Alexander-von-Humboldt-Schule Viernheim/Hessen Wie wir wurden
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Alexander-von-Humboldt-Schule Viernheim/Hessen Wie wir wurden
Alexander-von-Humboldt-Schule Viernheim/Hessen Wie wir wurden was wir sind Der Schulverwaltungsausschuß (die Konferenz der Viernheimer Schulen) konzipiert im Oktober 1964 ein Schulbauprogramm mit dem Ziel, östllich der August-BebelStraße eine Schule zu errichten. Dies geschieht unter dem Eindruck ständig steigender Schülerzahlen, hervorgerufen durch das sprunghafte Wachstum der Stadt - Verdreifachung der Einwohnerzahl nach dem Krieg - überdurchschnittlicher Zuzug, durch den Aufbau zweier Realschulen und der Einführung des 9. Pflichtschuljahres an Hauptschulen. Zwei Jahre später, 1966, billigt der Regierungspräsident in Darmstadt das vorgesehene Raumprogramm und beauftragt das Architekturbüro Kargel mit der Planung des Schulbaus. Groß ist der Einschnitt in das Viernheimer Schulwesen, als am 1. Januar 1970 die Schulträgerschaft auf den Kreis Bergstraße übergeht. Dieser richtet zusätzlich für die Beratungen mit dem Architekten pädagogische Planungsgruppen ein, in die die Schule für die Fachgebiete Verwaltung, allgemeiner Unterrichtsbereich, Naturwissenschaften, Sprachen, Polytechnik, Kunst und Musik je einen Vertreter entsenden soll, um auch die Wünsche und Vorstellungen der Lehrerschaft hinsichtlich der Ausstattung zu berücksichtigen. Bei zahlreichen auswärtigen Sitzungen beteiligen sich von uns Frau Ortrud Beideck, Frau Erika Issing, Herr Rudolf Engel, Herr Heinz Mandel, Herr Werner Mandel, Herr HansJürgen Prinz und ich. Im Sommer 1972 beginnt die Firma Koch mit der Errichtung einer achtzügigen Sekundarstufenschule. Das zukünftige Raumprogramm soll umfassen: im allgemeinen Unterrichtsbereich ( 2.640 Quadratmeter) 32 Gruppenräume 2 Großgruppenräume Sprachlabor und Elektronik-Fachraum 60 Einzelarbeitsplätze 4 Lehrerstützpunkte 2 Verfügungsräume im naturwissenschaftlichen Bereich (935 Quadratmeter) 3 Demonstrationsräume 9 Übungsräume, Sammlungsräume 12 Einzelarbeitsplätze im musischen Bereich (365 Quadratmeter) 2 Musikräume 2 Zeichenräume 2 Nebenräume im technischen Bereich (870 Quadratmeter) Lehrküche und Eßraum 5 Werkräume mit Nebenräumen im Informationsbereich (600 Quadratmeter) Einzelarbeitsplätze für Schüler und Lehrer Bücherstellfläche Audiovisuelles Studio Magazin und Klubräume im Organisationsbereich (688 Quadratmeter) Verwaltungsräume Archiv und Druckerei Hausmeisterzimmer sowie den Sportbereich und ein Hausmeister-Wohnhaus. Zu Beginn des 2. Schulhalbjahres 1972/73 erfolgt der Umzug in den 1. Bauabschnitt des neuen Gebäudes. 18 Klassen der Haupt- und Realschule ziehen von der Schillerschule aus der Stadtmitte in Viernheims Oststadt um. Im Oktober 1973 zeigt die Schüler- und Klassenstatistik bei 631 Schülern folgende Verteilung: Jahrgang Hauptschule Realschule Schüler Klassen Schüler Klassen 5 107 3 96 3 6 80 3 62 2 7 74 2 8 65 2 9 66 2 10 81 3 Summe: 187 6 444 14 Die 631 Schüler werden in 20 Klassen mit durchschnittlich 31,5 Schülern unterrichtet. Die Realschule ist von Beginn an voll ausgebaut, die Hauptschule nur in den Jahrgängen 5 und 6. Mit großem Improvisationstalent in der Stundenplangestaltung und Raumverteilung organisiert der Schulleiter, Herr Rektor Engel, den Schulalltag; unterstützt von seinem Stellvertreter, Konrektor Heinz Mandel, der, insbesondere auch mit künstlerischen Fähigkeiten ausgestattet, sich mit großem Eifer allen Bauund Einrichtungsfragen widmet. Ein zukünftiger kleiner Konferenzraum - heute Lehrerarbeitszimmer - dient als Physik- und Chemiesaal; Werkunterricht wird im Keller, Musikunterricht im Klassenraum erteilt. An der Südseite hinter der ersten Treppe wird eine provisorische Wand errichtet, hinter der die Arbeiten für den 2. Bauabschnitt nicht immer ohne störenden Lärm weitergehen. Die anfängliche Begeisterung für "modernen Schulbau" schwindet sehr schnell, als nach dem Einzug die alltägliche Schulpraxis mit der theoretischen Konzeption des Architektenbüros kollidiert und sich nicht mit den pädagogischen Absichten in Verbindung bringen läßt. Etwa die im Zeitalter der Großraumbüros übliche Organisationsform, die Einrichtung sogenannter "offenen Bereiche" (Cluster) in die Schule zu übertragen und einzelne Klassen nur durch halbhohe, offene Raumteiler abzutrennen, stellt sich als unrealisierbar heraus. "Da die zur Zeit in diesem Cluster zu unterrichtenden Klassen jedoch eine Schülerzahl von 35 und mehr ausweisen, sehe ich mich außerstande, unter diesen Bedingungen für eine Durchführung des Versuches "Unterricht im offenen Cluster" zu plädieren"; so das Votum von Schulrat Kutzmann (09.02.1973) an den Schulträger. Die Cluster verschwinden, Klassenzimmer werden eingerichtet. Im Dezember 1974 - der Einzug in den 2. Bauabschnitt (musischer Bereich, Aula, 3 Gruppenräume) ist gerade abgeschlossen - werden im Gespräch mit Vertretern der Stadt, den Viernheimer Schulen und dem Schuldezernenten des Kreises (Herr Fraas) mit dem Staatssekretär des Kultusministeriums (Herr Moos) die Weichen für den Aufbau einer schulformbezogenen Gesamtschule gestellt: Ein gymnasialer Zweig soll aufgebaut werden. In einer Elternversammlung für alle 4. und 5. Schuljahre der Stadt Viernheim am 26.02.1975 gibt der 1. Kreisbeigeordnete Dr. Bergmann diese Absicht bekannt. Daraufhin melden 60 Eltern ihre Kinder für das 5. Schuljahr des künftigen Gymnasialzweiges an. Die Sprachenfolge soll als Alternativangebot zum bereits bestehenden Gymnasium (AMS) Englisch Französisch sein. Herr Rektor Engel wird vom Regierungspräsidenten beauftragt, ein "Organisationsmodell" auszuarbeiten, das die örtliche Schulsituation, die Raumverhältnisse und die künftige Arbeits-und Unterrichtsorganisation beschreiben soll. Im Juni 1975 wird das Modell von Kollegium, Personalrat und Elternbeirat gebilligt, wenn auch unter Bedenken mit Blick auf den immer noch unfertigen Schulbau. Rechtzeitig zum Schuljahresbeginn 1975/76 kommt der Errichtungserlaß, sodaß Herr Engel in der Eröffnungskonferenz bekanntgeben kann: "Zum 1. August 1975 ist die Schule eine schulformbezogene Gesamtschule." Unter den neuen Lehrkräften befinden sich die ersten Gymnasiallehrer: Frau Degenring (Englisch), Frau Woyna (Mathematik, Biologie), Herr Breitkopf (Gesellschaftslehre) und Herr Schocke (Deutsch). Die übrigen Fächer werden von Kollegen/innen aus dem Haupt- und Realschulbereich erteilt. Schüler- und Klassenverteilung zum Schuljahr 1975/76 Jahrgang 5 6 7 8 9 10 Summe: Hauptschule Realschule Gymnasium Schüler Klassen Schüler Klassen Schüler Klassen 66 2 75 3 60 2 73 3 98 3 83 3 93 3 87 6 67 2 71 2 54 2 309 14 458 15 60 2 Ab Dezember 1977 ist Herr Schocke Schulleiter, Herr Engel Stellvertretender Schulleiter, Herr H. Mandel Pädagogischer Leiter, und die Zweigleiterstellen für die Realschule und die Hauptschule werden mit Herrn Maaß und Herrn Vettel besetzt. Das erste Leitungsteam der Gesamtschule konstituiert sich. Der neue Schulleiter, Heinz-Jürgen Schocke, 1939 in Darmstadt geboren, bestand dort 1958 das Abitur an der Georg-Büchner-Schule, studierte Germanistik, Geographie und Politische Wissenschaften an der Johann-Wolfgang-von-GoetheUniversität in Frankfurt. Nach seiner Referendarzeit in Groß Bieberau nahm er 1967 seine Lehrtätigkeit am Alten Kurfürstlichen Gymnasium in Bensheim auf. Seit 1973 war er Abgeordneter des Kreistages des Kreises Bergstraße, später auch Vorsitzender dieses Gremiums. Im April 1979 erhielt er seine endgültige Bestellung als Direktor der Gesamtschule in Viernheim. In den ersten Monaten des Jahres 1978 beginnt in der Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft eine umfängliche und intensive Diskussion über einen Schulnamen, der richtungsweisend für den inhaltlichen Schwerpunkt der Schule stehen soll. Während der Aufbauphase findet die Viernheimer Bevölkerung sehr rasch eine Bezeichnung für den Baukomplex: Sie betitelt ihn schlicht als "Oststadtschule", und dies empfinden viele Mitglieder der Schulgemeinde als wenig weihevoll, ja, sogar als abwertend. Das ändert sich am 10. Dezember 1979. Unter dem Eindruck des gerade vollendeten 3. Bauabschnitts, der den gesamten Physik-, Chemie- und Biologiebereich mit allen Demonstrations- und Schülerübungsräumen, sowie die Kunst-, Musik- und Polytechnikeinrichtungen umfaßt, führen die Überlegungen für eine Namensgebung eben in die naturkundliche Richtung. Ein bedeutender Naturforscher, ein Wissenschaftler ist gefragt, aber auch eine Persönlichkeit mit Vorbildcharakter soll es sein, und so fällt die Wahl auf Alexander von Humboldt. "Ein außergewöhnlicher Mann, der an Wissen und Kenntnis nicht seinesgleichen habe und eine Vielseitigkeit, wie sie nun gleichfalls noch nicht vorgekommen ist", so sein Zeitgenosse Johann Wolfgang von Goethe über den Namenspatron. Alexander von Humboldt (1769 - 1857) hat Wissenschaftsgeschichte geschrieben wie kein anderer Forscher zu seiner Zeit, und er gilt heute noch als eines der letzten großen naturwissenschaftlichen Universalgenies. Sein Verdienst war es, den spekulativen Ansichten seiner Zeit über Natur die exakte Naturwissenschaft entgegen zu setzen. Physik, Chemie und Biologie waren ihm ebenso vertraut wie Astronomie, Geologie und Karthographie. Geophysik und Pflanzengeographie werden durch seine bahnbrechenden Arbeiten zu eigenen Fachdisziplinen. Als vielseitiger Forscher verbrachte er die Zeit von 1799 bis 1804 in Süd- und Mittelamerika. Gemeinsam mit dem französischen Botaniker und Arzt Aimé Bonplant sammelte er in 5 Jahren intensiver Forschung in den heutigen Ländern Kuba, Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru und Mexico soviel an Material und Daten, daß hernach 30 Jahre Auswertung erforderlich waren. Die Resultate, in französischer Sprache niedergeschrieben in dem umfangreichen Werk mit dem Titel "Voyage aux regions equinoxiales du Noveau Continent", machten Alexander von Humboldt endgültig weltberühmt. Aber nicht nur der Wissenschaftler und Forscher, sondern auch der aufgeklärte Weltbürger meldete sich mit für die Norm seiner Zeit revolutionär anmutenden Ideen und politischen Stellungnahmen zu Wort. Bei der Beurteilung der sozialen Probleme der Südamerikanischen Staaten prangerte er die Ausbeutung und Unterdrückung der Sklaven an. Obwohl selbst Adliger, begrüßte er die Forderungen der französischen Revolution nach den bürgerlichen Freiheiten, und er bedauerte das Scheitern der Revolution von 1848 in Deutschland. "Er war an allen Ereignissen beteiligt und konnte blitzschnell reagieren, um dabei allen Schwätzern den Mund zu verschließen", so Professor Dr. Hanno Beck, ein profunder Humboldtkenner, über von Humboldt als Querdenker im ersten Humboldtkolloquium (1986) an unserer Schule. Für die Wahrnehmung ihrer pädagogischen Aufgabe hat sich die Schule durch die Wahl dieses Namens ein Leitmotiv gegeben: Alexander von Humboldts Universalität, sein Forschergeist, seine Freiheitsliebe und Toleranz sollen für die gesamte Schulgemeinde Auftrag und Verpflichtung sein. Vielfältig sind die Aktivitäten mit denen sich die junge Gesamtschule der Öffentlichkeit präsentiert. So gehören zum festen Bestandteil des Schullebens mittlerweile Betriebspraktika, Skifreizeit, Wanderwoche, Humboldtzug und Schüleraustausch mit Frankreich und England. Der 1979 gegründete Förderverein veranstaltet Humboldtwanderungen, organisiert Herbstfeste, den "Pädagogischen Dämmerschoppen" und unterstützt mit seinen Einnahmen besondere Anschaffungswünsche, die den Schülern aller Schulzweige zugute kommen. Regelmäßig finden Projektwochen statt. Sie werden als offene Veranstaltungen durchgeführt, d.h. Schülern und Lehrern steht es frei, Projekte jeder Art vorzuschlagen und anzubieten. Am letzten Tag der Projektwoche werden dann alle Ergebnisse im Rahmen eines Festes von den Teilnehmern präsentiert. Aber auch mit mancher Anfechtung von politischer Seite und unterschiedlichen Vorbehalten aus der Öffentlichkeit, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung des gymnasialen Zweiges, hat sich die Gesamtschule auseinanderzusetzen. Hierbei zeigt auch der Elternbeirat die Vorsitzenden Frau Marita Schmitt, später Frau Irene Zeuch und Herr Dr. Wolfgang Heck - großes Engagement und Solidarität. Herr Heinz-Jürgen Schocke selbst leitet die ersten 3 Jahre den Gymnasialzweig zusätzlich, 1979 übernimmt dies Herr Heinz Ott und ab 1981 werden die Dienstgeschäfte von Herrn Paul Kötter wahrgenommen. Immer dringlicher stellt sich die Frage nach der Oberstufe, je näher der Aufbau des Gymnasialzweiges zum Abschluß kommt, insbesondere als sich die ursprünglich im Schulentwicklungsplan vorgesehene Kooperation mit dem Nachbar-Gymnasium (AMS) als nicht realisierbar erweist. Diese Unsicherheit zeigt sich sofort in einem drastischen Rückgang der Neuanmeldungen (29 Schüler). Das Kultusministerium reagiert schnell auf die verfahrene Situation und kündigt rechtzeitig zur Einrichtung der ersten Oberstufenklasse - 1981 gehen 93 Schüler/innen in die Klasse 11 - die Errichtung einer Außenstelle der Oberstufenschule Lampertheim an. Die Einzelheiten der Durchführung werden dem Schulamt in Heppenheim überlassen. Seit 1982 leitet Herr Harald Nau diese Oberstufe, und 1984 treten von den ehemals 93 Schülern der 11.Klassen 79 Schüler/innen zur ersten Abiturprüfung an der Alexander-von-Humboldt-Schule an. "Der Pionierjahrgang hat sich verabschiedet", titelt das Viernheimer Tageblatt, und der Schulleiter, Herr Schocke, bescheinigt den Abiturienten: "Sie sind der Verantwortung, als erste die Gymnaiale Oberstufe an der Alexander-von-Humboldt-Schule zu absolvieren, gerecht geworden: Ihr seid ein guter Jahrgang gewesen!", Herr Eiff, Schulleiter der "Stammschule" in Lampertheim, fordert: "Empfinden Sie aber auch Verantwortung für die Probleme unserer Zeit und machen sich diese Probleme zu Ihren eigenen. Sorgen Sie dafür, daß es etwas besser und gerechter zugeht!" Am 15.11.1984 wird in einer Konferenz unter der Leitung des Stellvertretenden Schulleiters, Herr Rudolf Engel, in Anwesenheit von Schulamtsdirektor Hartmann als Stellvertreter des Staatlichen Schulamtes Bergstraße, der Schulleiter der Alexandervon-Humboldt-Schule verabschiedet. Herr Schocke geht mit gleicher Funktion an das Goethe-Gymnasium in seine Heimatstadt Bensheim. Mit Schreiben vom 19.11.1984 teilt der Kultusminister mit, daß er die Voraussetzungen zur Errichtung einer eigenständigen Oberstufe an der Alexandervon-Humboldt-Schule für gegeben ansieht. Diese Anregung bedarf noch der formellen Beschlußfassung durch den Kreistag als Schulträger. Damit bietet die Alexander-von-Humboldt-Schule als einzige Viernheimer Schule alle Abschlüsse des allgemeinbildenden Schulwesens (Hauptschulabschluß, Realschulabschluß, Abitur) und die dazu führenden Ausbildungsgänge in einem Hause an. Am 4. Februar 1985 wird Herr Karl Büchsenschütz in das Amt des Schulleiters der Alexander-von-Humboldt-Schule eingeführt. "Der Mensch muß das Gute und das Große wollen". Diese Forderung, die von Humboldt in Abschiedsbriefen an seine Freunde schreibt, bevor er zu seiner Expeditionsreise durch Amerika aufbricht, will Herr Büchsenschütz in seiner Einführungsrede als beständigen Anspruch an das tägliche Tun und als "nicht einlösbare, aber immer wirkende Herausforderung" für die Humboldt-Schule verstanden wissen. Karl Büchsenschütz, 1942 in Erfurt geboren, bestand sein Abitur an der Odenwaldschule in Heppenheim-Oberhambach. In Frankfurt und Berlin studierte er Deutsch und Geschichte und war 1969 bis 1972 Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung. Nach der Referendarzeit kehrte er an die Odenwaldschule zurück, wirkte dort als Lehrer, dann als Studienleiter, Stellvertretender Schulleiter und seit 1980 war er als Fachleiter für Deutsch am Studienseminar in Bensheim tätig. Zwei wichtige Ereignisse kommen gleich zu Beginn seiner Amtszeit auf die Schule zu: Am 8. Februar 1985 kann er mit der Schulgemeinde die Einweihung der neuen Sporthalle feiern. Der 4. Bauabschnitt ist beendet, der Schulbau damit abgeschlossen. Rechtzeitig zu Beginn des neuen Schuljahres 1985/86 erhält die Gymnasiale Oberstufe durch Kreistagsbeschluß ihre Eigenständigkeit. Damit ist die Abhängigkeit von der Oberstufe in Lampertheim beendet, die innere Organisation der Schule ist abgeschlossen. Von da an liegt der Schwerpunkt in der pädagogischen Weiterentwicklung. Bereits vorhandene Aktivitäten werden ausgebaut, die aus den Projektwochen entstehenden Arbeitsschwerpunkte werden in Arbeitsgemeinschaften vertieft: • Ein ökologischer Schulgarten wird angelegt (Garten-AG). • Eine Wetterstation wird errichtet und Beobachtungen werden durchgeführt. • Die Chemie-AG reicht ihre besten Arbeiten bei Wettbewerben "Jugend forscht" bzw. "Schüler experimentieren" ein und gewinnt beachtenswerte Preise. • Die Betriebspraktika werden durch Einbindung in Berufsfindungsprojekte erweitert. • Die Auslandsaufenthalte in Frankreich und England werden durch Austausch mit Italien (Rovigo) erweitert. Der Unterricht öffnet sich zunehmend bei diesen Aktivitäten und weist über den alltäglichen Buch- und Arbeitsblattunterricht hinaus, indem er möglichst viel konkrete Welt mit einbezieht. Neue Aktivitäten kommen hinzu. Die Schule öffnet sich zur außerschulischen Welt/Wirklichkeit der Schüler: • Autorenabende werden seit 1985 veranstaltet, um Schülern und interessierten Bürgern der Stadt Viernheim Zugang und Auseinandersetzung mit zeitgenössiger Literatur und ihren Verfassern zu bieten. • Das Humboldt-Kolloquium beginnt 1986 mit der ersten Vortragsreihe bezeichnenderweise zum Thema "Alexander von Humboldt" mit Prof. Hanno Beck von der Universität in Bonn. • Die Humboldt-Galerie wird 1987 eingerichtet. In regelmäßigen Abständen stellen Künstler der Region aber auch überregionale Maler und Graphiker ihre Werke - auch der Öffentlichkeit zugänglich - aus. • Die Zusammenarbeit mit dem "Lernmobil e.V.", das 1985 auf Initiative arbeitsloser Lehrer und Mitglieder des Kollegiums der Schule gegründet wurde und sich um die außerschulische Förderung von Schülern unter besonderer Berücksichtigung ihrer individuellen und familiären Situation bemüht, wird intensiviert. • Stadtjugendpflege und der Verein "Förderband", der sich die Beratung und Betreuung von Jugendlichen beim Übergang von Schule zur Berufswelt zur Aufgabe gemacht hat, werden in die pädagogische Arbeit mit einbezogen. All diese Initiativen weisen auf ein neues Schulprofil hin, dessen Struktur sich in der zukünftigen Europaschule wiederfindet. Und so dienen sie auch folgerichtig als Begründung des Antrags zur Aufnahme in das Europaschulprogramm des Landes Hessen. Dieser Antrag wird am 13. Mai 1991 vom Schulträger an das Kultusministerium gestellt und bis Dezember dieses Jahres haben alle Gremien (Elternbeirat, Gesamtkonferenz, Schülervertretung, Kreistag und Kreisausschuß) dem Antrag zugestimmt. In der Zwischenzeit hat sich das Leitungsteam der Schule verändert. Die ersten Pioniere des Schulaufbaues werden aus dem Dienst verabschiedet. Ende des Schuljahres 1986/87 geht der Stellvertretende Schulleiter, Herr Direktor Rudolf Engel, in den Ruhestand. Er hat 1962 als Realschullehrer begonnen, wurde 1966 Konrektor und anschließend Rektor der Schillerschule in Viernheim und hat mit großer Kraft und viel Engagement den Aufbau der Gesamtschule Viernheims vorangetrieben. Im Juli 1989 scheidet der Pädagogische Leiter, Herr Heinz Mandel, nach 41 Dienstjahren aus dem aktiven Lehrberuf aus. Er war seit 1971 Konrektor an der Schillerschule und 1975 - 77, bevor er die pädagogische Leitung übernahm, mit der Wahrnehmung der Dienstgeschäfte des Stellvertretenden Schulleiters der Gesamtschule beauftragt. Herr Mandel hat sich neben seiner vielfältigen künstlerischen und pädagogischen Tätigkeit mit großem Engagement dem Aufbau der Alexander-von-Humboldt-Schule gewidmet. Insbesondere setzte er sich auch außerschulisch als Vorsitzender des "Lernmobil e.V." für dessen Fortbestand und Erfolg ein. Mit dem Amtsantritt des neuen Stellvertretenden Schulleiters, Herr Ferdinand Kosch, zu Beginn des Schuljahres 1988/89, der Neubesetzung der Pädagogischen Leiterstelle durch Frau Brunhilde Adam und dem Einsatz von Herrn Erich Claassen als Leiter des Gymnasialzweiges zum Schuljahr 1990/91 ist das Leitungsteam der Schule wieder vollzählig. 1992 wurde vom Kultusministerium die Alexander-von-Humboldt-Schule und weitere vier kooperative Gesamtschulen in Hessen für das Europaschulprogramm ausgewählt. Wenige Tage nach der Bekanntgabe teilt der Schulleiter, Herr Büchsenschütz, dem Kollegium mit, daß er in das tradtionsreiche Internat "Schulpforta" in Naumburg (Sachsen Anhalt) wechselt, und er wird noch am 27. August dieses Jahres verabschiedet. Zum Schuljahr 1992/93 beginnt die HumboldtSchule als Europaschule mit der Arbeit unter neuen Ansätzen. So völlig überraschend für alle Beteiligten der Weggang von Herrn Büchsenschütz zu Beginn des Schuljahres 92/93 ist, überraschend ist auch die zügige Arbeit der Behörden bei der Neubesetzung dieser Stelle. Bereits nach 5 Monaten wird am 5. Februar 1993 Herr Wolfgang Geisler in das Amt des Schulleiters eingeführt, und Herr Schulamtsdirektor Krumb wünscht ihm am gleichen Tag, "er möge den Aufbau und die Profilierung der Europaschule sicher und kompetent ins Jahr 2000 fortführen und die Alexander-von-Humboldt-Schule über die Bergsträßer Grenzen hinweg in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken." Wolfgang Geisler, 1948 in Bremerhaven geboren, studierte an der Freien Universität Berlin Politik, Pädagogik und Germanistik. Bei Radio Bremen absolvierte er ein Voluntariat und war dann als freier Mitarbeiter mehrerer Medien beschäftigt. 1973 zog er an die Bergstraße und war bis 1976 als Redakteur beim Weinheimer Beltz Verlag für die Zeitschrift "betrifft: erziehung" tätig. Erst danach trat er in den Schuldienst ein, wurde als Deutsch-, Sozialkunde- und Gemeinschaftskundelehrer ans Heppenheimer Starkenburggymnasium versetzt und war dort zuletzt als Stellvertretender Schulleiter im Amt. Darüber hinaus hat er die Lehrerfortbildungsstelle in Jugenheim mit aufgebaut und über seine Erfahrungen als Pädagoge in Fernsehfilmen und Buchveröffentlichungen berichtet. "In der Schule schieben sich die Lebensfragen vor die Lernfragen", zitiert der neue Schulleiter in einer ersten Bilanz im Viernheimer Tageblatt und betont bei dieser Entwicklung die Notwendigkeit der "Öffnung von Schule nach außen", die Kontaktsuche zur Gemeinde, zu Vereinen, sozialen Einrichtungen, um die Lebenswirklichkeit nicht vor der Schultür stehen zu lassen. "Was die Schüler beschäftigt, soll im Unterricht verstärkt werden, und zwar als Ernstfall und nicht als Unterrichtsthema", so seine Zukunftsperspektive. Willy Vettel