Varieté mit Pauken und Trompeten auf Sponsorensuche

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Varieté mit Pauken und Trompeten auf Sponsorensuche
Stuttgart und die Region
Nummer 112 • Donnerstag, 16. Mai 2013
17
¿19 · Stuttgart und Region
Schleuser und Betrüger
gehen der Polizei ins Netz
Bei einer Razzia im Großraum Stuttgart
hat die Bundespolizei eine irakische
Schleuser- und Betrügerbande ausgehoben. Ermittelt wird gegen 16 Verdächtige,
fünf kamen in Untersuchungshaft.
¿24 · Stuttgart und Region
Stauberater zum
Ferienbeginn gefragt
Mit den Pfingstferien beginnt die Saison
der ADAC-Stauberater. Die Helfer auf
Motorrädern erwartet gleich viel Arbeit.
Der ADAC erwartet vor allem am Freitagnachmittag Stillstand auf Autobahnen.
Varieté mit Pauken
und Trompeten
auf Sponsorensuche
Tierheim Botnang
droht das
finanzielle Aus
Von Andrea Jenewein
STUTTGART. Das Tierheim Stuttgart
schlägt Alarm: „Die Finanzkrise hat auch
uns knallhart erwischt“, steht in einer
Einladung zu einer Pressekonferenz, die
nächsten Mittwoch stattfinden soll. Das
Tierheim stehe „kurz vor dem finanziellen
Aus“. Das Heim werde hauptsächlich
durch Spendengelder und Erbschaften
Patenschaften für Stühle sollen Geld bringen – Stadträte verärgert
über Verhalten des bisherigen Sponsors L-Bank
Wie lange noch gibt es ein Varieté-Programm der Weltklasse in Stuttgart? Die Artistokraten treten derzeit im Friedrichsbau auf
Von Frank Rothfuss
STUTTGART. Wie es weitergeht? Das weiß
auch Gabriele Frenzel nicht. Deshalb hat die
Chefin des Friedrichsbau Varietés nicht nur
ihren 30 festangestellten Mitarbeitern gekündigt, sondern auch sich selbst. Fristgerecht zum 31. Dezember. „Ich zum Beispiel
habe sieben Monate Kündigungsfrist“, sagt
sie, „ich muss den schlechtesten Fall in Erwägung ziehen.“ Der wäre, dass man den Etat
fürs kommende Jahr nicht zusammenbekommt und deshalb Ende 2013 den Betrieb
einstellen muss. Dafür will sich Frenzel
wappnen. „Aber das bedeutet nicht, dass wir
aufgeben!“ Im Gegenteil, alle seien zuversichtlich. „Ich habe einigen Mitarbeitern
schon Angebote weitergeleitet und ihnen geraten, sie anzunehmen“, sagt sie, „ bisher haben alle abgelehnt und sind hiergeblieben.“
Die Mannschaft glaubt also an eine Zukunft. Und an den Erfolg des Geschäftsplans.
Drei Millionen Euro an Einnahmen und
Sponsorengeldern hatte das Varieté bisher
zur Verfügung, um Künstler, Angestellte und
bis zu 100 Aushilfen zu bezahlen, die vier
Programme im Jahr zu erstellen, für die
80 000 Euro Miete und Pacht für die Spielstätte, die Rotunde, die Büros und zwei
Künstlerwohnungen und die sonstigen Ausgaben. Meist reichte das Geld, manchmal
blieb ein kleines Minus, im Vorjahr erwirtschaftete man ein Plus von 26 000 Euro.
Nachdem nun die L-Bank zum Jahresende
ihre Unterstützung einstellt, fehlen die
750 000 Euro, die bisher die Bank trug.
Vom Eigentümer, der Deutschen Entertainment AG (DEAG) in Berlin, ist keine Hilfe zu erwarten. Schon längst hat sich das
Unternehmen von seinen anderen Varietés
getrennt, es verdient sein Geld mit
Tourneen, Nackedeien wie den
Strippern Chippendales und Musicals auf Reisen. Das Friedrichsbau Varieté hat man nur aus nostalgischen Gründen behalten,
weil
DEAG-Chef
Peter
Schwenkow 1993 einer der Gründungsväter bei der Wiederbelebung des Friedrichsbau Varietés
war. Das Haus ist ihm immer noch lieb, aber
teuer darf es nicht sein. Unmissverständlich
sagte er, man werde sich vom Varieté trennen,
drohe es ein Zuschussbetrieb zu werden.
Das heißt im Klartext: Helft euch selbst!
Das versuchen Frenzel und ihr Team. Mit
verschiedenen Maßnahmen. Sie wollen ein-
mal sparen. So wird es künftig keine Band
mehr geben, der Verzicht auf die freischaffenden Musiker spart 120 000 Euro im Jahr.
Beim restlichen Personal, dazu zählen auch
bis zu 100 Aushilfen, will man durch bessere
Organisation, Aufgabenteilung und spätere
„Trotz der Kündigungen
sind bisher alle Mitarbeiter
hiergeblieben“
Foto: Leif Piechowski
Das Friedrichsbau Varieté kämpft ums
Überleben. Nach dem Rückzug der
L-Bank als Sponsor fehlen 750 000 Euro.
Man will einerseits sparen, andererseits
die Einnahmen erhöhen. Sollte dies
nicht klappen, droht das Aus. Vorsichtshalber wurde allen Beschäftigten zum
Jahresende gekündigt.
Gabriele Frenzel
Varieté-Chefin
Öffnungszeiten der Vorverkaufsstelle weitere 30 000 Euro sparen. Die Eintrittspreise
muss man im Schnitt um vier Euro anheben,
das soll 200 000 Euro bringen. Sponsoren
haben bereits 20 000 Euro zugesagt. Einen
großen Batzen sollen die Patenschaften für
Stühle bringen. Für 1200 Euro kann man
Kommentar
Bürger-Varieté
Von Frank Rothfuss
Der Unterstützer gibt es viele, die Solidarität ist groß. Von OB Fritz Kuhn über
Künstler wie Udo Lindenberg bis zu
Unternehmer Rolf Deyhle reicht die Liste
derjenigen, die Hilfe anbieten. Doch damit
alleine ist es nicht getan. Das Varieté
braucht Geld.
Die Stadt gibt keines, die Eigentümerin
DEAG nicht, der bisherige Sponsor LBank nicht mehr. Damit bleiben die Bürger. So wie die zwei Rentnerinnen, die sich
nach einem Bericht in unserer Zeitung
spontan entschlossen haben, Paten für
zwei Stühle zu werden. Weil sie ihr Varieté
behalten wollen. Hinter den Kulissen hat
auch so manch begüterter Freund des Hauses angekündigt, sein Scherflein beitragen
zu wollen. Allerdings auf typisch schwäbische Art und Weise, am liebsten ohne Aufsehen. Das ist nobel.
Doch es wird Zeit, aus der Deckung zu
kommen, sich zu zeigen. Um ein Beispiel zu
geben, um die Stimmung ins Positive zu
wenden. Nur wenn die Bürger klarmachen,
das Haus ist uns nicht nur Herzblut, sondern Geld wert, wird die Rettung gelingen.
[email protected]
Foto: Varieté
einen Stuhl kaufen, ein Schild mit dem Namen des Paten wird dann an dem Stuhl angebracht. Die Patenschaft für eine kleine Loge
kostet 3600 Euro, für eine große Loge 7500
Euro. Verziert wird das Ganze mit allerlei
Extras wie Einladungen zu einer Premierengala und einer Vip-Gala.
Gemeldet haben sich schon einige Interessenten, für manchen allerdings, der helfen
möchte, sind 1200 Euro zu viel. Deshalb
denkt man nun darüber nach, Patenschaften
für Stühle zu teilen oder welche für Keulen
und Jonglierbälle zu vergeben. Frenzel ist zuversichtlich, dass ihr Plan aufgeht. Kalkuliert haben sie mit den Einnahmen für 160 der
369 Stühle. Das wären 160 000 Euro. Dennoch bleibt eine Lücke von 210 000 Euro, die
von Sponsoren geschlossen werden müsste.
Dafür putzt Frenzel gerade Klinken, ist
unterwegs, um ihr Konzept zu präsentieren.
So etwa bei der City-Initiative Stuttgart.
Entlasten könnte das Varieté, wenn die LBank die Miete für die Rotunde senkt. „Wir
sind erst mal froh, dass wir laut Aussage von
L-Bank-Chef-Christian Brand dort bleiben
dürfen“, sagt Frenzel. „An mehr möchten wir
momentan nicht denken.“ Andere dürfen
das. Etwa Jürgen Sauer, stellvertretender
Gemeinderatsvorsitzender der CDU. Gemeinsam mit Kollegen anderer Fraktionen
hatte er an Brand geschrieben und um ein
Gespräch gebeten. „Wir wollten uns informieren, was zu der Entscheidung geführt hat,
nach fast 20 Jahren das Varieté nicht mehr zu
unterstützen, und welche Form der Hilfe die
L-Bank vielleicht weiter leisten kann.“ Etwa
ein Entgegenkommen bei der Miete. Doch die
Antwort war ernüchternd. Sauer: „Uns wurde beschieden, ein Gespräch sei nicht vonnöten!" Als „unhöflich und beispiellos“ empfindet Sauer „dieses Vorgehen“. Man werde
sich allerdings nicht so abspeisen lassen.
„Wir bleiben dran, denn Stuttgart braucht
das Varieté.“ Das sehen auch die Mitarbeiter
so, die unverdrossen an der Finanzierung
basteln. Damit es weitergeht.
Wassernebel gegen Brand im Flughafen-Bahnhof
Stuttgart 21: Bahn setzt erstmals in Deutschland auf diese Technik – Schutzgemeinschaft Filder: Bahnpläne bestehen Stresstest nicht
STUTTGART/FILDERSTADT. Die
Deutsche
Bahn AG erwartet bis Anfang 2015 die Baugenehmigung für den Flughafenanschluss
an Stuttgart 21. Dann könne die gesamte
neue Infrastruktur Ende 2021 in Betrieb gehen, sagte Projektsprecher Wolfgang Dietrich am Mittwoch auf einer Pressekonferenz
am Flughafen. Der Flughafenanschluss mit
5,5 Kilometer Strecke, einem neuen Fernund umgebauten S-Bahnhof soll 536 Millionen Euro kosten.
Am Flughafen hat die Bahn ihre Pläne 44
Vertretern aus Leinfelden-Echterdingen,
Stuttgart, Filderstadt und Ostfildern vorgestellt. Die von Bahn-Chef Rüdiger Grube
versprochene öffentliche Präsentation werde es nicht mehr geben, sagte Dietrich, das
sei im Filder-Dialog geschehen. In den kommunalen Gremien wolle man die Pläne erläutern.
Die Bahn erwartet, dass ihre Pläne für
eine 27 Meter tiefe neue Station samt Unterfahrung der Messe genehmigt werden. Die
im Filder-Dialog gefundene Lösung eines
höher und näher zu den Terminals liegenden
Fernbahnhofs unter der Flughafenstraße
werde vom Eisenbahn-Bunddesamt (Eba)
sicher nicht als vorzugswürdig gewertet,
sagte Florian Bitzer. Er arbeitet freiberuflich für das Projekt S 21, im Hauptberuf für
den Verkehrsverbund (VVS). Die Alternative
habe verkehrliche Vorteile, keiner der Baupartner Stadt, Land und Region habe aber
Fahrgastpotenziale für die mögliche Verbindung
Nürtingen–Böblingen
untersuchen lassen, keiner wolle
die Alternative. Hier musste sich
Bitzer korrigieren. Die Region
hatte Geld für die 224 Millionen
Euro teurere Alternative geboten.
Bau- und sicherheitstechnisch
muss die Bahn am Flughafen
einen enormen Aufwand treiben.
Die heutige S-Bahn-Station, in
der künftig Züge aus Singen halten, wird im
laufenden Betrieb umgebaut. Die Kapazität
der Entrauchungsanlage werde vervierfacht, erstmals in Deutschland in einem
Bahnhof eine Hochdruck-Wassernebelanlage eingebaut, sagte Abschnittsleiter Wolfgang Schade. Für Brandschutz und Rettung
würden damit höchste Standards erfüllt. Im
neuen Fernbahnhof transportieren acht
Schnellfahraufzüge je bis zu 22 Menschen,
es gibt drei Aufzüge für die Feuerwehr und
vier Fluchttreppenhäuser, die unter Überdruck stehen.
Die Schutzgemeinschaft Filder (SG) und
der Fahrgastverband Pro Bahn haben am
Mittwoch erneut kritisiert, durch den
Mischverkehr zum Flughafen werde der SBahn-Verkehr beeinträchtigt. Die Schweizer Gutachter der Firma SMA sähen „erhebliche Risiken für die Stabilität des S-Bahn-
Foto: Leif Piechowski
Von Annette Mohl
und Konstantin Schwarz
„Für uns ist das die Wahl
zwischen Pest und
Cholera“
Steffen Siegel
Schutzgemeinschaft Filder
Verkehrs“. So benötige die S-Bahn von der
Rohrer Kurve zum Flughafen mit drei
Stopps zehn Minuten, die Regionalzüge der
Gäubahn nur sechs Minuten. Habe eine SBahn Verspätung, müsse sie den Regionalzug passieren lassen, weil der sonst an den
Haltestellen ebenfalls anhalten müsste.
Aus Sicht von Steffen Siegel und Frank
Distel, Vorstandsmitglieder der SG, sowie
Andreas Kegreiß vom Landesvorstand Pro
Bahn soll deshalb die Gäubahn nicht zum
Flughafen fahren, sondern wie heute über
Vaihingen nach Stuttgart. Das war auch im
Filder-Dialog gefordert worden. Kegreiß
sagte, dass von den Gäubahnnutzern nur
rund zehn Prozent zum Flughafen wollten,
90 Prozent nach Stuttgart. Deshalb solle ab
Vaihingen die Gäubahntrasse ertüchtigt
werden und über eine Kehrschleife im Tunnel beim Löwentor in den Tiefbahnhof anschließen. Der Tunnel koste zwar rund 130
Millionen Euro, die Lösung sei insgesamt
aber günstiger als die Pläne der Bahn.
Steffen Siegel sieht durchaus noch Chancen für diese Lösung. Im Planfeststellungsverfahren kämen auch die Alternativen noch
einmal auf den Tisch. Siegel befürchtet aber
auch, dass CDU und SPD sich dabei weiterhin für den sogenannten Filderbahnhof plus
unter der Flughafenstraße verkämpfen. Der
hat aus Sicht von SG und Pro Bahn mindestens so viele Nachteile wie Vorteile gegenüber der Variante der Bahn: „Für uns ist das
die Wahl zwischen Pest und Cholera“, sagt
Siegel. Denn den störanfälligen Mischverkehr gebe es auch dann. Der Plus-Bahnhof
benötige außerdem erheblich mehr landwirtschaftliche Flächen und sei deutlich
teurer, so Distel. Andreas Kegreiß ist überzeugt, dass beide Bahnhöfe in der Spitzenstunde mit 17 Zügen den Stresstest nicht bestehen. „Wir lehnen das verkehrlich ab,
nicht politisch“, so Kegreiß.
Tiere in Not, wie die acht an Silvester
ausgesetzten Welpen, sind auf das Heim
angewiesen
Foto: Michele Danze
finanziert, und die eisernen Reserven seien in Kürze aufgebraucht, schreibt die
Tierheimleiterin Marion Wünn. Auf Anfrage wollte sie sich nicht zu dem Thema
äußern und verwies auf die Pressekonferenz. Sie möchte zunächst ein Gespräch
mit der Stadt abwarten, das für den heutigen Donnerstag anberaumt ist. In dieses
Treffen setzt sie ihre Hoffnungen – wie
auch in eine „große Spendenaktion“.
Das Tierheim bekommt von der Stadt
pro Jahr 200 000 Euro. Für Unterhalt und
ärztliche Betreuung der Tiere werden
rund 400 000 Euro pro Jahr benötigt.
Schwerer Unfall
im Weinberg
STUTTGART (StN). Beim Rasenmähen in
einem Weinberg im Gewann Alter Weinberg an der Uhlbacher Götzenbergstraße
ist am Mittwoch ein 24-Jähriger schwer
verunglückt. Der Mann kam mit seinem
Traktor beim Wiederanfahren am Berg ins
Rutschen und stürzte etwa zweihundert
Meter in den darunter liegenden Weinberg.
Angeblich hat sich der Traktor dabei dreibis viermal überschlagen. Der Weingärtner,
der nach dem Unfall unter dem Fahrerhaus
eingeklemmt war, zog sich dabei Knochenbrüche und schwere Kopfverletzungen zu.
Er wurde mit einem Rettungswagen in ein
Stuttgarter Krankenhaus gebracht. Die
Feuerwehrleute bargen den zwei Tonnen
schweren Weinbauschlepper mit angehängtem Mähwerk aus dem Weinberg. Der
Sachschaden beträgt etwa 20 000 Euro.
StN online
Größte Sauna der Welt
Die größte Sauna der Welt bringt künftig
Besucher im nordbadischen Sinsheim
zum Schwitzen. Die dortige Badewelt
hat nun die entsprechende Urkunde der
„Guinness World Records“ verliehen
bekommen. Einen Vorgeschmack auf die
Sauna kriegen Sie bei uns:
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Prominenz in Cannes
Die internationalen Filmfestspiele von
Cannes haben begonnen. Dieses Mal
eröffnete die Literaturverfilmung „Der
große Gatsby“ mit Leonardo DiCaprio
das Festival, zu dem sich viele Stars und
Sternchen angekündigt haben. Wir
haben Bilder für Sie zusammengestellt.
Klicken Sie sich durch.
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VfB-Trikot: Top oder Flop?
Die ersten Fotos vom neuen Heimtrikot
des VfB Stuttgart für die Saison 2013/14
sind aufgetaucht. Es hat dezente rote
Querstreifen. Top oder Flop? Wie gefällt
Ihnen das Trikot? Bei uns können Sie
eine Note vergeben.
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