Direktvermarktung: Puten als Erfolgsrezept
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Direktvermarktung: Puten als Erfolgsrezept
top Markt Direktvermarktung: Puten als Erfolgsrezept Die meisten Putenhalter arbeiten als Vertrags mäster für große Unter nehmen. Nicht so Familie Strahle aus Niedersachsen: Sie schlachtet und vermarktet selbst. mehr als im Großhandel. Dort müssen wir mit etwa 4,30 E pro kg Putenbrust konkurrenzfähig sein“, erläutert Heike Strahle ihre Preisstruktur. Im Hofladen kaufen be- sonders Stammkunden, die es sehr schätzen, dass hier Kükenaufzucht, Putenmast, Schlachtung, Zerlegung, Ver- Heike Strahle mästet pro Jahr über 20 000 Puten. Fast alle vermarktet sie an den regionalen Einzelhandel und über ihren Hofladen. L aut machen sich die imposanten Puter auf dem Putenhof Strahle im niedersächsischen Bramsche-Epe bemerkbar. „Mit ihren 23 kg Lebendgewicht sind die Tiere jetzt schwer genug für die Schlachtung“, berichtet die Putenmästerin Heike Strahle und öffnet die Tür zu ihrem Schlachthaus. Rund 400 Puten schlachten und zerlegen die Landwirtin und ihre Mitarbeiter hier in der Woche. Das frische Putenfleisch vermarktet die 26-Jährige, die den Betrieb gemeinsam mit ihrer Mutter Annegret Strahle leitet, zu einem kleinen Teil direkt im angeschlossenen Hofladen. Fotos: Telaar (3) arbeitung und Vermarktung in einer Hand liegen. „Für unsere Frischware setzen wir nur natürliche Gewürze ein, Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker verwenden wir nicht“, nennt die Direktvermarkterin einen weiteren Grund für die gute Kundenbindung. Außerdem spielen für die Hauptabnehmer der Putenmästerin die regionale Herkunft und die hohe Qualität des Putenfleisches eine gro- ße Rolle. Dabei kann der Betrieb auf über 40 Jahre Erfahrung in der Putenerzeugung zurückblicken. Familie Strahle garantiert ihren Kunden die tiergerechte Haltung der Puten nach den Aufla- gen der niedersächsischen Putenvereinbarung von 1999 sowie eine stressfreie Schlachtung. Besonders anschaulich zeigt sich dies am kurzen Weg vom Wartestall zum Schlachthaus. „Am Wichtigsten für die Vermarktung an Handel und Gastronomie sind der persönliche Kontakt zu den Kunden und das Vertrauen, dass sie in unsere Produkte haben. Alles kommt aus einem Betrieb, und ich stehe sowohl im Schlachthaus als auch später mit dem Produkt beim Kun- Vertragsmast ist die Regel Die Puten werden im hofeigenen Schlachthaus geschlachtet und zerlegt. Dabei kann die studierte Viehund Fleischwirtin auf acht feste Mitarbeiter zählen. Vor dem Zerlegen lagern die Schlachtkörper im professionellen Kühlhaus des Hofes. 162 top agrar 1/2009 Etwa 90 % des Fleisches gehen an Marktbeschicker, Metzgereien, Edeka-Filialen sowie Gastronomiebetriebe aus der Region. Im Angebot sind sowohl ganze Puten als auch fertig zubereitete Produkte, wie verschiedene Wurstsorten oder gefüllte und marinierte Putenbraten. Handel und Gastronomie sind Hauptabnehmer Zehn Aushilfskräfte auf 400 E-Basis unterstützen den Hofladenverkauf und bereiten die Frischware zu. Die Preise im Hofladen richten sich nach der Verarbeitung, so kosten 100 g Pfefferbeißer 1,19 E, die küchenfertige Putenbrust 6,90 E pro kg. „Im Hofladen erlösen wir natürlich Putenerzeuger sind gewöhnlich ein Rad im großen Getriebe des Geflügelsektors: Die Landwirte arbeiten als Vertragsmäster für Großunternehmen. Die Herkunft der Küken, die Lieferung der Futtermittel und der Schlachttermin stehen bereits vor dem Einstallen fest. Die Geflügelfirmen organisieren auch das Verladen mit Fremdfirmen am Aufstalltermin und betreiben eigene Putenschlachtereien. Selbst das Ausmisten der großen Systemställe erledigen meist Profiunternehmen. Mit anderen Worten: Die Geflügelfirmen haben die komplette Wertschöpfungskette in der Hand, der einzelne Landwirt ist in die Kette „vertikal integriert“ und erzielt derzeit in der Lebendvermarktung 1,36 E pro kg Pute. Die Vertragsmast hat durchaus Vorteile für den Landwirt. Die Firmen stellen eine Rundum-Beratung sicher und garantieren die Abnahme der Puten durch langfristige Verträge. Auch in puncto Tiergesundheit bieten die Partner viel Unterstützung. top agrar 1/2009 163 top Markt nen Arbeitsbereiche, wie das Schlachten und Rupfen vom Aufbrechen und Zerlegen der Schlachtkörper. Bei jeder Schlachtung kontrolliert ein Tierarzt die tierschutzgerechte Betäubung, ein Fleischbeschauer gibt die Schlachtkörper zur Weiterverarbeitung frei. Insgesamt stehen an den zwei Schlachttagen sechs bis sieben Mitarbeiter am Schlachtband. Die Schlachtkörper werden anschließend sofort zerlegt und verarbeitet, um sie noch am gleichen Tag mit dem eigenen Kühl-Lkw auszuliefern. Flexible Mast für festes Fleisch Die vielfältige Auswahl an Putenspezialitäten im Hofladen der Familie Strahle reicht vom Schnitzel über gefüllte Putenbraten bis zu schnellen Pfannengerichten. Putenland Niedersachsen In Deutschland produzieren 2 300 Betriebe rund 10 Mio. Puten pro Jahr. Der Ökoputen-Anteil liegt mit rund 190 000 Tieren bei unter 2 %. Putenerzeugung im großen Stil findet besonders in den rund 500 niedersächsischen Betrieben statt. Allein 5 Mio. Tiere stehen dort in den Ställen. Der Selbstversorgungsgrad mit Putenfleisch liegt in Deutschland bei 66 %. Nach der BSE-Krise und im Zuge der Diskussion um gesunde Ernährung haben Verbraucher immer öfter zu Geflügel gegriffen. Dabei lag die Pute in der Gunst bisher vorn. Besonders die Spe- zialisierung auf Teilstücke ließ die Ver- den“, sagt Heike Strahle, die in Triesdorf Vieh- und Fleischwirtschaft studiert hat. Für zwei Drittel der wöchentlich geschlachteten Puten gibt es feste Abnehmer. Die restlichen Tiere müssen frei vermarktet werden. Deshalb zählt die 26Jährige Vermarktung und Kundenkontakt inzwischen zu ihren Hauptaufgaben im Betrieb. „Ich nehme immer zuerst telefonisch Kontakt auf, danach besuche ich potenzielle Kunden und stelle unsere 164 top agrar 1/2009 braucher im Supermarkt verstärkt zu Putenfleisch greifen. Neuere Marktberichte kündigen jetzt einen Rückgang des Konsums von Putenfleisch auf unter 6 kg pro Kopf an, im Jahr 2007 lag der Pro-Kopf-Verbrauch noch darüber. Begründung dafür könnten die zunehmende Beliebtheit von Hähnchenfleisch und höhere Verbraucherpreise für Putenfleisch sein. Außerdem geht der Trend auch bei Hähnchen zur Teilstückvermarktung. Dadurch verlor der Putenmarkt in diesem Bereich seine Alleinstellung und musste sich der Konkurrenz durch Hähnchenteile stellen. Produkte vor. Warenproben sind besonders für spezielle Abnehmer wie Krankenhäuser wichtig, da dort höchste Qualität zählt“, erläutert die Putenexpertin. Um die hohen Qualitätsansprüche zu erfüllen, investierte Familie Strahle vor acht Jahren rund 500 000 E (damals noch eine Million DM) in den modernen Neubau ihres Schlachthauses, das allen Hygieneanforderungen entspricht. Dazu gehört die strikte räumliche Trennung der einzel- Da die Putenmästerin selber den Schlachttermin bestimmt, kann sie flexibel auf Kundenwünsche eingehen. So mästet sie ihre Puten nach Bedarf etwas länger, was sich positiv auf die Fleischfestigkeit auswirkt. Für die Weiterverarbeitung zu hochwertigen Produkten legt sie damit eine gute Grundlage. Neben der flexiblen Mast spielt auch die Herkunft der Puten eine große Rolle für die spätere Produktqualität. Alle drei Wochen stallen Heike und Annegret Strahle Küken der Herkunft B.U.T. Big 6 in die drei Aufzuchtställe am Hof ein. Diese zeichnen sich durch hohe Zuwachsraten und gute Fleischeigenschaften aus. Die Kosten für die Küken schwanken zwischen 1,20 E für die Henne und 2,80 E für den Hahn. Den Löwenanteil der Kosten in der Putenmast macht jedoch das Futter aus: Die Putenmästerin schätzt sie auf etwa 70 % des Erlöses für die Pute. Die Landwirtinnen mästen in ihren 8 kleinen Mastställen mit insgesamt 17 000 Plätzen fast ausschließlich Putenhähne. Etwa ein halbes Jahr vor dem Hauptgeschäft zu Weihnachten kommen auch Hennen dazu. „Viele Kunden verlangen zu Weihnachten den klassischen Weihnachtsbraten, deshalb müssen wir dann die kleineren Hennen im Ganzen anbieten können“, so die Direktvermarkterin. Die 6-wöchige Kükenaufzucht übernimmt Annegret Strahle, danach stallen die Mitarbeiter die Puten in die vier Kilometer entfernten Mastställe um. Das Futter für die Puten bezieht der Betrieb von verschiedenen Lieferanten vor Ort, die auch das Getreide aus den eigenen 60 ha Ackerbau bekommen. Nach der 14-wöchigen Mast werden die Puten in den Wartestall neben dem Schlachthaus einquartiert, insgesamt kommen Strahles auf 2,6 Mastdurchgänge pro Jahr. V. Telaar Lesen Sie auf den nächsten Seiten, wie der Sternhof in Baden-Württemberg mit Ökoputen erfolgreich wirtschaftet.