Fugro Consult GmbH Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung eines

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Fugro Consult GmbH Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung eines
Fugro Consult GmbH
Wolfener Straße 36
12681 Berlin
Geschäftsführer:
Dr. Uta Alisch (Vorsitz)
Dr. Rolf Balthes
Dr. Dirk Brinschwitz
Tel.: 030 93651-0
Fax: 030 93651-250
[email protected]
www.fugro.de
Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung eines
Brunneneinzugsgebietes
AG Berlin-Charlottenburg
HRB 134082 B
Ust.-IdNr.: DE 150 375 679
Deutsche Bank AG
Konto-Nr. 960 300 2
BLZ 100 700 00
IBAN: DE83 1007 0000 0960 3002 00
SWIFT/BIC: DEUTDEBBXXX
Autor:
Dipl.-Ing. Toralf Hilgert
Fugro Consult GmbH
Geschäftsbereich Wasser
Datum:
Sitz der Gesellschaft
Wolfener Straße 36
12681 Berlin
November 2013
Tel.: 030 93651-0
Fax: 030 93651-250
Zertifiziert nach ISO 9001:2008 12 100 8243 TMS und
BS OHSAS 18001:2007 12 116 8243 TMS
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Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung
eines Brunneneinzugsgebietes
Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung eines Brunneneinzugsgebietes
Motivation:
Der am weitesten verbreitete Berechnungsansatz zur näherungsweisen Ermittlung eines Brunneneinzugsgebietes ist die Berechnung der Kennwerte untere Kulmination und Entnahmebreite nach folgenden
Formeln (TODD [1980] zitiert in HÖLTING & COLDEWEY [2005]):
untere Kulmination:
xk =
Q
2 ⋅π ⋅T ⋅ I0
mit
T - Transmissibilität
(1)
I0 - natürliches Grundwassergefälle
Entnahmebreite (im weiteren Anstrom):
B=
Q
T ⋅ I0
(2)
Die Formeln basieren auf der Annahme einer parallelen Grundströmung bei konstantem Grundwassergefälle. Der Ansatz weist folgende gravierenden Nachteile auf:
•
Die Grundwasserneubildung findet keine Berücksichtigung, so dass die Bilanz (Entnahmerate =
Grundwasserneubildung × Einzugsgebietsfläche) im Nachgang geprüft und das Einzugsgebiet ggf.
mehrfach angepasst werden muss.
•
Die Annahme eines näherungsweise konstanten Grundwassergefälles ist meist nicht gerechtfertigt.
Unterstellt man homogene hydrogeologische Verhältnisse, muss das Gefälle mit steigender Entfernung
von der Wasserscheide – und somit steigendem Abfluss – zunehmen.
•
Die Transmissibilität, die maßgeblichen Einfluss auf das Berechnungsergebnis hat, ist in der Regel nur
unzureichend bekannt. Bestenfalls liegen Pumpversuchergebnisse an der Wasserfassung vor, deren
Gültigkeit auf den Fassungsbereich begrenzt ist und deren Recherche den möglichen Aufwand bei der
landesweiten Bearbeitung übersteigen würde.
Zur Vermeidung dieser Nachteile wurde ein alternatives Berechnungsverfahren abgeleitet.
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Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung
eines Brunneneinzugsgebietes
Berechnungsansatz:
In der Regel bilden sich in der Natur ovale, tropfenförmige Brunneneinzugsgebiete (AU) aus, die am
Hochpunkt einer Grundwasserscheide enden. W IENEKE [2011] hat zur Lösung dieses Problems einen
einfachen Ansatz vorgestellt. Dabei wird davon ausgegangen, dass das Grundwasser von einer
hydraulischen Hochlage, die durch die Grundwasserneubildung verursacht ist, kreisförmig abströmt. Für
diesen Fall kann die Form des Einzugsgebietes aus der Grundwasserförderung (Q), der mittleren
Grundwasserneubildung (GWN) sowie der Länge (L) vom Brunnen bis zum Hochpunkt der Wasserscheide
geschätzt werden (siehe Abbildung 1).
Um eine einfache Schätzmethode für Brunneneinzugsgebiete zu entwickeln, wurde der Ansatz von
W IENEKE [2011] modifiziert und gemäß KINZELBACH et al. [1992] ein halbseitig unendlicher gespannter
Grundwasserleiter betrachtet, der von einem undurchlässigen Rand (Wasserscheide) begrenzt wird.
Dadurch wird erzwungen, dass die Einzugsgebiete auf der hydraulischen Hochlage enden, die durch den
landesweiten Grundwassergleichenplan vorgegeben ist.
Modellschema zur Bestimmung des unterirdischen Brunneneinzugsgebietes
2000
y
1500
1000
r
R
0
Bmax
500
-xk
L
-500
-1000
-1500
-2000
-1000
x
-500
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
Trennstromlinie
Stromlinie rückw ärts
max. Einzugsgebietsbreite
Hilfspunkt
Wasserscheide
Hydroisohypse
4500
5000
5500
6000
Brunnen
Abbildung 1: Modellschema zur Bestimmung des unterirdischen Brunneneinzugsgebietes
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Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung
eines Brunneneinzugsgebietes
Herleitung:
Die Fläche des unterirdischen Einzugsgebiets eines Brunnens ist abhängig von der Grundwasserförderung
sowie der mittleren Grundwasserneubildung und ergibt sich aus:
Au =
Q
GWN
(3)
Es wird vereinfacht angenommen, dass das neugebildete Grundwasser vom Hochpunkt einer
Wasserscheide nach allen Seiten radial abfließt. Mit der Filtergeschwindigkeit der Grundströmung (vG), dem
Abstand R vom Hochpunkt sowie der Mächtigkeit (M) des gespannten Grundwasserleiters und bei Ansatz
eines Zylinders gelten folgende Gleichungen:
Q = GWN ⋅ π ⋅ R 2
(4)
Q = 2 ⋅ π ⋅ R ⋅ M ⋅ vG
(5)
Zusammengefasst ergibt sich für die Filtergeschwindigkeit der Grundströmung folgendes:
vG =
GWN ⋅ R
2⋅ M
(6)
Für kartesische Koordinaten (x, y) mit dem Brunnen im Ursprung und dem Hochpunkt auf der x-Achse
gelten für die Komponenten der Grundströmung die Gleichungen
vGx =
GWN
⋅ ( L − x)
2⋅M
(7)
vGy =
GWN
⋅y
2⋅M
(8)
Im Bereich des Brunnens kann ebenfalls die Anströmgeschwindigkeit (vB) in Entfernung r mit Hilfe der
Zylinderformel abgeleitet werden.
vB =
Q
2 ⋅π ⋅ r ⋅ M
(9)
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Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung
eines Brunneneinzugsgebietes
Die Komponenten in kartesischen Koordinaten sind:
v Bx =
Q
x
⋅ 2
2 ⋅π ⋅ M x + y2
(10)
v By =
Q
y
⋅ 2
2 ⋅π ⋅ M x + y2
(11)
Wegen der Berücksichtigung der Randbedingung (Wasserscheide) wird ein Spiegelbrunnen notwendig.
Damit ergeben sich folgende Geschwindigkeitskomponenten:
VBx =
Q
2 ⋅π ⋅ M

x
x − 2⋅ L
⋅  2
+
2
( x − 2 ⋅ L )2 + y 2
x +y




(12)
VBy =
Q
2 ⋅π ⋅ M


y
y

⋅  2
+
2
2
2 
+
x
y
(
)
x
−
2
⋅
L
+
y


(13)
Das Geschwindigkeitsfeld aus Grundströmung und Brunnenanströmung ergibt sich durch Addition der
einzelnen Komponenten:
v x = vGx + v Bx
(14)
v y = vGy + v By
(15)
Am Kulminationspunkt (xK) mit (x = -xK, y = 0) heben sich die brunneninduzierte Strömung und die
Grundströmung auf. Aus den Gleichungen (7) und (12) ergibt sich
x K = L2 +
2⋅Q
−L
π ⋅ GWN
(16)
Von einem Startpunkt in unmittelbarer Nähe zum Kulminationspunkt kann durch numerische Integration des
Geschwindigkeitsfeldes z.B. mit dem EULER-CAUCHY-Verfahren hinreichend genau die Trennstromlinie
ermittelt werden. Innerhalb der Fläche, welche die Trennstromlinie eingrenzt, wird die vom Brunnen
geförderte Grundwassermenge neu gebildet. Damit ist die Wasserbilanz erfüllt.
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Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung
eines Brunneneinzugsgebietes
Vereinfachungen:
Für die einfache Handhabung im Rahmen der landesweiten Bearbeitung soll auf die numerische Integration
verzichtet werden. Dazu wurde die Breite (B) des Einzugsgebietes für definierte Punkte entlang einer vom
Brunnen bis zur Hochlage verlaufenden Linie geschätzt. Als Grundlage dafür dienten numerische
Experimente mit exakt bestimmten Trennstromlinien.
Appoximation zur Ermittlung der maximalen Einzugsgebietsbreite
1000
y
Trennstromlinie
Approximation
0
Bmax
500
AU =Q/GWN
xk
L
-500
-1000
-500
x
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
4500
Abbildung 2: Approximation zur Ermittlung der maximalen Einzugsgebietsbreite
Es zeigte sich das die maximale Breite (BMAX) des tropfenförmigen Einzugsgebiets (AU) aus der
Kombination durch einen Halbkreis mit dem Durchmesser BMAX, ein Quadrat mit der Seitenlänge BMAX und
zwei rechtwinkligen Dreiecken mit den Katheten der Längen BMAX/2 und L+xK-3/2*BMAX (Abbildung 2)
überschlagen werden kann.
(L + x K )2 + 2 ⋅ (π + 2) ⋅
BMAX = 2 ⋅
Q
− (L + x K )
GWN
π +2
(17)
An dieser Stelle stromoberhalb vom Brunnen fließt das Grundwasser parallel zur x-Achse. Somit ist die yKomponente der Geschwindigkeit vy = 0. Zur mathematischen Vereinfachung des Problems wird der
Spiegelbrunnen vernachlässigt. Mit dem Ziel der Entwicklung einer Schätzmethode und aufgrund der
großen Entfernung des Punktes zur Wasserscheide ist dieses Vorgehen vereinbar. Somit kann dann unter
Anwendung der Gleichungen (8) und (11) die x-Koordinate berechnet werden:
x BMAX =
B
Q
− MAX
π ⋅ GWN
4
2
(18)
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Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung
eines Brunneneinzugsgebietes
Zur Konstruktion des Brunneneinzugsgebietes können näherungsweise aus den o.a. Betrachtungen
folgende Konstruktionspunkte angegeben werden:
Tabelle 1: Konstruktionspunkte zur Abgrenzung eines Brunneneinzugsgebietes
Abstand x
Einzugsgebietsbreite B
Bemerkung
-xK
0.0
untere Kulmination; Gleichung (16)
-0.8·xK
1.6·xK
0.0
3.0·xK
xBMAX/3
0.6·(BMAX-3.0·xK)+3.0·xK
Gleichungen (17), (18)
xBMAX
BMAX
maximale AU-Breite; Gleichungen (17), (18)
0.5·L
3.8·xK
0.75·L
2.2·xK
L
0.0
obere Kulmination
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Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung
eines Brunneneinzugsgebietes
Anwendung:
Im konkreten Fall ist als erstes auf Basis eines Hydroisohypsenplanes vom Brunnen eine rückwärts
gerichtete Stromlinie bis zum Hochpunkt der Grundwasserscheide zu erzeugen. Da sich so mitunter bei
kleinen Grundwasserförderraten sehr lange und schmale Einzugsgebiete ergeben, wird empfohlen, die
Länge der Stromlinie (entspricht der Größe L gemäß Gleichung (7)) entsprechend Gleichung (19) zu
reduzieren.
L=
Q
⋅F
GWN
(19)
Der Faktor F in der Gleichung (19) entspricht dabei dem Verhältnis zwischen Länge und mittlerer Breite des
Einzugsgebietes. Als Richtgröße wird F~10 empfohlen. Bei geringem Grundwassergefälle I0 ≤ 0.001 ist ein
kleinerer Faktor F sinnvoll.
Als nächstes ist der untere Kulminationspunkt xK nach Gleichung (16) zu berechnen. Mit den Gleichungen
(17) und (18) lässt sich die Stelle xBMAX der maximalen Ausdehnung des Brunneneinzugsgebietes BMAX
ermitteln. Auf der Stromlinie sind dann im Abstand x vom Brunnen in Richtung Wasserscheide die
Konstruktionspunkte entsprechend Tabelle 1 aufzutragen. Die zugehörenden halben Breiten ergeben
rechtwinklig links und recht zur Stromlinie die Grenzen des unterirdischen Brunneneinzugsgebietes.
In Wasserscheidennähe kann das vereinfachte Verfahren gemäß Tabelle 1 bis auf die untere und obere
Kulmination nicht verwendet werden. Der Verlauf der Einzugsgebietsgrenze muss dort mit halbanalytischen
oder numerischen Verfahren gemäß KINZELBACH et al. [1992] erfolgen.
Als Arbeitshilfe zur Automatisierung des beschriebenen Rechenganges wurde ein EXCEL-Arbeitsblatt
(s. Abbildung 3) erstellt. Unter Eingabe der Größen L, GWN und Q werden dort die Konstruktionspunkte
berechnet und dokumentiert.
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Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung
eines Brunneneinzugsgebietes
Ermittlung eines Brunneneinzugsgebietes
Eingangsgrößen
L
GWN
Q
6200
50
500
m
mm/a
m³/d
Länge des Einzugsgebietes entlang der Stromlinie
Grundwasserneubildung
Grundwasserförderung Brunnen (-gruppe)
3.65
185
km²
m
notwendige Einzugsgebietsgröße
untere Kulmination
Zwischenwerte
AU
xK
Konstruktionspunkte [m]
Abstand x
-185
-148
0
322
966
3100
4650
6200
Breite B
0
296
554
797
959
702
406
0
y
0
148
277
399
479
351
203
0
y'
0
-148
-277
-399
-479
-351
-203
0
Bemerkung
untere Kulmination
Brunnenhöhe
maximale Breite des Einzugsgebietes
obere Kulmination
4000
Stromlinie
y
Konstruktionspunkt
Wasserscheide
3000
Brunnen
2000
1000
0
-1000
-2000
-3000
-4000
-1000
x
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
7000
8000
9000
10000
Abbildung 3: Beispiel EXCEL-Arbeitsblatt zur Ermittlung von Brunneneinzugsgebieten
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Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung
eines Brunneneinzugsgebietes
Literatur:
HÖLTING & COLDEWEY [2005]
Hydrogeologie.
6. Auflage 2005, Elsevier - Spektrum Akademischer Verlag
KINZELBACH et al. [1992]
Bestimmung von Brunneneinzugsgebieten
in zwei und drei räumlichen Dimensionen
Geologisches Jahrbuch, Reihe C, Heft 61
BGR, Hannover 1992.
TODD [1980]
Groundwater Hydrology.
2. Aufl. 1980, New York (Wiley)
W IENEKE [2011]
Hydrogeologische Gutachten zur Neufestsetzung
von Wasserschutzgebieten im Land Brandenburg, Hinweise zur Erstellung
Fachbeiträge des LUGV Heft Nr. 117
LUGV-Brandenburg, Potsdam 2011.
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