surfen, die fristlose Kündigung droht. Selbst dann, wenn der
Arbeitgeber die Privatnutzung nicht
ausdrücklich verboten hat. ver.di
fordert daher klare Regeln für
Internetnutzung am Arbeitsplatz.
IMPRESSUM
drei – die Zeitung des Fachbereiches 3 – erscheint
für die Mitglieder im Bereich Gesundheit, Soziale
Dienste, Wohlfahrt und Kirchen als Beilage zur
ver.di-PUBLIK viermal jährlich.
Herausgeber: Ellen Paschke, Mitglied des ver.diBundesvorstandes
Redaktion: Gundula Lasch (verantwortlich),
Ute Preuninger, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
Tel.: (0 30) 69 56 -18 04, Fax: (0 30) 69 56 - 34 20
E-Mail: [email protected]
Redaktionsschluss für Ausgabe 16: 17.10.2005
Design und Vorstufe: werkzwei, Bielefeld / Lage
Druck: apm AG Darmstadt, Kleyerstraße 3,
64295 Darmstadt, www.alpha-print-medien.de
Informationen für den Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen
drei
15_Oktober 2005
STANDPUNKT
TARIF-LÜCKEN NUTZEN
BUNDESFACHBEREICHSVORSTAND
Bereitschaftsdienst –
da geht noch was
Tarifvertrag Soziale
Dienste statt ruinöser
Wettbewerb
Angemessener Zusatzurlaub für unsere Nachtarbeit –
das wurde nicht vereinbart: weder im BAT noch im
TVöD, nicht in den AVR, nicht im BAT-KF. Genau
durch diese Lücken hindurch eröffnet sich uns ein
Illustration: Lucienne Kleekamm
verlockender Blick.
Im Arbeitszeitgesetz verspricht uns der
Paragraf 6:
»Soweit keine tarifvertraglichen
Ausgleichsregelungen bestehen, hat
der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage
oder einen angemessenen Zuschlag
auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.«
Manch Personalchef mag schmerzerfüllt rufen: »Das kann doch nicht
wahr sein!« Also leisten wir ein wenig
Überzeugungshilfe:
k 1. Das Arbeitszeitgesetz will die
besonders belastende Zeit zwischen
23:00 und 6:00 Uhr vor leichtfertigen
Zugriffen der Arbeitgeber schützen.
Freizeitausgleich oder Zuschläge sollen
diese so empfindlich treffen, dass sie
unsere Nachtarbeit auf das Nötigste
beschränken.
k 2. Dabei unterscheidet das Arbeitszeitgesetz nicht zwischen regelmäßiger Arbeit und all den Formen von
Mehrarbeit. Alle Nachtarbeit zwischen
23:00 und 06:00 Uhr wird unter den
Schutz gestellt.
k 3. Bei Bereitschaftsdiensten, Rufdiensteinsätzen und Überstunden fehlt
diese Eindämmung der nächtlichen
Belastung regelmäßig. In solchen Fällen dürfen wir also den angemessenen
»Schutzzoll« gemäß Arbeitszeitgesetz
verlangen.
k 4. Eine Ausnahme ist dennoch
denkbar. Vielleicht hat sich jemand unbedacht eingelassen auf das Angebot,
solche Dienste pauschaliert zu bezahlen. Dann könnte der Arbeitgeber
behaupten, die besondere Belastung
durch Nachtarbeit sei bereits in der
Pauschale berücksichtigt.
k
5. Der Arbeitgeber stellt fest, was
angemessen ist. Er muss im Rahmen
der Billigkeit bleiben. Angemessen, so
hat das Bundesarbeitsgericht im September 2002 entschieden, sind keinesfalls 15 Prozent. Und 50 Prozent seien
wohl überzogen. Darum befand das
BAG als angemessenen Aufschlagssatz
30 Prozent.
k 6. Der Arbeitgeber hat zwar die
Wahl: Freizeit oder Geld. Bei dieser
Entscheidung unterstützt ihn die Interessenvertretung. Ohne deren Zustimmung geht nichts.
Der TVöD, der neue Tarifvertrag im öffentlichen Dienst, sieht zwar allgemein
für Nachtarbeit einen Zuschlag von 20
Prozent vor. Doch die Arbeitgeber aus
dem Gesundheitsbereich wollten in
den Tarifverhandlungen partout eine
Extrawurst: In Krankenhäusern und
Pflegeeinrichtungen werden für die besonders belastende Arbeit in der Nacht
lediglich 1 Euro 28 Cent pro Stunde
draufgezahlt – wenn überhaupt.
Dieser mickrige Zuschlag wäre, falls ein
schwarz-gelber Regierungsblock mit
der Wahlkampf-Drohung ernst macht,
ab Anfang 2006 sogar noch zu versteuern.
Nachtwachen, OP-Schwestern,
MTA im Labor oder im Röntgen und
die Assistenzärzte stehen sich offenbar
besser, wenn sie stattdessen auf gesetzlicher Grundlage erheblichen Freizeitausgleich durchsetzen: Auf vier
Nachtschichten folgt ein zusätzlicher
freier Tag!
TOBIAS MICHEL, BETRIEBSRAT IM
KRUPP-KRANKENHAUS (ESSEN)
»Ein-Euro-Jobs«: Dem Missbrauch
ein Scheunentor geöffnet
Ich will mich hier nicht mehr zu den
Themen »Darf man Zwangsarbeit oder
Arbeitsdienst sagen?« ergießen. Stattdessen möchte ich aus meiner Praxiserfahrung die 1-Euro-Jobs unter den Gesichtspunkten Gemeinwohl, Zusätzlichkeit, Wettbewerbsneutralität und
Arbeitsplatzunschädlichkeit bewerten
und hinterfragen.
1. Was kann in einem Krankenhaus,
das als einer von insgesamt 30 Betrieben zu einem börsennotierten
(also nicht einmal den Schein von
Gemeinnützigkeit erweckenden),
bundesweit agierenden Konzern
gehört und somit gewinnorientiert
arbeiten muss, denn wohl gemeinwohlorientiert sein? Die angedachte Hilfe bei Umbauarbeiten und Renovierungen wohl eher nicht.
2. Wieso gelang es mir, ein Altenheim
zu betreten, obwohl bisher laut An-
3
tragstellung des Trägers dort niemals jemand das Laub weggefegt
hat? Denn sonst könnte diese
Tätigkeit ja nicht das Erfordernis
der Zusätzlichkeit erfüllen. Habe ich
etwa immer eine eigene Schaufel
dabei?
3. Wenn das eine Krankenhaus Patienten schon immer durch eigene
Beschäftigte zu den einzelnen Kliniken, Stationen und Untersuchungen bringen ließ und auch ein eigenes, kostenintensives Beschwerdemanagement aufgebaut hatte,
wieso behaupten andere Arbeitgeber dann, sie würden sich keinen
Wettbewerbsvorteil dadurch verschaffen, dass sie sich diese Dienstleistungen am Patienten über
1-Euro-Jobber verschaffen wollen?
4. Wie sehen wir die Tatsache, dass
ein kleiner Bäcker in einem Stadtteil, der bisher ein Altenheim für
den Nachmittagskaffee mit Kuchen
beliefert hat, nun einen Gesellen
entlassen musste, weil der Heimträger unter der Projektbeschreibung »Verbesserung der Vielfalt
der Mahlzeiten für Heimbewohner«
nun zwei 1-Euro-Jobber den Kuchen backen lässt? Rechenbeispiel
für Ungläubige: 100 Stück Kuchen
à 1 Euro/Tag mal 30 Tage = 3.000
Euro Einnahmeausfall abzüglich
Material in Höhe von 1.000 Euro =
2.000 Euro (so wenig kostet ein
Geselle im Bäckereihandwerk).
Appell an Betriebsräte,
Personalräte und MAVen:
Seht nicht nur den eigenen Tellerrand
eures Betriebes und die Verlockungen
der so genannten Entlastungen für
euch. Lehnt die Maßnahmen ab!
Festzustellen ist, dass selbst Beschäftigungsstellen wie »Vorlesen in
der Altenheimbibliothek« einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Heimen
ohne eine solche Dienstleistung darstellten. Ich habe bisher keine Beschreibung gelesen, die den oben genannten Anforderungen entspricht.
WERNER KRUSENBAUM
FACHBEREICHSSEKRETÄR
VER.DI-BEZIRK ESSEN
Seit der politisch gewollte
Wettbewerb im Gesundheitswesen und im Bereich der
sozialen Dienstleistungen
Einzug gehalten hat, gehen
immer mehr Träger dazu
über, sich durch Rechtsformänderung und VerbandsJan Hendrik Heudtlass,
austritt der Tarifbindung zu
Vorsitzender des Bundesentziehen. Preiskonkurrenz
fachbereichsvorstands
über Lohndumping ist die Folge.
Die Absenkung der Arbeits- und Einkommensbedingungen der KollegInnen wird oft als Sachzwang zum
Sparen verkauft. Vielfach ist dies aber nur vorgeschoben, da in vielen Bereichen – z.B. in den Kindertagesstätten oder im Rettungsdienst – abgesenkte Gehälter
nur zur Absenkung der Refinanzierung führen. Der Griff
in die Portemonnaies der Beschäftigten ist vielmehr mit
der Hoffnung verbunden, sich Wettbewerbsvorteile zu
verschaffen, indem man die Leistung billiger anbieten
kann als sein Konkurrent. Diesen »Wettbewerbsvorteil«
gibt es – wenn überhaupt – immer nur kurzfristig, da die
anderen Anbieter bald dazu übergehen, die Leistung
noch billiger zu erbringen. Somit wird eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die zu einem ruinösen Preiswettbewerb unter den Anbietern mit den schon jetzt spürbaren
Folgen wie Aufgabe von Geschäftsfeldern und Insolvenzen führt und die Arbeitsbedingungen und das Einkommen der Beschäftigten erodieren lässt.
Bislang können Politik und Kostenträger die Anbieter gegeneinander ausspielen. Oft machen nicht nur
Wohlfahrtsverbände und private Anbieter sich gegenseitig Konkurrenz, sondern auch die Wohlfahrtsverbände untereinander. Dieser Preiskampf bedroht nicht nur
die Existenz der einzelnen Anbieter, er geht auch klar zu
Lasten der Beschäftigten und der Qualität der Leistung.
Oft fehlen die Gelder für die Erbringung einer qualitativ
guten Leistung, weil man z.B. zu geringe Personalvorgaben von Seiten der Kassen akzeptiert hat – aus Angst,
die Versorgungsaufträge zu verlieren. Folge ist die allseits spürbare Arbeitsintensivierung für die Beschäftigten. Hier wird stillschweigend mit der großen Hilfsbereitschaft der KollegInnen gespielt, durch Überstunden
die Versorgung sicherzustellen. Zudem haben einige Arbeitgeber lieber die Vergütung der Beschäftigten abgesenkt, statt sich mit den Kostenträgern auseinander zu
setzen oder ihren Ressourceneinsatz durch Optimierung
der Geschäftsfelder und Arbeitsabläufe zu verbessern.
Wie soll dieser Kreislauf durchbrochen werden? Es
ist nicht zu erwarten, dass sich die politischen Rahmenbedingungen kurzfristig verbessern. Obwohl die Bundesrepublik eines der reichsten Länder der Welt ist, wird
es aller Voraussicht nach trotzdem zu weiteren Versuchen kommen, die Daseinsvorsorge weiter zu deregulieren und soziale Dienstleistungen zu privatisieren. Um
dem zu begegnen, ist trotz aller Konkurrenz die Kooperation aller Anbieter gefordert. Ein Tarifvertrag Soziale
Dienste, in dessen Geltungsbereich möglichst alle Wohlfahrtsorganisationen einzubinden sind, wäre eine konkrete und klare Möglichkeit, den ruinösen Wettbewerb
einzugrenzen. Als »Leitwährung« würde ein solcher Tarifvertrag zum einen gegenüber den Kostenträgern Wirkung entfalten, zum anderen aber auch gegenüber dem
Vergütungsniveau der Beschäftigten, so dass Lohndumping zumindest erschwert und die Verhandlungsposition der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft ver.di verbessert würde.
Gewinner wären die Anbieter, die Beschäftigten und
die »Kunden« – Kinder im Kindergarten, Klienten in der
Beratungsstelle, Bewohner von Heimen, Jugendliche in
der Stadtteilarbeit … Denn statt eines Wettbewerbs um
die billigste Leistung käme es endlich zu einem Wettbewerb um die beste Qualität der Leistung zu vernünftigen, tarifvertraglich abgesicherten Arbeitsbedingungen.
Der Wert der sozialen Arbeit würde sich in den Rahmenbedingungen wiederfinden und nicht durch ökonomische Interessen bestimmt sein.
Trotz der vielen Vorteile gibt es natürlich auch Skepsis – auch bei Beschäftigten – ob so ein ehrgeiziger
Tarifvertrag für soziale Dienste wirklich zustande kommen kann. Haben doch Anbieter jahrelang eher gegenals miteinander gearbeitet. »Versuch macht klug!« – wir
wollen mit diesem Vorschlag wieder in die Offensive
kommen. Insofern haben wir es bei dem Tarifvertrag Soziale Dienste mit einem ambitionierten Projekt mit einer
sehr engen Zeitschiene bis Januar/Februar nächsten Jahres zu tun. Aber erste Gespräche mit Wohlfahrtsverbänden haben gezeigt, dass diese durchaus bereit sind, mit
ver.di über einen gemeinsamen Tarifvertrag zu diskutieren. Wir sollten die Chance nutzen. Damit die soziale Arbeit endlich den Stellenwert bekommt, der ihr zusteht.
SCHWARZES BRETT
4
drei
15_Oktober 2005
»Tut mir Leid ...
IRGENDWO IN DEUTSCHLAND ...
Kaffee
hilft auch
nicht ...
... was soll ich bloß
sagen?
...
... ich
ich
Zusammengestellt von Tobias Michel
Shit!
Karenztage
Oft beginnen Krankheiten schleichend. Wir hoffen, spätestens nach ein oder zwei Tagen Bettruhe wieder auf dem
Damm zu sein. Die Arbeitgeber haben kein wirkliches Interesse daran, dass wir bei jeder Krankheit ärztlichen Rat suchen.
Denn allzu viele Beschäftigte warten ja nicht ihre vollständige
Genesung ab. Sie kehren stattdessen bereits nach wenigen
Tagen an den Arbeitsplatz zurück.
»Schätzungsweise 1,7 Millionen Arztbesuche ergeben
sich nur, weil die Arbeitnehmer ihre Krankheit gegenüber
dem Arbeitgeber rechtfertigen wollen oder müssen«, rechnete die DAK vor. Diese Arztbesuche enden häufig mit der eindringlichen Mahnung, sich bis zum Ende der Woche zu schonen.
Darum schreibt der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) uns zunächst nur vor, dass wir im Betrieb Bescheid geben. Und zwar »unverzüglich«. Unsere Kolleginnen und Kollegen und der Arbeitgeber sollen wissen,
dass sie heute ohne uns auskommen müssen. Also rufen wir
in der Regel zum Schichtbeginn am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit an. Unsere Anzeigepflicht beschränkt sich auf den
Grund (»Ich bin krank.« oder »Ich hatte einen Unfall.«) sowie
auf die voraussichtliche Dauer (»Wohl bis übermorgen.« oder
»Ich rechne mit einer Woche.«).
Ende der Arbeitsunfähigkeit nach Wochentag
Fehlzeitenreport 2004,
Badura/Schellschmidt/Vetter 2005
50
40
30
20
10
7,5
7,6
Wann muss die AU
bescheinigt vorliegen?
Bei anhaltenden Krankheiten brauchen wir ein ärztliches
Attest: »Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung
über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauf folgenden Arbeitstag vorzulegen.« (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG)
Bei dieser Nachweispflicht kommt es im Alltag immer
wieder zu Unsicherheiten – bei uns Beschäftigten und bei unseren Vorgesetzten. Für die ersten drei Fehltage brauchen wir
auch keine rückwirkende ärztliche Bescheinigung zu bringen.
Doch aufgepasst bei einer Wiederholungserkrankung! Ist das
Recht auf die Krankenbezüge bereits erschöpft, dann hilft uns
das Attest vom ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit an. Denn
auf dieser Grundlage erhalten wir das Krankengeld von der
Versicherung.
Im Schichtbetrieb ist die Berechnung der Fristen unübersichtlich. Wann genau müssen wir den Krankenschein abgeben? Viele von uns arbeiten ja auch am Wochenende oder
am Feiertag. Zudem: Die Personalabteilung beispielsweise hat
dann sowie meist auch am Samstag frei. Sind für uns Beschäftigte drei Krankheitstage um, dann fällt unser Abgabetermin (Nachweispflicht) nicht etwa auf unseren nächsten Arbeitstag, sondern auf den nächsten Arbeitstag unseres
Arbeitgebers. Fällt der 4. Tag auf einen freien Samstag unseres Arbeitgebers oder auf einen Sonn- oder Feiertag, so verschiebt sich die Abgabe unseres Attestes auf dessen nächsten
Arbeitstag:
Beginn der AU
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Anteil (in Prozent)
0
Werd’ bl
wiede
7,7
Samstag Sonntag Montag
8,8
16,1
7,4
44,9
Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag
Zahlreiche Ärzte machen sich nicht viel Gedanken und legen das
voraussichtliche Ende unserer Arbeitsunfähigkeit auf den Freitag.
Sie gehen unwillkürlich davon aus, wir könnten uns dann am Wochenende noch erholen. Wer auch am Sonntag im Dienstplan steht,
Attest ist fällig am
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Montag
Montag
Montag
Dienstag
Es genügt leider nicht, die Bescheinigung unserer AU am Tag
der Fälligkeit in einen Briefkasten einzuwerfen oder kurz vor
Mitternacht unter der Tür des Betriebes durchzuschieben. Sie
muss den Arbeitgeber – in der Regel die Personalabteilung –
tatsächlich rechtzeitig erreicht haben.
Arbeitgeber sind zwar berechtigt, die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit früher zu verlangen. Dieses Recht ist aber oft durch einen Tarifvertrag oder
eine betriebliche Vereinbarung fest umrissen. Im Übrigen unterliegt dies der Mitbestimmung durch die Interessenvertretung.
sollte da nachdrücklich auf dem »richtigen« Enddatum bestehen.
Informationen für den Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen
Weiter krank
In der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit wird auch die voraussichtliche Dauer angegeben. Dies
begrenzt deren Wirksamkeit. Dauert
die Arbeitsunfähigkeit länger als dort
angegeben, ist eine erneute ärztliche Bescheinigung beizubringen. Doch beim Blick in das Entgeltfortzahlungsgesetz
fällt auf: Für die Vorlage dieser Folgebescheinigung fehlt die
Angabe einer Frist.
Zunächst einmal gilt: Wir sagen im Betrieb Bescheid, dass
sie auch weiterhin nicht mit uns rechnen können. Darüber
hinaus wird dieselbe Regelung wie für die erste Nachweispflicht herangezogen. Also: Nach dem dritten Kalendertag
der noch nicht bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeit ist wieder spätestens am ersten folgenden Werktag das Attest über
die Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen.
Wieder gesund
Insbesondere Nachtwachen haben es nicht so einfach mit der
Bestimmung des Endes ihrer attestierten Arbeitsunfähigkeit.
Sind sie nach Ablauf des letzten in der AU angegebenen Tages um 00:00 Uhr wieder zur Arbeit verpflichtet?
Sicher nicht! Auf dem Attest wird zwar das Ende der Arbeitsunfähigkeit mit einem Datum bezeichnet. Damit ist jedoch die gesamte Schicht eingeschlossen, die an diesem letzten Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit beginnt. Die AU
endet also erst mit dem Beginn der nächsten Schicht.
Darf ich denn bereits arbeiten, obwohl eine ärztliche Bescheinigung noch meine AU anzeigt? Mit der gesetzlich vorgeschriebenen, unverzüglichen Anzeige (»Ich bin krank,
voraussichtlich bis übermorgen.«) wird von uns eine Selbstdiagnose verlangt. Wir dürfen uns irren. Und auch Ärzte irren
sich bei den Prognosen über unsere Krankheiten. Jeder Einzelfall verläuft anders. Die behandelnden Ärzte legen also
allenfalls Erfahrungswerte zugrunde.
Trotz anders lautender Fernsehberichte, u.a. in der ZDFSendung »WISO«, gilt daher: Die Bescheinigung der AU legt
keine Krankheitsdauer fest. Sie sagt stattdessen das der ärztlichen Voraussicht nach wahrscheinliche Ende der Arbeitsunfähigkeit voraus.
Wer sich mit gutem Grund für gesund hält und die Arbeit
wieder aufnimmt, gefährdet also nicht den eigenen Versicherungsschutz. Doch wir überschätzen uns häufig und unterschätzen die Tücken von Infektionen. Erholung ist wichtig –
nicht nur für die Patienten, die wir versorgen. Und auch die
Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen wird oft weit besser geschützt, wenn wir nicht als »Bazillenmutterschiff« unsere Leidensfähigkeit am Arbeitsplatz demonstrieren.
drei
15_Oktober 2005
SCHWARZES BRETT
5
Hab kaum
geschlafen... Will
gleich zum Arzt.
Tut mir Leid,
ich habe mir den
Magen verdorben
...
Ach Susanne,
kommst du denn
später?
Fotos: werkzwei
Das geht die überhaupt
nix an ...
melde
melde mich
mich krank«
krank«
loss schnell
er gesund
Hat wohl wieder ihre Tage!
Über die ärztliche Schulter
geguckt
Manchmal lässt sich ein Streit mit unseren behandelnden
Ärzten vermeiden. Dazu hilft es zu verstehen, nach welchen
Regeln diese »ticken«.
Ihre Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien sind da recht deutlich.
Ärzte haben uns Versicherte zur aktuell ausgeübten Tätigkeit
und den damit verbundenen Anforderungen und Belastungen zu befragen. Sie sollen so aufklären, auf welche Weise
die Krankheit die Fortsetzung der ausgeübten Tätigkeit unmöglich macht. Also müssen wir ihnen nicht nur unsere Beschwerden schildern, wir müssen ihnen ebenfalls unsere Belastungen im beruflichen Alltag darstellen.
Auch im Ausland gilt: Die ärztliche Bescheinigung muss
nicht nur die Erkrankung selbst nachweisen, sie muss zudem
gesondert bestätigen, dass darauf unsere Arbeitsunfähigkeit
beruht.
In die Zeile »Arbeitsunfähigkeit seit ...« wird der Tag eingetragen, an dem bei uns nach dem vom Arzt erhobenen Befund Arbeitsunfähigkeit besteht. Die Krankenkassen mahnen
da: Grundsätzlich soll die Ärztin bzw. der Arzt unsere Arbeitsunfähigkeit nicht für eine vor der ersten ärztlichen Untersuchung liegende Zeit bescheinigen. Bei erstmaliger Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss die Ärztin
bzw. der Arzt zudem zusätzlich auch die Zeile »Festgestellt
am ...« ausfüllen. Ausnahmsweise ist jedoch eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem
Behandlungsbeginn liegenden Tag zulässig. Dies wird gleich
wieder eingeschränkt mit der Anweisung »nach gewissenhafter Prüfung« und »in der Regel nur bis zu zwei Tagen«. Offensichtlich wird eine Rückdatierung aber leichter, wenn wir uns
bereits länger in ärztlicher Behandlung befinden und diese ersten Untersuchungen in der Krankenakte dokumentiert wurden.
Besteht an arbeitsfreien Tagen Arbeitsunfähigkeit – zum
Beispiel an Samstagen, Sonntagen, Feiertagen, Urlaubstagen
oder an arbeitsfreien Tagen aufgrund einer flexiblen Arbeitszeitregelung (so genannte »Brückentage«) –, ist sie auch für
diese Tage zu bescheinigen.
A k t u e l l e R e c h t s s p re c h u n g
Betriebsratsarbeit während Krankheit
nicht grundsätzlich verboten
Eine an Magenbeschwerden leidende Arbeitnehmerin hatte während der Krankschreibung an einer zweistündigen Sitzung des
Wahlvorstandes zu den Betriebsratswahlen
teilgenommen. Die Vorgesetzten folgerten
daraus, dass sie auch ihren regulären Dienst
hätte verrichten können; zumindest habe sie
aber ihre Genesung verzögert. Der Arbeitgeber, ein Altenheim, kündigte ihr deshalb fristlos.
Ganz anders sahen es die Richter. Die
Teilnahme an einer zweistündigen Sitzung ist
nicht vergleichbar mit den Belastungen, die
sich aus einer Vollzeitbeschäftigung als Krankenschwester im Schichtdienst ergeben. Daher kann auch nicht ohne weiteres von einem
die Genesung verzögernden Verhalten ausgegangen werden.
(ArbG Frankfurt/M., Urteil vom 27.1.2004 –
15 Ca 5387/03)
»Die sieht aber kerngesund aus«
Ob ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an der Arbeitsleistung
verhindert ist, ist nach objektiven medizinischen Kriterien zu beurteilen. Die subjektive
Beurteilung der Arbeitsvertragsparteien ist
dafür nicht maßgeblich. Es kommt für das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit auch nicht auf
die Kenntnis der Arbeitsvertragsparteien an.
(BAG, Urteil vom 26.7.1989 – 5 AZR 301/88)
Mitbestimmung
Die nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EntgFG zulässige
Anweisung des Arbeitgebers, Zeiten der Arbeitsunfähigkeit unabhängig von deren Dauer
generell durch eine vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit vorzulegende Bescheinigung nachzuweisen, betrifft eine Frage der betrieblichen
Ordnung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Führt der Arbeitgeber ein Formular ein,
auf dem die Arbeitnehmer die Notwendigkeit
eines Arztbesuchs während der Arbeitszeit
vom Arzt bescheinigen lassen sollen, so trifft
er damit ebenfalls eine Regelung der betrieblichen Ordnung, bei der der Betriebsrat mitzubestimmen hat.
(BAG, Beschluss vom 25.1.2000 – 1 ABR 3/99)
Eigentlich geht
die das
überhaupt nix an!
Buchtipp
Fehlzeitenreport 2004 – mit Daten, Fakten
und Analysen insbesondere aus dem Gesundheitsmanagement in Krankenhäusern
und Pflegeeinrichtungen;
Badura/Schellschmidt/Vetter (Hrsg.),
Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2005,
513 Seiten, ISBN 3-540-21353-8,
Preis: 29,95 Euro
Die legendäre Broschüre »Lieber krank feiern
als gesund schuften! – Wege zu Wissen
und Wohlstand!« aus dem Jahre 1971
ist leider nur noch antiquarisch erhältlich.
Auszüge finden sich im Internet unter
http://www.sozialistische-klassiker.org/
diverse/div55.pdf
6
MELDUNGEN
Medizinische Fachangestellte statt Arzthelferin
In Arzt- und Tierarztpraxen haben neue
Begriffe und Verfahren Einzug gehalten:
Qualitäts- und Zeitmanagement, Textverarbeitung, Zusammenarbeit im Team ...
Um dem Rechnung zu tragen, wird in den
Neuordnungen aus der ehemaligen »Helferin« die Medizinische bzw. Tiermedizinische Fachangestellte, die auf den erweiterten Aufgaben- und Verantwortungsbereich in Praxen bzw. stationären Gesundheitseinrichtungen vorbereitet werden soll. Insbesondere auf kommunikative
und soziale Anforderungen soll der Nachwuchs zukünftig besser vorbereitet werden.
Diesen Anforderungen muss auch
durch veränderte Prüfungsformen Rechnung getragen werden. So setzten sich
die Sachverständigen auf Arbeitnehmerseite dafür ein, dass insbesondere die
praktische Prüfung qualitativ und quantitativ an Gewicht gewinnt. Dazu hatte die
Arbeitgeberseite allerdings ganz andere
Vorstellungen. Sie scheute den organisatorischen und finanziellen Aufwand. Zeitweilig drohte die Kontroverse sogar den
erfolgreichen Abschluss des Verfahrens zu
gefährden. Doch schlussendlich einigten
sich die Sachverständigen. In beiden Neuordnungen konnte die Arbeitnehmerseite
eine handlungsorientierte Prüfung durchsetzen. Die Prüfungszeit soll ca. 75 Minuten betragen. Die abschließende Bestätigung des Neuordnungsentwurfs in den
Beschlussgremien vorausgesetzt, können
die Ausbildungsregelungen für die beiden
Berufe ab August 2006 in Kraft treten.
AKTIV
drei
15_Oktober 2005
TARIFKONFLIKT UNIKLINIKEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG
Unikliniken aktiv
Im Juni streiken 3.000 Beschäftigte der
Unikliniken in Freiburg, Heidelberg,
Tübingen und Ulm. Sie wehren sich gegen die
Arbeitgeberforderungen: 40-Stunden-Woche,
Einfrieren der Gehaltstabellen, Wegfall bzw.
Kürzung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
Die Tarifverhandlungen gehen am 13. September
in Stuttgart in die entscheidende Runde. ver.di hat
zur Demo am Verhandlungsort aufgerufen.
Bei Scheitern Streik?
Chefarzt klagt
auf Mehrarbeit
Der Chefarzt einer allgemeinchirurgischen
Abteilung war vom Krankenhausträger
aufgefordert worden, wegen Budgetüberschreitungen bis zum Jahresende keine
Implantatoperationen mehr durchzuführen. Selbst Notfalloperationen wurden
untersagt. Das Abeitsgericht Gelsenkirchen entschied mit einstweiliger Verfügung, zumindest was der Chefarzt als
Notfälle deklariere, dürfe er unbeschränkt
durchführen (Beschluss vom 20.12.1996
– 1 Ga 45/962). Denn die Anordnungen
des Krankenhausträgers dürfen nicht in
den Kernbereich des ärztlichen Berufsrechts eingreifen. Die Therapiewahl könne nicht von haushaltsrecht-lichen Erwägungen abhängig gemacht werden.
RAZZIA BEI MARSEILLE-KLINIKEN
GÜNZBURG
Aufsichtsratswahlen
Im Juli gab es beim Rhön-Klinikkonzern
vorgezogene Aufsichtsratswahlen. Durch
weitere Klinikübernahmen war die Beschäftigtenzahl auf über 20.000 gestiegen. Im Aufsichtsrat fallen nun 10 Sitze
auf die Arbeitnehmerseite. Die ver.di-Liste hat bei den Gewerkschaftsvertretern
alle drei Sitze errungen. Der Marburger
Bund, der erstmals angetreten war, konnte sich nicht durchsetzen. Auch bei den
betrieblichen Arbeitnehmervertretern ist
ver.di stark und hat fünf von sechs Sitzen
gewonnen. Ein Sitz ging an den Marburger
Bund. Freie Listen wurden klar abgeschlagen.
Uni-Kliniken Marburg
und Gießen
3.000 Menschen folgten dem Aufruf von
ver.di und demonstrierten in Marburg
gegen den Verkauf der Uni-Kliniken
Marburg und Gießen. Am Nachmittag des
20. Mai 2005 platzte der Marburger
Marktplatz aus allen Nähten. Eineinhalb
Stunden lang hatte sich der kilometerlange Demonstrationszug durch die Stadt
gewälzt und war dabei trotz der Verkehrsbehinderung auf durchweg positive Resonanz bei der Bevölkerung gestoßen. Auf
Transparenten wurde der hessische Ministerpräsident Roland Koch als »brutalstmöglicher Job- und Zukunftskiller« bezeichnet. Die hessische Landesregierung
will die beiden Uni-Kliniken erst fusionieren und zum 1. Januar 2006 an einen
privaten Krankenhauskonzern verkaufen.
Das hat kein Mensch verdient
»Die alten Menschen werden jetzt so behandelt, wie sie es verdienen, behandelt zu werden«, lobte Hans-Dietrich Genscher beim Festakt zum 20. Jubiläum der Marseille-Kliniken AG (MKAG) in Hamburg den Altenpflegekonzern.
Was Bewohnerinnen, Bewohner und
Beschäftigte im Seniorenwohnpark
Flora Marzina in Herne erleben müssen, kann der ehemalige Bundesaußenminister aber nicht gemeint
haben. In dieser Einrichtung der Marseille-Kliniken AG liegt viel im Argen:
Es gibt Schwarzschimmel und Stockflecken. Bewohnerinnen und Bewohner sitzen neben Eimern, die das Wasser auffangen sollen, das von der
Decke tropft. »Tropfsteinhöhle« nennen die Altenpflegerinnen die Stellen,
an denen bereits Stalaktiten von der
Decke wachsen. Eine völlig verrostete
Duschwanne aus dem Jahre 1951 muss
für 12 Bewohner/innen herhalten.
Der Stecker des Wärmewagens ist angekokelt, die Kolleginnen üben ihre
Geschicklichkeit bei 380 Volt. Der Fäkalienspüler ist kaputt. Daneben ein
Schild: Nächste Wartung August 1999.
Im Juli 2005 gaben sich Feuerwehr,
Heimaufsicht, Amt für Arbeitsschutz,
Amtsapotheker, Ordnungsamt, Bauaufsicht und Gesundheitsamt in Herne
die Klinke in die Hand.
»Unter den Kolleginnen und Kollegen
geht die Angst um«, weiß der Betriebsratsvorsitzende Ralf Walewitz. Wird es
einen Belegungsstopp geben, wird das
Haus gar geschlossen? Wem droht der
Verlust des Arbeitsplatzes? Was wird
aus der Auflage der Heimaufsicht, bei
der zu dünnen Personaldecke endlich
nachzubessern?
Die Antwort auf die wachsende
Unruhe in der Belegschaft verblüfft:
Vor dem Amtsgericht Herne beantragte die Marseille AG, dem Betriebsrat
solle unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis 500.000 Euro und ersatzweiser Ordnungshaft untersagt
werden, am 22. Juni 2005 eine Versammlung durchzuführen. Der Betriebsrat konnte sich durchsetzen – mit
einer Versammlung einen Tag später
als geplant.
»Nach unseren Informationen hat
Marseille beim Kauf der beiden städtischen Altenheime in Herne 1998 vertraglich zugesichert, innerhalb von
fünf Jahren weit mehr als 12 Millionen
DM zu investieren, 6 Millionen sofort«,
berichtet ver.di-Sekretär Dietmar
Skowasch-Wiers. »Passiert ist so gut
wie nichts.«
Im Zusammenhang mit den aktuellen Recherchen hat ver.di auch in Erfahrung gebracht, dass die MKAG für
die beiden Herner Altenheime seit
1998 keine Pflegesatzverhandlungen
mehr geführt haben soll. Der Verdacht:
Die MKAG will die Daten nicht offen
legen. Um in diesen Jahren die Kosten
stabil halten zu können, wurde immer
weniger Personal beschäftigt.
Nun endlich will die Marseille-Kliniken AG aufgrund des öffentlichen
Drucks investieren. Von drei Millionen
Euro ist die Rede. Doch schon 1998
stellten Mitbewerber einen Investitionsbedarf von 22,5 Millionen DM fest.
Bei Marseille ist die Welt auch
außerhalb von Herne schon lange nicht
in Ordnung: »Razzia bei Marseille«
lautete die Überschrift im Spiegel
23/2005. »Schlammschlacht der Pflege-Manager« titelte die Welt am Sonntag in einem Artikel über MarseilleKliniken am 19. Juni 2005.
Kuhglocken läuten
Kehrtwende ein
Der Bezirk Schwaben ist mit 3.300 Beschäftigten, davon 1.300 in Günzburg,
einer der größten Arbeitgeber sowie der
zweitgrößte Krankenhausarbeitgeber der
Region. 90 Prozent der Beschäftigten
arbeiten in den Bezirkskrankenhäusern
und Heimen. Auf Druck der stoiberschen
Staatskanzlei (40-Stunden-Woche ab
Oktober) sollten die Bezirke Zug um Zug
ihre Tarifbindung aufgeben und aus dem
Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV)
austreten.
Unter wütendem Kuhglockengeläut
von über 250 Allgäuer Beschäftigten beschloss Schwaben im April als erster
Bezirk den Ausstieg aus dem Kommunalen
Arbeitgeberverband (KAV). Der Widerstand der Beschäftigten formierte sich.
In jedem einzelnen Bezirkskrankenhaus
fanden ver.di-Informations- und Protestveranstaltungen statt.
Mit einer der größten Veranstaltungen
in der Geschichte des Bezirkskrankenhauses Günzburg hatten rund 450 Beschäftigte der Klinik zum Ausdruck gebracht, dass sie mit dem geplanten Ausstieg des Bezirkes aus dem KAV nicht
einverstanden waren. Am 30. Juni 2005
kam die Kehrtwende: Der Bezirkstag entschied, den Beschluss vom April auszusetzen. Der Bezirk Schwaben bleibt bis
auf weiteres Mitglied im KAV und damit
tarifgebunden.
drei
15_Oktober 2005
ARBEITEN UND LEBEN
PHYSIOTHERAPEUTINNEN IM GEMEINSCHAFTSKRANKENHAUS HERDECKE
Physiotherapie im Umbruch
In der grünen Idylle des südlichen
Ruhrgebiets, weitab von Ortschaften
und konkurrierenden Kliniken, ist von
der Frühreha über die Neurologie und
Chirurgie bis zur Geburtsstation noch
alles unter einem Dach. Das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke versorgt
seit 1969 ambulant und stationär mit
471 Betten die Bevölkerung in Herdecke und Umgebung.
Hier arbeiten Axel und Janet in der
Physiotherapie. Janet ist das »Küken«
im 13-köpfigen Team. Sie hat in Physiotherapie-Praxen gearbeitet und ist erst
seit März dabei. Axel ist wie die meisten seiner KollegInnen seit Jahren in
Herdecke. Schwerpunkt ist hier die Behandlung von Querschnitt-Patienten.
Im Idealfall bekommen sie zweimal
am Tag eine Einzelbehandlung von
45 Minuten. Am Nachmittag ist Rollstuhlsport in der eigenen Turnhalle
angesagt – und Freizeitangebote. Die
Kranken aus der neurologischen Abteilung werden – wenn nötig – auch zu
zweit behandelt. »Jeder hat aber nur
einen bestimmten Anteil dieser ›schweren‹ Patienten. Das ist schonender für
uns. Machen können wir das, weil wir
morgens zusammensitzen und jeder
sagen kann: Ich hab’ schon sechs
Querschnitte, ich brauch’ was Leichtes,
eine Atemtherapie oder eine Gangschule. Das möchten wir unbedingt
retten«, sagt Janet. Axel ergänzt nachdenklich: »Wir sind zufrieden, aber frag
uns mal in einem halben Jahr.«
Die Idylle im Gemeinschaftskrankenhaus ist trügerisch: Die Geschäftsführung verhandelt mit einem auswärtigen Interessenten. Die Bäderabteilung,
die Physio- und Ergotherapie sollen
komplett verkauft werden. Die Klinikleitung will die stationären Leistungen
weiterhin erfüllen, hofft aber auf Einnahmen über ambulante Angebote, für
die es mehr Geld gibt, wenn ein privater Träger sie erbringt – beispielsweise
eine Praxis oder eine GmbH.
Von 2.000 Hospitälern in der Bundesrepublik sind 468 in rein privater
Hand. Was das für die Physiotherapie
bedeuten kann, stellte Mathias Klitzke,
leitender Physiotherapeut der Vivantes
GmbH, auf einem Symposium des
Berufsverbandes ZVK vor: Aus dem
therapeutischen Schlaraffenland mit
traumhaften Personalschlüsseln sei
eine zentralisierte Abteilung geworden.
Bei einigen Krankenhäusern wurde das
Personal um die Hälfte reduziert. Politisch gewollt sollen in den nächsten
Jahren viele Kliniken schließen und spezialisierten Zentren weichen. Im Wettbewerb um Spezialisierung und Privatisierung werden heute Küchen- oder
Reinigungsdienste an externe Anbieter
vergeben oder Kliniken gründen eigene
Servicebetriebe. Die Klinikmanager
wollen Kosten sparen – vorzugsweise
beim Personal, das untertariflich bezahlt werden kann. Vom Outsourcing
der Physiotherapie versprechen
sie sich neue Marktsegmente und Einfluss auf »Patientenströme«. Das Uniklinikum Köln hat im letzten Jahr die
Medifitreha GmbH gegründet. Ihr Geschäftsführer leitet gleichzeitig die nun
zentralisierte physiotherapeutische Abteilung des Klinikums. Die Therapeutin
Ulrike arbeitet seither weiter in der
Neurochirurgie für die stationären Patienten unter fast gleichen Bedingungen. Der Personalrat hatte den völligen
Verkauf verhindert und erwirkt, dass
die Angestellten ihre Verträge mit dem
alten Arbeitgeber behalten. Sie sind
der neuen Firma lediglich beigestellt.
Die Ausstattung im stationären Bereich
ist gleich dürftig geblieben, doch statt
sechs sind nur noch vier Kolleginnen
für die 74 Betten der Neurochirurgie
zuständig. Investiert wird hier wie anderswo in die ambulante Behandlung.
Der Sektor gilt als aussichtsreich. Mit
den diagnosebezogenen Abrechnungsschlüsseln (DRGs) werden die
Liegezeiten weiter sinken. Patienten
sollen deshalb möglichst in eigener Regie weiter ambulant versorgt werden.
Medifitreha hat dafür rund 17 Stellen
geschaffen. Einen Personal- und Betriebsrat gibt es nicht, aber eine Corporate identity: Alle – auch die Klinikangestellten – tragen T-Shirts mit
Firmenlogo. Die ersten Verlierer im
Wettkampf um den ambulanten Sektor
sind die niedergelassenen Praxen am
Ort. Ihre Situation ist durch die Politik
der Kassen, die für Heilmittel wenig
zahlen und drastisch budgetieren, ohnehin oft prekär. Hier halten 400-EuroJobs und »freie Mitarbeit« ohne Sozialversicherung und Mutterschutz
Einzug. Dass Einkommenslücken über
Wellness- und Zusatzangebote zu
schließen sind, ist keineswegs sicher.
»Auch auf den Wassern des Selbstzahler-Marktes herrschen raue Winde«,
vermeldet die Fachzeitschrift »physiopraxis«.
Axel befürchtet unter einer neuen
Leitung starre Arbeitsabläufe und
mehr: »Es könnte Arbeitsverträge geben, die vom Tarif abgekoppelt sind. In
diesem Haus ist es ohnehin Tradition,
Tariferhöhungen nicht mitzumachen,
auszusetzen oder verspätet zu zahlen.
Und selbst wenn wir unsere Verträge
halten – die nachfolgenden Kollegen
bekommen schlechtere.« Axel und
Janet spekulieren über die laufenden
Verhandlungen, informiert sind sie
kaum. Die Situation ist angespannt:
»Früher waren wir 17; die Stellen werden wegen der unsicheren Situation
nicht besetzt. Hier weht zwar noch ein
anderer Wind – aber nur ein bisschen.
Wenn man ehrlich
ist, haben wir alle
Pläne bis zum Rand
voll, arbeiten
unter enormem
Foto: Tobias Michel
»Wir sind zufrieden, aber frag uns mal in einem halben Jahr«
Axel und Janet im Pausenraum des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke.
Sie sind sich einig: »Diejenigen, die hier oder anderswo physiotherapeutische
Abteilungen outsourcen, sind mit Zahlen befasst. Es geht um Geld, nicht um
ein sinnvolles Behandlungskonzept.«
Druck und mit weniger Zeit für Besprechungen und für Patienten, als wir
wünschen«. Das Team steht für einander ein und hat hohe Ansprüche an die
Patientenbetreuung. Da wird unter den
gegebenen Bedingungen mal auf die
Mittagspause verzichtet oder später
Feierabend gemacht.
»Sollte sich ein privatisiertes Modell
rechnen, dann wird die Kohle sicher
nicht an die gehen, die mit den Kranken arbeiten«, meint Axel. Wie viele andere haben Axel und Janet viele Fortbildungen gemacht und privat finanziert,
obwohl das weder Aufstiegschancen
noch das Gehalt verbessert. Arbeitgeber zahlen wenig dazu. Dennoch:
Wenn die beiden Herdecker in ihre
»Zauberkiste« packen und helfen können, damit ein junger Patient wieder
auf die Füße kommt oder eine Schlaganfallpatientin selbstständig wird, dann
ist das einfach toll. Unter Kosten- und
Privatisierungsdruck wird diese Hilfe
zunehmend auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen.
Dagegen wiederum hilft
politisches Engagement.
ERIKA FEYERABEND
7
BERUFE VORGESTELLT
Physiotherapeut/
Physiotherapeutin
Ô Aufgaben
Physiotherapeutinnen und -therapeuten
begegnen Kranken und Gesunden jeden
Alters. Nach ärztlicher Diagnose erstellen
sie eigene Befunde und Therapiepläne, die
mit verschiedensten Methoden Schmerzen
lindern und Bewegungsmöglichkeiten
zurückgewinnen oder erhalten können. Im
orthopädischen Bereich gilt es, Erkrankungen von Knochen und Gelenken zu behandeln. Bei neurologischen Patienten und
chronisch Kranken soll ein weitgehend
selbstständiges Leben ermöglicht werden.
Präventiv wirkt der Berufsstand in der Bewegungserziehung am Arbeitsplatz oder in
Kindergärten. In Kliniken, der Rehabilitation, der Prävention und in privaten Praxen
arbeiten rund 75.000 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter in Vollzeit, Teilzeit, befristet, in
Praxen auch als »freie Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter« und im 400-Euro-Job. Der
Beruf ist hilfreich für Kranke und befriedigend für Therapeuten und Therapeutinnen,
wenn eine gute Ausbildung und genügend
Behandlungszeit vorhanden sind.
Ô Ausbildung
Die dreijährige Ausbildung findet in ca.
250 Fachschulen statt, meist für 300 bis
500 Euro Schulgeld pro Monat. Die 47
schulgeldfreien Ausbildungsstätten führen
Wartelisten. Für viel Geld gibt es aber
nicht überall eine Ausbildung, die theoretische und praktische Kenntnisse befriedigend verzahnt. Mittlerweile werden 14
Fachhochschul-Studiengänge angeboten.
Einige wenige Bundesländer favorisieren
eine Art Mini-Studium: Der Fachschule
folgt ein Studium von zwei oder drei
Semestern, dessen Anerkennung weder
eindeutig ist noch sicher zu besserem Gehalt führt. Beim »berufsbegleitenden Studium« winkt nach sechs Jahren ein Hochschulabschluss – an privaten Institutionen
für monatliche Gebühren von bis zu 490
Euro. Die Ausbildung wird sich verändern.
Es gibt jedoch bisher kein Konzept zur
Reform der Ausbildung, auf das sich alle
Beteiligten – Ministerien, Gewerkschaft,
Verbände und Schulen – einigen könnten.
Ô Weiterbildung
Mit der Grundausbildung ist es nicht getan: Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten bilden sich fort – in den verschiedenen Behandlungsmethoden und für
vielfältige Krankheitsbilder. Zertifizierte
Weiterbildung ist nötig, um auf dem engen Arbeitsmarkt zu bestehen oder als
Niedergelassene bestimmte Patientengruppen behandeln und mit den Kassen
abrechnen zu können. Berufsverbände und
Akademien bieten Kurse für klassische
Verfahren der Krankengymnastik (300 bis
400 Euro), für Gesundheitsmanagement
(bis zu 1.900 Euro) oder Nordic Walking
(120 Euro).
Ô Perspektiven
Die Arbeitslosenzahlen sind um 50 Prozent
auf 5.694 gestiegen. Pro Jahr verlassen
6.000 AbsolventInnen die Fachschulen.
80 Prozent der PhysiotherapeutInnen sind
Frauen, die beim Berufseinstieg (BATWest) mit 21 Jahren und ledig knapp
1.770 Euro brutto monatlich verdienen.
Abhängig vom Aufgabengebiet können es
dann mit 30 Jahren etwa 500 Euro mehr
sein, in Ausnahmefällen sogar knapp
2.500 Euro brutto. Die Einkünfte der
Selbstständigen sind mit der Heilmittelrichtlinie um 8 bis10 Prozent gesunken.
Die Suche nach alternativen Einkünften
weist in Richtung Wellness und Prävention. Die Versorgung Kranker wird budgetiert und vielerorts im 20-Minuten-Takt
rationiert. Der Praxisalltag wird für
Selbstzahler geöffnet – für eine »kassenunabhängige, verordnungsfreie« Zukunft.
AUSBLICK
8
drei
MITNEHMEN
RUNDUM
15_Oktober 2005
Die Broschüren sind kostenlos
über die ver.di-Bezirke erhältlich.
Südafrika: Schwestern arbeiten in Pyjamas
Krankenschwestern im südafrikanischen
Bundesstaat Gauteng haben aus Protest
gegen die fehlende Stellung von Berufskleidung ihre Schicht in Pyjamas und
Nachthemden angetreten. »Wenn die Soldaten und die Polizisten Uniformen bekommen, sogar für mehrere Tage zum
Wechseln, warum dann nicht die Krankenpflege?«
Barba Gaoganediwe vom Gesundheitsministerium schimpft auf die Angestellten,
die mit ihrem unreifen und peinlichen
Verhalten auch die Sicherheit verletzten.
Niemand könne zwischen Schwestern
und Patienten unterscheiden, man könne
sogar einfach im Pyjama in eine Klinik
hineinspazieren und sich als Schwester
ausgeben. Er droht mit Abmahnungen
wegen ungebührlichen Verhaltens. Lesiba
Seshoka, Sprecherin der Gewerkschaft Denosa, begründet die spektakuläre Aktion:
»Es ist nichts daran spaßig, wenn die
Kolleginnen heimlich nebenher arbeiten
müssen, um ihr ärmliches Gehalt aufzubessern und sich die Arbeitskleidung
selbst zu kaufen.«
deren mehrmonatigem Einsatz im IrakKrieg. Die seelische Gesundheit sei nicht
schlechter geworden, die Forscher fanden
nichts Auffälliges. Mehr noch, sie beschreiben nun »eine hochsignifikante relative Verbesserung im Geisteszustand.«
Leider wurde weder etwas über den
Geisteszustand der Forscher veröffentlicht
noch wurden ihre Auftraggeber genannt.
Krieg auf Krankenschein?
Eine Forschungsstudie, veröffentlicht im
British Journal of Psychiatry, untersuchte
streng wissenschaftlich, wie sich eine Teilnahme an einem Krieg auf die geistige
Verfassung der Soldaten auswirkt. Das
Team vom King’s College London befragte
Soldaten aus Colchester und Essex nach
Quelle: BNN: British Nursing News Online
www.bnn-online.co.uk
Patiententourismus ins Ausland
Die deutschen Krankenhäuser locken ausländische Patienten, um nebenbei Kasse
zu machen. Doch das funktioniert auch
umgekehrt. Die mhplus Betriebskrankenkasse verschickt ihre Versicherten für drei
Wochen ins europäische Ausland, wo sie
mit Kureinrichtungen feste Leistungspakete und Pauschalen ausgehandelt hat.
Massagen, Heilgymnastik, Thermalbäder,
Unterkunft gibt es billiger; mhplus betei-
ligt sich mit 13 Euro pro Tag an Kost und
Logis. Die Ludwigsburger BKK hat Verträge
mit Kurbädern in Tschechien, Polen und
Ungarn. Der Vorstand der BKK futur, Hermann van der Wouw, verteidigt die Landflucht: »Europa wächst zusammen. Die
Krankenkassen stehen im Wettbewerb.
Da ist es eine natürliche Entwicklung,
wenn sich Kostenträger Gesundheitsangebote auch jenseits der Grenzen an-
schauen. Die BKK futur stellte schon immer auch die Berücksichtigung von Versichertenpräferenzen in den Mittelpunkt
ihres Versorgungsmanagements. Die Leistungen und Preise stimmen, die Bäder
sind an interessanten Standorten und
haben eine lange Tradition. Das spricht
gerade Versicherte aus den neuen Bundesländern an.«
Quelle: klinik@news, 31.3.2005
London: Schwestern-Roboter im Dienst
Schwester Mary und Doctor Robbie tragen die Seriennummer RP6. Doch sie sind
die Ersten ihrer Art in Europa. Sie können
– so versprechen ihre Konstrukteure –
auch über Entfernungen hinweg die Versorgung von Patienten übernehmen. Die
noch etwas kantigen Maschinen tragen
im »Gesicht« einen Bildschirm, auf dem
eine abgefilmte Ärztin oder ein Arzt er-
scheinen kann. Die sprechen dann mit den
Kranken, überprüfen die Röntgenbilder
und Laborergebnisse und stellen ihre
Fragen. Sie benötigen dazu nur irgendwo
ein ruhiges Plätzchen, einen Laptop, einen
Joystick, eine Kamera und ein Mikrophon.
Projektleiter Parv Sains, in der Forschungsabteilung des Londoner St. Maryhospitals
tätig: »Unsere Roboter werden sicher nie
alle Stationsärzte ersetzen. Aber sie sind
ein Werkzeug zur Verständigung, das einem Arzt direkten Kontakt zu jenen Patienten erlaubt, zu denen er nicht gelangen
kann.« Darum werden die Medizinroboter ebenfalls vom Militär auf Schlachtfeldern getestet werden, aber auch bei
Natur- oder »bioterroristischen« Katastrophen.
Pflegeheim?
Die Fallpauschalen ab 2005
Woran erkenne ich ein gutes Pflegeheim?
ver.di will bei der Entscheidung für das
richtige Pflegeheim helfen und hat eine
Checkliste mit Qualitätskriterien herausgegeben.
Ganz wichtig für den Standard, nach
dem die künftigen Bewohner betreut werden, sind Fragen nach den Arbeitsumstände und Arbeitsverhältnissen des Pflegepersonals. Wie hoch ist der Anteil der
qualifizierten Fachkräfte mit dreijähriger
Ausbildung? Welchen Stellenwert haben
Fort- und Weiterbildung? Bildet das Pflegeheim selbst Fachkräfte aus? Erhalten die
Beschäftigten Tariflöhne?
Auch die räumliche Situation spielt
eine wichtige Rolle bei der Auswahl eines
Pflegeheims. Aus der Tatsache, dass die
Zimmer hell und freundlich sind, die Betreuten persönliche Einrichtungsgegenstände mitbringen dürfen und das Haus einen ordentlichen und sauberen Eindruck
macht, lassen sich Rückschlüsse auf die
Betreuungsqualität ziehen.
Ergänzungsband zur DRG-Broschüre
Mit dem 2. Fallpauschalengesetz wurden
Anzahl und Struktur der Fallpauschalen
verändert, Sonderentgelte definiert und
Anwendungsbereiche konkretisiert. Auch
die Einführungsphase der DRGs und die
Finanzierung der Ausbildung wurden neu
gestaltet.
In der vorliegenden Broschüre werden
die Änderungen bis Juni 2005 dargestellt
und bewertet. Wir knüpfen damit an unsere bereits 2004 erschienene Veröffentlichung »Von den DRGs zum Umbau der Gesundheitslandschaft« an. Sie wurde in
großem Umfang von betrieblichen Interessenvertretern im Gesundheitswesen als
Handwerkszeug genutzt und als verständliche Information über die Funktionsweise
der DRGs geschätzt. Vor allem bei der Bewertung der wirtschaftlichen Situation der
Kliniken und zukünftiger strategischer
Ausrichtung gibt sie betrieblichen Interessenvertretern die erforderlichen Hintergrundinformationen.
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Alle zwei Wochen prägnante Analysen und Berichte rund um die Themen Arbeit, Wirtschaft und Soziales www.boecklerimpuls.de
+++ Berufsausstieg von Pflegekräften entgegenwirken, Experten-Hotline der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
(BAuA) www.baua.de +++ Künftig haben mehr Eltern von Auszubildenden einen Anspruch auf Kindergeld, bisherige Praxis war verfassungswidrig www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20050111_2bvr016702 +++ Nach Erscheinen SchwarzBuch Lid, erster Betriebsrat in München mit Pate OB Christian Ude www.verdi.de/0x0ac80f2b_0x02803993 +++ Public Private
Partnership: ver.di-Positionen, PPP-Expertise von Prof. Dr. Dietrich Budäus www.verdi.de/0x0ac80f2b_0x027eaf47 +++ Digitaler
Werkzeugkasten angeboten von ver.di-Arbeiterinnen www.verdi.de/arbeiterinnen_und_arbeiter/materialien-ablage
Klaus Dörner
Das Gesundheitsdilemma
Woran unsere Medizin krankt –
Zwölf Thesen zu Ihrer Heilung
M I T M AC H E N
Seminare /Veranstaltungen
WANN
WAS
WO / KONTAKT
10. bis 14. Oktober
Gleichstellung im Betrieb fördern | Strategie des
Gender Mainstreaming: betriebliche Konzepte
der Umsetzung am Beispiel eines Gesundheitskonzerns | Zielgruppe: BR, PR, insbes. Gleichstellungs- und Frauenbeauftragte
Berlin
ver.di-Bildungs- und Begegnungszentrum
Koblanckstraße 10, 14109 Berlin
Kontakt: [email protected]
24. bis 28. Oktober
Turn-around-Beratung bei drohender Insolvenz
Je früher der Handlungsbedarf in Krisenphasen erkannt wird, desto größer sind die Gestaltungsspielräume. | Zielgruppe: BR, VL
Saalfeld
ver.di-Bildungsstätte
Auf den Rödern 94, 07318 Saalfeld
Kontakt: [email protected]
6. bis 11. November
Gesundheit fordern – Gesundheit fördern
Arbeits- und Gesundheitsschutz als eine der zentralen
Aufgaben gewählter Interessenvertreter/innen, bietet
einen vielseitigen Handlungsrahmen auf der Basis gesetzlicher Grundlagen.
Berlin
ver.di-Bildungs- und Begegnungszentrum
Koblanckstraße 10, 14109 Berlin
Kontakt: [email protected]
7. bis 9. November
Arbeit ohne Ende
Warum arbeiten Beschäftigte oft sogar unbezahlt
weiter? Was treibt sie dazu? Neue Handlungsansätze
für Interessenvertretungen gegen »Überarbeit«.
Bielefeld
Anmeldung:
www.die-welt-ist-keine-ware.de/fb3-news/aoe.pdf
9. November
Fachtagung Pflegelehrer
Thema der 5. Fachtagung für Pflegelehrerinnen und
-lehrer: Zentralisierung und Weiterentwicklung von
Pflegeschulen.
Dortmund
Westfälisches Zentrum für Psychiatrie,
Psychotherapie und Psychosomatik
[email protected]
30. November
bis 2. Dezember
Zentralisierung von Krankenpflegeschulen
Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAVen)
mischen sich ein bei der Neuorganisation von Ausbildungsstätten. | Zielgruppe: JAV, BR, PR
Naumburg
ver.di-Jugendbildungsstätte
Kontakt: [email protected]
Informationen für den Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen
In zwölf Thesen beschreibt Klaus Dörner,
warum wir uns in einem Dilemma befinden, wenn wir das Gesundheitswesen
nach rein marktwirtschaftlichen Vorgaben
organisieren. Klaus Dörner erklärt die Zusammenhänge bei der Kostensteigerung
im Gesundheitswesen durch Steigerung
von Bedürfnissen und durch die Zunahme
von Alterskrankheiten. Kritisiert wird das
Handeln der Ärzte wie auch das der politisch Verantwortlichen, die es nicht geschafft haben, z.B. die in den 80er Jahren
aufgestellte Forderung »ambulant vor stationär« konsequent durchzusetzen. Das
Buch ist keine »Gute-Nacht-Lektüre«: Die
Lektüre dieses Bändchens macht unruhig,
es lässt nicht ohne weiteres an das Credo
der Gesundheitswirtschaft als boomende
Branche glauben. Empfehlenswert, insbesondere für im Gesundheitswesen tätige
Menschen.
Ullstein Verlag, 7,95 €
Susanne Kreutzer
Vom » Liebesdienst « zum
modernen Frauenberuf
Die Reform der Krankenpflege
nach 1945
Im Mittelpunkt steht die Geschichte des
Bundes freier Schwestern in der ÖTV von
1945 bis in die 60er Jahre. Die Historikerin
widmet sich einem nahezu unerforschten
Kapitel der Nachkriegs- und Gewerkschaftsgeschichte. Wie kam es, dass sich
der Bund freier Schwestern in einer von
Männern beherrschten Gewerkschaft erfolgreich durchsetzen konnte? Interessante Einblicke gewährt das Buch in den Zusammenschluss und die Auflösung der
Deutschen Schwesterngemeinschaft (DSG)
und deren kurze Mitgliedschaft in der
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schwesternverbände (ADS) – wenn man so will,
Vorläuferorganisationen des Deutschen
Pflegerats.
Ein lesenswertes Buch nicht nur für
historisch Interessierte. Ein Fundus auch
für den berufskundlichen Unterricht, bei
dem die Gewerkschaftsgeschichte in aller
Regel zu kurz kommt oder ganz unterschlagen wird.
Campus Verlag, 34,90 €
ISBN 3-593-37741-1
ABGEFÜHRT
Gesehen im Evangelischen Krankenhaus Lippstadt
Foto: Privat

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