Die 5 wesentlichen Systeme

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Die 5 wesentlichen Systeme
6. Jahrgang, Ausgabe 1 / Nov. 2011
Der Vergleich
Die 5 wesentlichen Systeme
PROFINET,
POWERLINK,
EtherNet/IP,
EtherCAT,
SERCOS III
Wie die Systeme
funktionieren
Die Nutzerorganisationen
Ein Blick hinter die
Kulissen
Investitionssicherheit und
Performance
Alles, was Sie wissen
sollten
Dieses Dokument darf nur mit
Stéphane Potier
Huazhen Song
Bhagath Singh Karunakaran
Stefan Schönegger
Anton Meindl
Christian Schlegel
Vorwort
Die Industrial-Ethernet-Welt ist nicht nur für Außenstehende ziemlich unübersichtlich; auch
Fachleute, die sich in die Thematik einarbeiten, stehen zunächst vor einer schwer durchschaubaren Vielfalt konkurrierender Systeme. Die meisten Hersteller bieten nur wenig Informationsmaterial an, das technische Merkmale und spezifische Funktionsweisen des jeweiligen Standards umfassend, aber leicht verständlich darstellt. Noch weniger Glück haben Interessierte
bei der Suche nach Material, das einen übersichtlichen Vergleich der wichtigsten Systeme
bietet und eine objektive Bewertung erlaubt.
Nachdem auch wir immer wieder nach einer generellen Übersicht über die wichtigsten Systeme
gefragt worden sind und danach, „wo eigentlich die Unterschiede liegen“, haben wir uns entschlossen, eine Ausgabe der Industrial Ethernet Facts diesem Thema zu widmen. Bei der Erstellung haben wir versucht, so objektiv zu sein, wie es einem Marktteilnehmer möglich ist. In dem
Vergleich haben wir sowohl technische und wirtschaftliche als auch strategische Kriterien berücksichtigt, wie sie für Fragen der Investitionssicherheit entscheidend sind. Die Argumente, die
wir im ­Folgenden anführen, wurden in diversen Gesprächen und Diskussionen mit Entwicklern
und ­Entscheidern aus dem Industrial-Ethernet-Umfeld genannt und belegt. Wir haben versucht,
sie – soweit es für uns machbar war – zu verifizieren.
Genehmigung des Herausgebers
verändert werden.
Eine Weitergabe des gesamten
Dokuments ist ausdrücklich
erwünscht. Die aktuelle Version
finden Sie zum Download auf
www.ethernet-powerlink.org.
Da wir trotz unserer Bemühungen in ein paar Punkten keine exakt überprüfbaren Informatio­nen
erhalten konnten, bitten wir Sie um Ihre Mithilfe: Wenn Sie Ergänzungen oder Korrekturvor­schlä­ge
haben, schreiben Sie uns eine E-Mail oder rufen Sie uns einfach an: Wir freuen uns über jede
­Unterstützung bei der Vervollständigung dieser Übersicht und sind für alle Diskussionen auf­
geschlossen, die dazu beitragen, die Bewertungen der verschiedenen Industrial-Ethernet-­
Standards so lückenlos und objektiv wie möglich zu gestalten.
Christian Schlegel, CEO IXXAT – Germany
Anton Meindl, President EPSG – Germany
Stefan Schönegger, Business Unit Manager B&R – Austria
Bhagath Singh Karunakaran, CEO Kalycito – India
Huazhen Song, Marketing Manager POWERLINK Association – China
Stéphane Potier, Technology Marketing Manager EPSG – France
Kontakt: EPSG Office, Tel.: +49 30 850885-29
[email protected]
2
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
Einführung
In d u s t r i a l E t h e r ne t
4
Die Auswahl der betrachteten Systeme
F u nk t i o n s w e i s en
der Systeme
6
Zeitverhalten
Funktionsweise PROFINET
Funktionsweise POWERLINK
Funktionsweise EtherNet/IP
Funktionsweise EtherCAT
Funktionsweise SERCOS III
O r g an i s a t i o nen
12
Vorstellung der Organisationen und der Lizenzpolitik
Inve s t i t i o n s S i c h e r h e i t
16
Kompatibilität/Abwärtskompatibilität
EMV-Empfindlichkeit
Kontaktstellen
Verkabelung/zulässige Topologien
Hotplug-Fähigkeit
High Availability
Gigabit-ready
Verfügbarkeit von Safety-Lösungen
Marktverfügbarkeit
P e r f o r m an c e
18
I m p l e m en t i e r u n g
22
Sa f e t y - F u nk t i o na l i t ä t
26
3
Die Auswahl
der betrachteten Systeme
|
In der vorliegenden Industrial Ethernet Facts werden mit
PROFINET (RT, IRT), POWERLINK, EtherNet/IP, EtherCAT und
SERCOS III fünf von weltweit rund 30 zum Einsatz kommenden
Industrial-Ethernet-­Systemen miteinander verglichen.1 Wieso diese
fünf? Die Auswahl folgte technischen, normativen und marktwirtschaftlich-strategischen Aspekten, zum Beispiel, ob das Protokoll von
einer Nutzerorganisation weiterentwickelt wird, ob es in der IEC-Norm
klassifiziert ist und ob sich die Systeme für harte Echtzeit eignen.
Echtzeit
Beim Ethernet-Standard IEEE 802.3 führt der Mechanismus zur
Auflösung von Datenkollisionen zu unregelmäßigen Verzögerungen
im Datenverkehr. Um Echtzeit zu erreichen, sorgen bei Industrial-­
Ethernet-Protokollen spezielle Maßnahmen für die Vermeidung dieser
Kollisionen. Harte Echtzeit bedeutet, dass sich die Signallaufzeiten
exakt in einem vorgegebenen Zeitrahmen bewegen müssen; andernfalls wird eine Störung gemeldet. Bei weicher Echtzeit werden Abweichungen innerhalb einer begrenzten Zeitspanne toleriert. Während bei
Anwendungen mit weicher Echtzeit, wie zum Beispiel bei der Erfassung
von Temperaturmessungen, Zykluszeiten im zwei- bis dreistelligen
­Millisekundenbereich ausreichen, benötigen digitale Regelsysteme
oder Motion-Control-Anwendungen häufig Zykluszeiten unter einer
­Millisekunde.
1 Eine Übersicht findet sich auf der Website www.pdv.reutlingen-university.de/rte/
von Prof. Dr.-Ing. Jürgen Schwager, Leiter des Labors für Prozessdatenverarbeitung
an der Hochschule Reutlingen.
4
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
Marktverbreitung
Ein weiteres Kriterium für die Auswahl der verglichenen IndustrialEthernet-Systeme war die Marktverbreitung: In ungefähr drei Viertel
(laut diversen Studien von IMS und ARC) aller weltweit genutzten Industrial-Ethernet-Anwendungen kommen EtherNet/IP, PROFINET oder
Modbus TCP zum Einsatz. Danach ­folgen die Sys­te­me POWERLINK und
EtherCAT, die sich besonders für harte Echtzeit eignen. Modbus TCP
wird in diesem Vergleich nicht eigens b­ erücksichtigt, da das System
laut Nutzervereinigung ODVA in E­ therNet/IP integriert w
­ urde. SERCOS
III wurde trotz eines geringen Marktanteils in den ­Vergleich aufgenommen, da dem System im Bereich schneller An­triebs­­steuerungen eine
bedeutende Rolle zukommt.
Gebäudetechnik, Leit- und
Automationsebene, problemlose
Prozesse, Lagersysteme
Förderanlagen,
einfache Regelungen,
Großteil der Automationsanlagen
Werkzeugmaschinen,
schnelle Prozesse,
Roboter
Echtzeitklassen und ihre
Anwendungsgebiete
nach IAONA
Hochdynamische
synchronisierte Prozesse,
„elektronische Getriebe“
1 s
10 s
100 s
1 ms
10 ms
100 ms
1s
10 s
Reaktionszeiten/Jitter
5
Funktionsweisen der Systeme
|
Unterschiedliche Ansätze
zur Generierung von Echtzeit
Entscheidende Unterschiede der Industrial-Ethernet-Systeme liegen
in der Organisation der Datenübertragung und der Herstellung des
­Echtzeitverhaltens. EtherCAT und SERCOS III nutzen zur Datenüber­
tragung ein Summenrahmenverfahren. Dabei werden in jedem Zyklus
die Daten für sämtliche Netzwerkteilnehmer in einem Telegramm gesendet, das nacheinander die in Ringtopologie angeordneten Knoten
durchläuft und die Antwortdaten gleich einsammelt. Dagegen werden
beim Einzeltelegrammverfahren, das die übrigen Systeme verwenden,
individuelle Telegramme an die Teilnehmer versendet, die daraufhin
auch mit einzelnen Telegrammen antworten.
6
Um Echtzeit zu erreichen, nutzen die Systeme drei unterschiedliche
Verfahren:
– Ein Master kontrolliert das Zeitgeschehen. Bei POWERLINK
erteilt der Master den Teilnehmern Sendeerlaubnis,
bei EtherCAT und S
­ ERCOS III gibt er den Takt für den Versand
von Summen­rahmen­telegrammen vor.
– Bei PROFINET IRT steuern synchronisierte Switches die
­Kommunikation.
– Bei EtherNet/IP wird per CIP Sync eine Zeitinformation nach dem
Standard IEEE 1588 im Netz verteilt.
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
Funktionsweise
PROFINET
|
PROFINET („Process Field Network“) ist in unterschiedliche Leistungsklassen für verschiedene zeitliche Anforderungen untergliedert:
PROFINET RT für keine oder weiche Echtzeit und PROFINET IRT für
harte Echtzeit. Die Technologie wurde von Siemens und den Mitgliedsfirmen der PROFIBUS-Nutzerorganisation PNO entwickelt. PROFINET I/O
ist der Ethernet-basierte Nachfolger von PROFIBUS DP und spezifiziert
den gesamten Datenaustausch zwischen I/O-­Controllern, die Parametrierung, die Diagnose und den Aufbau eines Netzwerkes. Für die unterschiedlichen Leistungsklassen verwendet PROFINET verschiedene
­Protokolle und Dienste frei nach dem Producer/Consumer-Prinzip.
Nutzdaten, die hochpriorisiert und direkt über das EtherNet-Protokoll
versendet werden, verwenden mittels VLAN priorisierte EthernetFrames, während zum Beispiel Diagnose- und Kon­figurationsdaten per
UDP/IP gesendet werden. Für I/O-­Ap­pli­kationen können auf diese
Weise Zykluszeiten um die 10 ms realisiert werden. Für taktsynchrone
Zykluszeiten unter einer Millisekunde, wie sie für Motion-Control-Anwendungen benötigt werden, dient PROFINET IRT, das auf Basis speziell gemanagter und per Hardware synchronisierter Switches ein
Zeitmultiplex-Verfahren verwendet. Als neue Variante von Profinet
kommt zukünftig auch das sogenannte Dynamic-Frame-PackingVerfahren (DFP) zum Einsatz, das die Taktzeiten optimieren soll.
Das Verfahren wurde 2009 der Öffentlichkeit präsentiert.
Applikation
PROFINET Realtime
zyklisch
PROFINET Realtime
azyklisch
PROFINET
Standard
Middleware
Engineering,
Business
Integration
Standardapplikation
(ftp, http, u.a.)
DCOM
Standard UDP
Standard TCP
Standard IP
Standard-Ethernet
Zieladresse Quelladresse
802.1q
Frame ID
Type =
0x8892
Prozessdaten
Daten
CRC
Statusinfo
7
Device Profiles
Funktionsweise
POWERLINK
Protocol
Software
|
Hardware
Cycle Time
PRes
CN1
PReq
CN3
PRes
CN2
PReq
CNn
PRes
CN3
Isochronous
Phase
SoC = Start of Cycle
SoA = Start of Async
8
MN
SoA
PRes
CNn
Async Data
Asynchronous
Phase
PReq = Poll Request
PRes = Poll Response
MN = Managing Node
CN = Controlled Node
Drives
Medical
Others
CANopen
Application Layer – Object Dictionary
Messaging (SDO and PDO)
POWERLINK Transport
UDP/IP
POWERLINK Driver
CAN Driver
Ethernet Driver
CAN Controller
Ethernet Controller
Abschnitten: In der „Start Period“ sendet der MN einen „Start of Cycle
Frame“ (SoC) an alle CNs, der die Geräte synchronisiert. Der Jitter liegt
dabei bei ca. 20 Nanosekunden. Im zweiten Abschnitt, der „Cyclic
Period“, erfolgt der zyklische isochrone Datenaustausch. Durch Multiplexing wird in dieser Phase eine optimale Nutzung der Bandbreite
­erreicht. Mit dem dritten Abschnitt beginnt die asynchrone Phase. Sie
steht der Übertragung größerer und nicht zeitkritischer Datenpakete
zur Verfügung. Diese Daten, zum Beispiel Anwenderdaten oder TCP/IPFrames, werden auf die asynchronen Phasen mehrerer Zyklen verteilt.
POWERLINK unter­schei­det zwischen Echtzeit-Domänen und NichtEchtzeit-Domänen. Da die Datenübertragung der asynchronen Phase
Standard-IP-Frames un­terstützt, trennen Router die Daten sicher und
transparent von den Echtzeit-Domänen. POWERLINK ist für alle Anwendungen in der Automatisierung ideal geeignet, zum Beispiel für
I/O, Motion, Robotik, PLC-PLC-Kommunikation oder Visualisierung.
Bei POWERLINK wird der isochrone Datenaustausch durch eine
­Mischung aus Zeitschlitz- und Pollingverfahren erreicht. Für die Koor­
dination bekommt eine SPS oder ein Industrie-PC die Funktion eines
sogenannten Managing Nodes (MN) zugewiesen, der den Zeittakt zur
Synchro­nisation aller Geräte vorgibt und die zyklische Datenkommuni­
ka­tion steuert. Alle anderen Geräte fungieren als Controlled Nodes (CN).
Innerhalb eines Taktzyklus sendet der MN „Poll Requests“ genannte
­Anfragen in festgelegter Reihenfolge an alle CNs. Jeder CN antwortet
unmittelbar auf die Anfrage mit einer „Poll Response“, die alle anderen
Teilnehmer mithören können. Ein POWERLINK-Zyklus besteht aus drei
PReq
CN2
Valves
Viele Gemeinsamkeiten im CANopen und POWERLINK OSI-Modell
Funktionsweise
PReq
CN1
Encoders
CAN based
CANopen
Transport
POWERLINK wurde von B&R entwickelt und im Jahr 2001 veröffentlicht. Seit 2003 kümmert sich die unabhängige und demokratisch
organisierte Nutzerorganisation Ethernet POWERLINK Standardization
Group (EPSG) um die Weiterentwicklung der Technologie. POWERLINK
ist ein komplett patentfreies, herstellerunabhängiges und rein softwarebasiertes Kommunikationssystem für harte Echtzeit, das seit
2008 auch als kostenfreie Open-Source-Version zur Verfügung steht.
POWERLINK integriert die kompletten CANopen-Mechanismen und
und ist vollständig konform zum Ethernet-Standard IEEE 802.3,
­wodurch sämtliche Features des Standard-Ethernets, einschließlich
Querverkehr, Hotplug-Fähigkeit und freier Wahl der Netzwerktopologie
erhalten bleiben.
SoC
I/O
CN
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
EtherNet/IP
Device Profiles
Funktionsweise
EtherNet/IP
CIP Motion
Valves
I/O
Robots
Other
CIP Application Layer
Application Library
CIP Data Management Services
Explicit Messages, I/O Messages
Application
|
CIP
CIP Message Routing, Connection Management
EtherNet/IP ist ein offener industrieller Standard, der von Allen-­
Bradley (Rockwell Automation) und der ODVA (Open DeviceNet Vendor
Association) entwickelt und im Jahr 2000 veröffentlicht wurde. Bei
dem „Ethernet Industrial Protocol“ handelt es sich im Prinzip um das
bereits von ControlNet und DeviceNet genutzte Anwendungsprotokoll
CIP (Common Industrial Protocol), das auf das Transportprotokoll
Ethernet portiert wurde. EtherNet/IP ist besonders auf dem ameri­
kanischen Markt stark vertreten und wird häufig in Verbindung mit
Rockwell-Steuerungen eingesetzt.
Funktionsweise
EtherNet/IP läuft auf Standard-Ethernet-Hardware und nutzt zur
­Daten­übertragung sowohl TCP/IP als auch UDP/IP. Durch die vom
­CIP-­Protokoll unterstützte Producer-Consumer-Funktionalität stehen
mit EtherNet/IP unterschiedliche Kommunikationsmechanismen zur
Verfügung, wie zum Beispiel zyklisches Polling, zeit- oder ereignis­
gesteuerte Auslösung, Multicast oder einfache Punkt-zu-Punkt-­
producer
consumer
consumer
accept
consumer
Network
Encapsulation
TCP
UDP
IP
ControlNet DeviceNet CompoNet
Transport Transport Transport
Data Link
EtherNet
CSMA/CD
ControlNet
CAN
CompoNet
CTDMA CSMA/NBA Time Slot
Physical
EtherNet
Physical Layer
ControlNet DeviceNet CompoNet
Phys. Layer Phys. Layer Phys. Layer
Transport
Schichtenmodel EtherNet/IP
Verbindungen. Das Anwendungsprotokoll CIP unterscheidet zwischen
„impliziten“ E/A-Nachrichten und „expliziten“ Frage/Antwort-Telegrammen zur Konfiguration und Datenerfassung. Während explizite
Nachrichten in TCP-Frames eingebettet werden, werden Daten für
Echtzeitanwendungen wegen des kompakteren Formats und kleineren
Overheads per UDP versendet. Switches, die den M
­ ittelpunkt der
sternförmigen Netzwerktopologie bilden, verhindern Datenkollisionen
der über Punkt-zu-Punkt-Verbindung angeschlossenen Geräte.
EtherNet/IP erreicht typischerweise weiche Echtzeit mit Zykluszeiten
um die 10 Millisekunden. Durch CIP Sync und CIP Motion und die
präzise Synchronisation der Teilnehmer durch verteilte Uhren (entsprechend der IEEE-Norm 1588) sollen genügend kleine Zykluszeiten
und Jitter zur Ansteuerung von Servomotoren erreicht werden.
accept
prepare
filter
filter
filter
send
receive
receive
receive
broadcast communication
9
Framelaufzeit = (Anzahl Byte Header + Daten) x 10 ns
250 ns
Funktionsweise
EtherCAT
115 ns
Master
PHY
|
IOS über LVDS
PHY
IOS über LVDS
PHY
EtherCAT („Ethernet for Controller and Automation Technology“) wurde
von Beckhoff Elektronik entwickelt. Alle Nutzer der Technologie werden
automatisch Mitglied der EtherCAT Technology Group (ETG).
Funktionsweise
EtherCAT beruht auf dem Summenrahmenverfahren: Der EtherCATMaster sendet einen Ethernet-Frame mit den Daten für alle angebundenen Slaves, der nacheinander alle Teilnehmer durchläuft. Beim
letzten Teilnehmer eines Strangs wird der Frame wieder zurückgeleitet.
Die Teilnehmer bearbeiten den Frame während des Durchlaufs in einer
Richtung. Die für den Teilnehmer bestimmten Daten werden „on the
fly“ ausgelesen und die Ausgangsdaten in den Frame eingefügt. Zur
Gewährleistung der Bandbreite von 100 Mbit/s ist für die schnelle Bearbeitung im Durchlauf spezielle ASIC- oder FPGA-basierte Hardware
erforderlich. Es zeigt sich, dass die Netzwerkstruktur von EtherCAT immer einem logischen Ring entspricht. Auch Abzweige, die sich an speziell konzipierten Teilnehmern anschließen lassen, stellen quasi nur
eine Doppelweiche dar, sodass das Summenrahmentelegramm durch
den Abzweig geleitet wird.
Aufbau des EtherCAT-Frames
Sämtliche EtherCAT-Telegramme mit den Anweisungen für die einzelnen Teilnehmer sind im Nutzdatenbereich eines Frames verpackt. Ein
EtherCAT-Frame besteht aus je einem Header und mehreren EtherCAT-
Ethernet HDR
FH
EH
Data
WC
Kommandos. Ein Kommando besteht seinerseits aus einem Header,
den Daten zur Anweisung des Slaves und einem Working Counter. Für
jeden Slave stehen bis zu 64 KByte konfigurierbarer Adressraum zur
Verfügung. Die Adressierung erfolgt über ein Auto-Inkrement-Verfahren,
bei dem jeder Slave das 16-Bit-Adressfeld hochzählt. Außerdem können
die Slaves über verteilte Stationsadressen angesprochen werden, die
der Master in der Startphase zuteilt.
Prozesssynchronisation bei EtherCAT
In den Slave-Anschaltungen stehen Echtzeituhren zur Verfügung, die
vom Master über einen (IEEE 1588 ähnlichen) Mechanismus synchronisiert werden. Es gibt Slaves mit und ohne Echtzeitmechanismus, da
dies eine erhöhte Anforderung an die Hardware stellt. Auf Basis der
Echtzeituhren können Steuerungssignale hochgenau synchronisiert
werden.
Physikalisch betrachtet, läuft das EtherCAT-Protokoll neben Ethernet
auch auf LVDS (Low Voltage Differential Signaling). Dieser Standard
wird von der Firma Beckhoff als interner Klemmenbus ver­wen­det. Der
EtherCAT-Master wird typischerweise mit einem PC mit einer Standard-Ethernet-Schnittstelle realisiert. Im Gegensatz zu den weiteren
Protokollen wie POWERLINK oder PROFINET beschreibt EtherCAT ausschließlich die Layer 1 – 3 des OSI-7-Schichten-Modells. Um eine zu
den anderen vergleichbare Applikationsfunktionalität zu erreichen,
muss hier eine weitere Protokollschicht (CoE, EoE) überlagert werden.
CRC
EtherCAT-Arbeitsprinzip
10
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
Nicht-Echtzeit-Kanal
Echtzeit-Kanal
Funktionsweise
SERCOS III
…
I/O Profil
Motion Profil
|
Ethernet
Applikation
Generisches Geräteprofil
SERCOS III ist ein frei verfügbarer Echtzeit-Kommunikationsstandard
für digitale Antriebsschnittstellen, der neben der Hardware­architektur
für die Anschaltungen nicht nur eine Protokollstruktur spezi­fiziert, sondern auch eine umfangreiche Definition von Profilen einschließt. Bei
SERCOS III, der dritten Generation des 1985 im Markt eingeführten
SERCOS Interface, dient das Standard-Ethernet nach IEEE 802.3 als
Transportprotokoll. Das Kommunikationssystem kommt schwerpunktmäßig in Motion-Control-basierten Automationssystemen zum Einsatz.
Für die Weiterentwicklung der Technologie und die weltweite Einhaltung des Standards sorgt sercos International e. V.
Sercos III nutzt auf Master- und auf Slaveseite spezifische
Sercos III-Hardware, die die Host-CPU von allen Kommuni­kationsaufgaben entlastet und die schnelle Verarbeitung der Echtzeitdaten
und die hardwarebasierte Synchronisierung gewährleistet. Für den
Slave ist die spezifische Hardware eine Voraussetzung, der Master
kann auch durch Software gelöst werden. Zur Entwicklung der
SERCOS III-Hardware auf FPGA-Basis stellt die S
­ ERCOS-Nutzerorganisation einen SERCOS III-IP-Core zur Verfügung. SERCOS III nutzt
ein Summenrahmenverfahren und schreibt die Ver­kabelung der Netzteilnehmer in einer Linie oder in einem geschlossenen Ring vor. Die
Daten werden im Durchlauf bearbeitet, wobei für ver­schie­dene Kommunikationsbeziehungen unterschiedliche Telegramme genutzt werden. Durch die voll-duplexfähige Ethernet-Verbindung e­ rgibt sich bei
einer Linientopologie ein Einfachring und bei einer Ringtopologie ein
Doppelring, der eine redundante Datenübertragung ermöglicht. Direkter Querverkehr wird dadurch ermöglicht, dass jeder Teil­nehmer über
AT: Drive Telegram
MDT: Master Data Telegram
IP: IP Channel
C
AT MDT IP
Slave
Slave
Slave
Slave
Slave
Safety
SVC
Kanal
UDP/TCP
Querkommunikation
MS Kommunikation
IP
Synchr.
Ethernet
SERCON 100M/S (FPGA)
+
Ethernet Dual PHY
RT = Real Time
MS = Master Slave
Synchr. = Synchronisation
Funktionsweise
Master
RT-Kanäle
(primär/sekundär)
S III
Protokoll
oder
SVC = Service Channel
S III = SERCOS III
UDP = User Datagram Protocol
netX mit
SERCOS III
TCP = Transmission Control Protocol
FPGA = Field Progr. Gate Array
PHY = Physical Layer
SERCON ist die Bezeichnung für den spezifischen Master/Slave-Kommunikationscontroller der SERCOS-Technologie
zwei Kommunikationsschnittstellen verfügt: Die Echtzeittelegram­me
durchlaufen sowohl bei der Linien- als auch bei der Ringtopologie jeden Teilnehmer auf dem Hin- und dem Rückweg und werden damit zweimal pro Zyklus bearbeitet. Auf diese Weise können die Geräte ohne Umweg über den Master und innerhalb eines Kommunikationszyklus
direkt miteinander kommunizieren. Neben dem Echtzeitkanal, bei dem
ein Zeitschlitzverfahren mit reservierten Bandbreiten die Kollisionsfreiheit gewährleistet, lässt sich bei SERCOS III auch ein Nicht-EchtzeitKanal einrichten. Die Synchronisierung der Teilnehmer erfolgt auf
Hardwareebene und wird direkt aus dem ersten Echtzeittelegramm zu
Beginn eines Kommunikationszyklus abgeleitet. Dazu wird das MasterSynchronisations-Telegramm (MST) in das Telegramm eingebettet.
Laufzeiten und Laufzeitschwankungen, die ihre Ursache in der Ethernet-Hardware haben, werden durch ein hardwarebasiertes Verfahren
kompensiert, das eine Genauigkeit der Synchronisation von unter
100 Nanosekunden erreicht. Mehrere Netzwerksegmente können
mit unterschiedlichen Zykluszeiten und dennoch vollständig synchron
miteinander betrieben werden.
Slave
11
Die Nutzerorganisationen
|
Ein wichtiges Kriterium zur Gesamtbewertung der Systeme ist die
­Unabhängigkeit des Nutzers. Ungeklärte Markenrechte oder Patente,
die ei­ge­ne Entwicklungen einschränken könnten, sind wichtige Fak­to­
ren, die bei der Auswahl eines Systems zu berücksichtigen sind. Mit
­einer ge­nau­eren Betrachtung der Hersteller und Nutzerorganisationen
lässt sich späteren Unannehmlichkeiten durch juristische Fallstricke
vorbeugen.
Kriterien
Organisation
www.
PROFINET
RT | IRT
POWERLINK EtherNet/IP
EtherCAT
SERCOS III
PNO
EPSG
ODVA
ETG
SERCOS
International
profibus.com
ethernetpowerlink.org
odva.org
ethercat.org
sercos.org
treiber von PROFIBUS- oder PROFINET-Netzen unterstützen.
www.profibus.com
POWERLINK – EPSG
Die EPSG Ethernet POWERLINK Standardization Group wurde 2003
als unabhängige Organisation von Unternehmen der Antriebs- und
­Automatisierungstechnik gegründet. Ziel der Arbeit ist die Standardisierung und Weiterentwicklung des von B&R im Jahr 2001 eingeführten POWERLINK. Die EPSG kooperiert mit Standardisierungsorganisationen wie beispielsweise der CAN in Automation (CiA) oder der IEC.
Die EPSG ist ein eingetragener Verein Schweizer Rechts.
www.ethernet-powerlink.org
EtherNet/IP – ODVA
PROFINET – PNO
Die PROFIBUS Nutzerorganisation e. V. (PNO) unterhält für die Durchführung von Gemeinschaftsprojekten sowie für die Information von
Mitgliedern und Interessenten eine Geschäftsstelle. Angeschlossen
an die Geschäftsstelle ist die Zertifizierungsstelle für geprüfte
PROFIBUS- und PROFINET-Produkte. Die Aufgaben des Verbands
wurden in der Satzung vom 24. 04. 1996 festgelegt. Die Mitgliedschaft steht allen F­ irmen, Verbänden und Instituten offen, die die
Interessen der PNO als Hersteller, Anwender, Systemhaus oder Be-
12
Die ODVA ist die Vereinigung für alle DeviceNet- und EtherNet/IP-Anwender. Die Organisation beschäftigt sich mit der Weiterentwicklung
und Verbreitung der Feldbusse, die vorwiegend in den USA und Asien,
aber auch in Europa eingesetzt werden. Ein wesentlicher Aspekt der
Aktivitäten ist die Entwicklung und Verbreitung des CIP-Protokolls und
anderer Protokolle, die auf dem CIP-Protokoll basieren. Jeder Anwender kann die Technologie benutzen, sich aber auch an der Weiterentwicklung in Special Interest Groups (SIG) beteiligen. Darüber hinaus
ist die ODVA in anderen Standardisierungsgremien und Industriekonsor­tien aktiv. Die Satzung der ODVA ist relativ komplex.
www.odva.org
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
EtherCAT – ETG
SERCOS III – sercos International e. V.
Die EtherCAT Technology Group ist ein Forum, zu dem sich Anwender,
OEMs, Maschinenbauer und Automationshersteller zusammen­
geschlossen haben. Der Zweck der Gruppe liegt im Support und
darin, die Vorteile von EtherCAT als offener Technologie zu verbreiten.
Die Verträge zur Nutzung der Technologie sind direkt mit der Firma
Beckhoff abzuschließen. Die EtherCAT Technology Group ist als nicht
eingetragener Verein in Deutschland (Nürnberg) ansässig.
www.ethercat.org
sercos International e. V. (SI) ist ein im Vereinsregister in Frankfurt am
Main eingetragener Verein. Mitglieder des Vereins sind Hersteller und
Anwender von Steuerungen, Antrieben und anderen Automatisierungs­
komponenten sowie Maschinenhersteller, Forschungsinstitute und
Verbände. Tochterorganisationen bestehen in Nordamerika und in
Asien. Angeschlossen an die Geschäftsstelle ist ein Zertifizierungslabor an der Universität Stuttgart.
www.sercos.org
13
Status, Rechte und Lizenzen
Welchen rechtlichen Status haben die jeweiligen Nutzerorganisa­
tionen? Wem gehört die Technologie? In welche lizenzrechtlichen
Abhängigkeiten begeben sich Entwickler, die die Technologien
nutzen? Auf den folgenden Seiten geben wir einen Überblick.
Kriterien
PROFINET
RT | IRT
Organisa­
tionsform
Verein
Haftung
+
PNO
+
POWERLINK EtherNet/IP
Verein
+
EPSG
+
Associations
+
ODVA
+
EtherCAT
SERCOS III
nicht ein­ge­tra­
gener Verein
Verein
o
+
Mitglieder
SERCOS
o
+
EtherCAT Technology Group: Der nicht eingetragene Verein hat keine eigene
Rechtspersönlichkeit und nimmt daher eine „Zwitterstellung“ zwischen einem
Verein und einer Personen­gesellschaft ein, sodass die Haftungsfrage offen ist
Kriterien
PROFINET
RT | IRT
Rechteinhaber
Mitglieder
Mitglieder
Markeninhaber
PNO
EPSG
+
+
POWERLINK EtherNet/IP
+
+
EtherCAT
SERCOS III
Mitglieder
Beckhoff
Mitglieder
ODVA
Beckhoff
SERCOS
+
+
o
o
+
+
Die Rechte an der Technologie liegen normalerweise bei den Organisationen.
Damit können sie von den Mitgliedern, die somit Mitinhaber sind, genutzt
­werden. Liegen die Rechte bei anderen Personen oder Firmen, ist unklar,
wie in Zukunft mit diesen Rechten verfahren wird.
14
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
Kriterien
Finanzierung
der Organisation
PROFINET
RT | IRT
Mitglieder­
beiträge
o
POWERLINK EtherNet/IP
Mitglieder­
beiträge
o
Mitglieder­
beiträge
o
EtherCAT
SERCOS III
keine Mit­glie­
der­beiträge
Mitglieder­
beiträge
+
o
Die Mitgliedschaft in der ETG ist kostenlos. Die Mitgliedschaft in allen anderen
Organisationen ist kostenpflichtig, die Jahresbeiträge staffeln sich in der Regel
nach der Firmengröße. Für POWERLINK und Sercos können Produkte auch
ohne Mitgliedschaft in der Nutzerorganisation entwickelt und auf den Markt
gebracht werden.
Kriterien
Spezifikation
für Master
und Slave
PROFINET
RT | IRT
PNO
+
POWERLINK EtherNet/IP
EPSG
+
ODVA
+
EtherCAT
SERCOS III
Beckhoff
SERCOS
o
o
Bei SERCOS und der ETG sind zwar die Kommunikationsmechanismen beschrieben, wie aber ein Slave im Detail arbeitet, ist unbekannt. Dazu muss
ein ASIC oder ein FPGA eingesetzt werden. Der VHDL-Code für die FPGAs kann
bei Beckhoff erworben werden; er liegt aber jeweils nicht im Quellcode vor.
Kriterien
PROFINET
RT | IRT
POWERLINK EtherNet/IP
EtherCAT
SERCOS III
freie Sourcen
Master
-
+
-
o
+
freie Sourcen
Slave
-
+
+
-
o
PROFINET: Die PROFIBUS Nutzerorganisation (PNO) stellt ihren Mitgliedern
Quellcode und Dokumentationen für die Implementierung von PROFINET zur
Verfügung (PROFINET Runtime Software). Die Lizenzvereinbarung für diese
­Software gibt den PNO-Mitgliedern unter Punkt 1.5 das Recht, fünf Patente zu
nutzen.
POWERLINK: POWERLINK-Master und -Slave sind unter der Open SourceLizenz BSD frei verfügbar; ebenso die Softwarestacks für openSAFETY (siehe
Sourceforge.net).
EtherNet/IP: Stacks werden von verschiedenen Dienstleistern verkauft. Eine
Open Source-Variante wurde von einer Universität entwickelt.
EtherCAT: Für die Realisierung eines Slaves muss ein ASIC oder ein FPGA eingesetzt werden. Der VHDL-Code für den FPGA muss gekauft werden und liegt
nicht als Quellcode vor. Masterseitig stellt die ETG einen Beispielquellcode zur
Verfügung. Da der Patentrechte­inhaber einer Lizenzierung für Open Source
nicht zugestimmt hat, kann der Quellcode nicht Open Source sein.*
SERCOS: SERCOS stellt seinen Softwaremaster unter LGPL-Lizenz kostenlos zur
Verfügung. Für den Slave können nur ASICs oder FPGA-Code erworben werden.
* Quelle: Open Source Automation Development Lab (www.osadl.org)
15
Investitionssicherheit
|
Einen Teil der Kriterien für Investitionssicherheit haben wir im Abschnitt „Offenheit“ behandelt. Daneben spielt auch eine Reihe von
tech­nischen und strategischen Gesichtspunkten eine wichtige Rolle
für die Investitionssicherheit.
Kompatibilität zu bestehenden Applikationsprofilen
Kriterien
abwärtskompatibel
PROFINET
RT | IRT
POWERLINK EtherNet/IP
EtherCAT
SERCOS III
PROFIBUS
CANopen
DeviceNet
CANopen
SERCOS II
+
+
+
+
+
Freiheit in der Verkabelung
EtherCAT und SERCOS bilden logisch gesehen immer einen Ring.
Dieser kann am Master oder bei einer Linienverkabelung intern am
letzten Teilnehmer geschlossen werden.
EtherCAT bietet mit speziellen Weichen die Möglichkeit, Abzweige zu
bilden, durch die aber immer der komplette Frame durchgeleitet wird.
Logisch bleibt also auch hier die Ringorganisation erhalten.
Kriterien
PROFINET
RT | IRT
POWERLINK EtherNet/IP
EtherCAT
SERCOS III
Verkabelung
Baum
+
+
+
o
o
Verkabelung
Stern
+
+
+
o
o
EMV-Empfindlichkeit/Übertragungssicherheit
Verkabelung
Ring
+
+
+
+
+
Summenrahmenprotokolle sind störungsempfindlicher als Einzel­
rahmenprotokolle. Bei der Zerstörung eines Frames geht immer
ein kompletter Zyklus verloren.
Verkabelung
Linie
+
+
+
+
+
Kriterien
EMVEmpfindlichkeit
PROFINET
RT | IRT
+
POWERLINK EtherNet/IP
+
+
EtherCAT
SERCOS III
o
o
High Availability
Sercos erreicht durch die Nutzung von zwei Telegrammen um 50 % bessere
Werte als EtherCAT
Kontaktstellen
Eine Besonderheit von EtherCAT ist die Möglichkeit, die gesamte Kommunikation auch intern durch den I/O-Klemmenbus zu führen. Dem
Performancevorteil, der immer wieder angeführt wird, steht allerdings
ein Sicherheitsrisiko im Störverhalten gegenüber (Kontakte und EMV).
Kriterien
PROFINET
RT | IRT
Kontaktstellen
+
16
POWERLINK EtherNet/IP
+
+
EtherCAT
SERCOS III
o
+
Master- und Kabelredundanz sind nur in der Spezifikation von P­ OWERLINK
vorgesehen und in Projekten umgesetzt. Für PROFINET und EtherNet/IP ist
auf Basis von speziellen Switches eine Applikation umsetzbar.
Kriterien
PROFINET
RT | IRT
POWERLINK EtherNet/IP
EtherCAT
SERCOS III
Ringredundanz
o
+
o
+
+
Masterund Kabelredundanz
o
+
o
-
-
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
Hotplug-Fähigkeit
Safety
POWERLINK, EtherNet/IP und PROFINET sind hotplugfähig. Bei
SERCOS III und EtherCAT ergeben sich aufgrund der obligatorischen
Ringtopologie Einschränkungen. Bei SERCOS III kann bei einer Ringverkabelung ein einzelner Teilnehmer vom Netz genommen werden.
In diesem Fall schließen die beiden benachbarten Teilnehmer die
TX- und RX-Leitungen. Damit werden die Teilnehmer von der jeweils
anderen Masterseite erreicht. EtherCAT ist nicht hotplugfähig.
Für PROFIsafe stehen Produkte (hauptsächlich PROFIBUS) zur Verfügung.
Auch CIP Safety (für DeviceNet) und openSAFETY (POWERLINK und
Sercos) haben zertifizierte Produkte. Nach Auskunft der EtherCAT Technology Group steht bisher kein käuflich erwerbbarer Stack zur Verfügung.
Nur POWERLINK und openSAFETY gewährleisten auch bei der Masterlösung vollständige Offenheit durch die kostenlose Bereitstellung des
Sourcecodes für Master und Slave.
Kriterien
PROFINET
RT | IRT
Hotplug
+
POWERLINK EtherNet/IP
+
+
EtherCAT
SERCOS III
-
o
Bei Technologien mit einem logischen Ring (EtherCAT und Sercos) führen
die Einschränkungen der Topologie auch zu Einschränkungen für die HotplugMöglichkeiten. Hotplug-Module können nur am Ende einer Linie angedockt
werden (Sercos III), was im Anwendungsfall zu Einschränkungen führen kann.
Kriterien
PROFINET
RT | IRT
POWERLINK EtherNet/IP
EtherCAT
SERCOS III
Safety
+
+
+
o
o
Offenheit
Safety
o
+
o
o
o
Produkte im Markt
Gigabit-ready
Da EtherNet/IP und POWERLINK ausschließlich auf Software basieren,
lassen sich die Protokolle auch mit Gigabit-Hardware weiterverwenden.
EtherCAT erfordert neue ASICs, auch PROFINET IRT b­ edarf einer Überarbeitung der Hardware, speziell bei den Switches. FPGA-Lösungen
können auf Gigabit portiert werden.
Kriterien
Gigabitready
PROFINET
RT | IRT
+
-
POWERLINK EtherNet/IP
+
+
EtherCAT
-
IRT-Produkte auf Basis von ERTEC-Technologie sind grundsätzlich im
Markt verfügbar, allerdings hat die Vorstellung des DFP-Verfahrens
und der damit verbundenen neuen ASIC-Generationen (zum Beispiel
Tiger Chip von Phoenix) Verunsicherung hinsichtlich der zukünftigen
Kompatibiltät von aktuellen IRT-Lösungen ausgelöst.
Kriterien
PROFINET
RT | IRT
Produkte
im Markt
+
SERCOS III
o
POWERLINK EtherNet/IP
+
+
EtherCAT
SERCOS III
+
+
o
Nach Auskunft von sercos International ist der IP-Core grundsätzlich für Gigabit
geeignet
17
Performance
|
Die theoretisch erreichbare Zykluszeit
Ein viel diskutiertes Thema ist die Performance der Systeme; dabei
wird die Sicht auf theoretische Zykluszeiten gerichtet, die das
­Industrial Ethernet-System erreichen kann. Die kürzeste theoretische
Zykluszeit berechnet sich folgendermaßen:
Anzahl Byte:
7
1
6
1010…0101..011 Destination
6
2
38 … 1500
Source
Präambel
Starting Frame Delimiter
MAC-Adresse des Ziels
MAC-Adresse der Quelle
Längenfeld (falls <1501*) / Typ (falls >1535*)
Nutzdaten
Prüfzeichen (Cycling Redundancy Check)
*Angabe dezimal
Anzahl Byte
Anzahl Bit
Dauer bei 100 Mbit /s
Minimale Länge
26 + 38 = 64
512
5,1 s
Maximale Länge
26 + 1500 = 1526
12208
122 s
Quelle: Rahmenaufbau nach IEEE 802.3
(Zu den 5,1 Mikrosekunden kommt noch der Interframe-Gap mit 0,96 Mikrosekunden hinzu.)
18
4
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
Wenn also ein Master einen Frame ohne Umweg über irgendwelche
Teilnehmer direkt an sich selbst versendet, steht der Frame dem
­Master erst wieder nach 122 µs (bei einem einzelnen Ethernet
Maximal-Frame) ganz zur Verfügung.
Theoretisch könnten natürlich schon Teile des Frames nach Empfang
ausgewertet werden. Aber die CRC-Bytes kommen erst am Ende des
Frames und zeigen damit die Gültigkeit der Daten an. Unberücksichtigt
bleiben bei diesem Beispiel die Verzögerungen in den PHYs, Kabeln
und Ethernet-Anschaltungen, Zeiten des Datentransportes innerhalb
des Masters etc. Daneben müssen Laufzeiten auf dem Kabel
(5 ns/m) und die Verarbeitungszeit im Slave berücksichtigt werden.
Die Auswahl einer zentralen oder dezentralen Architektur muss sehr
stark auf zukünftige Ausbaustufen und Anforderungen Rücksicht nehmen. Eine dezentrale Verarbeitung von diversen Regelkreisen hat den
Vorteil, dass bei zusätzlichen Teilnehmern die Basiszykluszeit nahezu
unbeeinflusst bleibt und somit das Grundkonzept nicht maßgeblich
verändert werden muss. Auch haben zusätzliche Funktionen wie Condition-Monitoring oder integrierte Sicherheitstechnik weniger Einfluss
auf das Regelungskonzept als bei zentralen Architekturen, die sehr
stark von geringen Datenmengen abhängig sind.
Für die Zukunftssicherheit einer Lösung sollte man bei Taktzeiten von
< 500 µs, sofern möglich, auf eine dezentrale Auswertung der Regelkreise (speziell im Antriebsbereich) achten.
Kommunikationsarchitektur der Systeme
Kriterien
PROFINET
RT | IRT
POWERLINK EtherNet/IP
EtherCAT
SERCOS III
unterstützt
zentral
+
+
+
+
+
unterstützt
dezentral
+
+
+
-
o
Direkter Querverkehr
Direkter Querverkehr bietet speziell bei hohen zeitlichen Anforderungen an das System entscheidende Vorteile: Bei schnellen Antriebssteuerungen lassen sich die Achsen auf unkomplizierte Weise hoch­
genau synchronisieren, da alle Positionswerte ohne Umweg über einen
Master direkt verteilt werden können. Das verringert zum einen das
Datenaufkommen und zum anderen stehen die Daten (zum Beispiel
der ­Winkel-Istwert der Achsen) allen beteiligten Teilnehmern im aktuellen Zyklus zur Verfügung. Werden die Daten über den Master geleitet,
verzögern sich hingegen zum einen die Daten um einen Zyklus, zum
anderen ­erhöht sich das Datenaufkommen.
Kriterien
direkter
Querverkehr
PROFINET
RT | IRT
+
POWERLINK EtherNet/IP
+
+
EtherCAT
SERCOS III
-
+
Bei Powerlink und Sercos III kann der direkte Querverkehr auch von
Modulen mit ausschließlicher Slave-Funktionalität ausgeführt werden, bei
EtherNet/IP ist hier ein Modul mit Scanner-Funktionalität notwendig
19
Große Datenmengen
Durchlaufzeit
Bei Applikationen, die mit großen Mengen an Prozessdaten umgehen
müssen, haben die Durchlaufzeiten bei den Teilnehmern einen großen
Einfluss auf die Gesamtzykluszeit. Dagegen lassen sich durch Daten­
priorisierung die Zykluszeiten verringern. Dazu werden in Systemen,
die diese Mechanismen unterstützen, hochpriorisierte Daten in jedem
­Zyklus und niedriger priorisierte in jedem n-ten Zyklus abgefragt.
Beim Summenrahmenverfahren müssen die Daten zweimal den
Controller durchlaufen. Werden also viele Teilnehmer durchlaufen,
addieren sich die Durchlaufzeiten erheblich. Damit relativieren sich
Leistungsdaten, die von den jeweiligen Organisationen angegeben
werden. Daneben sind bei der Applikationsperformance auch
Umsetzungen in den jeweiligen Steuerungen wie zum Beispiel
Taskklassen zu berücksichtigen.
Kriterien
Priorisierung
PROFINET
RT | IRT
+
POWERLINK EtherNet/IP
EtherCAT
SERCOS III
Kriterien
+
+
o
+
Performance
Powerlink, EtherNet/IP und Profinet haben die unterschiedlichen Zykluszeiten fest in der Spezifikation verankert. Bei SERCOS ist dieses Feature erst
kürzlich dazugekommen. Bei EtherCAT kann dies grundsätzlich auch in der
Applikation gelöst werden.
Datenaufkommen bei Safety-Kommunikation
Bei Safety over Ethernet werden zwischen den Safety-Teilnehmern
(Not-Aus, Antriebe mit Safety-Controllern) zyklisch g­ esichert Daten
ausgetauscht. Da die Sicherungsverfahren die Daten verdoppeln
und in sichere „Container“ einpacken, steigen die Datenraten. Beim
Summenrahmenverfahren steigt die Framezahl an, während beim
Einzelframeverfahren die Datenmenge in den ohne­hin versendeten
Frames erhöht wird. Damit gehen die theoretischen Performancevorteile des Summenrahmenverfahrens verloren.
PROFINET
RT | IRT
o
+
POWERLINK EtherNet/IP
+
o
EtherCAT
SERCOS III
+
+
Jitter
Ein minimaler Jitter (Taktungenauigkeit) und genaue Kenntnis der
Signallaufzeiten sind entscheidend für die Qualität der Regelung in
einem Netzwerk. Das setzt eine möglichst genaue Synchronisierung
der Netzteilnehmer voraus, die bei den Ethernet-Standards mit verschiedenen Mechanismen erreicht wird: EtherCAT nutzt das Prinzip
der verteilten Uhren (IEEE 1588), bei POWERLINK sorgt das SoCSignal für die Synchronisierung.
Kriterien
Jitter
PROFINET
RT | IRT
o
+
POWERLINK EtherNet/IP
+
o
EtherCAT
SERCOS III
+
+
Bei EtherCAT, Powerlink und Sercos ist ein nahezu jitterfreies System
(< 100 ns) immer gewährleistet. Bei EtherNet/IP, mit spezieller IEEE-1588Erweiterung in allen Komponenten, lässt sich der Jitter maßgeblich reduzieren.
Bei Profinet in IRT-Applikationen kann der Jitter ebenfalls reduziert werden.
20
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
Performancevergleich
nen Datenmengen optimiert. Bei Anlagen mit größeren Datenmengen
steigt die Zykluszeit von EtherCAT überproportional stark an. Bei dezentralen Architekturen (zum Beispiel Motion dezentral) überwiegt bei
EtherCAT der Nachteil durch den fehlenden direkten Querverkehr
(in beiden Richtungen), was die erreichbare Performance erheblich
reduziert. Die Integration von EtherCAT direkt im I/O führt ebenfalls zu
reduzierten Abtastraten (I/O-System), da die Durchlaufzeit durch das
I/O sich direkt auf die erreichbare Zykluszeit auswirkt. Bei POWERLINK
und Sercos ist dies nicht der Fall.
Die Berechnungen für EtherCAT wurden anhand der Publikation von
Prytz 2008 1 durchgeführt. Die Durchlaufzeiten durch den EtherCAT
ASIC wurden mit Messungen nochmals verifiziert. Für POWERLINK
wurden die Applikationen mit Produkten aufgebaut und mit praktischen Messungen zweifelsfrei bestätigt.
Ein praktischer Performancevergleich unter den Systemen gestaltet
sich aufgrund ihrer spezifischen Eigenheiten schwierig: EtherNet/IP
und PROFINET RT scheiden aus, da sich die Systeme nur für weiche
Echtzeit eignen. Bei PROFINET IRT erschweren die obligatorischen
Switches und dadurch die abweichenden Applikationsarchitekturen
direkt vergleichbare Ergebnisse. Es wurden die Werte auf Basis von
veröffentlichten Berechnungsschemata ermittelt. Als Testszenarien
dienten
1. e ine kleine Maschine, bestehend aus einem Master und
33 I/O-Modulen (64 Analog- und 136 Digitalkanäle);
2. ein I/O-System mit einem Master, zwölf Ethernet Slaves
mit je 33 Modulen (insgesamt wurden in dieser Applikation
2000 Digital- und 500 Analogkanäle berücksichtigt);
3. ein Motion Control-Netzwerk mit 24 Achsen und eine I/OStation mit 110 digitalen sowie 30 analogen I/Os.
Sercos III wurde in den Berechnungen nicht berücksichtigt, es ist
allerdings davon auszugehen, dass Sercos ähnliche Performancewerte wie Powerlink erreicht und damit in vielen Applikationen
schneller als EtherCAT ist.
POWERLINK ist in den meisten praktischen Applikationen schneller als
EtherCAT. EtherCAT ist ausschließlich für Anwendungen mit sehr klei-
Better
542.88
Motion decentralized: EtherCAT
269.98
Motion decentralized: POWERLINK
363.48
I/O System: EtherCAT
325.25
I/O System: POWERLINK
Motion centralized: EtherCAT
271.44
Motion centralized: POWERLINK
269.98
53.4
Small I/O: EtherCAT
81.21
Small I/O: POWERLINK
0
100
200
300
Cycle time [µs]
400
500
1 Prytz G., EFTA-Konferenz 2008, A performance
analysis of EtherCAT and PROFINET IRT.
Referenziert auf der Homepage der EtherCAT
Technology Group, www.ethercat.org, 14. 9. 2011.
21
Implementierung
|
Zu den Kosten der jeweiligen Implementierung zählen Entwicklungsaufwand, Lizenzkosten und Hardwarekosten. Daneben ist auch hier
die Verfügbarkeit des Codes (Programm oder VHDL bei Hardware­
implementierung) zu beachten.
Master-Implementierung
Master Designs
PROFINET
RT | IRT
POWERLINK
EtherNet/IP
EtherCAT
SERCOS III
–
+
–
o
+
kein Open-Source-Master
­ver­fügbar
openPOWERLINK
(Open Source)
kein Open-Source-Master
­ver­fügbar
patentgeschützt 1
Common SERCOS Master API
(Open Source)
Zugang Master
Implemen­tie­rungs­kosten
o
–
+
o
+
o
hoher Preis für
Softwarestack
erfordert
spezielle
Hardware mit
Koprozessor
läuft auf Standardhardware
hoher Preis für Softwarestack
läuft auf Standard Hardware
typischerweise mit
Koprozessorunterstützung
1 Kein Open-Souce-Master, nur unverbindlicher Sample-Code
Bei allen Protokollen kann der Master in Software auf einem Standard EthernetChip implementiert werden.
22
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
Kosten für gegebenenfalls erforderliche
­Netzwerkkomponenten
Externe Geräte = externe Switches oder Hubs
Interne Multiports = Ports, die direkt in die Geräte integriert sind,
haupt­sächlich für Daisy-Chain- und Ringtopologien
Kosten für Netzwerkkomponenten
externe Geräte
interne Multiports
PROFINET
RT | IRT
POWERLINK
EtherNet/IP
EtherCAT
SERCOS III
+
o
+
o
o
o
Standard
Switch
Spezieller
Switch
IRT-Support
erforderlich
Standard-Hubs
oder -Switches
Managed Switch mit
kom­plexen Funktionalitäten
­er­forderlich (IGMP-Snooping,
Port-Mirroring etc.)
spezielle
Netzwerk­komponenten
­erforderlich 1
Die Verwendung von externen
Infrastrukturgeräten ist zukünftig
vorgesehen, wird aber bisher
nicht verwendet
o
o
+
o
+
+
integrierter
Switch
Siemens ASIC
erforderlich
Standard-Hub
integrierter Switch
sehr komplex
Beckhoff-ASIC
erforderlich 2
FPGA-basierte
Technologie
1 Stern- oder Baumtopologien machen bei EtherCAT den Einsatz spezieller Netzwerk-­
komponenten erforderlich
2 ET1100 von Beckhoff
23
Die Implementierungen der jeweiligen Busprotokolle in einen Slave
können für EtherCAT, SERCOS III und PROFINET IRT nur durch
­Hard­warelösungen (ASICs oder FPGAs) erfolgen. Bei POWERLINK,
­EtherNet/IP und PROFINET RT lassen sich auch Softwarelösungen auf
Mikrocontrollerbasis realisieren. Aufwendungen für die Software­
lösungen fallen durch Lizenzkosten für den Stack und gegebenenfalls
auch durch die Anschaffung leistungsfähigerer und s­ omit teurerer
Controller an. Dagegen gibt es bei Hardwarelösungen die Auswahl
zwischen FPGA- und ASIC-basierten Kommunikationsschnittstellen,
wobei FPGAs auch grundsätzlich für Softwarelösungen verwendet
werden können.
Ein FPGA (Field-Programmable Gate Array) ist ein integrierter Schaltkreis, den Hardwareentwickler selbst konfigurieren können. Er besteht
aus programmierbaren logischen Komponenten, sogenannten „logic
blocks“ (Logikzellen), und einer Hierarchie für die rekonfigurierbare
Verschaltung der Komponenten. Alle logischen Funktionen, die ASICs
ausführen können, lassen sich auch mit FPGAs umsetzen. Die Funktionalität kann nach der Auslieferung angepasst werden. Im V­ ergleich zu
den ASICs sind die einmaligen Entwicklungskosten bei
FPGAs gering. F­ PGA-Technologie ist für Industrial-Ethernet-Lösungen
sehr interessant, hauptsächlich wegen der geringen Kosten, der hohen
Leistungsfähigkeit, der Multi-Protokoll-Fähigkeit und der Fähigkeit, Layer-2-Funktionalitäten (Hubs, Switches) über vorgefertigte Komponenten
zu integrieren. Zu beachten ist, dass die Komplexität e­ ines Protokolls
das Codevolumen und dementsprechend die notwendige Zahl von Logikzellen beeinflusst. Auch die L-2-Funktionalität kann die Anzahl wesentlich beeinflussen. Switches benötigen mehr Zellen als Hubs, und
komplexe Managed Switches benötigen extrem viele L­ ogikzellen.
POWERLINK ist die unkomplizierteste Real-Time-Ethernet-Lösung.
Da POWERLINK außerdem zum Netzwerkaufbau ausschließlich Hubs
verwendet, benötigt es nur wenige Logikzellen und eignet sich für
kleine FPGAs.
Dagegen sind EtherCAT und SERCOS III aufwendiger und benötigen
daher viel mehr Logikzellen.
24
Anschaltkosten in verschiedenen
Real-Time-­Ethernet-Umgebungen
Die nachstehend dargestellten Anschaltkosten bestehen aus
den laufenden Kosten für die Hardware. Allfällige Lizenzkosten für
Softwarestacks etc. wurden nicht berücksichtigt.
25 $
Minimale Hardwarekosten
Slave-Implementierung
20 $
15 $
10 $
5$
22,2 $
9,2 $
k. A.
11 $
PROFINET POWERLINK EtherNet/IP EtherCAT
RT | IRT
15,2 $
SERCOS III
Die Werte dieses Diagramms berücksichtigen Feedback von Herstellern,
die bereits unterschiedliche Industrial-Ethernet-Lösungen umgesetzt haben.
Diverse Werte wurden auch bereits von Herstellern in Automatisierungsmagazinen veröffentlicht.
Bei allen Protokollen sind die Kosten für den PHY (2 × 1,1 USD) gleichwertig berücksichtigt. Der Stecker ist in der Übersicht nicht inkludiert. Die Richtwerte für
die Gesamtkosten beziehen sich auf ein jährliches Volumen von 1000 Stück.
Profinet: Hier wurde eine Lösung mit einem ERTEC200-ASIC angenommen.
Zukünftig können Geräte auch den von Phoenix Contact entwickelten TPS1-Chip
verwenden. Damit sollten die Kosten in den Bereich der EtherCAT-Kosten kommen. Das POWERLINK-Preisniveau wird nicht erreicht.
Powerlink: Es wurde eine FPGA-basierte Lösung angenommen. Kosten für
RAM und Flash sind bereits berücksichtigt.
EtherNet/IP: Hier konnten keine einheitlichen Werte eruiert werden, da die
Kosten sehr stark davon abhängen, ob man eine 1-Port-Lösung auf einem
µC-Controller oder eine 2-Port-Lösung mit einem FPGA oder einem externen
Switch realisiert.
EtherCAT: Als Basis wurde die günstigste EtherCAT-ASIC-Lösung mit 2 EthernetPorts verwendet (ET1100). EtherCAT-Lösungen für FPGAs verursachen wesentlich höhere Kosten, wobei hier der Unterschied besonders bei synchronen Lösungen mit Echtzeituhren eklatant ist.
Sercos: Für Sercos wurde eine typische FPGA-Lösung angenommen.
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
Betriebskosten
Betriebskosten bestehen hauptsächlich aus den Aufwendungen für
die Wartung und die Netzwerkadministration. Einige Technologien
wie EtherNet/IP mit CIP Sync und PROFINET IRT sind hochkomplex
und können deshalb erhebliche Netzwerkadministrationskosten ver­
ursachen. Außerdem erfordert die Nutzung von Managed Switches
Netzwerkkenntnisse. Zur Wartung und Inbetriebnahme muss oft ein
Netzwerkingenieur vor Ort sein.
Bei Real-Time-Kommunikation ist die verwendete Technologie zur Synchronisation ein wichtiges Kriterium. Bei POWERLINK und SERCOS III
wird die Synchronisation durch einen vom Master verwalteten Mechanismus realisiert, der sehr präzise und unanfällig für Fehler ist.
­PROFINET IRT und EtherNet/IP mit CIP Sync sind abhängig vom
Synchronisationsmechanismus entsprechend IEEE 1588. Das erhöht
die Komplexität der Netzwerkadministration erheblich, insbesondere
wenn Geräte, die durch Hardware- oder Softwareursachen eine
fehlerhafte Synchronisation auslösen, isoliert werden müssen.
EtherCAT nutzt interne Uhren in den Slaves. Funktionen wie Hotplugging – die Möglichkeit, Geräte im laufenden Betrieb auszutauschen –
können ebenfalls die Wartungskosten deutlich senken: Das Ersatzgerät wird ohne Beeinträchtigung der Real-Time-Funktion des Systems
aktualisiert und konfiguriert.
Kosten
Anschaffungskosten
Betriebs­
kosten
PROFINET
RT | IRT
-
o
o
POWERLINK EtherNet/IP
EtherCAT
SERCOS III
+
o
+
o
+
o
+
+
25
Safety-Funktionalität
|
Die Aufgabe des Sicherheitsprotokolls ist es, die Integrität der Datenübertragung zu gewährleisten und dafür ständig die vollständige und
rechtzeitige Übertragung zu überwachen. Fehler, die es zu vermeiden
bzw. zu registrieren gilt, sind Datenwiederholungen, Datenverluste,
­Datenverfälschungen und Dateneinfügungen. Ebenso müssen die
falsche Abfolge von Daten oder übermäßige Verzögerungen rechtzeitig erkannt werden. Deswegen überprüft ein Safety-System alle
sicherheitsrele­van­ten Segmente des Netzwerks und die Funktion der
dazugehörigen Geräte zyklisch auf fehlerfreie Funktion. Bei Unterbrechungen der Kommunikation oder bei unvollständiger Datenübertragung leitet es entsprechende Sicherheitsfunktionen oder die sichere
Abschaltung der Anlage ein.
Für die sicherheitsgerichtete Kommunikation verwenden alle ver­
glichenen Systeme ein Black-Channel-Prinzip. Das bedeutet, dass
­Standard-Übertragungsprotokolle genutzt werden, um die sicher
­verpackten Daten (Sicherheitscontainer) zu übertragen.
Safety-Standard / Feldbus-Kompatibilitiät
FeldbusKompatibilität
unterstützte
Protokolle
26
CIP Safety
EtherNet/IP
SERCOS III
PROFIsafe
openSAFETY
PROFINET
PROFINET
POWERLINK
EtherNet/IP
SERCOS III
Modbus
Safety over
EtherCAT
Safety-Technologie-Vergleich
Kriterien
CIP Safety
PROFIsafe
openSAFETY
Safety over
EtherCAT
felderprobt
o
+
+
o
CIP Safety ist für
DeviceNet im Feld
erprobt, aber für
EtherNet/IP und
SERCOS III
noch neu
bereits in High-­End- nur für ProdukApplika­tionen gete der Firma
testet und erprobt Beckhoff erhält(Process, Safelich, neu auf
­Motion-Control
dem Markt
etc.)
Open-Source
Implementation
verfügbar
-
-
+
-
unterstützt
Payload-DataDuplication
+
-
+
-
unterstützt
MulticastMessaging
+
-
+
auf Punkt-zu-PunktVerbindungen beschränkt, strikte
Master/Slave-­
Verbindungen,
kein Querverkehr
auf Punkt-zuPunkt-Verbindungen
beschränkt
unterstützt
Safety-Device­Configuration
+
-
+
-
Safe-MotionControl
-
+
+
-
Produktverfügbarkeit unklar
EtherCAT
für PROFINET
und PROFIBUS
­erhältlich
Produktverfügbarkeit unklar
Der Vergleich:
die 5 wesentlichen Systeme
Da die Safety-Protokolle reine Anwendungsprotokolle sind, hängt
die Leistungsfähigkeit des Safety-Netzwerks vom unterlagerten,
frei ­wählbaren Transportprotokoll ab. Zum Beispiel bestimmt das
Transport­protokoll die verfügbare Bandbreite und die Zykluszeiten,
aber auch funktionale Eigenschaften wie Hotplug-Fähigkeit oder die
Datenkommunikation per Querverkehr. Querverkehr bedeutet, dass
die Knoten in einem Netzwerk ohne Umweg über einen Master mit­
einander kommunizieren können, was für die Performance des sicherheitsgerichteten Systems eine entscheidende Rolle spielt: Da die
­Safety-Knoten ihre Signale direkt aneinander weitergeben können,
­ermöglicht Querverkehr in Gefahrensituationen eine optimale Reak­
tionsgeschwindigkeit. In einem Netzwerk ohne Querverkehr muss
ein Safety-Knoten, der s­ eine Daten an einen zweiten Safety-Knoten
senden soll, die Daten z­ unächst an den Master schicken, der sie an
openSAFETY
den Safety-Master weiter­leitet, von dort zurückerhält und sie nun erst
an den zweiten Safety-Knoten sendet. Im Vergleich zur direkten Kom­
munika­tion mit Querverkehr vervierfacht sich so die Signallaufzeit –
wertvolle Reaktionszeit geht verloren. Da der Nothalteweg einer Achse
in quadra­tischer Funk­tion von der Fehlerreaktionszeit und der negativen Be­schleu­nigung a­ bhängt, verlängert sich demnach der Nothalteweg bei einer vervierfachten Signallaufzeit um das 16-Fache.
Kriterien
CIP Safety
EtherNet/IP
+ SERCOS III
PROFIsafe
openSAFETY
Safety over
EtherCAT
Schnelle
Safe-Reaction
direkt zwischen
den Teilnehmern
+
o
+
o
Failsafe over EtherCAT
POWERLINK
Master
EtherCAT
Master
Safe
PLC
Safe
PLC
3
2
4
Safe
Sensor
1
Safe
Motion
X
Safe
Sensor
1
Safe
Motion
X
Task:
(X) Safe Sensor has to send data to Safe Motion
Task:
(X) Safe Sensor has to send data to Safe Motion
Solution:
(1) Safe Sensor sends data to Safe Motion
Solution:
(1) Safe Sensor sends data to EtherCAT Master
(2) EtherCAT Master relays data to Safety Master
(3) Safety Master sends data to EtherCAT master
(4) EtherCAT master relays data to Safe Motion
Beispiel für kürzere Signallaufzeiten durch
Querverkehr:
Während bei Querverkehr die Safety-Knoten direkt
­miteinander kommunizieren (links), vervierfachen
sich die S
­ ignalwege bei einem System ohne
­Querverkehr (rechts)
27
„INDUSTRIALETHERNETFACTS“ ist ein Informationsdienst der EPSG – ETHERNET POWERLINK
STANDARDIZATION GROUP, POWERLINK-Office,
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