Behörde mit großem Spielraum

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Behörde mit großem Spielraum
FOKUS
BUNDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT UND ERNÄHRUNG (BLE)
Behörde mit großem Spielraum
Dass Oecotrophologen einen fachlichen Bezug zum Bundesministerium für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz haben, liegt auf der Hand. Doch
wie der Arbeitsalltag eines Oecotrophologen in einer Behörde aussieht, mag unklar
erscheinen. Am Beispiel der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zeigt
sich, dass der Öffentliche Dienst ein spannender Arbeitergeber auch für Oecotrophologen sein kann. Denn die BLE ist die zentrale Umsetzungsbehörde für die
Entscheidungen des Ministeriums.
Der Hauptsitz der BLE liegt mitten im
Grünen – in einer der schönsten Lagen der
alten Bundeshauptstadt Bonn am Rheinufer in Bad Godesberg, wo bis vor wenigen Jahren die amerikanische Botschaft
residierte. Dabei ist das Pensum der Aufgaben, die die BLE in den Bereichen Agrarwirtschaft, Fischerei, Ernährung und Verbraucherschutz bewältigt, trotz der großen Zahl von ca. 1.200 Mitarbeitern gewaltig. Außenstellen in Hamburg, Weimar
und München sowie bundesweit eingesetzte Kollegen unterstützen ihre Bonner
Kollegen nach Kräften.
ENORMES AUFGABENSPEKTRUM
Was macht die BLE im Einzelnen? Sie setzt
zunächst vor allem deutsches und europäisches Agrarrecht um. Dabei steht sie
nicht nur für Landwirtschaft und Ernährung. Auch Fischerei und Verbraucherschutz sind ihre Themen. Zum Beispiel
überwacht sie mit Fischereischutzbooten
die Einhaltung der internationalen Fischereivorschriften, unterstützt Projekte zur
Entwicklung Ländlicher Räume und macht
auf die Bedeutung Biologischer Vielfalt
aufmerksam. Sie hilft Landwirten mit
Bioenergieberatung, und sie koordiniert
als Projektträgerin die verschiedensten
Forschungsvorhaben für das BMELV und
kommuniziert die Ergebnisse auf alle
Ebenen. Auch Programme zum ökologischen Landbau oder zur Welternährung
werden hier betreut. Soweit die Auswahl
aus den zahllosen Aktivitäten der BLE –
nicht zu vergessen die Umsetzung von
Programmen und Projekten zur Förderung
der gesunden Ernährung und der Verbraucherpolitik wie z. B. im Rahmen des
„Nationalen Aktionsplans Ernährung und
Bewegung“. Entsprechend bunt ist die
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Bandbreite der Mitarbeiter der BLE, die
von Matrosen (die die BLE-eigenen Schiffe
der Fischereiverwaltung in Bewegung setzen) über Informatiker, Agrarwissenschaftler (die den Löwenanteil der Mitarbeiter
>> Das Bild des typischen
Beamten passt nicht mehr. <<
Dr. Michaela Filipini
in ihre aktuelle Position – die Leitung des
Referats Ernährungsaufklärung.
ERNÄHRUNGSAUFKLÄRUNG:
BLE PRÜFT, WAS MÖGLICH IST
Das Spektrum an Aufgaben und Zuständigkeiten, das sie in dieser Funktion zu bewältigen hat, ist enorm. Zum einen obliegt
dem Referat mit seinen 15 Mitarbeitern
die Trägerschaft für diverse Projekte zur
Ernährungsaufklärung, die vom Bund
finanziell gefördert werden – vom aidErnährungsführerschein über die „Kinderleicht Regionen“ bis hin zu Projekten der
Deutschen Gesellschaft für Ernährung
(DGE) wie „Fit im Alter“ und der Förderung der Plattform Ernährung und Bewegung (peb). „Wenn aid, DGE oder
andere Institutionen Projekte planen,
dann reichen sie ihre Anträge bei uns ein,
die wir fachlich und inhaltlich u. a. auf
Plausibilität der Ziele, Qualität der Maßnahmen und auf die saubere finanzielle
Kalkulation hin prüfen.“ Ein weiterer
Schwerpunkt in der Arbeit des Referates
ist die IN FORM-Geschäftsstelle. Die ist
hier angesiedelt, seit das BMELV und das
Bundesgesundheitsministerium der BLE im
stellen) und viele Akademiker unterschiedlichster Professionen bis hin zu Oecotrophologen reicht. Die machen derzeit
nur einen Bruchteil unter den BLEMitarbeitern aus. Als Leiterin des Referates Ernährungsaufklärung gehört die
Ernährungs- und Hauswirtschaftswissenschaftlerin Dr. Michaela Filipini dazu. Der
Weg der Oberregierungsrätin in der Behörde war durchaus
Foto: © BLE
typisch: Auf den Einstieg im Jahr 2002
auf einer befristeten
Stelle als Referentin
im Bereich Forschungs- und Entwicklungs vor haben
mit dem Schwerpunkt ökologischer
Landbau folgte die
zweimalige Verlängerung des Vertrages. 2005 folgte die
Sachgebietsleitung,
2007 schlossen sich
Festanstellung und
Verbeamtung
an,
2010 übernahm sie
die Projektgruppenleitung. Anschlie- Dr. Michaela Filipini trägt als Referatsleiterin Führungsverantßend wechselte sie wortung für 15 Mitarbeiter.
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FOKUS
Jahre 2008 die Umsetzung des „Nationalen
Aktionsplans Ernährung und Bewegung“
übertragen haben. Im Rahmen der IN
FORM-Aktivitäten ist das Referat zudem
Leitstelle für die Vernetzungsstellen Schulverpflegung. Ein Mammutprogramm, das
Filipini und ihre Mitarbeiter trotzdem mit
Begeisterung und Engagement absolvieren. „Auf moderne Behörden wie die BLE
passt das Bild des typischen Beamten
schon lange nicht mehr“, meint Filipini.
„Wenn wir neue Programme auf den Weg
bringen, passiert das immer unter Zeitund Arbeitsdruck. Trotzdem sind alle
grundsätzlich mit Spaß und Motivation
dabei.“ Entscheidend für Motivation und
Freude an der Arbeit ist nach Filipinis
Ansicht vor allem auch der Gestaltungsspielraum: „Wir treffen unsere Entscheidungen grundsätzlich selbst – natürlich
nach den Vorgaben des Ministeriums.
Wenn wir Projekte auf den Weg bringen,
geht das auch nicht aus dem hohlen
Bauch heraus. Da gilt z. B. das Zuwendungsrecht, an dessen Vorgaben wir uns
zu halten haben. Die Regeln lassen uns
dennoch einen fachlich-inhaltlichen Gestaltungsspielraum. Den nutzen wir, und
der bedingt für viele hier die positive
Wahrnehmung der Arbeitssituation. Wir
schöpfen diesen Spielraum aus, indem wir
z. B. einen sehr partnerschaftlichen Umgang mit unseren Projektnehmern pflegen
– auch wenn wir letztlich für das Ministerium die Entscheider und Geldgeber
sind. Teamorientierte Arbeit und offene
Kommunikation macht einen wesentlichen Teil unserer Kultur hier in der BLE aus
– was natürlich auch für den internen
Umgang miteinander im Haus hier gilt.“
DAUERSTELLEN SIND BEGRENZT
Nora Moltrecht beurteilt das ganz ähnlich,
obwohl sie erst seit Anfang dieses Jahres
auf einer befristeten Stelle als Schwangerschaftsvertretung in der BLE tätig ist. Die
junge Oecotrophologin verstärkt die Online-Redaktion der BLE, die für das Internetangebot von in-form.de verantwortlich
ist. Auch sie schwärmt von den Gestaltungsmöglichkeiten an ihrem Arbeitsplatz:
„Natürlich gibt es Spielregeln, die unserer
Redaktion durch die Ziele von IN FORM als
Maßnahme des Nationalen Aktionsplans
vorgegeben sind. Innerhalb dieses Rahmens haben wir jedoch großen Spielraum,
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wenn es z. B. um die Foto: © BLE
Themensetzung und
inhaltliche Gestaltung
der Website geht.“ Die
Redaktion, so Moltrecht, wird von Anfang
an in die Planung der
IN FORM-Ak tivi täten
einbezogen. Wie die
einzelnen Themen auf
der Webseite umgesetzt werden, kann die
Redaktion weitgehend
eigenständig entscheiden. „Da gibt es niemanden, der uns vorschreibt: Ihr macht das
Nora Moltrecht: Die Oecotrophologin recherchiert als
jetzt so und so! Auch Online-Redakteurin in der BLE für die IN-FORM-Website.
im Ministerium hört
man auf unsere Argumente – dort ist man der BLE mit der Verbeamtung verbunden.
grundsätzlich offen für alles, was von uns Die Anforderungen, die in diesen Positionen an die Führungs- und Managekommt.“
mentqualitäten gestellt werden, stehen
In der Verbindung von journalistischem denen, die man in der Industrie an FühArbeiten und ernährungswissenschaftli- rungskräfte stellt, in nichts nach – auch
chen Inhalten, die auf der Projektstelle in nicht in Bezug auf die finanzielle Verder Online-Redaktion möglich ist, sieht antwortung: Schließlich ist mit den EntNora Moltrecht eine ideale Kombination. scheidungen über die verschiedenen Pro„Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann jekte die Verteilung und Verwaltung von
würde ich gerne hier bleiben.“ Ob der in Budgets in Millionenhöhe verbunden. In
Erfüllung geht, hängt wesentlich von der diesem Rahmen bringt der Beamtenstatus
künftigen Verfügbarkeit einer unbefriste- auch eine gewisse Unabhängigkeit, meint
ten Stelle für eine sogenannte Dauerauf- Michaela Filipini: „Das verschafft persönligabe ab. Wer eine unbefristete Stelle che Planungssicherheit, die von bestimmhaben will, braucht neben Engagement ten Zwängen des Karrieredenkens befreit.
und fachlichen Fähigkeiten auch ein biss- Das war und ist für mich das Richtige.
chen Glück – wie z. B. Michaela Filipini: Pauschalisieren lässt sich das allerdings
„Ich hatte das große Glück, zur richtigen nicht: Da ist ja schließlich jeder anders.“
Zeit am richtigen Ort zu sein mit meinem
Dr. Friedhelm Mühleib
Profil und meinen Voraussetzungen. Zum
>> Im Ministerium hört man
unsere Argumente. <<
Nora Moltrecht
Zeitpunkt meines Einstiegs gab es das
Thema ‚Ernährungsaufklärung‘ in der BLE
noch nicht. Als entschieden wurde, diesen
Bereich aufzubauen und mit einer Dauerstelle zu besetzen, hatte ich genau die
richtigen Qualifikationen.“ Das Glück
gehört dem Tüchtigen, sagt das Sprichwort, und wer nicht tüchtig ist, dem nutzt
Glück alleine auch in der BLE sicher wenig.
Noch immer sind die Führungsaufgaben in
Ernährungswebsites
aus der Online-Redaktion der BLE
www.inform.de
Das Internetportal von IN FORM –
Deutschlands Initiative für gesunde
Ernährung und mehr Bewegung.
www.besseressenmehrbewegen.de
Website des Wettbewerbs „Besser
Essen. Mehr bewegen.“
www.zugutfuerdietonne.de
Internetseite des BMELV, die über die
Vermeidung von Lebensmittelabfällen
informiert.
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