B4-51-11 - Bundeskartellamt

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B4-51-11 - Bundeskartellamt
4. Beschlussabteilung
B 4 – 64100-Fa-51/11
FUSIONSKONTROLLVERFAHREN
VERFÜGUNG GEMÄß § 40 ABS. 2 GWB
Für die Veröffentlichung bestimmt
Beschluss
In dem Verwaltungsverfahren
1. Haspa Finanzholding
Adolphsplatz 3
20457 Hamburg
- Beteiligte zu 1. –
2. Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg
Am Markt 4 - 5
23909 Ratzeburg
- Beteiligte zu 2. –
3. Kreis Herzogtum Lauenburg
- vertreten durch den Landrat Barlachstraße 2
23909 Ratzeburg
- Beteiligte zu 3. –
Verfahrensbevollmächtigte zu 1.- 3.:
Hengeler Mueller
Benrather Straße 18 - 20
40213 Düsseldorf
Telefax-Nr.: 0211/8304-170
-2-
wegen Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 39 des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) hat die 4. Beschlussabteilung des
Bundeskartellamtes am 28. Februar 2012 beschlossen:
I. Das mit Schreiben vom 14. Juni 2011 angemeldete Zusammenschlussvorhaben, der
Erwerb von 25,1% am Stammkapital der Beteiligten zu 2. durch die Beteiligte zu 1.
sowie der Beteiligungsvertrag in der Fassung vom 29. Juli 2011 und der
Kooperationsvertrag in der Fassung vom 24. Februar 2012, wird untersagt.
II. Die Gebühr für diese Entscheidung wird unter Anrechnung der gesondert
festzusetzenden Gebühr für die Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens in Höhe
von [...] auf insgesamt
[...] Euro
(in Worten: [...] Euro)
festgesetzt und den Beteiligten zu 1 bis 3 als Gesamtschuldnern auferlegt.
-3-
I. DIE BETEILIGTEN UND DAS VORHABEN
1. Die Haspa Finanzholding, die Kreissparkasse Lauenburg und der Kreis
Herzogtum Lauenburg haben mit Schreiben vom 14. Juni 2011, beim
Bundeskartellamt eingegangen am 16. Juni 2011, das Vorhaben des Erwerbs
einer Beteiligung der Haspa Finanzholding („Haspa“, Hamburg) an der
Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg („KSK“, Ratzeburg) in Höhe von 25,1%
sowie des damit verbundenen Abschlusses eines Beteiligungs- sowie eines
Kooperationsvertrages zwischen den Beteiligten angemeldet.
A. Die beteiligten Unternehmen
2. Die Haspa ist eine juristische Person alten hamburgischen Rechts. Sie steuert
die Unternehmen der Haspa-Gruppe, zu der insbesondere die Hamburger
Sparkasse
gehört,
die
in
Hamburg
und
angrenzenden
Gebieten
Bankdienstleistungen anbietet. Als freie Sparkasse hat sie – im Gegensatz zu
den kommunalen Sparkassen – keinen Träger. Organe der Haspa sind das
Kuratorium, der Verwaltungsrat und der Vorstand. Das Kuratorium umfasst 60 –
72 Mitglieder und ergänzt sich durch Wahl aus dem Kreis der Kunden der
Haspa selbst. Das Kuratorium wählt die Mitglieder des Verwaltungsrates.1 Der
Verwaltungsrat überwacht die Geschäftsführung. Er entscheidet auf Vorschlag
des Vorstandes über die Einstellung des Jahresüberschusses in die
Sicherheitsrücklage.2 Über die Verwendung des verbleibenden Bilanzgewinns
entscheidet das Kuratorium, auf Vorschlag des Verwaltungsrates kann er
gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden.3 Falls das Kuratorium von diesem
Recht keinen Gebrauch macht,
wird auch der
Bilanzgewinn in
die
Sicherheitsrücklage eingestellt.4 Einer auf gesetzlicher Grundlage beruhenden
Aufsicht des Landes unterliegt die Haspa mangels eines Sparkassengesetzes
in Hamburg nicht. In ihrer Satzung hat sie sich aber der Rechtsaufsicht des
1
2
3
§ 8 Abs. 1 der Satzung der Haspa.
§ 20 Abs. 2 der Satzung der Haspa.
§ 20 Abs. 3 der Satzung der Haspa.
-4Senats der Freien und Hansestadt Hamburg unterworfen.5 Kernelemente der
Satzung (Name, Sitz, Unternehmensgegenstand, Organe und Verwendung des
Vermögens bei Auflösung) dürfen nur mit Zustimmung des Senats der Freien
und Hansestadt Hamburg geändert werden.6
3. Die NRS Norddeutsche Retail-Service AG („NRS“, Hamburg) steht im
Mehrheitsbesitz der Haspa. Sie dient der zentralen Erbringung von Dienstleistungen, die von Kreditinstituten im Rahmen der Bearbeitung von
Geschäftsvorfällen
im
Girokonto-/Zahlungsverkehrsbereich
und
bei
der
Kreditsachbearbeitung benötigt werden. Kunden sind insbesondere Sparkassen
aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bremen. Ihr Leistungsportfolio
umfasst
die
Bereiche
„Kreditservice“
(Abwicklung
von
Privat-
und
Gewerbekrediten, Analyse der im Zusammenhang mit der Kreditvergabe
relevanten Unterlagen (z.B. Jahresabschluss) von Gewerbekunden über deren
wirtschaftliche Situation), „Finanzen und Controlling“ (Ermittlung der für die
Bewertung
der
Rentabilität
des
jeweiligen
Kreditinstituts
wesentlichen
Kennzahlen, Controlling der sich aus der Tätigkeit des Instituts ergebenden
Risiken, insbesondere aus dem Kreditgeschäft), „Marktservice“ (Abwicklung der
mit der Kontoführung und der Abwicklung des Zahlungsverkehrs zusammenhängenden
Vorgänge),
„Zahlungsverkehr“
„Produktionsservices“
(Abwicklung
des
(Dokumentenmanagement),
beleghaften
Zahlungsverkehrs)
und
7
„Consulting“ (Beratung bei der Optimierung von Geschäftsprozessen).
4. Bereits derzeit unterhält die Haspa kapitalunterlegte Kooperationen – d.h.
Beteiligung am Stammkapital verbunden mit vertraglich vereinbarten Kooperationen, insbesondere durch Zugang zu Leistungen der Haspa – an der Bordesholmer Sparkasse, der Spar- und Leihkasse zu Bredstedt, der Sparkasse zu
Lübeck und der Sparkasse Mittelholstein. Die Haspa nimmt auf die
Geschäftspolitik
dieser
Institute
auch
durch
Zurverfügungstellung
von
Eigenmitteln Einfluss, z.B. bei der Spar- und Leihkasse zu Bredstedt – durch
Überschreitung der Großkrediteinzelobergrenzen war es in 2010 in einigen
Fällen zur Unterschreitung der Mindest-Eigenkapitalquote von 8% gekommen,
4
5
6
§ 20 Abs. 3 der Satzung der Haspa.
§ 23 der Satzung der Haspa.
§ 23 Abs. 2 der Satzung der Haspa.
-5-
die Haspa unterstützte die Spar- und Leihkasse daraufhin durch Übernahme
von Konsortialanteilen und [...] mit der Bereitstellung einer stillen Einlage – [...].8
Darüber hinaus hält die Haspa eine Reihe weiterer Beteiligungen, etwa an der
LBS Bausparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg AG (42,5%).9
5. Die KSK erbringt als Anstalt öffentlichen Rechts in ihrem Geschäftsgebiet geldund
kreditwirtschaftliche
Leistungen.
Träger
ist
der
Kreis
Herzogtum
Lauenburg.10 Organe sind der Verwaltungsrat und der Vorstand. In den
Verwaltungsrat entsenden der Kreis Herzogtum Lauenburg sieben und die
Beschäftigten vier Vertreter. Vorsitzender ist der Landrat bzw. die Landrätin des
Kreises.11 Nach dem Erwerb der Beteiligung würde die Haspa 2 Vertreter in den
dann insgesamt 15 Mitglieder umfassenden Verwaltungsrat entsenden.12
6. Der Kreis Herzogtum Lauenburg ist eine Gebietskörperschaft in SchleswigHolstein, der auch unternehmerisch tätig ist und insbesondere Träger der KSK
ist.
B. Das Zusammenschlussvorhaben
7. Die Zusammenschlussbeteiligten streben eine sogenannte kapitalunterlegte
Kooperation an. Diese besteht aus dem Erwerb einer Beteiligung der Haspa in
Höhe von 25,1% der Anteile an dem von der KSK zu bildenden Stammkapital,
verschiedener Vertretungsrechte der Haspa in den Gremien der KSK,
Mitspracherechte
der
Haspa
hinsichtlich
bestimmter
Struktur-
und
Grundlagenentscheidungen sowie Konsultationsrechten bei Entscheidungen
von grundsätzlicher Bedeutung. Umgekehrt erhält die KSK Zugang zu allen
Kooperationsleistungen, die die jeweiligen Unternehmen der Haspa-Gruppe
auch gegenüber anderen Sparkassen erbringen, an denen die Haspa beteiligt
ist. Die Einzelheiten der kapitalunterlegten Kooperation werden in einem
Beteiligungsvertrag (Stand 29. Juli 2011) und einem Kooperationsvertrag
7
8
9
10
11
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 5 des Auskunftsersuchens vom 30. August 2011.
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 1c des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011 [...].
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 1c vom 30. Juni 2011.
§ 2 der Satzung der KSK, §§ 8, 9 Sparkassengesetz für das Land Schleswig-Holstein („SpG SH“).
§ 21 der Satzung der KSK (derzeit geltende Fassung).
-6-
(Stand 24. Februar 2012) geregelt. Eine angestrebte gesonderte Vereinbarung
mit der Hamburger Sparkasse AG wurde noch nicht vorgelegt, der
Rahmenvertrag soll den bestehenden Verträgen mit den vier freien Sparkassen
entsprechen, an denen die Haspa beteiligt ist13.
II. DAS VERFAHREN
8. Den Beteiligten ist mit Schreiben vom 6. Juli 201114 die Einleitung des
Hauptprüfverfahrens mitgeteilt worden. Die Frist ist mit Zustimmung der
Beteiligten zunächst bis zum 30. November 2011 (§ 40 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1
GWB),15 dann bis zum 29. Februar 2012 verlängert worden.16 Mit Schreiben
vom 28. Oktober 201117 („Abmahnung“) sind die Beteiligten über die
Einschätzung der Beschlussabteilung, das Vorhaben erfülle die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB und die wesentlichen Gründe hierfür unterrichtet
worden, gleichzeitig ist ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
Mit Schreiben vom gleichen Tag sind dem Ministerium für Wissenschaft,
Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein und der Behörde für
Wirtschaft, Verkehr und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg als
oberste Landesbehörden (§ 48 Abs. 1 GWB) Gelegenheit zur Stellungnahme
gegeben worden (§ 40 Abs. 4 GWB). Die Freie und Hansestadt Hamburg hat
mit Schreiben vom 3. November 2011 erklärt, von einer Stellungnahme
abzusehen. Die Beteiligten haben am 2. Februar 2012 ein Schreiben der
Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 31. Januar 2012
übermittelt, in dem das Vorhaben begrüßt wird. Das Land Schleswig-Holstein
hat mit Schreiben vom 16. Januar 2012 Stellung genommen, in dem allgemeine
Erwägungen zur Eigenmittelstärkung der Sparkassen in Schleswig-Holstein
angestellt werden und die wettbewerbliche Beurteilung in der Abmahnung
kritisch gewürdigt wird. Den Beteiligten ist durch Übersendung von Kopien mit
12
13
14
15
16
17
§ 21 Nr. 4 der Satzung der KSK (Die weiteren Mitglieder sind der Landrat / die Landrätin, 7 vom Landkreis
entsandte sachkundige Mitglieder und 5 Vertreter der Beschäftigten)
Email vom 30. Januar 2012.
Bl. 94 ff. d.A.
Bl. 3.586 d.A.
Bl. 4.180 d.A.
Bl. 4.033 d.A.
-7-
Schreiben vom 2. und 7. November 2011 Akteneinsicht gewährt worden; am
27. Januar 2012 und 21. Februar 2012 ist durch Übersendung von Kopien
ergänzende Akteneinsicht gewährt worden. Über die Ermittlungsergebnisse im
Hinblick auf Marktanteile und –volumina sind die Beteiligten – über den in zur
Akte genommenen und mit Schreiben im Rahmen der Akteneinsicht vom 2.
November 2011 übersandten Auswertungsvermerk hinaus – mit Schreiben vom
4. Januar 2012 (Mitteilung der Kreditvolumina – Geschäftskunden – der im
Rahmen der räumlichen Marktabgrenzung betrachteten Postleitzahlengebiete),
mit Schreiben vom 18. Januar 2012 (Berechnung von Marktanteilen für die
Geschäftskunden-Kreditmärkte Lübeck und Lauenburg) und mit Schreiben vom
15. Februar 2012 (Berechnung von Marktanteilen auf den GeschäftskundenKreditmärkten unter Berücksichtigung der Angaben der Beteiligten und ihrer
Wettbewerber zu Prolongationsanteilen und Anteilen von Privatkrediten)
unterrichtet worden.
9. Die Beteiligten haben in einer Reihe von Schreiben Stellung zum Schreiben des
Bundeskartellamtes vom 28. Oktober 2011 genommen:
• Schreiben vom 9. Januar 2012 (Berechnung der Kreditvolumina der
Geschäftskunden),
• Schreiben vom 18. Januar 2012 (Rolle der Autobanken),
• Schreiben vom 18. Januar 2012 (Eigenkapitalentwicklung der KSK),
• Schreiben vom 18. Januar 2012 (Interpretation interner Unterlagen),
• Schreiben vom 27. Januar 2012 (private Baufinanzierung),
• Undatiertes Schreiben von Charles River Associates zur räumlichen
Marktabgrenzung,
• Schreiben vom 31. Januar 2012 (wettbewerbliche Einheit),
• Schreiben vom 31. Januar 2012 (Privatkundenmärkte),
• Schreiben
vom
2.
Februar
2012
(Gewerbekundenmärkte,
räumliche
Marktabgrenzung),
• Schreiben vom 6. Februar 2012 (Zusammenfassung),
• Schreiben vom 14. Februar 2012 (Vorlage eines Gutachtens zur Situation der
Sparkasse in Schleswig-Holstein),
• Schreiben vom 24. Februar 2012 (wettbewerbliche Einheit und weitere
Stellungnahme).
-8-
10. Darüber hinaus ist das Vorhaben mit den Beteiligten mehrfach mündlich erörtert
worden (15. Dezember 2011, 20. Januar 2012, 17. Februar 2012).
11. Mit Schreiben vom 10. Februar 2012 und dem bereits erwähnten Schreiben
vom 24. Februar 2012 sind Änderungen des Kooperationsvertrages und
Erklärungen der Beteiligten zu ihrem künftigen Verhalten nach Eingehung der
kapitalunterlegten Kooperation in Aussicht gestellt worden.
12. Die Beschlussabteilung hat von den Beteiligten mehrfach Auskunft über ihre
wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Herausgabe von Unterlagen verlangt.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2011 sind die Beteiligten unter anderem zu den
strategischen
Hintergründen
des
Zusammenschlussvorhabens,
ihren
Produkten, Geschäftsvolumina befragt und zur Herausgabe von Marktstudien
aufgefordert worden. Diese Studien haben die Beteiligten zunächst nicht
vorgelegt, mit dem Hinweis für das „gemeinsame Kerngebiet (Kreis Herzogtum
Lauenburg und Stadt Hamburg)“ bzw. „die Gemeinde Wentorf und die Stadt
Geesthacht, in der sowohl die Hamburger Sparkasse AG als auch die KSK
Herzogtum Lauenburg Filialen betreiben“ bzw. „für das definierte gemeinsame
Kerngebiet“ lägen solche Studien nicht vor. Aus den vorgelegten internen
Unterlagen
der
Einschätzungen
Haspa
zur
zur
Due
Marktstellung
Diligence
der
KSK
ergaben
mit
der
sich
indessen
Darstellung
von
Marktanteilen. Mit Schreiben vom 11. Juli 2011 sind deshalb neben weiteren
Angaben zu Geschäftsvolumina, insbesondere einer Zuordnung von Kunden
und Produkten zu fünfstelligen Postleitzahlen, erneut die im Besitz der
Beteiligten befindlichen Marktstudien angefordert worden, die die Beteiligten mit
Schreiben vom 14. Juli 2011 dann vorgelegt haben. Mit Schreiben vom 18. Juli
2011 sind die Beteiligten zur Benennung von jeweils 50 ihrer Gewerbekunden
aufgefordert worden. Der am 4. August 2011 telefonisch angeforderte Entwurf
des Kooperationsvertrages und des Beteiligungsvertrages, der der Anmeldung
nicht beigefügt war, wurde am folgenden Tag übermittelt. Mit Schreiben vom
24. August 2011 sind die Beteiligten aufgefordert worden, ihre Zins- und
Provisionserträge aus der Girokontoverbindung darzustellen. Mit Schreiben
vom 30. August 2011 ist die Haspa um nähere Angaben zur Ausgestaltung des
Vorhabens als „kapitalunterlegte Kooperation“ und die Darstellung der Tätigkeit
der NRS gebeten worden. Mit Schreiben vom 5. September 2011 sind die
Beteiligten aufgefordert worden, auf Grundlage ihrer internen Kosten- und
-9-
Erlösrechnung die Zinskonditionsbeiträge aus den Sichteinlagen auf Girokonten
darzustellen. Mit Schreiben vom 7. September 2011 wurde die Haspa gebeten,
für Postleitzahlengebiete, die zum Gebiet mehrerer Gebietskörperschaften
gehören, eine entsprechende Aufteilung der Geschäftsvolumina vorzunehmen.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2011 ist die Haspa aufgefordert worden, die
Diskussionen der vergangenen fünf Jahre über eine Zusammenarbeit mit den
Sparkassen in Schleswig-Holstein darzustellen und in diesem Zusammenhang
angefertigte Dokumente vorzulegen. Mit Schreiben vom 8. November 2011 sind
die Beteiligten um Angaben zu ihrem Baufinanzierungsgeschäft gebeten
worden, mit Schreiben vom 9. November 2011 ist die KSK zur Plausibilisierung
ihrer Angaben zu den Krediten für den Wohnungsbau Privater aufgefordert
worden. Mit Schreiben vom 27. Januar 2012 und 3. Februar 2012 sind
ergänzende Fragen der Beschlussabteilung insbesondere zu Leasing und
Factoring gestellt worden.
13. Ausgehend von den durch die Beteiligten benannten Wettbewerbern sind 89
Kreditinstitute mit Auskunftsbeschluss vom 11. Juli 2011 zu ihren Produkten,
ihren Geschäftsvolumina und weiteren für die Prüfung relevanten Punkten
befragt worden. Eine Reihe der befragten Kreditinstitute, insbesondere kleinere
Kreditgenossenschaften,
hatten
zunächst
nicht
wie
vorgesehen
die
Geschäftsvolumina nach Postleitzahlengebieten aufgeschlüsselt. Deshalb sind
die Kreditinstitute, deren detailliertere Angaben für die wettbewerbliche
Würdigung erforderlich waren, mit Schreiben vom 15. August 2011 erneut zur
Beantwortung des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011 aufgefordert
worden. Mit Auskunftsbeschluss vom 5. September 2011 sind die Hauptwettbewerber der Beteiligten zu ihren Zinskonditionsbeiträgen aus Sichteinlagen auf
Girokonten und zu Zins- und Provisionserträgen aus der Girokontoverbindung
auf Grundlage der RechKredV befragt worden. Mit Auskunftsbeschluss vom 25.
Juli 2011 sind jeweils 50 Gewerbekunden der Haspa bzw. der KSK zur
Inanspruchnahme von Bankdienstleistungen, insbesondere Krediten, befragt
worden. Im Hinblick auf den in der Abmahnung in der Bewertung zunächst offen
gebliebenen Markt für Wohnungsbaufinanzierungen Privater sind weitere
Ermittlungen geführt worden, insbesondere durch die Auskunftsbeschlüsse vom
9., 16. und 21. Dezember 2012. Im Hinblick auf die Rolle von Leasing und
Factoring hat die Beschlussabteilung weitere Informationen vom Bundes-
- 10 -
verband Deutscher Leasingunternehmen, vom Deutschen Factoring-Verband
und – in der Form von Telefoninterviews – von Leasing- und FactoringAnbietern erhalten.
III. FORMELLE UNTERSAGUNGSVORAUSSETZUNGEN
A. Umsätze
14. Die Haspa erzielte in 2010 Umsatzerlöse in Höhe von 1,915 Mrd. EUR, die KSK
in Höhe von 149 Mio. EUR. Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden aufgrund der Umsätze der beteiligten Unternehmen gemäß
§ 35 Abs. 1 GWB Anwendung. Die Europäische Kommission ist nicht zuständig
(§ 35 Abs. 3 GWB, Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle
von Unternehmenszusammenschlüssen).
B. Zusammenschlusstatbestand
15. Durch den Erwerb von 25,1% der Anteile am Stammkapital der KSK durch die
Haspa im Rahmen der Eingehung einer „kapitalunterlegten Kooperation“ sind
die Zusammenschlusstatbestände der Minderheitsbeteiligung (§ 37 Abs. 1
Nr. 3 b) GWB) sowie der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens (§ 37
Abs. 1
Nr. 3
S. 3
GWB)
erfüllt.
Das
Zusammenschlussvorhaben
der
kapitalunterlegten Kooperation ist ein einheitliches, zusammenhängendes
Vorhaben.
Beteiligungsvertrag
und
Kooperationsvertrag
sind
inhaltlich
aufeinander bezogen und bilden einen einheitlichen Lebenssachverhalt. Die
wesentlichen Inhalte des Vorhabens sind im Kooperationsvertrag geregelt,
während
der
Beteiligungsvertrag
18
zwingenden Elemente enthält.
im
Wesentlichen
Insbesondere
nur
die
gesetzlich
die Bindung struktureller
Entscheidungen [...] an die Zustimmung der Haspa beruht auf dem
Kooperationsvertrag.19 Ziel dieser Regelungen im Kooperationsvertrag ist es,
18
19
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 2 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011, [...].
Ziff. 2.3, 2.4.1 des Kooperationsvertrages.
- 11 -
der Haspa eine Stellung zu verschaffen, die jedenfalls der des Inhabers einer
Sperrminorität bei Kapitalgesellschaften entspricht.20 Auch die Besetzung der
Organe der KSK ist nur im Hinblick auf die Vertretung der Haspa im
Verwaltungsrat
im
22
Kooperationsvertrag
weiteren
Gremien
Beteiligungsvertrag21
- geregelt, während die
wie
insbesondere
im
–
parallel
auch
im
Vertretung der Haspa in
Prüfungs-,
Personal-
und
Risikoausschuss des Verwaltungsrates sich nur aus dem Kooperationsvertrag
ergibt.23
IV.
MATERIELLE UNTERSAGUNGSVORAUSSETZUNGEN
16. Das Zusammenschlussvorhaben ist gemäß § 36 GWB zu untersagen, weil es
zur Verstärkung oder jedenfalls zur Entstehung der marktbeherrschenden
Stellung der KSK auf dem Markt für Girokonten für Privatkunden sowie zur
Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung der KSK auf dem Markt für
Kredite für Geschäftskunden jeweils auf dem räumlichen Markt Kreis
Herzogtum Lauenburg führt.
A. Sachlich relevante Märkte
17. Grundlage der wettbewerblichen Beurteilung eines Zusammenschlusses bildet
der relevante Markt (marktbezogene Betrachtung), der in sachlicher und
räumlicher Hinsicht abzugrenzen ist. Ausgangspunkt der Marktabgrenzung ist
das Bedarfsmarktkonzept. Danach bilden sämtliche Erzeugnisse, die sich nach
ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer
Preislage so nahe stehen, dass der verständige Verbraucher sie für die
Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet, in berechtigter Weise abwägend
miteinander vergleicht und als gegeneinander austauschbar ansieht, einen
20
21
22
23
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 2 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011, [...].
Ziff. 4 des Beteiligungsvertrages; § 7 Abs. 3 SpG SH.
Ziff. 2.2 des Kooperationsvertrages.
Ziff. 2.3 des Kooperationsvertrages.
- 12 einheitlichen sachlichen Markt.24 Maßgebend ist die tatsächliche Handhabung
durch die Abnehmer, wobei auf den verständigen Durchschnittsnachfrager
abzustellen ist.25 Eine nur von wenigen Nachfragern angenommene Austauschbarkeit reicht nicht.26
1. Sachliche Marktabgrenzung nach Ansicht der Beteiligten
18. Die Beteiligten legen ihrer Anmeldung getrennte Märkte für Privat- und
Gewerbekunden zu Grunde. Eine weitere Differenzierung der Gewerbekundenmärkte nehmen sie nicht vor. Als Produktmärkte betrachten sie jeweils
Girokonten, Einlagen und Kredite, z. T. mit weiteren Unterteilungen.
2. Privatkunden und Gewerbekunden
19. Auf Seiten der Nachfrager ist zunächst eine Differenzierung zwischen dem
Privatkundengeschäft sowie dem Gewerbekundengeschäft vorzunehmen, da
sich das Nachfrageverhalten dieser beiden Gruppen signifikant unterscheidet.27
Zwar haben viele der von beiden Kundengruppen nachgefragten Produkte
grundsätzlich dieselbe Funktionsweise. Es bestehen jedoch erhebliche
Unterschiede beim Umfang der Leistung, der konkreten Ausgestaltung des
Produktes und den Konditionen. So ist der über Privatgirokonten abgewickelte
Zahlungsverkehr im Vergleich zu Girokonten für Gewerbekunden vergleichsweise gering und vielfach wird Privatkunden die Abwicklung aller Buchungen zu
einem Pauschalpreis oder gebührenfrei angeboten28, während Gewerbekunden
häufig Zahlungsverkehrsleistungen in größerem Umfang in Anspruch nehmen
24
25
26
27
Ständige Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2004, KVR 14/03, WRP 2004, 1502, 1504 –
Staubsaugerbeutelmarkt; BGH, Urteil vom 19. März 1996, KZR 1/95, WuW/E BGH 3058, 3062 – Pay-TVDurchleitung.
BGH, Beschluss vom 22. September 1987, KVR 5/86, WuW/E BGH 2433, 2436 – Gruner+Jahr / Zeit; KG,
Beschluss vom 14. April 1978, Kart 8/78, WuW/E OLG 1983, 1984 m.w.N. – Rama-Mädchen; Paschke in
Frankfurter Kommentar, Kartellrecht, IV §§ 1-23 GWB, § 19 Rz. 74.
Paschke in Frankfurter Kommentar, aaO., § 19 Rz. 75; KG, Beschluss vom 19. März 1975, Kart 26/74,
WuW/E OLG 1599, 1602 – Vitamin B 12; KG, Beschluss vom 5. Januar 1976, Kart 41/74, WuW/E OLG
1645, 1649 – Valium.
Vgl. Fallbericht zur Freigabe der Großfusionen im Bankensektor, Rz. 4-6; Europäische Kommission,
Entscheidung vom 3. Oktober 2007, COMP/M.4844 – Fortis / ABN Amro Assets, Rz. 12, 33; Entscheidung
vom 8. November 2001, COMP/M.2567 – Nordbanken / Postgirot.
- 13 -
und bestimmte Abwicklungsformen wie die Einreichung von Lastschriftdateien
zur Abwicklung im Rahmen des beleglosen Zahlungsverkehrs für Privatkunden
von vornherein nicht in Betracht kommen.
20. Auch aus Anbietersicht werden Privatkunden von Gewerbekunden getrennt
betrachtet. Insbesondere die Kreditwürdigkeitsprüfung im Vorfeld der Kreditvergabe unterscheidet sich deutlich. So spielt etwa bei Gewerbekunden die
Prüfung der Jahresabschlüsse und sonstiger Unterlagen zur Feststellung der
Ertrags- und Liquiditätslage des vom Kreditnehmer betriebenen Geschäfts eine
bedeutende Rolle, während bei Privatkunden Einkommensnachweise wie
Steuerbescheide zur Prüfung der Kreditwürdigkeit herangezogen werden. Bei
der Kreditvergabe an gewerbliche Kunden sind auch die Einschätzung lokaler
oder regionaler Marktgegebenheiten oder besondere Branchenkenntnisse von
Bedeutung. Auch im Hinblick auf die Besicherung ergeben sich wesentliche
Unterschiede sowohl bei der Bestellung als auch bei der Verwertung von
Sicherheiten. Bei Gewerbekunden kommen etwa Sicherungsabtretungen (z.B.
der Forderungen des Kreditnehmers an seine Abnehmer) und Sicherungsübereignungen (z.B. eines Warenlagers) als Sicherungsmittel in Betracht. Bei
Privatkunden können Lohn- und Gehaltsforderungen zur Sicherheit abgetreten
werden, sie unterliegen aber Vollstreckungsbeschränkungen (vgl. §§ 850ff.
ZPO). Auf Grund dieser sehr unterschiedlichen Anforderungen trennen die
Beteiligten
und
ihre
Wettbewerber
das
Privatkundengeschäft
vom
Gewerbekundengeschäft und betreiben separate Betreuungs- und Beratungsstrukturen, soweit sie sich nicht wie die Sparda-Bank, die ING Diba und andere
auf den Privatkundenbereich beschränken.
3. Privatkundenmärkte
21. Bei den Produktmärkten für Privatkunden lassen sich Standard-Produkte
unterscheiden, die grundsätzlich von allen wahrgenommen werden, wie
Führung von Girokonten, und die individuelle, maßgeschneiderte Vermögensund Anlageberatung, die nur vermögenden Privatkunden angeboten wird. Von
28
Vgl. das Angebot der Haspa im Privatkundenbereich (HaspaJoker) einerseits – alle Buchungsposten sind
inbegriffen und je nach Modell weitere Zusatzleistungen – und im Gewerbekundenbereich andererseits –
- 14 den Beteiligten ist nur die Haspa in diesem Bereich tätig.29 Typischerweise wird
diese Form der Vermögens- und Anlageberatung nicht von Sparkassen
ausgeübt, sondern von spezialisierten Anbietern.30 Großbanken trennen
regelmäßig die Vermögens- und Anlageberatung für vermögende Kunden
organisatorisch von dem Standard-Privatkundengeschäft. Von den öffentlichrechtlichen Kreditinstituten bieten Landesbanken diese Dienstleistungen an.31
Soweit die Anbieter bei Standardprodukten weitere Unterteilungen der
Privatkunden vornehmen, handelt es sich um unternehmensindividuelle
Organisationsentscheidungen, die nicht auf ein grundsätzlich unterschiedliches
Nachfragerverhalten zurückzuführen sind.32
a) Keine Abgrenzung nach Vertriebswegen bzw. Produktnutzungs- und
Zugangsmöglichkeiten
22. Stationäre über Filialen vertriebene Produkte und Produkte, die über Telefon
oder Internet vertrieben werden, insbesondere Girokonten, sind einem
einheitlichen Markt zuzurechnen. Die von Direktbanken ausschließlich über das
Internet
vertriebenen
Produkte
sind
aus
Sicht
des
Verbrauchers
Alternativprodukte zu Angeboten der Filialbanken, die sich in einzelnen
Ausstattungsmerkmalen von den Angeboten der Filialbanken unterscheiden,
jedoch in ihren Kernfunktionen (Abwicklung des Zahlungsverkehrs, Debit- und
Kreditkarten
zur
bargeldlosen
Zahlung,
Bargeldversorgung
über
Geldautomaten) dem Angebot der Filialbanken entsprechen. Bei Produkten für
gewerbliche Kunden, insbesondere bei Kreditprodukten, spielt der InternetVertrieb keine Rolle.33
23. Es gibt Anzeichen, dass das filialgebundene Geschäft zu Gunsten von Internetund Telefonvertrieb an Bedeutung verliert. Der Anteil des Internets am
29
30
31
32
Monatspauschale und Buchungsgebühren.
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 33 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Vgl. die Einschätzung der Haspa zum wettbewerblichen Umfeld in der Antwort auf Frage 33 des
Auskunftsersuchen vom 30. Juni 2011, Antwort der Berenberg Bank auf Auskunftsersuchen vom
30. Juni 2011, Antwort der Marcard, Stein & Co. auf das Auskunftsersuchen vom 30. Juni 2011.
Vgl. Antwort der Nord/LB auf Frage 6 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
Vgl. z.B. die Unterteilung der KSK in Einkommenskunden ab einem Einkommen von 4.000 EUR und
übrige Kunden, Marktanalyse Privatkunden 2009 Einkommenskunden, Anlage zur Antwort der KSK auf
Frage 13 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
- 15 -
Neugeschäft nimmt stetig zu. Auch ist die Anzahl der Bankfilialen in den letzten
Jahren rückläufig.34 Hinzu kommt, dass in den nächsten Jahren immer mehr
Personen Dienstleistungen zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs nachfragen
werden, die mit der Nutzung des Internets „aufgewachsen“ sind und aus diesem
Grund gegenüber dem Vertriebskanal Internet aufgeschlossener sein dürften.
Der Fernabsatz von Bankdienstleistungen hat in den letzten Jahren
zugenommen, mit einem deutlichen Zuwachs insbesondere beim Internetvertrieb.35 Insgesamt macht allerdings der reine Internetvertrieb von Girokonten
– d.h. der Abschluss des Kontovertrages außerhalb einer Filiale – nur einen
relativ geringen Anteil des Neugeschäfts aus.36 Insgesamt überwiegt beim
Vertrieb von Bankdienstleistungen an Privatkunden deshalb nach wie vor das
Filialgeschäft.37 Für die überwiegende Anzahl der Bankkunden stellt der nichtstationäre Vertrieb von Bankdienstleistungen keine oder nur für bestimmte
Leistungen wie die Geldanlage, nicht aber für Girokonten, eine Bezugsalternative dar. Schnelle Veränderungen beim Verhalten der Privatkunden sind
nicht zu erwarten, da Bankdienstleistungen ein eher langfristiges, vertragsgebundenes Geschäft mit hoher Vertrauenskomponente darstellen und gerade im
Bereich
Zahlungsverkehrsabwicklung
eine
geringe
Wechselbereitschaft
besteht.38 Den weitaus größten Anteil des Internet-/Telefon-Vertriebs stellen
derzeit die weniger komplexen Bankdienstleistungen mit eher geringem
Beratungsbedarf dar. Insbesondere die Filialbanken bieten hauptsächlich den
Abschluss einfacher Sparprodukte wie Tagesgeld und Verbraucherkredite im
33
34
35
36
37
Die DKB, die im Privatkundenbereich im Wesentlichen als Direktbank agiert, vertreibt die Produkte für ihre
gewerblichen Kunden über Zweigstellen, vgl. Antwort der DKB auf Frage 7 des Auskunftsbeschlusses vom
11. Juli 2011.
Laut Statistik der Deutschen Bundesbank sank die Zahl der Zweigstellen von Banken und Sparkassen
zwischen 1998 und 2009 von 60.000 auf 39.441.
Nach einer Studie von GfK, Google und Deutsche Bank Research, deren Ergebnisse am 1. September
2010 veröffentlich wurden, („Clickstream-Analyse“) beträgt der Anteil des Vertriebs von Bankdienstleistungen über Internet und Telefon etwa 17,4% (Stand: 2009). Demnach ist der Online-Anteil am
Neugeschäft von 7,2% im Jahr 2004 auf 11,4% gestiegen. Allerdings scheint dabei auch eine Substitution
von Telefonabschlüssen durch Online-Abschlüsse stattgefunden zu haben. Der gemeinsame Anteil lag
nämlich bereits im Jahr 2004 bei ca. 17,6% und damit insgesamt auf ähnlichem Niveau wie im Jahr 2009.
Nach dem Ergebnis der Clickstream-Analyse lag der Internetanteil im Jahr 2009 insgesamt (d.h. ohne
Differenzierung nach einzelnen Bankdienstleistungen) bei ca. 11,4%, zusätzlich wurden ca. 6% der
Neugeschäfte schriftlich oder telefonisch geschlossen. Mit über 80% nahm damit das Filialgeschäft eine
überragende Stellung ein. Bei Girokonten lagen die Internetabschlüsse mit ca. 12,4% nur leicht über dem
Durchschnitt.
Fabel/Pratz/Warschun, Apple versus Filialbank, in: Die Bank, Heft 9/2010, S. 38 (41): „Kundenumfragen
zeigen, dass die Filialdichte und die Erreichbarkeit entscheidend für die Neukundengewinnung in
Basisprodukten sind.“
- 16 -
Internet
oder
telefonisch
an;
die
auf
den Fernabsatz
spezialisierten
Direktbanken dagegen auch Produkte wie Kredite für den Wohnungsbau. Auch
in diesen Fällen handelt es sich aber um vergleichsweise einfache Produkte wie
Annuitätendarlehen, keine komplexeren Produkte wie Darlehen mit Tilgungsaussetzungen bei späterem Abschluss eines Bauspar- oder Lebensversicherungsvertrages zur Tilgung bei Fälligkeit des Erstvertrages.39
24. Dem Umstand, dass Kreditinstitute den Zugang zu ihren Produkten bzw. die
Nutzung ihrer Produkte über Online-Banking ermöglichen, insbesondere im
Rahmen einer Girokontoverbindung, führt ebenfalls nicht zu einer weiteren
Differenzierung im Rahmen der sachlichen Marktabgrenzung. Der Anteil der
Privatkunden, der das Internet für Online-Banking (z.B. Überweisungen) nutzt,
liegt deutlich höher als der Anteil der Kunden, der auch bei Eröffnung der
Geschäftsbeziehung und bei der Kontonutzung vollständig auf eine Filialpräsenz verzichtet.40 Bei der Internetnutzung (z.B. zur Zahlungsverkehrsabwicklung) werden häufig geringere Transaktionspreise erhoben und der Grundpreis (Kontoführungsgebühr) bei einem Girokonto, das ausschließlich online
genutzt wird, kann teilweise ganz entfallen. Aus Sicht der Nachfrager handelt es
sich hierbei im Wesentlichen aber um die Bereitstellung einer erweiterten
Zugangs- und Nutzungsmöglichkeit ein und desselben Produkts. Preisunterschiede spiegeln lediglich verschiedene Leistungsmodalitäten mit entsprechenden Kostenunterschieden (z.B. geringere Verarbeitungskosten) bzw. unterschiedliche Vermarktungsstrategien wider. Neben dem „Kanal“ (nur online oder
online und Filiale), über den der Kunde Aufträge an sein Kreditinstitut erteilt,
sind insbesondere Merkmale wie Untergrenzen für monatliche Gehaltseingänge
für die Festlegung von Gebührenmodellen ausschlaggebend. Der Nutzung von
Bankdienstleistungen per Internet oder Telefon kommt vornehmlich eine
komplementäre Funktion zu. Online-Banking gehört heutzutage zum Standardangebot der meisten Kreditinstitute.
38
39
40
Zu diesem Ergebnis kommt auch die Europäische Kommission in ihrer Sektoruntersuchung zum Retail
Banking, Interim Report II, Current Accounts and Related Services, 17. Juli 2006, S. 22.
Vgl. Gesprächsvermerk ING Diba vom 9. November 2011.
Nach Angaben des Statistikamtes Eurostat der Europäischen Kommission betrug im Jahr 2009 die Anzahl
der Nutzer von Online-Banking in Deutschland ca. 41%; vgl Eurostat – Tables, Graphs and Maps Interface
(TGM) table:
http://epp.eurostat.ec.europa.eu/tgm/table.do?tab=table&init=1&language=en&pcode=tin00099&plugin=1.
- 17 -
25. Von den Beteiligten vermittelt die Haspa im Verbraucherkreditgeschäft ein
ausschließlich über das Internet vertriebenes Produkt, den „Haspa Online
Kredit“.41 Darüber hinaus werden andere Produkte auch über das Internet
vertrieben, wie etwa das Cashkonto, ein Tagesgeldkonto, aber nur, sofern
bereits eine Kundenbeziehung zur Haspa besteht und der Kunde PIN und TAN
zur Erteilung von Aufträgen an die Haspa erhalten hat.42 Bei der Mehrzahl der
Standardprodukte, insbesondere bei Girokonten, überwiegt aber der Abschluss
in der Bankfiliale.43 Die KSK bietet auch die Eröffnung des Girokontos über ihre
Website an, bislang wird dieses Angebot aber nicht wahrgenommen. Darüber
hinaus werden Verbraucherkredite („Sparkassen Privatkredit“) und Tagesgeldkonten („S-Kapital“) über das Internet vertrieben, die Abschlusszahlen sind im
Vergleich zum stationären Geschäft aber gering [kleiner 1%] für den
Sparkassen Privatkredit, [5-10%] für S-Kapital, beides im Jahr 2010).44 Der
Anteil von Anbietern ohne Filialen mit ausschließlichem Vertrieb über Internet
oder Telefon ist nach wie vor gering. Der Anteil der DKB, ING Diba und
comdirect als den drei größten Anbietern von Girokonten über das Internet im
Geschäftsgebiet der KSK, lag beim Kontobestand 2010 bei ca. 3%, bei den
Neueröffnungen bei 11%. Bei Baufinanzierungsprodukten – ein Bereich in dem
z.B. die ING Diba über vergleichsweise hohe Marktanteile verfügt – nutzen
auch Direktbanken Formen des stationären Vertriebs wie etwa die Vermittler
der Interhyp. Die ING Diba vertreibt lediglich 20% ihrer Baufinanzierungen über
Internet oder Telefon, 80% über Vermittler.45 Ein ähnliches Bild bietet sich bei
den mit Filialen im Gebiet vertretenen Wettbewerbern. Für die kleineren
Kreditgenossenschaften im Geschäftsgebiet der Beteiligten haben Internet oder
Telefon als Vertriebskanal nur marginale Bedeutung.46 Die Sparda-Bank
41
42
43
44
45
46
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 9 des Auskunftsbeschlusses vom 30. Juni 2011, Produktbeschreibung
als Anlage zur Antwort auf Frage 8 des Auskunftsbeschlusses vom 30. Juni 2011.
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 9 des Auskunftsbeschlusses vom 30. Juni 2011, Produktbeschreibung
als Anlage zur Antwort auf Frage 8 des Auskunftsbeschlusses vom 30. Juni 2011.
Der Vorteil bei der Kontoeröffnung in der Filiale liegt auch darin, dass dann unmittelbar die gesetzlich
vorgeschriebene Legitimationsprüfung vorgenommen werden kann.
Vgl. Antwort der KSK auf Frage 7 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Vgl. Gesprächsvermerk vom 9. November 2011.
Vgl. Antworten auf Frage 7 des Auskunftsbeschluss vom 11. Juli 2011 der Volksbank Stormarn, der
Raiffeisenbank Hagenow, der Raiffeisenbank Lauenburg, der Raiffeisenbank Südstormarn Mölln, der
Raiffeisenbank Ratzeburg. Soweit Produkte wie von der Hamburger Volksbank überhaupt über Internet
vertrieben werden, beschränkt sich dieser Vertrieb auf Tages- und Termingelder bzw. Verbraucherkredite.
Vgl. auch die Antwort der Sparkasse zu Lübeck auf Frage 7 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011
- 18 -
Hamburg bietet demgegenüber verstärkt Produkte auch über das Internet an,
im Schwerpunkt wird dieser Vertriebskanal aber für Tages- und Festgelder bzw.
Verbraucherkredite genutzt, nicht für Girokonten und Baufinanzierungsprodukte. Großbanken mit filialgestütztem Geschäft nutzen ebenfalls ergänzend
das Internet für standardisierte Produkte im Einlagen- und Verbraucherkreditbereich, für Girokonten und Baufinanzierungen ist dieser Vertriebskanal
bedeutungslos.47
b) Die Privatkundenmärkte im Einzelnen
26. Vom Zusammenschluss betroffen sind im Bereich der Privatkunden die Märkte
für Girokonten, Einlagen, Kredite für den Wohnungsbau und sonstige Kredite.
(1) Girokonten
27. Kreditinstitute wickeln den Zahlungsverkehr für Privatkunden im Rahmen von
Girokontenverbindungen ab. Über das Girokonto werden Zahlungseingänge
und -ausgänge gebucht, Überweisungsaufträge und Lastschriften ausgeführt.
Girokonten werden regelmäßig abgeschlossen (z.B. einmal im Quartal), der
Kontoinhaber kann sich aber regelmäßig durch Kontoauszüge über den
Kontostand und die Buchungen informieren.
28. In rechtlicher Hinsicht liegen Girokonten Zahlungsdiensterahmenverträge i.S.
von § 675f Abs. 2 BGB zugrunde.48 Typischerweise erbringt das Kreditinstitut
im Rahmen eines solchen Vertrages verschiedene Arten von (beleghaften und
beleglosen) Transaktionsdienstleistungen wie Überweisungen, Daueraufträge
oder Lastschriften (sog. Zahlungsaufträge) und stellt eine Debitkarte (z.B. die
girocard) für bargeldlose Zahlungen sowie für die Beschaffung von Bargeld an
47
48
(Kein fallabschließender Produktverkauf über Internet / Telefon, sondern nur Antrag auf Produktabschluss
für bestimmte Produkte; Antragsvolumen unter 1% des Gesamtantragsvolumens.
Vgl. Antwort auf Frage 7 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011 der Postbank, der Commerzbank,
der UniCreditBank.
Früherer Girovertrag des § 675f BGB a.F. wurde ersetzt im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie
2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste
im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie
zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (kurz: “Zahlungsdiensterichtlinie”), ABl. L 319/1 vom 5. Dezember
2007, durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der
Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht
vom 29. Juli 2009, BGBl. Teil I Nr. 49 vom 3. August 2009. Die Änderung ist am 31. Oktober 2009 in Kraft
getreten.
- 19 -
Geldausgabeautomaten zur Verfügung. Als Zusatzleistung, für die teilweise wie etwa von den Beteiligten - eine separate Gebühr verlangt wird, werden
auch
Kreditkarten
angeboten,
die
dem
Inhaber
innerhalb
eines
Verfügungsrahmens bargeldlose Zahlungen ermöglichen.
29. Trotz der gleichen Abwicklungsformen können Girokonten für Privatkunden und
Girokonten für Gewerbekunden nicht einem einheitlichen Girokontenmarkt
zugeordnet werden. Denn typischerweise nutzen Gewerbekunden ihr Girokonto
sehr viel intensiver als Privatkunden; manche Formen des Zahlungsverkehrs
wie die Einreichug von Lastschriften zum Einzug werden im Wesentlichen nur
von Gewerbekunden praktiziert. Die Gebührenmodelle für beide Kundengruppen unterscheiden sich; während bei Privatkunden Pauschalpreismodelle
üblich sind, werden Gewerbekunden – um aus Sicht der Anbieter eine angemessene Bepreisung der Leistungen des Kreditinstituts zu erreichen – oft
Postengebühren berechnet. Auch die Anbieter für beide Leistungen sind nicht
identisch; einige Institute wie die Sparda Bank, die Badische Beamtenbank oder
Direktbanken
wie
comdirect
bieten
die
Führung
von
Girokonten
für
Gewerbekunden nicht an.
(a) Einbeziehung der Dispositionskredite
30. Girokonto und Dispositionskredit bilden ein einheitliches Produkt, das einem
einheitlichen Markt zuzuordnen ist. Die Beteiligten vertreten die Ansicht49,
Dispositionskredite seien ungeachtet ihrer Unselbständigkeit einem eigenen
sachlich relevanten Markt oder aber mit anderen Kreditformen einem
Kreditmarkt zuzuordnen. Jedenfalls sei ein separater Markt für Konten ohne
Dispositionskredite abzugrenzen, denn diese deckten einen anderen Bedarf ab
als solche mit Dispositionskredit. So müssten sich Kunden aktiv für die
Einräumung
eines
Dispositionskredites
entscheiden
und
entsprechende
Einkommensnachweise vorlegen. Die Bonität werde wie bei Verbraucherkrediten ständig überprüft. Es sei auch zu vermuten, dass verstärkt Girokonten
eröffnet würden, nur um Dispositionskredite in Anspruch zu nehmen, die
eigentliche Nutzung des Girokontos zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs trete
damit in den Hintergrund.
- 20 -
31. Die Führung eines Girokontos ist bei entsprechender Bonität verknüpft mit der
Einräumung einer Kreditlinie, meist als Dispositionskredit bezeichnet. Innerhalb
des eingeräumten Limits können Kontoinhaber frei verfügen, auch Umfang und
Zeitpunkt der Rückführung des Kredits sind flexibel. Darüber hinaus dulden
Kreditinstitute
auch
Überziehungen,
soweit
entweder
überhaupt
kein
Dispositionsrahmen eingeräumt oder dieser bereits ausgeschöpft wurde. Der
Dispositionskredit in Verbindung mit dem Girokonto ist aus Verbrauchersicht
nicht austauschbar mit anderen Kreditformen, auch nicht mit solchen, die einen
vergleichbaren Finanzierungsbedarf abdecken und eine höhere Flexibilität im
Hinblick auf Inanspruchnahme und Tilgung als die typischen Abzahlungsdarlehen mit festgelegten Tilgungsraten bieten. Denn im Unterschied zu
sonstigen Verbraucherkrediten wird bei einem bestehenden Girokonto der
Dispositionskredit teilweise standardmäßig eingeräumt oder die Einrichtung ist
jedenfalls für den Verbraucher mit keinem größeren Aufwand verbunden.50
[...].51 Dies spiegelt sich auch in unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen an
die Verbraucherinformation wider: Während für die Privatkunden unabhängig
von einem Girokonto gewährten Kredite der Vertragsinhalt in § 492 BGB
weitgehend gesetzlich normiert ist (z.B. Darstellung des Gesamtbetrags der
vom Kreditnehmer zu leistenden Tilgungen, Zinsen und Gebühren, des
effektiven Zinssatzes, etc.) fehlen solche zwingenden gesetzlichen Vorgaben
für den Dispositionskredit (§ 493 BGB). In der Höhe ist der Dispositionskredit
begrenzt, er orientiert sich an den regelmäßigen monatlichen Eingängen, üblich
ist wie z.B. bei der Haspa das [...] des regelmäßigen Monatseingangs.52 Der
Zinssatz für Dispositionskredite ist relativ hoch, Haspa und KSK verlangen
beide 12,55% bzw. 12,26%53, die Inanspruchnahme von Dispositionskrediten ist
deshalb grundsätzlich wirtschaftlich nur zur Deckung eines sehr kurzfristigen
Kapitalbedarfs im Rahmen des über das Konto abgewickelten Zahlungsverkehrs sinnvoll. Bei nicht genehmigten Überziehungen liegt der Zinssatz noch
höher. Mit der Einräumung des Dispositionskredits werden aus Sicht des
49
50
51
52
53
Stellungnahme vom 31. Januar 2012.
Vgl. z.B. die auf der Internetseite der KSK angebotene Möglichkeit, die Einrichtung eines Dispositionskredits auf einem bestehenden Girokonto bzw. dessen Erhöhung zu beantragen.
[...]
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 8 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011, [...].
Konditionen veröffentlicht auf der Website, www.haspa.de bzw. www.ksk-ratzeburg.de (Stand 16. Februar
2012).
- 21 -
Kontoinhabers abstrakt seine Verfügungsmöglichkeiten erweitert, z.B. für
unvorhergesehene Ausgaben, während mit den sonstigen Verbraucherkrediten
typischerweise ein konkreter Finanzierungsbedarf gedeckt wird, wie der Kauf
eines Fahrzeugs oder sonstiger Konsumgüter, für den der Verbraucher
zwischen verschiedenen Anbietern wählen kann und sich im Regelfall für den
mit dem niedrigsten Zinssatz entscheidet.
Im Unterschied dazu spielt der
Zinssatz für die Entscheidung des Verbrauchers, ob er überhaupt einen
Dispositionskredit wünscht, praktisch keine Rolle, sondern allenfalls für dessen
Inanspruchnahme;
auch
wird
ein
Verbraucher
bei
der
Suche
nach
Finanzierungsmöglichkeiten für geplante Anschaffungen nur ausnahmsweise
den – mit hohen Kosten verbundenen – Dispositionskredit mit in seine
Auswahlentscheidung einbeziehen. Schon deswegen ist die Zuordnung des
Dispositionskredits zu einem umfassenden Verbraucherkreditmarkt nicht
möglich, weil sie eine Auswahl des Verbrauchers unterstellt, die es tatsächlich
nicht gibt. Soweit Kreditinstitute Privatkunden Kredite anbieten, bei denen der
Kreditnehmer in einem vorgegebenen Rahmen über die Inanspruchnahme und
die Rückführung innerhalb bestimmter Grenzen frei entscheiden kann, sind
diese Produkte aus Sicht des Verbrauchers nicht austauschbar mit einem mit
dem Girokonto verknüpften Dispositionskredit. Die Haspa bietet z.B. mit dem
„KomfortKredit“ ein Produkt an, bei dem für die Inanspruchnahme und die
monatlichen Tilgungen Mindestbeträge vorgegeben sind, darüber hinaus aber
Kreditbeträge frei
abgerufen
und
Sonderzahlungen
zur
Tilgung
ohne
Rücksprache vorgenommen werden können. Dieses Produkt wird im
Unterschied zum Dispositionskredit selbständig neben dem dem Zahlungsverkehr dienenden Girokonto zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus müssen
Rahmenbedingungen eingehalten werden, wie einen Mindestdarlehensbetrag
(bei
dem
KomfortKredit
10.000
EUR),
Mindestabrufbeträge
(bei
dem
KomfortKredit 1.500 EUR) und Mindestrückzahlungen (bei dem Komfortkredit
mindestens 2% des Abrufbetrages). Der – von der Bonität abhängige –
Jahreszins liegt meist deutlich unter dem Zinssatz für Dispositionskredite, bei
dem KomfortKredit liegt der günstigste effektive Jahreszins bei 4,31%.54
54
Vgl. www.haspa.de (Stand 19. Oktober 2011) .
- 22 -
32. Auch die Annahme eines eigenen sachlichen Marktes für Dispositionskredite
scheidet aus, weil solche Kredite immer nur in Kombination mit einem Girokonto
angeboten werden, und Verbraucher eher flexiblere Formen des Verbraucherkredits wählen, als ein Girokonto einzurichten, nur um einen vergleichsweise
teuren Dispositionskredit in Anspruch zu nehmen. Ebenso wäre es nicht
sachgerecht, getrennte Märkte für Girokonten mit und ohne Dispositionskredite
anzunehmen, denn angeboten werden Girokonten mit Dispositionskrediten als
einheitliche Produkte, auch wenn dessen Einrichtung und Höhe im Einzelfall
bonitätsabhängig sind.
(b) Keine weitere Unterteilung des Marktes nach Kontomodellen
33. Der Girokontenmarkt ist nicht weiter nach den Gebührenmodellen bzw. den mit
dem Girokonto verknüpften Leistungen zu unterteilen. Aus Sicht der
Verbraucher
sind die von den Kreditinstituten angebotenen Produkte
austauschbar, auch wenn sich im Einzelnen Gebührenmodelle und – im
Hinblick auf bestimmte Zusatzdienste - Leistungsumfang unterscheiden. Im
Kern ist aus Sicht des Verbrauchers das Girokonto ein Produkt zur Abwicklung
des bargeldlosen Zahlungsverkehrs das über die jeweiligen Gebührenmodelle
unterschiedlich bepreist wird.
34. Das traditionelle Gebührenmodell für Girokonten ist die Berechnung einer
monatlichen Pauschale und ggf. weiterer Gebühren für Buchungskosten. Die
Haspa hat mit dem „Girokonto klassisch“55 ein solches Modell [...]. Die KSK hat
ein Gebührenmodell mit einem monatlichem Pauschalpreis und weiteren
Buchungsgebühren.56 Bei Volks- und Raiffeisenbanken ist das Modell eines
monatlichen Pauschalpreises zuzüglich weiterer Buchungsentgelte ebenfalls
weit verbreitet, ebenso bei Großbanken.57
55
56
57
Antwort auf Frage 7 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011, Anlage 06 (Giro und Überweisungsverkehr HaspaJoker Vorteilskonten): monatlich 2,95 EUR, 5 Buchungsposten frei, für jede weitere
Buchung 0,25 EUR.
Anlage zu Antwort auf Frage 6 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Hamburger Volksbank, Antwort auf Frage 5 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011 (7,50 EUR
monatlich), Raiffeisenbank Südstormarn Mölln, Antwort auf Frage 6 des Auskunftsbeschlusses vom
11. Juli 2011: (Pauschale ab 4 EUR monatlich). Antwort der Deutschen Bank auf Frage 5 des
Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
- 23 -
35. Bereits seit Längerem werden gebührenfreie Konten angeboten, z.T. geknüpft
an
bestimmte
Bedingungen
wie
einem
monatlichen
Mindesteingang.
Insbesondere Direktbanken werben gezielt mit der Gebührenfreiheit.58 Der
Kunde kann im Rahmen der kostenfreien Nutzung des Kontos Aufträge über
das Internet erteilen. Um den Kontoinhabern den Zugang zu Bargeld zu
verschaffen, geben einige Direktbanken Kreditkarten aus und vermeiden damit
die mit der Nutzung der girocard am Geldautomaten anderer Institute
verbundenen Kosten für den Kunden.59 Auch Filialbanken bieten gebührenfreie
Kontomodelle an, z.B. die Postbank60 oder die Commerzbank.61 Im Einzelnen
unterschiedlich ist die Art und Weise der von der Gebührenfreiheit mitumfassten
Aufträge geregelt.62 Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken sind teilweise
dazu übergegangen, unter bestimmten Bedingungen auch gebührenfreie
Konten anzubieten, setzen das Argument der Gebührenfreiheit in der Werbung
aber meist zurückhaltend ein. Ausgehend von ihren traditionellen Gebührenmodellen bieten sie – meist geknüpft an monatliche Mindesteingänge – Konten
ohne monatliche Grundgebühr an.63
36. Unter „Mehrwertkonten“ werden gebührenpflichtige Girokonten verstanden, die
über die reine Erbringung von Zahlungsverkehrsdienstleistungen hinaus weitere
Leistungen für den Kunden beinhalten, wie weitere Dienstleistungen,
Versicherungen oder die Gewährung von Rabatten. Aus Sicht der Anbieter
können mit diesen Konten Kunden gebunden werden, die ansonsten zu
Anbietern gebührenfreier Girokonten abwandern würden.
58
59
60
61
62
63
Vgl. Antwort der ING Diba auf Frage 5 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011, Preis- und Leistungsverzeichnis; Antwort der DKB auf Frage 5 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011, Preis- und
Leistungsverzeichnis.
Seit Anfang 2011 können die Betreiber von Geldautomaten dem Nutzer ein Entgelt in Rechnung stellen,
sofern er mit der girocard verfügt. Bei Verfügungen mit Kreditkarten berechnet der Geldautomatenbetreiber dem Emittenten ein Interbankenentgelt, das dieser dem Kunden weiterbelasten kann, aber nicht
muss. Vgl. z.B. die Ausstattung der Girokonten der ING Diba und der DKB mit Visa-Kreditkarten zur
kostenlosen Bargeldversorgung.
Vgl. Antwort der Postbank auf Frage 5 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011, Preis- und Leistungsverzeichnis.
Vgl. Antwort der Commerzbank auf Frage 5 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011, Preis- und
Leistungsverzeichnis.
Die Commerzbank lässt z.B. auch beleghafte Aufträge zu.
Vgl. das Produkt „Giro Aktiv“ der KSK (gebührenfrei ab einem monatlichen Mindesteingang von
1.000 EUR), Anlage zu Antwort auf Frage 6 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011; Hamburger
Volksbank, Antwort auf Frage 5 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011: keine Pauschale bei
Mindesteingang von 750 EUR monatlich; Raiffeisenbank Südstormarn Mölln, Antwort auf Frage 6 des
Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011: keine Pauschale ab monatlichem Eingang von 500 EUR.
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37. Die Haspa hat mit dem JokerKonto ein solches Produkt entwickelt und am
Markt platziert, das im Einzelnen unterschiedliche Zusatzleistungen wie die
Buchung von Reisen über einen externen Dienstleister mit Rückvergütung auf
den Preis, Reiseversicherungen (z.B. Auslandsreiseversicherung, Reiserücktrittsversicherung) und die Buchung von Veranstaltungstickets ebenfalls mit
Rückvergütungen auf den Preis umfasst. Darüber hinaus werden weitere
Versicherungen (Haftpflichtversicherungen, Rechtsschutzversicherungen) und
Rabatte bei Einkäufen bei den am Programm beteiligten Einzelhandels- und
Dienstleistungsunternehmen gewährt.64 Zur Erbringung der bankfremden
Dienstleistungen hat die Haspa einen externen Dienstleister eingeschaltet, die
Affinion International GmbH („Affinion“), Hamburg. Affinion berät eine Reihe von
Kreditinstituten bei der gezielten Zusammenstellung von Dienstleistungen, um
Girokonten attraktiv zu gestalten.65
38. Wettbewerber der Beteiligten bieten vergleichbare Produkte an. Die Deutsche
Bank vermarktet neben einem Basisprodukt, dem „Aktivkonto“, weitere
Produkte („PlusKonto“, “BestKonto“), die ebenfalls Zusatzleistungen wie die
Buchung von Reiseleistungen verbunden mit Rabatten enthalten.66
(2) Einlagen
39. Die
von
den
Kreditinstituten
Privatkunden
angebotenen
Produkte
im
Einlagenbereich sind einem einheitlichen Markt der Geldanlage auf Konten
zuzuordnen. Es handelt sich um spezielle Konten, die im Unterschied zu
Girokonten nicht dem Zahlungsverkehr dienen. In Abhängigkeit von Laufzeit
und Anlagevolumen variiert der Zinssatz. Über Tagesgeldkonten kann jederzeit
verfügt werden, in der Regel kann die Verzinsung je nach Marktentwicklung
geändert werden. Über Festgelder kann während des vereinbarten Zeitraums
nicht verfügt werden, der Anleger erhält für den vereinbarten Zeitraum einen
festen Zins. Bei Spareinlagen ist auf Grund der Vorgabe der RechKredV67 eine
Kündigungsfrist von mindestens 3 Monaten vorzusehen.
64
65
66
67
Vgl. im Einzelnen die Anlage 3 zur Antwort der Haspa auf Frage 4 des Auskunftsersuchens vom
30. August 2011.
Vgl. Darstellung auf der Internet-Seite www.affinioninternational.de.
Antwort der Deutschen Bank auf Frage 6 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute vom 10. Februar 1992.
- 25 -
40. Über Verfügbarkeit und Verzinsung hinaus unterscheiden sich die Einlagen im
Hinblick auf ihre konkrete Ausstattung, z.B. Möglichkeit der Verfügungen am
Geldautomaten durch Ausgabe einer Karte68 oder die insbesondere von
Sparkassen
angebotene
Vereinbarung
regelmäßiger
Einzahlungen
in
69
Sparverträge.
41. Aus Verbrauchersicht sind die Anlageformen weitgehend austauschbar,
insbesondere gibt es zwischen Spareinlagen und Tages- bzw. Festgeldern
keine Unterschiede, die auf die Deckung eines grundlegend abweichenden
Bedarfs schließen lassen. Die Anbieter können ihre Produkte grundsätzlich
verhältnismäßig leicht – in Abhängigkeit von ihrem Refinanzierungsbedarf –
umstellen.
(3) Kredite
42. Kreditinstitute
stellen
Privatkunden
(Geld-)Darlehen für
unterschiedliche
Zwecke und in unterschiedlicher Form zur Verfügung. Unterschiede bestehen
im
Hinblick
Ausgestaltung.
auf
den
Sachlich
Verwendungszweck,
getrennte
Märkte
die
Besicherung
und
die
sind
für
für
den
Kredite
Wohnungsbau und für sonstige Kredite an Privatpersonen, im Folgenden
allgemein Ratenkredite anzunehmen. Die im Zusammenhang mit Girokonten
gewährten Dispositionskredite sind den Girokonten zuzuordnen.70
(a) Kredite für den Wohnungsbau
43. Die Beteiligten und ihre Wettbewerber gewähren Kredite zur privaten
Wohnungsbaufinanzierung. Diese Kredite sind zweckgebunden und sind für die
Finanzierung im Zusammenhang mit baulichen Maßnahmen oder einem
Immobilienkauf zu verwenden. Wohnungsbaukredite sind durch Grundpfandrechte gesichert. Kreditnehmer müssen häufig einen gewissen Anteil an
Eigenkapital einbringen, d.h. der Darlehensbetrag ist geringer als der
Verkehrswert der zu finanzierenden Immobilie.
68
69
70
Z.B. die Haspa SparCard, vgl. die Übersicht über die Sparprodukte in der Anlage 8 iii zur Antwort auf
Frage 8 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Z.B. das Produkt „S-Prämiensparen plus“ der KSK, vgl. die Übersicht in der Tabelle mit den Produkten für
Privatkunden, Anlage zur Antwort auf Frage 6 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Vgl. Rn 29 ff.
- 26 -
44. Kredite zur Finanzierung von Immobilien werden in Form von Annuitätendarlehen vergeben oder in Form von Bauspardarlehen. Bei Annuitätendarlehen
erhält der Kreditnehmer zu Beginn die Darlehenssumme. Anschließend leistet
er in der Regel konstante monatliche Raten. Die monatliche Rate besteht aus
einem Zins und einem Tilgungsanteil. Dies hat zur Folge, dass die
Zinsbelastung
mit
dem
sinkenden
Darlehensvolumen
fällt
und
der
Tilgungsanteil während der Laufzeit des Kreditvertrages ansteigt. Im Einzelnen
unterschiedlich ausgestaltet sind der Zins, der Zeitraum der Zinsbindung und
die Möglichkeit, über die vereinbarten Tilgungsleistungen hinaus Sondertilgungen zu leisten. Darüber hinaus können Bearbeitungsgebühren und
Vermittlungsprovisionen berechnet werden. Mithilfe dieser Angaben kann der
effektive Jahreszins berechnet werden, der die Darlehen vergleichbar macht.
Meist sind Darlehen nach der Zinsbindungsfrist nicht vollständig getilgt, so dass
nach Ablauf der Zinsbindung zum dann herrschenden Zinsniveau ein neuer
Darlehenszins festgelegt wird. Es existieren jedoch auch Darlehen mit sehr
langer Zinsbindung. Der gewählte Zinssatz hängt von der Erwartung über die
Entwicklung des Zinsniveaus ab.
45. Eine Sonderform der Baufinanzierung stellen die von Bausparkassen
vergebenen
Kredite
Bauspardarlehens
ist
dar.
der
Voraussetzung
Abschluss
für
eines
die
Gewährung
Bausparvertrages.
eines
In
der
Ansparphase leistet der Bausparer regelmäßig wiederkehrende oder einmalige
Einzahlungen auf sein Bausparkonto. Dies berechtigt den Bausparer nach
Erreichen der Mindestbausparsumme und der Mindest-Bewertungszahl, die
Sparleistung und Spardauer widerspiegelt, zur Zuteilung des Bauspardarlehens
zu einem beim Abschluss des Bausparvertrags festgelegten Zins. In der
Darlehensphase erhält er ein Darlehen zu wohnungswirtschaftlichen Zwecken.
Das Darlehen wird aus den Einlagen des Bausparerkollektivs refinanziert. Zur
Besicherung genügen meist nachrangige Grundpfandrechte. Im Sparkassenbereich sind die Landesbausparkassen Anbieter von Bausparverträgen, der
Vertrieb erfolgt zum Teil über die Sparkassen. Die Beteiligten vermitteln
Produkte der LBS Schleswig-Holstein-Hamburg, an der die Haspa mit 42,5%
- 27 der Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein mit 57,5% beteiligt ist.71
Institute des genossenschaftlichen Bereichs bieten Produkte der Schwäbisch
Hall an. Zum Teil verfügen Wettbewerber der Beteiligten über konzerneigene
Bausparkassen wie die Deutsche Bank Bauspar AG, die Postbank/Deutsche
Bank zuzurechnende BHW, zum Teil vertreiben sie Produkte unabhängiger
Bausparkassen wie die Commerzbank Produkte der Wüstenrot Bausparkasse.
46. Vorwiegend werden Baufinanzierungen mit Bauspardarlehen in der Kombination mit Vorausdarlehen abgeschlossen, wodurch eine sofortige Finanzierung
ohne Ansparphase ermöglicht wird. Dies erfolgt durch die Gewährung eines
tilgungsfreien Darlehens (Vorausdarlehen) bei gleichzeitigem Abschluss eines
Bausparvertrages. Während der Bausparphase werden lediglich die anfallenden Zinsen des Vorausdarlehens bezahlt und gleichzeitig dazu auf den
Bausparvertrag einbezahlt. Das Kreditvolumen bleibt in voller Höhe bestehen.
Bei Zuteilung wird die Bausparsumme zur Tilgung des Darlehens verwendet.72
Anschließend zahlt der Verbraucher das Bauspardarlehen zurück. Da der
Zinssatz des Bauspardarlehens bereits bei Abschluss des Bausparvertrages
festgelegt wird, ist der Zinssatz bis zur Rückzahlung des Bausparvertrags
festgeschrieben.
47. Da das Angebot der Bausparkassen Wohnungsbaufinanzierungen ohne
Ansparphase ermöglicht, sind die Angebote von Bausparkassen genau wie
Annuitätendarlehen
zur
sofortigen
Finanzierung
geeignet
und
damit
gegeneinander austauschbar. Langfristige Zinsfestschreibung ist bei beiden
Darlehensformen gleichermaßen möglich.
48. Staatliche
Förderungen
(Wohnungsbauprämie,
Arbeitnehmersparzulage,
Riesterförderung), die bei der Vermarktung von Bauspardarlehen beworben
werden, können ebenso in
gleichem Umfang bei Finanzierungen über
Annuitätendarlehen in Anspruch genommen werden. Einzig die Vergleichbarkeit
von Annuitätendarlehen und Bauspardarlehen mit Vorausdarlehen kann
71
72
Vgl. Antwort der KSK auf die Frage 6 zum Auskunftsersuchen vom 30. Juni 2011, Antwort der Haspa auf
Frage 1 c des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011 (Anlage, Präsentation zur Vorstandsbesprechung
am 26. April 2011).
Vgl. das Angebot eines Tilgungsbausparvertrages durch die Haspa, Antwort auf Frage 8 des
Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011. Verwendet werden Produkte der LBS Schleswig-Holstein
Hamburg.
- 28 -
erschwert werden, wenn für das Bauspardarlehen mit Vorausdarlehen der
Effektivzins des Kombiprodukts für die gesamte Laufzeit nicht ausgewiesen
wird. Der Effektivzins muss lediglich für die beiden Produkte Bauspardarlehen
und Vorausdarlehen separat angegeben werden, nicht für die gesamte
Finanzierung.
49. Bei allen befragten Bausparkassen ist der Anteil des außerkollektiven
Geschäfts (Voraus-, Zwischen und Annuitätendarlehen) größer als der Anteil
von Bauspardarlehen. Bausparverträge, bei denen zunächst der Abschluss
eines Bausparvertrages erfolgt und erst bei Zuteilung die Anschaffung einer
Immobilie finanziert wird, haben eine geringe Bedeutung. Es wird daher im
Ergebnis ein einheitlicher Markt für Baufinanzierungen zu Grunde gelegt.73
(b) Verbraucherkredite
50. Verbraucherkredite werden privaten Darlehensnehmern für die Finanzierung
des Erwerbs von Gütern oder Dienstleistungen zur persönlichen Nutzung
gewährt.
Die
zweckgebunden
Gewährung
zur
erfolgt
Finanzierung
entweder
eines
zweckungebunden
bestimmten
Objektes.
oder
Beim
Verbraucherkredit handelt es sich um ein standardisiertes Bankprodukt
(standardisierte Überprüfung der Bonität), das schnell bereitgestellt werden
kann. Auf eine Besicherung wird häufig verzichtet. Die Rückzahlung erfolgt
regelmäßig in gleich hohen monatlichen Raten, Produkte mit einer flexibleren
Gestaltung der Auszahlung oder Tilgung werden aber ebenfalls angeboten.74
Die Beteiligten bieten selbst zweckgebundene Verbraucherkredite an und
vermitteln spezielle Kredite Dritter z.B. zur Finanzierung von Neu- oder
Gebrauchtwagen.75
73
74
75
Auch die Haspa hat sich in der Vergangenheit für einen einheitlichen Markt ausgesprochen (Vermerk vom
10. September 2009, S. 2f, „Wüstenrot /Allianz Bauspar“ B4 – 32/10).
Vgl. das oben beschriebene Produkt der Haspa, KomfortKredit.
Z.B. der Haspa AutoKredit, ein Produkt der S-Kreditpartner, eines Unternehmens des Sparkassenbereichs, vgl. Antwort der Haspa auf Frage 8 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011. Auch die KSK
vermittelt Kredite der S-Kreditpartner, vgl. Antwort auf Frage 6 des Auskunftsersuchens vom
30. Juni 2011.
- 29 -
51. Auf Seiten der Anbieter finden sich neben den klassischen Kreditinstituten eine
Reihe von auf Verbraucherdarlehen spezialisierte Anbieter, bei denen es sich
teilweise um Tochtergesellschaften von Universalkreditinstituten oder von
Automobilherstellern handelt, teilweise auch um aus Tochtergesellschaften von
Einzelhandelsunternehmen hervorgegangene Spezialkreditinstitute. Die Frage,
ob allgemeine Verbraucherkredite und gebundene Verbraucherkredite etwa für
die Finanzierung von Neu- oder Gebrauchtwagen einem einheitlichen Markt
zuzuordnen sind, kann offen bleiben. Denn auch wenn nur der Bereich der
allgemeinen Verbraucherkredite betrachtet wird - in dem die Beteiligten
ausschließlich tätig sind - ist die Entstehung oder Verstärkung einer
marktbeherrschenden Stellung nicht zu erwarten.
4. Gewerbekunden
52. Die Produktmärkte für kleine und mittlere gewerbliche Kunden (im Folgenden:
Geschäftskunden) sind von den Produktmärkten für große Gewerbekunden (im
Folgenden: Firmenkunden) zu trennen.76 Auf Grund des unterschiedlichen
Bedarfs an Bankdienstleistungen beider Kundengruppen unterscheiden sich die
jeweiligen Produkte deutlich. Regelmäßig sind die den Geschäftskunden
angebotenen Produkte standardisiert, während für Firmenkunden maßgeschneiderte Lösungen erstellt werden, die deren spezifische Bedürfnisse
widerspiegeln.
a) Unterscheidung von Firmen- und Geschäftskunden
(1) Unterschiedliche Bedarfe von Firmen- und Geschäftskunden
53. Der
Bedarf
an
Zahlungsverkehrsdienstleistungen
beschränkt
sich
bei
Geschäftskunden meist auf Leistungen, die Kreditinstitute durch die Führung
eines Standard-Kontomodells anbieten können. Geschäftsgirokonten zur
Abwicklung ein- und ausgehender Zahlungen sind standardisierte Produkte,
76
Ebenso Europäische Kommission, Entscheidung vom 3. Oktober 2007, Fortis / ABN Amro Assets,
Rz. 13 ff. m.w.N.; BKartA, Beschluss vom 21. Oktober 2010, Sparkasse Karlsruhe / Sparkasse Ettlingen,
Rz. 61 ff.
- 30 deren Leistungsumfang im Preis- und Leistungsverzeichnis definiert ist.77 Auf
Grund ihres vom Umfang her begrenzten Bedarfs an Zahlungsverkehrsdienstleistungen benötigen Geschäftskunden regelmäßig keine Leistungen zur
Steuerung ihrer Liquidität. Firmenkunden hingegen benötigen solche Verfahren
und nehmen die für sie von Kreditinstituten entwickelten Cash-ManagementVerfahren in Anspruch, mit denen insbesondere bundesweit tätige Unternehmen ihre liquiden Mittel auf ein zentrales Firmenkonto konzentrieren
können.78 Dass es sich bei dieser Dienstleistung nicht mehr um eine
standardisierte Leistung, sondern um ein auf die jeweiligen Bedürfnisse des
Kunden zugeschnittenes Angebot handelt, ergibt sich auch daraus, dass
Entgelte – im Gegensatz etwa zu Führung von Geschäftsgirokonten – für
dieses Produkt individuell verhandelt werden.79
54. Anbieter von Geschäftsgirokonten sind in erster Linie Sparkassen, Volks- und
Raiffeisenbanken
und
die
Großbanken,
soweit
sie
ein
filialgestütztes
Geschäftskundengeschäft betreiben. Die KSK selbst bietet ein Geschäftsgirokonto an, für komplexere Produkte im Auslandszahlungsverkehr vermittelt
sie Leistungen der Nord LB.80 Die befragten Volks- und Raiffeisenbanken
beschränken sich im Hinblick auf die Abwicklung des Zahlungsverkehrs
ebenfalls auf die standardisierte Abwicklung des Zahlungsverkehrs über
Girokonten, komplexere Produkte werden grundsätzlich nicht angeboten.81
Teilweise wird Software zur Verfügung gestellt, die eine verbesserte Integration
der Abwicklung des Zahlungsverkehrs in die betriebliche Organisation des
Kunden gestattet, hierfür wird aber auf zentral für die genossenschaftliche
Gruppe entwickelte Produkte wie Profi Cash, eine Software-Entwicklung der
GAD,
zurückgegriffen.82
Auch
die
Großbanken
bieten
in
ihrem
Geschäftskundenbereich standardisierte Girokontomodelle an.83
77
78
79
80
81
82
Vgl. z.B. das Preis- und Leistungsverzeichnis der KSK, Teil B II, Erbringung von Zahlungsdiensten für
Privatkunden und Geschäftskunden.
Vgl. z.B. das CashManagementverfahren der Haspa, Antwort auf Frage 8 des Auskunftsersuchens vom
30. Juni 2011, Anlage Standardprodukte FK.
Vgl. Anlage zur Antwort der Haspa auf Frage 8 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Antwort der KSK auf Frage 6 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Vgl. die Antwort der Raiffeisenbank Südstormarn Mölln auf Frage 6 des Auskunftsbeschlusses vom
11. Juli 2011.
Vgl. die Antwort der Hamburger Volksbank auf Frage 6 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011
(Anlage 4 – 6) und die Darstellung des Produkts Profi Cash auf der Internetseite der GAD (www.gad.de).
- 31 -
55. Zur
Deckung
standardmäßig
ihres
werden
Finanzierungsbedarfs
Kredite
zur
Verfügung
gestellt
Geschäftskunden
(Kontokorrentkredite,
Betriebsmittelkredite). Üblich sind die auch von den Beteiligten angebotenen
Kontokorrentkredite und Investitionsdarlehen.84 Firmenkunden nehmen darüber
hinaus andere Finanzierungsformen in Anspruch, insbesondere können sie
Finanzierungsmittel über den Kapitalmarkt beschaffen, z.B. durch die Ausgabe
von Aktien, Begebung von Anleihen, oder Beteiligungskapital außerhalb des
klassischen
Kapitalmarktes
mobilisieren.
Auf
Grund
dieses
größeren
Finanzierungsbedarfs erhöht sich die Komplexität der Finanzierung und steigt
der Beratungsbedarf. Zum Teil sind für Firmenkunden der klassische Bankkredit
und
die
Finanzierung
Geschäftskunden
auf
über
den
den
Kapitalmarkt
Bankkredit
als
austauschbar,
einziges
während
Finanzierungsmittel
angewiesen sind, weil bei ihrem vom Umfang her deutlich begrenzteren
Finanzierungsbedarf Finanzierungen über den Kapitalmarkt von vornherein
nicht möglich oder jedenfalls wirtschaftlich nicht darstellbar sind. Die
Anforderungen von Firmenkunden unterscheiden sich daher wesentlich von den
Anforderungen der Geschäftskunden, die sich ausschließlich über Kredite
finanzieren. Mit steigendem Kreditbedarf werden auch in zunehmendem Maße
Geschäftsbeziehungen zu mehreren Kreditinstituten unterhalten. Kreditinstitute
sind bei größeren Kreditvolumina ihrerseits bestrebt, durch die Einbindung
anderer
Kreditinstitute
im
Rahmen
von
Konsortialkrediten
Risiken
zu
begrenzen.
(2) Einstellung der Anbieter auf unterschiedliche Bedarfe
56. Die unterschiedlichen Finanzierungsbedürfnisse von Geschäftskunden und
Firmenkunden spiegeln sich in der jeweiligen Organisationsstruktur der Kreditinstitute wieder. Alle drei Institutsgruppen – Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken – trennen grundsätzlich das Firmenkundengeschäft
organisatorisch von dem übrigen Geschäftskundengeschäft. Anbieter für
Kredite an Geschäftskunden sind vorwiegend Sparkassen, Volks- und
83
84
Die GAD ist ein Unternehmen im genossenschaftlichen Finanzverbund, das den genossenschaftlichen
Instituten Unterstützungsleistungen im IT-Bereich anbietet.
Antwort der Deutschen Bank auf Frage 6 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
Antwort der Haspa auf Frage 8 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011, Antwort der KSK auf Frage 6
des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
- 32 -
Raiffeisenbanken und die mit dem Geschäftskundengeschäft befassten
filialgestützten Bereiche der Großbanken. Sparkassen und Volks- und
Raiffeisenbanken sind nach ihrem Selbstverständnis die Hauptkreditgeber für
Geschäftskunden. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband hat erklärt, er
betrachte „die kreditwirtschaftliche Versorgung und Betreuung des Mittelstandes“ als „geschäftspolitische Kernaufgabe der Sparkassen-Finanzgruppe“
und gehe davon aus, „der wichtigste Finanzpartner der kleinen und mittleren
Unternehmen“ zu sein.85 Auch die Volks- und Raiffeisenbanken legen einen
Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf die Kreditvergabe an kleine und mittelständische Unternehmen.86
(a) Ansicht der Beteiligten zur Anbieterstruktur
57. Die Beteiligten sind der Ansicht, auch die auf das Firmenkundengeschäft
fokussierten Institute wie die BHF-Bank, HSBC Trinkaus & Burkhardt, RBS
Deutschland, die SEB Bank, die DZ Bank, die HSH Nordbank und die Nord/LB
stünden als Anbieter für Produkte für Geschäftskunden, insbesondere im
Kreditbereich zu ihnen im Wettbewerb.87 Sie weisen darauf hin, dass ihnen
einzelne Fälle bekannt seien, in denen Unternehmen mit Umsätzen von EUR
4,5 Mio. bzw. EUR 5,6 Mio. Kunden der HSH Nordbank seien.
(b) Ergebnis der Marktuntersuchung
58. Entgegen der Auffassung der Beteiligten treten die auf das Firmenkundengeschäft spezialisierten Anbieter nicht in Wettbewerb zu den Beteiligten auf den
Geschäftskundenmärkten, insbesondere nicht im Bereich der Kredite.
59. In der Sparkassenorganisation übernehmen traditionell die jeweiligen Landesbanken die Betreuung größerer gewerblicher Kunden, während die Geschäftskunden bei den Sparkassen angesiedelt sind. Die Landesbanken stellen
85
86
Deutscher Sparkassen- und Giroverband (Herausgeber), Der Finanzbericht 2010, S. 17, veröffentlicht auf
www.dsgv.de.
Jahresbericht 2010 des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, S. 42: „Besonders
expandierten die Kredite an Unternehmen und Selbständige. Hier bauten die Kreditgenossenschaften das
Volumen gegenüber dem Vorjahr um 8,3 Milliarden Euro (4,9%) aus. Mit insgesamt rund 178 Milliarden
Euro trugen sie Ende 2010 deutlich zur Kreditversorgung der Unternehmen und Selbständigen in
Deutschland bei. Sie kamen damit ihrer großen volkswirtschaftlichen Verantwortung als bedeutender
Financier der inländischen mittelständischen Wirtschaft nach.“
- 33 -
Finanzierungen bereit, zu denen das Einzelinstitut nicht in der Lage wäre. In
Norddeutschland sind die HSH Nordbank und die Nord/LB tätig. Die von den
Bundesländern Hamburg und Schleswig-Holstein kontrollierte HSH Nordbank88
mit Hauptsitzen in Kiel und Hamburg betreibt insbesondere in diesen
Bundesländern – ihrer „Kernregion“89 – das gewerbliche Großkundengeschäft.
Sie geriet in Folge der Finanzmarktkrise in Schwierigkeiten und musste durch
ihre Haupteigentümer im Frühjahr 2009 mit Kapitalmaßnahmen gestützt
werden. Die Europäische Kommission überprüfte die Stützungsmaßnahmen auf
ihre Vereinbarkeit mit den Beihilferegeln des EG-Vertrages und schloss das
Verfahren am 20. September 2011 ab.90 Im Rahmen des Beihilfeverfahrens hat
sich die HSH Nordbank zu einer Neuausrichtung ihres Geschäfts verpflichtet.
Zielkunden im Gewerbekundengeschäft sollen künftig Unternehmen des
gehobenen Mittelstandes in der norddeutschen Region mit einem Umsatz ab 50
Mio. EUR einem durchschnittlichen Kreditvolumen von EUR 14 Mio. und
bundesweit Unternehmen bestimmter Kernbranchen ab einem Umsatz von 100
Mio. EUR sein. Darüber hinaus sollen Kunden angesprochen werden, die
Kapitalmarktprodukte in Anspruch nehmen können.91 Die Restrukturierung ist
mit einer erheblichen Rückführung der Geschäftsvolumina verbunden. Die
Bilanzsumme sank innerhalb eines Jahres (Mitte 2010 bis Mitte 2011) um 25%
auf 132 Mrd. EUR, die Bilanzsumme der Kernbank soll bis 2014 auf 82 Mrd.
EUR begrenzt werden.92 Auf Grund dieser Restrukturierungsmaßnahmen kann
die HSH die Funktion der Finanzierung größerer Gewerbekunden innerhalb der
Sparkassen-Finanzgruppe nur noch eingeschränkt übernehmen. Dies führt
dazu, dass besser mit Kapital ausgestattete Kreditinstitute – insbesondere die
Haspa aber auch andere Kreditinstitute in der Region – verstärkt als
Kreditgeber aufgetreten sind.93 Auf Grund ihrer Eigentümer-Struktur mit
Mehrheitsbeteiligung der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein und
Minderheitsbeteiligung der schleswig-holsteinischen Sparkassen und der
87
88
89
90
91
92
Stellungnahme vom 2. Februar 2012.
Der HSH Finanzfonds AöR, eine gemeinsame Anstalt der Bundesländer Hamburg und Schleswig Holstein
hält 59,9% der Anteile, Hamburg hält 12,4% und Schleswig-Holstein 11,0%. Die restlichen Anteile liegen
bei dem Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein (6,0%) und neun Trusts (10,7%), vgl.
Darstellung der HSH Nordbank auf ihrer Internetseite, www.hsh-nordbank.de.
Auskunft der HSH Nordbank vom 15. Juli 2011.
Pressemitteilung der HSH Nordbank vom 20. September 2011, www.hsh-nordbank.de.
Auskunft der HSH Nordbank vom 15. Juli 2011.
Pressemitteilung der HSH Nordbank vom 25. August 2011, www.hsh-nordbank.de.
- 34 -
Tatsache, dass Hamburg und Schleswig-Holstein der HSH Nordbank im Jahr
2009 in bedeutendem Umfang Kapital zur Verfügung stellen mussten94 ist zu
erwarten, dass die HSH Nordbank auch unter Berücksichtigung der Interessen
ihrer Eigentümer nicht in Wettbewerb zu den Sparkassen in Hamburg und
Schleswig-Holstein um Geschäftskunden treten wird, sondern entsprechend
dem mit der Europäischen Kommission abgestimmten Konzept sich auf das
Firmenkundengeschäft konzentriert.95 Die Nord/LB ist ebenfalls in der Region
tätig. Eigentümer der Nord/LB sind die Bundesländer Niedersachsen und
Sachsen-Anhalt sowie mittelbar die Sparkassen von Niedersachsen, SachsenAnhalt und Mecklenburg-Vorpommern.96 Ihr Firmenkundengeschäft betreibt sie
bundesweit
mit
Schwerpunkt
auf
Norddeutschland.
Zielgruppen
sind
mittelständisch geprägte Unternehmen zwischen 50 Mio. EUR und 5 Mrd. EUR
Umsatz. In Hamburg ist die Nord/LB mit einer Niederlassung vertreten.97 Diese
Kunden zählen grundsätzlich zum Firmenkundengeschäft.
60. Von den Beteiligten folgt die Tätigkeit der KSK weitgehend der Funktionsteilung
zwischen regionalen Sparkassen und Landesbanken, [...]
98
An alternativen
Finanzierungsformen vermittelt sie im Wesentlichen Schuldscheindarlehen als
vergleichsweise einfache Form des Zugangs zum Kapitalmarkt durch
Verbriefung von gewerblichen Krediten [...].99 Die Haspa bietet ebenfalls
Standardkreditprodukte an,100 verfügt aber auch bereits über Expertise zur
Abdeckung eines darüber hinausgehenden Bedarfs und hat dementsprechend
auch Zentraleinheiten zur Betreuung von Firmenkunden geschaffen.101 Sie
unterscheidet
mit
Gewerbekunden
93
94
95
96
97
98
99
100
zunehmendem
zwischen
Umfang
des
Geschäftskunden,
Geschäftsbetriebs
ihrer
Firmenkunden
[...],
Antwort der KSK auf Frage 1 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Die Kapitalerhöhung von EUR 3 Mrd. und die Bürgschaft von EUR 10 Mrd. im Jahr 2009 wurde von
Hamburg und Schleswig-Holstein getragen, vgl. Pressemitteilung der HSH Nordbank vom 3. April 2009,
www.hsh-nordbank.de.
Vgl. hierzu auch die öffentlichen Aussagen zur Neuausrichtung, Financial Times Deutschland vom
24. Februar 2012, S. 18.
Beteiligt sind die Bundesländer Niedersachsen (41,75%) und Sachsen-Anhalt (8,25%) sowie der
Sparkassenverband Niedersachsen (37,25%), der Sparkassenbeteiligungsverband Sachsen-Anhalt
(7,53%) und der Sparkassenbeteiligungszweckverband Mecklenburg-Vorpommern (5,22%), vgl. die
Darstellung der Nord/LB auf ihrer Internetseite, www.nordlb.de.
Antwort der Nord/LB auf Frage 1 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
[...].
[...].
Vgl. Anlage zur Antwort auf Frage 8 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
- 35 Unternehmenskunden und Immobilienkunden.102 Zur Einordnung zieht sie als
Kriterien alternativ den mit dem jeweiligen Kunden erzielten Bruttoerlös, die
Umsatzerlöse oder Verbindlichkeiten des Kunden und bei den Firmenkunden
[...] auch das Volumen des privaten Vermögens heran. Die – alternativ neben
den anderen genannten Kriterien herangezogene – umsatzbezogene Grenze
für Immobilien- und Unternehmenskunden liegt bei [...]. Diese Kunden werden
grundsätzlich zentral betreut, während die Firmenkunden dezentral in den
Firmenkundencentern Nord, Wandsbek, Nord-Ost, West, Ost und Alster-West
(Unternehmensbereich Firmenkunden) und im Firmenkundencenter Süd und in
der Einheit Industrie Mittelstand Süd (Unternehmensbereich Firmenkunden
Süd) betreut werden. Für Geschäftskunden gibt es keinen gesonderten
Unternehmensbereich, sie werden in den für das Privatkundengeschäft
bestimmten Filialen der Haspa mit betreut. Es kann offen bleiben, inwieweit die
zentral betreuten Unternehmens- und Immobilienkunden bereits dem Firmenkundenbereich zuzuordnen sind, denn die auf sie entfallenden Geschäftsvolumina werden bei der Ermittlung der Marktanteile auf den betroffenen
Geschäftskundenmärkten insgesamt zu Gunsten der Beteiligten außer Betracht
gelassen.
61. Für den Bereich der Volks- und Raiffeisenbanken übernimmt die DZ Bank
neben der auf Nordrhein-Westfalen fokussierten WGZ Bank eine den
Landesbanken vergleichbare Rolle. Die auch in den Geschäftsgebieten der
Beteiligten tätige DZ Bank stellt gewerbliche Kredite zur Verfügung, soweit
diese auf Grund ihres Umfangs nicht durch die Volks- und Raiffeisenbanken vor
Ort bereit gestellt werden können. Zum Teil treten diese Kunden unmittelbar an
die DZ Bank heran, zum Teil werden sie durch die Volks- und Raiffeisenbanken
vermittelt, falls diese den Kreditbedarf des Kunden ganz oder teilweise nicht
abdecken. Eine feste Umsatzschwelle gibt es nicht, typischerweise handelt es
sich aber um Gewerbekunden mit einem jährlichen Umsatz im höheren
zweistelligen Millionenbereich.103 Auch die Tätigkeit der DZ Bank ist dem
Firmenkundengeschäft zuzuordnen.
101
102
103
Vgl. Anlage “Vertriebsorganisation im Firmenkundengeschäft” zur Antwort der Haspa auf Frage 17 des
Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
[...].
Vgl. Gesprächsvermerk vom 12. Oktober 2011.
- 36 -
62. Commerzbank
und
Deutsche
Bank
haben
das
Firmenkundengeschäft
organisatorisch getrennt vom übrigen Gewerbekundengeschäft. Die Deutsche
Bank betreut in ihrem Unternehmensbereich Private & Business Clients („PBC“)
Deutschland Geschäftskunden mit einem Jahresumsatz von bis zu 25 Mio.
EUR.104 Das Firmenkundengeschäft ist hiervon getrennt. Die Commerzbank
beschränkt den Bereich der Geschäftskunden im Wesentlichen auf Kunden mit
einem Umsatz von bis zu 2,5 Mio. EUR. Über dieser Schwelle liegende Kunden
betrachtet sie als Firmenkunden, die sie bis zu einer Schwelle von 250 Mio.
EUR jährlich an Umsatzerlösen in ihrer Mittelstandsbank betreut.105 Die
Beschlussabteilung hat die in der Mittelstandsbank betreuten Kunden mit einem
Umsatz bis zu 12,5 Mio. EUR separat erhoben und im Marktanteil der
Commerzbank
mit
berücksichtigt,
damit
sich
mögliche
Abgrenzungs-
schwierigkeiten nicht zum Nachteil der Beteiligten auswirken.
63. Andere Kreditinstitute konzentrieren sich von vornherein auf das Großkundengeschäft.
Die von den Beteiligten selbst zitierten Teile aus den Antworten
dieser Anbieter präzisieren das jeweilige Geschäftsmodell hinreichend klar, um
ausschließen zu können, dass diese Anbieter in Wettbewerb zu den Beteiligten
auf dem Markt für Kredite an Geschäftskunden treten. So führt z.B. die HSBC
Trinkaus & Burkhardt ausdrücklich aus, erst „Unternehmen ab einer
Größenordnung von > 100 Mio. Euro“106 fragten ihre Produkte im In- wie im
Ausland nennenswert nach, die Anzahl der deutschen Unternehmen, die unter
diese klare Zielkundendefinition fielen, seien naturgemäß beschränkt. Nur auf
sehr selektiver Basis würden zunehmend auch kleinere Adressen interessant
(mit Umsätzen zwischen 25 und 100 Mio. Euro), da auch hier das eine oder
andere wachstumsorientierte Unternehmen „durch besonderen Fokus auf
Emerging Marktes / Internationale Märkte“ bereit sei, die diesbezügliche
Expertise und internationale Reichweite „adäquat zu honorieren“. Für das
Gebiet des Landkreises Herzogtum Lauenburg handele es sich um „weniger als
104
105
106
Erläuterung der Deutschen Bank zu Ihrer Antwort auf den Auskunftsbeschluss vom 11. Juli 2011.
Innerhalb der „Firmenkunden“ wird weiter differenziert zwischen Kunden unterhalb einer Schwelle von
12,5 Mio. EUR („M2-Kunden“) und Kunden mit höheren Umsatzerlösen („M1-Kunden“). Bei Kunden mit
Umsätzen bis zu 12,5 Mio. EUR deckt der Firmenkundenbetreuer regelmäßig den gesamten Bedarf des
Kunden ab. Kunden mit Umsatzerlösen von mehr als 12,5 Mio. EUR haben regelmäßig einen höheren
Betreuungsbedarf mit der Folge, dass ergänzend zu der Betreuung durch den Firmenkundenbetreuer die
105
Beratung durch Spezialisten erfolgt.
Antwort von HSBC Trinkaus & Burkhardt auf den Auskunftsbeschluss vom 11. Juli 2011.
- 37 -
eine Handvoll“ Zieladressen. Die BHF Bank betreut beispielsweise gewerbliche
Kunden ab einem jährlichen Umsatz von 75 Mio. EUR107. In vergleichbarer
Weise haben sich auch die anderen auf Firmenkunden fokussierten Anbieter
geäußert.108
(3) Abgrenzung zwischen Geschäfts- und Firmenkunden für die Zwecke der
Marktabgrenzung
64. Eine Betrachtung nach der Höhe der Kreditvolumina je Kreditnehmer bestätigt
die Abgrenzung zwischen dem Markt für Geschäftskundenkredite und dem
Firmenkundenkreditgeschäft. Denn das von Geschäftskunden in Anspruch
genommene Einzelkreditvolumen ist in der Höhe begrenzt, entsprechend sind
Anbieter von Leistungen für Geschäftskunden im Bereich der Einzelvolumina
über 15 Mio. EUR bzw. 10 Mio. EUR nur noch in geringem Umfang tätig.
Kredite in diesem Umfang werden auf den betroffenen Geschäftskundenmärkten regelmäßig nicht mehr durch regionale Anbieter, d.h. Sparkassen und
Volks- und Raiffeisenbanken bzw. den filialgestützten Geschäftskundenbereich
der Großbanken angeboten. Auch die KSK ist in diesem Bereich nur sehr
begrenzt tätig ([...] 109), die Ausweitung des Kreditgeschäfts im höhervolumigen
Bereich ist Folge des Rückzugs der HSH aus diesem Geschäft, stößt aber jetzt
an Kapazitätsgrenzen.110 Die Haspa nimmt eine Sonderrolle ein, da sie –
entsprechend ihrer auch an Firmenkunden gerichteten Angebote – auch in
erheblichem Umfang Einzelkreditvolumina über 10 Mio. EUR darstellen kann.
[...].111 Entsprechend liegen die Marktanteile der Beteiligten und ihrer Wettbewerber auf den betroffenen Märkten bei einer auf die Kreditgrößenklasse bis
10 Mio. EUR beschränkten Darstellung sehr nahe bei denen, die sich – unter
Einbeziehung der oben im Einzelnen dargestellten Anbieter, ohne den
Immoblien- und Unternehmenskundenbereich der Haspa – bei der Darstellung
des Gesamtmarktes ergeben.
107
108
109
110
111
Antwort der BHF Bank auf den Auskunftsbeschluss vom 11. Juli 2011.
Vgl. hierzu die von den Beteiligten selbst vorgelegte Übersicht, Anlage GK14 zur Stellungnahem vom
2. Februar 2012.
[...].
Vgl. Antwort der KSK auf Frage 1 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011: [...], Anlage zur Antwort der
Haspa auf Frage 2 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011 (Präsentation der BDO, S. 41), Angaben
zu Frage 7 des Auskunftsersuchens vom 11. Juli 2011.
[...].
- 38 -
b) Die Geschäftskundenmärkte im Einzelnen
65. Vom Zusammenschluss betroffen im Bereich der Geschäftskunden sind die
Märkte für Girokonten, Einlagen und Kredite.
(1) Girokonten
66. Girokonten für Geschäftskunden stellen einen eigenen sachlich relevanten
Markt dar. Ebenso wie Privatkunden fragen Geschäftskunden für die
Abwicklung ihrer laufenden Geschäftsbeziehungen Zahlungsverkehrsdienstleistungen nach, die auf der Grundlage einer bestehenden Kontobeziehung
(Girokonto, Kontokorrentkonto) erbracht werden. Die Zahlungsverkehrsabwicklung umfasst wie bei den Privatkunden die Führung des Kontos nebst
Auskünften über seine Entwicklung, den Empfang von Zahlungen sowie
ausgehende Transaktionen zugunsten von Gläubigern. Auch eine oder mehrere
Debitkarten gehören regelmäßig zu einem Girokonto für Geschäftskunden.
Schließlich können Gewerbekunden zu ihrem Girokonto auch eine oder
mehrere Kreditkarten erhalten. Je nach Umfang des Geschäftsbetriebs gehen
die von Geschäftskunden nachgefragten Dienstleistungen aber über die im
Rahmen von Privatgirokonten üblichen Dienstleistungen hinaus, z.B. die
Einreichung von Lastschriftdateien zum Einzug über das Konto. Nicht zum
Girokontomarkt gehören die Firmenkunden zur Verfügung gestellten komplexen
Lösungen zum Zahlungsverkehrsmanagement.
67. Ebenfalls nicht zum Produktmarkt zählt der Geschäftskunden über das
Girokonto bereit gestellte Kontokorrent-Kredit. Diese Kredite sind mit dem
Konto nicht in derselben Weise wie Dispositionskredite im Privatkundenbereich
verknüpft. Während im Privatkundenbereich typischerweise der KontokorrentKredit auf dem Konto bereit gestellt wird, auf dem regelmäßig Lohn- oder
Gehaltseingänge zu verzeichnen sind und über den der Kunde den Großteil
seines Zahlungsverkehrs abwickelt, ist die Art der Bereitstellung des
Kontokorrentkredits für Geschäftskunden variabler und hängt vom konkreten
Finanzierungsbedarf ab. Ein Beispiel für ein auf den speziellen Kundenbedarf
ausgerichtetes Kontokorrentprodukt ist das von der Haspa angebotene Produkt-
- 39 Paket der Umsatzfinanzierung.112 Es verknüpft die Bereitstellung von Liquidität
mit weiteren Dienstleistungen etwa im Hinblick auf den Schutz des
Kreditnehmers vor Forderungsausfällen. Kernbestandteil ist die Bereitstellung
einer Kontokorrentlinie auf einem gesonderten Girokonto zur Vorfinanzierung
offener Forderungen des gewerblichen Kreditnehmers gegen seine Abnehmer.
Als Sicherheit werden diese Forderungen an die Haspa im Form einer
Globalzession113
abgetreten.
Das
Produktpaket
umfasst
auch
das
Debitorenmanagement und die Versicherung gegen Forderungsausfälle.
Umgekehrt
werden
auch
Produkte
im
Markt
angeboten,
die
vom
Gesamtkreditbedarf des Geschäftskunden ausgehen und im Rahmen eines
Gesamtprodukts die Bereitstellung einer variabel verzinsten Kontokorrentkreditlinie mit einem fest verzinsten Darlehen verknüpfen.114 Während ein
Girokonto für Geschäftskunden unentbehrlich ist, nimmt ein nicht unerheblicher
Teil keinen Kontokorrent-Kredit in Anspruch.115
68. Auch die Art und Weise der Einrichtung und Führung von Kontokorrentkrediten
unterscheiden
sich
im
Privat-
und
im
Geschäftskundenbereich.
Im
Privatkundenbereich wird standardmäßig auf der Grundlage der regelmäßigen
monatlichen Eingänge einmalig ein Verfügungsrahmen eingerichtet. Eine
regelmäßige Überprüfung an Hand der Bonitätseinstufung des Kunden erfolgt
nicht. Bei Geschäftskunden steht die Bewertung der Gesamtbonität und deren
Entwicklung im Vordergrund, nicht die Umsatzentwicklung des Girokontos, über
das der Kontokorrentkredit gewährt wird. Die Kreditinstitute lassen sich z.B.
durch die Vorlage von Jahresabschlüssen oder betriebswirtschaftlichen
Auswertungen
gewerblicher
112
113
114
115
116
(BWA)
regelmäßig
Kreditnehmer
über
116
unterrichten.
die
wirtschaftliche
Bei
einer
Situation
Veränderung
der
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 11 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011, Anlage Umsatzfinanzierung VV.
Bei der Globalzession wird eine Mehrzahl von Forderungen zur Besicherung eines Kredits an den
Kreditgeber abgetreten, häufig auch erst künftig entstehende, wie etwa die künftigen Forderungen eines
Lieferanten gegenüber seinen Abnehmern.
Vgl. das Angebot der Deutschen Bank eines „KompaktKredit Business“, www.deutsche-bank.de/pbc .
Vgl. die Präsentation MAS FK 2010, Anlage zur Antwort der KSK auf Frage 13 des Auskunftsersuchens
vom 30. Juni 2011, Folie 14: 99% der befragten Gewerbekunden haben ein Girokonto, aber nur 37%
nehmen einen Kontokorrentkredit in Anspruch.
Vgl. die Antworten der befragten Gewerbekunden auf Frage 7 des Auskunftsbeschlusses vom 25. Juli
2011. Die BWA dient der Darstellung der aktuellen Kosten- und Erlössituation und wird bei Kreditgesprächen häufig (mit) herangezogen, vgl. Unternehmensportal des BMWi, Unterlagen für das Bankgespräch, www.bmwi-unternehmensportal.de .
- 40 -
Bonitätsbewertung kann auch die Kreditgewährung angepasst werden, z.B.
durch eine Reduzierung des Kontokorrentkredits.
(2) Einlagen
69. Auch bei den Gewerbekunden umfasst das Einlagengeschäft die Annahme von
Kundengeldern mit unterschiedlichen Fälligkeiten. Da ihr Liquiditätsbedarf im
Rahmen der Geschäftstätigkeit kurzfristig auftreten kann, ist bei täglich fälligen
Einlagen und Einlagen mit kürzeren Laufzeiten eine wesentlich höhere
Nachfrage zu verzeichnen als bei längerfristigen Einlagenprodukten.117
Spareinlagen kommen auf Grund der Vorschrift des § 21 Abs. 4 RechKredV118
für Gewerbekunden kaum in Betracht. Eine genaue Marktabgrenzung
hinsichtlich des Einlagengeschäfts ist nicht erforderlich, da aufgrund der Anteile
der
Beteiligten
davon
ausgegangen
werden
kann,
dass
nach
dem
Zusammenschluss auch in Einzelsegmenten keine erheblichen Marktanteile im
Sinne einer marktbeherrschenden Stellung bestehen.
(3) Kredite
70. Bankkredite für Geschäftskunden stellen einen einheitlichen sachlich relevanten
Markt dar. Die Firmenkunden gewährten Bankkredite sind wegen der
Ausweichmöglichkeiten dieser Kundengruppe auf andere Finanzierungsformen
und wegen ihres regelmäßig größeren Volumens nicht mit einzubeziehen.
Geschäftskunden nehmen Kredite zur Deckung ihres jeweiligen Finanzierungsbedarfs in Anspruch.
71. Die im Einzelnen von den Beteiligten und ihren Wettbewerbern angebotenen
Kredite für Geschäftskunden unterscheiden sich unter anderem im Hinblick auf
den Verwendungszweck, die Laufzeiten, die Besicherung und weitere
Merkmale. Üblicherweise werden zur Finanzierung des Umlaufvermögens
Betriebsmittelkredite
117
118
in
Form
von
Kontokorrentkonten
angeboten,
und
Vgl. Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank September 2010, Volumen von Einlagen nichtfinanzieller
Kapitalgesellschaften (Bestand und Neugeschäft).
Nach dieser Vorschrift dürfen Kreditinstitute unbefristete Einlagen in ihrer Bilanz grundsätzlich nur als
Spareinlagen ausweisen, wenn sie nicht von Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, wirtschaftlichen
Vereinen, Personenhandelsgesellschaften oder von Unternehmen mit Sitz im Ausland mit vergleichbarer
Rechtsform angenommen wurden.
- 41 Investitionskredite zur Finanzierung von Anlagevermögen.119 Auch Kredite zur
Immobilienfinanzierung mit Grundpfandrechten als Sicherungsmittel werden
Geschäftskunden zur Verfügung gestellt.120 Aus Sicht der Nachfrager sind die
Kredite nur eingeschränkt austauschbar.
72. Dies
führt
aber
nicht
zur
Annahme
getrennter
Märkte
z.B.
für
Betriebsmittelkredite und Investitionskredite. Denn die im Geschäftskundenbereich tätigen Kreditinstitute bieten durchweg ein Sortiment verschiedener
Standardprodukte an, zu denen jedenfalls Kredite zur kurzfristigen Finanzierung, meist als Kontokorrentkredite, längerfristige Kredite zur Finanzierung
von Investitionen und Kredite zur Finanzierung von für den Geschäftsbetrieb
genutzten Immobilien gehören. Für sie stehen die Analyse des konkreten
Finanzierungsbedarfs des Kunden und die Einschätzung seiner Kapitaldienstfähigkeit im Vordergrund, von der ausgehend dann, abhängig auch von der
Möglichkeit der Besicherung, Kredite angeboten werden. Die Haspa hat
insoweit erläutert, sie führe für jeden Kunden eine individuelle Beurteilung des
Kreditrisikos auf Basis einer zukunftsgerichteten Kreditwürdigkeitsprüfung
durch, die insbesondere die dauerhafte Kapitaldienstfähigkeit betrachte.121 Sie
bietet auch spezielle Produkte, z.B. zur Umsatzfinanzierung an, um einen
spezifischen Finanzierungsbedarf abzudecken.122 Begrenzende Faktoren im
Hinblick auf einzelne Kreditformen können sich allenfalls daraus ergeben, dass
je nach Kreditform die Unterlegung mit Eigenkapital auf Grund regulatorischer
Vorgaben höher sein muss als bei anderen. Diese Faktoren haben aber nicht
ein solches Gewicht, dass sie die Möglichkeit der Beteiligten und ihrer
Wettbewerber grundsätzlich in Frage stellen, Geschäftskunden die üblichen
Standardprodukte mit unterschiedlichen Laufzeiten und Sicherungsmitteln zur
Deckung ihres Finanzierungsbedarfs zur Verfügung zu stellen.
119
120
121
122
Vgl. z.B. Antwort der Haspa auf Frage 8 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011, Antwort der KSK auf
Frage 6 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011, Antworten der Deutschen Bank, der Hamburger
Volksbank, der Volksbank Stormarn auf Frage 6, zu den Begriffen vgl. Wierichs, Smets, Gabler KompaktLexikon Bank und Börse, 5. Auflage 2010, S. 31, 136.
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 8, Antwort der KSK auf Frage 6 des Auskunftsersuchens vom
30. Juni 2011.
Antwort der Haspa auf Frage 3 des Auskunftsersuchens vom 11. Juli 2011.
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 11 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011, Anlage
Umsatzfinanzierung VV.
- 42 -
(a) Abgrenzung zur Unternehmensfinanzierung über Leasing und Factoring
73. Leasing und Factoring, die ebenfalls der Deckung eines Finanzierungsbedarfs
dienen, können auf Grund ihrer spezifischen Produktmerkmale nicht mit
Krediten zu einem einheitlichen Markt zusammengefasst werden.
74. Die Beteiligten123 sind der Auffassung Finanzierungen über Leasing und über
Kredit seien funktionell austauschbar, Unterschiede in rechtlicher, bilanzieller
und steuerlicher Hinsicht fielen jedenfalls nicht derart ins Gewicht, dass sie die
Austauschbarkeit aus Sicht des Abnehmers grundsätzlich beeinträchtigten.
Hierzu haben sie eine Liste der Fälle vorgelegt, in denen die KSK ein Angebot
zu einer Leasingfinanzierung vorgelegt hat, und aus der sich ergibt, in wie
vielen Fällen an Stelle des ursprünglichen Angebots eine Leasing- oder
Kreditfinanzierung eines Wettbewerbers oder eine Kreditfinanzierung der KSK
in
Anspruch
genommen
wurde.
Jedenfalls
bestehe
ein
erheblicher
Substitutionswettbewerb durch Leasinggesellschaften. Auch Factoring stelle
eine Alternative zur Kreditfinanzierung dar, insbesondere wenn große
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen bestünden, werde zunehmend
aber auch für kleinere Unternehmen attraktiv.
75. Die Ermittlung hat die auch der Praxis der Europäischen Kommission
entsprechende124 Begrenzung des sachlich relevanten Marktes auf die
Kreditfinanzierung bestätigt. Dies schließt nicht aus, dass im Rahmen des
Substitutionswettbewerbs der von diesen alternativen Finanzierungsformen
ausgehende Wettbewerbsdruck zu würdigen ist. Insbesondere kann eine
Leasingfinanzierung eine Alternative zu einem Investitionsdarlehen sein.
(i)
Leasing
76. Beim Leasing werden an Stelle eines kreditfinanzierten Erwerbs Gegenstände
des Betriebsvermögens auf Grundlage eines Miet- oder Pachtvertrages genutzt.
In der Ausgestaltung gibt es unterschiedliche Formen von Leasingverträgen,
etwa im Hinblick auf die weiteren über die reine Finanzierungsfunktion
hinausgehenden Dienstleistungen und die Laufzeit im Hinblick auf die
123
124
Anlage FB1 zur Antwort auf Frage 6 des Auskunftsersuchens vom 27. Januar 2012.
Europäische Kommission, Entscheidung vom 3.10.2007, Rn. 28, 61 – Fortis/ABN Amro Assets.
- 43 -
Nutzungsdauer
des
Leasingsobjekts
mit
entsprechender
Teil-
oder
Vollamortisation. Eine Sonderform stellt der Mietkauf dar, bei dem der Kunde
meist aus subventionsrechtlichen Gründen das jeweilige Objekt sofort in sein
Vermögen übernimmt und in seiner Bilanz aktiviert; er hat Mietzahlungen sowie
eine höhere Abschlussrate („Ballonrate“) zu leisten.125
77. Leasinggeber übernehmen neben der Finanzierungsfunktion vielfach weitere
Dienstleistungen, die je nach Ausgestaltung des Leasingvertrags variieren.
Hierzu gehört oftmals die Beschaffung des Leasinggutes selbst bzw.
notwendiger Ersatzteile (Einkaufsfunktion), wobei sie Größenvorteile beim
Einkauf
realisieren
können,
die
sie
entsprechend
an
ihre
Kunden
weitergeben.126 Darüber hinaus werden häufig zusätzliche Leistungen während
der Laufzeit durch den Leasinggeber wahrgenommen (Wartung und Reparatur,
Versicherungen
sogenannten
aber
auch
Projektsteuerung
Full-Service-Leasing
werden
oder
–planung).
umfassende
Beim
Serviceverträge
bezüglich des Leasinggutes abgeschlossen. Dies findet insbesondere beim
Fahrzeugleasing, Büromaschinen- und EDV-Leasing und im ImmobilienLeasing
Anwendung.
Beim
Fahrzeugleasing
kann
der
Leasinggeber
beispielsweise die Abwicklung der Tankstellenrechnungen (Tankkarten),
Wartung, Reparatur, Reifenservice oder das gesamte Flottenmanagement
übernehmen. Diese Dienstleistungen werden zum Teil selbst erbracht oder der
Leasinggeber vergibt die Aufträge an Dritte. In dieser Form dient Leasing der
Auslagerung
betrieblicher
Funktionen
und
geht
über
die
reine
Investitionsfinanzierung hinaus.
78. Zusätzliche Leistungen sind insbesondere bei den von Herstellern und
Händlern
von
Ausrüstungsgegenständen
angebotenen
Leasingprodukten
verbreitet.127 Für diese Anbietergruppe sind Leasingangebote Teil ihres
Vertriebskonzepts und dienen der Absatzförderung. Besonders häufig ist dies
beim Fahrzeugleasing. Über ihre konzernangehörigen Banken bieten Hersteller
für ihre Fahrzeuge Abnehmern Leasingprodukte an, die vielfach weitere
125
Vgl. Gesprächsvermerk Scania Finance vom 1. Februar 2012, COMCO vom 2. Februar 2012, Hintergrund
ist der durch den Mietkauf mögliche unmittelbare Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, rechtlich bleibt
der Leasinggeber Eigentümer.
126
Vgl. Gesprächsvermerk Albis vom 1. Februar 2012.
127
Vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 2011, „Leasingfinanzierung in Deutschland“, S. 44.
- 44 -
Dienstleistungen wie Wartungs- und Reparaturleistungen bis hin zum
Fuhrparkmanagement umfassen.128 Eine hohe Flexibilität ergibt sich daraus,
dass der Leasinggeber je nach den Bedürfnissen des Leasingnehmers sein
Angebot modular durch weitere Dienstleistungen erweitern kann.129
79. Unterschiede ergeben sich im Hinblick auf die Bilanzierung. Geleaste
Gegenstände des Anlagevermögens und die korrespondierenden Verbindlichkeiten werden nicht in der Bilanz dargestellt, kreditfinanzierte Gegenstände in
der Bilanz aktiviert und die entsprechenden Verbindlichkeiten auf der
Passivseite der Bilanz ausgewiesen. Anders als Kreditfinanzierungen lassen sie
die
Eigenkapitalquote
des
Unternehmens
(Verhältnis
der
Eigen-
und
Fremdmittel) unberührt. Insbesondere für neu gegründete Unternehmen mit
schwacher Eigenkapitalausstattung kann Leasing deshalb eine geeignete
Finanzierungsform für Investitionen sein.130 Die Eigenkapitalquote spielt beim
Rating eines Unternehmens eine Rolle, allerdings wird regelmäßig im Rahmen
von Kreditvergabeentscheidungen die Gesamtsituation des Unternehmens –
und auch die Belastung durch Leasingverträge – bewertet131; es gibt auch
Bestrebungen, Rechnungslegungsvorschriften so anzupassen, dass diese
Unterschiede in bilanzieller Hinsicht weitgehend beseitigt werden.132 Vorteile in
steuerlicher Hinsicht können sich daraus ergeben, dass bei Wirtschaftsgütern,
deren wirtschaftlich sinnvolle Nutzungsdauer kürzer ist als die steuerliche
Abschreibungsmöglichkeit (Absetzungen für Abnutzungen – „AfA“) im Rahmen
von Leasing die gesamten Kosten geltend gemacht werden können und nicht
nur die steuerlich zulässigen Abschreibungen.133 Schließlich kann über Leasing
regelmäßig die komplette Investitionssumme abgedeckt werden, während bei
Bankkrediten Vollfinanzierungen meist nicht möglich sind.134
128
129
130
131
132
133
134
Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 2011, „Leasingfinanzierung in Deutschland“, S. 44; vgl. zu
einem solchen Angebot etwa das Produkt ServiceLeasing der Mercedes Bank, das neben der
Finanzierung auch einen „KomplettService-“ oder ein Wartungs-Paket umfasst, Anlage der Antwort der
Mercedes Bank auf Frage 6 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
Vgl. Gesprächsvermerk Bundesverband Deutscher Leasingunternehmen („BDL“) vom 27. Januar 2012.
Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 2011, „Leasingfinanzierung in Deutschland“, S. 42.
Vgl. Antwort der Beteiligten auf Frage 6 des Auskunftsersuchens vom 3. Februar 2012.
Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 2011, „Leasingfinanzierung in Deutschland“, S. 43.
Vgl. Gesprächsvermerk COMCO vom 2. Februar 2012.
Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 2011, „Leasingfinanzierung in Deutschland“, S. 43.
- 45 -
80. Im Hinblick auf die Finanzierungsfunktion und die für die FinanzierungsKonditionen prägenden Umstände ergeben sich die wesentlichen Unterschiede
daraus, dass Leasinggeber regelmäßig über besondere Kompetenzen bei der
Verwertung des Leasingobjekts verfügen.135 Während für Kreditgeber die
Bonität und Kapitaldienstfähigkeit des Kreditnehmers im Vordergrund stehen
und das Finanzierungsobjekt vorrangig als Sicherungsmittel für den Fall des
Kreditausfalls von Bedeutung ist, kommt dem Leasingobjekt und der
Verwertung durch den Leasinggeber eine stärkere Bedeutung zu. Bei
Teilamortisationsverträgen wie etwa den bei Fahrzeugen häufigen „kmVerträgen“ – der Leasingnehmer kann das Fahrzeug bis zu einer bestimmten
km-Zahl nutzen, der Leasinggeber legt dem Vertrag einen bestimmten Restwert
zu Grunde und übernimmt das Verwertungsrisiko136 – fließt die Kalkulation der
erwarteten Verwertungserlöse unmittelbar in die Konditionsgestaltung ein. Aber
auch bei vorzeitiger Beendigung der Finanzierung, z.B. auf Grund der
Zahlungsunfähigkeit des Leasingnehmers ist der Unterschied bedeutsam. Der
Leasinggeber wird seine besonderen Verwertungskompetenzen nutzen, um
den Schaden aus der vorzeitigen Beendigung der Vertragsbeziehung zu
begrenzen. Von Vorteil ist dabei für ihn auch, dass er als Volleigentümer auch
im Insolvenzfall außerhalb des Insolvenzverfahrens (§ 47 InsO) unmittelbar die
Herausgabe des
Leasingobjekts
verlangen kann (Aussonderungsrecht),
während der Sicherungseigentümer über ein bloßes Absonderungsrecht gem. §
51 Nr. 1 InsO verfügt, d.h. der Insolvenzverwalter kann den Gegenstand
verwerten – bei beweglichen Sachen auch freihändig verkaufen – und der
Gläubiger erhält den Erlös nach Abzug der Verwertungskosten (§§ 166, 170
InsO).
81. Die Notwendigkeit des Aufbaus von Kompetenzen, insbesondere bei der
Verwertung der Leasingobjekte und die weiteren speziellen Anforderungen im
Zusammenhang mit der Bereitstellung von Finanzierungen über Leasing haben
dazu geführt, dass Leasing über spezialisierte Anbieter bereit gestellt wird, die
sich in drei Gruppen aufteilen lassen. Neben der Gruppe der unabhängigen
Anbieter sind herstellergestützte Anbieter am Markt tätig. Sie bieten Leasing
135
Vgl. Gesprächsvermerk Bundesverband Deutscher Leasingunternehmen („BDL“) vom 27. Januar 2012.
- 46 -
wie auch sonstige Finanzierungen im Rahmen des Vertriebskonzepts des
jeweiligen Herstellers an. Die von ihnen angebotenen Produkte gehen oft über
das reine Finanzierungsgeschäft hinaus und umfassen häufig weitere
Dienstleistungen. Bankgestützte Anbieter von Leasing arbeiten häufig mit
Kreditinstituten zusammen oder sind Teil einer Gruppe wie die Deutsche
Leasing in der Sparkassenfinanzgruppe bzw. im genossenschaftlichen Bereich
die VR-Leasing und bieten im Rahmen der Unternehmensfinanzierung Leasing
als weitere Finanzierungsform an; Deutsche Bank, Commerzbank und
UniCredit verfügen teilweise über spezialisierte Anbieter im Konzernverbund
oder bieten Produkte Dritter an.137 Das Auftreten dieser auf Leasing
spezialisierten Anbieter spricht ebenso wie die spezifischen Merkmale aus Sicht
der Nachfrager gegen die Einbeziehung von Leasing in einen umfassenden
Finanzierungsmarkt. Insbesondere wäre es aus Sicht der Anbieter von
Kreditfinanzierungen wirtschaftlich nicht sinnvoll, auch Leasingangebote dieser
– z.T. in die jeweilige Verbundgruppe integrierten – Anbieter zu vertreiben,
wenn sie erwarten müssten, hierdurch lediglich Teile ihres Kreditgeschäfts auf
Leasingfinanzierungen umzulenken. Vielmehr wollen sie mit dem Angebot von
Leasing einen zusätzlichen – über die Kreditfinanzierung hinausgehenden –
Bedarf abdecken und weitere Kundenpotenziale erschließen.
(ii) Factoring
82. Beim
Factoring
werden
künftig
fällige
Forderungen
gegen
sofortige
Bereitstellung von Liquidität an den Factor verkauft. Die Dienstleistungen beim
Factoring umfassen jedoch mehr als die reine Finanzierungsfunktion.
Insbesondere übernimmt der Factoring-Anbieter regelmäßig ganz oder teilweise
das Ausfallrisiko (Delkredere). Darüber hinaus werden auch optional mit dem
Forderungsmanagement zusammenhängende Dienstleistungen wie Mahn- und
Inkassowesen angeboten („Full Service Factoring). Die Factoring-Gebühr deckt
entsprechend die Vorfinanzierung, den Forderungsausfallschutz und die
weiteren Dienstleistungen ab; der Vorfinanzierungszins macht häufig weniger
136
137
Vgl. z.B. das Produkt der Mercedes Bank „Leasing (Kilometervertrag mit garantiertem Restwert), Anlage
der Antwort der Mercedes Bank auf Frage 6 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
Die Deutsche Bank bietet Produkte der SG Equipment Finance – GEFA Leasing an, die Commerzbank
vermittelt Produkte der GEFA und darüber hinaus der konzernangehörigen Commerzbank Real
Mobilienleasing und die UniCredit bietet Produkte der UniCredit Leasing an.
- 47 als ein Drittel der Gesamtgebühr aus.138 Durch Factoring wird in erster Linie ein
kurzfristiger Liquiditätsbedarf abgedeckt, der sich häufig aus der Einräumung
langer Vorfinanzierungszeiten an Abnehmer ergibt.139 Für den Factor spielt die
Bonität des Kunden eine wichtige Rolle, insbesondere um Betrugsrisiken zu
minimieren140, daneben ist aber die Bonität der Debitoren von ausschlaggebender Bedeutung. Regelmäßig kommt Factoring in Betracht, wenn große
Volumina an Forderungen aus Lieferung und Leistung bestehen.141 Für die
Marktführer (PB Factoring, GE Capital) werden Volumina von 5 Mio. EUR
genannt.142 Mit kleineren Volumina steigen die Gebühren wegen der hohen
Stückkosten deutlich an. Schon aus diesem Grund ist Factoring für Geschäftskunden mit regelmäßig kleineren Forderungsvolumina typischerweise nicht
austauschbar mit einem Betriebsmittelkredit zur Deckung eines kurzfristigen
Liquiditätsbedarfs.
83. Auch bei Factoring treten spezialisierte Anbieter am Markt auf, die z.T. mit
Kreditinstituten im Rahmen der Unternehmensfinanzierung zusammenarbeiten.
In der Sparkassenfinanzgruppe bietet die Deutsche Factoring entsprechende
Produkte an, im genossenschaftlichen Bereich die VR-Factorem.
(b) Abgrenzung zur herstellergestützten Fahrzeugfinanzierung
84. Ebenfalls nicht zum Markt gehören die von Autobanken bereitgestellten
Finanzierungen. Die Autobanken als Teil des jeweiligen Herstellerkonzerns
(sog. „Captives“143) betreiben Bankgeschäfte vorrangig mit dem Ziel der
Absatzförderung der vom Konzern hergestellten Automarken.144 Sie bieten
Fahrzeugfinanzierungen und Fahrzeugleasing ihrer Marken Privat- und
Gewerbekunden an, vermittelt werden diese Produkte meist über die
138
139
140
141
142
143
144
Vgl. Gesprächsvermerk abcfinance vom 13. Februar 2012.
Vgl. Gesprächsvermerk abcfinance vom 13. Februar 2012, vgl. auch die Studie des Deutschen Factoring
Verbandes „Wachsen mit Factoring“ Nutzen und Erfahrungen in Deutschland, 2011, S. 21.
Betrugsrisiken können sich daraus ergeben, dass tatsächlich nicht berechtigte Forderungen an den Factor
abgetreten werden, vgl. Gesprächsvermerk abcfinance vom 13. Februar 2012.
Anlage zur Antwort der Beteiligten auf Frage 6 des Auskunftsersuchens vom 27. Januar 2012.
Gesprächsvermerk abcfinance vom 13. Februar 2012.
Vgl. Antwort der BMW Bank auf Frage 2 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
Vgl. Antwort der BMW Bank auf Frage 1 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
- 48 Fahrzeughändler.145 Im gewerblichen Bereich bieten sie insbesondere Leasingfinanzierungen an, während Kreditfinanzierungen demgegenüber deutlich
weniger bedeutsam sind.146 Darüber hinaus stellen sie
Händlern der
Automarken ihres Konzerns (Einkaufs-)Finanzierungen zur Verfügungen.147 Auf
Grund der Produktbezogenheit der Finanzierungen sind sie nicht dem
allgemeinen Markt für Gewerbekredite zuzurechnen.
B. Räumlich relevante Märkte
85. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen handelt es sich bei den Märkten für
Girokonten für Privatkunden und für Kredite an Geschäftskunden um
Regionalmärkte. Dabei geht die Beschlussabteilung davon aus, dass die
jeweiligen Kerngeschäftsgebiete der Sparkassen in Hamburg und den
angrenzenden Kreisen die Begrenzung der betroffenen räumlichen Märkte
bilden. Bei Sparkassen in kommunaler Trägerschaft ist dieses Gebiet durch das
Gebiet des Trägers von vornherein definiert. Die freien Sparkassen orientieren
sich ebenfalls an den Grenzen der jeweiligen Gebietskörperschaften und
vermeiden es insbesondere – mit Ausnahme der Haspa – durch Gründung von
Niederlassungen in das Gebiet angrenzender kommunaler Sparkassen
vorzudringen. Für die schleswig-holsteinischen freien Sparkassen ergibt sich
diese Begrenzung zudem aus dem Sparkassengesetz, das ihnen die Aufgabe
zuweist, für ihr jeweiliges Gebiet geld- und kreditwirtschaftliche Leistungen zu
erbringen.148 Bei dem Markt für Girokonten für Gewerbekunden erscheint eine
ähnliche Abgrenzung wie beim Markt für Girokonten für Privatkunden
sachgerecht, jedoch sind hier die Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 Nr. 2 GWB
erfüllt. Die räumliche Marktabgrenzung bei den übrigen Märkten kann
145
146
147
148
Vgl. die Antwort der BMW Bank auf Frage 6 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011, der MercedesBenz Bank auf Fragen 1 und Anhang 2, der Toyota Bank auf Frage 1.
Vgl. die Kennzahlen des Arbeitskreises der Banken und Leasinggesellschaften der Automobilwirtschaft
2010: Im gewerblichen Bereich entfallen 85% des Finanzierungsvolumens auf Leasing, 15% auf
Kreditfinanzierung. Im Bereich der Nutzfahrzeuge wird vorwiegend Leasing nachgefragt, vgl. Email AKA
vom 10. Februar 2012.
Vgl. die Antwort der BMW Bank auf Frage 6 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011, der Toyota
Kreditbank auf Frage 11, der Volkswagenbank auf Frage 6 (Fragebogen „Volkswagen Bank GmbH –
Geschäftsbereich Firmenkunden“), der Volvo Auto Bank Deutschland auf Frage 1.
§ 32 Abs. 1 Sparkassengesetz für das Land Schleswig-Holstein in der Fassung vom 11. September 2008
(„SpG SH“).
- 49 -
dahinstehen, weil es darauf für die Beurteilung des Zusammenschlussvorhabens nicht ankommt.
86. Der räumlich relevante Markt im Sinne der Zusammenschlusskontrolle ist nach
ökonomischen Kriterien abzugrenzen. Die Bestimmung des räumlich relevanten
Marktes folgt grundsätzlich denselben Kriterien wie die des sachlich relevanten
Marktes, d.h. nach der funktionellen Austauschbarkeit aus der Sicht der
Nachfrager.149 Für die Zusammenschlusskontrolle ist danach derjenige Angebotsmarkt räumlich relevant, auf den sich das Zusammenschlussvorhaben
auswirkt. Dieser Markt umfasst alle Nachfrager, die nach den tatsächlichen
Verhältnissen des konkreten Falles als Abnehmer für das Angebot der
zusammenschlussbeteiligten Unternehmen in Betracht kommen und deren
wettbewerbliche
Handlungsmöglichkeiten
durch
150
betroffen oder beschränkt werden können.
den
Zusammenschluss
Ausgangspunkt ist zunächst das
Gebiet, in dem die am Zusammenschlussvorhaben beteiligten Unternehmen
Produkte bzw. Dienstleistungen anbieten.151 Der räumlich relevante Markt kann
allerdings größer oder kleiner als dieses Gebiet sein. Er erfasst das Gebiet, in
dem die betroffenen Produkte regelmäßig angeboten und nachgefragt werden
und in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind, so dass
es
sich
insoweit
vom
benachbarten
Gebiet
deutlich
unterscheidet.152
Maßgeblich sind die tatsächlichen räumlichen Ausweichmöglichkeiten der
Marktgegenseite,
wobei
die
tatsächlichen
Verbrauchergewohnheiten
zu
berücksichtigen sind.153 An sich bestehende überregionale Bezugsalternativen
sind bei der räumlichen Marktabgrenzung nicht zu berücksichtigen, wenn sie
von den Nachfragern nicht oder kaum wahrgenommen werden.154
149
150
151
152
153
154
Vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1995, KVR 6/95, WuW/E BGH 3037 – Raiffeisen.
BGH, Beschluss vom 16. Januar 2008, KVR 26/07, WuW/E DE-R 2327ff.– Kreiskrankenhaus Bad
Neustadt, Rz. 69.
Vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2008, KVR 26/07, WuW/E DE-R 2327ff. Kreiskrankenhaus Bad
Neustadt, Rz. 69.
Vgl. auch Art. 9 Abs. 7 FKVO und die Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten
Marktes i.S. des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft, ABl EG 1997 C 372, S.6, Rn. 8.
BGH WuW/E DE-R 1206 – Strom und Telefon I; BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004, KVR 2/03, WuW/E
DE-R 1301, 1302 – Sanacorp/Anzag, Rz. 11, 17; zuletzt OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. November
2008, VI-Kart 8/07 – Phonak/ReSound, Rz. 61 und BGH, Beschluss vom 16. Januar 2008, KVR 26/07,
WuW/E DE-R 2327 ff. – Kreiskrankenhaus Bad Neustadt, Rz. 69.
BGH, Beschluss vom 16. Januar 2008, KVR 26/07, WuW/E DE-R 2327ff. – Kreiskrankenhaus Bad
Neustadt, Rz. 65f. m.w.N.; BKartA, Beschluss vom 18. Juni 2009 (B 3 – 215/08) – Gesundheit
Nordhessen/Gesundheitsholding Werra-Meißner.
- 50 -
1. Räumliche Marktabgrenzung nach Ansicht der beteiligten
Unternehmen
87. Die Beteiligten sind der Auffassung, räumlich seien die Märkte für Girokonten
bzw. Kredite an Geschäftskunden nicht auf das Gebiet des Trägers der KSK
begrenzt.
Insbesondere
im
Hinblick
auf
den
Markt
für
Kredite
an
Geschäftskunden sind sie der Auffassung, die KSK sei auch außerhalb ihres
Kerngebietes eine relevante Alternative für die dort ansässigen Nachfrager.155
Die Homogenität der Anbieterstruktur reiche allein nicht als Kriterium für die
Abgrenzung
des
räumlichen
Marktes,
jedenfalls
seien
auch
die
Anbieterstrukturen im Gebiet des Kreises Herzogtum Lauenburg nicht
hinreichend homogen, um einen einheitlichen Markt anzunehmen. Für einen
Teil der Nachfrager in den angrenzenden Gebieten kämen die KSK bzw. die
Haspa als Ausweichmöglichkeit in Betracht. Es sei auch nicht notwendig, dass
die KSK für alle Nachfrager in den jeweils angrenzenden Gebieten in Betracht
komme. Maßgeblich sei lediglich, dass die wettbewerblichen Interaktionen
zwischen Anbietern mit unterschiedlichen aber teilweise überlappenden
Geschäftsgebieten dazu führten, dass die wesentlichen wettbewerblichen
Bedingungen im fraglichen Gebiet weitgehend homogen seien. Die Beteiligten
sind darüber hinaus der Auffassung, im Gewerbekundenbereich sei die
Filialpräsenz von geringer Bedeutung, sofern Beratung erforderlich sei, finde
diese beim Kunden vor Ort statt. Die Beteiligten erkennen an, dass die
Bedeutung der KSK als Kreditgeber mit zunehmender Entfernung von der
Kreisgrenze abnehme, sie meinen aber, es handele sich um keinen jähen
Abfall, der die Begrenzung des räumlichen Marktes auf das Kreisgebiet
rechtfertigen könne. Zum Beleg haben sie Karten vorgelegt, in denen die
absoluten Kreditvolumina der KSK nach Größenklassen gestaffelt dargestellt
sind.
Der
von
der
höchstrichterlichen
Rechtsprechung
für
stationäre
Dienstleistungen an einem definierten Ort entwickelte Grundsatz, wonach an
sich
bestehende
überregionale
Bezugsalternativen
bei
der
räumlichen
Marktabgrenzung nicht zu berücksichtigen sind, wenn sie von den Nachfragern
tatsächlich nicht oder kaum wahrgenommen werden156, sei ihrer Meinung nach
155
156
Unterlage von CRA zur räumlichen Marktabgrenzung.
BGH, Entscheidung vom 16. Januar 2008, WuW DE-R 2327 (2337) – Kreiskrankenhaus Bad Neustadt.
- 51 -
nicht ohne weiteres übertragbar auf die Betreuung von Geschäftskunden über
Filialen und die Kreditgewährung im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen,
denn die Erbringung der Dienstleistung sei nicht ortsgebunden und können
auch beim Kunden erbracht werden. Jedenfalls sei die grenzüberschreitende
Nachfrage nicht ausreichend erfasst, wenn nicht erkennbar sei, inwieweit von
Filialen der Wettbewerber der Beteiligten im Kreis Herzogtum Lauenburg
Leistungen gegenüber Nachfragern außerhalb dieses Gebietes erbracht
werden.
88. Ausgehend von diesen Überlegungen haben die Beteiligten einen erweiterten
Markt für Kredite an Geschäftskunden abgegrenzt.157 Nach ihren auf
Schätzungen beruhenden Berechnungen sei das Marktvolumen von [1.0002.000 EUR] auf [3.000-6000 Mio. EUR] [zu erhöhen]. Der Anteil der KSK liege
demnach innerhalb des Landkreises bei [40-50%], im Erweiterungsgebiet
insgesamt bei [1-5%]. Sie meinen, aus dem Verhältnis zwischen dem
Kreditvolumen der KSK innerhalb und außerhalb des Kreises Herzogtum
Lauenburg auf die Verteilung bei allen übrigen Anbietern schließen zu können;
es sei deshalb gerechtfertigt davon auszugehen, dass entsprechend diesem
Verhältnis [1-10%] der Kreditnachfrage aus dem Erweiterungsgebiet von
Anbietern im Kreis Herzogtum Lauenburg gedeckt werde. Dies reiche aus, um
diese Erweiterungsgebiete insgesamt zum räumlich relevanten Markt zu
rechnen.
2. Faktoren der räumlichen Marktabgrenzung
89. Die Märkte sind auf Grund des Nachfrageverhaltens und der Beschränkung der
Tätigkeit von Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken auf ihre jeweiligen
Geschäftsgebiete regional abzugrenzen.
a) Nachfrageverhalten
(1) Girokonten für Privatkunden
157
Stellungnahme vom 2. Februar 2012, Anlage GK1.
- 52 -
90. Der Hauptvertriebskanal für Girokonten für Privatkunden ist weiterhin die
Bankfiliale. Trotz vorhandener Möglichkeiten, Konten über das Internet zu
eröffnen, spielt dieser Vertriebskanal noch immer eine geringe Rolle. Die
ungebrochene Präferenz der Kunden für eine Anbindung ihres Bankgeschäfts
an eine Filiale und die eingeschränkte Mobilität der Nachfrager sprechen
ebenso für eine regionale Marktbetrachtung wie der Umstand, dass die
Infrastruktur des jeweiligen Kreditinstituts (neben Filialen mit entsprechend des
jeweiligen Bedarfs geschulten Personals auch Selbstbedienungsfilialen und
Geldautomaten) in der Region für die Qualität der Dienstleistungen eine nicht
unerheblich Bedeutung hat. Die Möglichkeit, zur Erteilung von Aufträgen im
Rahmen von Girokontoverbindungen neben der Filiale auch andere Kanäle wie
Internet oder Telefon zu nutzen, ändert an dieser räumlichen Marktabgrenzung
nichts. Denn die wesentliche Auswahlentscheidung trifft der Kunde zwischen
einem Konto bei einer Filialbank oder bei einer Direktbank ohne Filialpräsenz.
Der Anteil der reinen Direktbanken an der Gesamtzahl der privaten Girokonten
ist weiterhin gering (unter 5%).
91. Ein Grund für die Trägheit der Privatkunden beim Kontowechsel mag der
zumindest nennenswerte Aufwand sein, der mit einem derartigen Wechsel
verbunden ist. Zwar gibt es mittlerweile viele Checklisten im Internet,
Marktübersichten von Verbraucherschutzzeitschriften und auch gewisse
Unterstützungsdienstleistungen einiger Kreditinstitute beim Kontowechsel.
Gleichwohl ist ein Girokonto eine relativ komplexe Dienstleistung, sodass sich
der wechselwillige Kunde mit seinen eigenen Anforderungen an ein Girokonto
beschäftigen muss (Filial- oder Direktbank, Geldautomatennetz, verschiedene
Preis- und Leistungsmodelle, Höhe des Dispozinses, verfügbare Kreditund/oder Debitkarten, u.a.). Ist die Entscheidung für einen neuen Anbieter
gefallen, erfordert die Durchführung des Kontowechsels eine Prüfung
sämtlicher Zahlungsströme, die über das Konto abgewickelt werden. Da nicht
alle wiederkehrenden Zahlungen monatlich erfolgen, müssen hierzu die
Kontoauszüge zumindest mehrerer zurückliegender Monate geprüft werden. Es
folgt die Unterrichtung aller Betroffenen über die neuen Zahlungen, die
Löschung der Daueraufträge beim alten und die Einrichtung derselben beim
- 53 -
neuen Konto. Schließlich muss das alte Konto für einige Monate parallel geführt
werden, um etwaige Fehlbuchungen zu erkennen.158
92. Soweit die Beteiligten darauf hinweisen, es gebe von der Europäischen Union
initiierte Maßnahmen, um den Kontenwechsel zu erleichtern, haben diese
bislang nicht zu einer für die Marktabgrenzung relevanten Veränderung des
Nachfrageverhaltens geführt. Insbesondere die Ergebnisse der Sektoruntersuchung der Europäischen Kommission zum Retail Banking aus dem Jahr 2006
können nach wie vor Gültigkeit beanspruchen. Die Nachfrage nach Girokonten
für Privatkunden ist demnach preisunelastisch und die Mehrzahl der Nachfrager
ist wenig mobil.159 Auch der Bericht der Expertengruppe der Europäischen
Kommission zur Kundenmobilität bei Girokonten aus dem Jahr 2007 kommt zu
dem Ergebnis, dass es nach wie vor Hürden gebe, die weitere Maßnahmen
erforderlich machen.160 Insbesondere haben die in dieser Expertengruppe
vertretenen Verbraucherschutzorganisationen darauf hingewiesen, dass eine
deutliche Verbesserung der Mobilität nur dann zu erreichen sei, wenn bei einem
Anbieterwechsel
die
Kontonummer
beibehalten
werden
kann.161
Die
Bankenvertreter haben dies mit dem Hinweis auf die damit verbundene
Notwendigkeit, bisherige Zahlungsverkehrsstandards zu verändern, zurückgewiesen. Insbesondere wegen der vom European Payment Council („EPC“)
vorgegebenen
Standards
für
grenzüberschreitende
Zahlungen
unter
Verwendung der IBAN, die sich immer auf ein spezifisches Konto bezieht, sei
ein solcher Wechsel nur schwer umzusetzen und jedenfalls mit hohen Kosten
verbunden. Die Europäische Kommission hat es zunächst bei einer
Selbstregulierung der Banken durch das European Banking Industry Committee
(„EBIC“) belassen.162
Deutsche
Entsprechend hat der Zentrale Kreditausschuss, jetzt
Kreditwirtschaft,
Empfehlungen
ausgesprochen,
die
den
Kontowechsel erleichtern sollen.163 Empfohlen wird die Unterstützung des
Kunden durch seine neue Bank, z.B. bei der Benachrichtigung der Empfänger
158
159
160
161
162
Vgl hierzu etwa Finanztest 08/2008, Fünf Schritte zum neuen Girokonto, S. 16.
Interim Report II, Current Accounts and Related Services, 17. Juli 2006, S. 22.
Report on the Expert Group on Customer Mobility in Relation to Bank Accounts, 5. Juni 2007,
veröffentlicht auf ec.europa.eu/internal_market.
Report on the Expert Group on Customer Mobility in Relation to Bank Accounts, 5. Juni 2007,
veröffentlicht auf ec.europa.eu/internal_market S. 29.
Vgl. Anlagen 8 – 10 der Stellungnahme vom 31. Januar 2012.
- 54 -
regelmäßiger Zahlungen und Informationspflichten der bisherigen kontoführenden Stelle über Daueraufträge. Trotz dieser Maßnahmen ist ein
Kontowechsel nach wie vor mit – vom Verbraucher möglicherweise überbewerteten aber für sein Verhalten maßgeblichen – Hindernissen verbunden,
zumal für einen reibungslosen Ablauf die Mitwirkung Dritter wie der
auszahlenden Stelle bei Gehalts- oder Rentenzahlungen erforderlich ist. Dies
legt auch eine neuere Studie zum britischen Markt nahe, die ein effektives
System
zur
Weiterleitung
von
Zahlungen
(„redirection
service“)
und
möglicherweise auch die Übertragbarkeit von Kontonummern als eine wichtige
Voraussetzung für den Abbau von Wechselhindernissen sieht.164
(2) Private Wohnungsbaufinanzierung
93. In der privaten Wohnungsbaufinanzierung bestehen nach wie vor starke
Anhaltspunkte für regionale Märkte.165 Hierfür spricht insbesondere der nach
wie vor hohe Beratungsbedarf der Verbraucher, der eine Präsenz vor Ort
voraussetzt. Der Beratungsbedarf besteht unter anderem bei staatlichen
Förderungsmöglichkeiten, der Auswahl der Vertragsgestaltung (Zinsbindung,
Sondertilgung, Produktvergleich), aber auch bei Informationen, die über das
Finanzierungsprodukt
hinaus
gehen.
Hierzu
gehört
die
wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit, das Objekt oder der Ablauf des Kaufverfahrens. Gleichzeitig
hat der Wohnungsbau eine große Bedeutung für die Privatkunden, da in der
Regel ein Großteil des Vermögens in Anspruch genommen wird und die
Entscheidung langfristige Folgen hat. Daher legen Kunden großen Wert auf
einen persönlichen Ansprechpartner und eine Umgebung die den Kunden
Vertrauen vermittelt.166 Meist ist dieses Vertrauen bei der Hausbank, mit der
zum Teil bereits lange Kontobeziehungen bestehen, besonders ausgeprägt.
94. Dennoch gibt es Anhaltspunkte, dass die räumliche Marktabgrenzung auf den
Kreis Lauenburg zu eng gefasst ist. Zum einen sind Verbraucher aufgrund der
spezifischen Nachfrage bereit, größere Distanzen zurückzulegen und sich auch
163
164
165
Anlage 11 der Stellungnahme vom 31. Januar 2012.
Independent Commission on Banking, Final Report, Recommendations, September 2011, S. 218 ff.,
bankingcommission.independent.gov.uk.
Auch die Haspa hat sich in der Vergangenheit für regionale Märkte ausgesprochen (Schreiben vom
19. April 2002 , „Eurohypo“ B4 – 37/02).
- 55 -
außerhalb der unmittelbaren Umgebung Angebote einzuholen. Zum anderen
sind im Bereich der Baufinanzierung in bedeutsamem Maß Vermittler aktiv, die
auch Kredite überregionaler Anbieter ohne Niederlassung vor Ort vermitteln.
Wohnungsbaukredite sind in hohem Maße standardisierte Produkte. Die
Vergabeentscheidung erfolgt aufgrund weniger Kriterien und die Beratung ist
lediglich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erforderlich. Dies ermöglicht
es Wohnungsbaukredite über Vermittler zu vertreiben, ohne über eigene
Niederlassungen vor Ort zu verfügen. Desweiteren haben Kunden wegen der
hohen Transparenz aufgrund des Effektivzinses und der bundesweiten
Vermarktung
Vergleichsmöglichkeiten
bezüglich
der
Konditionen
der
Wettbewerber, beziehungsweise ist es leicht Vergleichsangebote einzuholen.
95. Letztlich kann die räumliche Marktabgrenzung für die private Wohnungsbaufinanzierung dahin stehen, weil auch bei Annahme eines auf den Kreis
Lauenburg begrenzten Marktes die Entstehung oder Verstärkung einer
marktbeherrschenden Stellung nicht zu erwarten ist.
(3) Kredite für Geschäftskunden
96. Für den Gewerbekundenbereich gibt es die Alternative zwischen Direktbank
und Filialbank nur sehr eingeschränkt. Typischerweise betreiben Direktbanken
im Wesentlichen nur das Privatkundengeschäft. Soweit etwa die DKB, die im
Privatkundengeschäft ein Direktbankmodell verfolgt, Produkte für Gewerbekunden anbietet, vertreibt sie diese über ihre Niederlassungen.167 Dieses
Geschäftsfeld erfordert generell den persönlichen Kontakt zwischen Finanzberater und Geschäftskunden. Die stärkere Filialgebundenheit spiegelt sich
auch darin wider, dass im Bereich der Geschäfts- und Firmenkunden Internetund
Telefonvertrieb
eine
noch
geringere
Rolle
spielen
als
im
Privatkundenbereich. Dies zeigt bereits die geringe Präsenz der Direktbanken
in diesem Kundensegment.
97. Bei der Nachfrage dieser Kundengruppe nach Krediten führt der intensive
Beratungs- und Verhandlungsbedarf der Kunden dazu, dass die Verfügbarkeit
166
167
Vgl. Gesprächsvermerk Interhyp vom 25. November 2011.
Antwort der DKB auf Frage 7 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
- 56 -
einer Filiale vor Ort - oder jedenfalls in erreichbarer Distanz - eine große Rolle
spielt. Typischerweise unterhalten diese Kunden langfristige Geschäftsbeziehungen zu einer oder mehreren Banken, um eine auf ihre konkrete
Situation
zugeschnittene
Abdeckung
des
Finanzierungsbedarfs
ihres
Gewerbebetriebes sicherzustellen. Die Befragung von Geschäftskunden der
Beteiligten hat ergeben, dass Geschäftskunden, falls sie überhaupt mehrere
Bankverbindungen unterhalten, häufig neben den dortigen Sparkassen auf in
der Region vertretene Volks- und Raiffeisenbanken oder durch Filialen präsente
Großbanken zurückgreifen.168 Nur so ist auch zu erklären, dass die
Großbanken, die Geschäftskunden betreuen, die Notwendigkeit sehen, auch
außerhalb der Ballungszentren mit Filialen für diese Kundenkreise vertreten zu
sein. Zu der Geschäftsbeziehung gehört auch die regelmäßige Kontaktaufnahme mit dem für sie zuständigen Kundenbetreuer. Bei den kleineren
Geschäftskunden erfolgt die Beratung und Betreuung häufig in der auch dem
Privatkundengeschäft dienenden Filiale.169 Größere Geschäftskunden werden
regelmäßig in zentralen Geschäftsstellen betreut.170 Typischerweise suchen
Berater zumindest die größeren Geschäftskunden auch in ihrem Unternehmen
auf.
98. Ein (vollständiger) Wechsel von seiner bisherigen kreditgebenden Bank ist für
Geschäftskunden mit Schwierigkeiten verbunden und bringt Wechselkosten mit
sich. Die in der Befragung der Gewerbekunden bestätigte Dauer der
Geschäftsbeziehungen über Jahre bzw. Jahrzehnte hat ihren Grund darin, dass
die kreditgebenden Banken bei der Überprüfung der Kreditrahmen stark den
bisherigen Verlauf der Geschäftsbeziehung berücksichtigen und tendenziell
gegenüber einem neuen Geschäftskunden zurückhaltender sind als gegenüber
Bestandskunden, deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Entwicklung sie
auf Grund ihrer Erfahrungen beurteilen können. Entsprechend ist die Mobilität
der Geschäftskunden gering und sie erstreckt sich insbesondere kaum auf
Kreditinstitute, die nicht durch eine Filiale im jeweiligen Gebiet vertreten sind.
168
169
170
Vgl. insbesondere die Antworten auf Frage 6 (Kreditgeber der Befragten).
Vgl. z.B. die Antwort der Haspa auf Frage 17 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011 (Anlage
Vertriebsorganisation Firmenkunden).
Vgl. Antwort der KSK auf Frage 12 des Auskunftsbeschlusses vom 30. Juni 2012.
- 57 -
(4) Bedeutung der Entfernung zur Filiale
99. Im Rahmen der Ermittlungen hat die Beschlussabteilung die Zusammenschlussbeteiligten
und ihre Wettbewerber
danach
befragt,
in welcher
Entfernung um die jeweilige Filiale ca. 90 % der Privat- bzw. der Gewerbekunden ihren Sitz bzw. ihre Niederlassung haben. Aus den Antworten ergibt
sich nur ein ungefähres Bild, da verschiedene Marktteilnehmer171 keine
entsprechenden Auswertungen oder Schätzungen vorlegen konnten. Für
Hamburg hat die Haspa angegeben, dass bei der weit überwiegenden Zahl
ihrer Filialen der Wohnsitz der Privatkunden in über 90% der Fälle weniger als
[...] km von der Filiale entfernt liegt. Im eher ländlich strukturierten Umland
geben die dort tätigen Regionalbanken eine entsprechende Entfernung von
rund 10 km an, einige nennen größere Abstände bis 20, in Einzelfällen bis 30
km. Bei den Gewerbekunden haben viele Kreditinstitute keine Unterschiede zu
den Privatkunden angegeben. Soweit diesbezüglich Unterschiede festgestellt
werden, weisen die Entfernungsangaben für
Gewerbekunden eine etwas
höhere Km-Zahl aus. So nennt die Haspa hier [...] km für ihre Firmenkunden.172
Für ihre in den Filialen betreuten Geschäftskunden173 weist sie keine separaten
Einzugsbereiche aus, sie dürften im Vergleich zu den Firmenkunden kleiner
sein. Soweit die befragten Institute Angaben gemacht haben, können diese als
Indikation dafür angesehen werden, dass die Bankkunden eine Bankfiliale in
angemessener räumlicher Nähe suchen und dass die Kreditinstitute sich mit
ihrer Infrastruktur hierauf eingestellt haben.
100. Für die Auswahlentscheidung des Privat- bzw. Geschäftskunden ist weniger
die konkrete Entfernung zur Filiale von Bedeutung als vielmehr die Tatsache,
dass
die
Anbieter
und
insbesondere
Sparkassen
und
Volks-
und
Raiffeisenbanken ihre Geschäftsgebiete gegeneinander abgrenzen mit der
Folge, dass konkret am Wohnort oder Sitz des Kunden häufig nur eine
171
Dies gilt auch für die KSK, siehe Antwort auf Frage 18 des Auskunftsersuchens von 30. Juni 2011. In der
von CRA vorgelegten undatierten Übersicht zur räumlichen Marktabgrenzung wird als „Faustregel“ eine
Fahrzeit der Berater von bis zu einer Stunde angenommen. Diese Aussage wird nicht empirisch belegt,
ebenso wenig wie die Annahme „vermutlich“ auch die anderen Anbieter würden solche Fahrzeiten in Kauf
nehmen. Deutsche Bank und Commerzbank konnten zu dieser Frage keine Angaben machen. Die
Angaben der UniCredit, die zum Teil große Reichweiten ihrer Filialen ausweist, dürften wegen des im
Vergleich geringen Marktanteils nicht übertragbar sein.
172
Bezeichnung entsprechend der internen Segmentierung der Haspa.
173
Bezeichnung entsprechend der internen Segmentierung der Haspa.
- 58 -
bestimmte Sparkasse – und zwar die in Trägerschaft der jeweiligen
Gebietskörperschaft – und eine Volks- und Raiffeisenbank zur Verfügung
stehen. Aus Sicht des Kunden stellt sich die Alternative zwischen Sparkassen
mit gegeneinander
abgegrenzten Geschäftsgebieten nur
eingeschränkt.
Insoweit ist die Darstellung der Beteiligten zu den Reichweiten der
Firmenkundenberater aus den Filialen der KSK in Geesthacht und Mölln174
irreführend. Danach würden weite Teile von Hamburg, Harburg, Lüneburg,
Ludwigslust, Nordwest-Mecklenburg, Lübeck und Stormarn erfasst, obwohl die
KSK in diesen Gebieten durchweg nur geringe Marktanteile bei Privatgirokonten
bzw.
Geschäftskundenkrediten
verfügt,
während
sie
in
ihrem
Kerngeschäftsgebiet die nach dem Marktanteil führende Anbieterin von
Privatgirokonten und Geschäftskundenkrediten ist. [...] 175
b) Regionale Beschränkung von Anbietern
101. Ein wesentlicher Teil des Angebots an Bankdienstleistungen für Privat- und
Geschäftskunden, insbesondere Girokonten für Privatkunden und Kredite an
Geschäftskunden
entfällt
auf
die
auf
ihr
jeweiliges
Geschäftsgebiet
beschränkten Sparkassen bzw. genossenschaftlichen Institute.
(1) Sparkassen
102. Für die Tätigkeit der Sparkassen in kommunaler Trägerschaft ist die räumliche
Beschränkung ihrer Tätigkeit auf ihr Geschäftsgebiet prägend. Gesetzlich ist für
Schleswig-Holstein allgemein geregelt, dass Sparkassen die Aufgabe haben,
„auf der Grundlage der Markt- und Wettbewerbserfordernisse für ihr
Geschäftsgebiet den Wettbewerb zu stärken und die angemessene und
ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise und insbesondere der
mittelständischen Wirtschaft mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen
auch in der Fläche sicherzustellen“.176
103. Konkretisiert wird die räumliche Begrenzung der schleswig-holsteinischen
Sparkassen in der auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 Satz 2 SpG SH vom
174
175
176
Unterlage von CRA zum räumlich relevanten Markt, Abbildung 1.
[...]
§ 1 SpG SH.
- 59 -
Innenministerium
Schleswig-Holstein erlassenen
Mustersatzung.177 Diese
Mustersatzung hat für die Sparkassen im Zuständigkeitsbereich der schleswigholsteinischen Sparkassenaufsicht eine relativ hohe Verbindlichkeit, weil die
Satzung einer Sparkasse grundsätzlich vom Innenministerium genehmigt
werden muss, für den Fall der Verwendung der Mustersatzung die
Genehmigung aber als erteilt gilt.178 Die Mustersatzung und die ihr folgende
Satzung der KSK sehen vor, dass Kredite grundsätzlich nur an Personen mit
Sitz oder gewerblicher Niederlassung im Geschäftsgebiet vergeben werden. Bei
Krediten, die durch Beleihung von Grundstücken, Erbbaurechten, Wohnungsoder Teileigentum gesichert sind, genügt es, wenn der Beleihungsgegenstand
im
Geschäftsgebiet
belegen ist.179 Für
das Passivgeschäft
ist keine
Beschränkung vorgesehen. Insbesondere kann die Sparkasse Spareinlagen
von jedermann entgegennehmen180 ebenso wie Sicht- und Termineinlagen181
und den Zahlungsverkehr abwickeln.182 Im Hinblick auf die Führung von
Girokonten ergibt sich eine Beschränkung lediglich daraus, dass die Pflicht zur
Kontoführung auf natürliche Personen aus dem Geschäftsgebiet beschränkt
ist.183 Von der in der Mustersatzung vorgesehenen Möglichkeit, diese Pflicht auf
das in Schleswig-Holstein gelegene Geschäftsgebiet zu beschränken, hat die
mit ihren Trägergemeinden an Hamburg angrenzende KSK keinen Gebrauch
gemacht.184
104. Der Begriff des Geschäftsgebiets wird im Sparkassengesetz für SchleswigHolstein
nicht
weiter
erläutert,
sondern
nur
in
den
jeweiligen
Satzungsbestimmungen der Sparkasse. Die Mustersatzung sieht vor, dass das
Geschäftsgebiet den Bereich des Trägers, fakultativ auch die angrenzenden
177
178
179
180
181
182
183
184
Veröffentlicht auf www. schleswig-holstein.de.
§ 3 Abs. 2 SpG SH.
§ 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Mustersatzung bzw. der Satzung der KSK, Antwort auf Frage 1 des
Auskunftsersuchens vom 30. August 2011.
§ 3 Abs. 1 Satz 1 Mustersatzung.
§ 7 Abs. 1 Mustersatzung, gleichlautend § 7 Abs. 1 Satzung der KSK.
§ 7 Abs. 2 Mustersatzung, gleichlautend § 7 Abs. 2 Satzung der KSK.
§ 8 Abs. 1 Mustersatzung.
Vgl. § 8 Abs. 1 Mustersatzung einerseits und § 8 Satzung der KSK.
- 60 Gemeinden umfasst.185 Die KSK hat in ihrer Satzung auch das Gebiet der
angrenzenden Gemeinden in ihr Geschäftsgebiet einbezogen.186
105. Im Unterschied zu den Sparkassengesetzen anderer Länder enthält das
Sparkassengesetz für Schleswig-Holstein keinen speziellen Genehmigungsvorbehalt für die Errichtung von Zweigstellen außerhalb des Gebiets der Träger.
Generell
ist
aber
jede
Eröffnung
und
Verlegung
von
Zweigstellen
genehmigungspflichtig.187 Aus den Regelungen zu den Folgen aus Gebietsreformen ergibt sich, dass der Gesetzgeber grundsätzlich vom Leitbild der
Begrenzung von Zweigstellen auf das Gebiet des jeweiligen Trägers ausgeht.
Haben Neugliederungen von Gemeinden und Gemeindeverbänden zur Folge,
dass Zweigstellen außerhalb des Gebiets des Trägers liegen, sollen
Sparkassen und Träger hierüber Vereinbarungen treffen; unbeschadet dessen
sind die Zweigstellen im Gebiet eines anderen Trägers auf diesen zu
übertragen.188
106. Von vornherein keinen gesetzlich vorgegebenen räumlichen Beschränkungen
unterliegt die Haspa. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat kein
Sparkassengesetz, das die Geschäftstätigkeit der Haspa innerhalb oder
außerhalb Hamburgs und insbesondere die Eröffnung von Filialen begrenzt.189
Der Versuch der schleswig-holsteinischen Sparkassenaufsicht, die Haspa an
der Gründung von Zweigstellen in Schleswig-Holstein zu hindern, ist
gescheitert, weil dem Land keine Gesetzgebungskompetenz für die Tätigkeit
freier Sparkassen zusteht. Zunächst hatten sich die Rechtsvorgängerinnen der
Haspa in einem Gebietsabgrenzungsvertrag vom 15. November 1958
verpflichtet, im zu Schleswig-Holstein gehörenden Landkreis Stormarn keine
Zweigstellen zu eröffnen. Diesen Vertrag kündigte sie mit Wirkung zum
31. Dezember 1970 und eröffnete in der Folge in Schleswig-Holstein vier
Filialen. Das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein versagte die
Genehmigung nach Anhörung des Sparkassen- und Giroverbandes Schleswig-
185
186
187
188
189
§ 13 Abs. 1 Satz 1 der Mustersatzung: Kredite sollen grundsätzlich nur an solche Personen gegeben
werden, die im Bereich des Trägers [und in den angrenzenden Gemeinden] (Geschäftsgebiet) ihren
Wohnsitz oder eine gewerbliche Niederlassung haben.“
§ 13 Abs. 1 der Satzung der KSK, Antwort auf Frage 1 des Auskunftsersuchens vom 30. August 2011.
§ 41 Nr. 2 SpG SH.
§ 29 Abs. 1, 2 SpG SH.
Antwort der Haspa auf Frage 1 b des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
- 61 -
Holstein und der im Gebiet der neu gegründeten Zweigstellen bereits tätigen
Sparkassen.190 Das Bundesverwaltungsgericht hob diese Entscheidungen auf,
weil das Land Schleswig-Holstein keine Gesetzgebungszuständigkeit für freie
Sparkassen habe und insbesondere nicht die Eröffnung von Zweigstellen einem
Genehmigungserfordernis unterwerfen dürfe.191
107. Auch die Regelung des § 40 Abs. 1 KWG, die die Bezeichnung Sparkasse nur
bestimmten Instituten erlaubt, führt nicht zu einer Beschränkung des
Tätigkeitsbereichs der Haspa. Selbst unter der Annahme, dass die Bestimmung
der Nr. 3 einschlägig wäre, der bei durch Umwandlungen neu gegründeten
Unternehmen für die Führung der Bezeichnung Sparkasse voraussetzt, dass
eine Beschränkung der wesentlichen Geschäftstätigkeit auf den Wirtschaftsraum erfolgt, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, führt dies nicht zu einer
relevanten Beschränkung der Haspa. Denn auf Grund ihrer Satzung betrachtet
sie die gesamte Metropolregion Hamburg als Geschäftsgebiet192 und kann
damit jedenfalls in den Gebieten angrenzender kommunaler Sparkassen tätig
sein.
108. Über die gesetzlichen Vorgaben hinaus bestehen innerhalb der SparkassenFinanzgruppe Vereinbarungen mit dem Ziel, die Tätigkeit der Sparkassen
räumlich gegeneinander abzugrenzen. Im Jahr 2005 haben die Sparkassen und
Landesbanken über ihren Spitzenverband, den Deutschen Sparkassen- und
Giroverband e.V., die Arbeitsteilung untereinander sowie die regional
beschränkte Betätigung der einzelnen Sparkassen vereinbart. In der sogenannten Berliner Erklärung stellt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband
e.V. fest, dass die „örtliche Zuständigkeit der Sparkassen nach dem
Regionalprinzip […] der kommunalen Trägerschaft [folgt]. Dieses Geschäftsmodell ist für die regionale Wirtschaftsentwicklung von großer Bedeutung, weil
sich so das Interesse der Sparkasse auf ein festes Geschäftsgebiet
konzentriert. Für die Sparkassen fordert es eine hohe Ausschöpfung des
eigenen Marktes. […] Das Regionalprinzip ermöglicht eine Zusammenarbeit
190
191
Vgl. Urteil des BVerwG vom 14. Februar 1984, BVerwGE 69,11, zitiert nach juris, Rn. 2 ff.
Urteil des BVerwG vom 14. Februar 1984, BVerwGE 69,11, zitiert nach juris, Rn. 32 ff. Im derzeit
geltenden Sparkassengesetz für Schleswig-Holstein werden gleichwohl die in Schleswig-Holstein tätigen
freien Sparkassen der gleichen Aufsicht unterworfen wie die Sparkassen in kommunaler Trägerschaft, §§
38 ff. SpG SH.
- 62 -
von Instituten mit gleichen Geschäftsmodellen bei Nutzung derselben Marke.
Es schließt für Sparkassen – auch solche in freier Rechtsform – aus, selbst
oder über Tochtergesellschaften in Geschäftsgebieten anderer Sparkassen
mittelbar oder unmittelbar tätig zu werden.“193 Die Vereinbarung strebt eine
Marktaufteilung zwischen den Sparkassen an und damit eine Verhinderung von
Wettbewerb zwischen den regional tätigen Instituten.
109. Soweit über die positiv rechtlichen Regelungen hinaus zum Teil versucht wird,
das Regionalprinzip aus allgemeinen Normen, insbesondere aus der Garantie
der kommunalen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 GG und allgemeinen
verwaltungs(organisations)rechtlichen
Grundsätzen
abzuleiten
und
seine
Reichweite zu definieren,194 kommt es hierauf für die Frage des räumlich
relevanten Marktes nicht an. Denn der Marktabgrenzung ist das tatsächliche
Verhalten der Marktteilnehmer zu Grunde zu legen. In der Praxis wird die
Einhaltung des Regionalprinzips zumindest von den Sparkassen in kommunaler
Trägerschaft, zu denen auch die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg gehört,
akzeptiert und umgesetzt.195
110. Die Analyse der Tätigkeit der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg zeigt
zunächst, dass das Unternehmen darauf verzichtet, Filialen im Gebiet andere
Sparkassen zu errichten und damit nicht aktiv in das Gebiet anderer
Sparkassen vordringt. Die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg betreibt
ausschließlich Filialen auf dem Gebiet des Kreises Herzogtum Lauenburg.
Insgesamt handelt es sich dabei um 29 Filialen, die über das Kreisgebiet verteilt
sind. Mit den vier Filialen in Börnsen, Wentorf und Geesthacht ist die
Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg an der Grenze zur Freien und
Hansestadt Hamburg tätig.
111. Keine der befragten kommunalen Sparkassen betreibt unmittelbar in den
Gebieten anderer kommunaler Sparkassen Filialen. Die Sparkassen in
Mecklenburg-Vorpommern betreiben ausschließlich Filialen im Bundesland
192
193
194
195
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 1 b des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
http://www.sparkassen-finanzgruppe-ht.de/finanzgruppe/presse/pdf/2005/Berliner_Erklaerung.pdf, S. 3
Vgl. z.B. Raskin, Das Regionalprinzip und (neue) elektronische Vertriebswege im Retailbanking, Berlin
2001, S. 57 ff., S. 62 ff.; kritisch Kolm, Das sparkassenrechtliche Regionalprinzip, Baden-Baden 2011, der
ein allgemeines rechtspolitisch begründetes Ordnungsprinzip annimmt.
Zur abweichenden Geschäftsstrategie der Haspa, vgl. unten Rn.110 ff.
- 63 -
Mecklenburg-Vorpommern. Als Wettbewerber werden von den beiden dort
tätigen Sparkassen196 die Großbanken sowie regional tätige Genossenschaftsbanken genannt. Teilweise kommt es durch die Beibehaltung der Bankverbindung auch bei Umzug in das Gebiet angrenzender Sparkassen zu
Verschiebungen.197 Dies belegt jedoch weniger ein bestehendes Wettbewerbsverhältnis zwischen den in unterschiedlichen Kreisen und Bundesländern
tätigen Sparkassen als vielmehr eine Trägheit der Kunden beim Wechsel ihrer
Bankverbindung. Die Einhaltung der regional beschränkten Geschäftsgebiete
wird ebenfalls nicht durch die Filialstruktur der Sparkasse zu Lübeck, die
ausschließlich im Gebiet der Hansestadt Lübeck Filialen betreibt, oder die
Sparkasse Lüneburg in Frage gestellt, die ebenfalls keine Filialen außerhalb
ihres Geschäftsgebietes betreibt. Als Grund für die räumliche Trennung der
Geschäftsgebiete zwischen dem Kreis Lüneburg und dem Kreis Herzogtum
Lauenburg ist auch die durch die Elbe bestehende natürliche Grenze zwischen
den beiden Gebieten anzusehen. Die Sparkasse Holstein, deren Geschäftsgebiet im Westen des Kreises Herzogtum Lauenburg angrenzt, ist demgegenüber stärker im Kreis Lauenburg aktiv. Zwar betreibt sie keine Filialen auf dem
Gebiet des Kreises Herzogtum Lauenburg, unterhält aber an der Grenze zum
Kreis Herzogtum Lauenburg in Reinbek, Glinde und Trittau mehrere Filialen,
sodass es insoweit zumindest zu einem Randwettbewerb zum Geschäftsgebiet
der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg kommt.
112. Abweichend von der Rolle der kommunalen Sparkassen im Rahmen des
Regionalprinzips kommt der Haspa eine besondere Rolle zu. Wie bereits oben
dargestellt verfolgt die Haspa eine Expansionsstrategie in das Hamburger
Umland
nach
Schleswig-Holstein
und
Niedersachsen.
Als
engeres
Geschäftsgebiet betrachtet sie das Gebiet der Stadt Hamburg und die
unmittelbar angrenzenden sechs Landkreise in Schleswig-Holstein und
Niedersachsen, wo sie auch mit Filialen vertreten ist.198 [...]
199
Der
Metropolregion Hamburg liegt derzeit ein Verwaltungsabkommen zwischen den
Bundesländern
196
197
198
199
Hamburg,
Niedersachsen
und
Schleswig-Holstein,
den
Sparkasse Mecklenburg-Nordwest sowie Sparkasse Mecklenburg-Schwerin.
Antwort der Sparkasse Mecklenburg-Nordwest auf Frage 2 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
Antwort der Haspa auf Frage 27 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
[...].
- 64 -
niedersächsischen Landkreisen Cuxhaven, Harburg, Lüchow-Dannenberg,
Lüneburg, Rotenburg, Soltau-Fallingbostel, Stade und Uelzen sowie den
schleswig-holsteinischen
Kreisen
Dithmarschen,
Herzogtum
200
Pinneberg, Segeberg, Steinburg und Stormarn zugrunde.
Lauenburg,
Beabsichtigt ist,
zum Jahreswechsel 2011/2012 aus Schleswig-Holstein die kreisfreien Städte
Lübeck und Neumünster und den Kreis Ostholstein sowie aus MecklenburgVorpommern die Kreise Ludwigslust und Nordwestmecklenburg in die
Metropolregion aufzunehmen; der Vertragsänderung müssen die bisherigen
Vertragspartner noch zustimmen.201 Die Haspa hat darauf hingewiesen, dass
der Begriff der Metropolregion Hamburg für sie keinen abschließend räumlich
definierten Begriff darstelle. In der Satzung werde der Begriff Metropolregion
Hamburg verwendet, um den Wirtschaftsraum, in dem die Haspa ihren Sitz
habe, zu bezeichnen. Es werde dabei „bewusst auf eine feste räumliche
Abgrenzung verzichtet und ein moderner ‚bildhafter‘ Begriff gewählt, dessen
räumliche Ausdehnung analog der wirtschaftlichen Entwicklung ‚mitwachsen‘“
könne.202
113. Derzeit konzentriert die Haspa ihre Geschäftstätigkeit auf Hamburg selbst und
einige der Umlandkreise; von einer Tätigkeit in der gesamten Metropolregion
Hamburg kann daher bislang nicht die Rede sein, ein weiteres Wachstum auch
über die Umlandkreise hinaus ist aber jedenfalls in ihrer Gesamtstrategie
angelegt. In den Umlandkreisen entfaltet sich die Geschäftstätigkeit der Haspa
im Wesentlichen dort, wo sie Filialen unterhält. Die Haspa erklärt diese
Filialgründungen im Umland im Wesentlichen mit der Motivation, den
Wanderungsbewegungen ihrer Kunden aus Hamburg in die umliegenden
Gebiete zu folgen, [...]. So betreibt das Unternehmen in Niedersachsen acht
Filialen in dem Landkreis Harburg und in Buxtehude (Geschäftsgebiet der
Sparkasse Harburg-Buxtehude). In Schleswig-Holstein werden insgesamt 18
Filialen seitens der Haspa betrieben – drei im Kreis Herzogtum Lauenburg
(Geschäftsgebiet der KSK), sechs im Kreis Stormarn (Geschäftsgebiet der
200
201
202
Vgl. www.metropolregion.hamburg.de
Presseerklärung der Metropolregion Hamburg vom 12. August 2011; ebenda.
Antwort der Haspa auf die Frage 18 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
- 65 -
Sparkasse Holstein), drei in Norderstedt im Kreis Segeberg sowie sechs im
Kreis Pinneberg (Geschäftsgebiet der Sparkasse Südholstein).203
114. Teils aus historischen Gründen (etwa Eingemeindungen von vormals
außerhalb Hamburgs liegenden Gebieten), teils als Reaktion auf die
zunehmende Ausweitung des Geschäftsgebietes der Haspa in das Umland
Hamburgs haben einige der umliegenden Sparkassen ihre Aktivitäten zusätzlich
zu dem eigenen Geschäftsgebiet auch auf das Gebiet Hamburgs ausgeweitet.
Die Sparkasse Holstein betreibt in Hamburg drei Standorte, die Sparkasse
Südholstein ist mit einem Standort in Hamburg vertreten. Schließlich gibt es die
Besonderheit in Norderstedt, an der Südgrenze des Kreises Segeberg dicht bei
Hamburg gelegen, wo mit der Sparkasse Holstein, der Sparkasse Südholstein
und der Haspa insgesamt drei Sparkassen Filialen unterhalten.204
(2) Genossenschaftliche Institute
115. Auch wenn es für die genossenschaftlichen Kreditinstitute keine gesetzliche
Beschränkung für die räumliche Ausdehnung ihrer Tätigkeit gibt, so haben
diese dennoch regelmäßig faktisch einen eingeschränkten räumlichen Radius
für ihre Geschäftstätigkeit, der sich im Wesentlichen um die Filialen des
jeweiligen Instituts erstreckt. Aus den Antworten der hier befragten Volksbanken
ergibt
sich
ein
gemischtes
Bild.
Während
die
etwas
größeren
Genossenschaftsbanken durchaus weitergehende Geschäftsgebiete angeben
(z. B. Hamburger Volksbank, Volksbank Stormarn), gibt es eine Vielzahl kleiner
bis kleinster Institute, die ein sehr eng begrenztes Geschäftsgebiet von zum Teil
nur wenigen Dörfern nennen. Insbesondere die im Kerngeschäftsgebiet der
KSK tätigen Raiffeisenbanken haben z.T. einen „Kernbereich“, der nur Teile des
Kreises Herzogtum Lauenburg umfasst.205 Einige weisen zur Begründung der
Beschränkung auf das Regionalprinzip des Bundesverbandes der Volks- und
Raiffeisenbanken hin. Andere erläutern die Begrenzung ihrer Tätigkeit mit eher
geschäfts- und risikobezogenen Argumenten, etwa den besseren Möglichkeiten
zur Betreuung, Überwachung und Beurteilung ihrer Kunden und deren
203
204
205
Antwort der Haspa auf die Frage 21 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011
Vgl. Gesprächsvermerk mit Vertretern der Sparkasse Holstein vom 9. September 2011.
Antwort der Raiffeisenbank Ratzeburg auf Frage 1 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011; Antwort
der Raiffeisenbank Lauenburg auf Frage 1 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
- 66 -
wirtschaftlicher Lage bei entsprechender Nähe zu den Standorten der Bank. Die
Abgrenzung der Geschäftsgebiete der befragten Genossenschaftsbanken
untereinander dürfte nicht immer eindeutig sein; so geben einige von ihnen
auch explizit andere genossenschaftliche Institute als ihre wesentlichen
Wettbewerber an. Insgesamt ist jedoch von einer klaren regionalen Begrenzung
der Tätigkeit der hier befragten Institute auszugehen.
116. Die Filialnähe des jeweiligen Geschäfts könnte auch durch das Statut der
Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken
geprägt sein, wonach sich das normale genossenschaftliche Bankgeschäft
grundsätzlich vorrangig auf den angestammten, d.h. durch den Sitz und die
Zweigstellen bestimmten Geschäftsbereich konzentrieren; als objektivierbar
vernünftige darüber hinausgehende Geschäftsbeziehungen werden solche mit
Einheimischen mit neuem Wohnsitz und in grenznahem Gebiet genannt.206
3. Ergebnis der Marktuntersuchung
117. Die
Ergebnisse
der
Marktuntersuchung
bestätigen
die
regionale
Beschränkung des Angebots, insbesondere für Privatgirokonten und Kredite an
Geschäftskunden. Es zeigt sich, dass eine Reihe von Kreditinstituten ihre
Geschäftstätigkeit ganz wesentlich auf dieses jeweilige Gebiet begrenzen.
Dabei gilt für die Sparkassen in der hier betroffenen Region, dass sie in ihrem
jeweiligen Gebiet den weitaus größten Teil des Angebots für Privat- und
Geschäftskunden auf sich vereinigen.
a) Datenerhebung
118. Ausgehend von den Angaben der Beteiligten207 zu ihren Wettbewerbern wurden
mit Auskunftsbeschluss vom 11. Juli 2011 insgesamt 89 Kreditinstitute zu ihren
Geschäftsvolumina im Postleitzahlenraum 19-25 befragt.208 Bei den befragten
Anbietern handelt es sich um die bundesweit tätigen Großbanken und Direkt-
206
207
Statut der Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenverbandes, § 6
Sorgfaltspflichten der Institute, sowie Verfahrensregeln zum Statut der Sicherungseinrichtung, unter 4. Zu
§ 6 Abs. 2 (Geschäfte, die mit dem Zweck der Sicherungseinrichtung vereinbar sind).
Antwort der Haspa auf Frage 28 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011, Antwort der KSK auf
Frage 23 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
- 67 -
banken, die regional tätigen Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken sowie
weitere Genossenschaftsbanken und einige regional tätige Privatbanken.
Soweit die befragten Kreditinstitute erklärten, in den Märkten für Girokonten für
Privatkunden bzw. Kredite an Geschäftskunden nicht tätig zu sein, wurden sie
gebeten, ihr Geschäftsmodell und das von ihnen betreute Kundensegment
näher zu beschreiben. Auf Grund dieser Erläuterungen sind insbesondere von
der BHF-Bank, HSBC-Trinkaus & Burkhardt, RBS Deutschland, der SEB Bank,
der DZ Bank, der HSH Nordbank und der Nord/LB keine weiteren Daten zu
ihrem Privatkundengeschäft bzw. ihrem gewerblichen Kreditgeschäft in die
Auswertung einbezogen worden, weil sie ihren Kundenkreis im Privatkundenbereich auf die Vermögensverwaltung für vermögende Privatkunden bzw. im
Bereich der gewerblichen Kunden auf Firmenkunden beschränken.
119. Mehrere der befragten Kreditinstitute stellten zunächst keine Angaben über ihre
Geschäftstätigkeit für das Jahr 2010 auf Basis fünfstelliger Postleitzahlen zur
Verfügung. Auf das Schreiben der Beschlussabteilung vom 15. August 2011 hin
haben 16 Kreditinstitute ihre Antworten insoweit ergänzt. Im Ergebnis liegen
damit Daten für die Zusammenschlussbeteiligten, die Großbanken (Deutsche
Bank, Commerzbank und UniCredit) sowie die weiteren im Gebiet tätigen
Sparkassen (Sparkasse Holstein, Sparkasse zu Lübeck u.a.) und die
Hamburger
Volksbank
vor.
Diese
Anbieter
mit
postleitzahlengenauer
Zuordnung der Marktvolumina vereinigen jeweils über 80% der Anzahl der
Privatgirokonten209 bzw. des Volumens der Kredite an Geschäftskunden210 im
Markt Lauenburg auf sich.
120. Die übrigen Anbieter, insbesondere die kleineren Institute des genossenschaftlichen Bereichs, denen eine derart differenzierte Darstellung nicht möglich war,
haben die regionale Verteilung ihres Geschäfts erläutert. Auf Grundlage dieser
Erläuterungen sind die Kreditvolumina entsprechend zugeordnet worden: Die
208
209
210
Vgl. Auflistung im Auswertungsvermerk, Bl. 3.953 ff. d.A.
KSK, Haspa, Deutsche Postbank, Deutsche Bank, Sparkasse Holstein, Commerzbank mit comdirect,
Sparda-Bank Hamburg, UniCredit, Hamburger Volksbank, Sparkasse zu Lübeck, Deutsche Kreditbank,
ING-DiBa, Volksbank Lübeck, Sparkasse Mecklenburg-Schwerin, Sparkasse Lüneburg, Sparkasse
Südholstein, Sparkasse Harburg-Buxtehude, Sparkasse Mecklenburg-Nordwest, Sparkasse Elmshorn.
KSK, Haspa, UniCredit, Sparkasse Holstein, Deutsche Bank, Commerzbank, Sparkasse zu Lübeck,
Hamburger Volksbank, Sparkasse Südholstein, Sparkasse Mecklenburg-Schwerin, Sparkasse Lüneburg,
Sparkasse Harburg-Buxtehude.
- 68 -
Volksbank Stormarn hat neben den Angaben auf Basis fünfstelliger Postleitzahlen für einige Städte (z.B. Hamburg, Kiel, Lübeck, Neumünster, Norderstedt)
Postleitzahlenbereiche angegeben. Diese Angaben hat die Beschlussabteilung
jeweils
auf
eine
eindeutige
Postleitzahl
überführt.211
Die
Volks-
und
Raiffeisenbank Ostholstein Nord-Plön hat für ihr Kerngeschäftsgebiet Angaben
auf Basis fünfstelliger Postleitzahlen gemacht, im Übrigen auf Basis
zweistelliger Postleitzahlen. Soweit für den Kreis Herzogtum Lauenburg
Marktvolumina berechnet wurden, hat die Beschlussabteilung die Angaben des
Unternehmens zu den zweistelligen Postleitzahlenbereichen (21,22 und 23)
insgesamt in das Marktvolumen eingerechnet. Die Raiffeisenbank Hagenow hat
Angaben zu ihrem Gesamtgeschäft und für ihre im Kreis Herzogtum Lauenburg
gelegenen Filialen geliefert, die jeweiligen Volumina dieser Filialen wurden dem
Markt Lauenburg zugeordnet. Die Raiffeisenbank Südstormarn Mölln und die
Raiffeisenbank
Bargteheide
haben
Angaben
auf
Basis
zweistelliger
Postleitzahlen gemacht, die entsprechend der Angaben zur Verteilung ihres
Geschäfts
anteilig
für
das
Gesamtvolumen
des
Marktes
Lauenburg
berücksichtigt wurden. Das Kreditvolumen der Raiffeisenbank Lauenburg, die
nur Gesamtangaben gemacht hat, ging vollständig in das Volumen des Marktes
Lauenburg ein. Die Raiffeisenbank Ratzeburg wurde ebenfalls mit ihrem
gesamten Volumen berücksichtigt. Insgesamt sind damit die Anteile der
Wettbewerber bei Abgrenzungsschwierigkeiten zu Gunsten der Beteiligten
berechnet worden. Auf diese Gruppe entfällt ca. 16% (Girokonten für
Privatkunden) bzw. 13% (Kredite für Geschäftskunden) des Marktvolumens. 212
211
212
Das Unternehmen hat einen Datensatz für die Hansestadt Lübeck für den Postleitzahlen-Bereich 2355223570 übersandt. Die Beschlussabteilung hat diese Angaben der Postleitzahl 23552 zugeordnet und bei
der Berechnung der Marktvolumina für die Hansestadt Lübeck entsprechend berücksichtigt.
Lediglich die nur im Privatkundengeschäft tätige netbank sah sich zu einer differenzierten Aufgliederung
der Kundenangaben auf der Basis von Postleitzahlen oder Postleitzahlenbereichen nicht in der Lage.
Aufgrund der geringen Größe des Unternehmens (bundesweit 167.992 Kunden, vgl. Geschäftsbericht
2010, S. 3, abrufbar über www.netbank.de) und unter Berücksichtigung der bundesweiten – nach eigenen
Angaben gleichmäßig verteilten – Geschäftstätigkeit, wurden die Kundenzahlen nicht anteilig berücksichtigt. Die Santander Consumer Bank AG hat die Angaben für bestimmte Postleitzahlen dargestellt, die
mit den Filialstandorten übereinstimmen. Die Beschlussabteilung hat die Angaben zu den entsprechenden
Postleitzahlen den jeweiligen Marktgebieten zugeordnet. Das Unternehmen betreibt im Kreis Herzogtum
Lauenburg keine Filialen. Aufgrund der geringen Einzugsbereiche wären allenfalls die Werte der in
Hamburg (PLZ 22111) ansässigen Filiale anteilig in das Marktvolumen für den Kreis Herzogtum
Lauenburg einzubeziehen gewesen. Dies hätte allerdings nicht zu einer signifikanten Erhöhung des
Marktvolumens geführt. Gleiches gilt für die Targobank.
- 69 -
121. Soweit überregionale Anbieter von Geschäftskundenkrediten Angaben auf
Basis zweistelliger Postleitzahlen gemacht haben, wurden diese Volumina auf
der Grundlage der ermittelten Gesamtzahlen gewerblicher Kunden in den
jeweiligen
Gebieten
dem
Markt
Lauenburg
zugeordnet.213
Diese
Vorgehensweise wurde angewandt bei der MKB Mittelstandskreditbank, der
Deutschen Apotheker- und Ärztebank und der Commerzbank für ihre auf das
M2-Kundensegment
entfallenden
Kreditvolumina.214
Der
dieser
Gruppe
zugeordnete Anteil am Gesamtmarktvolumen der Geschäftskundenkredite
beträgt ca. 2%.
122. Einige PLZ-Gebiete erstrecken sich über die Grenzen des Kreises Herzogtum
Lauenburg hinweg.215 Für diese Gebiete haben die Beteiligten und die
Sparkasse Holstein Angaben zur Anzahl ihrer Privatgirokonten und das
Geschäftskunden-Kreditvolumina nach den Kreisgrenzen gemacht. Bei allen
anderen Wettbewerbern wurden diese Angaben nicht ermittelt; vielmehr wurde
das gesamte auf diese genannten PLZ-Gebiete entfallende Kreditvolumen dem
Markt Lauenburg hinzugerechnet.216
b) Tätigkeitsschwerpunkte der Haspa und der KSK
123. Für die Sparkassen gilt generell, dass sie, bezogen auf ihr jeweiliges
Geschäftsvolumen, den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit innerhalb ihres jeweiligen
Kerngeschäftsgebietes haben. Dies ist für Sparkassen in kommunaler
Trägerschaft wie der KSK das Gebiet ihres Trägers. Auch bei freien
Sparkassen, wie der Haspa lässt sich eine Begrenzung auf ein räumlich
definiertes Geschäftsgebiet feststellen. Für die Zusammenschlussbeteiligten
213
214
215
216
Nach den Ermittlungen entfallen 14% der Gewerbekunden mit Sitz im Postleitzahlengebiet 21 und 10%
der Kunden mit Sitz im Postleitzahlengebiet 23 auf den Markt Lauenburg.
Die Commerzbank betreut in ihrem intern als Firmenkundengeschäft bezeichneten Bereich gewerbliche
Kunden mit einem Umsatz von bis zu 12,5 Mio. EUR („M2-Kunden“) und Kunden mit höherem
Umsatzerlösen („M1-Kunden“), vgl. Antwort der Commerzbank auf Frage 11 des Auskunftsbeschlusses
vom 11. Juli 2011.
Es handelt sich um sechs Postleitzahlengebiete, die Teile des Landkreises Herzogtum Lauenburg und
Stormarn (21465, 22929, 22946, 23847,23860) bzw. Hamburg (21039) umfassen.
Damit ist der Anteil insbesondere der Anbieter überschätzt, die wie die Vierländer Volksbank ihr
Geschäftsgebiet nicht auf den Landkreis Herzogtum Lauenburg erstrecken. Die Vierländer Volksbank ist in
den Vierlanden, Teil des Hamburger Bezirks Bergedorf, tätig. Das Postleitzahlgebiet 21039 umfasst
sowohl Teil dieses Gebiets als auch Teil des Landkreises Herzogtum Lauenburg.
- 70 -
zeigt sich dies an den folgenden Übersichten für die Bereiche Girokonten und
Geschäftskundenkredite.
124. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der KSK liegt im Gebiet ihres Trägers, des
Kreises Herzogtum Lauenburg, als ihrem Kerngeschäftsgebiet:
Tabelle 1
Kreis
Anteil am
Anteil an der Zahl der
Gewerbekreditbestand
Girokonten für Privatkunden
Herzogtum Lauenburg
[60-70%]
[80-90%]
Stadt Hamburg
[20-30%]
[1-5%]
Kreis Stormarn
[5-10%]
[1-5%]
Stadt Lübeck
[1-5%]
[1-5%]
Kreis Ludwigslust
[1-5%]
kleiner 1%
Landkreis Harburg
[1-5%]
kleiner 1%
Kreis Steinburg
[1-5%]
kleiner 1%
Landkreis Lüneburg
[1-5%]
kleiner 1%
Rest
[1-5%]
[1-5%]
100%
100%
Gesamt
125. Ähnlich sieht das Bild für die Haspa aus:
Tabelle 2
Kreis
Anteil am
Anteil an der Zahl der
Gewerbekreditbestand
Girokonten für
[80-90%]
Privatkunden
[70-80%]
Kreis Pinneberg
[1-5%]
[1-5%]
Kreis Stormarn
[1-5%]
[1-5%]
Landkreis Harburg
[1-5%]
[1-5%]
Kreis Segeberg
[1-5%]
[1-5%]
Herzogtum Lauenburg
[1-5%]
[1-5%]
Rest
[1-5%]
[1-5%]
100%
100%
Stadt Hamburg
Gesamt
- 71 -
126. Auch die Tätigkeit der Sparkasse zu Lübeck ist im Wesentlichen auf ihr
Kerngeschäftsgebiet beschränkt:
Tabelle 3
Anteil am
Gewerbekreditbestand
Kreis
Anteil an der Zahl der
Girokonten für
Privatkunden
Lübeck, Hansestadt
50-60%
70-80%
Ostholstein
10-20%
5-10%
Herzogtum Lauenburg
1-5%
1-5%
Nordwestmecklenburg
1-5%
1-5%
Stormarn
1-5%
1-5%
5-10%
1-5%
Segeberg
1-5%
kleiner 1%
Rendsburg-Eckernförde
1-5%
kleiner 1%
5-10%
1-5%
100%
100%
Hamburg, Freie und
Hansestadt
Rest
Gesamt
127. Die Tatsache, dass bezogen auf das eigene Geschäftsvolumen, ein nicht
unerheblicher Teil der Geschäftstätigkeit außerhalb des engeren Geschäftsgebiets einem angrenzenden Gebiet zuzuordnen ist, ist für die Bestimmung des
räumlich relevanten Marktes nicht ohne Weiteres relevant. Nur wenn ein
signifikanter Anteil an der Gesamtheit der Nachfrager im angrenzenden Gebiet
auch Leistungen der Anbieter im jeweils betrachteten Gebiet in Anspruch
nimmt, ist der räumlich relevante Markt um diese angrenzenden Gebiete zu
erweitern.217 Diese Voraussetzung ist aber, wie die folgende Betrachtung der
Verteilung
217
der
Nachfrage
nach
Girokonten
für
Privatkunden
bzw.
Vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2008, KVR 26/07, WuW/E DE-R 2327ff. – Kreiskrankenhaus Bad
Neustadt, Rz. 73. Der BGH ging im konkreten Fall davon aus, dass eine Ausweitung des räumlichen
Marktes nicht geboten sei, wenn 5,4% bzw. 2,5% der Nachfrager zweier jeweils angrenzender Gebiete
Leistungen von Anbietern im räumlich relevanten Markt in Anspruch nehmen.
- 72 -
Geschäftskundenkredite
auf
Anbieter
innerhalb
bzw.
außerhalb
des
Landkreises Herzogtum Lauenburg zeigt, nicht erfüllt.
c) Deckung der Nachfrage nach Privatgirokonten bzw. Geschäftskundenkrediten durch Anbieter im räumlichen relevanten Markt
128. Ausgehend vom Bedarfsmarktkonzept ist im Rahmen der räumlichen
Marktabgrenzung die Gesamtgruppe der Anbieter zu ermitteln, bei der im
jeweiligen Gebiet die dort wohnhaften oder ansässigen Nachfrager ihren Bedarf
decken. Entfällt ein hoher Anteil der Nachfrage auf im Gebiet ansässige
Anbieter spricht dies dafür, dieses Gebiet als eigenen räumlich relevanten
Markt zu betrachten.218 Soweit diese Grundsätze für an einem einzigen
Standort erbrachte Dienstleistungen entwickelt wurden219, sind sie auf
Privatgirokonten bzw. Geschäftskundenkredite entsprechend anzuwenden.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Sparkassen, genossenschaftliche Institute
und Großbanken Filialnetze unterhalten, mit denen sie die jeweiligen Gebiete
abdecken. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen liegt der Schwerpunkt der
Bedarfsdeckung für diese beiden Produkte bei im Gebiet durch Filialen
vertretenen Anbietern. Dies beruht auf entsprechendem Verbraucherverhalten –
Privatgirokonten werden bevorzugt bei wohnortnahen Bankfilialen eingerichtet
bzw. Geschäftskunden unterhalten ihre meist langfristigen Geschäftsbeziehungen regelmäßig zu mit Filialen vertretenen Instituten, insbesondere den
lokalen Sparkassen bzw. Volks- und Raiffeisenbanken – und der spezifischen
Struktur der Mehrzahl der Anbieter, die gekennzeichnet sind durch eine
regionale Begrenzung ihres Tätigkeitsgebiets. Der Schwerpunkt der Bedarfsdeckung bei im jeweiligen Gebiet vertretenen Anbietern wird deutlich, wenn die
Kerngeschäftsgebiete der Sparkassen betrachtet werden, wo die Sparkassen
für Privatgirokonten und Geschäftskundenkredite jeweils Marktführer sind. Aber
auch bei einer auf Postleitzahlengebiete abstellenden Betrachtung zeigt sich,
dass im Schwerpunkt die Nachfrage bei Anbietern gedeckt wird, die im
jeweiligen Gebiet durch Filialen vertreten sind.
218
219
Vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2008, WuW/E DE-R 2327 ff. – Kreiskrankenhaus Bad Neustadt.
Der Beschluss des BGH vom 16. Januar 2008 betraf Krankenhausdienstleistungen.
- 73 -
(1) Betrachtung der jeweiligen Sparkassenträger-Gebiete
129. Die Marktsituation im Kerngebiet der KSK unterscheidet sich deutlich von der
Situtation in den Kerngebieten angrenzender Sparkassen in SchleswigHolstein220 und Hamburg.221
Abbildung 1: Gebiet der KSK und Gebiete angrenzender Sparkassen222
220
221
222
Sparkasse Holstein, Sparkasse zu Lübeck; die Sparkasse Süd-Holstein grenzt nicht unmittelbar an das
Kerngeschäftsgebiet der KSK an, sie wurde wegen ihrer vergleichbaren Lage (westlich von Hamburg
gelegen, mit Überschneidungen zur Haspa) in die Betrachtung einbezogen.
Ein Vergleich mit den Tätigkeitsgebieten der Sparkassen mit Kerntätigkeitsgebieten in den an den Kreis
Herzogtum Lauenburg angrenzenden Gebieten in Mecklenburg-Vorpommern wurde wegen der geringen
Überschneidungen mit den Geschäftsgebieten der Beteiligten nicht vorgenommen.
Darstellung der KSK, Antwort auf Frage 22 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011. Bei der in dieser
Abbildung als „Sparkasse Stormarn“ bezeichneten Sparkasse handelt es sich um die Sparkasse Holstein.
- 74 -
Abbildung 2: An das Kerngeschäftsgebiet der Haspa angrenzende
Sparkassen223
130. Das Gebiet des Trägers der KSK Herzogtum Lauenburg umfasst die
folgenden Postleitzahlen:
Tabelle 4
Postleitzahlenbereiche des Kreises Herzogtum Lauenburg
224
21039
21450-21529 (ohne die Postleitzahlen 21509 und 21522)
22929
22946
22958
22959
23627
23628
23847
23860
23870-23919
223
224
Darstellung der Haspa, Antwort auf Frage 27 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Das Gebiet des Kreises Herzogtum Lauenburg lässt sich für einige Postleitzahlen nicht exakt darstellen,
da diese sowohl in Hamburg und im Herzogtum Lauenburg oder aber im Kreis Stormarn und im Kreis
Herzogtum Lauenburg liegen. Für die betreffenden Postleitzahlen hat die Beschlussabteilung bei den
Zusammenschlussbeteiligten und der Sparkasse Holstein ermittelt, welcher Anteil der Girokonten welchem
Kreis zuzurechnen ist.
- 75 -
131. Die Auswertung der ermittelten Daten für die Zwecke der räumlichen
Marktabgrenzung ergibt folgendes Bild:
• Für alle Gebiete ergibt sich, dass die örtliche Sparkasse im Bereich der hier
relevanten kreditwirtschaftlichen Dienstleistungen (Girokonten, Kredite für
Geschäftskunden) mit zum Teil relativ großem Abstand Marktführerin ist. Im
Regelfall liegt ihr Anteil für Privatgirokonten bei 30-40%, für Kredite an
Geschäftskunden bei 40-50%. Die besondere Situation in Lübeck mit einer
relativ starken Stellung von Deutsche Bank/Postbank insbesondere bei
Girokonten für Privatkunden ist auf zwei regionale Privatbanken in Lübeck
zurückzuführen, die von der Deutschen Bank übernommen wurden.225
• Soweit die Sparkassen keine Filialen außerhalb ihres Kerngeschäftsgebietes
haben, sind ihre Marktpositionen in den Nachbargebieten gering. Wie bereits
oben dargelegt, haben insbesondere die öffentlich-rechtlichen Sparkassen
nur in Ausnahmefällen Filialen außerhalb ihres Kerngeschäftsgebiets. Eine
hervorgehobene Marktstellung außerhalb des jeweiligen Kerngeschäftsgebiets nimmt nur die Haspa ein, soweit sie dort Filialen unterhält.
Besonders deutlich ist dieses Ergebnis für die Girokonten für private Kunden,
gilt aber auch für den Bereich der Kredite für Geschäftskunden.226
• In allen betrachteten Gebieten gibt es jeweils eine Vielzahl kleiner Volks- und
Raiffeisenbanken mit jeweils geringen bis sehr geringen Marktpositionen,
aber auch insgesamt ist die Stellung der genossenschaftlichen Institute nicht
sehr stark.
• Der Umstand, dass auch die Marktpositionen der bundesweit tätigen
Kreditinstitute in den so abgegrenzten Gebieten verschieden sind, spricht
grundsätzlich für eine regional differenzierte Betrachtungsweise.
225
Die Lübecker Privatbank wurde 1927 von der Deutschen Bank übernommen; 1989 bracht die Deutsche
Bank ihre Lübecker Filiale in die Handelsbank in Lübeck ein, die in der Folge unter dem Namen Deutsche
- 76 -
Tabelle 5
Kerngeschäftsgebiet KSK
SK im jeweiligen Kern-
Kerngeschäftsgebiet Haspa
Girokonten
Kredite an
Girokonten
Kredite an
(Bestand)
Geschäftskunden
(Bestand)
Geschäftskunden
[30-40%]
[50-60%]
[40-50%]
[40-50%]
geschäftsgebiet
Haspa
[5-10%]
Sonstige SK
[1-5%]
[5-10%]
[1-5%]
[10-20%]
[20-30%]
[10-20%]
[10-20%]
[5-10%]
Großbanken
[20-30%]
[5-10%]
[30-40%]
[20-30%]
Direktbanken
[1-5%]
--
[5-10%]
--
Genossenschaftliche
[10-20%]
Institute
(2) Postleitzahlengebiete
132. Zur Plausibilisierung dieser Beobachtungen hat die Beschlussabteilung die –
im Verhältnis zu den Kerntätigkeitsgebieten der oben betrachteten Sparkassen
kleineren – Postleitzahlengebiete untersucht, die unmittelbar an den Kreis
Herzogtum Lauenburg angrenzen. Näher betrachtet wurden die folgenden
Gebiete:
•
In Schleswig-Holstein:
22900-22969 (Südstormarn)
23830-23869 (Nordstormarn)
23500-23629 (Lübeck und Umland)
•
In Niedersachsen
19270-19279 (Neuhaus)
21300-21409 (Lüneburg)
21410-21449 (Harburg)
•
In Mecklenburg-Vorpommern
19200-19219 (Gadebusch)
19220-19249 (Hagenow)
19250-19269 (Boizenburg)
23920-23929 (Schönberg)
226
Bank Lübeck AG firmierte. In 2003 wurde die Gesellschaft voll in die Muttergesellschaft Deutsche Bank
AG integriert. Vgl. http://www.bankgeschichte.de/index_04_19.html
Die Angaben zu Krediten für Gewerbekunden wurden nach dem Sitz des Gewerbekunden erhoben.
- 77 -
•
In Hamburg
Mitte
Mitte und östlicher Teil
Abbildung 3
133. Auch bei dieser Betrachtungsweise – keiner Marktbetrachtung, sondern einer
der Plausibilisierung dienenden Betrachtung der auf die Beteiligten und ihre
Wettbewerber entfallenden Anteile im jeweiligen Postleitzahlengebiet – bestätigt
sich grundsätzlich das Bild, wonach die jeweils ortsansässige Sparkasse
führendes Kreditinstitut ist und die umliegenden Sparkassen (bis auf die Haspa)
nur geringfügig außerhalb ihres engeren Geschäftsgebiets tätig sind. Da sich
die Postleitzahlengebiete mitunter über die jeweiligen Kreisgebiete hinaus
erstrecken, ergibt sich in einigen der so betrachteten Gebiete rechnerisch eine
etwas stärkere Präsenz der Sparkasse, deren Kerngeschäftsgebiet vom
jeweiligen Postleitzahlengebiet mit berührt wird (so berührt etwa das
Postleitzahlengebiet 23500-23629 die Stadt Lübeck und das Geschäftsgebiet
der Sparkasse Holstein). Soweit die KSK bei dieser räumlichen Betrachtung in
einigen Postleitzahlengebieten in Mecklenburg-Vorpommern Anteile von über
5% bei Krediten für Gewerbekunden aufweist, ist zu berücksichtigen, dass die
in Frage stehenden Gesamtkreditvolumina in diesen Gebieten zum Teil sehr
gering sind (dies gilt etwa für das Gebiet 19270-19279 Neuhaus in
Niedersachsen und für das Gebiet 19250-19269 Boizenburg in MecklenburgVorpommern) sodass auch hier insoweit leicht abweichende Beobachtungen
keine Veränderung des Gesamtbildes ergeben. Insgesamt bestätigt aber auch
diese
Betrachtung,
dass
die
Nachfrage
nach
Privatgirokonten
und
Geschäftskundenkrediten im Schwerpunkt bei der jeweiligen Sparkasse,
genossenschaftlichen Instituten bzw. den Großbanken gedeckt wird.
134. Die folgende Tabelle zeigt den zusammengefassten Anteil der Sparkassen, zu
deren
Trägergebiet
das
jeweilige
Postleitzahlengebiet
gehört,
der
genossenschaftlichen Institute, soweit die Postleitzahlengebiete in ihrem
- 78 Geschäftsgebiet liegen, und der Großbanken227. Mit einer Ausnahme, die
wiederum das sehr kleine Postleitzahlengebiet Boizenburg betrifft, liegen die
Anteile über 60%, häufig auch über 80% der Gesamtnachfrage.
227
Berücksichtigt wurden genossenschaftliche Institute, soweit sie eine Filiale im jeweiligen
Postleitzahlengebiet haben. Anteile der Haspa wurden nur insofern berücksichtigt, als sie über eine Filiale
im jeweiligen Gebiet verfügt. Bei den Großbanken (Deutsche Bank, Commerzbank, UniCredit) wurde das
jeweilige Gesamtvolumen für das Gebiet herangezogen, eine Differenzierung nach Gebieten mit und ohne
Filialpräsenz wäre vor dem Hintergrund des im Vergleich zu den Wettbewerbern weiteren Filialnetz und
der geringen Kundenzahl in einigen der Gebiete wenig aussagekräftig.
- 79 -
Tabelle 6
PLZ-Gebiet
Gadebusch
Hagenow
Boizenburg
Neuhaus
Lüneburg
Harburg
Südstormarn
Nordstormarn
Lübeck
Schönberg
Hamburg
Gemeinsamer Anteil
von Sparkassen,
genossenschaftlichen
Instituten und
Großbanken im
jeweiligen Gebiet
Privatgirokonten
19200 – 19219
19220 – 19249
19250 – 19269
19270 – 19279
21300 – 21409
21410 – 21449
22900 – 22969
23830 – 23869
23500 – 23629
23920 – 23929
(Gesamtgebiet)
85%
91%
88%
79%
83%
82%
88%
78%
82%
83%
91%
Gemeinsamer Anteil von
Sparkassen,
genossenschaftlichen
Instituten und
Großbanken im jeweiligen
Gebiet
Kredite an
Geschäftskunden
65%
88%
58%
71%
78%
95%
88%
75%
87%
66%
94%
135. Ein größerer Markt, der Teile der an das Kerngeschäftsgebiet der KSK
angrenzende Sparkassengebiete mit einbezieht, stellt keine sachgerechte
räumliche
Marktabgrenzung
Zusammenschlussbeteiligten,
dar.
Teile
Insbesondere
der
der
umliegenden
Ansatz
der
Gebiete
mit
einzubeziehen, die im Ergebnis das Marktvolumen im Bereich der Kredite an
Geschäftskunden verdreifachen, ist abzulehnen. Eine solche Betrachtung wird
weder von dem Bedarf der Nachfrager noch von der angebotsseitigen
Marktdurchdringung gerechtfertigt. Denn für einen Kunden im Kerngebiet der
KSK sind die benachbarten Sparkassen und die nicht unmittelbar in diesem
Gebiet tätigen Volks- und Raiffeisenbanken keine ernsthafte Alternative. Dies
ergibt sich aus der Darstellung der Sparkassen-Gruppe im Internet. Das
Informationsportal der Sparkassen-Finanzgruppe leitet den Kunden zur
jeweiligen regionalen Sparkasse weiter.228
136. Auch überregionale Banken kommen im Wesentlichen dann in Frage, wenn
sie in einer als erträglich angesehenen Entfernung eine Filiale betreiben. Nur
die kleine Gruppe der Privatkunden, die für ihr Girokonto auf eine Filiale
verzichten, könnte das Angebot einer entfernt liegenden Sparkasse oder
- 80 -
Volksbank nutzen; für diese Kundengruppe sind allerdings die Konditionen
dieser
Institute
meist
nicht
hinreichend
attraktiv.
Im
Ergebnis
bleibt
festzustellen, dass die Beteiligte KSK keinem wesentlichen Wettbewerb durch
eine entfernt liegende Sparkasse oder Genossenschaftsbank ausgesetzt ist.
Soweit am Rand des Kerngebiets der KSK Kunden auf benachbarte
Sparkassen ausweichen, wird dieser Randwettbewerb aufgrund der ermittelten
Angaben bei der wettbewerblichen Würdigung berücksichtigt.
137. Auch Kunden in den umliegenden Gebieten des Kerngebietes der KSK
nehmen Leistungen von Anbietern, die lediglich innerhalb des Kerngebietes mit
Filialen vertreten sind,229 nur in einem so geringen Umfang in Anspruch, dass
eine Ausdehnung des räumlichen Marktes auf diese Gebiete nicht sachgerecht
ist. Die Beschlussabteilung hat dies anhand der um das Gebiet des Kreises
Herzogtum Lauenburg liegenden Postleitzahlenbereiche ausgewertet und dabei
festgestellt, dass jeweils – bis auf eine Ausnahme - nur ein sehr geringer Anteil
dieser Kunden die Angebote der KSK in Anspruch nimmt.230
Tabelle 7
PLZ-Bereich
Gadebusch 19200-19219
[5-10%]
[kleiner 1%]
[1-5%]
[1-5%]
[20-30%]
Neuhaus 19270-19279
[kleiner 1%]
[5-10%]
Lüneburg 21300-21409
[kleiner 1%]
[1-5%]
Harburg 21410-21449
Boizenburg 19250-19269
[kleiner 1%]
[1-5%]
Südstormarn 22900-22969
[1-5%]
[5-10%]
Nordstormarn 23830-23869
[1-5%]
[1-5%]
Lübeck 23500-23629
[1-5%]
[1-5%]
[kleiner 1%]
[1-5%]
Schönberg 23920-23929
229
230
Anteil KSK am Kreditbestand
des betrachteten PLZBereichs
[1-5%]
Hagenow 19220-19249
228
Anteil der KSK an allen
Girokonten des PLZBereichs
Hamburg (Mitte und östlicher Teil)
[kleiner 1%]
[1-5%]
Hamburg (Mitte)
[kleiner 1%]
[1-5%]
Erreichbar unter www.sparkasse.de .
Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die KSK sowie einige kleinere Genossenschaftsbanken.
Der Beschlussabteilung liegen nicht für alle Kreditinstitute, die ausschließlich im Kreis Herzogtum
Lauenburg Filialen betreiben, differenzierte Angaben auf Basis 5-stelliger Postleitzahlen vor. Da aber
diese Institute nur geringe Marktanteile innerhalb des Kreisgebietes erzielen, ist zu erwarten, dass die
Ermittlung der außerhalb des Kreises Herzogtum Lauenburg ansässigen Kunden dieser Institute keine
Auswirkung auf das Ergebnis der Betrachtung haben.
- 81 -
138. Im Hinblick auf die Kreditvolumina der KSK ist zu berücksichtigen, dass ein
nicht unwesentlicher Teil ihrer außerhalb der Kreisgrenzen liegenden Kredite
auf Kreditnehmer mit Anknüpfungspunkt im Kreisgebiet entfällt.231 Die KSK hat
hierzu
erklärt,
bei
insgesamt
[10-20%]
der
Volumina
liege
ein
Anknüpfungspunkt im Kreisgebiet vor, d.h. es handelt sich um Nachfrager die
regelmäßig auch Leistungen im Kerngeschäftsgebiet der KSK in Anspruch
nehmen.
139. Demgegenüber sind die eigenen Berechnungen der Beteiligten232 zu den
Anteilen der KSK in den angrenzenden Gebieten nicht als Grundlage für eine
Erweiterung des Marktes geeignet. Während die Beschlussabteilung
für
Postleitzahlen-Bereiche
der
untersucht
hat,
ob
die
Inanspruchnahme
Leistungen der KSK durch die Kunden in diesen Gebieten es rechtfertigt, diese
Bereiche jeweils dem räumlich relevanten Markt zuzurechnen, schätzen die
Parteien eigene Anteile in Gebieten außerhalb des Kreises Herzogtum
Lauenburg und beziehen dabei jeweils nur wenige Postleitzahlen mit ein. So
haben sie etwa für das Postleitzahlengebiet 21300 – 21400 (Lüneburg) die
Stadt Lüneburg (Postleitzahlen 21335 – 21339) nicht berücksichtigt, ohne
hierfür eine nachvollziehbare Begründung zu geben. Entsprechend kommen sie
für das von ihnen als „Lüneburg“ bezeichnetet Gebiet (Postleitzahlen 21354,
21257, 21365, 21379, 21380, 21382, 21395, 21398 ohne die Stadt Lüneburg)
auf einen Anteil der KSK von [5-10%], der gegenüber dem von der
Beschlussabteilung für dieses Postleitzahlengebiet ermittelte Wert ([1-5%])
mehrfach überhöht ist. Die Nichtberücksichtigung der Postleitzahlen 2133521339 ist auch deswegen nicht nachvollziehbar, weil dieses Gebiet in der
ersten der Beschlussabteilung vorgelegten Darstellung233 als Gebiet mit
relevanten Kreditvolumina betrachtet wurde, tatsächlich hält die KSK über die
[...] Mio. EUR in den von den Beteiligten einbezogenen Gebieten hinaus in
Lüneburg selbst weitere Kreditbestände in Höhe von [...] Mio. EUR. Die eigenen
231
232
233
Soweit ersichtlich, hat sie hierzu den Begriff der Kreditnehmereinheit (§ 19 Abs. 2 KWG) herangezogen,
vgl. Erläuterungen zu Anlage GK1a zur Stellungnahme vom 2. Februar 2012.
Vgl. Stellungnahme der Parteien vom 02.02.2012, Anlage GK1 (Papier von CRA), S. 5.
Undatiertes Papier von CRA, übersandt am 18. Januar 2012 per Email.
- 82 -
Berechnungen der Beschlussabteilung kommen zu dem Ergebnis, dass die
Anteile der KSK in den umliegenden Postleitzahlen-Gebieten sowohl für die
privaten Girokonten als auch für die Geschäftskredite im niedrigen einstelligen
Prozentbereich liegen. Eine Ausnahme bildet lediglich das Gebiet um die Stadt
Boizenburg (PLZ-Bereich 19250-19269) Hier erreicht die KSK einen Anteil bei
den nachgefragten Geschäftskrediten von etwas mehr als [20-30%]. Im Bereich
der privaten Girokonten ist ein ebenso hoher Anteil der KSK nicht zu
beobachten. Lediglich [1-5%]der privaten Girokonten entfallen in diesem Gebiet
auf die KSK. Der Anteil der KSK an den Geschäftskrediten in dem Gebiet um
Boizenburg (19250-19259) könnte insoweit eine Ausweitung des räumlich
relevanten
Marktes
234
Kreditvolumen
für
Geschäftskredite
rechtfertigen.
Das
geringe
in diesem Gebiet würde allerdings nicht dazu führen, dass
sich das Gesamtmarktvolumen oder der Anteil der Parteien in signifikanter
Weise ändern würde.
140. Soweit die Beteiligten meinen, bei einer Berücksichtigung anderer Anbieter,
die nur im Kreis Herzogtum Lauenburg mit Filialen vertreten seien, würde sich
der Anteil der Nachfrager, die in den umliegenden Gebieten auf Angebote
solcher Anbieter zurückgreifen, so stark erhöhen, dass jedenfalls eine
Erweiterung des Marktes geboten sei, stützen sie sich auf bloße Mutmaßungen.
Insbesondere kann aus der Tatsache, dass der Anteil der KSK in dem von den
Beteiligten gebildeten „Erweiterungsgebiet“ in Höhe von [1-5%] einem auf ihr
Volumen im Kreisgebiet bezogenen Anteil von [10-20%] entspricht, nicht der
Schluss gezogen werden, auch alle anderen Anbieter hätten Volumina in den
angrenzenden Gebieten, die [10-20%] ihres Volumens im Kreisgebiet
entsprechen; darüber hinaus wäre auch dann keine konkrete Aussage zu den
Anteilen der Wettbewerber in den jeweiligen Gebieten möglich. Bereits die
Grundannahme blendet aber aus, dass die Mehrzahl der Wettbewerber der
KSK in den angrenzenden Gebieten mit Filialen vertreten ist, von denen aus sie
im Wesentlichen ihre Kunden dort erreichen. Außer der KSK ist nur die
Raiffeisenbank Ratzeburg als kleines genossenschaftliches Institut mit Filialen
ausschließlich im Kreisgebiet vertreten und vertreibt Produkte an Nachfrager
außerhalb des Gebiets von diesen Filialen im Gebiet aus. Der Anteil der
234
Die Ermittlungen haben ein Kreditvolumen von rund [...] € ergeben.
- 83 -
Nachfrage außerhalb des Gebiets, der auf Anbieter zurückgreift, die
ausschließlich innerhalb des Gebietes mit Filialen vertreten sind, würde sich
deshalb gegenüber den oben dargestellten Anteilen der KSK nicht signifikant
erhöhen.
141. Insgesamt entsprechen die der Beschlussabteilung vorgelegten Darstellungen
und Berechnungen der Beteiligten zur räumlichen Marktabgrenzung nicht den
Gutachten-Standards des Bundeskartellamtes.235 Die zu Grunde liegenden
Annahmen und Berechnungen sind nicht ausreichend nachvollziehbar – wie
etwa die Auswahlkriterien für die betrachteten Postleitzahlen – und die
Berechnungen selbst wurden der Beschlussabteilung nicht vorgelegt, so dass
auch keine weitergehenden Sensitivitätsanalysen möglich waren.
142. Auch Märkte, die in räumlicher Hinsicht kleiner sind als die jeweiligen
Kerngebiete der Beteiligten, erscheinen nicht sachlich gerechtfertigt und werden
von den Beteiligten selbst nicht angenommen. Insbesondere ist keine Teilung
des Gebiets des Herzogtums Lauenburg in einen südlichen an Hamburg
angrenzenden Teil und einen nördlichen Teil geboten. Der wesentliche
Unterschied besteht in der Aktivität der Haspa, die im südlichen Teil besonders
ausgeprägt ist. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass die KSK als die nach
den Marktanteilen führende Anbieterin bei den Privatgirokonten keine
gebietsbezogene Differenzierung der Konditionen vornimmt und sie darüber
hinaus
sowohl
bei
den
Privatgirokonten
als
auch
bei
den
Geschäftskundenkrediten dem Wettbewerb durch die Haspa ausgesetzt ist,
wenn auch im nördlichen Bereich weniger als im südlichen. [...].236
143. Im Ergebnis geht die Beschlussabteilung davon aus, dass eine räumliche
Abgrenzung der hier betroffenen Märkte entlang der Kerngeschäftsgebiete der
beteiligten Sparkassen am ehesten die Räume beschreibt, in denen die
Wettbewerbsbedingungen annähernd homogen sind.
235
236
Veröffentlicht unter www.bundeskartellamt.de.
[...]
- 84 -
C. Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung
1. Entstehung einer wettbewerblichen Einheit
144. Auf Grund einer Gesamtschau von Beteiligungsvertrag und Kooperationsvertrag sowie unter Würdigung der Strategie der Haspa [...] werden Haspa und
KSK nach dem Zusammenschluss eine wettbewerbliche Einheit bilden. Bereits
jetzt ist von einer wettbewerblichen Einheit der Haspa und der Sparkasse zu
Lübeck auszugehen, mit der bereits eine kapitalunterlegte Kooperation besteht.
145. Bei dem Erwerb einer Minderheitsbeteiligung von über 25% und bei
Gemeinschaftsunternehmen kann die Selbständigkeit der beteiligten Unternehmen in der Verfügung über die eigenen Ressourcen in einer der Art und dem
Grade nach verschiedenen Art und Weise eingeschränkt sein.237 Denn die
wettbewerbliche Einheit ergibt sich nicht zwingend bereits aus Rechtsgründen
in Folge des (formalen) Zusammenschlusstatbestandes. Insoweit ist eine
Einzelfallprüfung erforderlich, mit der festzustellen ist, ob der Eintritt einer
wettbewerbsbeschränkenden Wirkung auf dem relevanten Markt wahrscheinlich
ist.238
146. Als Ausgangspunkt ist dabei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit
dem weit gefassten Zusammenschlussbegriff, der die Zusammenschlusskontrolle nicht nur bei vollständigen Unternehmensübernahmen, sondern auch
schon bei Beteiligungen unterhalb der Kontrollschwelle einsetzen lässt, eine
Wertentscheidung getroffen hat, den Zusammenschlusstatbeständen unterhalb
der Kontrollschwelle ebenfalls eine materielle Bedeutung für die wettbewerbliche Strukturverschlechterung beizumessen.239 Eine wettbewerbliche Einheit,
die zu einem Zusammenwachsen des Wettbewerbspotentials und damit zu
einer Zurechnung dieses Potentials führt, erfordert keinen beherrschenden
Einfluss oder das Bestehen von Leitungsmacht. Denn eine Wettbewerbsbeschränkung, die auf einer Konzentration beruht, ist nicht nur in vertikaler
237
238
239
Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, Band 2, 4. Auflage 2007, § 36 Rn. 111.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. April 2004, VI-Kart 1/01 (V) – Blitz Tipp, Tz. 27, www.justiz.nrw.de.
C. Becker/Knebel in: Münchener Kommentar, Band 2, 2008, § 36 Rn. 37.
- 85 -
Form auf Grund eines beherrschenden Einflusses, sondern auch durch eine
horizontale Gleichordnung z.B. in Form eines Interessenausgleichs möglich.240
147. Die kontrollpflichtige Beteiligung an einem (aktuellen oder potentiellen)
Konkurrenzunternehmen besitzt in der Regel wettbewerblich relevante
Wirkungen. Kein Unternehmen beteiligt sich an einem Konkurrenten im Wege
der Finanzanlage, die möglicherweise mit einer finanziellen Stärkung des
Konkurrenten verbunden ist, sondern im Interesse einer Wettbewerbsbeschränkung. Denn es entspricht der wirtschaftlichen Erfahrung, dass ein
Kaufmann sich nicht selbst durch wesentlichen Wettbewerb schädigt.241 Bei
einer Minderheitsbeteiligung an einem Wettbewerber spricht insoweit regelmäßig viel dafür und wird deshalb auch regelmäßig angenommen, dass eine
wettbewerbliche Einheit entsteht.242
148. Eine Zurechnung von Ressourcen ist bei einer Minderheitsbeteiligung von
über 25% jedenfalls dann zu bejahen, wenn mit dem Beteiligungserwerb eine
Einflussintensität im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 oder 4 GWB verbunden ist.243
Zu prüfen sind gesellschaftsrechtliche Einflussmöglichkeiten und marktbezogene Kriterien. Der Marktbezug ist bei Minderheitsbeteiligungen an Wettbewerbern gegeben.244
a) Ansicht der Beteiligten
149. Nach Ansicht der Beteiligten führt das angemeldete Zusammenschlussvorhaben nicht zu einer wettbewerblichen Einheit, die eine Addition der
Marktanteile der beteiligten Unternehmen auf den betroffenen Märkten
rechtfertigt.245 Insbesondere sei nicht zu erwarten, dass KSK und Haspa in
240
241
242
243
244
245
C. Becker/Knebel in: Münchener Kommentar, Band 2, 2008, § 36 Rn. 37 f.; Ruppelt in: Langen/Bunte,
Deutsches und europäisches Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, Rn. 8.
BGH, WuW/E BGH 2433, 2440 f. – Gruner + Jahr/Zeit; BGH, Beschluss vom 7. November 2006, KVR
39/05 – Radio TON, Tz. 16.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. April 2004, VI-Kart 1/01 (V) – Blitz Tipp, Rn. 29 - 31;
Mestmäcker/Veelken in: Immenga/Mestmäcker, Band 2, 4. Auflage 2007, § 36 Rdnr. 119; Ruppelt in
Langen/Bunte, Deutsches und europäisches Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 36 Rn. 8; C.
Becker/Knebel in Münchener Kommentar, Band 2, 2008, § 36 Rn. 40.
Mestmäcker/Veelken, in Immenga/Mestmäcker, Band 2, 4. Auflage 2007, § 36 Rn. 115.
Mestmäcker/Veelken, in Immenga/Mestmäcker, Band 2, 4. Auflage 2007. § 36 Rn. 119.
Schriftsatz der Beteiligten vom 31.01.2012 zum Einfluss der Haspa auf die KSK nach dem
Zusammenschluss.
- 86 -
Zukunft wie ein Unternehmen am Markt auftreten würden, also der
Marktgegenseite
weniger
Unternehmen gegenüberstehen als
vor
dem
Zusammenschluss. So sei der Zusammenschluss nicht wettbewerblich
motiviert, denn die Initiative sei von der KSK ausgegangen, die lediglich eine
Eigenkapitalverbesserung und damit eine Aufrechterhaltung ihrer Unabhängigkeit anstrebe. Auch die bisherige Praxis der Beteiligungen der Haspa an weiter
entfernt liegenden Sparkassen zeige, dass die Haspa ihrerseits mit den
kapitalunterlegten
Kooperationen
wettbewerbsneutrale
Motive
verfolge
(Verbesserung der Kapitalausstattung der Beteiligungssparkasse, Hebung von
Ertrags- und Kostensynergien im regionalen horizontalen Verbund). So habe
sich der Wettbewerb mit der Sparkasse Lübeck sogar intensiviert. Zudem
werde sich die Haspa in den Gremien der KSK nicht durchsetzen können. Die
Regelungen des Beteiligungs- und Kooperationsvertrags führten dazu, dass die
Stellung der Haspa der Position eines 25,1%-Aktionärs in einer Aktiengesellschaft angenähert sei; eine Leitungsmacht der Haspa über die KSK sei
damit nicht verbunden. Die der Haspa eingeräumten Rechte dienten
ausschließlich der Wahrung ihres finanziellen Interesses und verliehen ihr
gegenüber
dem
Kreis
Herzogtum
Lauenburg
als
kontrollierendem
Mehrheitsgesellschafter nur eine schwache Position.
150. Eine gegenseitige Rücksichtnahme auf die wettbewerblichen Interessen von
Haspa und KSK in den betroffenen Privat- und Gewerbekunden sei gerade
nicht zu erwarten, zumal sich die KSK während der Verhandlung über die
Fusion mehrfach öffentlich zur Fortsetzung des Wettbewerbs zwischen den
Instituten geäußert habe.246 Für die Haspa gebe es keinen Anreiz, auf
Kreditgeschäft im Kreis Lauenburg zu verzichten, da eine 25%-Beteiligung an
unsicheren Erträgen keine Alternative zu 100%-Erträgen aus eigenem Geschäft
darstelle. Schließlich seien die Vertriebsmitarbeiter der Haspa aufgrund ihrer
Zielvereinbarungen persönlich daran interessiert, jedes mögliche Geschäft zu
akquirieren; eine Differenzierung nach Kundenherkunft gebe es nicht. Letztlich
führe das Zusammenschlussvorhaben damit lediglich zu einem Ressourcenzuwachs beim Eigenkapital der KSK. Soweit einige Formulierungen im
246
Anlagen WE1 und WE2 zum Schriftsatz der Beteiligten vom 31.01.2012 zum Einfluss der Haspa auf die
KSK nach dem Zusammenschluss.
- 87 -
beabsichtigten
Kooperationsvertrag
den
Eindruck
einer
weitergehenden
Zusammenarbeit erweckt haben könnten, seien diese Formulierungen nunmehr
angepasst worden.247
151. Eine wettbewerbliche Einheit zwischen Haspa und der Sparkasse zu Lübeck
bestreiten die Beteiligten ebenfalls. Der fortbestehende Wettbewerb – soweit
die Haspa überhaupt in dem entfernt liegenden Kerngeschäftsgebiet der
Sparkasse zu Lübeck tätig sei – zeige sich bereits daran, dass die Haspa ihre
Geschäftstätigkeit
dort habe ausbauen können. Sie spricht von einem
gestiegenen Anteil des Durchschnittsvolumens im aktiven Neugeschäft, ohne
dies näher zu erläutern.
b)
Vertragliche Regelungen
(1)
Beteiligungsvertrag
152. Die Haspa beabsichtigt, durch eine Einlage auf unbestimmte Zeit 25,1% der
Anteile am Stammkapital der KSK zu erwerben. Die Beteiligten machen dabei
von der Novellierung des Sparkassengesetzes für das Land Schleswig-Holstein
Gebrauch, die den öffentlich-rechtlichen Sparkassen im Land die Bildung von
Stammkapital ermöglicht (§ 4 Abs. 4 SparkG-SH) und die Beteiligung eines
sogenannten ‚vergleichbaren Trägers‘ (§ 4 Abs. 5 SparkG-SH) in Höhe von
maximal 25,1% zulässt. Für den Beteiligungserwerb haben die Zusammenschlussbeteiligten den Entwurf eines Beteiligungsvertrages (Stand 29. Juli
2011) vorgelegt, aus dem der Anteilserwerb (Nr. 1.1 des Beteiligungsvertrages),
der Kaufpreis (Nr. 2.2 des Beteiligungsvertrages) sowie das Recht der Haspa
auf die Entsendung von zwei Vertretern in den Verwaltungsrat der KSK (Nr. 4
des Beteiligungsvertrages) hervorgeht. Dabei soll die Zahl der Mitglieder des
Verwaltungsrates von 12 auf 15 Mitglieder erhöht werden. Weitere Vertreter im
Verwaltungsrat der KSK sind der Landrat oder die Landrätin als Vorsitzende(r),
5 Mitarbeitervertreter sowie 7 sachkundige Vertreter, die gemäß § 9 Abs. 1 S. 1
SparkG-SH aus dem Kreis der sachkundigen Einwohnerinnen und Einwohner
des Trägers bestimmt werden.
247
Anlage Z1 zum Schriftsatz der Beteiligten vom 10. Februar 2012; die letzte Fassung wurde mit Schreiben
vom 24. Februar 2012 vorgelegt.
- 88 -
(2) Kooperationsvertrag248
153. Die Beteiligten und der Kreis Herzogtum Lauenburg beabsichtigen, ergänzend
zum Beteiligungsvertrag einen Kooperationsvertrag als weiteren Teil zur
Begründung der kapitalunterlegten Kooperation zu schließen. In dem
Kooperationsvertrag legen die Zusammenschlussbeteiligten und der Kreis
Herzogtum Lauenburg die Rahmenbedingungen ihrer künftigen Kooperation
fest. Die nähere Ausgestaltung der Kooperation der KSK, insbesondere mit der
Hamburger Sparkasse AG, soll zu einem späteren Zeitpunkt in einer
gesonderten Vereinbarung, unter Einbeziehung der Hamburger Sparkasse AG,
geregelt werden. Die Beteiligten haben auf Nachfragen der Beschlussabteilung
mit Schreiben vom 6. September 2011 und vom 3. Februar 2012 erklärt, der
Rahmenvertrag sei noch nicht abgeschlossen, er werde aber den Verträgen
entsprechen,
die
bereits
im
Rahmen
kapitalunterlegter
Kooperationen
geschlossen worden seien. In diesen Rahmenverträgen wird insbesondere
geregelt, dass die Bedingungen des § 25 a Abs. 2 KWG für das Outsourcing
von Leistungen an die Haspa oder an mit ihr verbundene Unternehmen erfüllt
sind.249
154. Ziel der Kooperation ist eine langfristige intensive Zusammenarbeit der KSK
(und ihres Trägers) mit der Haspa und der Haspa-Gruppe. Dementsprechend
hat der Kooperationsvertrag eine feste Laufzeit bis zum [...] – [...] – und
verlängert sich danach automatisch um [...] wenn er nicht mit einer Frist von [...]
vor Ablauf gekündigt wird.
155. Der mit der Anmeldung übermittelte Entwurf sah ein Zusammenwirken bei
Fragen von strategischer Bedeutung für die zukünftige Entwicklung der KSK
vor. Dies galt auch für den regelmäßigen Austausch über die aktuelle
Geschäftsentwicklung der KSK (der sich damit auch auf einen direkten
Informationsfluss von der KSK zu ihrem direkten Wettbewerber, der Hamburger
Sparkasse AG erstreckte). Der Satzteil, dass „insbesondere in allen
anstehenden
248
249
Fragen
von
strategischer
Bedeutung
für
die
zukünftige
Nachfolgend wird die mit Schriftsatz der Beteiligten vom 10.02.2012 übermittelte und gegenüber der
Anmeldung geänderte Fassung des Entwurfs des Kooperationsvertrages zugrunde gelegt.
Vgl. z.B. die Anlage 3 zum Rahmenvertrag mit der Sparkasse zu Lübeck, Antwort auf Frage 34 des
Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2012.
- 89 -
Entwicklung der Sparkasse [d.h. der KSK]“ die Beteiligten „zusammenwirken“
wollen, wurde gestrichen; der Begriff der „intensiven Zusammenarbeit“ wurde
durch „Kooperation“ ersetzt.
156. Darüber hinaus erhält die KSK (im Rahmen des rechtlich Zulässigen und
Möglichen) Zugang zu allen Kooperationsleistungen, welche die Unternehmen
der Haspa-Gruppe gegenüber anderen Partnersparkassen (Sparkassen, mit
denen bereits eine kapitalunterlegte Kooperation besteht) erbringen.250 Dies
betrifft zunächst sog. exklusive Kooperationsleistungen, welche nur den
Partnersparkassen der Haspa zur Verfügung stehen und auch von allen
bisherigen Partnersparkassen in Anspruch genommen werden.251 [...] Auch von
gemeinsamem Einkauf profitieren die Partnersparkassen, z.B. von Leistungen
des Dienstleisters Affinion International GmbH, der das Mehrwertprogramm für
das Joker Girokonto der Haspa anbietet. [...]
252
Darüber hinaus kann die KSK
auch die sogenannten marktgängigen Leistungen der Hamburger Sparkasse
(Researchleistungen, Standardkonsortialkredite etc.) und Leistungen der NRS
in Anspruch nehmen und tut dies für den Bereich „Marktservice“ (Abwicklung
aller mit Konten verbundenen Vorgänge) bereits.253
157. Der Kooperationsvertrag sieht schließlich vor, dass die Haspa das
Vorschlagsrecht für je einen Vertreter im Prüfungs-, Personal- sowie
Risikoausschuss des Verwaltungsrates der KSK erhält. Der Prüfungsausschuss
hat Überwachungsaufgaben, ebenso wie der Risikoausschuss, der darüber
hinaus seine Zustimmung zu bestimmten Kreditvergaben erteilen muss. Der
Personalausschuss bereitet u.a. die Bestellung von Vorstandsmitgliedern vor.
Desweiteren sollen der Haspa Vetorechte bei bestimmten Struktur- und
Grundlagenentscheidungen hinsichtlich der KSK eingeräumt werden ([...]).254
Schließlich soll die Haspa bei bestimmten abschließend aufgezählten
Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung vorab informiert und konsultiert
werden (u.a. die Bestellung der Mitglieder des Vorstandes, die Feststellung und
250
251
252
253
254
Vgl. Ziffer 1.2 des Kooperationsvertrags.
Vgl. Präsentation zum Strategieworkshop der Haspa Finanzholding vom 29.10.2008, Folie 63 (Anlage zur
Antwort der Haspa auf Fragen vom 04.10.2011). [...]
[...]
Auf der Grundlage von Dienstleistungsverträgen, vgl. die Übersicht in der Antwort der Haspa auf Frage 5
des Auskunftsbeschlusses vom 30. August 2011 (Anlage Präsentation Folie 11).
[...]
- 90 -
Billigung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Jahresüberschusses).255
158. Über
ihre
Vertretung
Risikoausschuss
und
in
den
Gremien
Prüfungsausschuss,
der
wird
KSK,
die
insbesondere
Haspa
nach
im
dem
Zusammenschluss Einfluss auf die Kreditvergabe der KSK nehmen können.
Der Risikoausschuss erörtert die Geschäfts- und Risikostrategie mit dem
Vorstand.256 Sie ist für die Zusammensetzung des Kreditportfolios von
Bedeutung und bestimmt z.B. die Verteilung der Kreditengagements auf
Branchen und auf Kreditgrößenklassen. Darüber hinaus genehmigt der
Risikoausschuss
Großkredite,
die
die
Kreditbewilligungsbefugnis
des
Vorstandes übersteigen. Der Prüfungsausschuss überwacht unter anderem das
Risikomanagement der KSK.257 Neben der Einflussnahme auf strategische
Entscheidungen
kann
die
Haspa
damit
auch
unmittelbar
relevante
Informationen über die Tätigkeit der KSK erhalten und sie ihren Entscheidungen
zu Grunde legen.
c) Strategische Bedeutung der angestrebten kapitalunterlegten
Kooperation - Würdigung
159. Aufgrund der im Kooperationsvertrag festgelegten kapitalunterlegten Kooperation ist zu erwarten, dass trotz der weiterbestehenden rechtlichen und
wirtschaftlichen Eigenständigkeit und der Eigenverantwortlichkeit der KSK die
Haspa weitreichenden Einfluss auf strategische Entscheidungen innerhalb der
KSK erlangen wird. So ist zu erwarten, dass der in dem Kooperationsvertrag
vorgesehene regelmäßige Austausch u.a. über die aktuelle Geschäftsentwicklung der KSK die Haspa in die Lage versetzt, strategische Geschäftsentscheidungen innerhalb der KSK entsprechend ihrer eigenen wettbewerblichen
Interessen und vor allem der der Hamburger Sparkasse AG zu beeinflussen
bzw. ggf. auch die Geschäftsstrategie der Hamburger Sparkasse darauf
anzupassen. Zwar ist die Textpassage – die im Wesentlichen die Erwartungen
und die Motivation der Beteiligten darstellte und keine konkreten Rechte und
255
256
Vgl. Entwurf des Kooperationsvertrages, Nr. 2.4.2.
Vgl. § 1 der Geschäftsanweisung des Risikoausschusses, Anlage zur Antwort auf Frage 3 des Auskunftsschreibens vom 30. August 2011.
- 91 -
Pflichten regelte – zur Absicht der Beteiligten zum Zusammenwirken in
strategischen Fragen nunmehr [...] gestrichen worden. Gleichwohl zeigt die
ursprüngliche Fassung des Vertragsentwurfs das Ziel der Beteiligten in sehr
deutlicher Weise, ihre unternehmerischen Strategien aufeinander abzustimmen.
Die verbleibenden Regelungen im Kooperations- und im Beteiligungsvertrag
stehen einer weiteren Verfolgung dieser Absicht nicht entgegen. Die weiteren
von den Beteiligten am Kooperationsvertrag vorgenommenen Änderungen
ändern nichts am ursprünglichen Regelungsinhalt in Bezug auf Laufzeit, den
Zugang
der
KSK
zu
Kooperationsleistungen
der
Haspa
und
die
Vorschlagsrechte der Haspa für eigene Vertreter in Gremien der KSK. Die
Aufnahme einer Formulierung in die Präambel, wonach die Aufrechterhaltung
des Wettbewerbs als Ziel der kapitalunterlegten Kooperation genannt wird, hat
deklaratorischen Charakter.
160. Es ist davon auszugehen, dass die Haspa ihren Einfluss im Rahmen ihrer
Gesamtstrategie im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit der Hamburger
Sparkasse sowie der anderen Partnersparkassen der Haspa und ihrer weiteren
Beteiligungen einsetzen wird. Soweit die Beteiligten vortragen, sie könnten sich
in den Gremien der KSK nicht gegen den Mehrheitseigner, den Kreis
Herzogtum Lauenburg, durchsetzen, berücksichtigen sie dabei nicht die
potentiellen gemeinsamen Interessen der beiden Anteilseigner an einer
Dämpfung des bestehenden Wettbewerbs zwischen Haspa und KSK. Hinzu
kommt, dass mit den Vertretern der Haspa kreditwirtschaftliche Experten in den
Gremien vertreten sein werden, was seitens des Kreises (Landrat, sachkundige
Bürger) nicht der Fall sein wird. Schließlich wird mit der Haspa ein
Unternehmen in den Gremien der KSK vertreten sein, das in erheblich anderem
Maße als der Kreis in der Lage sein dürfte, weitere finanzielle Mittel zur
Verfügung zu stellen, wenn dies etwa bei einer Verschlechterung der
Eigenkapitalbasis erforderlich werden sollte.
161. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass das Verhältnis von Haspa und KSK nach
dem Zusammenschluss von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt sein wird.
Im
257
Entwurf
des
Kooperationsvertrages
war
dies
angedeutet mit
Vgl. Ziff. 3 der Geschäftsanweisung des Prüfungsausschusses, Anlage zur Antwort auf Frage 3 des
Auskunftsschreibens vom 30. August 2011.
der
- 92 -
Formulierung, dass die „Partner“ (das sind die KSK, ihr Träger und die Haspa)
insbesondere in allen anstehenden Fragen von strategischer Bedeutung für die
zukünftige Entwicklung der KSK vertrauensvoll zusammenwirken wollen.258
Zwar ist diese Passage nunmehr gestrichen worden. Wie bei anderen
Formulierungsänderungen des Vertrages bleibt jedoch auch hier festzuhalten,
dass die Ursprungsfassung die Absicht zu erkennen gibt und der neue
Vertragsentwurf einer vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht entgegensteht.
162. Es ist zu erwarten, dass sich die Minderheitsbeteiligung der Haspa an der
KSK in der Art auf das Wettbewerbsverhältnis zwischen den Beteiligten
auswirken wird, dass Haspa und KSK jedenfalls keinen Anreiz mehr haben
werden, wie bislang beim Wettbewerb um neue Kunden gegeneinander zu
bieten. Darüber hinaus ist es naheliegend, dass die Haspa ihre bisherige
Tätigkeit auf den sachlichen und räumlichen Märkten im Kreis Herzogtum
Lauenburg jedenfalls nicht weiter ausdehnen, wenn nicht einschränken wird.
[...] 259 Diese Einschätzung der Haspa passt zu der derzeitigen Wahrnehmung
der im Unland von Hamburg tätigen Sparkassen, die die Haspa als aggressiven
Wettbewerber bezeichnen.260 Für sie wäre eine Verminderung des von der
Haspa derzeit ausgehenden Wettbewerbsdrucks von Vorteil. Dies dürfte
letztlich auch im Interesse der Haspa liegen, da es im Sinne des Erhalts der
Werthaltigkeit
der
Beteiligung
an
der
KSK
(oder
einer
anderen
Partnersparkasse) kontraproduktiv wäre, diese in ihrem Geschäftsgebiet dem
Wettbewerbsdruck der Haspa auszusetzen.
163. [...] 261 [...]
258
259
260
261
Vgl. Ziffer 1.1 des Kooperationsvertrags in den Fassungen vom 29. 07 2011 und vom 10.02.2012.
[...]
Antwort der Sparkasse Lüneburg auf Frage 23 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
[...]
- 93 -
[...]
[...]
164. [...] 262 [...].
165. Der Kooperationsvertrag formuliert als Ziel der kapitalunterlegten Kooperation
die
Sicherung
und
den
Ausbau
der
Stellung
der
KSK
in
ihrem
Geschäftsgebiet.263 Auch dies spricht dafür, dass die Wettbewerbsintensität
zwischen Haspa und KSK infolge des Zusammenschlusses abnehmen und
möglicherweise ganz entfallen wird. Die Erläuterung der Beteiligten264, dass
eine Abgrenzung der Geschäftstätigkeit der Haspa und der Sparkassen in
Schleswig-Holstein (also auch der KSK) in sachlicher und in räumlicher Hinsicht
nicht Gegenstand der Strategie der kapitalunterlegten Kooperation sei, sondern
sich höchstens aus den tatsächlichen Gegebenheiten in räumlicher Hinsicht
(Einschränkung der Geschäftstätigkeit der Sparkassen in Schleswig-Holstein
aufgrund des Regionalprinzips und durch § 40 KWG) ergebe, sowie dass
entsprechende Forderungen zurückgewiesen worden seien, überzeugt nicht.
So befinden sich zwar die aktuellen Partnersparkassen der Haspa (noch)
außerhalb des satzungsmäßigen Geschäftsgebiet265, so dass dort eine
Geschäftstätigkeit der Hamburger Sparkasse AG tatsächlich eher potenziell und
ggf. in begrenztem Umfang möglich erscheint. Für die KSK gilt dies allerdings
nicht, da deren Geschäftsgebiet sich schon heute im direkten Umland von
Hamburg befindet und mit dem Geschäftsgebiet der Haspa überschneidet.
166. Soweit die Beteiligten einwenden, für die KSK und Haspa stehen aus Gründen
der jeweils eigenen wirtschaftlichen Interessen die derzeit bestehenden
Kundenbeziehungen im Kerngebiet des zukünftigen Kooperationspartners nicht
262
263
264
265
[...]
Vgl. Präambel des Kooperationsvertrags.
Antwort der Haspa auf Fragen vom 04.10.2011.
In ihrer Satzung bezeichnet die Haspa die Metropolregion Hamburg als ihr Geschäftsgebiet; dieses Gebiet
ist nach ihrem Verständnis aber enger als die Metropolregion auf Grund des Verwaltungsabkommens
zwischen Gebietskörperschaften in Schleswig-Holstein und Hamburg.
- 94 zur Disposition266, steht dies einer gegenseitigen Rücksichtnahme nicht
entgegen.
So
bestehen
für
Kreditinstitute
grundsätzlich
verschiedene
Möglichkeiten zur gemeinsamen Optimierung der Betreuung bestehender und
neuer Kunden. Auch eine Beibehaltung der aktuellen Kundenbeziehungen auf
den Kreditmärkten steht einer Vermeidung von Wettbewerb um neue Kunden in
der Zukunft nicht entgegen. Zudem besteht die Möglichkeit, bei neuem
Kreditbedarf bestehender und neuer Kunden im Wege der konsortialen
Kreditvergabe zu kooperieren. Es liegt nahe, dass dieses bei einzelnen
größervolumigen Darlehen in der Kreditwirtschaft ohnehin übliche Vorgehen,
das auch einer besseren Risikostreuung dient, im Zuge der Kooperation von
Haspa und KSK zu einer systematischen Strategie entwickelt wird. [...]
267
Wesentlich ist hier, dass durch die Beteiligung der Haspa an der KSK jedenfalls
der Anreiz entsteht, sich nicht gegenseitig zu unter- oder überbieten, um einen
Kunden zu halten oder zu akquirieren. Dieser geänderte Anreizmechanismus
wird durch den beabsichtigten Zusammenschluss ausgelöst und wird im
Ergebnis für die Marktgegenseite zum Wegfall eines derzeit bestehenden
unabhängigen Wettbewerbers führen.
167. [...]
268
[...] Durch die Zentralisierung bestimmter Leistungen wird eine
Verbesserung der Ertrags-, Kosten- und Risikosituation der Verbundpartner
angestrebt.269 Letztlich ermöglicht
die strategische Partnerschaft270 mit
Sparkassen in Schleswig-Holstein der Hamburger Sparkasse eine Ausdehnung
ihres Vertriebsgebietes ohne eigene Filialen eröffnen zu müssen. Den
Partnersparkassen kommt dabei z.T. auch die Rolle einer Vertriebssparkasse
für Haspa-Produkte zu.271 Die Beteiligten wenden hiergegen ein, die Leistungen
der NRS würden den Beteiligungssparkassen angeboten, es bleibe aber ihre
Entscheidung, ob sie diese auch in Anspruch nehmen, und tatsächlich sei die
266
267
268
269
270
271
Schriftsatz der Beteiligten vom 31.01.2012.
[...]
[...]
Vgl. Ziffer 1.2 des Kooperationsvertrags.
Vgl. Präambel des Beteiligungsvertrags mit der KSK (Entwurf – Stand: 29. Juli 2011).
Beteiligungsstrategie und Analyse des Beteiligungsportfolios, Vorstandsbesprechung der Haspa am 26.
April 2011, TOP 1 (Anlage zur Antwort der Haspa auf Frage 1c vom 30.06.2011). Die Beteiligten haben in
ihrer Stellungnahem vom 18. Januar 2012 darauf hingewiesen, dass dieser Begriff allgemein verwendet
wird. Dies ändert nichts daran, dass die Beteiligungssparkassen genutzt werden zum Vertrieb von HaspaProdukten, z.B. im Bereich der Investmentfonds für vermögende Kunden.
- 95 -
Inanspruchnahme der NRS-Leistungen durch die Beteiligungssparkassen
verschieden. [...]..272 .273 274 275
168. [...] Die Haspa-Gruppe verfügt über eine eigene Einheit „Leistungsmanagement Partnersparkassen“ (LMP), die im Jahr 2005 gegründet wurde und deren
Aufgabe die Koordinierung und Entwicklung der Leistungsbeziehungen
zwischen Sparkassen und der Hamburger Sparkasse AG ist.276 [...] 277 [...].278 Es
ist daher zu erwarten, dass die Haspa nach dem Zusammenschluss die auf
ihrer finanziellen Beteiligung beruhenden Einflussmöglichkeiten und die ihr im
Rahmen
des
Kooperationsvertrages
zugebilligten
Zustimmungs-
und
Konsultationsrechte dazu nutzen wird, auf die geschäftspolitischen Entscheidungen der KSK im Sinne der Gesamtstrategie [...] Einfluss zu nehmen. Ziel ist
eine Bündelung und ein übergreifender Aufbau von Expertise, um eine
Verbesserung von Qualität, Vertriebskraft und Kostenstrukturen im Verbund der
Haspa und ihrer Partnersparkassen zu erreichen.
169. Soweit die Beteiligten – entgegen ihrer ursprünglichen Darstellung – auf die
wesentlichen Unterschiede zwischen der Schutzposition eines Minderheitsaktionärs und der angestrebten Position der Haspa, aufgrund der Regelungen
des Kooperationsvertrages hinweisen, überzeugt die Darstellung nicht.279 So
steht einem Minderheitsaktionär aus dem AktG heraus kein Recht auf einen
oder (wie hier sogar) mehrere Sitze in entscheidenden Gremien des
Zielunternehmens zu. Durch die Befugnis der Haspa, zwei Vertreter in den
Verwaltungsrat und jeweils einen Vertreter im Prüfungs-, Risiko- und
Personalausschuss zu entsenden, wird die Haspa vielmehr eine erheblich
stärkere Position einnehmen als ein normaler Minderheitsaktionär mit einem
25%-Anteil. Die Haspa wird dadurch zudem detaillierte Einblicke in das
operative Geschäft der KSK erhalten und an den KSK-internen Diskussionen
über die zukünftige Geschäftspolitik aktiv beteiligt sein. Diese Vertretungs-
272
273
274
275
276
277
278
279
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
Übersicht vom 17. Februar 2012, Bl. 5094 d.A.
- 96 -
befugnisse, die die übermittelte Unterlage nur in Teilen benennt, gehen weit
über die aufgezeigten Möglichkeiten eines Minderheitsaktionärs im Rahmen
einer Hauptversammlung hinaus, die der Haspa nicht zur Verfügung stehen,
weil es bei der öffentlich-rechtlichen KSK keine Hauptversammlung gibt. Auch
die Vetorechte der Haspa hinsichtlich grundlegender Entscheidungen [...] gehen
deutlich über die gesetzliche Schutzposition des Minderheitsaktionärs hinaus
und verschaffen der Haspa erhebliche Einflussmöglichkeiten.
170. Neben den Formulierungsänderungen am Kooperationsvertrag haben die
Beteiligten
weitere
Vorschläge
unterbreitet,
die
den
Fortbestand
von
Wettbewerb zwischen Haspa und KSK nach dem Zusammenschluss unterstreichen sollen.280 Hierzu gehören zum einen deklaratorische Vorstandsbeschlüsse von Haspa Finanzholding, Hamburger Sparkasse und KSK zum
Fortbestand des Wettbewerbs zwischen Haspa und KSK sowie eine schriftliche
Information an die Mitarbeiter mit diesem Inhalt und mit dem Hinweis auf den
Fortbestand der bestehenden Zielvereinbarungen der Vertriebsmitarbeiter, zum
anderen die Zusage, die Haspa werde bei der Hamburger Sparkasse dafür
einstehen, dass die bestehenden Filialen im Kreis Herzogtum Lauenburg sowie
das Firmenkundencenter Ost für 5 Jahre in einem im Wesentlichen gleichen
Umfang aufrechterhalten werden. Die KSK unterbreitet eine vergleichbare
Zusage für ihr Firmenkundencenter in Geestacht. Da keiner dieser Vorschläge
sich überhaupt auf diejenigen Aspekte bezieht, die die wettbewerbliche Einheit
begründen und zu veränderten wirtschaftlichen Anreizen für den Wettbewerb
zwischen den Beteiligten führen, sind sie nicht geeignet, bei der Beurteilung der
Entstehung einer wettbewerblichen Einheit zu einem anderen Ergebnis zu
kommen. Auch die weitere unterbreitete Änderung des Kooperationsvertrages281 – im Wesentlichen eine Verschwiegenheitspflicht der Vertreter der
Haspa in den Gremien der KSK gegenüber der Hamburger Sparkasse – ist
nicht geeignet, die der Annahme einer wettbewerblichen Einheit zu Grunde
liegenden Elemente in Frage zu stellen. Schon allein im Hinblick auf den
Zugang der Haspa zu Informationen über die KSK kann eine solche
Bestimmung nicht relevant sein; denn die Vertreter der Haspa in den Gremien
280
281
Schreiben vom 10. Februar 2012.
Schreiben vom 24. Februar 2012.
- 97 -
sind gegenüber den Organen der Haspa und insbesondere dessen Vorstand
berichtspflichtig; die Leitungsorgane der Haspa werden das Wissen über die
KSK zur Steuerung der zur Haspa-Gruppe gehörenden Unternehmen und
insbesondere auch der Hamburger Sparkasse nutzen wie sie umgekehrt auch
über die Vertreter der Haspa in den Gremien der KSK die Interessen der Haspa
gegenüber der KSK wahren werden.
171. [...].282 [...] 283
172. Insgesamt gehen die Einflussmöglichkeiten sowohl aufgrund der vertraglichen
Regelungen als auch unter Berücksichtigung der strategischen Zielsetzungen
beider
Sparkassenunternehmen
Kapitalbeteiligung
in
Höhe
von
weit
25,1%
über
die
hinaus.
durch
Hierbei
eine
ist
reine
auch
zu
berücksichtigen, dass das Sparkassengesetz Schleswig-Holsteins eine höhere
Beteiligung eines Anteilseigners neben dem Träger der öffentlich-rechtlichen
Sparkasse nicht zulässt.
d) Bestehende kapitalunterlegte Kooperation mit der Sparkasse zu
Lübeck AG
172a. Entgegen der Auffassung der Beteiligten ist aufgrund der bestehenden
kapitalunterlegten Kooperation von Haspa und Sparkasse zu Lübeck AG
ebenfalls von einer wettbewerblichen Einheit auszugehen. Durch die in 2004
getroffene vertragliche Regelung hält die Haspa 25% der Anteile an der
Sparkasse zu Lübeck AG; die übrigen Anteile werden von der Gemeinnützige
Stiftung der Sparkasse zu Lübeck gehalten. Die Haspa hat auch hier Rechte
auf Vertreter in den Gremien der Sparkasse zu Lübeck [...]
284
Aus den der
Beschlussabteilung vorliegenden vertraglichen Unterlagen gehen keine
bevorzugten Zugangsrechte der Sparkasse zu Lübeck AG zu den Leistungen
der NRS hervor. [...] 285
173. Zwar sind die wettbewerblichen Berührungspunkte zwischen Haspa und
Sparkasse zu Lübeck erheblich geringer als zwischen Haspa und KSK;
282
283
284
[...]
[...]
[...]
- 98 -
dennoch ist in Anbetracht der bestehenden Kooperation nicht davon
auszugehen,
dass
wesentlicher
Wettbewerb
zwischen
den
Kooperationspartnern besteht. Soweit die Haspa auf den Ausbau ihrer
Geschäftstätigkeit im Raum Lübeck verweist, sind diese Zahlen für sich
genommen nicht aussagekräftig, denn sie lassen nicht erkennen unter welchen
Umständen es zu diesen Geschäftsausdehnungen gekommen ist. Insgesamt ist
davon auszugehen, dass – soweit die Sparkasse Lübeck auf den hier
betroffenen Märkten in Lauenburg gewisse, wenn auch geringe, Aktivitäten
aufweist - dieses nach dem Zusammenschluss nicht mehr als Wettbewerb zu
der Kombination Haspa/KSK zu werten ist.
e) Fazit
174. Im Ergebnis erhält die Haspa einen Einfluss auf die KSK, der erwarten lässt,
dass der bestehende Wettbewerb zwischen den beiden Kreditinstituten entfällt,
mindestens aber erheblich reduziert wird.
2. Girokonten für Privatkunden im Markt Lauenburg
175. Der Zusammenschluss lässt die Verstärkung oder jedenfalls die Entstehung
einer marktbeherrschenden Stellung der Beteiligten auf dem Markt Lauenburg
für Privatgirokonten erwarten. Die KSK ist bereits bislang nach ihrem
Marktanteil die führende Anbieterin für Privatgirokonten und sie verfügt mit
Abstand über das dichteste Filial- und Geldautomatennetz im Gebiet. Auch die
in 2007 [...] beschlossenen Gebührenerhöhungen für Girokonten [...] sprechen
für eine starke Stellung der KSK. Die Haspa, mit der sie bislang insbesondere
im südlichen Teil ihres Geschäftsgebiets im Wettbewerb steht, hat mit dem
HaspaJoker-Konto ein Gebühren- und Produktmodell entwickelt, das dauerhaft
die Erzielung hoher Provisionserträge aus dem Girokonto sicherstellt und das
erfolgreich gegen die Anbieter gebührenfreier Konten positioniert wurde. Durch
den Zusammenschluss erhält die KSK Zugang zu Produkten, mit denen sie
Kunden mit höherem Einkommen und entsprechend höheren Ertragspotenzial
an sich binden kann; darüber hinaus kann sie auf das von der Haspa
285
[...]
- 99 -
entwickelte Mehrwertkontomodell „Joker“ zur Kundenbindung zurückgreifen.
Zudem fällt der Wettbewerb durch die Haspa – mit einem gegenüber anderen
Anbietern hohen – Marktanteil auf dem Lauenburger Girokontomarkt fort. Der
Wettbewerbsdruck
der
von
Volks-
und Raiffeisenbanken
ausgeht,
ist
vergleichsweise gering. Diese Institute haben in der Regel vergleichbare
Gebührenmodelle
wie
die
Sparkasse
und
versuchen
nicht
über
die
Preisgestaltung Kunden zu gewinnen. Stärker um preisorientierte Kunden
werben die Postbank – allerdings baut sie ihre Position in dem betrachteten
Gebiet gemessen an der Zahl der Konten nicht weiter aus286 – und
insbesondere Direktbanken mit einem nach wie vor aber kleinen Marktanteil.
a) Kein Bagatellmarkt
176. Die Ermittlungen haben mit hinreichender Sicherheit ergeben, dass der
Girokontomarkt für Privatkunden in Lauenburg die Voraussetzungen des § 35
Abs. 2 Nr. 2 GWB nicht erfüllt. Die Beschlussabteilung legt insofern
entsprechend § 38 Abs. 4 GWB i.V. m. § 34 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 Buchst. a-e
RechKredV die Provisions- und Zinserträge aus der Girokontoverbindung zu
Grunde. Die Haspa hat in 2010 Zinserträge von [...] EUR und Provisionserträge
von [...] EUR aus der Girokontoverbindung mit Privatkunden erzielt287, hiervon
entfielen insgesamt etwa [...] EUR auf den Kreis Herzogtum Lauenburg. Die
KSK hat in 2010 Provisionserträge von [...] EUR und Zinserträge von [...] EUR
erzielt288, hiervon entfielen insgesamt etwa [...] EUR auf den Kreis Herzogtum
Lauenburg, gemeinsam kommen die Beteiligten auf ca. [...] EUR. Die von der
Beschlussabteilung für ca. 90% des Marktes (gemessen an der Zahl der
Konten) ermittelten Erträge liegen bei [...] EUR, hierin sind noch nicht
Kreditkartengebühren der KSK in Höhe von [...] EUR289 berücksichtigt. Es kann
vor diesem Hintergrund offen bleiben, inwieweit weitere aus der Kartennutzung
sich ergebende Erträge wie die Händlergebühren bei der Nutzung der girocard
oder die Interchange-Gebühren bei der Nutzung von Kreditkarten dem
Girokontomarkt zuzurechnen sind.
286
287
288
289
Vgl. Tabelle 10.
[...]
[...]
[...]
- 100 -
b) Zusammenschlussfolgen nach Ansicht der Beteiligten
177. Die Beteiligten bezweifeln zunächst die Aussagekraft der von der Beschlussabteilung ermittelten Marktanteile. Sie sind der Auffassung, eine Darstellung der
Marktanteile nach Stückzahlen sei ungenau und es sei auf Umsatzerlöse bzw.
in diesem Fall auf Erträge abzustellen. 290 Sie verweisen auf den [...] Ertrag der
KSK pro Konto und gehen davon aus, ein auf Erträgen beruhender Marktanteil
der KSK liege deutlich unter ihrem Anteil nach Kontenzahlen. Dem Hausbankanteil messen sie geringe Bedeutung zu, insbesondere weil auf keinem der
übrigen
Privatkundenmärkte
(Einlagen,
Kredite)
Sparkassen
marktbe-
herrschend seien. Sie behaupten, dass Sparkassen kontinuierlich Marktanteile
verlieren, weil sie als Anbieter mit höherem Leistungsniveau ein kostspieliges
und dichtes Filialnetz unterhalten müssten, und damit gegenüber Preisführern
wie Direktbanken und Nischenanbieter im Nachteil seien. Großbanken seien
durch Konzentration auf attraktive Kundengruppen und prosperierende
Ballungszentren im Cross-Selling erfolgreicher als Sparkassen, die auch im
ländlichen
Bereich
mit
einem
flächendeckenden
Filialnetz
für
alle
Bevölkerungsschichten vertreten sein müssten. Es lasse sich auch beobachten,
dass Marktanteile der Sparkassen bei jungen Kunden ohne Erwerbseinkommen
hoch seien, sich aber viele Kunden mit dem Eintritt ins Erwerbsleben
Wettbewerbern zuwendeten. Erst bei älteren Kunden erreichten die Sparkassen
derzeit noch höhere Marktanteile, auch hier seien aber Marktanteilsverringerungen in dem Maße zu erwarten, wie die zu Wettbewerbern gewechselten
Kunden dieser Gruppe älterer Kunden zuzurechnen seien. Hindernisse für
einen Wechsel des Girokontoanbieters bestünden praktisch nicht, insbesondere
auf Grund von Selbstverpflichtungen der Anbieter zur Erleichterung des
Kontowechsels auf europäischer und auf nationaler Ebene.
178. Die Beteiligten messen dem Internet eine erhebliche Bedeutung für das
Privatkundengeschäft zu.291 Die Filialbindung der Kunden habe sich verringert,
insbesondere jüngere und einkommensstärkere Kunden neigten zum Anbieterwechsel.
290
291
Stellungnahme vom 31. Januar 2012.
Stellungnahme vom 31. Januar 2012.
- 101 -
179. Die Beteiligten sind auch der Ansicht, auf Grund ihres Versorgungsauftrages
sei der Anteil einkommensschwacher Kunden überproportional. Auf Grund ihres
Versorgungsauftrages müssten sie Konten für alle Bevölkerungsschichten
anbieten („Jedermann-Konto“). Eine genaue Bestimmung des Anteils dieser
Konten sei nicht möglich, insbesondere seien gebührenfreie Konten nicht mit
Jedermann-Konten gleichzusetzen. Es gebe aber Indikatoren wie [...], die
allgemeine öffentliche Wahrnehmung der Sparkassen als Bank für Jedermann
und einer sich aus ihrem öffentlichen Auftrag ergebenden stärkeren
Verpflichtung der Sparkassen im Vergleich zu Groß- und Privatbanken, die trotz
der Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft zur Führung von Konten für
Jedermann im Einzelfall die Kontoeröffnung auch ablehnen könnten.
c) Marktanteile und Konzentration
(1) Ermittlung und Berechnung der Marktanteile
180. Marktanteile auf Girokontomärkten können an Hand der auf die jeweiligen
Anbieter entfallenden Kontenzahl dargestellt werden. Dies dient als Ausgangspunkt für die Ermittlung der Marktstellung der Anbieter und hat den Vorteil,
relativ vollständig für den räumlich relevanten Markt erhoben werden zu
können. Von Nachteil ist aber, dass unterschiedslos alle dem Zahlungsverkehr
dienenden Konten gleich gewichtet werden, ohne die aus Sicht der Anbieter
relevanten Unterschiede zu berücksichtigen.
181. Die Beschlussabteilung hat die Anzahl der im Markt Lauenburg zum
Jahresende 2010 bestehenden und die in 2010 neu eröffneten Girokonten
ermittelt.292 Zur Entwicklung der Marktanteile hat die Beschlussabteilung sowohl
die Anteile an den Kontoneueröffnungen als auch die Entwicklung der
jeweiligen Bestände über drei Jahre hinweg ermittelt.
292
Eine Unterscheidung zwischen durchschnittlichen Privatkunden und vermögenden Privatkunden ist nicht
erforderlich. Denn auch vermögende Privatkunden nehmen im Girokontobereich Standardprodukte in
Anspruch. Die Annahme eines eigenen Marktes für vermögende Privatkunden ist möglicherweise bei
Anlagenprodukten und Anlageberatung geboten, nicht bei Girokonten, weil dort die Produkte nicht nach
Kundengruppen differenziert sind.
- 102 -
Tabelle 8
Kreis Herzogtum Lauenburg
Marktvolumen (Anzahl Konten)
Kreditinstitut
[150.000-250.000]
Marktanteil Girokonten (Bestand)
KSK Herzogtum Lauenburg
[30-40%]
Haspa
[5-10%]
Sparkasse zu Lübeck AG
1-5%
Deutsche Bank/Postbank
10-20%
Commerzbank/comdirect
5-10%
Raiffeisenbank Südstormarn Mölln eG
1-5%
Raiffeisenbank eG, Lauenburg/Elbe
1-5%
Sparda-Bank Hamburg eG
1-5%
UniCredit
1-5%
Raiffeisenbank eG, Ratzeburg
1-5%
Volksbank Stormarn eG
1-5%
Sparkasse Holstein
1-5%
Hamburger Volksbank
1-5%
Raiffeisenbank Hagenow
1-5%
Deutsche Kreditbank AG
1-5%
ING-DIBA
1-5%
Volksbank Wulfsen eG
1-5%
Vierländer Volksbank eG
1-5%
Rest (unter 1% Marktanteil)
1-5%
- 103 -
Tabelle 9
Kreis Herzogtum Lauenburg
Marktvolumen (Anzahl Konten)
[10.000-15.000]
Marktanteil Girokonten
Kreditinstitut
(Neueröffnungen)
KSK Herzogtum Lauenburg
[20-30%]
Haspa
[5-10%]
Sparkasse zu Lübeck AG
1-5%
Deutsche Bank/Postbank
20-30%
Commerzbank / comdirect
5-10%
Raiffeisenbank Südstormarn Mölln eG
1-5%
Sparda-Bank Hamburg eG
1-5%
Deutsche Kreditbank AG
1-5%
ING-DIBA
1-5%
UniCredit
1-5%
Volksbank Stormarn eG
1-5%
Raiffeisenbank eG, Lauenburg/Elbe
1-5%
Hamburger Volksbank
1-5%
Sparkasse Holstein
1-5%
Raiffeisenbank Hagenow
1-5%
Rest (unter 1% Marktanteil)
1-5%
Tabelle 10
Veränderungen bezogen auf den jeweiligen Gesamtbestand293
293
294
295
Institut / Institutsgruppe
Veränderung 2008/2009
Veränderung 2009/2010
Großbanken294
+4%
-4%
Direktbanken295
+21%
+21%
Haspa
[kleiner 1%]
[+1-5%]
KSK
[kleiner 1%]
[+kleiner1%]
Für Großbanken und Direktbanken: Postleitzahlenbereiche 19-25. Für Beteiligte: Gesamtzahl.
Deutsche Bank mit Postbank, UniCredit. Für die Commerzbank liegen wegen der Übernahme der
Dresdner Bank im Zeitraum keine geeigneten Vergleichszahlen vor.
ING Diba, DKB, comdirect.
- 104 -
182. Zur Bestimmung der Marktanteile ungeeignet ist die Ermittlung von Erträgen.
Insoweit haben die Ermittlungen ergeben, dass die Zuweisung von Erträgen
zum Girokontoprodukt zu uneinheitlich ist, um hieraus Schlüsse für die Stellung
der Beteiligten und ihrer Wettbewerber auf dem Girokontomarkt ziehen zu
können. So weist z.B. die KSK den Ertrag aus der Jahresgebühr für die
Kreditkarte nicht dem Girokonto zu, obwohl es sich um eine im Rahmen der
Kontoverbindung erbrachte Dienstleistung handelt.296 Demgegenüber hat die
Haspa erklärt, sie rechne umfassend dem Geschäftsbereich Girokonten die
Provisionserträge der von den Kunden gezahlten Provisionen und Gebühren für
Dienstleistungen im Girobereich gemäß Preisverzeichnis zu und darüber hinaus
Zinskonditionenbeiträge.297 Die Beschlussabteilung hat die Zinskonditionenbeiträge und auf die Gliederung der RechKredV gestützt die Provisions- und
Zinserträge der Beteiligten und ihrer Wettbewerber abgefragt.298 Die Ergebnisse
zu den Erträgen nach der RechKredV sind nur eingeschränkt vergleichbar, weil
die Beantwortung eine über die Rechnungslegungsvorschriften hinausgehende
Aufschlüsselung von Einzelpositionen voraussetzt. Die KSK hat insofern darauf
hingewiesen,
dass
insbesondere
eine
Segmentsberichterstattung
nach
Kundengruppen nicht erforderlich sei, und die Zuweisung von Provisions- und
Zinserträgen zu Girokonten für Privatkunden einerseits und Girokonten für
Gewerbekunden andererseits auf Grund eines von ihr gewählten Schlüssels
erfolge.299 Vor diesem Hintergrund zieht die Beschlussabteilung die Angaben
der
Beteiligten
und
ihrer
Wettbewerber
nur
dazu
heran,
um
die
Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 Nr. 2 GWB zu prüfen und um die Ertragskraft
der Konten der KSK und der Haspa im Hinblick auf deren konkrete, zur
Plausibilisierung dieser Betrachtung herangezogenen Gebührenmodelle zu
bewerten, nicht jedoch für eine darüber hinausgehende Darstellung von
Marktanteilen.
183. Insbesondere nicht abgebildet werden bei einer reinen Zählung von Konten
die unterschiedliche Nutzung der Konten und die Bedeutung des Girokontos als
Anknüpfungspunkt für den Verkauf weiterer Produkte. Von besonderer
296
297
298
Vgl. Antwort der KSK auf Frage 10 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Antwort der Haspa auf Frage 12 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Auskunftsersuchen an die Beteiligten vom 24. August 2011 und vom 5. September 2011,
Auskunftsbeschluss (Wettbewerber) vom 5. September 2011.
- 105 -
Bedeutung sind für die Anbieter Kunden, die ausschließlich oder im
Schwerpunkt bei ihnen Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen. Die
Beteiligten lassen deshalb wie im Sparkassenbereich üblich zur Ermittlung ihrer
Marktstellung
regelmäßig
Verbraucherbefragungen
zur
Ermittlung
ihres
jeweiligen Anteils an solchen Kunden durchführen. Zu diesem Zweck wird eine
repräsentative Gruppe von Verbrauchern im Geschäftsgebiet um Auskunft zu
jeweiligen
Bankverbindungen
und
den
in
Anspruch
genommenen
Bankprodukten gebeten. Unter „Reichweiten“ wird hierbei die Darstellung der
auf die jeweiligen Produkte der Anbieter von Leistungen für Privatkunden
entfallenden Anteile verstanden. Da eine nicht unerhebliche Zahl von Kunden
vergleichbare Standardprodukte bei mehreren Anbietern in Anspruch nimmt
(beispielsweise je ein Girokonto bei der regionalen Sparkasse und bei der
Postbank), lässt sich auf diesem Weg nur die relative Stärke der Anbieter im
jeweiligen Produktbereich ermitteln. Ergänzend wird deshalb jedem der
Befragten ein Anbieter als „Hausbank“ zugeordnet, entweder weil er
ausschließlich Produkte dieses Instituts in Anspruch nimmt oder – falls er
Kunde mehrerer Banken ist – auf Grund einer Einschätzung des Befragten zu
seiner Hauptbankverbindung.
184. Die Bestimmung des Hausbankanteils ist für die Anbieter von Bankprodukten
ein wichtiger Indikator. Er bildet ihre Marktstellung über alle Produktgruppen
hinweg ab und trägt dem Umstand Rechnung, dass in ihrem Geschäftsmodell
dem Aufbau und dem Erhalt einer dauerhaften Kundenbeziehung erhebliche
Bedeutung zukommt. Im Laufe der meist langfristigen Kundenbeziehungen300
nimmt der Kunde häufig eine Reihe von Produkten in Anspruch. Kreditinstitute
fördern dies durch gezielte Ansprache ihrer Kunden zum Erwerb weiterer
Produkte („Cross Selling“). Typisch ist z. B. die Darstellung in einer
Marketingstudie der Haspa, die die Positionierung gegenüber den Kunden
beschreibt: „Begleitung durch alle Lebensphasen. Die Haspa geht den Weg,
den der Kunde in seinem Leben geht, mit ihm gemeinsam und unterstützt ihn
unabhängig davon, in welcher Lebensphase er sich befindet. Dem angepasst
hat die Haspa die für die Lebensphase passenden Produkte, zum Beispiel
299
300
Antwort der KSK auf Fragen 2 und 3 des Auskunftsersuchens vom 24. August 2011.
Vgl. die Sektoruntersuchung der Kommission, Interim Report II vom 17. Juli 2006, Current Accounts and
Related Services, S.22 (dort vor allem in Bezug auf Konten), veröffentlicht auf ec.europa.eu.
- 106 -
Rentenversicherungen, Baufinanzierungen und so weiter. Die Haspa ist
insbesondere auch in schwierigen Zeiten, in denen die Begleitung aus der Sicht
der Bank vielleicht „unattraktiver“ ist, da weniger Erlöspotenzial besteht, für den
Kunden da.“301 In einer Präsentation, die die Eckpunkte des neuen
Gebührenmodells der KSK für Girokonten beschreibt, heißt es einleitend: „Das
Girokonto als Dreh- und Angelpunkt der Kundenbeziehung“302 oder in einem
Vorstandsbeschluss
der
KSK
zur
Veränderung
des
Girokonto-
Gebührenmodells: „Das Girokonto im Privatkundenbereich steht im Mittelpunkt
der Geschäftsverbindung. Darauf bauen i.d.R. alle weiteren / künftigen
Geschäftsvorfälle auf [...].“303
185. Der Hausbankanteil eines Anbieters gibt vor diesem Hintergrund Auskunft
über dessen Gesamtstärke im Privatkundengeschäft. Die Europäische
Kommission
zieht
in
ihrer
Fallpraxis
neben
den
produktbezogenen
Marktanteilen die Bestimmung des Hausbankanteils mit zur Ermittlung und
Bewertung der Marktstellung von Finanzdienstleistern im Rahmen der
Zusammenschlusskontrolle heran.304 Er ist insbesondere als ergänzende
Betrachtung jedenfalls insoweit sinnvoll, als ausschließlich stückzahlbasierte
Marktanteile
z.B
bei
Girokonten
alleine
bzw.
eine
Betrachtung
der
durchschnittlichen Ertragskraft der Konten die Stellung der Beteiligten nach
dem Zusammenschluss nicht ausreichend abbildet.
186. Die KSK hat für ihr Geschäftsgebiet den Hausbankanteil für Privatkunden
ermittelt. Hierzu wurden 1.200 repräsentativ ausgewählte Personen zur
Inanspruchnahme von Bankdienstleistungen und insbesondere auch zu ihrer
ausschließlichen oder hauptsächlichen Bankverbindung befragt.
301
302
303
304
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 16, Haspa-KPI-Messung (PK) 2010, Folie 32.
Anlage 04_2 zur Antwort der KSK auf Auskunftsersuchen vom 6. Februar 2012, Studie des
Beratungshauses Nordost vom 28. Februar 2011.
Anlage zur Antwort der KSK auf Frage 8 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011 (Vorstandsbeschluss
Nr. 111/2007).
Vgl. Entscheidung der Europäischen Kommission vom 3. Oktober 2007, COMP/M.4844 - Fortis/ABN Amro
Assets, Rn. 96.
- 107 -
[...]
[...]
(2) Bewertung
187. Bei einer auf Stückzahlen beruhenden Darstellung ist die KSK Marktführerin
im Bestand mit einem Anteil von [30-40%] die Haspa erreicht einen Anteil von
[5-10%] Deutsche Bank / Postbank sind nach der KSK die größten Anbieter von
Girokonten im Markt Lauenburg. Die Marktanteile von Direktbanken wie der
ING Diba, der DKB oder der comdirect liegen im einstelligen Prozentbereich
bzw. darunter; auf diese drei Anbieter entfallen deutlich weniger als 5%. Der
Anteil der KSK an den Neueröffnungen ist insgesamt niedriger als ihr Anteil an
den Beständen. Deutsche Bank / Postbank folgt mit 20-30%; auf die
Direktbanken ING Diba, DKB und comdirect entfallen 11%. Hieraus kann aber
nicht abgeleitet werden, dass die Gesamtmarktentwicklung zu Ungunsten der
Beteiligten verläuft; diese konnten, bezogen auf ihre jeweiligen Bestände, ihren
Gesamtkontenbestand konstant halten oder wie die Haspa in 2010 leicht
erhöhen,
während
Wettbewerber,
insbesondere
Großbanken
Verluste
hinnehmen mussten. Deutliche Zuwächse – ausgehend von ihren sehr kleinen
Marktanteilen – von 21% pro Jahr verzeichneten die Direktbanken.
188. Die KSK hat für ihr Geschäftsgebiet einen Hausbankanteil von [40-50%]
ermittelt. Die Haspa hält einen Marktanteil von [5-10%], nach der Deutschen
Bank / Postbank mit einem gemeinsamen Anteil von [10-20%].
(a) Einkommensstruktur und Altersstruktur der Kunden der Beteiligten
189. Die Beteiligten meinen, bei der Bewertung ihrer Marktstellung sei zu
berücksichtigen, dass im Vergleich zu ihren Wettbewerbern einkommensschwache Kunden überrepräsentiert seien, mit denen über die Führung des
Girokontos hinaus durch den Absatz weiterer Produkte keine Erträge erzielt
werden könnten. Auf Grund des Versorgungsauftrages aus § 2 SpG SH bzw.
der Satzung der Haspa seien sie verpflichtet, grundsätzlich allen in ihrem
- 108 -
Gebiet ansässigen Privatpersonen die Führung von Girokonten anzubieten
(„Jedermann-Konten“).305 Die Beteiligten können keine quantitativen Angaben
zu dem Umfang der auf Grund dieser Verpflichtung bei ihnen geführten Konten
machen, insbesondere nicht durch die Betrachtung gebührenfreier Konten, weil
diese Gebührenmodelle generell bestimmten Kundengruppen wie Schülern und
Studenten oder Personen mit einem Behinderungsgrad von über 50%
eingeräumt werden ohne Berücksichtigung der Einkommenssituation im
Einzelfall. Sie verweisen aber darauf, dass der Anteil der Kunden, die
Leistungen der Bundesagentur für Arbeit beziehen, über dem jeweiligen Anteil
erwerbslos gemeldeter Personen in Hamburg bzw. Schleswig-Holstein liege.
Der Anteil der Kunden der Haspa, die über einen monatlichen Eingang von
unter 930 EUR verfügen – dies entspreche der vom Statistischen Landesamt
Hamburg verwendeten Armutsgrenze – liege bei [40-50%], bei der KSK
verfügten [40-50%] der Kunden über einen monatlichen Eingang von unter
1.000 EUR.
190. Die Beteiligten überschätzen die Bedeutung der aus der Vorschrift von § 2
SpG SH und § 8 der Satzung der KSK306 bzw. der Satzung der Haspa – wobei
insoweit ein ausdrücklicher Bezug auf die Erbringung von Zahlungsverkehrsleistungen fehlt307 – sich ergebenden Pflicht zum Angebot von Girokonten für
Jedermann. Soweit das Gebiet des Trägers der KSK betroffen ist, kann sich die
Haspa von vornherein nur sehr eingeschränkt darauf berufen, sie komme einem
öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag nach, weil für dieses Gebiet das
schleswig-holsteinische
Sparkassengesetz
der
KSK
die
Aufgabe
der
Erbringung von Finanzdienstleistungen zuweist. Darüber hinaus haben sich
auch die Wettbewerber der Beteiligten zur Führung von Girokonten für
305
306
307
Schriftsatz vom 31. Januar 2012.
§ 8 der Satzung: „(1)Die Sparkasse ist verpflichtet, für natürliche Personen aus dem Geschäftsgebiet auf
Antrag Girokonten für die Entgegennahme von Einlagen in Euro zu führen. (2) Eine Verpflichtung zur
Führung eines Girokontos besteht nicht, wenn 1. die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber
Dienstleistungen der Sparkasse missbraucht hat, 2. das Konto ein Jahr lang umsatzlos geführt wurde, 3.
aus anderen wichtigen Gründen die Aufnahme oder Fortführung der Geschäftsbeziehung der Sparkasse
im Einzelfall nicht zumutbar ist.“
Im 2. Absatz der Präambel der Satzung der Haspa heißt es: „Die Hamburger Sparkasse, eine juristische
Person alten hamburgischen Rechts, hat die Aufgabe, unter Beachtung der Grundsätze der
Wirtschaftlichkeit in ihrem Wirkungsbereich geld- und kreditwirtschaftliche Leistungen zu erbringen,
insbesondere Gelegenheit zur sicheren und verzinslichen Anlage von Ersparnissen und anderen Geldern
zu geben, den Sparsinn und die Vermögensbildung breiter Bevölkerungskreise zu fördern und der
- 109 -
Jedermann verpflichtet. Bereits 1995 haben die in der Deutschen Kreditwirtschaft zusammengeschlossenen Spitzenverbände der Kreditwirtschaft ihren
Mitgliedern empfohlen, ein entsprechendes Angebot zur Eröffnung und Führung
von Girokonten zu machen; es wurden für Beschwerden zuständige Stellen im
Falle der Ablehnung benannt und ein Beschwerdeformular veröffentlicht.308
Unter Hinweis auf die sich daraus entwickelte Praxis haben sich die in der
Deutschen Kreditwirtschaft vertretenen Spitzenverbände im Rahmen eines
Konsultationsverfahrens der Europäischen Kommission zum Zugang zu einem
Basis-Zahlungskonto für die Fortsetzung dieser Selbstregulierung ausgesprochen und eine gesetzliche Regelung abgelehnt.309 Auch die dem 6. Bericht
der
Bundesregierung
zur
Umsetzung
der
Empfehlung
310
Kreditausschusses zum Girokonto für Jedermann
des
Zentralen
zu Grunde gelegten Daten
der Spitzenverbände lassen keine überdurchschnittliche Belastung der
Sparkassen durch Konten für Jedermann erkennen. Bei insgesamt 2,6 Mio.
Konten für Jedermann in 2010 entfielen 0,8 Mio. Konten auf Mitgliedsinstitute
des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken („BVR“) (29%), 1,1 Mio.
Konten auf Mitgliedsinstitute des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes
(„DSGV“) (43%), 0,08 Mio. Konten auf Mitgliedsinstitute des Verbandes
öffentlicher Banken („VÖB“) und 0,7 Mio. Konten auf Mitgliedsinstitute des
Bundesverbandes deutscher Banken („BdB“) (25%).311 Auf alle Sparkassen
entfällt im Kreis Herzogtum Lauenburg ein Anteil von ca. 46%312 aller
Girokonten, eine besondere Belastung der Beteiligten durch die Konten für
Jedermann kann daraus jedenfalls nicht hergeleitet werden.
308
309
310
311
312
Befriedigung des Kreditbedarfs der örtlichen Wirtschaft unter besonderer Berücksichtigung des
Mittelstandes zu dienen.“
Abrufbar über die Internet-Seite der Deutschen Kreditwirtschaft, www.die-deutsche-kreditwirtschaft.de.
Vgl. die Antwort des ZKA vom 16. November 2010, veröffentlicht auf www.die-deutschekreditwirtschaft.de.
Veröffentlicht unter www.voeb.de.
6. Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung der Empfehlung des Zentralen Kreditausschusses zum
Girokonto für Jedermann, S. 14, www.voeb.de. Höher ist der Anteil der Sparkassen an den P-Konten
(56%), einem zum 1. Juli 2010 neu eingeführten Kontomodell, das dem Pfändungsschutz dient und
insoweit eine andere Schutzrichtung hat als das Konto für Jedermann, mit dem die Teilhabe am
Zahlungsverkehr überhaupt sichergestellt werden soll.
Beteiligte, Sparkasse Holstein, Sparkasse zu Lübeck, Sparkasse Mecklenburg-Schwerin, Sparkasse
Lüneburg, Sparkasse Südholstein, Sparkasse Harburg-Buxtehude, Sparkasse Mecklenburg-Nordwest,
Sparkasse Elmshorn.
- 110 -
191. Die Beteiligten erklären darüber hinaus allgemein, Sparkassen verlören
Marktanteile bei Girokonten, insbesondere würden sich jüngere Kunden mit
dem Eintritt ins Erwerbsleben Wettbewerbern zuwenden.313 Hierzu verweisen
sie auf eine
Darstellung der Haspa zu ihrem Girokontenanteil an der
Gesamtbevölkerung Hamburgs314: [...] Die KSK selbst hat diesen Effekt für ihr
Kerngebiet gerade nicht feststellen können, sondern eine relativ gleichmäßige
Verteilung über alle Altersgruppen beobachtet.315 Unbeschadet dessen könnte
ein solcher Effekt nur dann Berücksichtigung finden, wenn deutliche
Abwanderungen von Kunden zu Wettbewerbern erkennbar wären, die innerhalb
des Prognosezeitraums ein deutliches Abschmelzen der hohen Marktanteile der
Beteiligten erwarten lassen. Dies ist aber auch im Hinblick auf die Direktbanken
auf Grund ihres jeweils sehr niedrigen Marktanteils nicht zu erwarten.
(b) Ertragsbetrachtung im weiteren Sinne
192. Über die Erzielung von Erträgen hinaus hat die Girokontoverbindung
Bedeutung als Anknüpfungspunkt für Cross Selling und die damit verbundene
Erzielung von Provisions- oder Zinserträgen aus dem Absatz weiterer Produkte.
Die KSK betreibt bereits jetzt erfolgreich Cross Selling und es ist zu erwarten,
dass sie mit Eingehung der kapitalunterlegten Kooperation die Erträge aus
Anschlussgeschäften mit Kunden weiter steigern kann.
(i)
Bereits jetzt ist die KSK beim Cross Selling erfolgreich
193. Der KSK gelingt es insbesondere im Bereich der Baufinanzierungen und der
Einlagen an ihre Kunden weitere Produkte zu vertreiben und hieraus Erträge zu
generieren, [...].316 Von ihren Kunden, die Wohnungsbaufinanzierungen in
Anspruch nehmen, nehmen nach ihrer eigenen Einschätzung [...] eines ihrer
Produkte in Anspruch.317 Die KSK kann deshalb nach wie vor trotz des
Wettbewerbsdrucks,
der
von
bankenunabhängigen
Vermittlern
bzw.
Internetplattformen ausgeht, Kunden an sich binden und ist nach dem Ergebnis
313
314
315
316
Stellungnahme vom 31. Januar 2012.
Anlage 6 zur Stellungnahme vom 31. Januar 2012.
Anlage zur Antwort auf Frage 13 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2012, Marktanalyse Privatkunden
2009, S. 75. Die Ergebnisse werden folgendermaßen zusammengefasst: [...]
[...]
- 111 -
der Ermittlungen im Kreis Herzogtum Lauenburg mit einem Marktanteil von über
[20-30%] - unter Einbeziehung der Bausparkassen – im Bestandsgeschäft die
führende Anbieterin. Auch im Einlagenbereich hat sie nach dem Ergebnis der
Ermittlungen eine führende Stellung mit über [30-40%] aller Einlagen (Spar,
Sicht- und sonstige Einlagen gemeinsam betrachtet), auch insoweit trotz des
von
anderen
Anbietern,
insbesondere
Direktbanken,
ausgehenden
Wettbewerbsdrucks. Diese starke Stellung im Einlagengeschäft – die der
Einschätzung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes entspricht, der
von einem bundesweiten Anteil aller Sparkassen an Einlagen von Privatkunden
von ca. 40% ausgeht318 - ermöglicht ihr eine günstige Refinanzierung mit
entsprechend günstiger Ertragssituation im Aktivgeschäft.
(ii) Mit der Eingehung der kapitalunterlegten Kooperation wird die KSK attraktiver für
ertragsstarke Kunden
194. Durch die Eingehung der kapitalunterlegten Kooperation kann die KSK ihr
Angebot an ihre Privatkunden mit höheren Einkommen, die einen entsprechend
höheren Bedarf an Anlageprodukten haben, verbessern. [...].319 Die Haspa
bietet in diesem Bereich eine individuelle Vermögensverwaltung, bei der die
Vermögensmanager der Haspa selbständig im Rahmen der individuell mit dem
Kunden
vereinbarten
Anlagerichtlinien
disponieren,
und
standardisierte
Fondslösungen (Haspa PB Strategiefonds, Haspa Portfolio Select und Haspa
Top Select). [...].320 Jedenfalls soweit es sich um standardisierte Fondslösungen
handelt, sind dies Kunden, die auch zur Zielgruppe der KSK gehören, bei der
ihre Stellung aber schwächer ist als ihre Stellung im Privatkundengeschäft
allgemein. Während sie bei Privatkunden allgemein von einem Hausbankanteil
von [40-50%] ausgeht, liegt dieser Anteil bei den Einkommenskunden mit einem
monatlichen Einkommen über 4.000 EUR bei [30-40%].321 Demgegenüber ist
317
318
319
320
321
[...]
Deutscher Sparkassen- und Giroverband, Finanzbericht 2011, S. 19. Der Anteil aller Sparkassen an den
Einlagen der Privatkunden im Kreis Herzogtum Lauenburg – insbesondere unter Einbeziehung der Haspa
– beträgt ca. 40%.
[...]
[...]
[...]
- 112 -
die Haspa in diesem Segment mit einem Hausbankanteil von [10-20%] deutlich
stärker als bei Privatkunden insgesamt (Hausbankanteil von [5-10%].322
195. Es ist auch nicht zu erwarten, dass nach Eingehung der kapitalunterlegten
Kooperation die Beteiligten weiter in Wettbewerb um einkommensstärkere
Kunden treten. Denn für die Haspa, die derzeit ein deutlich attraktiveres
Produktangebot für diesen Kundenkreis hat als die KSK, ist es offensichtlich
sinnvoller, über die KSK Zugang zu deren Kunden zu erhalten und die
entsprechenden Produkte über die KSK zu vertreiben als – möglicherweise
unter Inkaufnahme geringerer Erträge – zu versuchen, diese Kunden zu einem
vollständigen oder teilweisen Wechsel ihrer Bankverbindung zu bewegen. Vor
dem Hintergrund der Langfristigkeit dieser Kundenbeziehungen, die insbesondere im Anlagebereich regelmäßig ein besonderes Vertrauensverhältnis
voraussetzen, ist eine solche Strategie erfolgversprechender als ein gezieltes
Abwerben von Kunden.
(3) Verbesserung der Kundenbindung
196. Die Wechselbereitschaft der Kunden ist – wie bereits im Rahmen der
räumlichen Marktabgrenzung dargestellt – gering ausgeprägt. Wie sich [...]
ergibt, wird diese geringe Mobilität gezielt ausgenutzt, um Preiserhöhungen
durchzusetzen. Mit Eingehung der kapitalunterlegten Kooperation kann die KSK
darüber hinaus auch auf die speziell zur Kundenbindung entwickelten
Girokontoprodukte der Haspa zurückgreifen.
(a) Die Bereitschaft zum Wechsel des Girokontos ist nach wie vor gering ausgeprägt
197. Wie bereits im Rahmen der räumlichen Marktabgrenzung dargestellt,
schrecken viele Verbraucher vor dem mit einem Kontowechsel verbundenen
Aufwand zurück. Insbesondere die Notwendigkeit, für ein- und ausgehende
Zahlungen sicherzustellen, dass die zuständigen Stellen rechtzeitig informiert
werden, um Fehlbuchungen zu vermeiden, hält sie von einem Anbieterwechsel
ab, zumal die Belastungen durch Kontoführungsgebühren, verglichen mit
anderen wiederkehrenden Ausgaben, vergleichsweise gering erscheinen.
322
[...]
- 113 [...].“323 Die verstärkte Nutzung des Internets hat jedenfalls im Hinblick auf
Girokonten zu keiner umfassenden Änderung des Verbraucherverhaltens
geführt. Nach wie vor ist für alle Bankprodukte die Filiale der wichtigste
Vertriebskanal, der Anteil wird auf über 80% geschätzt; bei Girokonten wird
angenommen, dass ca. 11% des Neugeschäfts über das Internet vertrieben
werden.324 Bedeutung hat das Internet in erster Linie als Informationsmedium,
der ROPO-Effekt („Research online, purchase offline“) führt häufig dazu, dass
die im Internet gewonnen Informationen genutzt werden, um gezielt das
Produkt eines stationären Anbieters in Anspruch zu nehmen. Am häufigsten
werden Tagesgelder nach vorangegangener Information im Internet auch online
abgeschlossen.325 Auch die auf Selbstverpflichtungen beruhenden Maßnahmen
der Kreditwirtschaft zur Erleichterung des Anbieterwechsels haben die Mobilität
nicht in einer Weise erhöht, die die Erwartung begründen könnten, dass im
Prognosezeitraum der nach wie vor hohe Marktanteil der Beteiligten dauerhaft
abschmilzt. Insgesamt sind die Kenntnisse über die Kosten des Girokontos und
mögliche günstigere Anbieter nicht sehr weit verbreitet. Die bereits erwähnte
Studie im Rahmen der Einführung eines neuen Gebührenmodells kommt zu
dem Ergebnis: „Die Kenntnis der Gebühren für das eigene Girokonto und die
Bekanntheit von 0 € - Konten ist trotz hoher Werbeaufwände und medialer
Präsenz der Wettbewerber relativ gering ausgeprägt.“326 Jeder zweite Kunde
konnte keine Angaben zu dem günstigsten Anbieter von Girokonten machen.
198. Die fehlende Mobilität der Kunden erleichtert es der KSK, Preiserhöhungen
durchzusetzen und langfristig Erträge zu sichern. Bereits die Einführung eines
monatlichen Mindesteinkommens für das bislang gebührenfrei geführte
GiroAktiv Konto im Jahr 2007 [...] belegt, dass die KSK jedenfalls nicht
befürchtet hat, dass Kunden abwandern, die das Girokonto zur Abwicklung des
Zahlungsverkehrs nutzen und weitere Dienstleistungen in Anspruch nehmen:
Die Einführung eines monatlichen Mindesteingangs geht zurück auf eine
323
324
325
326
[...]
Deutsche Bank Research, Ergebnisse einer Click-Stream Analyse, S.19.
Deutsche Bank Research, Ergebnisse einer Click-Stream Analyse, S.20. Die dort genannten Prozentsätze
beziehen sich nur auf Vertragsabschlüsse, denen ein online-Informationsprozess vorangegangen ist. Der
Anteil liegt bei Tagesgeldern bei 41%, bei Girokonten bei 22%.
Anlage 04_2 zur Antwort auf das Auskunftsersuchen vom 6. Februar 2012, Studie des Beratungshauses
Nordost vom 28. Februar 2011.
- 114 Überprüfung der Gebührenstrategie durch die KSK im Jahr 2007. [...].327 [...].328
[...] Sie konnte damit ihre Erträge steigern, allerdings weniger stark, als sie
erhofft [...].329 [...].330 [...].331 [...]
199. [...].332[...]. 333 [...].
(b) Mit Eingehung der kapitalunterlegten Kooperation hat die KSK die Möglichkeit, auf das
von der Haspa entwickelte Mehrwertkonto zurückzugreifen und die Kundenbindung
zu erhöhen
200. Ein Teil der Anbieter, die Provisionserträge aus dem Girokonto erzielen
wollen, verknüpfen das – gebührenpflichtige – Girokonto über die reine
Abwicklung des Zahlungsverkehrs hinaus mit weiteren Dienstleistungen wie
Versicherungen, um es als Mehrwertkonto attraktiver zu gestalten und die
Kundenbindung zu erhöhen.
201. Auf Grund der geringen Wechselbereitschaft der Inhaber von Girokonten
verfolgen Anbieter mit hohem Marktanteil tendenziell die Strategie, ihre Erträge
aus der im Vergleich zu den Wettbewerbern hohen Kontenzahl stabil zu halten.
Einem Zugewinn an Marktanteil, der sich aus einer Preissenkung ergeben
könnte, steht ein so hoher Verlust an Einnahmen gegenüber, dass sie im
Regelfall von aggressiven Preisstrategien absehen. Umgekehrt werden
Anbieter mit kleinen Marktanteilen sich bemühen, Marktanteile und Erträge
durch günstige Angebote zu steigern, wie dies insbesondere in der
Vergangenheit
Direktbanken
durch
das
Angebot
eines
gebührenfreien
Girokontos gezeigt haben. Die Haspa, die im Hamburger Markt über hohe
Marktanteile verfügt, hat sich zur Stabilisierung ihrer Erträge aus dem
Girokontobereich dazu entschlossen, mit dem „Haspa-Joker“ offensiv ein mit
vergleichsweise hohen Gebühren versehenes Girokontoprodukt anzubieten.
Dies ist ihr auch gelungen, sie konnte im Gebiet der Hansestadt Hamburg ihren
327
328
329
330
331
332
333
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
- 115 -
Anteil an Girokonten halten. Eine Differenzierung zwischen dem Hamburger
Markt und angrenzenden Märkten, wo die Haspa über niedrigere Marktanteile
verfügt und eine Ertragssteigerung insbesondere über Marktanteilsgewinne
erfolgen kann, scheidet für sie allerdings aus, weil eine solche Preisspaltung für
unmittelbar benachbarte Gebiete im Großraum Hamburg, der neben der
Hansestadt Hamburg auch die Gemeinden der angrenzenden Bundesländer
umfasst, Kunden nicht zu vermitteln wäre.
202. [...] 334 [...].335 [...]336 [...]
203. Der Erfolg der Haspa-Preisstrategie zeigt sich auch an der Betrachtung des
durchschnittlichen Ertrags (Provisionserträge und Zinserträge) je Konto.
Während die KSK auf durchschnittlich [...]/Konto kommt, liegt der Ertrag der
Haspa bei duchschnittlich [...]/Konto.337
204. Die Beteiligten sind der Ansicht, die KSK werde auf Grund ihrer geografischen
Lage zwischen Hamburg und Lübeck kein Mehrwertkonto, insbesondere nicht
das von der Haspa entwickelte Joker-Konto einführen. Probeweise eingeführte
Mehrwertleistungen hätten gezeigt, dass Angebote im Kreis Herzogtum
Lauenburg nicht abgerufen würden. Das Joker-Konto der Haspa sei
demgegenüber auf Hamburg bezogen und für eine große Gruppe von Kunden
in Lauenburg wenig interessant. Die Erstellung eines Angebots in Hamburg, im
Kreis Herzogtum Lauenburg und in Lübeck umfassenden Mehrwertleistungspaketes sei betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll. Die KSK habe deswegen
beschlossen, am Nutzungsverhalten der Kunden orientierte Preismodelle
einzuführen.
205. Tatsächlich hat auch die KSK versucht, im Rahmen einer Gebührenerhöhung
über eine Mehrwertstrategie die Kundenbindung zu erhöhen. In der Vorstandsvorlage zur Modifikation des Gebührenmodells heißt es zu der begleitenden
Kommunikationsstrategie: [...].338 Dieser Versuch war aber nicht erfolgreich,
soweit den Kunden Vergünstigungen (z.B. beim Kauf von Kinokarten) nur für
334
335
336
337
338
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
- 116 -
Anbieter im Kreis Herzogtum Lauenburg angeboten wurden, weil diese Anbieter
im Vergleich zu Anbietern in Hamburg und in Lübeck nicht ausreichend attraktiv
waren.339
206. Mit den bisherigen Erfahrungen der KSK bei der Konzeption neuer
Gebührenmodelle kann die Erwartung, ein solches Kundenbindungsprogramm
sei grundsätzlich ausgeschlossen, deshalb nicht begründet werden. Denn der
Misserfolg dieser Strategie ergab sich wesentlich daraus, dass die bei der
Umstellung des Gebührenmodells im Jahr 2007 angebotenen Mehrwertleistungen wegen der Beschränkung auf Angebote im Kreis Herzogtum Lauenburg
wenig attraktiv waren. Dies bedeutet aber nicht, dass unter Berücksichtigung
der Erfahrungen der Haspa und Nutzung des Zugangs zu dem von ihr
beauftragten
Dienstleistungsunternehmen
aus
Sicht
der
KSK
die
Weiterentwicklung ihrer Girokonten-Gebührenmodelle nicht betriebswirtschaftlich sinnvoll sein kann, zumal die KSK bei der Einführung eines solchen Modells
ähnlich wie die Haspa die bisherigen Gebührenmodelle bestehen lassen und
versuchen würde, im Rahmen ihrer Kundenbeziehungen Neu- und Bestandskunden auf diese ertragsstärkeren Modelle zu lenken. Es ist zu erwarten, dass
nach dem Zusammenschlussvorhaben die KSK die Expertise der Haspa bei der
Zusammenstellung von Mehrwertleistungen im Rahmen einer Girokontoverbindung zur Erhöhung der Kundenbindung nutzen und auf deren externen
Dienstleister zu gleichen Konditionen wie die Hamburger Sparkasse zurückgreifen wird, um ein solches Produkt zu entwickeln.
207. Mit dem Zugang zu den Leistungen des Haspa-Joker-Modells hat die KSK die
Möglichkeit, ihre unmittelbaren – und aus ihrer Sicht im Vergleich zu anderen
Sparkassen [...] – Erträge aus Girokonten zu erhöhen und ihre Basis für CrossSelling zu erhalten und zu verbessern, eine Möglichkeit, über die sie auf Grund
ihres im Vergleich zur Haspa kleinen Bestandes an Girokonten derzeit nicht
verfügt. Erst über die Haspa können die kleineren Sparkassen nach eigener
Einschätzung der Beteiligten überhaupt in „betriebswirtschaftlich sinnvoller“
339
Stellungnahme vom 31. Januar 2012. Die KSK hat insgesamt 30.000 Kinogutscheine ausgegeben, für die
vier Kinos im Kreis Herzogtum Lauenburg Vergünstigungen angeboten haben, lediglich 367 dieser
Gutscheine wurden eingelöst.
- 117 Weise340 ein solches Girokontomodell anbieten, weil sie in den Genuss der
gleichen Konditionen wie die Haspa beim Bezug von Leistungen der Affinion
kommen,
des
Anbieters
von
Kundenbindungsprogrammen
(„Affinity
341
Marketing“
), den die Haspa mit der Zusammenstellung des Leistungspakets
beauftragt. [...].342
208. Soweit die Haspa meint, auch bei Inanspruchnahme des HaspaJokerProdukts verblieben den Partnersparkassen Handlungsspielräume die sie zur
eigenverantwortlichen Preissetzung nutzen, lässt sich dies nicht belegen. Dies
erscheint schon deshalb kaum vorstellbar, weil dann im Markt Lauenburg
Haspa und KSK unter der gleichen Produktbezeichnung unterschiedliche
Gebührenmodelle vermarkten müssten – für die Kunden beider Institute wäre
dies nicht vermittelbar. Vielmehr legt das Beispiel der Sparkasse Mittelholstein
nahe, die das Produkt eingeführt hat, dass sich die Konditionen im
Wesentlichen entsprechen werden, wie sich aus einem Vergleich der
Monatsgebühren343 ergibt.
340
341
342
343
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 4 b des Fragebogens vom 30. August 2011.
Vgl. www.affinioninternational.de
[...]
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 4 c des Fragebogens vom 30. August 2011.
- 118 -
Abbildung 6
209. Auch der Umfang der mit dem Konto verbundenen Leistungen entspricht sich
weitgehend.
Neben
Versicherungen
und
Zahlungsverkehrsleistungen
Rabatte
für
Einkäufe
sind
von
mit
an
dem
dem
Konto
Programm
teilnehmenden Unternehmen verbunden.344
(4) Filialnetz und Bargeldversorgung über Geldautomaten
210. Die KSK verfügt über das dichteste Filialnetz im Markt Lauenburg. Sie hat 29
Filialen345 im Gebiet. Alle Genossenschaftsbanken gemeinsam kommen auf 24
Filialen, die Großbanken auf 13. Die Haspa konzentriert ihr Geschäft im
Landkreis Lauenburg auf den südlichen Teil und ist dort mit zwei Filialen
(Geesthacht
und Wentorf)
vertreten.
Dort
sieht
auch
die
KSK
den
wirtschaftlichen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit, weil die Bevölkerung im an
Hamburg angrenzenden Teil des Geschäftsgebiets durch Zuwanderung in den
letzten Jahren stark gewachsen ist.346 Sie verstärkt deshalb in diesem Bereich
ihren Marktauftritt, insbesondere durch den Neubau eines Filialgebäudes in
Geesthacht in 2011 und die Wiedereröffnung ihrer Filiale in Wentorf in 2010.347
Die KSK verfügt auch über die meisten Geldautomaten im Kreis Herzogtum
Lauenburg (55).
211. Die Beteiligten meinen348, aus diesem dichten Filialnetz ergebe sich eine hohe
Kostenbelastung und die Vertriebsstruktur der KSK sei deutlich weniger effizient
als die ihrer Wettbewerber, weil sie auf Grund des Versorgungsauftrages
überall vertreten sein müsse und betriebswirtschaftlich sinnvolle Schließungen
344
345
346
347
348
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 4 des Auskunftsersuchens vom 30. August 2011.
Umfasst sind auch Selbstbedienungsstandorte (SB-Standorte).
Vgl. Anlage zur Antwort der Haspa auf Frage 2 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011 (Präsentation
der BDO vom 19. August 2010, S. 5).
Vgl. Anlage zur Antwort der Haspa auf Frage 2 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011 (Präsentation
der BDO vom 19. August 2010, S. 5).
Stellungnahem vom 31. Januar 2012.
- 119 -
im Verwaltungsrat gegenüber den Vertretern ihres Trägers nicht durchsetzbar
seien.
212. Selbst wenn auf Grund dieser Umstände die KSK ein aus ihrer Sicht
ineffizientes Filialnetz betreiben muss, ändert dies nichts daran, dass sie auf
Grund dieses dichten Filialnetzes einen im Vergleich zu ihren Wettbewerbern
besseren Zugang zu ihren Kunden hat. Dies erleichtert ihr die Gewinnung von
Neukunden – insbesondere sofern diese Wert auf eine Filialpräsenz legen,
kommt für diese Kunden die Sparkasse in besonderer Weise in Betracht – und
den Verkauf weiterer Produkte im Rahmen von Beratungen an ihre
Anschlusskunden.
d) Übrige Märkte
(1) Kredite zur Wohnungsbaufinanzierung für Privatkunden
213. Auf Grund der Marktanteile der Beteiligten ist die Entstehung oder
Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung bei Wohnungsbaukrediten
nicht zu erwarten. Auf dem Markt Lauenburg kommt es zu einer merklichen
Addition
von
Marktanteilen,
die
jedoch
unter
Berücksichtigung
der
Wettbewerbsverhältnisse nicht zu einer Markbeherrschung führt.
214. Da die Beschlussabteilung einen regionalen Markt für Baufinanzierungen nicht
ausschließen konnte und statistische Daten nicht vorhanden waren, wurden die
Marktanteile und das Marktvolumen in den Gebieten der Zusammenschlussbeteiligten ermittelt. Hierzu wurden die von den Zusammenschlussbeteiligten
genannten Wettbewerber nach ihren Kreditvolumen im privaten Wohnungsbau
befragt. Aufgrund der Ergebnisse im Vorprüfverfahren hat die Beschlussabteilung das Marktvolumen für den Kreis Lauenburg in ihren Nachermittlungen im
Hauptprüfverfahren weiter ermittelt. Hierzu gehören insbesondere Bausparkassen, Versicherungen und überregionale Anbieter, die Kredite über Vermittlungsplattformen anbieten. Die Marktanteile für den Kreis Lauenburg bei
Krediten zu Wohnungsbauzwecken ergeben sich aus der folgenden Tabelle:
- 120 -
Tabelle 11
Wohnungsbaukredite Kreis Herzogtum Lauenburg (Bestand mit Bausparkassen)
Marktvolumen in Mio. Euro
2.000-3.000
Name des befragten Kreditinstituts
KSK Herzogtum Lauenburg
Haspa
Marktanteil
[20-30%]
[5-10%]
Sparkasse zu Lübeck AG
1-5%
LBS SHH
1-5%
BHW Bausparkasse AG
5-10%
Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG
5-10%
Deutsche Postbank AG
5-10%
ING-DIBA
5-10%
Allianz Deutschland AG - AZ Leben
1-5%
AXA Konzern AG
1-5%
Bausparkasse Schwäbisch Hall AG
1-5%
Commerzbank AG
1-5%
Debeka Bausparkasse AG
1-5%
Deutsche Kreditbank AG
1-5%
Münchener Hypothekenbank eG
1-5%
PSD Bank Nord eG
1-5%
Raiffeisenbank eG, Lauenburg/Elbe
1-5%
Sparda-Bank Hamburg eG
1-5%
SPARKASSE HOLSTEIN
1-5%
UniCredit
Rest (unter 1% Marktanteil)
1-5%
10-20%
215. Die Marktanteile zeigen, dass die KSK eine bedeutende Rolle hat, jedoch
nicht marktbeherrschend ist. Dies gilt auch bei der Addition der Anteile der LBS
SHH, die dem befreundeten Umfeld zuzurechnen ist. Dies ist insbesondere
deswegen angebracht, da Haspa und KSK die Produkte der LBS SHH
vertreiben. Gemeinsam kommen die Zusammenschlussbeteiligten auf einen
Marktanteil von [30-40%] mit LBS SHH und Sparkasse Lübeck auf knapp [3040%].
216. Die Marktanteile lassen eine Marktbeherrschung nicht ausschließen, jedoch
ist der Markt für Wohnungsbaufinanzierungen von einer Reihe Wettbewerbsfaktoren gekennzeichnet, die eine marktbeherrschende Stellung der Zusammenschlussbeteiligten trotz der hohen Marktanteile nicht vermuten lässt.
- 121 -
217. Hierzu zählt die höhere Wechselbereitschaft der Kunden als bei Girokonten.
Zum einen ist dies darauf zurückzuführen, dass die Inanspruchnahme eines
Kredites eine spezifische Nachfrage darstellt, bei der der Kunde aufgrund der
hohen finanziellen Bedeutung bereit ist sich mit möglichen alternativen
Finanzierungsangeboten auseinanderzusetzen und die mögliche Ersparnis den
Aufwand rechtfertigt.
218. Zum anderen kann der Verbraucher den Kreditgeber unabhängig von der
bestehenden Kontobeziehung wählen. Dadurch wird der Aufwand für den
Kunden geringer und die Wechselbereitschaft der Kunden erhöht sich.
219. Kredite
sind
in
hohem
Maße
standardisierte
Produkte,
die
leicht
gegeneinander austauschbar sind. Konditionen werden im Wesentlichen durch
die Angabe des Effektivzinses beschrieben und nicht aus der Kombination aus
mehreren Konditionen für verschiedene Leistungen. Dies führt zu einer hohen
Transparenz und Vergleichbarkeit der Angebote. So werden Kunden auch
durch
Werbeangebote
überregionaler
Anbieter
und
Direktbanken
preissensibler.
220. Die Transparenz und Vergleichbarkeit wird insbesondere durch Vergleichsportale und Vermittler - sowohl online, als auch vor Ort – weiter erhöht. Auch im
Kreis Herzogtum Lauenburg lässt die Summe der kleinen Marktanteile
überregionaler Anbieter, die Vermittler wie Interhyp oder PlanetHome nutzen,
vermuten, dass ein nicht unerheblicher Teil der Kunden solche Portale nutzt.
Insbesondere Direktbanken wie die ING Diba nutzen diese Vertriebswege um
auch weniger Direktbank-affine Kunden zu erreichen.
221. Wie in der Vergangenheit zu beobachten war, ist es Banken möglich gezielt in
den Markt einzutreten und Kredite anzubieten. Dies war im Privatkreditbereich
(Konsumenten und Wohnungsbau) zu beobachten. Durch diesen potentiellen
Wettbewerb wird die Marktmacht weiter begrenzt.
(2) Verbraucherkredite
222. Bei Ratenkrediten ist ebenfalls auf Grund der Marktanteile der Beteiligten die
Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung nicht zu
erwarten.
- 122 -
(3) Einlagen von Privatkunden
223. Die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung auf
dem Markt von auf Konten gehaltenen Einlagen von Privatkunden ist nicht zu
erwarten. Die Beteiligten – die bei einer Betrachtung aller Einlageformen über
Marktanteile von [30-40%] bzw. [5-10%] verfügen – sind hier insbesondere dem
Wettbewerbsdruck der Direktbanken ausgesetzt.
3. Gewerbekundenmärkte
a) Kredite an Geschäftskunden im Markt Lauenburg
224. Der Zusammenschluss wird zur Entstehung einer marktbeherrschenden
Stellung der KSK auf dem Markt für Geschäftskunden in Lauenburg führen.
Derzeit ist die KSK nach ihren Marktanteilen die führende Anbieterin; die Haspa
wächst deutlich und verfügt im Neugeschäft über höhere Marktanteile. Alle
anderen Anbieter haben keine auch nur vergleichbaren Marktstellungen.
Insbesondere die sehr kleinen Kreditgenossenschaften verfügen über nur kleine
Marktanteile, aber auch das filialgestützte Geschäftskundengeschäft der
Großbanken bleibt hinter den Marktanteilen der Beteiligten deutlich zurück. Auf
Grund des Zusammenschlusses wird der bislang von der Haspa ausgehende
vorstoßende Wettbewerb entfallen; darüber hinaus wird die KSK durch die
Eigenkapital-Zufuhr erheblich gestärkt.
(1) Marktanteile und Konzentration
(a) Ermittlung und Berechnung der Marktanteile
225. Die Beschlussabteilung hat die Kreditvolumina für den Markt Lauenburg
ermittelt und hat hierbei die von den Beteiligten geltend gemachten Korrekturen
– soweit diese nachvollziehbar war – berücksichtigt.
(i)
Vorgehen der Beschlussabteilung
- 123 -
226. Die Beschlussabteilung hat, entsprechend der im Rahmen der räumlichen
Marktabgrenzung dargestellten Vorgehensweise, die Kreditvolumina für den
Markt Lauenburg erhoben. Für über 80% der Volumina konnte auf der Basis
fünfstelliger Postleitzahlen die Zuordnung vorgenommen werden; die Volumina
mehrerer kleinerer Kreditgenossenschaften (mit ca. 13% des Gesamtvolumens)
sind nach weiterer Aufklärung durch die Beschlussabteilung entweder
vollständig dem Markt Lauenburg zugerechnet worden (Raiffeisenbank
Ratzburg, Raiffeisenbank Lauenburg) oder es ist eine an den Filialen dieser
Institute orientierte Zuordnung vorgenommen worden. Für drei Institute, die
MKB Mittelstandskreditbank, die Deutsche Apotheker- und Ärztebank und den
Firmenkundenbereich der Commerzbank (nur M2-Kunden), auf die insgesamt
2% des Marktvolumens entfallen, liegen die Daten auf Basis zweistelliger
Postleitzahlen vor, die entsprechend dem im Rahmen der räumlichen
Marktabgrenzung dargestellten Vorgehen zugeordnet werden konnten.
(ii) Auffassung der Beteiligten zur Ermittlung und Berechnung des Marktvolumens und
der Marktanteile
227. Die Beteiligten sind der Auffassung, das Marktvolumen sei unterschätzt, weil
mehrere Anbieter nicht einbezogen worden sind.349 Insbesondere seien das
Geschäft der Mittelstandsbank der Commerzbank mit dem M2-Segement und
das Geschäft der Deutschen Apotheker- und Ärztebank zu berücksichtigen.
Darüber hinaus meinen sie, Teile der Volumina der BHF-Bank, von HSBC
Trinkaus & Burkhardt, RBS Deutschland, der SEB Bank, der DZ Bank, der HSH
Nordbank und der Nord/LB seien einzubeziehen, weil die Antworten dieser
Institute es nicht ausschließen lassen, dass auch Geschäftskunden betreut
werden. Darüber hinaus weisen sie auf aus ihrer Sicht bestehende
Unsicherheiten in der Definition der von der Beschlussabteilung abgefragten
Daten hin. Zunächst hätten die Beteiligten möglicherweise abweichend vom
Vorgehen ihrer Wettbewerber auch „cash flows“ in die Finanzierungsvolumina
einbezogen; auf Nachfrage haben sie hierzu erläutert, ihre gewerblichen
Immobilienkunden,
d.h.
Kunden,
die
langfristige
Darlehen
zur
Immobilienfinanzierung, Renovierung oder Sanierung in Anspruch nähmen,
349
Stellungnahmen vom 9. Januar 2012 und vom 2. Februar 2012.
- 124 -
benötigten
nur
in
geringem
Umfang
350
Betriebsmitteln oder Anlageinvestitionen.
Kredite
zur
Finanzierung
von
Eine nähere Erläuterung zu den
Gründen, warum im Hinblick darauf eine Korrektur der Volumina erforderlich
sei, ebenso wie eine Quantifizierung dieser möglichen Korrekturen erfolgte
nicht, eine Alternativberechnung war deshalb nicht angezeigt. Soweit die
Beteiligten
damit
meinen,
sie
hätten
bei
ihren
Immobilienkunden
möglicherweise systematisch mehr an Kreditvolumen einbezogen als ihre
Wettbewerber, ist nicht erkennbar, warum die Wettbewerber der Beteiligten bei
der Frage nach dem in Anspruch genommenen Kreditvolumen (Neugeschäft
bzw. Gesamtbestand) insoweit ein abweichendes Verständnis haben sollten.
Darüber hinaus hätte insbesondere die Haspa möglicherweise in weiterem
Umfang privaten Zwecken dienende Kredite in das gewerbliche Volumen
einbezogen. Abgrenzungsschwierigkeiten könnten sich insbesondere ergeben,
wenn mit Gewerbekunden wirtschaftlich verbundene Privatpersonen für ihre
privaten Zwecke Kredite in Anspruch nehmen und bei der Ermittlung der
Volumina – wie bei der Haspa, nicht jedoch bei der KSK – auf Kundenverbünde
abgestellt werde bzw. – auf Einzelkundenebene – wenn ein Gewerbekunde
einen Kredit (auch) für private Zwecke nutze. Schließlich habe die Haspa in das
Neugeschäft auch Kredite einbezogen, die lediglich prolongiert worden seien.
(iii) Validierung der Datenbasis auf Grundlage der Stellungnahmen der Beteiligten
228. Die von den Beteiligten als weitere Anbieter von Krediten für Geschäftskunden
genannten
Kreditinstitute
kommen
auf
Grund
ihres
Geschäftsmodells
tatsächlich nicht als Alternative in Betracht und sind deshalb – wie bereits im
Rahmen der sachlichen Marktabgrenzung dargelegt – nicht weiter zu
berücksichtigen. Auch die Autobanken treten, wie ebenfalls bereits im Rahmen
der sachlichen Marktabgrenzung dargelegt, entgegen der Auffassung der
Beteiligten, nicht als Anbieter von Krediten an Geschäftskunden auf, zumal
auch nach den eigenen Berechnungen der Beteiligten das Marktvolumen um
lediglich 0,8% zu erhöhen wäre.351 Die auf M2-Kunden der Commerzbank und
die auf die Deutsche Apotheker- und Ärztebank entfallenden Volumina sind
hilfsweise dem Marktvolumen zugerechnet worden – insbesondere die
350
Schreiben vom 7. Februar 2012.
- 125 -
Deutsche Apotheker- und Ärztebank kann nicht als vollständiger Wettbewerber
der Beteiligten betrachtet werden, weil sich ihre Angebote nur an Heilberufe
wendet – ohne dass sich die Marktanteilsverteilung signifikant ändert.
229. Zur Aufklärung einer möglichen Überzeichnung der Marktanteile der
Beteiligten durch eine uneinheitliche Einbeziehung von Krediten, die privaten
Zwecken dienen, hat die Beschlussabteilung alle Anbieter mit einem Marktanteil
von mehr als 1% ergänzend befragt und mit den entsprechenden Angaben die
Volumina korrigiert.352
230. Die von der KSK gewählte Methode, ausgehend von dem KundensystematikSchlüssel des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes („KUSYMA“) die
Volumina
aller
natürlichen,
wirtschaftlich
selbständigen
Personen
und
Einzelfirmen bzw. Unternehmen und Organisationen im Inland ohne die
sonstigen Kreditinstitute und die öffentlichen Haushalte zu ermitteln353,
vermeidet von vornherein die Einbeziehung von Krediten an Privatkunden, die
mit dem jeweiligen Gewerbekunden wirtschaftlich verbunden sind. Keine der
befragten Sparkassen hat darüber hinaus noch Kredite an gewerbliche Kunden
mit einem privaten Verwendungszweck – der regelmäßig für den Kreditgeber
nicht erkennbar ist – von dem mitgeteilten Kreditvolumen abgezogen. Auch die
Haspa hat den Kundensystematik-Schlüssel angewendet – nachdem sie
ursprünglich eine an Kreditnehmerverbünden orientierte Darstellung vorgelegt
hatte – und entsprechend den Anteil der Kredite benannt, der auf private
Kreditnehmer entfällt; dieser Anteil ist von ihrem Volumen abgezogen worden.
Soweit die KSK darüber hinaus, wenige Tage vor Ablauf der Untersagungsfrist
nach einer Verfahrensdauer von über sieben Monaten, auf der Grundlage einer
stichprobenartigen Überprüfung von Kreditakten einen weiteren Abzug von [1020%]354 verlangt, ist weder ausreichend dargetan, von welchem neuen
Kenntnisstand im Hinblick auf ihre Kreditvolumina sie ausgeht, noch ob ihr
Vorgehen einer Betrachtung von einzelnen Kreditengagements hinreichend
methodisch abgesichert ist. Alle übrigen Sparkassen haben gegenüber der
351
352
353
354
Stellungnahme vom 18. Januar 2012.
Email vom 3. Februar 2012.
Antwort der KSK auf Frage 11 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
[...]
- 126 -
Beschlussabteilung
erklärt,
eine
über
den
Kundensystematik-Schlüssel
hinausgehende Darstellung sei kaum darstellbar, es wurde auch darauf
hingewiesen, dass das auf Kredite mit privaten Verwendungszwecken
entfallende Volumen gering sein dürfte, so dass es zu signifikanten
Verschiebungen nicht kommen dürfte. Im Übrigen legen die Sparkassen auch
bei ihren Meldungen an die Bundesbank zu ihren Krediten an wirtschaftlich
Selbständige den Kundensystematik-Schlüssel zu Grunde; eine darüber
hinausgehende Aufgliederung erfolgt nicht.
231. Zur Aufklärung einer möglichen Überzeichnung des Marktanteils der Haspa
auf Grund der Einbeziehung von Prolongationen hat die Beschlussabteilung alle
Anbieter mit einem Marktanteil von mehr als 1% zum Anteil der auf
Prolongationen beruhenden Kreditvolumina befragt.355 Die auf Prolongationen
entfallenden Anteile sind vom jeweiligen Neugeschäftsvolumen abgezogen
worden. Auch die Volumina der Haspa sind um den Prolongationsanteil
vermindert worden.356
232. Die Haspa hat ihr Kreditvolumen zunächst nur unvollständig mitgeteilt, soweit
sie das auf die in ihren Filialen dezentral betreuten Geschäftskunden
entfallende Volumen nicht einbezogen hat.357 Erst auf Auskunftsersuchen der
Beschlussabteilung vom 27. Januar 2012 hat sie mit Schreiben vom 3. Februar
2012 ihr Neu- und Bestandsgeschäft im Kreis Herzogtum Lauenburg
übermittelt.
(b) Bewertung
(i)
Marktanteilsverteilung und –entwicklung
233. Nach den Ermittlungen der Beschlussabteilung erreichen die Beteiligten bei
einer auf in Anspruch genommenen Kreditvolumina beruhenden Darstellung,
die
aus
der folgenden
Übersicht
ersichtlichen
Marktanteile
auf
dem
Lauenburger Markt für Kredite an Geschäftskunden. Eine Betrachtung der
355
356
357
Email vom 23. Januar 2012.
Auf Grundlage der Angaben in der Stellungnahme vom 2. Februar 2012, Anlage GK17.
Vgl. Antwort der Haspa auf Auskunftsersuchen vom 11. Juli 2011, Anlage 3-2 (Erläuterungen zu
Antworten 6 und 7).
- 127 -
Kreditvolumina ist auch geeignet, die jeweilige Stellung der Beteiligten
angemessen abzubilden. Auf eine Ermittlung der Erträge kann im Einzelnen
verzichtet
werden,
denn
es
würden
sich
keine
wesentlich
anderen
Marktpositionen als bei einer volumengestützten Darstellung ergeben. Die
Befragten
und
ihre Wettbewerber
bieten eine
weitgehend
homogene
Produktpalette kurz- und längerfristiger Kredite an. Faktoren, die bei einzelnen
Anbietern eine deutlich abweichende Ertragssituation begründen könnten, wie
ein überdurchschnittlich hoher Anteil riskanter Engagements wegen schlechter
Bonität
der
Kreditnehmer
mit
entsprechend
hohen
Zinserträgen
und
Risikokosten oder besonders hoher Anteil von Engagements mit niedrigem
Risiko auf Grund guter Sicherheiten über Grundpfandrechte, sind nicht
erkennbar. Soweit einzelne Anbieter, wie möglicherweise die Haspa, gezielt
niedrigere Erträge in Kauf nehmen, um Marktanteile hinzuzugewinnen, führt
dies jedenfalls nicht zu solchen Abweichungen, die die Aussagekraft der auf
Volumen beruhenden Marktanteile grundsätzlich in Frage stellt, zumal die
eigene
Einschätzung
der
Beteiligten
zu
ihrer
Marktposition
den
volumenbasierten Marktanteil weitgehend entspricht.
234. In das Marktvolumen wurden die Kreditvolumina mit Geschäftskunden mit Sitz
im Kreis Lauenburg einbezogen. Anbieter sind die jeweiligen Sparkassen unter
Einbeziehung der Beteiligten, die Volks- und Raiffeisenbanken und die
Geschäftskundenbereiche
Firmenkundenbereich
der
tätig
Großbanken.
sind,
werden
Soweit
diese
Anbieter
auch
Kreditvolumina
im
nicht
berücksichtigt. Bei der Haspa wird aus diesem Grund der Bereich der
Unternehmens- und Immobilienkunden nicht mit einbezogen. Bei den
Großbanken (Deutsche Bank, Commerzbank, UniCredit) wird nur das über die
Filialen betriebene Geschäft erfasst, nicht das organisatorisch getrennte
Geschäft mit Firmenkunden.358 Die Betrachtung des Gesamtbestandes und die
– ergänzende – Betrachtung nur der Kredite mit einem Einzelvolumen unter
10 Mio. EUR führen zu nahezu identischen Ergebnissen. Die zur Kontrolle
vorgenommene Betrachtung der Kredite unter 10 Mio. EUR zeigt, dass sich
358
Bei der Commerzbank ist nach diesem Ansatz das Kreditgeschäft mit gewerblichen Kunden bis zu einem
jährlichen Umsatz von 2,5 Mio. EUR erfasst worden. Das in der Mittelstandbank betriebene
Firmenkundengeschäft mit Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu 250 Mio. EUR wurde dagegen
nicht berücksichtigt.
- 128 -
auch bei Nichtberücksichtigung dieses Kundensegments keine wesentlich
anderen Anteile ergeben würden.
Tabelle 12
359
Kreis Herzogtum Lauenburg – Geschäftskundenkredite
Kreditvolumen gesamt
1.000-2.000 Mio. EUR
Kreditinstitut
Marktanteile Kreditbestand
KSK Herzogtum Lauenburg
Haspa
Sparkasse zu Lübeck
Raiffeisenbank Südstormarn Mölln eG
[5-10%]
1-5%
5-10%
Sparkasse Holstein
1-5%
UniCredit
1-5%
Deutsche Bank/ Postbank
1-5%
Raiffeisenbank eG, Lauenburg/Elbe
1-5%
Raiffeisenbank Hagenow
1-5%
Volksbank Stormarn eG
1-5%
Commerzbank AG
1-5%
Raiffeisenbank eG, Ratzeburg
1-5%
Hamburger Volksbank
1-5%
Vierländer Volksbank eG
1-5%
Deutsche Apotheker- und Ärztebank
1-5%
Rest (Wettbewerber mit einem Marktanteil
unter 1%)
359
[50-60%]
5-10%
Die Tabelle wurde leicht gegenüber den den Beteiligten mit Schreiben vom 15. Februar 2012 mitgeteilten
Angaben korrigiert.
- 129 -
Tabelle 13
Kreis Herzogtum Lauenburg – Geschäftskundenkredite unter 10 Mio.
360
EUR
Kreditvolumen gesamt
Kreditinstitut
Marktanteil Kreditbestand
unter 10 Mio. EUR
KSK Herzogtum Lauenburg
[40-50%]
Haspa
[10-20%]
Sparkasse zu Lübeck
360
1.000-2.000 Mio. EUR
1-5%
Raiffeisenbank Südstormarn Mölln eG
5-10%
UniCredit
5-10%
Raiffeisenbank eG, Lauenburg/Elbe
1-5%
Sparkasse Holstein
1-5%
Deutsche Bank/Postbank
1-5%
Commerzbank AG
1-5%
MKB AG, Hamburg
1-5%
Raiffeisenbank Hagenow
1-5%
Volksbank Stormarn eG
1-5%
Raiffeisenbank eG, Ratzeburg
1-5%
Hamburger Volksbank
1-5%
Vierländer Volksbank eG
1-5%
Volksbank Lübeck eG
1-5%
Rest (unter 1% Marktanteil)
1-5%
Ohne die Deutsche Apotheker- und Ärztebank, ohne Abzug von Privatkrediten.
- 130 -
Tabelle 14
361
Kreis Herzogtum Lauenburg - Neugeschäft Geschäftskundenkredite
Kreditvolumen gesamt
150-250 Mio. EUR
Kreditinstitut
Anteil
KSK Herzogtum Lauenburg
Haspa
Sparkasse zu Lübeck
361
[40-50%]
[5-10%]
1-5%
Raiffeisenbank eG Hagenow
5-10%
UniCredit
5-10%
Sparkasse Holstein
5-10%
Deutsche Kreditbank AG
1-5%
Volksbank Stormarn eG
1-5%
Deutsche Bank/ Postbank
1-5%
Raiffeisenbank Südstormarn Mölln
eG
1-5%
Raiffeisenbank eG,
Lauenburg/Elbe
1-5%
Volksbank Lübeck eG
1-5%
Sparkasse Südholstein
1-5%
Commerzbank AG
1-5%
Raiffeisenbank eG, Ratzeburg
1-5%
Hamburger Volksbank
1-5%
Deutsche Apotheker- und
Ärztebank
1-5%
Rest (unter 1% Marktanteil)
1-5%
Die Tabelle wurde leicht gegenüber den den Beteiligten mit Schreiben vom 15. Februar 2012 mitgeteilten
Angaben korrigiert.
- 131 -
Tabelle 15
Kreis Herzogtum Lauenburg - Neugeschäft Geschäftskundenkredite unter
362
10 Mio. €
Kreditvolumen gesamt
200-300 Mio. EUR
Kreditinstitut
Anteil
KSK Herzogtum Lauenburg
[30-40%]
Haspa
[10-20%]
Sparkasse zu Lübeck
1-5%
UniCredit
5-10%
Raiffeisenbank eG Hagenow
5-10%
Deutsche Bank/ Postbank
1-5%
Sparkasse Holstein
1-5%
Deutsche Kreditbank AG
1-5%
Volksbank Stormarn eG
1-5%
Raiffeisenbank eG,
Lauenburg/Elbe
1-5%
Raiffeisenbank Südstormarn Mölln
eG
1-5%
Raiffeisenbank eG, Ratzeburg
1-5%
Sparkasse Südholstein
1-5%
Commerzbank AG
1-5%
Volksbank Lübeck eG
1-5%
Hamburger Volksbank
1-5%
Rest (unter 1% Marktanteil)
kleiner 1%
235. Der Marktanteil der KSK ist bereits vor dem Zusammenschluss hoch und liegt
deutlich über der Marktbeherrschungsvermutung des § 19 Abs. 3 Satz 1 GWB.
Zweitstärkster Anbieter ist die Haspa mit einem Marktanteil von [10-20%]. Die
Sparkasse zu Lübeck, mit der die Haspa bereits eine kapitalunterlegte
Kooperation eingegangen ist, erreicht einen Marktanteil von 1-5%. Bei einer
Betrachtung des Bestandes an Krediten unter 10 Mio. EUR ergibt sich kein
wesentlich anderes Bild. Im Neugeschäft 2010 liegt der Anteil der Haspa
deutlich über ihrem Anteil im Bestandsgeschäft und liegt nur leicht unter dem
- 132 -
Anteil der KSK. Dies spricht dafür, dass ihre insgesamt zu beobachtende
Ausweitung des Kreditgeschäfts auch den Bereich der Geschäftskunden betrifft.
236. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen führt der Zusammenschluss auf dem
Markt für Kredite an Geschäftskunden zu einer marktbeherrschenden Stellung
der Beteiligten nach dem Wegfall des – derzeit noch – von der Haspa
ausgehenden Wettbewerbsdruck. Die Haspa – die bislang sowohl im
Bestandsgeschäft als auch im Neugeschäft Marktanteile nahe [10-20%] hält,
während
die
KSK
im
Neugeschäft
deutlich
schwächer
ist
als
im
Bestandsgeschäft – übt bislang auf die KSK Wettbewerbsdruck aus, der nach
Eingehung der kapitalunterlegten Kooperation weitgehend entfallen wird. Dieser
bislang bestehende Wettbewerbsdruck ist in den Ermittlungen, insbesondere
auch durch Sparkassen, bestätigt worden, in deren Gebiet die Haspa tätig ist.
Nach dem Zusammenschluss verfügen die Beteiligten schon auf Grund ihrer
absoluten Marktanteile über eine marktbeherrschende Position. Hinzu kommt
der deutliche Abstand der Beteiligten zu den nächstfolgenden Wettbewerbern.
Insbesondere die Volks- und Raiffeisenbanken, die typischerweise Kreditfinanzierungen für (kleine) Geschäftskunden bereitstellen, sind im Markt Lauenburg
insgesamt mit nur lediglich ca. 15% vertreten. Dieser Marktanteil verteilt sich
auf 8 Institute.
237. Die
KSK
verwendet
wie
im
Privatkundenbereich
auch
im
Geschäftskundenbereich die „Hausbank-Frage“, um ihre Marktstellung zu
bewerten. Die KSK erreicht hierbei nach einer für 2010 durchgeführten
Befragung363 bei Gewerbekunden einen Anteil von [40-50%], die Haspa von [510%]. Das Ergebnis entspricht weitgehend der volumenbasierten Betrachtung
des Marktes für Kredite an Geschäftskunden in Lauenburg. Darüber hinaus
zeigt
es
aber
auch,
dass
die
Beteiligten,
auch
im
Blick
auf
die
Gesamtkundenbeziehung und die entsprechenden Ertragspotenziale, über eine
ihrer Position auf dem Kreditmarkt entsprechende Stellung verfügen.
362
363
Ohne die Deutsche Ärzte- und Apothekerbank, ohne Abzug von Privatkrediten bzw. Prolongationen.
Anlage MAS_FK_2010 zur Antwort der KSK auf Frage 16 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
- 133 -
[...]
[...]
(ii) Von der Haspa geht derzeit im Gebiet der Sparkassen des Hamburger Umlandes
vorstoßender Wettbewerb aus
238. Auf Grund der besonderen Merkmale des Marktes für Kredite an
Geschäftskunden, insbesondere der Langfristigkeit der Kundenbeziehungen,
können Anbieter mit hohem Marktanteil ihre Marktmacht nutzen, um Erträge
aus den bestehenden Kundenbeziehungen zu erzielen, sie können aber darauf
verzichten, durch aggressive Preisstrategien oder Verbesserung der Qualität
ihrer Leistungen neue Kunden zu gewinnen, um ihre Einnahmen zu sichern.
Umgekehrt werden Anbieter mit kleinerem Marktanteil versuchen, ihren
Marktanteil über die Konditionengestaltung auszubauen, soweit sie auf Grund
ihrer Ressourcen hierzu in der Lage sind.364 Die Haspa akquiriert in den an
Hamburg angrenzenden Gebieten in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, in
denen sie im Vergleich zu den dortigen jeweils führenden Sparkassen in
kommunaler Trägerschaft im Regelfall Marktanteile von bis zu [10-20%] hält,
gezielt
auch
Gewerbekunden
und gestaltet
hierzu
entsprechend ihre
Konditionen. Bereits die Gründung von Filialen außerhalb Hamburgs in den
1970er und 1980er Jahren (sog. „Sparkassenkrieg“ um die Eröffnung von
Zweigstellen der Haspa in Schleswig-Holstein365) diente der Gewinnung neuer
Kunden bzw. dem Ausgleich der mit der Abwanderung gewerblicher Kunden
aus Hamburg in das Umland verbundenen Verluste. Wettbewerber, darunter
auch
Umlandssparkassen,
beschreiben
die
heutige
Preis-
und
Konditionenpolitik der Haspa als „sehr aggressiv“, die Preise und Konditionen
seien „nicht immer marktgerecht“ und Marktanteile sollten „um jeden Preis“
gewonnen werden.366 Kleinere Wettbewerber vermuten, bei Finanzierungen im
364
365
366
Vgl. Entscheidung der Kommission vom 3. Oktober 2007, Fall Nr. COMP/N.4844 – Fortis / ABN Amro
Assets, Rn. 101 ff.
Vgl. Antworten der Haspa auf Auskunftsersuchen vom 4. Oktober 2011.
Antwort der Sparkasse Lüneburg auf Frage 23 des Auskunftsbeschlusses vom 25. Juli 2011.
- 134 gewerblichen Bereich würden keine Risikokosten einkalkuliert.367 Zu diesen
Beobachtungen
passt,
dass
die
Haspa
in
Lauenburg
2010
einen
überproportional hohen Marktanteil im Neugeschäft, im Vergleich zum
Bestandsgeschäft, erreicht hat.
(iii) Mit der Eingehung kapitalunterlegter Kooperationen nimmt der Anreiz für die Haspa
ab, gegenüber den Beteiligungssparkassen in Wettbewerb zu treten
239. Es ist nicht zu erwarten, dass die Haspa nach der Eingehung der Minderheitsbeteiligung an der KSK und dem Abschluss des Kooperationsvertrages
weiterhin in Wettbewerb zur KSK tritt. [...]
240. Die Beteiligten stehen gegenwärtig in einem engen Wettbewerbsverhältnis
und werden aus Sicht der Geschäftskunden im Landkreis Lauenburg als
alternative Anbieter gewerblicher Finanzierungen wahrgenommen. Zum Teil
werden auch Finanzierungen beider Anbieter in Anspruch genommen.368 Im
Rahmen der Einschätzung zu den Auswirkungen des Zusammenschlusses hat
ein Kunde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass durch den Zusammenschluss
„strategisch ein aktiver Geschäftspartner der Geschäftsbeziehung“ entfällt.
Bedenken bestehen auch im Hinblick auf einen möglichen Austausch von
Daten zwischen der KSK und der Haspa nach dem Zusammenschluss. Darüber
hinaus wurden bereits im Rahmen der Due Diligence umfangreiche Daten
insbesondere zur Zusammensetzung des Kreditportfolios ausgetauscht.369
(2) Kapazitäten und Kapazitätsbeschränkungen
241. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass Wettbewerber der Beteiligten über
nicht genutzte Kapazitäten im Bereich der Vergabe von Krediten verfügen, auf
Grund derer
sie den Verhaltensspielraum der
Beteiligten nach dem
Zusammenschluss wirksam kontrollieren können. Kapazitätsgrenzen bei der
Vergabe von Krediten ergeben sich aus der Notwendigkeit der Unterlegung von
Kreditrisiken mit Eigenkapital und aus der Ausstattung der Institute mit
Personal- und Sachmitteln.
367
368
Antwort der Raiffeisenbank Bargteheide auf Frage 23 des Auskunftsbeschlusses vom 25. Juli 2011.
Vgl. die Antwort auf Frage 6 des Auskunftsbeschlusses vom 25. Juli 2011 (Gewerbekunden).
- 135 -
(i)
Darstellung der Beteiligten zu ihrer Eigenmittelausstattung
242. [...].370 Die Eigenkapitalsituation der KSK werde durch die Beteiligung lediglich
stabilisiert.371 Im Hinblick auf die absoluten Volumina der Eigenmittel weisen die
Beteiligten darauf hin, dass diese nur begrenzt aussagekräftig seien, weil
Geschäftsgebiete der Institute und der durch sie abzudeckenden Risiken
unterschiedlich groß seien.
(ii) Externe Kapazitätsgrenzen durch regulatorische Anforderungen
243. Regulatorische
Anforderungen
an
die
Mindestkapitalausstattung
von
Kreditinstituten beruhen im Wesentlichen auf den Vereinbarungen des Baseler
Ausschusses für Bankenaufsicht und – regelmäßig inhaltlich übereinstimmenden – Rechtsakten der Europäischen Union.372 Innerstaatlich werden diese
Vorgaben durch das Kreditwesengesetz und durch auf dem Kreditwesengesetz
beruhenden Rechtsverordnungen umgesetzt.
244. Auf Grund von § 10 KWG, der durch die Solvabilitäts-Verordnung (SolvV)
konkretisiert wird, sind Kreditinstitute zu einer angemessenen Ausstattung mit
Eigenkapital verpflichtet.373 Derzeit gilt eine Mindestquote des regulatorischen
Eigenkapitals im Verhältnis zu den gewichteten Risikopositionen374 von 8%.375
Bei den Beteiligten wie bei ihren regionalen Wettbewerbern aus dem
Sparkassenbereich bzw. dem genossenschaftlichen stellen Kreditrisiken aus
dem möglichen Ausfall von Krediten regelmäßig die größte mit Eigenkapital zu
unterlegende Position dar.376 Kreditrisiken sind differenziert zu bewerten, wobei
369
370
371
372
373
374
375
376
Anlage zur Antwort der Haspa auf Frage 2 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011, Präsentation der
BDO vom 19. August 2010.
[...]
Stellungnahme vom 2. Februar 2012.
Richtlinie 2006/48/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme
und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung), Amtsblatt L 177, S. 1, vom 30. Juni 2006
(„Bankenrichtlinie“); Richtlinie 2006/49/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni
2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten
(Neufassung), Amtsblatt L 177, S. 201, vom 30. Juni 2006 („Kapitaladäquanzrichtlinie“).
Vgl. den Überblick in Bundesbank, Monatsbericht Dezember 2006, S. 71, www.bundesbank.de.
Mit Eigenkapital unterlegt werden müssen Kreditrisiken, Marktpreisrisiken und operationelle Risiken.
Eingeführt durch die 1988 veröffentlichte Rahmenvereinbarung über Kapitalanforderungen für
Kreditinstitute („Basel I“), vgl. Bundesbank, Monatsbericht Dezember 2006, S. 70, www.bundesbank.de.
Berücksichtigt werden müssen Kreditrisiken, Marktpreisrisiken und operationelle Risiken.
Vgl. den Solvabilitätsbericht der Haspa 2010: Eigenkapitalanforderung von 1.947 Mio. EUR für
Kreditrisiken bei Eigenkapitalanforderung von insgesamt 2.204 Mio. EUR; Solvabilitätsbericht der KSK
- 136 -
die Kreditinstitute zwischen einem Standardansatz und institutseigenen
Ratingverfahren wählen können.377
245. Als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise wurde im Oktober 2010 das
Basel III-Regelwerk veröffentlicht, mit dem insbesondere die Eigenkapitalanforderungen erhöht werden.378 Die Umsetzung in die nationale Gesetzgebung
soll schrittweise bis Ende 2012 erfolgen. Dabei soll es Übergangsfristen geben,
die eine schrittweise Einführung der Neuregelungen bis spätestens 1. Januar
2019 vorsehen. Ein zentrales Element der Reform ist eine Neudefinition des
regulatorischen Eigenkapitals einhergehend mit einer Steigerung der Qualität
des Kernkapitals, damit Kreditinstitute künftig besser Verluste absorbieren
können.379 Nach der Reform umfasst das Eigenkapital hartes Kernkapital (z.B.
aus der Ausgabe von Aktien), zusätzliches Kernkapital und Ergänzungskapital.
Die Reform führt zu einem deutlichen Anstieg der Kernkapitalquote. Neu ist
auch die Einführung eines Kapitalerhaltungspuffers. Mit der Einführung eines
solchen Puffers wird die Idee verfolgt, der Bank den Ausgleich von Verlusten
aus dem Eigenkapital zu ermöglichen, ohne wegen des Unterschreitens der
Mindestkapitalquote unmittelbar aufsichtsbehördliches Eingreifen mit Folgen bis
hin zur Einstellung der Geschäftstätigkeit auszulösen. Der Anteil des harten
Kernkapitals
beträgt
nach
den
gegenwärtig
geltenden
internationalen
Vereinbarungen 2% der risikogewichteten Aktiva. Er wird bis zum Jahre 2015
schrittweise
auf
4,5%
angehoben,
unter
Einbeziehung
des
Kapitalerhöhungspuffers wächst er bis 2019 auf 7%.380
246. Zur Begrenzung der sich aus dem Umfang einzelner Kredite ergebenden
Risiken
bestehen
ferner
gesetzlich
festgelegte
Kreditobergrenzen
für
Großkredite (§ 13 KWG). Für die Beteiligten ergeben sich Höchstgrenzen der
Kreditvergabe je Einzelkreditnehmer im Wesentlichen aus ihrer eigenen
Kreditrisikostrategie, die regelmäßig deutlich unter den regulatorischen
377
378
379
380
2010: Eigenkapitalanforderung von 143 Mio. EUR für Kreditrisiken bei Eigenkapitalanforderung von
insgesamt 160 Mio. EUR.
Diese differenziertere Risikobewertung wurde durch die Basel II-Vereinbarung eingeführt, vgl.
Bundesbank, Monatsbericht Dezember 2006, S. 79, www.bundesbank.de.
Veröffentlicht unter www.bis.org.
Vgl. Bundesbank, Basel III – Leitfaden zu den neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregelungen für Banken,
S. 7 ff., www.bundesbank.de.
Vgl. Bundesbank, Basel III – Leitfaden zu den neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregelungen für Banken,
S. 17f., www.bundesbank.de.
- 137 -
Vorgaben liegen, nicht aus den regulatorischen Vorgaben zu Kreditobergrenzen.
247. Weiteren Einfluss auf den Umfang der Kreditvergabefähigkeit von Kreditinstituten hat die Verpflichtung, jederzeit über eine ausreichende Liquidität zu
verfügen (§ 11 KWG). Dies setzt ein entsprechendes Verhältnis der Fälligkeiten
der Mittel der Passivseite zu den Forderungen der Aktivseite voraus. Typischerweise besteht keine Fristenkongruenz zwischen Aktiv- und Passivgeschäften,
weil auf Grund von Erfahrungswerten davon ausgegangen werden kann, dass
an sich kurzfristig von Kunden abrufbare Einlagen dem Kreditinstitut
längerfristig zur Verfügung stehen und – innerhalb bestimmter Grenzen – eine
Fristentransformation, d.h. die Nutzung kurzfristiger Anleihen für längerfristige
Ausleihungen, möglich ist. Konkretisiert werden die Anforderungen in der
Liquiditätsverordnung. Zur Beurteilung der Liquidität werden Kennzahlen
herangezogen, die die jeweilige Zahlungsbereitschaft des Kreditinstituts
darstellen sollen.381 [...].382
248. Die Beteiligten verfügen über eine deutlich über den heutigen gesetzlichen
Anforderungen liegende Eigenmittelausstattung. Die KSK wies Ende 2010 eine
Kernkapitalquote von 9,7% und eine Gesamtkapitalquote von 14,0% aus.383 Die
Haspa Finanzholding verfügt über eine Kernkapitalquote von 10,8% und über
eine Gesamtkapitalquote von 12,6%.384 Eine höhere Kernkapitalquote als die
Haspa erreichen sehr kleine Kreditgenossenschaften, wobei die absolute Höhe
ihres Kernkapitals nur einen Bruchteil des Haspa-Kernkapitals ausmacht. Auch
bei einer auf die Sparkassen in Schleswig-Holstein bezogenen Betrachtung für
das Jahr 2009385 liegt die KSK mit 9,3% im oberen Bereich der
Kernkapitalquoten.386 Die niedrigste Kernkapitalquote liegt bei 6,0%; übertroffen
wird die Kernkapitalquote nur von der Sparkasse Hennestedt/Wesselburen mit
381
382
383
384
385
386
Vgl. die Darstellung der Bundesbank auf www.bundesbank.de, § 2 Abs. 1 LiqV.
[...]
Offenlegungsbericht der KSK nach Teil 5 der Solvabilitätsverordnung (SolvV) zum 31. Dezember 2010,
www.ksk-ratzeburg.de.
Offenlegungsbericht 2010, S. 5, www.haspa-finanzholding.de. Die Werte der Hamburger Sparkasse als
Teil der Haspa-Gruppe liegen mit 5,3% bzw. 9,8% niedriger.
Aus der Präsentation der Haspa für die Vorstandsbesprechung am 15. Juni 2010, Folie 5, Anlage zur
Antwort der Haspa auf Frage 1 c des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Antwort der Haspa auf Frage 1c des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011 (Präsentation vom 15. Juni
2010, Folie 5)
- 138 -
10,2%. Gemessen an der absoluten Größe der zur Verfügung stehenden
Eigenmittel
ist
die
Haspa
führend.
Auch
wenn
eine
unmittelbare
Vergleichbarkeit schwierig ist – entscheidend kommt es auf die Struktur der
kapitalunterlegten Risiken an, auch ein Institut mit absolut hohen Eigenmitteln
kann wie derzeit Großbanken unter Kapitalrestriktionen leiden, wenn es Risiken
verstärkt mit Kapital unterlegen muss – zeigt es doch die besondere Stellung
der Haspa, die von ihrem Geschäftsmodell den umliegenden Sparkassen und
Volks- und Raiffeisenbanken näher steht als den Großbanken. Die Großbanken
betreiben zwar – auch – filialgestütztes Retailbanking und insbesondere
vergeben sie Kredite an Geschäftskunden; der darüber hinausgehende Teil
ihrer Tätigkeit, der Eigenmittel in erheblichem Umfang bindet, ist aber weitaus
bedeutender
als
die
Firmenkundengeschäft
Tätigkeit
über
die
der
Haspa,
Tätigkeit
der
die
insbesondere
im
schleswig-holsteinischen
Sparkassen hinausgehen. Für die KSK ist der Ressourcenzuwachs durch die
Beteiligung der Haspa erheblich: Ihre Kernkapitalquote wird durch die
Kapitalzufuhr in Höhe von [...] EUR zwischen [1-5] und [1-5] Prozentpunkte
steigen.387 Auch wenn die KSK künftig weitere Belastungen auf Grund neuer
regulatorischer Anforderungen oder Abschreibungen auf ihre Beteiligungen
erwartet, hat sie damit gegenüber Wettbewerbern, die eine solche Kapitalzufuhr
nicht erhalten, einen signifikanten Vorteil. Die folgende Grafik zeigt den
absoluten Betrag des Kernkapitals der Beteiligten und ihrer Wettbewerber
sowie die jeweilige Kernkapitalquote je Institut.
387
[...]
- 139 -
Abbildung 8388
Kernkapital (Mio. EUR)
3.500,00
3.000,00
2.967,00
2.500,00
2.000,00
1.500,00
1.000,00
Kernkapital (Mio. EUR)
500,00
321,80
196,50
194,20
108,10
37,60
22,00
19,00
17,50
17,50
16,00
6,69
0,00
249. Ein darüber hinausgehender Vergleich mit den Kernkapitalquoten der
Großbanken oder der Zentralinstitute des Sparkassensektors bzw. des
genossenschaftlichen Bereichs ist schwierig. Denn wegen ihres andersartigen
Geschäftsmodells haben diese ihre Eigenmittel längerfristig in anderen
Bereichen gebunden und müssen andere Risiken abdecken als Sparkassen
und Volks- und Raiffeisenbanken. Beobachtet wurde jedoch in der 2008
einsetzende Wirtschafts- und Finanzkrise, dass einige dieser Institute ihr
Engagement reduziert haben. Auf Grund nach wie vor bestehender
Risikopositionen und entsprechender Belastung der Eigenmittel ist auch nicht
zu
erwarten,
dass
sie
ihre
Kreditengagements
im
Geschäftskunden-
kreditbereich deutlich ausweiten würden in Reaktion auf eine Konditionen-
388
Angaben aus den Solvabilitätsberichten der Institute 2010. Die Volks- und Raiffeisenbank Mölln und die
Raiffeisenbank Südstormarn haben zwischenzeitlich fusioniert.
- 140 verschlechterung der Zusammenschlussbeteiligten.389 Dies gilt umso mehr, als
auf Grund der jüngsten Beschlüsse des Europäischen Rates „systemrelevante“
Kreditinstitute strengeren Anforderungen unterworfen werden und bis zum 30.
Juni 2012 eine Kernkapitalquote von 9% nachweisen müssen.390
250. Die Haspa ist offensichtlich auf Grund ihrer Kapitalausstattung in der Lage, im
Rahmen der angestrebten Kooperationen Partnersparkassen mit Kapital
auszustatten. Soweit Volks- und Raiffeisenbanken in der Region über
vergleichsweise hohe Kernkapitalquoten verfügen, ist ihre Möglichkeit zur
Ausweitung der Kreditvergabe in absoluten Größen gering. Die Marktposition
der KSK wird durch die Kapitalzufuhr abgesichert.
(iii) Interne Kapazitätsgrenzen
(a) Institutsindividuelle Kreditrisikostrategie
251. Die Beteiligten und ihre Wettbewerber legen ihrer Kreditvergabe interne
Kreditrisikostrategien zu Grunde. Auf Grund von § 25a KWG sind sie
verpflichtet,
über
ein
angemessenes
Risikomanagement
zu
verfügen,
insbesondere auch um aus der Vergabe von Krediten resultierende Risiken
beherrschen zu können. Konkretisiert werden die Anforderungen in der „Säule
II“ der Basel II-Vereinbarung bzw. in der Bankenrichtlinie391, innerstaatlich
maßgeblich sind die Mindestanforderungen an das Risikomanagement
(MaRisk), ein Rundschreiben der BaFin392.
252. Ziel der
Kreditrisikostrategien ist unter
anderem eine angemessene
Zusammensetzung des Kreditportfolios im Hinblick auf Branchen, Risikoklassen
und Größenklassen. Ein Element der Kreditrisikostrategien ist – über die
gesetzlichen Vorgaben hinaus – die Vermeidung von Klumpenrisiken, die sich
aus einer im Verhältnis zu den Eigenmitteln des Kreditinstituts zu hohen
389
390
391
392
Vgl. Antwort der KSK auf Frage 3 d des Auskunftsersuchens vom 11. Juli 2011: „Im Rahmen der
Finanzkrise 2008/2009 war ein ähnliches Verhalten zu verzeichnen. Einige der Großbanken haben sich
fast vollständig aus dem Kreditgeschäft zurückgezogen.“
EURO Summit Statement der Staats- und Regierungschefs vom 26. Oktober 2011, Annex 2, veröffentlicht
auf der Internet-Seite des Europäischen Rates, www.european-council.europa.eu.
Richtlinie 2006/48/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme
und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung), Amtsblatt L 177, S. 1, vom 30. Juni 2006.
Neufassung vom 15. Dezember 2010, www.bafin.de.
- 141 -
Kreditgewährung an einzelne Kreditnehmer ergeben. Die Haspa begrenzt im
Gewerbekundengeschäft
das
Obligo
auf
grundsätzlich
[...]
EUR
je
Kreditnehmereinheit, d.h. etwas über [...] ihres auf Grund der Solvabilitätsverordnung ermittelten Kernkapitals von 2.967 Mio. EUR. Für Betriebsmittelkredite ohne Besicherung liegt die Grenze bei [...] EUR, wobei Neukunden
besondere Bonitätsanforderungen erfüllen müssen.393 Die KSK hat erklärt, sie
lege hausintern Risikoverbünde394 zu Grunde, die meist weiter definiert seien
als der auf dem Kreditwesengesetz beruhende Begriff der Kreditnehmereinheit.
Die Grenze je Risikoverbund sei insgesamt deutlich unterhalb der Grenzen des
Kreditwesengesetzes für Großkredite angesiedelt.395 Die Wettbewerber der
Beteiligten haben vergleichbare Begrenzungen auf Grund ihrer internen
Kreditrisikostrategien.
(b) Betriebliche Kapazitätsgrenzen
253. Die Kreditvergabekapazität wird auch durch personelle Kapazitäten begrenzt.
Schon auf Grund der Vorgaben der MaRisk sind die Funktionen der Initiierung
eines Kreditgeschäftes und der als Votum bezeichneten Empfehlung (Funktion
„Markt“) von dem Bereich zu trennen, der auf Grund einer Bewertung der mit
dem Engagement verbundenen Risiken über ein weiteres Votum verfügt
(Funktion „Marktfolge“). Die Kreditgewährung setzt grundsätzlich zustimmende
Voten beider Bereiche voraus. [...].396 Auch die Haspa nimmt an, dass eine
nachhaltige Ausweitung der Kreditvergabe nur mit entsprechender Anpassung
der Ressourcen möglich ist.397 Ähnlich ist die Situation bei den regionalen
Wettbewerbern der Beteiligten. Großbanken sind tendenziell eher in der Lage,
auf
Grund
ihres
insgesamt
größeren
Personalpools
Umschichtungen
vorzunehmen, wegen ihrer im Vergleich zu den Sparkassen bzw. Volks- und
Raiffeisenbanken aber sehr viel geringeren Filialdichte in ihren Möglichkeiten
aber begrenzt.
(iv) Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die Kreditvergabefähigkeit der KSK
393
394
395
396
397
[...]
Zusammenfassung mehrerer Kunden, denen einheitliches Risiko zugeordnet wird.
Antwort der KSK auf Frage 3 des Auskunftsersuchens vom 11. Juli 2011.
[...]
Antwort der Haspa auf Frage 3 des Auskunftsersuchens vom 11. Juli 2011.
- 142 -
254. Durch die Beteiligung der Haspa am Stammkapital erhöht sich das Kernkapital
um [...] EUR.398 Damit werden die Möglichkeiten der KSK, Kredite zu vergeben,
deutlich erweitert. Für die KSK ist die verbesserte Kapitalausstattung durch die
Beteiligung der Haspa von erheblicher Bedeutung. [...] Die HSH Nordbank, die
als Landesbank typischerweise die Rolle eines Konsortialpartners übernommen
hätte, stand auf Grund ihrer Schwierigkeiten in Folge der Wirtschafts- und
Finanzkrise nicht mehr als Mitfinanzierer zur Verfügung. Gleichzeitig musste die
KSK wie andere schleswig-holsteinische Sparkassen sich an Stützungsmaßnahmen für in Schwierigkeiten geratene Sparkassen in Schleswig-Holstein
beteiligen und den aus der Krise der HSH Nordbank resultierenden Wertberichtigungsbedarf aus dieser Beteiligung verkraften. Ihre Möglichkeiten zur
Eigenkapitalbildung waren und sind deshalb stark eingeschränkt.399 Mit der
Kapitalzufuhr erhöht die KSK den Abstand insbesondere zu ihren Wettbewerbern aus dem genossenschaftlichen Bereich. Sie ist damit in der Lage, auch
größere Einzelrisiken in ihr Portfolio zu nehmen und gleichzeitig ihr Engagement im Geschäftskundenbereich beizubehalten.
255. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass die KSK auch Dienstleistungen der NRS
in der Kreditsachbearbeitung in Anspruch nehmen wird und so personelle
Kapazitäten einsparen kann. In diesem Bereich bietet die NRS für das
Risikomanagement relevante Leistungen an wie Auswertung von Vermögensunterlagen der Kreditnehmer, Bilanzanalysen und die Überwachung der
Einhaltung regulatorischer Kreditobergrenzen nach § 18 KWG.400 Darüber
hinaus werden Leistungen in der Abwicklung (z.B. Überprüfung von Sicherheiten) und weitere Leistungen wie Darlehensbuchhaltung, Grundbuchsachbearbeitung, Schätzungen angeboten.401 Sie hatte eine Inanspruchnahme von
Leistungen in der Kreditsachbearbeitung im Jahr 2009 verworfen.402 Nach der
Eingehung
der
kapitalunterlegten
Kooperation
wird
die
Haspa
ihre
Einflussmöglichkeiten nutzen, um auch die KSK zur Nutzung dieser Leistungen
398
399
400
401
Vgl. Stellungnahme vom 2. Februar 2012. Ursprünglich wurden [...] EUR genannt, vgl. Antwort der KSK
auf Frage 2 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011 (Präsentation vom 28. Juli 2010).
Vgl. die Beschreibung der strategischen Hintergründe des Zusammenschlusses aus Sicht der KSK in ihrer
Antwort auf Frage 1 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 5 a des Auskunftsersuchens vom 30. August 2011 (Präsentation zur
NRS, S. 5).
Vgl. Anlage zur Antwort der Haspa auf Frage 5 des Auskunftsersuchens vom 30. August 2011
(Präsentation der NRS, Folie 5).
- 143 -
zu veranlassen. Insoweit dürfte das Verhalten der freien Sparkassen typisch
sein, die alle fast die gesamte Produktpalette der NRS und insbesondere die
Kreditsachbearbeitung nutzen.403
(3) Wechselbereitschaft der Kunden und Wechselkosten
256. Kennzeichnend für den Markt für Kredite an Geschäftskunden ist die
Langfristigkeit der Geschäftsbeziehungen zum Kreditgeber und – jedenfalls für
den betrachteten Raum – der relativ große Anteil der Geschäftskunden, die
lediglich einen Kreditgeber haben. Insoweit können die Ergebnisse der
Befragung von Gewerbekunden im Gebiet der Hansestadt Hamburg, des
Kreises Herzogtum Lauenburg und unmittelbar angrenzender Gebiete im
Landkreis Harburg und im Landkreis Stormarn mit herangezogen werden. Dies
gilt insbesondere, da in den benachbarten Landkreisen die Marktverhältnisse
zumindest vergleichbar sind. Die regionalen Sparkassen in kommunaler
Trägerschaft sind führend, zu denen die Haspa in Wettbewerb tritt. Die in den
jeweiligen Gebieten vertretenen Volks- und Raiffeisenbanken verfügen
regelmäßig nur über geringe Marktanteile.
257. Zur Auswahl einer Gruppe von Gewerbekunden hat die Beschlussabteilung
ein zweistufiges Verfahren angewendet. Die Beteiligten sind zunächst
aufgefordert
worden,
abstrakt
Kriterien
für
die
Bestimmung
einer
repräsentativen Gruppe ihrer Gewerbekunden zu nennen. In ihrer Antwort
haben
sie
darauf
hingewiesen,
dass
im
Hinblick
auf
die
Branchendifferenzierung und die geografische Verteilung Repräsentativität zu
gewährleisten sei; regelmäßig bedienten sie sich in diesen Fällen der Hilfe
eines Marktforschungsinstituts. Darüber hinaus sollten auch die auf internen
Segmentierungen beruhenden Kundengruppen angemessen berücksichtigt
werden.404 Daraufhin sind die Beteiligten aufgefordert worden, auf der
Grundlage dieser Kriterien jeweils 50 Gewerbekunden zu benennen. Beide
Beteiligte sind dem nachgekommen, die KSK hat ihr Vorgehen bei der Auswahl
im Einzelnen nochmals erläutert. Von den auf dieser Grundlage ermittelten 100
402
403
404
Antwort der KSK auf Frage 4 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
Vgl. Antwort der Haspa auf Frage 5 g des Auskunftsersuchens vom 30. August 2011.
Antwort der Haspa auf Frage 17 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011, Antwort der KSK auf Frage
14 des Auskunftsersuchens vom 30. Juni 2011.
- 144 -
befragten Gewerbekunden haben 74 verwertbare Antworten geliefert. Die
Ergebnisse der Befragung bestätigen die auch in anderen Untersuchungen
festgestellten besonderen Merkmale der Geschäftskundenmärkte im Hinblick
auf die Dauerhaftigkeit der Geschäftsbeziehungen.405
258. Die Befragung von Geschäftskunden der Beteiligten hat bestätigt, dass
typischerweise Geschäftsbeziehungen zwischen Geschäftskunden und ihren
Kreditgebern langfristig angelegt sind. Geschäftskunden bauen im Regelfall
eine Bankverbindung auf, um dauerhaft ihren Kapitalbedarf zu decken und über
einen Ansprechpartner – auch bei unvorhersehbarem Kapitalbedarf auf Grund
der Entwicklung ihres Erwerbsgeschäfts oder der gesamtwirtschaftlichen
Situation – zu verfügen. Ein Wechsel des Kreditgebers ist für sie häufig mit
Nachteilen verbunden, soweit Kreditinstitute die Bonität von Neukunden, deren
Zahlungsverhalten sie nicht bereits aus einer bestehenden Geschäftsbeziehung
heraus
beurteilen
Bestandskunden.
können,
Hinzu
schlechter
kommt,
bewerten
dass
bei
als
die
langfristig
Bonität
von
angelegten
Geschäftsbeziehungen die Überbrückung von Kapitalengpässen auf Grund
wirtschaftlicher Schwierigkeiten leichter ist, weil der Kreditgeber dann eher
bereit sein wird, die Geschäftsbeziehung im Hinblick auf die in der
Vergangenheit gezeigte Kapitaldienstfähigkeit fortzusetzen. Der Wechsel zu
einem neuen Kreditgeber, der verbunden ist mit einer vorzeitigen Ablösung
bisher bestehender Kredite, kann überdies für den Kreditnehmer Kosten mit
sich bringen, wenn er den Kreditgeber auf Grund der Tilgung vor Fälligkeit
entschädigen muss. Aus Sicht der Anbieter sind die Geschäftsbeziehungen zu
ihren gewerblichen Kreditnehmern ebenfalls langfristig angelegt. Teil dieser
Kundenbeziehung ist der regelmäßige Kontakt mit dem Kundenbetreuer, der
die wirtschaftliche Situation des Kunden analysiert, um die dauerhafte
Kapitaldienstfähigkeit sicherzustellen und veränderte Risiken erkennen zu
können. Die Intensität der Kontakte ist unterschiedlich und hängt stark vom
jeweiligen Kreditnehmer bzw. dessen Geschäftstätigkeit ab; zum Teil
beschränkt sich der Kontakt auf eine jährliche Erörterung der Unternehmenskennzahlen, zum Teil werden aber auch deutlich häufiger Informationen
405
Vgl. die Sektoruntersuchung der Kommission, Interim Report II vom 17. Juli 2006, Current Accounts and
Related Services, S.22 (dort vor allem in Bezug auf Konten), veröffentlicht auf ec.europa.eu.
- 145 ausgetauscht und die aktuelle Situation des Kunden erörtert.406 Standard ist die
Vorlage des Jahresabschlusses und der Betriebswirtschaftlichen Auswertung
(BWA). Geschäftsbeziehung über Jahre und zum Teil Jahrzehnte sind vor
diesem Hintergrund nicht selten. Aus der Befragung der Gewerbekunden hat
sich eine durchschnittliche Dauer der Geschäftsbeziehung mit dem einzigen
bzw. aus Sicht des Kunden bedeutendsten Kreditgebers von deutlich über 10
Jahren ergeben.
259. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass ein erheblicher Teil von Geschäftskunden
ihren Kapitalbedarf im Wesentlichen über einen Kreditgeber deckt. In der
Befragung haben weniger als 40% der Befragten zwei oder mehr Kreditgeber
genannt.407 Insbesondere für kleinere Geschäftskunden408 ist es nicht sinnvoll,
ihren vergleichsweise geringen Kapitalbedarf bei mehreren Kreditinstituten zu
decken.
(4) Randsubstitution durch alternative Finanzierungsformen (Leasing,
Factoring, Fahrzeugherstellerfinanzierung)
260. Von alternativen Finanzierungsformen, insbesondere von Leasing, geht kein
hinreichender Wettbewerbsdruck aus, der die marktbeherrschende Stellung der
Beteiligten auf dem Markt für Kredite an Geschäftskunden in Frage stellt.
Wegen der vielfach mit Leasing verknüpften weiteren Dienstleistungen – die
eine große Bandbreite haben und durch ihren modularen Aufbau an den
konkreten Bedürfnissen des Kunden ausgerichtet werden können – bestehen
von vornherein nur sehr eingeschränkte Substitutionsbeziehungen. Darüber
hinaus sind die Substitutionsbeziehungen aber auch im Hinblick auf die reine
Finanzierungsfunktion eingeschränkt, weil Leasing die Finanzierungsmöglichkeiten des Leasingnehmers erweitert und daher komplementären Charakter
gegenüber Kreditfinanzierungen hat.
406
407
408
Vgl. i.E. die Antworten auf Frage 7 des Auskunftsbeschlusses vom 25. Juli 2011 (Gewerbekunden).
Von den 74 befragten Kunden nehmen 55 einen Kredit in Anspruch, 21 haben mindestens zwei
verschiedene Kreditgeber.
Vgl. die Antworten der Befragten mit einem jährlichen Umsatz von unter 50 TEUR und zwischen 50 TEUR
und 250 TEUR: Von 8 Unternehmen mit einem jährlichem Umsatz von weniger als 50 TEUR nimmt
lediglich eines einen Kredit in Anspruch; von den 14 Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 50 TEUR
und 250 TEUR nehmen 4 keinen Kredit in Anspruch, 7 haben einen Kreditgeber, 3 haben zwei
Kreditgeber. Von den 4 Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 2,5 Mio. EUR und 15 Mio. EUR
nehmen drei keinen Kredit in Anspruch, 3 haben einen, 3 haben zwei und eines hat drei Kreditgeber.
- 146 -
261. Im Hinblick auf den Gesamtkreditmarkt kommt Leasing als Alternative
überhaupt nur für einen Teil der mittels Investitionsdarlehen finanzierten
Bereiche des Anlagevermögens in Betracht. Die Beteiligten selbst nehmen an,
dass bei der KSK der Anteil der gesamten Investitionsfinanzierung bei 10-20%
am Kreditneugeschäft liegt, bei der Haspa bei 12%.409 Damit ist der Anteil des
Kreditgeschäfts, für den überhaupt alternative Finanzierungen über Leasing in
Betracht kommen, relativ gering und die Prognose, von diesen Angeboten gehe
hinreichender
Wettbewerbsdruck
auf
das
gesamte
Kreditangebot
der
Beteiligten aus, nicht zu begründen. Auch die von den Beteiligten vorgelegte
Übersicht über die Fälle, in denen die KSK ihren Kunden ein Leasingangebot
gemacht hat, dieses aber nicht zum Zuge gekommen ist, spricht für einen nur
begrenzten
Substitutionswettbewerb.
Demnach
waren
in
der
weit
überwiegenden Zahl der Fälle Leasingfinanzierungen der Wettbewerber und
nicht Kreditfinanzierungen attraktiver als die Leasing-Angebote der KSK. Lässt
man die auf Grund mangelnder Bonität oder aus anderen Gründen nicht
zustande gekommenen Fremdfinanzierungen außer Betracht, wurden von den
insgesamt zu Stande gekommenen Investitionen in Höhe von [...] EUR über [...]
durch Leasing-Angebote der Wettbewerber finanziert.410
262. Gegen die Annahme, dass der Verhaltensspielraum der Beteiligten auf dem
Kreditmarkt durch die Leasingangebote von Wettbewerbern hinreichend
kontrolliert wird, um die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung
ausschließen zu können, spricht insbesondere, dass die Beteiligten hierauf im
Wesentlichen mit dem Vertrieb von Leasingprodukten ihres Verbundpartners,
der Deutschen Leasing, reagieren, d.h. durch eine Erweiterung ihres
Leistungsspektrums
und
nicht
durch
eine
Veränderungen
ihres
Angebotsverhaltens auf dem Kreditmarkt. Denn die allgemeinen Konditionen
von
Investitionsdarlehen
legen
die
Beteiligten
wie
ihre Wettbewerber
risikoadjustiert unter Berücksichtigung der Besicherung, dem Volumen, dem
Rating des Kunden und der Zinsbindung fest411, eine generell differenzierte
Preisgestaltung je nachdem, ob für eine bestimmte Finanzierung auch eine
409
410
411
Vgl. Anlage FB1 zur Antwort der Beteiligten auf Frage 6 des Auskunftsersuchens vom 27. Januar 2012;
PKW, LKW, Maschinen, ohne Inventar und EDV.
[...]
Vgl. Anlage zur Antwort der KSK auf Frage 2 des Auskunftsersuchens vom 11. Juli 2011.
- 147 Leasingfinanzierung in Betracht kommt, erfolgt nicht.412 Mit dieser Erweiterung
ihres Angebots können sie auf die spezifischen Bedürfnisse ihrer Kunden
reagieren, die sie mit reiner Kreditfinanzierung – besonders deutlich im
Fahrzeugbereich, wo der überwiegende Teil der Finanzierungen über Leasing
abgewickelt wird – nicht abdecken könnten. Ihre Rolle im SparkassenFinanzverbund charakterisiert die Deutsche Leasing daher folgendermaßen:
„Innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe ist die Deutsche Leasing das LeasingKompetenzzentrum.
Als
deutscher
Branchenführer
ergänzt
sie
das
ganzheitliche Sparkassen-Finanzkonzept und stärkt damit die Marktposition der
Sparkassen. [...] Die Sparkassen wählen für ihre Kunden aus dem modularen
Produktportfolio der Deutsche Leasing. Das passende Angebot ist abhängig
von den jeweiligen Kundenbedürfnissen und kann sowohl schlank und
weitgehend standardisiert als auch individuell zugeschnitten sein. [...] In allen
Fällen bleibt der direkte Kundenkontakt der Sparkasse erhalten, und sie kann
über ihren Verbundpartner Deutsche Leasing die Kundenbindung sogar
ausweiten.“413 Soweit man auf die Gesamtkundenbeziehung abstellt und die
Fähigkeit der Beteiligten, Ertragspotenziale aus diesen Geschäftsbeziehungen
zu sichern und auszubauen, verfügen sie auch mit der Deutsche Leasing über
einen der führenden Anbieter von Leasingprodukten, vor Anbietern wie VR
Leasing, SüdLeasing, IKB Leasing, Gefa und Commerz Real.414
263. Der von Factoring-Angeboten ausgehende Wettbewerbsdruck ist schon
deswegen gering, weil Factoring bei kleineren Forderungsvolumina mit im
Vergleich zu Betriebsmittelkrediten hohen Kosten führt. Insbesondere für die
Geschäftskunden, die regelmäßig nur über kleinere Forderungsvolumina
gegenüber
ihren
Abnehmern
verfügen,
sind
deshalb
Factoring
und
Betriebsmittelkredite kaum austauschbar. Darüber hinaus reagieren auch hier
die Beteiligten auf Wettbewerbsdruck, indem sie auf Produkte der Deutschen
Factoring,
ebenfalls
einem
Unternehmen
der
Sparkassenfinanzgruppe
zurückgreifen.
412
413
414
Dies schließt eine Preisreaktion in Einzelfällen – etwa im Rahmen der hierarchisch gestuften Kompetenz
zu Konditionszugeständnissen – nicht aus.
Geschäftsbericht 2009/2010, S.18, www.deutsche-leasing.com .
Geschäftsbericht 2009/2010, S.6, www.deutsche-leasing.com und von den Beteiligten vorgelegte
Übersicht in der Anlage FB1 zur Antwort der Beteiligten auf Frage 6 des Auskunftsersuchens vom 27.
Januar 2012.
- 148 -
264. Auch von den Finanzierungsangeboten der herstellergestützten Anbieter für
Fahrzeugfinanzierungen geht kein Wettbewerbsdruck aus, der die marktbeherrschende Stellung der Beteiligten auf dem Geschäftskundenkreditmarkt
relativiert. Soweit diese Unternehmen – wie bei der gewerblichen Fahrzeugfinanzierung häufig – Leasing anbieten, ist ein solcher relevanter Substitutionswettbewerb aus den oben dargestellten Gründen ohnehin nicht ausreichend,
um den Verhaltensspielraum der Beteiligten auf dem Kreditmarkt zu begrenzen.
Aber auch bei einer Betrachtung der reinen Kreditfinanzierungen kann ein
solcher Druck nicht angenommen werden. Denn solche Kreditfinanzierungen
betreffen immer nur ein Fahrzeug eines Herstellers, sobald sich ein Käufer für
ein Fahrzeug eines bestimmten Herstellers entschieden hat, scheiden die
Autobanken aller anderen Hersteller für ihn als Alternative aus. Selbst wenn
man aber unterstellte, die gesamten von Autobanken bereitgestellten
Kreditfinanzierungen seien – als dem jeweiligen Nachfrager vollständig zur
Verfügung stehendes Alternativangebot – mit in den relevanten Markt
einzubeziehen, ist der Anteil gering: Ausgehend von Statistiken des Verbandes
des Arbeitskreises der Banken und Leasinggesellschaften der Automobilwirtschaft mit einem Abdeckungsgrad von über 90% der in Deutschland
zugelassenen Pkw415 haben die Beteiligten für den Kreis Herzogtum Lauenburg
einen Anteil aller Autobanken an Finanzierungen von unter 1% berechnet. Auch
soweit die Anbieter von Nutzfahrzeugen – die regelmäßig ohnehin eher
Leasingfinanzierungen anbieten416 – in diesen Volumina nicht erfasst werden,
kann ausgeschlossen werden, dass von diesen Anbietern ein solcher Druck auf
die Beteiligten ausgeübt wird, dass ihr wettbewerblicher Verhaltensspielraum
auf dem Markt für Kredite an Geschäftskunden wirksam kontrolliert wird.
(5) Markt Hamburg
265. Die Marktanteile der Beteiligten und ihrer Wettbewerber in Hamburg ergeben
sich aus den folgenden Tabellen.
415
416
Email des AKA vom 12. Januar 2012.
Vgl. Email des AKA vom 10. Februar 2012.
- 149 -
Tabelle 16
Hamburg - Geschäftskundenkredite
Kreditvolumen gesamt
11.000-13.000 Mio. EUR
Kreditinstitut
Marktanteil Kreditbestand
Haspa
KSK Herzogtum Lauenburg
Sparkasse zu Lübeck
Commerzbank AG
[40-50%]
[1-5%]
kleiner 1%
10-20%
UniCredit
5-10%
Sparkasse Südholstein
5-10%
Donner&Reuschel
1-5%
Sparkasse Holstein
1-5%
Deutsche Bank/Postbank
1-5%
Hamburger Volksbank
1-5%
Sparkasse Harburg-Buxtehude
1-5%
Deutsche Kreditbank AG
1-5%
M.M.Warburg & CO KGaA
1-5%
Rest (Wettbewerber unter 1% Marktanteil)
1-5%
- 150 -
Tabelle 17
Hamburg - Neugeschäft Geschäftskundenkredite
Kreditvolumen gesamt
2.000-3.000 Mio. EUR
Kreditinstitut
Anteil
Haspa
[40-50%]
KSK Herzogtum Lauenburg
[1-5%]
Sparkasse zu Lübeck
1-5%
Sparkasse Südholstein
10-20%
UniCredit
10-20%
Deutsche Kreditbank AG
1-5%
Sparkasse Holstein
1-5%
Commerzbank AG
1-5%
Deutsche Bank/ Postbank
1-5%
Hamburger Volksbank
1-5%
Sparkasse Harburg-Buxtehude
1-5%
Donner&Reuschel
1-5%
Rest (unter 1% Marktanteil)
1-5%
266. Im Hamburger Markt für die Vergabe von Krediten an Geschäftskunden hat
die Haspa eine starke Stellung, auf Grund der marginalen Rolle der KSK ist
eine weitere Verstärkung dieser Stellung aber nicht zu erwarten. Im
Bestandsgeschäft liegt der Anteil der Haspa bei über 40%; entsprechend der
Ausweitung ihres Kreditengagements auch im Geschäftskundenbereich ist ihr
Anteil am Neugeschäft 2010 höher. Bei der wettbewerblichen Würdigung ist
weiter zu berücksichtigen, dass die in Hamburg mit einer eigenen Filiale
vertretene Sparkasse Südholstein (Hamburg-Niendorf) auf Grund ihrer bereits
erklärten Absicht, mit der Haspa ebenfalls eine kapitalunterlegte Kooperation
einzugehen, kaum noch in Wettbewerb zur Haspa treten wird. Sie hat insoweit
erläutert, sie befinde sich „derzeit im laufenden Prozess zur Eingehung einer
- 151 Minderheitsbeteiligung der Haspa Finanzholding.“417 [...].418 Vor diesem
Hintergrund und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Haspa der
Sparkasse Südholstein auf Grund ihrer wirtschaftlich angespannten Lage
bereits Mittel in Form eines Nachrangdarlehens zur Verfügung gestellt hat,419 ist
nicht zu erwarten, dass sie in Wettbewerb zur Haspa treten wird. Die übrigen
Wettbewerber
verfügen
nur
über
deutlich
kleinere
Marktanteile
und
insbesondere die auf die Volks- und Raiffeisenbanken entfallenden Anteile sind
zersplittert. Die nicht durch Filialen in Hamburg vertretene KSK übt indessen
einen nur geringen Wettbewerbsdruck aus, so dass eine weitere Verstärkung
der Stellung der Haspa nicht erwartet werden kann.
(6) Markt Lübeck
267. Die Marktanteile der Beteiligten und ihrer Wettbewerber in Lübeck ergeben
sich aus den folgenden Tabellen:
417
418
419
Antwort der Sparkasse Südholstein auf Frage 23 des Auskunftsbeschlusses vom 11. Juli 2011.
[...]
Antwort der Haspa auf Frage 2 des Auskunftsbeschlusses vom 30. Juni 2011, Niederschrift der
Verwaltungsratssitzung vom 30. Juni 2010, TOP 7.
- 152 -
Tabelle 18
Hansestadt Lübeck - Geschäftskundenkredite
Kreditvolumen gesamt
1.000-2.000 Mio. EUR
Kreditinstitut
Marktanteil Kreditbestand
Sparkasse zu Lübeck
40-50%
KSK Herzogtum Lauenburg
[1-5%]
Haspa
[1-5%]
Volksbank Lübeck eG
10-20%
Commerzbank AG
5-10%
Deutsche Bank/ Postbank
5-10%
Sparkasse Holstein
5-10%
UniCredit
1-5%
Santander Bank
1-5%
Sparkasse Südholstein
1-5%
Rest (unter 1% Marktanteil)
1-5%
Tabelle 19
Hansestadt Lübeck - Neugeschäft Geschäftskundenkredite
Kreditvolumen gesamt
200-300 Mio. EUR
Kreditinstitut
Anteil
Sparkasse zu Lübeck
KSK Herzogtum Lauenburg
Haspa
Volksbank Lübeck eG
40-50%
[1-5%]
[kleiner 1 %]
20-30%
Deutsche Bank/ Postbank
5-10%
UniCredit
5-10%
Sparkasse Holstein
5-10%
Commerzbank AG
1-5%
Sparkasse Südholstein
1-5%
Rest (unter 1% Marktanteil)
kleiner 1%
- 153 -
268. Im Lübecker Markt verfügt die Sparkasse zu Lübeck über hohe Marktanteile.
Auch insoweit ist der von der KSK ausgehende Wettbewerbsdruck aber gering,
so dass von der Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden
Stellung nicht ausgegangen werden kann.
b) Übrige Märkte
(1) Girokonten für Gewerbekunden in Lauenburg
269. Der Girokontenmarkt für Gewerbekunden stellt einen Bagatellmarkt im Sinne
der
Zusammenschlusskontrolle
dar
und
unterliegt
damit
nicht
der
wettbewerblichen Beurteilung. Nach den Feststellungen der Beschlussabteilung
liegen die den Girokonten zuzuordnenden Provisionserträge i.S.d. § 34 Abs. 2
Satz 1 Nr.1 c RechKredV auf dem Markt Lauenburg unter 15 Mio. EUR.
(2) Einlagen von Gewerbekunden in Lauenburg
270. Die Marktanteile bei den Einlagen der Gewerbekunden lassen die Entstehung
oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung nicht erwarten.
4. Gesamtergebnis
271. Das Vorhaben führt auf dem Markt für Girokonten für Privatkunden und auf
dem Markt für Kredite an Geschäftskunden in Lauenburg zur Entstehung bzw.
Verstärkung marktbeherrschender Stellungen. Soweit in dem von den
Beteiligten am 14. Februar 2012 eingereichten Gutachten zur Situation der
Sparkassen
in
Schleswig-Holstein420
allgemeine
Ausführungen
zur
Wettbewerbsintensität auf Finanzdienstleistungsmärkten enthalten sind, stellen
sie diese Bewertung nicht in Frage. Es fehlt bereits der Anknüpfungspunkt an
die konkrete kartellrechtliche Frage, die Entstehung oder Verstärkung einer
marktbeherrschenden Stellung der Beteiligten auf den betroffenen Märkten.
Darüber hinaus sind einzelne Aussagen des Gutachtens kaum belegt, so wird
etwa die Entwicklung des Lerner-Indexes für die Sparkassen als allgemeiner
- 154 -
Maßstab für die zunehmende Wettbewerbsintensität im Zusammenhang mit der
Betrachtung des Privatkundenmarktes angeführt, ohne einen Bezug zwischen
dieser allgemeinen Aussage über alle Geschäftsfelder der Sparkassen hinweg
und der konkreten Situation auf den Privatkundenmärkten herzustellen.421 Auch
die Feststellung, dass Leasing – insbesondere im Fahrzeugbereich –
zunehmend bedeutsamer werde422, sagt nichts über die tatsächlichen
Austausch- und Substitutionsbeziehungen aus, weil es insoweit – wie im
Einzelnen
im
Rahmen
der
sachlichen
Marktabgrenzung
und
der
wettbewerblichen Würdigung dargestellt – entscheidend darauf ankommt, dass
es sich bei Leasingfinanzierungen um im Vergleich zu Kreditfinanzierungen
komplementäre
Dienstleistungen
handelt,
die
einer
verbesserten
Bedarfsdeckung dienen, und dass die Sparkassen durch Rückgriff auf die
Produkte ihrer Verbundpartner im Rahmen der Gesamtkundenbeziehung auch
diesen Bedarf abdecken können.
V. GEBÜHREN
272. Die Untersagung eines Zusammenschlussvorhabens ist als Amtshandlung der
Kartellbehörde nach § 40 GWB gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GWB
gebührenpflichtig. Die Kartellbehörde kann hierfür Gebühren bis zu 50.000 €,
bei besonders großer wirtschaftlicher Bedeutung und außergewöhnlich hohem
Verwaltungsaufwand bis zu 100.000 € erheben (§ 80 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 in
Verbindung mit Satz 3 GWB). Die Anmeldung eines Zusammenschlusses nach
§ 39 Abs. 1 GWB ist gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GWB ebenfalls
gebührenpflichtig. Auf die Gebühr für die Untersagung ist die Gebühr für die
Anmeldung des Zusammenschlusses anzurechnen (§ 80 Abs. 1 Satz 4 GWB).
273. Die Höhe der Gebühr bestimmt sich gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 GWB nach
dem
personellen
und
(Kostendeckungsprinzip)
sachlichen
unter
Aufwand
der
Kartellbehörde
Berücksichtigung
der
wirtschaftlichen
Bedeutung, die der Gegenstand der gebührenpflichtigen Handlung hat
420
421
422
Prof. Inderst, Herausforderungen für die Sparkassen in Schleswig-Holstein, Februar 2012.
Prof. Inderst, Herausforderungen für die Sparkassen in Schleswig-Holstein, Februar 2012, S. 33.
Prof. Inderst, Herausforderungen für die Sparkassen in Schleswig-Holstein, Februar 2012, S. 35.
- 155 -
(Äquivalenzprinzip).
Dabei
kommt
der
wirtschaftlichen
Bedeutung
des
Zusammenschlusses die relativ größere Bedeutung zu. Sie ergibt sich
regelmäßig aus den von dem Zusammenschluss erwarteten wirtschaftlichen
Vorteilen für die anmeldenden Unternehmen und den Auswirkungen auf den
betroffenen Markt. Für die wirtschaftlichen Vorteile des Zusammenschlusses
auf Seiten der Unternehmen sind wiederum indiziell deren Umsätze auf den
relevanten Märkten und die Marktanteile von Bedeutung.423 Dabei ist innerhalb
des Gebührenrahmens dem durchschnittlichen Fall die Mittelgebühr als
angemessene Gebühr zuzuordnen. Diese beträgt nach dem derzeit geltenden
Gebührenrahmen 25.000 €. Von diesem Mittelwert sind, abhängig von der
jeweiligen wirtschaftlichen Bedeutung und dem Arbeitsaufwand, Zu- oder
Abschläge vorzunehmen, deren Höhe im Ermessen der Kartellbehörde liegt.424
274. Dem angemeldeten Zusammenschlussvorhaben misst die Beschlussabteilung
eine
über
dem
Durchschnitt
liegende
Bedeutung
zu.
Nach
dem
Zusammenschluss würden die Beteiligten auf den Märkten für Privatgirokonten
– dessen Bedeutung
über die reine Erzielung von Erträgen wegen der
Schlüsselfunktion des Girokontos für den Verkauf weiterer Produkte hinausgeht
– und dem Markt für Geschäftskundenkredite über eine marktbeherrschende
Stellung verfügen. Darüber hinaus dient das Vorhaben dem Einstieg in die auf
dem neugefassten Sparkassengesetz beruhende Beteiligungsstrategie der
Haspa an kommunalen Sparkassen und hat daher eine über diesen Fall
hinausgehende wirtschaftliche Bedeutung. Der sachliche und personelle
Aufwand der Kartellbehörde war außerordentlich hoch. Die Ermittlungen waren
insbesondere wegen der Notwendigkeit der Ermittlung von Stückzahlen und
Volumina auf Basis fünfstelliger Postleitzahlen schwierig. Erhöht wurde der
Aufwand zusätzlich durch die von den Beteiligten im Laufe des Verfahrens
mehrmals
vorgenommenen
Nachermittlungen
erforderlich
Korrekturen
machten.
an
Hinzu
ihren
kam
die
Angaben,
die
Notwendigkeit,
umfangreiche interne Unterlagen auszuwerten, um die Entstehung der
wettbewerblichen Einheit zu belegen.
423
424
Vgl. OLG, Beschl. v. 16.4.2008, VI-Kart 2/08 (V) m.w.N.
Vgl. OLG, Beschl. v. 24.2.2010, VI-Kart 11/09 (V) m.w.N.
- 156 -
275. In Anbetracht aller für die Bemessung der Gebühr ausschlaggebenden
Kriterien ist im vorliegenden Fall eine Gebühr in Höhe von insgesamt [...] EUR
angemessen. Nach Anrechnung der gesondert zu erhebenden Gebühr für die
Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens von [...] EUR wurde in Ausübung
pflichtgemäßen Ermessens für die Untersagung noch ein Betrag von [...] EUR
festgesetzt.
276. Kostenschuldner sind nach § 80 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 i.V.m § 80 Abs. 1 Nr. 2, §
40 GWB die Beteiligten zu 1 bis 3. Mehrere Kostenschuldner haften als
Gesamtschuldner (§ 80 Abs. 6 Satz 3 GWB).
277. Die Kosten von [...] EUR sind binnen eines Monats nach Zustellung dieses
Beschlusses zu überweisen auf das Konto der
Bundeskasse Trier
Konto-Nr.: 590 010 20
Deutsche Bundesbank, Filiale Saarbrücken
BLZ: 590 000 00
IBAN: DE81 5900 0000 0059 0010 20
BIC: MARKDEF 1590.
(bei internationalen Überweisungen)
Bitte geben Sie als Verwendungszweck unbedingt das
Kassenzeichen 810600250913 und das Datums des Beschlusses an.
278. Sollte bis zum Ablauf eines Monats nach dem Tag der Zustellung keine oder
keine vollständige Zahlung erfolgen, so können für jeden angefangenen Monat
der Säumnis Säumniszuschläge von eins vom Hundert des rückständigen
Betrages erhoben werden (§ 80 Abs. 8 GWB, § 1 Abs. 2 KartKostVO i.V.m.
§ 18 Abs. 1 VwKostG). Bei Überweisungen aus dem Ausland fallen im
Allgemeinen Bankspesen an. In diesen Fällen ist sicherzustellen, dass dem
Konto des Bundeskartellamts die volle Gebühr gutgeschrieben wird.
- 157 -
279. Die als Auslagen neben den Gebühren festzusetzenden Kosten i.S.d. § 80
Abs. 1 Satz 3 GWB werden gesondert erhoben.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich binnen einer mit
Zustellung des Beschlusses beginnenden Frist von einem Monat beim Bundeskartellamt,
Kaiser-Friedrich-Straße 16, 53113 Bonn, einzureichen. Es genügt jedoch, wenn sie
innerhalb dieser Frist bei dem Beschwerdegericht, dem Oberlandesgericht Düsseldorf,
eingeht.
Wird Antrag auf Erteilung der Erlaubnis nach § 42 GWB gestellt, so beginnt die Frist für
die Beschwerde mit der Zustellung der Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Technologie.
Die Beschwerde ist durch einen beim Bundeskartellamt oder beim Beschwerdegericht
einzureichenden Schriftsatz zu begründen. Die Frist für die Beschwerdebegründung
beträgt zwei Monate. Sie beginnt im gleichen Zeitpunkt wie die Frist für die Einlegung der
Beschwerde und kann auf Antrag vom Vorsitzenden des Beschwerdegerichts verlängert
werden. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der
Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird, und die –
gegebenenfalls auch neuen – Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die
Beschwerde stützt.
Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung müssen durch einen Rechtsanwalt
unterzeichnet sein.
_______________
Hossenfelder
_______________
Jakobi
_______________
Dr. Mehler
- 158 -
Zum
Schutz
der
Geschäftsgeheimnisse
der
Beteiligten
werden
Marktanteile
und -volumina als Spannen angegeben. Für Prozentangaben werden folgende Angeaben
verwendet:
Zwischen 0,0 und 0,99 %
[kleiner 1%]
Zwischen 1,0 und 4,99 %
[1-5 %]
Zwischen 5,0 und 9,99 %
[5-10%]
Zwischen 10,0 und 19,99 %
[10-20%]
Zwischen 20,0 und 29,99 %
[20-30%]
Zwischen 30,0 und 39,99 %
[30-40%]
Zwischen 40,0 und 49,99 %
[40-50%]
Zwischen 50,0 und 59,99 %
[50-60%]
Zwischen 60,0 und 69,99 %
[60-70%]
Zwischen 70,0 und 79,99 %
[70-80%]
Zwischen 80,0 und 89,99 %
[80-90%]
Zwischen 90,0 und 99,99 %
[90-100%]
- 159 -
I.
Die Beteiligten und das Vorhaben .............................................................................. 3
A.
Die beteiligten Unternehmen .................................................................................. 3
B.
Das Zusammenschlussvorhaben ............................................................................ 5
II.
Das Verfahren ............................................................................................................ 6
III.
Formelle Untersagungsvoraussetzungen .............................................................. 10
A.
Umsätze ............................................................................................................... 10
B.
Zusammenschlusstatbestand ............................................................................... 10
IV.
Materielle Untersagungsvoraussetzungen ............................................................ 11
A.
Sachlich relevante Märkte..................................................................................... 11
1.
Sachliche Marktabgrenzung nach Ansicht der Beteiligten ................................. 12
2.
Privatkunden und Gewerbekunden ................................................................... 12
3.
Privatkundenmärkte .......................................................................................... 13
a)
Keine Abgrenzung nach Vertriebswegen bzw. Produktnutzungs- und
Zugangsmöglichkeiten .......................................................................................... 14
b)
Die Privatkundenmärkte im Einzelnen ........................................................... 18
(1)
Girokonten .............................................................................................. 18
(a)
Einbeziehung der Dispositionskredite.................................................. 19
(b)
Keine weitere Unterteilung des Marktes nach Kontomodellen ............. 22
- 160 -
4.
(2)
Einlagen ................................................................................................. 24
(3)
Kredite .................................................................................................... 25
(a)
Kredite für den Wohnungsbau ............................................................. 25
(b)
Verbraucherkredite.............................................................................. 28
Gewerbekunden ................................................................................................ 29
a)
Unterscheidung von Firmen- und Geschäftskunden ...................................... 29
(1)
Unterschiedliche Bedarfe von Firmen- und Geschäftskunden................. 29
(2)
Einstellung der Anbieter auf unterschiedliche Bedarfe ............................ 31
(a)
Ansicht der Beteiligten zur Anbieterstruktur ......................................... 32
(b)
Ergebnis der Marktuntersuchung ........................................................ 32
(3)
Abgrenzung zwischen Geschäfts- und Firmenkunden für die Zwecke der
Marktabgrenzung .............................................................................................. 37
b)
Die Geschäftskundenmärkte im Einzelnen .................................................... 38
(1)
Girokonten .............................................................................................. 38
(2)
Einlagen ................................................................................................. 40
(3)
Kredite .................................................................................................... 40
(a)
Abgrenzung zur Unternehmensfinanzierung über Leasing und Factoring
42
(i)
Leasing ............................................................................................... 42
(ii) Factoring ............................................................................................ 46
- 161 -
(b)
B.
Abgrenzung zur herstellergestützten Fahrzeugfinanzierung ................ 47
Räumlich relevante Märkte ................................................................................... 48
1.
Räumliche Marktabgrenzung nach Ansicht der beteiligten Unternehmen .......... 50
2.
Faktoren der räumlichen Marktabgrenzung ....................................................... 51
a)
b)
3.
Nachfrageverhalten ....................................................................................... 51
(1)
Girokonten für Privatkunden ................................................................... 51
(2)
Private Wohnungsbaufinanzierung ......................................................... 54
(3)
Kredite für Geschäftskunden .................................................................. 55
(4)
Bedeutung der Entfernung zur Filiale ...................................................... 57
Regionale Beschränkung von Anbietern ........................................................ 58
(1)
Sparkassen ............................................................................................ 58
(2)
Genossenschaftliche Institute ................................................................. 65
Ergebnis der Marktuntersuchung ...................................................................... 66
a)
Datenerhebung .............................................................................................. 66
b)
Tätigkeitsschwerpunkte der Haspa und der KSK ........................................... 69
c)
Deckung der Nachfrage nach Privatgirokonten bzw. Geschäftskundenkrediten
durch Anbieter im räumlichen relevanten Markt .................................................... 72
(1)
Betrachtung der jeweiligen Sparkassenträger-Gebiete ........................... 73
(2)
Postleitzahlengebiete.............................................................................. 76
- 162 -
C.
Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung .................. 84
1.
Entstehung einer wettbewerblichen Einheit ....................................................... 84
a)
Ansicht der Beteiligten ................................................................................... 85
b)
Vertragliche Regelungen ............................................................................... 87
c)
(1)
Beteiligungsvertrag ................................................................................. 87
(2)
Kooperationsvertrag ............................................................................... 88
Strategische Bedeutung der angestrebten kapitalunterlegten Kooperation -
Würdigung ............................................................................................................ 90
d)
Bestehende kapitalunterlegte Kooperation mit der Sparkasse zu Lübeck AG 97
e)
Fazit .............................................................................................................. 98
2.
Girokonten für Privatkunden im Markt Lauenburg ............................................. 98
a)
Kein Bagatellmarkt......................................................................................... 99
b)
Zusammenschlussfolgen nach Ansicht der Beteiligten ................................ 100
c)
Marktanteile und Konzentration ................................................................... 101
(1)
Ermittlung und Berechnung der Marktanteile ........................................ 101
(2)
Bewertung ............................................................................................ 107
(a)
Einkommensstruktur und Altersstruktur der Kunden der Beteiligten .. 107
(b)
Ertragsbetrachtung im weiteren Sinne............................................... 110
(i)
Bereits jetzt ist die KSK beim Cross Selling erfolgreich .................... 110
- 163 -
(ii) Mit der Eingehung der kapitalunterlegten Kooperation wird die KSK
attraktiver für ertragsstarke Kunden ......................................................... 111
(3)
Verbesserung der Kundenbindung ....................................................... 112
(a)
Die Bereitschaft zum Wechsel des Girokontos ist nach wie vor gering
ausgeprägt .................................................................................................. 112
(b)
Mit Eingehung der kapitalunterlegten Kooperation hat die KSK die
Möglichkeit, auf das von der Haspa entwickelte Mehrwertkonto
zurückzugreifen und die Kundenbindung zu erhöhen .................................. 114
(4)
d)
3.
Filialnetz und Bargeldversorgung über Geldautomaten ........................ 118
Übrige Märkte .............................................................................................. 119
(1)
Kredite zur Wohnungsbaufinanzierung für Privatkunden ...................... 119
(2)
Verbraucherkredite ............................................................................... 121
(3)
Einlagen von Privatkunden ................................................................... 122
Gewerbekundenmärkte ................................................................................... 122
a)
Kredite an Geschäftskunden im Markt Lauenburg ....................................... 122
(1)
Marktanteile und Konzentration ............................................................ 122
(a)
(i)
Ermittlung und Berechnung der Marktanteile..................................... 122
Vorgehen der Beschlussabteilung ..................................................... 122
(ii) Auffassung der Beteiligten zur Ermittlung und Berechnung des
Marktvolumens und der Marktanteile........................................................ 123
(iii)
Validierung der Datenbasis auf Grundlage der Stellungnahmen der
Beteiligten ................................................................................................ 124
- 164 -
(b)
Bewertung ......................................................................................... 126
(i)
Marktanteilsverteilung und –entwicklung ........................................... 126
(ii) Von der Haspa geht derzeit im Gebiet der Sparkassen des Hamburger
Umlandes vorstoßender Wettbewerb aus ................................................ 133
(iii)
Mit der Eingehung kapitalunterlegter Kooperationen nimmt der Anreiz
für die Haspa ab, gegenüber den Beteiligungssparkassen in Wettbewerb zu
treten........................................................................................................ 134
(2)
Kapazitäten und Kapazitätsbeschränkungen ........................................ 134
(i)
Darstellung der Beteiligten zu ihrer Eigenmittelausstattung ............... 135
(ii) Externe Kapazitätsgrenzen durch regulatorische Anforderungen...... 135
(iii)
Interne Kapazitätsgrenzen ............................................................... 140
(a) Institutsindividuelle Kreditrisikostrategie ........................................ 140
(b) Betriebliche Kapazitätsgrenzen ..................................................... 141
(iv)
Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die Kreditvergabefähigkeit
der KSK ................................................................................................... 141
(3)
Wechselbereitschaft der Kunden und Wechselkosten .......................... 143
(4)
Randsubstitution durch alternative Finanzierungsformen (Leasing,
Factoring, Fahrzeugherstellerfinanzierung) ..................................................... 145
b)
(5)
Markt Hamburg ..................................................................................... 148
(6)
Markt Lübeck ........................................................................................ 151
Übrige Märkte .............................................................................................. 153
- 165 -
4.
V.
(1)
Girokonten für Gewerbekunden in Lauenburg ...................................... 153
(2)
Einlagen von Gewerbekunden in Lauenburg ........................................ 153
Gesamtergebnis .............................................................................................. 153
Gebühren ............................................................................................................... 154

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