Arbeitsanregungen für Kindergruppen

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Arbeitsanregungen für Kindergruppen
Woche für das Leben 2005 – Mit Kindern ein neuer Aufbruch
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort................................................................................................... 2
2. Fragen..................................................................................................... 3
3. Biblische Texte.....................................................................................3
3.1. Matthäus 13, 31f „Das Senfkorngleichnis“................................................. 3
3.2. Markus 2, 1–12 „Der Gelähmte“ ................................................................... 5
3.3. Markus 10,13-16 „Die Kindersegnung“......................................................... 8
3.4. Lukas 15, 11–32 „Der verlorene Sohn“.........................................................9
3.5. Sacharja 8, 3–5 „Zukunftsvision“............................................................... 10
4. Lieder.................................................................................................... 13
5. Liturgie................................................................................................. 14
6. Tipps zur kreativen Gestaltung...................................................... 16
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Woche für das Leben 2005 – Mit Kindern ein neuer Aufbruch
1. Vorwort
In diesem Heft finden Sie Bausteine, um z.B. Kindergruppen, -gottesdienste oder
Schulstunden zum Thema „Komm, wir wollen leben“ zu gestalten.
Sie können die Bausteine frei variieren und eine oder mehrere Stunden zu dem Thema
gestalten - oder Sie lassen sich von dem hier vorliegenden Material anregen und
entwickeln eigene Ideen.
So oder so – wir wünschen Ihnen gutes Gelingen und angeregtes Miteinander!
Mit dem dreijährigen Leitthema „KinderSegen – Hoffnung für das Leben“ stellt die Woche für das Leben die Interessen und Bedürfnisse von Kindern in den Mittelpunkt.
Die Aktion hat im Jahr 2005 das Motto „Mit Kindern – ein neuer Aufbruch“. Genau das
wollen wir tun: Uns mit Kindern neu auf den Weg durch das Leben machen und dabei
nicht nur nach den Vorstellungen und Ideen der Erwachsenen fragen, sondern ebenso
hören, was die Kinder dazu sagen und ihre Vorstellungen gemeinsam mit ihnen im
Licht der biblischen Botschaft interpretieren.
Fragen
Um den Kindern den Zugang zum Motto des Jahres 2005 zu erleichtern, wurde der
Satz „Komm, wir wollen leben“ formuliert. Zu diesem Satz finden Sie Leitfragen, mit
denen Sie ihre Gruppenstunde beginnen lassen können (s. 2.). Wählen Sie eine oder
mehrere Fragen aus und lassen Sie die Kinder erzählen und / oder malen. (Schon an
dieser Stelle könnte das Fahnentuch bemalt werden (Kreative Tipps s. 6.)).
Phantasiereise, Erzählung, Lied
Eine Phantasiereise zum Wachsen eines Senfkorns eignet sich als Einstieg (s. 3.1
nach der Erzählung zum Senfkorngleichnis), ebenfalls eine der Erzählungen oder das
Lied, das extra für den bundesweiten Eröffnungs-Gottesdienst der Aktion geschrieben
wurde (s. 4.).
Geschichte
Anschließend könnte eine biblische Geschichte erzählt werden, die in Bezug gesetzt
wird mit den Aussagen der Kinder. Wir haben zu Stichworten die uns wichtig erschienen, sechs Erzählungen zu fünf biblischen Geschichten ausgesucht (s. 3.).
Für Kindergottesdienste findet sich ein Vorschlag zur Liturgie aus der Liturgiemappe
„Gottesdienste mit Kindern“ der EKKW zum Thema Lebensweg (s. 5.)
Was wir von Ihnen erbitten:
Senden Sie die bemalten Fahnen bis zum 14. März an das Amt für kirchliche Dienste,
z.Hd. Frau Ibanek, Wilhelmshöher Allee 330, 34131 Kassel zurück.
Wenn möglich, nehmen Sie die Äußerungen der Kinder zu den Fragen (s. 2) auf
Kassette auf und / oder schreiben Sie hinterher - möglichst bald - aus der Erinnerung
auf, was die Kinder gesagt haben. Bitte schicken Sie die Kinderäußerungen gemeinsam mit dem Fahnentuch ein! Die Äußerungen der Kinder können Grundlage sein für
die Kinderstatements, die es im Eröffnungsgottesdienst geben soll!
Kommen Sie mit den Kindern und Familien zum Gottesdienst am 9. April und dem anschließenden Fest rund um die Kasseler Martinskirche!
Wir freuen uns auf Sie!
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Woche für das Leben 2005 – Mit Kindern ein neuer Aufbruch
2. Fragen
Komm, wir wollen leben!
Fragen, die den Kindern den Zugang zum Motto erleichtern sollen:
Leben bedeutet für mich…
Was ist wichtig in deinem Leben?
Was brauchst du zum Leben?
Ich lebe gern, wenn…/ wo…/ weil…
Was wünsche, erwarte ich vom Leben?
Mir macht Angst, wenn…/ Ich habe keine Angst, wenn…
Ich freue mich, wenn…/ Ich bin froh, wenn…
Idee zur Gestaltung
In einigen Kindergottesdiensten ist es üblich, dass sich im Eingangsteil der Liturgie die
Kinder immer nacheinander zu dem Thema „mir macht Angst … / ich war traurig, weil
…“ und zum Thema „ich freue mich … / ich war froh, weil …“ äußern. Sie legen dazu
z.B. bei „Angst“ einen Stein und bei „Freude“ eine Feder oder Kerze in die Mitte bzw.
zum Kreuz. Die Steine – Runde kann z.B. mit dem Lied „Das wünsch ich sehr“ (siehe
unter Nr. 4) und die Federn – Runde mit einem Halleluja Lied abgeschlossen werden.
3. Biblische Texte
3.1. Matthäus 13, 31f „Das Senfkorngleichnis“
Sich entfalten dürfen – wachsen dürfen – Lebensraum haben
Die Geschichte vom Senfkorngleichnis und die Idee zur Gestaltung (Phantasiereise)
sind geschrieben von Ute Ermerling und stammen aus: Der Kindergottesdienst 2-99,
S. 11-13.
Die Kinder bekommen alle ein kleines Senfkorn in die Hand, können es betrachten und
befühlen. Sie behalten das Senfkorn, während die Geschichte erzählt wird.
Jesus hat den Menschen damals viele Geschichten erzählt. Und immer ging es in den
Geschichten darum, den Menschen Gott näher zu bringen, ihnen zu sagen, wie gut es
Gott mit uns meint und wie er für uns sorgt. Auch von solch einem kleinen Senfkorn
hat er einmal erzählt, um den Menschen zu erklären, welche Kraft Gott hat, aus einer
ganz kleinen Sache etwas ganz Großes zu machen. Das kleine Senfkorn erzählt
selbst:
Ich bin nur ein winziges Samenkorn, aber ich sage euch, in mir steckt eine unglaubliche Kraft. Aus mir kann ein richtig großer Strauch werden. wie, das erzähle ich euch
jetzt:
Zusammen mit einigen anderen Körnern werde ich von einer Hand behutsam in die
Erde gelegt, nicht zu tief, aber doch so, dass ich ganz von ihr umgeben bin und auch
ein Windhauch mich nicht frei deckt. Wenn nicht der Himmel selber dafür sorgt, dann
hält ein Mensch die Erde, die mich umgibt, feucht. Noch liege ich in einem tiefen
Schlaf. Aber die Wärme der Sonne, die mich auch hier in der Erde erreicht, und die
Feuchtigkeit dringen in mich ein. Bald fängt es in mir an zu kribbeln, es wird mir plötzlich zu eng, meine Haut spannt sich und dann - peng - platzt sie auf. Ich fange an,
mich auszustrecken, der Sonne und dem Licht entgegen, aber auch weiter nach unten
in die Tiefe, damit ich später Halt finde. Es ist wie ein Wunder: Alles steckt schon in
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mir drin: mein Stamm, meine Äste, meine Blätter, meine Wurzeln. Ich brauche nur
Wasser und Sonne und etwas Nahrung aus dem Boden.
Stell dir vor, ich werde zwei Meter groß, größer als du wohl einmal wirst. Ich strecke
meine Äste aus. Die Vögel kommen und bauen sich ihre Nester unter meinem Blätterdach oder ruhen sich einfach aus. Und wenn du willst, dann kannst auch du bei mir
Schatten finden.
Ja, das alles steckt schon in mir drin, obwohl ich doch so klein und unscheinbar bin.
Von solch einem Senfkorn, aus dem später einmal ein prächtiger Strauch wird, erzählte Jesus den Menschen damals. Er wollte ihnen damit sagen: Wo etwas aus der Liebe
zu Gott geschieht, auch wenn es noch so klein und wenig ist, da hat es eine Kraft,
durch die sich die Welt verändert.
Idee zur Gestaltung (Phantasiereise)
1. Diese Kraft, die dem Senfkorn innewohnt, der Drang zur Veränderung vom Samenkorn zum Strauch (Baum) lässt sich mit den Kindern in einer kleinen Übung nachempfinden.
Zur Vorbereitung der Übung:
Die Kinder werden eingeladen, sich auf den Boden zu legen. Falls kein Teppich vorhanden ist, sollten genügend Decken zur Verfügung stehen. Wichtig ist, dass jedes
Kind genug Platz für sich hat und nicht mit anderen Kindern in Berührung kommt. Zur
Entspannung kann eine sanfte beruhigende Melodie gespielt werden. Die Kinder
werden eingeladen, die Augen zu schließen und ihrem Atem nachzuspüren, wie er
kommt und geht und den ganzen Körper erfüllt.
Ganz wichtig ist: Alle Anweisungen mit großer Ruhe geben.
Die Übung:
Stell dir vor, du bist ein Samenkorn. Winzig klein.
Zieh dich zusammen, mach dich so klein, wie du kannst. Zusammen mit ein paar
anderen Samenkörnern wirst du in die Erde gelegt.
Dunkel ist es nun um dich herum. Ruhig liegst du, wie im Schlaf.
Bald aber spürst du, wie die wärmenden Strahlen der Sonne durch die Erde hindurch
dich erreichen.
Diese warmen Strahlen tun dir gut. Auch die feuchte Erde um dich herum. Sie wecken
in dir eine Kraft.
Deine Haut beginnt zu prickeln, sie spannt sich.
Und dann bricht sie auf, und ein kleiner Halm arbeitet sich durch die Erde der Sonne
entgegen.
Erst ist er klein und zart,
aber in dir wächst mehr und mehr Kraft.
Immer weiter nach oben schiebt sich der Halm. Langsam streckst du dich in die Höhe.
Fest stehst du,
denn deine Wurzeln halten dich in der Erde.
Nun wächst du auch in die Breite. Äste bilden sich aus und wachsen in alle Richtungen.
Sanft wiegst du dich im Wind. Er kann dir nichts tun, denn du stehst fest.
Deine Blätter bilden ein Dach.
Vögel und andere Tiere besuchen dich und ruhen sich in deinem Schatten aus.
(Eventuell noch einmal kurz die Musik einspielen)
Verabschiedet euch nun von eurem Baum und euren Gästen. Kehrt in diesen Raum
zurück.
Öffnet die Augen.
Im Anschluss an diese Übung wird über die Erlebnisse gesprochen. Die Kinder können
dazu Bilder malen.
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3.2. Markus 2, 1–12 „Der Gelähmte“
Solidarisch handeln – Freunde haben
Die Geschichte hat Andreas Weidle geschrieben und sie ist veröffentlicht in:
Evangelische Kinderkirche 2/1995, S. 136-138.
„Aufstehen!" ruft die Mutter und zieht den Geschwistern die Decke weg. „Faule Bande,
es ist schon spät. Die Sonne brennt vom Himmel. Ihr müsst zur Arbeit!" Er ist schon
wach. Jeden Morgen ist er vor dem Wecken wach, damit er sich rechtzeitig die Ohren
zuhalten kann, wenn die Mutter ruft: „Aufstehen!" Wie gerne würde er das: Aufstehen,
auf eigenen Beinen stehen, zur Arbeit gehen, springen, hüpfen, tanzen, rennen, oder
auch nur ein paar Schritt tun. Aber seit er so schwer krank geworden ist, kann er nicht
mehr auf eigenen Füßen stehen und sich kaum noch bewegen. Seither muss er
liegen. Auf dieser Matte. Immer liegen und liegen. Inzwischen sind die Brüder aufgestanden und haben sich für die Arbeit fertig gemacht. Ohne ein Wort schnappen sie
seine Matte und schleppen ihn an einen schattigen Ort vor das Haus. Dann gehen sie
zur Arbeit. Jeden Morgen das gleiche. Jeden Morgen „Danke!" sagen und den anderen
nachschauen. Warum? Warum ist er gelähmt? Warum er? Tagsüber liegt er dann da,
beobachtet das Treiben in der Straße von Kapernaum, redet mal mit diesem oder
jenem und wartet auf den Abend. „Du musst mit deinen kranken Beinen und deinen
schmerzenden Armen eben leben", hat der Schriftgelehrte zu ihm gesagt. „Aber
warum denn ich? Warum bin ich denn so krank? Wozu lebe ich denn noch?" hat der
Gelähmte zurückgefragt. „Gott wird schon wissen, weshalb er dich mit dieser Krankheit
straft, Gott wird es schon wissen", hatte der Schriftgelehrte geantwortet. Und diese
Antwort hat dem Kranken wehgetan. „Weiß Gott wirklich, wie das ist, wenn man Tag
für Tag daliegt und allen nur noch eine Last ist? Niemand mag mich. Alle haben sie
nur Mitleid. Ich mag mich ja selber nicht mehr. Ich bin ganz allein!"
Eines Tages wird der Gelähmte plötzlich aus seinen Gedanken herausgerissen.
„Komm, los wir nehmen dich mit!“ Vier Freunde haben sich um seine Matte herum aufgebaut und wollen den Kranken hochheben. „Halt, langsam!", ruft er, „wo kommt ihr
denn her, und wohin wollt ihr mich bringen?" „Zu Jesus", sagt einer der vier. „Er ist
wieder in der Stadt. Drüben, im Haus von Petrus, ist er eingekehrt!" „Wir waren dort",
erzählt ein anderer weiter. „Wir haben ihn gesehen und wir haben gehört, was er gesagt hat. Der Jesus redet anders als die Schriftgelehrten. Wenn man ihn hört, dann
meint man ..., na ja, klingt vielleicht komisch, wenn ich das so sage, ... aber dann
meint man, man hört Gott reden!" „Genau so ist es. Komm mit. Jesus kann dir helfen!"
„Mir kann niemand helfen", antwortet der Kranke und starrt zu Boden. „Wie Gott redet,
das sehe ich an meinen kranken Beinen. Nein, mit dem Gott will ich nichts mehr zu tun
haben. Was will er denn noch mit mir zu schaffen haben? Mit einem, der nichts mehr
kann und der nichts mehr ist!"
„Was du kannst oder nicht kannst, ist doch nicht alles! Was du hörst, ist vielleicht
wichtiger als das, was du tust. Dein Vertrauen zählt. Das ist's. Dein Vertrauen!" „Mein
Vertrauen? Was ist das? Und: Wer sagt das?" fragt der Kranke zurück. „Na, Jesus.
Wir haben's selber gehört. Die sollen alle herkommen, die etwas bedrückt, die eine
schwere Last mit sich rumschleppen. Hat er gesagt. Und: Er will sie frei machen. Frei,
hörst du?" - „Frei machen? Und das soll ich glauben? Hat das Jesus wirklich gesagt?"
„Na, was meinst du, weshalb wir hier sind? Er kann dir helfen!"
Und noch ehe der Kranke ja oder nein sagen kann, heben ihn die vier Freunde hoch
und tragen ihn zu Jesus.
Vor dem Haus des Petrus machen die vier Männer halt. Viele Menschen sind dort zusammengeströmt. Sie stehen in der offenen Tür. Sie stehen vor der Tür. Sie stehen
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bis weit auf die Straße. Alle wollen Jesus sehen und hören.
„Da kommen wir nicht durch", sagt einer der Freunde. „Es sind zu viele Leute." - „Entschuldigung, lassen Sie uns bitte vorbei?" - „Achtung, wir wollen einen Kranken zu
Jesus bringen!" -„Würden Sie uns bitte durchlassen, es ist wichtig!"
Aber niemand geht zur Seite. Keiner macht Platz. Alle drängen sich ins Haus.
„Es ist aussichtslos!" stöhnt der Kranke, „das hätte ich euch gleich sagen können! Ich
bin ja auch nur ein nichtsnutziger Gelähmter. Wer macht wegen mir schon Platz." Enttäuscht legen sie den Kranken auf den Boden.
„Ich habe eine Idee!" sagt einer der Freunde und tippt sich dabei mit dem Finger an die
Stirn. „Wir gehen hinters Haus, über die Treppe, aufs flache Hausdach. Dort graben
wir ein Loch in das Lehmdach. Dann binden wir feste Stricke an die Ecken der Matte
und lassen unseren Freund durch das Loch auf seiner Matte langsam hinunter gleiten."
„Ha, ha. Am besten direkt vor die Füße Jesu, oder? Das ist doch wohl nicht dein
Ernst!" braust der Gelähmte auf.
„Abwarten!" sagt ein anderer der Freunde und seine Augen beginnen zu leuchten.
„Von wegen! Aber nicht mit mir. Stellt euch doch bloß vor, was der Petrus sagt, wenn
ihr sein Dach kaputt macht!" Nachdenklich wiegen die Freunde ihren Kopf hin und her.
„Seht ihr, so ist's eben. Ich bin krank und bleibe krank. Und jetzt kehren wir um, und ihr
tragt mich wieder nach Hause. War ja gut gemeint, aber was nicht geht, das geht halt
nicht!" „Umkehren. Jetzt, wo wir dich bis hierher geschleppt haben? So weit kommt's
noch!" sagt einer der Freunde. „Im Übrigen denke ich, ein Dach kann man reparieren.
Aber wer hilft dir?"
Und schon heben die Freunde den Kranken wieder hoch, steigen hinter dem Haus
über die niedrige Mauer, klettern auf das Dach und ziehen den Kranken mit Stricken
nach. Einer hat hinter dem Haus eine kleine Hacke gefunden und beginnt damit, das
Dach aufzumachen. Schon entsteht ein kleines Loch im lehmigen Boden. Unten im
Haus sind die Menschen schon längst zur Seite gesprungen. Sie drücken sich an die
Wände des Hauses und starren fassungslos zur Decke. Einer schüttelt sich den Staub
aus den Haaren. Der Gelähmte auf dem Dach liegt daneben und beobachtet die merkwürdige Szene. Alles Reden hat nichts genützt. Die Freunde lassen nicht locker. Jetzt
ist das Loch groß genug. Sie binden Stricke an die Ecken der Matte. Dann lassen sie
ihn ganz vorsichtig auf seiner Matte zu Boden schweben. Am liebsten wäre der Gelähmte abgehauen. Er hat seine Augen zugemacht. Aber er spürt, wie die Menschen
im Saal ihn anstarren. Er hört, wie sie tuscheln. Jetzt ist er unten. Er liegt am Boden.
Vorsichtig öffnet er die Augen und sieht viele verwunderte Gesichter über sich. Alle
schauen ihn an. Keiner sagt etwas. Nur einer, der schaut nach oben. Er schaut durch
das Loch in den offenen Himmel. Ist das Jesus? Dort sind jetzt die Köpfe der vier
Freunde aufgetaucht. Er sieht ihre großen, offenen Augen. Sie sehen nur auf den
Mann, der neben ihm steht und zu ihnen aufschaut. „Das muss Jesus sein", denkt der
Gelähmte. „Hoffentlich schimpft er nicht mit den Freunden." Und dann sieht er, wie
Jesus den Kopf schüttelt und den Freunden entgegenlacht, so, als wollte er sagen: „So
groß ist euer Vertrauen, dass ich dem Kranken helfe! So groß, dass ihr für euren kranken Freund sogar ein Dach aufbrecht!"
Jetzt ist sich der Gelähmte ganz sicher: Das ist Jesus. Aber als Jesus zu ihm hinschaut, weicht er seinem Blick aus. Er dreht sein Gesicht zur Seite und denkt: „Ob er
mir wirklich helfen kann? Aber wer bin ich schon? Ein Gelähmter, der zu nichts mehr
gut ist. Weshalb sollte Jesus mir helfen? Am liebsten wäre ich tot!" Dann hört er plötzlich eine Stimme neben sich, die zu ihm hin sagt: „Mein Sohn, du kannst dich freuen.
Deine Schuld ist dir vergeben. Gott ist nicht böse auf dich. Er meint es gut mit dir. Er
hat dich lieb. Alles soll gut sein zwischen Gott und dir."
Der Gelähmte sieht, wie plötzlich Bewegung in die Menschen kommt, die um ihn her-
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umstehen. Die einen flüstern: „Was hat er gesagt: Alles soll gut sein zwischen Gott
und dem Kranken? Woher will er das wissen?"
Die Freunde, die durchs Dach schauen runzeln die Stirn. Sie schauen sich fragend an.
Sie scheinen irgendwie enttäuscht. Ist das alles?
Die Schriftgelehrten, die im Raum stehen, sagen hinter vorgehaltener Hand: „Niemand
kann Schuld vergeben, nur Gott allein! Was redet der Jesus nur?" Und ein anderer erwidert: „Reden kann er viel. Soll er doch zeigen, dass er den Kranken auch heilen
kann!" Der Gelähmte liegt in der Mitte. Die Stimmen schwirren durch seinen Kopf. Er
weiß gar nicht, was er denken, was er sagen, was er glauben soll. Nur ein Satz klingt
immer wieder und immer lauter in seinen Ohren: Alles soll gut sein. Alles soll gut sein.
Alles soll gut sein zwischen Gott und dir…
Da beugt sich Jesus zu ihm herab. Jetzt kann der Gelähmte seinem Blick nicht mehr
ausweichen. Jesus kniet neben ihm. Er schaut nicht mehr von oben herab. Er schaut
zu den Umstehenden auf und sagt: „Was ist eigentlich leichter: Zu dem Gelähmten zu
sagen, deine Schuld ist dir vergeben, oder zu sagen, steh auf!" - Steh auf! Aufstehen,
da war es wieder dieses Wort, das er nicht leiden kann, weil es ihm wehtut. Und wie
von allein hält sich der Gelähmte die Ohren zu! „Schwätzer", denkt er, „alles nur Gerede." Aber Jesus redet weiter. Und er hört, wie er sagt: „Ihr denkt: sagen kann man das
leicht, ‚dir sind deine Sünden vergeben', denn wer will's nachprüfen! Aber zu sagen
‚steh auf', das könnte man dann sehen. Ihr habt Recht. Und jetzt sollt ihr sehen, dass
das, was ich sage, auch gilt und von Gott kommt."
Dann wendet sich Jesus dem Gelähmten zu, nimmt seine Hände behutsam von den
Ohren weg und sagt ganz freundlich und leise: „Steht auf und nimm deine Matte!"
Dann richtet sich Jesus auf und streckt dem Gelähmten seine Arme entgegen. Die
Leute im Raum sind ganz still geworden. Die Freunde auf dem Dach halten beinahe
die Luft an. Dem Gelähmten dröhnt es in den Ohren: „Steh auf! Steh auf! Alles soll gut
sein. Steh auf." Er sieht, dass Jesus wirklich ihn meint. Er spürt, wie frei er plötzlich atmen kann. Er sieht Jesus mit den offenen Armen vor sich stehen und merkt, wie er
plötzlich mutig wird, wie es ihm leicht wird, wie er seinen Oberkörper aufrichtet, wie er
seine steifen Beine anwinkelt, wie er sich mit den Händen am Boden abstützt - und
aufsteht. Ganz vorsichtig richtet er sich auf. Die Beine schmerzen, aber er steht. Er
steht auf eigenen Füßen. Er ist aufgestanden. Jesus hat ihn aufstehen lassen. Dann
bückt er sich mit schmerzendem Rücken. Langsam rollt er seine Matte zusammen.
Dann legt er sich die Matte über die Schulter. Er trägt die Matte, auf die er so lange
festgelegt war. Er schaut Jesus in die Augen und weiß nicht, ob er lachen oder weinen
soll. Er hört, wie die Leute sagen: „Das gibt's doch nicht!"
Er merkt, wie die Schriftgelehrten bedenklich die Köpfe schütteln. Er hört die Freunde
auf dem Dach hüpfen und lachen und singen. Er möchte gerne etwas sagen, kriegt
aber kein Wort heraus.
Dann lächelt er Jesus an, nickt ihm zu und dreht sich um. Mit kleinen mühsamen
Schritten, die Matte auf der Schulter, geht er durch die Menschenmenge hindurch aus
dem Haus. „Jeder Schritt", denkt er still bei sich, „jeder Schritt, den ich gehe, soll
sagen: Gott will, dass wir aufstehen und leben. Gott kann mich aufstehen lassen. Und
ich danke ihm, dass er mir hilft."
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3.3. Markus 10,13-16 „Die Kindersegnung“
Raum und Zeit für Kinder haben
Erzählung und Gestaltungsidee stammen von Ute Ermerling und dem Kindergottesdienstteam von St. Magni, Braunschweig, aus: Der Kindergottesdienst 1-96, S. 120122.
Die Erzählung erfolgt aus der Perspektive einer betroffenen Mutter: …
Stellt euch vor, ich bin Maria, eine Mutter von vier Kindern, die zur Zeit Jesu lebte.
Von Jesus hatten wir schon viel gehört: Er sagte den Menschen, wie sie den Willen
Gottes tun können. Er war ein guter Lehrer und tat den Menschen viel Gutes. Ja,
einige hatte er sogar gesund gemacht. Als wir nun hörten, dass dieser Jesus in unser
Dorf kommen sollte, beschlossen ein paar andere Mütter und ich, mit unseren Kindern
zu Jesus zu gehen. Er sollte sie segnen. Jesus sollte ihnen auch Gutes tun, er sollte
ihnen Gottes Begleitung auf ihrem Lebensweg zusprechen. Unsere Männer waren
gleich zu ihm gelaufen, um mit ihm zu reden. Aber wenn dieser Jesus wirklich so ein
wunderbarer Mensch war, dann müsste er sich auch für unsere Kinder interessieren.
Wir gingen also mit unseren Kindern in das Haus, in dem sich Jesus mit den Männern
versammelt hatte. Mein kleinstes Kind hatte ich auf dem Arm, es konnte noch nicht
laufen. Eins hatte ich an der Hand, die anderen beiden liefen nebenher.
Als wir dort ankamen, wurden wir gleich am Eingang von den Jüngern aufgehalten. Sie
fuhren uns an: „Was ist denn hier los? Hier ist doch kein Kinderspielplatz. Was soll der
Lärm? Geht, geht mit euren Kindern!“ - Wir konnten nicht mal richtig erklären, was wir
wollten. So antworteten sie uns. „Verschwindet nach Hause. Jesus hat genug zu tun.
Er kann sich nur um wichtige Dinge kümmern!“
Plötzlich kam Jesus heraus. Er sah etwas grimmig aus. Ich dachte: „Wird er jetzt auch
noch mit uns schimpfen?“ - Aber dann sagte er zu seinen Freunden. „Warum haltet ihr
die Kinder von mir fern? Warum lasst ihr sie nicht zu mir kommen? - Gerade ihnen gehört Gottes neue Welt!“ - Jesus bat uns mit unseren Kindern ins Haus. Dann nahm er
die Kinder und stellte sie in die Mitte des Raumes, so dass alle anderen sie sehen
konnten. Er sagte: „Die Kinder sollen ein Beispiel für euch sein. Nur wer Gott vertraut
wie ein Kind, wird seine Liebe und Nähe erfahren können.“
Dann sagte er zu unseren Kindern: „Setzt euch, ich will euch eine Geschichte erzählen!“ Am Ende nahm er sie in die Arme und drückte sie richtig. Er legte jedem einzelnen Kind die Hand auf und segnete es. Wir Mütter hatten alles mitverfolgt. Wir waren
überrascht, wie freundlich Jesus mit unseren Kindern war, und wir waren glücklich.
Denn genau das war passiert, was wir uns gewünscht hatten: Jesus hatte unseren
Kindern Gottes guten Segen gegeben. Und er hatte Zeit, sogar für die Kleinsten!
Idee zur Gestaltung
Wir haben die Geschichte mit den Händen nacherzählt. Die Kinder haben dazu selber
Vorschläge eingebracht.
1. Die Kinder werden zu Jesus gebracht: auf dem Arm, an der Hand;
2. Die Jünger weisen sie zurück: vorgestreckte, zurückweisende Hände;
3. Jesus wird ärgerlich: schimpfen, Zeigefinger, Kopfschütteln;
4. Jesus ruft die Kinder zu sich: heranwinken mit der Hand;
5. Jesus stellt die Kinder in die Mitte: zeigende, Platz anbietende Hand;
6. Jesus nimmt die Kinder in die Arme: ...
7. Jesus segnet die Kinder: Handauflegen, Erinnerung an Taufe und/oder: „Jesus
segnet uns“
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3.4. Lukas 15, 11–32 „Der verlorene Sohn“
Den eigenen Weg gehen dürfen
Die Erzählung ist von Silke Schmid und Christoph Fischer geschrieben und steht in der
Evangelischen Kinderkirche 4/1995, S. 358-360.
Ein Vater lebte mit seinen zwei Söhnen auf einem großen Hof. Auf diesem Hof
herrschte ein reges Treiben. Schon bei Sonnenaufgang quiekten die Schweine, die
sich vom Krähen des Hahnes gestört fühlten. Die Pferde wieherten laut durcheinander,
weil sie vom Quieken der Schweine aufwachten. Für den Vater gab es immer viel zu
tun; die Kühe mussten gemolken werden, und die Schafe wollten so rasch wie möglich
auf die Wiesen zu dem frischen Gras. Zum Glück hatte der Vater zwei tüchtige Söhne,
die morgens früh aufstanden und bei der Arbeit mithalfen. Der Vater blickte jeden
Morgen liebevoll auf seine verschlafenen Söhne, die sich noch nicht so gut an das frühe Aufstehen gewöhnt hatten. Trotzdem waren beide immer pünktlich um fünf Uhr auf
den Beinen.
Eines Abends saß der Vater auf der Holzbank vor dem großen Haupthaus. Der jüngere Sohn hatte sich, müde von der Tagesarbeit, neben ihn gesetzt. „Vater!" sagte der
jüngere Sohn, „ich möchte in die Stadt gehen. Hier auf dem Hof ist es mir oft zu langweilig. Ich habe mir vorgenommen, neue Menschen kennen zulernen und Freunde zu
finden." Der Vater drehte seinen Kopf und blickte dem Sohn in die Augen. „Ja, mein
Sohn", sagte er, und es klang etwas Wehmut in seiner Stimme. Trotzdem lächelte er
und beide schwiegen. Als der jüngere Sohn am nächsten Morgen nicht zu seiner
Arbeit im Stall erschien, fragte sein älterer Bruder den Vater: „Wo ist mein Bruder? Er
war doch sonst nie zu spät." „Er packt seine Sachen", sagte der Vater; „ich werde ihm
seinen Erbteil in Geld auszahlen, weil er in die Stadt gehen will." Der ältere Sohn stützte sein Kinn auf die Mistgabel und schwieg. „Er wird mir fehlen", dachte er. „Wie oft
haben wir zusammen gesessen und bis tief in die Nacht erzählt und gelacht." Er dachte auch daran, dass nun ein wichtiger Arbeiter auf dem Hof fehlte. Aber er vertraute
seinem Vater, richtig zu handeln.
Seit der jüngere Sohn mit einem großen Bündel fortgezogen war, waren schon einige
Monate vergangen. Abends, wenn die Tagelöhner nach Hause gegangen waren, und
die Knechte und Mägde sich in das Hinterhaus zurückgezogen hatten, saßen der
Vater und sein älterer Sohn oft vor dem Haupthaus. Der Vater brachte dem älteren
Sohn das Schnitzen bei und erzählte ihm von anderen Menschen und fernen Ländern.
Der Sohn lernte viel vom Vater, und der Vater nahm sich viel Zeit für den Sohn.
Manchmal schwiegen sie auch, und der Vater wendete seinen Blick auf den staubigen
Weg, der über einen Berg führte. Der ältere Sohn wusste, dass hinter dem Berg die
große Stadt lag. Er erkannte dann den sorgenvollen Blick des Vaters, und wenn er
selbst in Richtung Stadt schaute, spürte er, wie ein kalter Wind sein Gesicht streifte.
Manchmal ärgerte sich der ältere Sohn darüber, dass sein kleiner Bruder in die Stadt
gezogen war. Er ärgerte sich, weil der Vater sich Sorgen um den jüngeren Bruder
machte. „Wie kann er das unserem Vater antun?" dachte er, und Zorn stieg in seine
Kehle. Der Vater aber ließ nie ein Wort der Klage hören und war wie eh und je freundlich zu allen auf dem Hof.
So kam der Winter, doch im Gegensatz zu den Vorjahren blieb der erhoffte Regen
aus. Die Felder waren ausgedörrt, und der Pflug konnte nur mit großer Anstrengung
durch die Erde geführt werden. Der ältere Sohn schwitzte bei der Arbeit und machte
häufig Pausen. Täglich reckte er seinen Hals, um nach grauen Regenwolken Ausschau zu halten. Doch er sah nur Staubwolken, die hinter dem Berg am Horizont aufwirbelten. Manchmal fragte er sich „Woher hat mein Vater nur genug Essen für alle?".
Denn trotz der Dürre musste niemand hungern auf dem Hof. Die Tiere hatten immer
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Heu und frisches Wasser. Die Knechte und Mägde freuten sich jeden Tag über die
reichhaltigen Speisen, und der ältere Sohn ging immer mit gefülltem Bauch ins Bett.
Eines Abends, als der Frühling schon gekommen war und Blumen farbig die Wiesen
betupften, kam der ältere Sohn müde von der Feldarbeit nach Hause. Doch etwas war
anders als sonst. Schon von weitem hörte er ein Lachen und Singen. „Ist heute ein
Festtag?" fragte er laut vor sich hin. Doch ihm fiel keiner ein. „He du!" rief er einem
Knecht zu, der mit einer Kanne Wein um das Haus lief. „Was wird heute bei uns gefeiert?" „Dein Bruder ist wieder heim gekommen", antwortete der Knecht, „und dein Vater
hat ihm ein Kalb braten lassen. Er hat ihm auch neue Kleider und Schuhe geschenkt.
Die alten Kleider haben nämlich furchtbar nach Saustall gestunken. Und einen Ring
hat dein Vater deinem kleinen Bruder an den Finger gesteckt." Da spürte der ältere
Sohn, wie die Wut in seinem Bauch hochstieg. „Hat nicht mein kleiner Bruder meinen
Vater und mich im Stich gelassen?" dachte er. „Hat er nicht das ganze Geld bekommen? Was will er hier? Warum bekommt er auch noch ein Fest zur Begrüßung?
Warum bekommt er neue Kleider und Schuhe? Warum bekommt er ein Kalb
gebraten?" Der ältere Sohn war so zornig, dass er ganz rot im Gesicht wurde. Er wollte
nicht in die Halle zu der Feier gehen. Da kam der Vater vor die Tür und setzte sich zu
seinem älteren Sohn. „Warum kommst du nicht zu uns?" fragte er, und versuchte dem
Sohn in die Augen zu schauen. Der aber wich dem Blick des Vaters aus und sagte:
„Es ist nicht gerecht! Mein Bruder hat alles Geld bekommen und verschwendet, und
nun feierst du ein Fest für ihn. Ich habe immer hart gearbeitet und du hast nie für mich
ein Fest mit einem Kalbsbraten gegeben." Der Vater lächelte verständnisvoll als er antwortete, „Grolle nicht mit mir. Du weißt, dass alles auf diesem Hof dir gehört. Hast du
jemals Hunger leiden müssen? Dein Bruder musste Schweine hüten und durfte nicht
mal mehr von ihrem Futter essen. Kannst du mir vorwerfen, dass ich ihm neue Kleider
schenke?" Beide schwiegen für eine Weile, und im Hintergrund war der Jubel der Feiernden wie ein freudiges Gemurmel zu hören. „Weißt du", sagte der Vater, „dein Bruder war wie tot für mich und ich habe mir große Sorgen gemacht. Als er heute Mittag
aus der Ferne auf mich zukam, war mir, als würde er wieder lebendig. Und nun ist er
wieder bei uns, und ich wünsche mir, dass du dich genauso freust über seine Heimkehr wie ich." Der ältere Sohn sah dem Vater in die Augen, und sein Blick war nicht
mehr so starr wie vorher. „Komm herein zu den anderen, und sei fröhlich mit uns!"
sagte der Vater und nahm seinen Sohn an der Hand. Der ältere Sohn fühlte, wie der
Zorn sich während des Gesprächs etwas gelegt hatte. Zwar rumorte es noch etwas in
seinem Bauch, aber das konnte auch der Hunger sein. So folgte er dem Vater in die
Festhalle und lief auf seinen Bruder zu.
3.5. Sacharja 8, 3–5 „Zukunftsvision“
Zukunftsvisionen – Gesellschaft – miteinander leben – Frieden
Die erste Geschichte (3.5.1.) stammt von Ute Ermerling und steht in: Der Kindergottesdienst 4-94, S. 73f; die zweite Geschichte (3.5.2.) ist von Alfred Mengel, aus:
Evangelische Kinderkirche 4/1994, S. 363f.
3.5.1.
(…)Peter und Maike (...) hatten sich gestritten, d. h.: Peter war wütend auf Maike, weil
sie immer alles verpetzen musste und dafür scheinbar auch noch von den Eltern
vorgezogen wurde. Jedenfalls, die beiden haben sich wieder vertragen. Zuerst aber
hat Peter mit seinen Eltern darüber gesprochen. Das war gar nicht leicht, und er war
auch ganz schön aufgeregt. Aber dann hatten sie ihn doch verstanden und sich sogar
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bei ihm entschuldigt. Anschließend hatte er noch mit Maike darüber geredet. Nun ging
es ihm richtig gut. Seine Wut war weg, und mit seinen Eltern und seiner Schwester war
es richtig schön. Es müsste eigentlich immer so sein. Peter lag auf seinem Bett, die
Arme hinter dem Kopf verschränkt, und dachte nach: „Wäre es nicht toll, wenn die
Menschen sich überhaupt vertragen könnten? Zank, Hass, Neid und Streit, das gibt es
ja auch bei anderen. Menschen tun einander weh. Es gibt so viel Gewalt auf dieser
Welt und nicht nur da, wo Krieg ist.“ Ihm fiel die alte, kranke Nachbarin ein, deren
Kinder keine Zeit haben, sie zu besuchen. Er dachte an den Spielplatz, auf dem man
nicht mehr spielen darf, weil im Boden Gift entdeckt wurde. Er erinnerte sich an den alten Mann, der auf der Parkbank schlief. Seine Mutter hatte ihm erzählt, dass er wohl
keine Wohnung und keine Arbeit hat. Und dann waren da noch die schönen Bäume in
der Seitenstraße. Sie wurden gefällt, um die Fahrbahn zu verbreitern... Da stürmte seine Schwester ins Zimmer und weckte ihn aus seinen Gedanken: „Wollen wir nicht etwas spielen?“ bat sie ihn. Er schaute sie an und überlegte. „Ich habe eine Idee“, antwortete er, „komm, lass uns eine Stadt bauen, in der die Menschen zufrieden miteinander leben können!“ „Und auch die Tiere und die Pflanzen!“ rief Maike begeistert.
Sie holten sich Papier, Pappe, Kleber und Buntstifte. Aber dann mussten sie erst einmal überlegen: (gemeinsam mit den Kindern kann nun besprochen werden, wie ihre
Stadt des Friedens aussehen müsste. Zum Abschluss des Gespräches kann der Kanon „Hewenu Schalom alejchem“ [Wir bringen Frieden für alle], MKL 106, gesungen
werden.) Peter und Maike bauten sich eine wunderschöne Stadt mit bunten Häusern,
Bäumen und Pflanzen, viel Platz für Kinder zum Spielen und nur wenig Straßen mit
wenig Autos. Die Menschen ihrer Stadt waren fröhlich. Alte und Junge erzählten miteinander, und Menschen ohne Arbeit und Wohnung gab es auch nicht. Als die beiden
fast fertig waren mit ihrer Stadt, rief die Mutter zum Essen. Sie öffnete die Tür zum
Zimmer und schaute herein: „Was macht ihr denn da?“ fragte sie erstaunt. Peter und
Maike erzählten ihr von ihrer Stadt des Friedens, und dass sie sich wünschten, es
wäre wirklich so. Die Mutter nahm ihre Kinder in die Arme und sagte zu ihnen. „Genau
das wünscht sich auch Gott. Er gibt uns Menschen Frieden. Er will uns helfen, friedlich
miteinander zu leben. Wenn wir ihm Vertrauen, können wir viel tun für diesen Frieden.“
3.5.2
Es war über ein halbes Jahrtausend vor der Geburt Jesu Christi im Volk Israel. Eine
schwere und schlimme Zeit! Kriege hatten gewütet und das Land verwüstet. Ganz
viele Menschen mussten ihre Heimat Israel verlassen und wurden in ein fernes Land
getrieben. Die schöne Stadt Jerusalem war zerstört - die Häuser, die Stadtmauer, ja
sogar der Tempel. Nach langen Jahren in der Fremde konnten die ersten Verbannten
aus dem fernen Land Babylon, von den Flüssen Euphrat und Tigris, zurückkehren in
das Land Israel, in die Stadt Jerusalem. Sie waren schon nicht mehr in Israel geboren,
ihre Eltern kaum noch, eher die Großeltern. Aber sie hatten viel erzählt bekommen
vom Land, von der Schönheit seiner Berge, den fruchtbaren Ebenen, vom Fluss
Jordan, von Brot und Wein und vor allem von der Stadt Jerusalem. Von ihr wurde nicht
nur erzählt, von ihr wurde auch gesungen: „Ich freute mich über die, die mir sagten:
Lasset uns ziehen zum Hause des HERRN! Nun stehen unsere Füße in deinen Toren,
Jerusalem. Wünscht Jerusalem Glück! Es möge wohl gehen denen, die dich lieben! Es
möge Frieden sein in deinen Mauern und Glück in deinen Palästen!" (Psalm 122,1-2,
6-7) Und in der Fremde waren neue Lieder entstanden — Lieder voller Heimweh und
Sehnsucht nach Jerusalem: „Wenn der HERR die Gefangenen Zions erlösen wird, so
werden wir sein wie die Träumenden", so begann ein solches Lied (Psalm 126, 1).
Oder ein anderes Lied fing an mit dem Vers: „An den Wassern zu Babel saßen wir und
weinten, wenn wir an Zion gedachten" (Psalm 137,1). Aber jetzt kehrten ja die ersten
zurück. Natürlich waren sie gespannt auf das Land Israel und die Stadt Jerusalem.
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Doch die Enttäuschung war groß. Äcker und Weinberge verwüstet, die Dörfer zerstört
und das schöne, hochgelegene Jerusalem - nicht viel mehr als ein Trümmerhaufen.
Die Heimkehrenden hatten ja gewusst, dass Krieg getobt hatte, dass ihre Vorfahren
die Stadt verlassen mussten. Aber, dass es so schlimm sein würde! Sie klagten: „Wie
liegt die Stadt so verlassen, die voll Volks war... Die Straßen nach Zion liegen wüst...
Alle Tore der Stadt stehen öde ..." (Klagelieder 1,1.4). „Wie sollen wir hier wohnen
können?" sagten die Leute, „Schlangen und Eulen können hier leben, aber nicht wir!
Und der Tempel, der Ort unserer Gottesdienste, auch er -Trümmer!" Ihr könnt euch
vorstellen, wie enttäuscht und mutlos die Leute waren. Die Stadt - eine Stadt des
Todes, nicht des Lebens. Doch da tritt ein Prophet zu ihnen, Sacharja ist sein Name.
Ein schöner Name! „Der HERR gedenkt", bedeutet er. Und das, was sein Name meint,
sagt der Prophet. Er sagt es, weil Gott ihm diese Worte anvertraut hat, weil er ihn beauftragt hat, sie weiterzugeben. Wie lautet seine Botschaft? „Es sollen wieder auf den
Plätzen in Jerusalem alte Männer und Frauen sitzen, jeder mit seinem Stock in der
Hand vor hohem Alter, und die Plätze der Stadt sollen voll sein von Jungen und Mädchen, die dort spielen" (Sacharja 8, 4. 5). „Das ist ein schöner Traum", sagen die Leute. „Das wäre schön, wenn in Jerusalem wieder Menschen alt würden, wenn sie nicht
früh sterben müssten oder fortgeschleppt würden. Das wäre schön, wenn sie sich im
Alter einfach ausruhen könnten. Und auch das wäre schön, wenn es wieder Kinder
gäbe in Jerusalem, wenn sie sich nicht vor Angst verstecken müssten, wenn sie
spielen könnten in den Straßen und auf den Plätzen. Die alten Leute würden ihnen zuschauen und ihre Freude an den Kindern haben. Manchmal könnten sie den Kindern
auch etwas erzählen, wie es früher war und was sie so erlebt haben. Ein schöner
Traum. Aber schaut euch um! Seht ihr Straßen, Plätze, Kinder und alte Leute? Einen
Trümmerhaufen sehen wir."
Aber der Prophet Sacharja ließ sich nicht abbringen vom Traum Gottes. „Gewiss,“ sagt
er, „es ist wie ein Traum, aber ein Traum Gottes. Gott denkt an Jerusalem; er hat es
nicht vergessen Gott selber wird nach Jerusalem zurückkehren. Er wird wohnen auf
dem Berg Zion dem Tempelberg. Und wo Gott wohnt, da werdet auch ihr wohnen. Und
wo Gott wohnt, da ist Friede, Kinder können spielen, alte Menschen sich ausruhen.
Gott verspricht es. Und was er verspricht, das hält er auch."
Die Stadt Jerusalem wurde aufgebaut, die Häuser mit Straßen und Plätzen, der Tempel, die Stadtmauer mit den Toren. Kinder konnten spielen und alte Menschen sich
ausruhen. Gott hat sein Wort gehalten.
Am Ende des Neuen Testamentes wird noch einmal - fast wieder wie in einem Traum von der Stadt Jerusalem gesprochen. Von einem ganz neuen Jerusalem, das von Gott
herkommt. Wieder verspricht Gott, in dieser Stadt zu wohnen. Und dann heißt es:
„Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein,
noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist
vergangen. Siehe, ich mache alles neu!" (Offenbarung 21,4. 5)
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4. Lieder
Weitere Liedvorschläge:
Alle Knospen springen auf
EG 637 / Can 156
Da berühren sich Himmel / Wo Menschen sich vergessen tvd ML 2 B225 / Can 110
Das wünsch ich sehr
MKL 1 – 5 und 6 / Can 5
Eine Handvoll Erde
MKL 2 – 79 / Can 6
Einer hat uns angesteckt
tvd ML B86 / Can 26
Entdeck bei dir
tvd ML B88 o. 89 / Can 29
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In Ängsten die einen
tvd ML B71 / Can 167
Kinder / Sind so kleine Hände
MKL 1 – 97 / Can 139
Kindermutmachlied
tvd ML C15 / Can 51
Kleines Senfkorn Hoffnung
MKL 1 – 90 / Can 177
Komm, bau ein Haus
EG 589 / Can 59
Meine engen Grenzen
EG 584 / Can 186
So ist Versöhnung / Wie ein Fest nach langer Trauer
LfdJ 636 / Can 128
Zieh den Kreis / Wenn du singst
MKL 1 – 149 / Can 52
Abkürzungen :
Can
EG
LfdJ
tvd ML
MKL
Cantate, Liederbuch der Engelsburg u. des Kath. Jugendbildungsreferates KS
Evangelisches Gesangbuch
Liederbuch für die Jugend, Quell Verlag Stuttgart
Mein Liederbuch, Heft 1 und 2, tvd Verlag Düsseldorf
Menschenskinderlieder Band 1 und 2, Zentrum Verkündigung der EKHN
5. Liturgie
„Auf dem Weg sein“ aus: Gottesdienste mit Kindern, Arbeitshilfe für Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter im Kindergottesdienst, Hg. Landeskirchenamt der EKKW, S. 99f.
Psalm
Gott geht mit mir. Ich bin nicht allein.
Meine Augen sehen zum Himmel.
Kommt von da meine Hilfe?
Meine Hilfe kommt von dem lebendigen Gott.
Er hat den Himmel und die Erde gemacht.
Er ist überall für mich da.
Gott geht mit mir. Ich bin nicht allein.
Gott begleitet mich auf meinem Weg.
Er sieht nach mir und bleibt an meiner Seite,
was immer auch kommt.
Gott geht mit mir. Ich bin nicht allein.
Wenn es heiß hergeht, kann ich mich auf Gott verlassen.
Wenn ich im Dunkeln gefangen bin, ist er für mich da.
Keinen Tag muss ich ohne Gott sein.
Gott geht mit mir. Ich bin nicht allein.
Gott geht mit mir, was immer der Weg auch bringen wird.
Gott ist für mich da.
Ich kann mich auf ihn verlassen und so meinen Weg durch
das Leben gehen.
Gott ist an meiner Seite am Anfang und am Ende,
gestern, heute und morgen.
(nach Psalm 121)
Klage
Wir sind auf dem Weg durch unser Leben.
Gute und schwere Tage gehören dazu.
Manchmal ist es nicht leicht weiterzugehen.
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Wir haben Angst und fürchten uns.
Wir wissen nicht, was kommt.
Gott, wir brauchen dich auf unserem Weg.
Zu dir rufen wir:
Kyrie
Lob
Wir sind auf dem Weg durch unser Leben.
Gute und schwere Tage gehören dazu.
Wir freuen uns, wenn wir gut vorankommen.
Wir sind nicht allein unterwegs.
Andere Menschen gehen mit.
Gott geht mit.
Darüber freuen wir uns und singen:
Gloria
Gebet
Guter Gott,
du hast versprochen, an allen Tagen des Lebens bei uns zu sein.
Wir danken dir, dass du mit uns gehst.
Wir müssen nicht alleine unterwegs sein.
Gott, bleibe du an unserer Seite.
Hilf uns, auch schwere Wege zu gehen.
Schenke uns Mut für neue Wege und ein gutes Ziel.
Amen.
Hören und Antworten (Verkündigung und Bekenntnis)
Feiern
Gebet / Fürbitte
Guter Gott,
zu dir kommen wir heute Morgen.
Wir bringen mit, was uns froh und zufrieden macht.
Wir bringen mit, was uns traurig und ängstlich macht.
Guter Gott, wir bitten dich, dass du bei uns bist.
Hilf uns, dass unser Weg durch das Leben gut wird.
Wir rufen zu dir: Gott, höre uns.
Guter Gott,
manchmal haben wir Angst, neue Wege zu gehen.
Wir wissen nicht genau, was kommen wird.
Gott, hilf uns, dass wir dir vertrauen können.
Wir rufen zu dir: Gott, höre uns.
Guter Gott,
manchmal ist das Leben ganz schön schwer für uns.
Hilf uns, dass wir den richtigen Weg finden und nicht aufgeben.
Wir rufen zu dir: Gott, höre uns.
Vater unser
Segen
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6. Tipps zur kreativen Gestaltung
Die Fahnentücher werden in der Martinskirche präsentiert. Je intensiver die Farbgestaltung, desto besser wird das Fahnentuch auch von Weitem sichtbar sein. Kleinteilige Gestaltung verliert sich in der Größe des Raums, wir empfehlen eine vollflächige
Gestaltung.
Bitte beachten Sie folgende Hinweise:
 Das Tuch wird senkrecht (Tunnelnaht oben) aufgehangen werden, denken Sie
bei der Gestaltung der Tücher im Vorfeld daran.
 Das Tuch bitte bei der Bearbeitung so legen, dass die Tunnelnaht hinten (auf
der Unterlage) liegt.
Das Fahnentuch kann mit einfachen Materialien eindrucksvoll gestaltet werden. Alle
beschriebenen Techniken wurden an einem Mustertuch ausprobiert. Geeignet sind:
 Wasserfarben
 Wachsmalstifte, z. B.: das Fahnentuch mit Wachsblöcken grundieren
 Abtönfarben
 Fingerfarben
 Filzstifte
 Stoffe, Filz, Wolle, Märchenwolle, Knöpfe etc.
Spachteltechnik: Auf dem Stoff verschiedenfarbige Kleckse nebeneinander auftragen
und dann mit einem Spachtel über den Stoff ziehen. Sehr auffällige Muster entstehen
durch einen Zackenspachtel.
Spritztechnik: Mit Hilfe eines Spritzsiebes und einer Zahnbürste Farben auf den Stoff
spritzen, ggf. Schablonen (z.B. Schriftzug) auflegen.
Abziehtechnik: Den Stoff in zwei Hälften falten. Auf die eine Seite dick Fingerfarbe auftragen, die andere Hälfte darüber legen, leicht andrücken und wieder auseinander ziehen.
Stempeltechnik: Korken in die gewünschte Form zuschneiden, mit Farbe bestreichen
und fest auf den Stoff drücken.
Kartoffelhälften zuschneiden oder mit Ausstechformen in die gewünschte Form
bringen und mit Farbe bestreichen und fest auf den Stoff drücken.
Hände und Füße sind natürlich auch als Stempel geeignet.
Mandala: Kopieren Sie ein Mandala Ihrer Wahl auf die entsprechende Größe, übertragen Sie die Motivlinien auf das Fahnentuch und malen Sie es aus.
Applikationen aus Stoff, Filz, Wolle, Märchenwolle, Knöpfen etc. können gut mit einer
Heißklebepistole fixiert werden. Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, so können
Märchenwolle zu Haaren und Knöpfe zu Augen werden, eine Kordel umrahmt das
Gesicht.
Die Bügeltechnik eignet sich nicht zur Gestaltung des Stoffes.
..... oder fällt Ihnen noch etwas anderes ein?
Viel Spaß !
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