Kriminalistik/Kriminaltechnik Skriptum 10 Schusswaffenspuren

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Kriminalistik/Kriminaltechnik Skriptum 10 Schusswaffenspuren
Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg
Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst
Kriminalistik/Kriminaltechnik
Skriptum
10
Schusswaffenspuren
Schussspuren
Einstellungsjahrgang 2007
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KOK Ulf Steinert
Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg
Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst
Grundlagen Waffenrecht
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KOK Ulf Steinert
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1. Rechtliche Bestimmungen:
Waffenrechtliches Bedürfnis
Ein Bedürfnis ist anzunehmen bei Jägern, Sportschützen, Brauchtumsschützen, Waffenherstellern o.
–händlern, Bewachungsunternehmern, bei besonderer persönlicher Gefährdung
und
bei
Waffensammlern sowie Sachverständigen (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 WaffG).
Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen o. Munition für den beantragten Zweck muss glaubhaft gemacht
werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 WaffG).
Umgang mit einer Waffe oder Munition
Umgang mit einer Waffe oder Munition hat, wer diese erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt,
mitnimmt, damit schießt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt (§ 1 Abs. 3 WaffG).
Erwerb
Waffen und Munition erwirbt, wer die tatsächliche Gewalt über sie erlangt (Anlage 1, Abschn. 2, Nr. 1 zu § 1,
Abs. 4 WaffG). Auf ein Rechtsgeschäft kommt es nicht an. Die Waffe kann demnach auch geliehen,
unterschlagen, gemietet oder gestohlen sein. Die Erlaubnis zum Erwerb wird durch eine Waffenbesitzkarte
erteilt (§ 10 Abs. 1 WaffG).
Überlassen
Waffen und Munition überlässt, wer einem Anderen die Ausübung der tatsächlichen Gewalt einräumt
(Anlage 1, Abschn. 2, Nr. 3 zu § 1, Abs. 4 WaffG).
Auch beim Überlassen kommt es nicht auf die Rechtmäßigkeit an. Überlassen
dürfen erlaubnispflichtige Waffen und Munition nur an berechtigte Personen (§ 34 WaffG).
werden
Erlaubnispflichtiges Führen, (zugriffs-/schussbereit),
siehe auch „Transport“
Eine Waffe führt, wer die tatsächliche Gewalt außerhalb einer Wohnung, seiner Geschäftsräume,
seines befriedeten Besitztums oder einer Schießstätte ausübt (Anlage 1, Abschn. 2, Nr. 4 zu § 1, Abs. 4
WaffG). (Das befriedete Besitztum muss gegen willkürliches Betreten anderer Personen gesichert sein.)
Die Erlaubnis zum Führen einer Waffe wird durch einen Waffenschein erteilt (§ 10 Abs. 4 WaffG), für
Jäger bei der Jagd genügt Jahresjagdschein.
Allgemeines Verbot des Führens von Waffen besteht bei öffentlichen Veranstaltungen (§ 42 WaffG).
Erlaubnis zum Schießen
Die Erlaubnis zum Schießen wird durch eine Schießerlaubnis erteilt (§ 10 Abs. 5).
Ausnahmen bestehen auf einer Schießstätte (§ 27 WaffG i. V. m. § 12 Abs. 4 WaffG), in besonderen Fällen
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auf befriedetem Besitztum u. zu speziell geregelten Anlässen.
für Jäger durch den Jahresjagdschein.
Vorbedingungen zum erlaubten Transport
Die Waffe darf nicht zugriffsbereit (im verschlossenen Behältnis - mit Schloss, z. B. Pistolenkoffer) und
nicht schussbereit (getrennt von der Munition) transportiert werden, soweit vom Bedürfnis umfasst.
Dann bedarf es keiner Erlaubnis zum Führen (§ 12 Abs. 3 Nr. 2).
Es genügt nicht, die Waffe in der einen und die Munition in der anderen Hosentasche zu tragen.
Wesentliche Teile von Schusswaffen
Das sind der Lauf oder Gaslauf, der Verschluss sowie das Patronen- o. Kartuschenlager, wenn dieses
nicht bereits Bestandteil des Laufes ist, bei Kurzwaffen auch das Griffstück. Sie stehen den
Schusswaffen gleich (Anl. 1, Abschn. 1, UA 1, Nr. 1.3 WaffG).
Schusswaffen gleichgestellte Gegenstände
Das sind tragbare Gegenstände, die zum Abschießen von Munition bestimmt sind, mit denen feste Körper
gezielt verschossen werden, deren Antriebsenergie durch Muskelkraft eingebracht u. durch eine
Sperrvorrichtung gespeichert werden kann, z. B. Armbrust (Anl. 1, Abschn.1, UA 1, Nr. 1.2 WaffG).
Waffenbesitzkarte (WBK)
Eine Erlaubnis der zuständigen Behörden benötigt, wer die tatsächliche Gewalt über eine
erlaubnispflichtige Schusswaffe ausüben, folglich diese besitzen will. Die Erlaubnis wird nur unter
bestimmten Voraussetzungen gewährt, in Form einer WBK (§ 10 Abs. 1 WaffG).
Die Erlaubnis zum Erwerb einer Waffe gilt für die Dauer eines Jahres (ausgenommen Sammler,
Waffensachverständige, Sportschützen), die Erlaubnis zum Besitz wird i. d. R. unbefristet erteilt.
Kleiner Waffenschein (KlWS)
Wer eine Schreckschuss- , Reizstoff- oder Signalwaffe außerhalb seines befriedeten Besitztums zugriffsbereit
führen will, benötigt einen kleinen Waffenschein. Die Voraussetzungen sind für Erwerb und Besitz nur die
Volljährigkeit, für das Führen aber Zuverlässigkeit und persönliche Eignung (Anlage 2, Abschn. 2, UA 3, Nr. 2
u. 2.1 WaffG).
Waffenschein
Wer eine Schusswaffe außerhalb seines befriedeten Besitztums zugriffsbereit führen will, benötigt
die Genehmigung der zuständigen Behörde in Form eines Waffenscheins (§ 10 Abs. 4 WaffG), wenn nicht
Ausnahmeregelungen greifen (z. B. Jäger).
Jagdschein
Ein Jagdschein wird Personen erteilt, welche die Jägerprüfung abgelegt haben. Der Jagdschein
berechtigt zum Erwerb beliebig vieler Langwaffen mit dazugehöriger Munition und gilt als
Bedürfnisnachweis für zwei Kurzwaffen.
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Waffenverbot
Bei der Teilnahme an Großveranstaltungen (öffentlichen Vergnügungen, Messen, Ausstellungen,
Märkten etc.) dürfen keine Waffen i. S. des § 1 Abs. 2 WaffG geführt werden.
2. waffentechnische Begriffe
Nach dem WaffG wird zwischen verschiedenen Waffen, Geräten und Gegenständen unterschieden:
Schusswaffen
Gegenstände, die zum Angriff oder zur Verteidigung, zur Signalgebung, zur Distanzinjektion, zur
Markierung, zum Sport, zum Spiel, zur Jagd bestimmt sind und bei denen Geschosse durch einen Lauf
getrieben werden.
Feuerwaffe
Schusswaffen, bei denen ein Geschoss mittels heißer Gase durch einen oder aus einem Lauf getrieben
werden (Anlage 1, Abschn. 1, UA 1, Nr. 2.1 WaffG)
Revolver
Mehrschüssige, kurzläufige Schusswaffe, die zum einhändigen Gebrauch bestimmt ist.. Lauf und
Patronenlager (Trommel) sind voneinander getrennt. Die Trommel ist zugleich Magazin und Patronenlager.
Pistole
Kurzläufige Schusswaffe, die zum einhändigen Gebrauch bestimmt ist. Lauf und Patronenlager bilden eine
Einheit. Sie kann ein- oder mehrschüssig sein.
Gewehr
Ein Gewehr ist eine Langwaffe, die in der Regel beidhändig bedient wird. Es kann ein- und mehrschüssig sein.
Tragbare Gegenstände
Gegenstände, die zu Angriffs- oder Abwehrzwecken gegen Menschen bestimmt sind oder sich dazu
eignen und im WaffG genannt sind.
Schussapparate
Tragbare Geräte, die für gewerbliche oder technische Zwecke bestimmt sind und bei denen zum Antrieb
(Kartuschen-) Munition verwendet wird.
Hieb- und Stoßwaffen
Waffen, die ihrer Natur nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft,
Hieb-, Stoß- oder Stichverletzungen beizubringen.
Verbotene Waffen
Gegenstände (Waffen, Zubehör, Munition, Geschosse u. ä.), die besonders gefährlich sind bzw. häufig bei
der Begehung von Straftaten verwendet werden. Diese Gegenstände sind in der Anlage 2, Abschnitt 1 zu §
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2 Abs. 3 WaffG ausgewiesen .
Anscheinswaffen
Schusswaffen, die den Anschein von Feuerwaffen hervorrufen, bei denen aber zum Antrieb der Geschosse
keine heißen Gase verwendet werden, Nachbildungen von Schusswaffen oder unbrauchbar
gemachte Schusswaffen (Anlage 1, Abschn. 1, UA 1, Nr. 1.6 WaffG)
Nachbildung von Schusswaffen
Gegenstände, die nicht als Schusswaffen hergestellt wurden, die äußere Form einer solchen haben, aus
denen nicht geschossen werden kann und die mit allgemein gebräuchlichen Werkzeugen nicht zur
Schusswaffe umgebaut werden können.
Unbrauchbar gemachte Schusswaffen
Dauerhaft unbrauchbar gemacht ist eine Schusswaffe, wenn mit allgemeingebräuchlichen
Werkzeugen die Schussfähigkeit der Waffe oder die Funktionsfähigkeit der wesentlichen Teile nicht
wiederhergestellt werden kann.
Patronenmunition
Bezeichnung von Gegenständen, die zum Abschießen aus Schusswaffen oder den Schusswaffen
gleichgestellten tragbaren Geräten bestimmt sind. Dabei handelt es sich um Hülsen mit Treibladungen,
die ein Geschoss enthalten und Geschosse mit Eigenantrieb.
Kartuschenmunition
Bezeichnung von Gegenständen, die zum Abschießen aus Schusswaffen oder den Schusswaffen
gleichgestellten tragbaren Geräten bestimmt sind. Dabei handelt es sich um Hülsen mit Treibladungen,
die ein Geschoss nicht enthalten.
Hülsenlose Munition
Bezeichnung von Gegenständen, die zum Abschießen aus Schusswaffen oder den Schusswaffen
gleichgestellten tragbaren Geräten bestimmt sind.
Dabei handelt es sich um Treibladungen mit und ohne Geschoss, wobei die Treibladung eine den
Innenabmessungen des Patronenlagers einer Schusswaffe oder eines gleichgestellten Gegenstandes nach
(UA 1, Nr.1.2 WaffG) angepasste Form hat.
Einzellader
Alle Waffen ohne Mehrladeeinrichtung, bei denen die Patrone vor jedem Schuss aus demselben Lauf mit
der Hand durch eine neue ersetzt werden muss.
Mehrlader, Repetierer
Waffen, die im Gegensatz zu den Einzelladerwaffen die Möglichkeit bieten, aus demselben Lauf mehrere
Schüsse hintereinander abzugeben. Das Auswerfen der leeren Patronenhülse, das Einführen einer
neuen Patrone aus dem Magazin in den Lauf und das Spannen des Schlosses erfolgen
hierbei durch einen manuellen Repetiervorgang.
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Halbautomatische Waffen
(Selbstladewaffen)
Schusswaffen, die mit einem Magazin ausrüstbar sind und bei denen nach Betätigung des Abzuges die
gezündete Hülse ausgeworfen wird und der Lade- und Spannvorgang des Schlosses selbsttätig
erfolgen. Für die Abgabe eines jeden folgenden Schusses ist jeweils die erneute Betätigung des Abzuges
erforderlich.
Vollautomatische Waffen
Schusswaffen, bei denen durch Zurückziehen des Abzuges die Schüsse hintereinander in schneller
Reihenfolge abgegeben werden. Das Schießen (Dauerfeuer) erfolgt hierbei solange, bis das Magazin leer
geschossen ist bzw. der Abzug wieder losgelassen wird.
Flinte
Waffe mit glattem Lauf, die zum Verschießen von Schrot- und Flintenlaufgeschosspatronen in verschiedenen
Kalibern eingerichtet ist. Flinten können mehrere glatte Läufe in verschiedener Laufanordnung
aufweisen. So werden Gewehre mit zwei parallel angeordneten Läufen als Doppelflinten und Gewehre
mit zwei übereinander angeordneten Läufen als Bockflinten bezeichnet. Flinten gibt es auch als
Repetierwaffe. Ist bei Vorderschaftrepetierflinten der Hinterschaft durch einen Pistolengriff ersetzt oder die
Lauflänge unter 45 cm o. die Gesamtlänge unter 95 cm, handelt es sich um verbotene Waffen.
Büchse
Gewehr mit gezogenem Lauf, das zum Verschießen von Büchsenpatronen eingerichtet ist. Gewehre mit zwei
parallel angeordneten Läufen werden als Doppelbüchsen und Gewehre mit zwei übereinander angeordneten
werden als Bockbüchsen bezeichnet. Sie tritt als Einzellader, Repetier- oder Selbstladebüchse auf.
Lange Handfeuerwaffen
(Langwaffen)
Schusswaffen, deren Lauf und Verschluss in geschlossener Stellung insgesamt länger als 30 cm sind
und deren kürzeste bestimmungsgemäß verwendbare Gesamtlänge 60 cm überschreitet (Anl. 1, Abschn. 1,
UA 1 Nr.2.5 WaffG).
Kurze Handfeuerwaffen
(Kurzwaffen)
Schusswaffen, die zum einhändigen Gebrauch bestimmt sind und eine Gesamtlänge von weniger als
60 cm aufweisen (Pistolen, Revolver).
Derartige Waffen werden auch als Faustfeuerwaffen bezeichnet.
Vorderladerwaffen
Bezeichnung für Waffen (Gewehre, Pistolen, Revolver), bei denen das Treibladungspulver und das
Geschoss von vorn in Lauf/Trommel eingebracht werden.
Maschinenpistole
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(MPi)
Vollautomatische Schusswaffe, die typische Pistolenmunition verschießt. In moderner Bauweise weisen
Maschinenpistolen eine Gesamtlänge von weniger als 60 cm auf, sind aber zum beidhändigen
Gebrauch bestimmt. Die Schulterstütze ist bei diesen Waffen häufig verkürzbar gestaltet.
Lauf
Ein aus einem ausreichend festen Werkstoff bestehender rohrförmiger Gegenstand, der Geschossen, die
hindurch getrieben werden, ein gewisses Maß an Führung gibt.
Gaslauf
Der Gaslauf ist ein „Lauf“, der ausschließlich der Ableitung der Verbrennungsgase aus Gas- oder
Schreckschusswaffe dient. Er ist nicht für das hindurch treiben von Geschossen bestimmt.
Verschluss
Der Verschluss ist das unmittelbar das Patronen- oder Kartuschenlager oder den Lauf abschließende
Teil.
Schalldämpfer
Schalldämpfer sind Vorrichtungen, die der Dämpfung des Mündungsknalls dienen und für Schusswaffen
bestimmt sind. Sie stehen rechtlich den wesentlichen Teilen der Schusswaffe gleich.
3. Spurenlage
3.1 Schusswaffenspuren
Schusswaffenspuren sind durch Waffeneinwirkung entstandene Formspuren auf
•
verfeuerter
•
unverfeuerter
Munition.
Spurenträger sind demzufolge:
•
Patronen- und Kartuschenhülsen
•
Geschosse
•
Geschossteile
•
Patronen und Kartuschen
Im Unterschied zur Patronenmunition hat die Kartuschenmunition kein Geschoss.
Handelsüblich sind Reizstoff-, Knall- und Treibkartuschen.
Bestimmte Geschosse werden hülsenlos verschossen oder verfeuert, z.B. aus Druckluftwaffen, PerkussionsEinstellungsjahrgang 2007
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Vorderladern oder Gewehren mit elektrischer Auslösevorrichtung.
Je nach Waffenart werden unterschieden:
3.1.1 Untersuchungsziele
Untersuchungsziele sind
bei Munition
−
−
−
−
Bestimmung von Patronenart und Kaliber
Schusswaffensystembestimmung
Erkennen von Spuren-/Tatzusammenhängen
Bestimmung der Anzahl verwendeter Waffen
bei Schusswaffen
− waffentechnische und waffenrechtliche Prüfung
− Identifizierung als Tatwaffe
3.1.2 Spurensuche
Die Suche nach Spurenträgern und Spurenverursachern von Schusswaffenspuren erfolgt außer am Tatort
auch an Örtlichkeiten, die in Beziehung zum Tathergang stehen, z.B. Leichenfundort oder Wohnung des
Tatverdächtigen. (Tatort im engeren und im weiteren Sinne)
Bei der Spurensuche sind auch Spuren anderer Art zu berücksichtigen, z.B.
− daktyloskopische Spuren
− technische Formspuren (Werkzeugspuren)
− Passspuren
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− körperzellenhaltige Spuren, Haare
− textile Spuren
− Schussspuren
3.1.3 Spurensicherung
Die Auffindesituation und das Spurenbild sind durch
−
−
Übersichtsaufnahmen oder Skizzen
Nahaufnahmen (immer mit Maßstab)
zu dokumentieren.
Spuren sind zu kennzeichnen.
Bei der Verwendung von Fotoleuchten ist Vorsicht geboten, weil die starke Wärmeentwicklung andere
empfindliche Spuren beschädigen kann.
Eventuell vorhandene Spuren anderer Art sollten nicht beeinträchtigt werden. Deshalb sind Greifwerkzeuge
zur Spurensicherung (z.B. Pinzetten, Zangen) nur mit kunststoffbeschichteten Wirkflächen zu verwenden.
Die Werkzeuge sind ggf. selbst zu präparieren, z.B. mit Ventilgummi, Kabelisolierung, Klebeband.
3.1.4 Patronen- und Kartuschenhülsen
3.1.4.1 Spurensuche
Patronen- und Kartuschenmunition kann aus Schusswaffen mit automatischem und nicht automatischem
Auswurf verfeuert werden.
Die Hülsen sind sowohl im engeren als auch im weiteren Tatortbereich zu finden. Da Hülsen nach dem
Auswurf insbesondere auf hartem Untergrund weiterrollen/-springen können und auch leicht zu verschleppen
sind, sind Auftreff- und Auffindeort nicht immer identisch.
Die Suche nach Patronen- und Kartuschenhülsen im geschlossenen Raum ist systematisch durchzuführen.
Dabei ist auf Hohlräume und Vertiefungen zu achten. Behältnisse sind zu entleeren.
Hilfsmittel der Spurensuche sind
−
−
−
bewegliche Lichtquellen
Metallsuchgeräte
Magnete
Patronen- und Kartuschenhülsen im Freien können oberflächennah im Erdreich/Schnee eingedrückt oder
eingetreten aufgefunden werden.
Hilfsmittel der Spurensuche sind
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−
−
−
−
bewegliche Lichtquellen
Metallsuchgeräte
Magnete
Spürhund
Bei der Suche nach Patronen- und Kartuschenhülsen am Opfer/Täter ist beim Bergen/Entkleiden besonders
sorgfältig vorzugehen.
Insbesondere sind Taschen, Falten, Aufschläge und Säume zu überprüfen. Bekleidung ist sicherzustellen .
Nach der Bergung sind der Fundort die Transportfahrzeuge/-behältnisse, z.B. Rettungswagen, Trage auf
Hülsen abzusuchen.
3.1.4.2 Spurensicherung
Auf Patronen- und Kartuschenhülsen können grundsätzlich auswertbare daktyloskopische Spuren vorhanden
sein. Das gilt auch für nasse Patronen- und Kartuschenhülsen. Daktyloskopische Spuren sollen grundsätzlich
zuerst gesichert werden.
Sofern eine Untersuchung von körperzellenhaltigem Material nicht erforderlich ist, sind Munitionsteile, die mit
Blut oder Körpergewebe behaftet sind, unverzüglich mit Wasser abzuspülen und zu trocknen.
Dabei ist Sonneneinstrahlung oder starke Wärmeeinwirkung zu vermeiden. Als Unterlage ist Filterpapier oder
Verbandszellstoff (keine Watte) zu verwenden.
Bei der Sicherung von Patronen- und Kartuschenhülsen im geschlossenen Raum kommt der Dokumentation
des gesamten Umfeldes, insbesondere des Untergrundes, zur Standortbestimmung des Schützen besondere
Bedeutung zu.
Feuchte Hülsen sind zu trocknen, da sie sonst oxidieren.
3.1.5 Geschosse und Geschossteile
3.1.5.1 Spurensuche
Das äußere Erscheinungsbild von Geschossen und Geschossteilen richtet sich nach der Art des Geschosses
(durch die Konstruktion beabsichtigte Deformierung beim Auftreffen oder beim Durchgang) und der
Beschaffenheit des getroffenen Materials (von "weichen" Zielmedien ohne Verformung des Geschosses über
"harte" Zielmedien mit Deformierung oder Zerlegung bis zu undurchdringlichen Zielmedien mit Zerlegung bzw.
Zerstörung)
Die materielle Beschaffenheit der Zielmedien bestimmt auch die Suche im engeren oder weiteren
Tatortbereich.
Bei Durchschüssen mit nur teilweisem Energieverlust ist besonders das Umfeld hinter dem Ausschuss zu
beachten. Geschosse und Geschossteile im geschlossenen Raum sind meistens im getroffenen Material,
selten oberflächennah, aufzufinden.
Auf Einschüsse, Durchschüsse, Abpraller ist zu achten.
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Darüber hinaus können Geschosse oder Geschossteile ins Erdreich eingedrungen sein (bis zu einer
Eindringtiefe von 0,80 m möglich). Zur Spurensuche ist die Erde schichtweise abzutragen und durchzusieben.
Hilfsmittel der Spurensuche sind z.B.
−
−
−
Metallsuchgeräte
Siebe verschiedener Maschenweite
Handschaufel, Maurerkelle
Bei der Suche nach Geschossen und Geschossteilen am Opfer/Täter ist besonders sorgfältig vorzugehen.
Geschosse oder Geschossteile können auch in der Bekleidung steckenbleiben.
Für die Suche und Lokalisierung von Geschossen oder Geschossteilen, die in den menschlichen Körper
eingedrungen sind, ist ein (Rechts-)Mediziner zuständig.
3.1.5.2 Spurensicherung
Geschosse können aus einem Material, z.B. Blei bei einem Vollgeschoss, oder mehreren mechanisch
trennbaren Materialien, z.B. Mantel und Bleikern bei einem Vollmantelgeschoss bestehen.
Beim Eindringen, Durchschlagen oder Abprallen können Geschosse deformiert oder zerlegt werden.
Zur Bestimmung von Kaliber, Geschossart und Geschossform sind alle Geschossteile zu sichern.
Für die Untersuchung der Schusswaffenspuren ist bei einem Vollgeschoss die Oberfläche, bei einem
Geschoss aus mehreren Komponenten der Mantel erforderlich.
Falls eine Schussrichtungsbestimmung erforderlich ist, muss ein Sachkundiger hinzugezogen werden. In
diesem Fall sind Geschosse oder Geschossteile am Fundort zu belassen, anderenfalls ist die Auffindestelle zu
markieren.
Zur Rekonstruktion des Schützenstandortes anhand von Geschossschürfspuren, von korrespondierenden
Schussbeschädigungen (z.B. Durchschuss Fenster - Schussbeschädigung Wand) oder von Schusskanälen
müssen die Richtungen und Koordinaten im Raum eindeutig bestimmt werden.
Ebenso müssen die Lagen (Koordinaten) der einzelnen Hülsenfundorte markiert und dokumentiert werden.
Wird eine Untersuchung im Bereich Ballistik angestrebt, so ist vor dem Verändern der Spuren ein
Sachverständiger hinzuzuziehen.
Bei der Sicherung von Geschossen und Geschossteilen im geschlossenen Raum ist die Einwirkung von
metallischen Werkzeugen auf die Spuren zu vermeiden.
Neue Spuren dürfen nicht gesetzt werden.
In Mauerwerk eingedrungene Geschosse und Geschossteile sind vorsichtig herauszulösen.
Bei Holz oder vergleichbarem Material ist ein das Geschoss oder Geschossteil umgebendes Materialstück
herauszutrennen; ggf. ist ein Sachkundiger hinzuzuziehen.
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Bei der Sicherung von Geschossen und Geschossteilen am Opfer/Täter dürfen keine neuen Spuren gesetzt
werden.
In den Körper eingedrungene Geschosse und Geschossteile sind durch einen (Rechts-)Mediziner sichern zu
lassen.
Es ist sicherzustellen, dass beim Gebrauch medizinischer Geräte (z.B. Skalpell, Pinzette, Zange)
Fremdspuren nicht entstehen können.
Deshalb sind Geschosse und Geschossteile unverzüglich zu sichern, mit Wasser abzuspülen und an der Luft
zu trocknen, zum Trocknen als Unterlage Filterpapier oder Verbandszellstoff (keine Watte) verwenden
schnellstmöglich der Untersuchungsstelle zuzuleiten
3.1.7 Schusswaffen/Schusswaffenteile
Es ist nicht nur nach Schusswaffen, sondern auch nach Schusswaffenteilen zu suchen.
Schusswaffenteile können metallische und nichtmetallische Gegenstände unterschiedlicher Form und Größe
sein, die als Fehlteile oder Passstück einer bestimmten Waffe zuzuordnen sind, z.B.
−
−
−
Feder
Griffschale
abgebrochene Auszieherkralle
Vor der Asservierung einer Schusswaffe ist über die allgemeine Dokumentation hinaus auch der
Auffindezustand als Situationsspur zu dokumentieren.
Dabei ist aufzunehmen
−
−
−
−
−
−
Lage der Schusswaffe (rechte/linke Seite, ganz abgedeckt/teilweise abgedeckt/offen)
Schlageinrichtung (Schlaghebel gespannt/entspannt)
Sicherungseinrichtung (vorhanden/nicht vorhanden, gesichert/entsichert)
Stellung des Verschlussstückes (vorn/hinten/halb zurück; Hülse/Patrone in der Auswurföffnung
eingeklemmt)
Magazin (in der Schusswaffe/teilweise herausgezogen/außerhalb der Schusswaffe/fehlt ganz, Anzahl der
Patronen)
Revolvertrommel (geschlossen/geöffnet)
Anordnung der Patronen/Hülsen in der Revolvertrommel in Bezug zum Lauf im Uhrzeigersinn
beschreiben (Nr. 1 = Patrone vor dem Lauf)
Trommel vor dem Herausschwenken auf Rahmen und davor liegender Stelle der Trommel
markieren Trommel beim Herausschwenken festhalten!
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Querschnitt durch eine Revolvertrommel
Eine geladene Schusswaffe ist grundsätzlich nicht zu transportieren oder zu versenden.
Kann die Schusswaffe aus technischen Gründen nicht entladen werden, sind Sicherheitsvorkehrungen gegen
Zugriff zu treffen und mit der Untersuchungsstelle weitere Maßnahmen abzusprechen.
Auf glatten Flächen einer Schusswaffe bzw. eines Magazins können grundsätzlich auswertbare
daktyloskopische Spuren vorhanden sein. Das gilt auch für nasse Schusswaffen. Daktyloskopische Spuren
sollen grundsätzlich zuerst gesichert werden.
Die Schusswaffe ist deshalb an rauhen und geriffelten Stellen (z.B. Griffschalen, Verschlussriffelungen) und
nur mit Handschuhen anzufassen (keinen Gegenstand, z.B. Bleistift, in die Laufmündung führen Spurenbeeinträchtigung) und nach dem Aufnehmen sofort in einen handhabungs- und transportsicheren
Zustand zu versetzen. Dazu Schusswaffe sichern, Magazin entfernen (nicht entleeren)/Trommel entleeren,
unter Angabe der jeweiligen Position in der Trommel Patronen getrennt sichern, Schusswaffe entladen
entladene Patronen gesondert sichern
Schusswaffen oder Schusswaffenteile dürfen nicht eingeölt oder eingesprüht werden. Jegliches Manipulieren
an und mit der Schusswaffe hat zu unterbleiben. Auch dürfen keine Ladeversuche unternommen werden, z.B.
um zu prüfen, ob die sichergestellte Munition zur Waffe passt.
3.1.8 Schusswaffenzubehör
Als Schusswaffenzubehör sind die zur Schusswaffe gehörenden, jedoch zur Schussabgabe nicht zwingend
erforderlichen Teile anzusehen, z.B.
− (Ersatz-)Magazin
− Reinigungsgerät
− Werkzeug
− Trageriemen
− Holster
− Schalldämpfer
Schusswaffenzubehör lässt in vielen Fällen Rückschlüsse auf die Tatwaffe zu.
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3.1.9 Spurensicherung - Anderes verfeuertes Material
Flintenpatronen enthalten verschiedene, beim Verfeuerungsvorgang freiwerdende Bestandteile.
Wegen der Breiten- und Weitenstreuung der Schrotladung und der geringen Größe der Schrote ist das
Sichern dieses Spurenmaterials schwierig.
Da im Regelfall nur ein geringer Teil der Schrotladung gesichert werden kann, ist die Sicherung der anderen
Bestandteilebesonders bedeutsam.
Die Fundorte dieser Munitionsbestandteile sind in der Tatortskizze genau zu dokumentieren.
3.1.9 Vergleichsmaterial
Vergleichsmaterial ist vorsorglich zu sichern, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Bezug
zu noch nicht gefundenen Spuren des Tathergangs, z.B. am Fundort, am noch unbekannten Tatort, beim noch
nicht ermittelten Täter zu vorhandenen Spuren eines anderen Tathergangs, z.B. Serienstraftat hergestellt
werden kann.
Es ist Material in ausreichender Menge (abhängig von Ziel und Umfang der kriminaltechnischen
Untersuchung) aufzunehmen und möglichst dem Untersuchungsantrag beizufügen, anderenfalls
nachzureichen.
Das Vergleichsmaterial zur Spurenuntersuchung umfasst
− Patronenhülsen und Geschosse, die bei der Untersuchungsstelle durch Beschuss einer sichergestellten
Schusswaffe zum Zwecke der vergleichenden Spurenuntersuchung gewonnen werden
− Patronenhülsen, Geschosse und Patronen, die nicht Tatmunition sind und im Zuge der Ermittlungen
sichergestellt werden mit dem Ziel, über vergleichende Spurenuntersuchung mit der Tatmunition bei
Übereinstimmung eine Verbindung zur Tat herzustellen
Vergleichsmaterial ist als solches eindeutig zu kennzeichnen und vom Tatspurenmaterial getrennt zu halten.
Lade- oder Funktionsversuche sind zu unterlassen.
3.1.10 Verpackung und Versand
Das Spuren- und Vergleichsmaterial ist vor dem Verpacken erforderlichenfalls zu trocknen.
Alle Spuren, Spurenträger und Vergleichsmaterialien müssen einzeln verpackt werden, um eine
Spurenübertragung zu vermeiden.
Spurentragende Teile und die Laufmündung sind besonders zu schützen, z.B. Durch Umhüllen/Abdecken
oder Fixierung im Behältnis.
Für Munition sind dicht schließende Behältnisse zu verwenden, z.B.
− Pergamin- und Cellophantüten
− Papiertüten
− Kunststofftüten mit Schnellverschluss
− Als weitere Verpackung eignen sich Kunststoffbehältnisse, z.B. Filmdöschen.
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Für Schusswaffen, Schusswaffenteile und Schusswaffenzubehör sind schützende Behältnisse zu verwenden,
z.B.
− Transportkisten und -koffer (zur Aufnahme von Waffen hergerichtet und wiederholt verwendbar)
− Kartons
− Kunststoffbehältnisse
− gepolsterte Papiertüten
Notwendig ist eine eindeutige und sichere Kennzeichnung, bei undurchsichtigen Behältnissen auch außen.
Bei Gefahr von Beschädigungen, insbesondere beim Versand, ist das Spurenbehältnis in dem
Versandbehältnis mit Füllmaterial zu polstern.
Das Spuren- und Vergleichsmaterial ist unverzüglich zu versenden oder per Kurier zu überbringen.
3.2 Schussspuren
3.2.1 Begriffsbestimmungen
Schussspuren sind die durch einen Schuss verursachten Einwirkungen
− auf das getroffene Objekt
− auf den Schützen
− auf Objekte im Bereich der Schussabgabe
− sowie Kontaminationen durch direkten oder indirekten Kontakt.
Sie stellen sich dar als
− Schussrückstände (gunshot residues = GSR)
− Pulverschmauchablagerungen/-antragungen
und /oder
− Geschossabriebe und Geschossteile
− morphologische Veränderungen am getroffenen Objekt, z.B. Einschussöffnung und Ausschussöffnung
3.2.2 Untersuchungsziele
Untersuchungsziele sind
zur Tatrekonstruktion
− Standortbestimmung Schütze / Opfer durch
− Feststellung der Lagen der Hülsen
− Schussentfernungsbestimmung
− Schussrichtungsbestimmung
− Bestimmung von Ein-/Ausschuss
− Feststellung der Geschossbahn, z.B. bei Abprallern
− Feststellung der Schusswirkung
− Feststellung der Ursache einer Materialbeschädigung/Deformation
− Feststellung von Übertragungen, z.B. Schmauch, Geschossabrieb, Waffenöle
Einstellungsjahrgang 2007
16/22
KOK Ulf Steinert
Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg
Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst
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Feststellung von Übertragungsspuren, z.B. Blut, Gewebeteile, die vom Opfer herrühren
als Hinweis auf den Schützen
GSR-Nachweis
− auf der Haut (Schusshand, Gesicht bei Langwaffen)
− auf der Bekleidung
− Feststellung von Übertragungen, z.B. Schmauch, Geschossabrieb, Waffenöle
als Hinweis auf die Tatwaffe
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Bestimmung des GSR-Verteilungsbildes auf der Schusshand
Bestimmung des GSR-Verteilungsbildes am beschossenen Objekt
Bestimmung des Kalibers anhand der Primär-Einschussöffnung
als Hinweis auf die Tatmunition
Auswertung des GSR-Bildes
− morphologische und chemische Bewertung der Rückstände des Anzündsatzes
− morphologische und chemische Bewertung teilverbrannter/unverbrannter Treibladung
− Analyse sonstiger Munitionsbestandteile, z.B. Geschoss - oder Hülsenmaterial
Bei der Auswertung werden vorwiegend Bestandteile von Anzündsatz, Treibladung und Geschoss
nachgewiesen.
Besondere Hinweise
Die eindeutige Klärung von Schusswaffendelikten setzt in besonderem Maße eine umfassende Spurensuche,
-sicherung und -auswertung unter Berücksichtigung aller ermittelten Tatumstände voraus.
Verunreinigungen durch Sicherungswerkzeuge und Behältnisse (z.B. kann der Nachweis von Bestandteilen
der Sintoxmunition durch Transport der Leiche im ungeschützten Zinksarg vereitelt werden) sind unbedingt zu
vermeiden, da Untersuchungsergebnisse sonst verfälscht werden können. Die hochempfindlichen
Nachweismethoden erfordern die Handhabung und Vorbereitung von Spurensicherungsmitteln unter
analytischen Gesichtspunkten.
Deshalb sind
− Spurenträger für GSR getrennt von sonstigen Spurensicherungsmitteln aufzubewahren
− Schutzhandschuhe zu verwenden, die frei von in GSR enthaltenen Metallen sind (Rücksprache mit der
Untersuchungsstelle erforderlich)
Zur Spurensicherung, Schussentfernungsbestimmung und Standortbestimmung des Schützen sind ggf.
Sachkundige oder Sachverständige schon bei der Tatortarbeit hinzuzuziehen.
3.2.3 Spurensuche Allgemeines
Bei der Spurensuche ist zu achten auf
− Verletzungen
− Beschädigungen aller Art
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dunkle Anhaftungen
Oberflächenverformungen, z.B. auch an Wänden
Bei der Suche nach Schussspuren sind auch Spuren anderer Art zu berücksichtigen, z.B.
− daktyloskopische Spuren
− technische Formspuren
− Glas-, Lack-, Metall- und Kunststoffspuren
− Schusswaffenspuren
− körperzellenhaltige Spuren
− textile Spuren
3.2.3.1 Schussrückstände (GSR)
Spurensuche
GSR setzen sich zusammen aus Bestandteilen
− des Anzündsatzes
− der Treibladung
− des Geschosses
− der Reizstoffladung oder des Knallsatzes
− evtl. weiterer, bei Schussabgabe vorhandener Substanzen im Rohr, z.B. Waffenöl, Abrieb von der Waffe,
Rückstände früherer Schussabgaben.
GSR treten am Schützen selbst, insbesondere an der Schusshand, im Bereich der Schussabgabe und im
Trefferbereich auf.
Sie sind erkennbar als
− Einsprengungen von unvollständig verbranntem Treibladungspulver (gelbliche, graue oder grüne Partikel)
− dunkle Anhaftungen (Verbrennungsrückstände von Treibladungspulver und Anzündsatz)
− farbige Anhaftungen, z.B. Rückstände von Dichtungs- und Markierungslack auf Patronen
− metallische Abriebspuren (Geschossabrieb)
− andere Partikel, z.B. Füllstoff von Schalldämpfern
Die Suche nach GSR ist nur von Sachverständigen/Sachkundigen vornehmen zu lassen.
In Zweifelsfällen ist Verbindung mit der Untersuchungsstelle schon bei der Tatortarbeit aufzunehmen.
GSR sind in vielen Fällen nicht sichtbar, auch nicht durch eine Vergrößerung (Lupe, Makroskop), können aber
durch chemische oder analytische Verfahren detektiert und sichtbar gemacht werden; die Anwendung dieser
Verfahren bleibt der Untersuchungsstelle vorbehalten.
3.2.3.2 Verletzungen und Beschädigungen
Schussverletzungen und -beschädigungen können verursacht werden durch
− Geschosse oder Geschossteile (auch Schrotkörner)
− Bestandteile der Flintenmunition
− Waffen bzw. Waffenteile (Stanzmarke)
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nicht vollständig verbrannte Treibladungspartikel
heiße Pulvergase (auch von Reizstoff-/Alarmwaffen)
brennende Leuchtsätze
sonstige verschossene Gegenstände, z.B. Stahlkugeln, Spielzeugmurmeln, Pfeile
Teile getroffener Gegenstände, z.B. Glassplitter
Verletzungen an der Schusshand stellen sich als oberflächliche Hautverletzungen dar, z.B. Schürfwunden, die
beim Laden oder unsachgemäßen Bedienen von Schusswaffen oder schusswaffenartigen Gegenständen
entstanden sind.
Beschädigungen an der Bekleidung stellen sich dar als
− Gewebedurchtrennungen durch Geschosse
− kleinere Durchtrennungen durch Geschossteile oder Schrote (häufig auch Mehrfachbeschädigungen bei
Faltenbildung)
− großflächige Löcher mit Brand- bzw. Sengspuren (entstanden durch brennenden Leuchtsatz oder
Nahschuss mit Schwarzpulver)
− kreuzförmige Gewebezerreißungen, Dreiecksrisse oder andere Formen, manchmal mit Sengspuren im
Randbereich infolge heißer Pulvergase
− Kreuzförmige Zerreißungen treten insbesondere bei kurzen Schussentfernungen auf und können auch
durch Reizstoff-/Alarmwaffen verursacht werden.
Verletzungen am unbedeckten Körper erscheinen als
− Stanzmarken
− blutunterlaufene Bereiche
− Pulvereinsprengungen
− Hautabschürfungen
− Ein- bzw. Ausschüsse
− Abstreifringe
− Sengspuren
Beschädigungen an Gegenständen kommen vor in Form von
− Durchtrennungen
− Streifschussbeschädigungen
− Abprallerspuren
− Sengspuren
− Eindellungen
3.2.4 Spurensicherung
Die Spurensicherung für die späteren kriminaltechnischen Untersuchungen setzt tiefergehende Kenntnisse
des speziellen Methodenspektrums voraus, das durch die Kriminaltechnik ständig fortentwickelt wird. Die
richtige Probennahme und Behandlung ist in den meisten Fällen bereits Bestandteil der analytischen
Untersuchungen und Grundvoraussetzung für eine beweiskräftige Aussage im Gutachten. Insbesondere bei
Schussdelikten ist die spezielle Spurensicherung nur durch Sachverständige/Sachkundige durchzuführen.
Die Auffindesituation und das Spurenbild sind durch
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Übersichtsaufnahmen oder Skizzen
Nahaufnahmen (immer mit Maßstab)
zu dokumentieren. Ggf. ist eine dreidimensionale fotogrammetrische Vermessung am Tatort zu veranlassen.
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Spuren sind zu kennzeichnen.
Bei der Verwendung von Fotoleuchten ist Vorsicht geboten, weil die starke Wärmeentwicklung empfindliche
Spuren beschädigen kann.
Die Sicherung mit Spurenträger hat absoluten Vorrang, ggf. ist dieser zu zerlegen, spurentragende Teile sind
großflächig herauszutrennen. In diesen Fällen ist mit der Untersuchungsstelle Rücksprache zu halten.
Finger- bzw. Handflächenabdrucknahme und Reinigungsmaßnahmen dürfen erst nach abgeschlossener
Sicherung der Schussspuren durchgeführt werden.
Eventuell vorhandene Spuren anderer Art sollten nicht beeinträchtigt werden.
So ist beispielsweise auf Gewebeanhaftungen (Körpergewebe, Blut) an der Schusswaffe zu achten.
Die Rangfolge der Spurensicherung ist entsprechend der zu erwartenden Ergebnisse und deren
Verwertbarkeit mit den Untersuchungsstellen abzusprechen, z.B. körperzellenhaltige Spuren, Faserspuren,
GSR.
Die Spurensicherungswerkzeuge sind ggf. zu wechseln oder gegen Kontamination zu schützen; im Einzelfall
kann eine sorgfältige Reinigung ausreichend sein.
Der Bericht des behandelnden (Rechts-) Mediziners zu den Verletzungen und/oder der Obduktionsbericht
werden zur labormäßigen Bearbeitung von Schussspuren benötigt (inkl. Lichtbildmappe vom Verlauf der
Obduktion).
Spurensicherung - Schussrückstände (GSR)
GSR an der Schusshand sind leicht veränderlich und leicht übertragbar, deshalb ist die unverzügliche
Sicherung notwendig.
Soll lediglich der Nachweis von GSR geführt werden (ggf. sind auch Hinweise auf die verwendete Tatmunition
möglich), kann eine Sicherung durch mehrmaliges Tupfen mit Klebetellern (Tape-Lift-Technik) erfolgen.
In günstig gelagerten Fällen (z.B. bei Leichen, kurze Zeitspanne zwischen Schussabgabe und Sicherung,
unveränderte Schusshand) kann das Verteilungsbild der GSR zur Klärung weitergehender
Untersuchungsziele führen. Das eingesetzte Spurensicherungsverfahren (z.B. Klebefolien-Verfahren, PVALVerfahren) muss das gesamte GSR-Verteilungsbild eindeutig wiedergeben.
Es sind die von der jeweiligen Untersuchungsstelle vorgegebenen Spurensicherungsanweisungen zu
beachten.
Ist eine unverzügliche Sicherung der GSR nicht möglich, sind Spurenveränderungen an den Händen (z.B.
Abreiben, Abwaschen) unbedingt zu vermeiden.
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Notfalls sind Papiertüten über die Hände zu streifen und am Handgelenk zu verschließen. Eine Feststellung
des GSR- Verteilungsbildes ist dann nur noch eingeschränkt möglich.
GSR an der Bekleidung sind mit dem Spurenträger zu sichern, der erforderlichenfalls zu trocknen ist.
Schussbeschädigungen dürfen nicht durchgeschnitten oder durchgerissen werden.
Einschussstellen bzw. mögliche Schussdefekte sind mit Papier großflächig außen- und innenseitig
abzudecken.
Grundsätzlich sind alle Bekleidungsstücke von Opfern und Tätern unverzüglich zu sichern, auch wenn daran
scheinbar keine Schussbeschädigungen und GSR erkennbar sind, z.B. bei Kopfschüssen.
Auch schon gewaschene oder gereinigte Bekleidung (im Untersuchungsantrag vermerken) ist zu asservieren.
GSR am unbedeckten Körper sind wie folgt zu sichern:
Bei Leichen ist zu verhindern, dass vor der Spurensicherung Schusswunde und Wundumgebung gereinigt
werden.
Bei Ein- und Ausschüssen sind ca. 7 cm x 7 cm große Hautteile des Wundbereiches durch den Obduzenten
zu sichern und auf fester Unterlage, z.B. Korkplatte, durch Feststecken zu fixieren. Ggf. sind Haare aus dem
Wundbereich zu sichern. Bei Schüssen in behaarte Körperregionen sind die Hautteile mit Haaren und evtl. das
Deckhaar davon getrennt zu sichern.
Nur nach Rücksprache mit der Untersuchungsstelle sollte auf ein Heraustrennen des Wundbereiches in einer
Größe von ca. 7 cm x 7 cm verzichtet werden.
Auch oberflächliche Hautdefekte sind zu sichern, wenn deren Entstehung im Zusammenhang mit dem
Schussdelikt stehen kann. Vor der Entnahme ist die Lage der zu sichernden Hautdefekte zu vermessen und
zu dokumentieren.
Bei Schüssen aus kurzer Distanz ist an die Sicherung tiefergelegenen Körpergewebes zu denken.
Hautpräparate, Körpergewebe und Körperteile sind unter Kühlung (Kühlschranktemperatur) unverzüglich
durch Kurier der Untersuchungsstelle nach Absprache zuzuführen. Ist dies nicht möglich, können sie zur
Lagerung eingefroren werden, wenn sie luftdicht verpackt sind, z.B. Einschweißen in Folie. Bei eingefrorenem
Material ist auf eine geschlossene Kühlkette, z.B. Trockeneis, Kühlakkus, zu achten.
Wurde die Haut bei der Wundversorgung zuvor gereinigt, ist das Reinigungsmaterial zu sichern.
Bei Verletzten sind Bereiche mit mutmaßlichen Beschmauchungen zu fotografieren (besonders der
Wundbereich). Verletzungen sind ggf. (rechts-)medizinisch begutachten zu lassen.
Wundversorgungsmaterial, Haare und eventuell operativ entferntes Körpergewebe sind zu sichern; keinesfalls
in Konservierungsmittel einlegen, ggf. einfrieren.
Soweit medizinisch vertretbar, sind GSR aus dem Einschussbereich zu sichern (eventuell großflächig).
GSR an Gegenständen sind möglichst so zu sichern, dass an dem jeweiligen Objekt auch Bereiche ohne
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augenscheinlich feststellbare Beschmauchung erfasst werden. Daher sind
− transportfähige Objekte im Bereich der Beschmauchung nur nach Rücksprache mit der
Untersuchungsstelle mit selbstklebender Folie abzukleben, ansonsten nur abzudecken
− bei Glasscheiben mit Schussbeschädigungen zur Vermeidung weiterer Zerstörungen auf der vom
Schützen abgewandten Seite Klebefolien zum Transport anzubringen
− bei nicht transportfähigen Objekten (Säulen, Mauern, Zementböden, Türen, Schaufenster)
Beschmauchungen zunächst zu fotografieren
Besonders bei nicht transportfähigen Objekten oder bei Gegenständen, an denen durch den Transport mit
einer Minderung des Informationsgehaltes der Spuren zu rechnen ist, ist die Suche nach GSR nur von
Sachverständigen/Sachkundigen vorzunehmen. In Zweifelsfällen ist Rücksprache mit der Untersuchungsstelle
zu halten.
Spurensicherung - Verletzungen und Beschädigungen
Verletzungen an der Schusshand sind fotografisch zu sichern und durch (Rechts-)Mediziner oder
Sachverständige der Untersuchungsstelle zu begutachten.
Auch auf körperzellenhaltige Spuren an der Schusswaffe ist zu achten.
Beschädigungen an der Bekleidung nur nach Rücksprache mit der Untersuchungsstelle mit selbstklebender
Folie abkleben, ansonsten nur mit nichtklebendem Material abdecken (Abdeckung fixieren).
Beschädigungen an Gegenständen sind bei
− transportablen Gegenständen im Bereich von Schussbeschädigungen nur nach Rücksprache mit der
Untersuchungsstelle mit selbstklebender Folie abzukleben, ansonsten nur mit nichtklebendem Material
abzudecken
− nicht transportablen Gegenständen zunächst fotografisch zu sichern und bis zum Eintreffen von
Sachverständigen/Sachkundigen mit nichtklebender Folie abzudecken
Kontrollfragen:
1.
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