pferd - Tierarzt Owschlag

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pferd - Tierarzt Owschlag
Ausgabe PFERD 01/2008
Erscheint quartalsweise
®
aktuell
TIERGESUNDHEIT
+++ AKTUELLES +++ TIERMEDIZIN +++ FÜTTERUNG +++ MANAGEMENT +++ INFORMATIONEN +++
02 I Gesund in den Frühling
Frühjahrs-Check für
Pferd und Weide
06 I Interview zum Einreiten
Warum das Rückwärtsrichten dazu gehört
08 I Erschwerte Bedingungen
Olympische Reiterspiele
Hongkong 2008
12 I Lebenselexier
Welches Wasser
brauchen Pferde?
16 I Sammelkarte 4
Krokus
Buschwindröschen
Ti
er
I hr e
is
Ihre Tierarztpraxis
a r z t -eP r a x
Tiergesundheit aktuell -Pferd- ist
der Name unserer Praxiszeitung speziell für Pferde.
Viermal im Jahr gibt es Neuigkeiten zur Tiergesundheit, immer aktuelle Themen zur anstehenden Jahreszeit.
Auf uns Tierärzte strömen permanent die unterschiedlichsten Informationen und Meldungen ein, die wir gerne aufbereitet an Sie weitergeben.
Mit Tiergesundheit aktuell möchten wir Sie über die neuesten marktspezifischen und wissenschaftlichen Entwicklungen auf dem Laufenden halten,
die uns erreichen.
Unser Ziel ist es, die gute Zusammenarbeit zwischen Pferdehaltern und
Tierärzten weiter zu festigen und eng
bei der Lösung von Problemen zusammenzuarbeiten.
Lesen Sie die Zeitung kritisch und
sprechen Sie uns gerne an, wir freuen
uns über jegliche Anregungen aber
auch Kritikpunkte Ihrerseits.
Unser Motto lautet: Immer gut
informiert durch Ihren Hoftierarzt.
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aktuell
TIERGESUNDHEIT
PFERD
Gesund in den Frühling:
Foto: Sontheimer
Frühjahrs-Check für
Pferd und Weide!
Die ersten warmen Sonnenstrahlen locken, die Wiesen werden wieder grün, die Pferde stehen im Stall und
scharren mit den Hufen. Also Boxentür aufgemacht und ab auf die Weide? Mitnichten. Sowohl das Pferd
als auch die Weide wollen auf die Weidesaison vorbereitet werden. Angelika Sontheimer gibt Tipps im
folgenden Beitrag und zeigt, wie's geht.
Wer als Durchschnittsreitpferd über den
Winter mit Heu und Hafer oder Pellets gefüttert wurde, kann nicht von einem auf den
anderen Tag auf eine fette Frühjahrsweide hinausgelassen werden. „Anweiden“ heißt das
Zauberwort, das viele Pferde vor den gefürchteten Weidekoliken rettet. Anweiden kann heißen, dass die Pferde zunächst nur auf spärlich
bewachsene Flächen dürfen, die nicht oder
kaum gedüngt wurden oder dass sie nur stundenweise auf Flächen mit energie- und
eiweißreichem Gräserbestand weiden. Die
Vorlage von Grünfutter im Stall ist, anders als
bei Rinder haltenden Betrieben, in Pferde haltenden Betrieben dagegen kaum verbreitet.
Die richtigen Gräser und
Kräuter
An eine Pferdeweide stellen Mensch und
Pferd andere Ansprüche als an eine Weide für
Milchkühe. Während bei den Kühen die
Energie- und Eiweißdichte für die Milchbildung im Vordergrund steht, muss der
Bewuchs von Pferdeweiden eine geringere
Zellwandverdaulichkeit, weniger schnell lösliche Zucker und mehr schwerer verdauliche
Rohfaser aufweisen, damit die Pferde keine
Würde man die Weide fragen: Pferde sind
keine guten Weidetiere. Als frühere Steppentiere zogen sie einfach weiter, wenn die
Weidegründe erschöpft und die Nahrungsgrundlage aufgebraucht war. Die hohe
Futterselektion führt zu partiellem Kahlfraß,
während daneben durch die gehäufte
Ansammlung von Exkrementen Geilstellen
entstehen.
fütterungsbedingten Krankheiten bekommen. Während bei Milchkühen aus Gründen
der optimalen Futternutzung öfter die mit
einem hohen Arbeitsaufwand verbundene
Portionsweide durchgeführt wird, sind bei
Pferden aufgrund des höheren Bewegungsdranges mehr die großen Standweiden verbreitet - mit all ihren Vor- und Nachteilen. Die
Pferdeweide soll gleichzeitig Futtergrundlage
und Bewegungsmöglichkeit sein.
Pferde beißen die Futterpflanzen mit
ihren Schneidezähnen bis knapp über dem
Boden ab. Dadurch werden die Horst bildenden Gräser gegenüber den Ausläufer treibenden Gräsern benachteiligt. Als Lauf- und
Fluchttiere sind Pferde sehr aktiv und legen
zudem im Spielverhalten auch kurze Sprints,
Stopps und Wendungen ein, die die Grasnarbe enorm schädigen. Auf Pferdeweiden
entstehen entlang der Zäune schnell Trampelpfade. Die Eingänge oder Fress- und Tränkeplätze sind nach kurzer Zeit bar jeder
Vegetation und werden bei nasser Witterung
zum Matschloch.
Am größten ist die Narbenschädigung bei
beschlagenen Pferden. Die Trittbelastung von
Pferdeweiden ist wohl nur noch der Belastung
von Fußballfeldern vergleichbar, der Aufwand, der zur Regeneration und dauerhaften
Nutzbarkeit betrieben werden müsste, ist in
der Praxis nicht immer machbar. Wer Pferde
auf der Weide halten will, muss sich überlegen, welchem Zweck die Weide dienen soll:
Foto: Sontheimer
Eine Weide für Mutterstuten mit Fohlen
hat andere Anforderungen als eine Weide für
Ponys. Pferdeweiden, die intensiv genutzt werden, sollten einen möglichst hohen Anteil an
trittverträglichen narbenbildenden und regenerationsfähigen Untergräsern wie z.B.
Deutsches Weidelgras oder Wiesenrispe
haben. Diese beiden haben zudem den Vorteil,
dass sie Pferden äußerst gut schmecken und
so gut angenommen werden. Ebenfalls sehr
schmackhaft ist das Lieschgras, wohingegen
der Rotschwingel zwar sehr gut Lücken füllt
und die Narbe dicht macht, allerdings für
Pferde weniger schmackhaft ist. Der Handel
bietet seit neuestem auch spezielle Gräsermischungen für Pferde an, die als fructanreduziert beworben werden, um HufreheGefahr zu vermindern. Unkräuter auf der
Pferdeweide sind Löwenzahn, Scharfer
Hahnenfuß oder Ampfer. Auch wenn es schön
aussieht: Wenn Pferde auf einer „Weide“
inmitten von gelb blühendem Löwenzahn
oder Scharfem Hahnenfuß stehen, ist die
Weide durch lange einseitige Beweidung negativ selektiert. Weißklee und Gänseblümchen
lassen auf Überbeweidung schließen. Brennnesseln sind Nährstoffanzeiger und Feuchtwiesen mit Binsen und Seggen sind keine
Pferdeweiden! Minderwertig oder giftig sind
Wiesenschaumkraut, Jakobskreuzkraut und
Herbstzeitlose.
Auf gut gepflegten und belüfteten Weiden werden die Exkremente der Tiere rasch
umgesetzt. Trotzdem neigen besonders Pferdeweiden zu so genannten Geilstellen,
die nicht mehr gefressen werden.
Pferdeäpfel absammeln
oder nicht?
Dass die Verwurmungsgefahr eng mit
dem Kontakt der Pferde mit ihrem eigenen
Kot zusammenhängt, ist im Allgemeinen
bekannt. Auf Sandausläufen, Paddocks und
Grünausläufen sollten deshalb die Pferdeäpfel
abgesammelt werden. Anders sieht das auf
richtigen Weiden aus, also Grünlandflächen,
die als Nahrungsgrundlage gedacht sind. Hier
sind die Exkremente der Tiere durchaus als
hochwertiger Dünger zu sehen. Es kommt
dann zwar zum Aufnehmen von Larven und
Wurmeiern mit dem Weidegras, aber eine
geringe „Verwurmung“ stärkt die Abwehrkräfte und Selbstheilungskräfte der Pferde.
Vermieden werden muss aber ein hoher Verwurmungsdruck und Massenbefall.
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Foto: Sontheimer
Zur richtigen Weidehygiene gehört beispielsweise, dass ein Pferdebestand grundsätzlich vor dem Weideaustrieb entwurmt
werden sollte. Vor allem für Fohlen und
Aufzuchttiere ist wichtig, dass sie auf Neuansaaten oder auf Weiden kommen, die im vorhergehenden Jahr bis höchstens in den August
hinein mit Pferden beweidet wurden, um die
Infektionskette zu unterbrechen bzw. abzuschwächen. Auch eine Misch- oder Wechselbeweidung mit Rindern hilft den Infektionsdruck zu verringern, da viele Parasiten wirtsspezifisch sind. Einige Fachleute empfehlen,
keine vorbeugenden Entwurmungen vorzunehmen, sondern die zielgerichtete Entwurmung nach wiederholter Kotanalyse durchzuführen. In der Praxis ist aber vor allem bei
Zuchtbetrieben und auch einigen Pensionsställen die viermalige Entwurmung mit
Schwerpunkt in den Sommermonaten verbreitet.
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TIERGESUNDHEIT
PFERD
Foto: Sontheimer
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Besonders Freß- und Tränkeplätze sind oft zu ganzjährigen Matschplätzen geworden. Abhilfe schafft - wo es möglich ist - eine Verlegung
mit anschließender Neuansaat.
Wenn die Forsythien
blühen…
Foto: Sontheimer
Was beim Friseur waschen, schneiden,
fönen heißt, könnte man für die Pferdeweide
mit Striegeln, Schleppen, Walzen und Düngen
bezeichnen. Diese Pflegemaßnahmen sollten
im zeitigen Frühjahr - ab Beginn der Forsythienblüte etwa Mitte März - stattfinden,
sobald die Flächen ohne Schäden befahrbar
sind. Da viele Pferdehalter zum einen nicht
das notwendige Wissen für eine sachgemäße
Grünlandpflege und -düngung haben und
zum anderen nicht über die hierfür notwendigen Maschinen und Geräte verfügen, empfiehlt sich die Anfrage bei benachbarten
Landwirten oder beim örtlichen Maschinenring. Mit einer Schleppe können Maulwurfshaufen und unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten und Belastungsintensitäten
eingeebnet werden. Achtung: Das Abschleppen nach der Beweidung zur Verteilung
der Kothaufen wird heute aufgrund der
gleichzeitigen Verteilung der Parasitenstadien
zunehmend kritisch gesehen. Ein Striegel mit
Federzinken reißt die verfilzte Altnarbe auf,
regt die Untergräser zur Bestockung an, schädigt unerwünschte flach kriechende Kräuter
und Gräser und bereitet die Fläche für eine
eventuell notwendige Übersaat mit dem
Düngerstreuer vor.
Pferde verbeißen das Gras tiefer als Rinder und verursachen durch ihr artspezifisches Verhalten
einen besonders scharfen Tritt. Beschlag erhöht die Belastung für die Grasnarbe noch zusätzlich.
Durch das Anreißen der obersten Bodenschicht wird der Boden belüftet und die
Mineralisation setzt ein. Die Nährstoffe werden freigesetzt und das Wachstum wird angeregt. Was der Profi weiß, kann dem Laien
nicht oft genug gesagt werden: Die Geschwindigkeit entscheidet bei allen Pflegemaßnahmen über den Erfolg! Nur bei optimalen
Bodenverhältnissen darf beim Striegeln und
Schleppen schneller als zehn Kilometer pro
Stunde gefahren werden. Auf humosen,
anmoorigen und Moorböden muss nach dem
Schleppen oder Striegeln anschließend
gewalzt werden, um den Bodenschluss wieder
herzustellen. Die Geschwindigkeit darf hierbei nicht mehr als sechs bis acht Kilometer pro
Stunde betragen.
Düngen mit Augenmaß
Koppelgröße, Besatzdichte und Weidedauer müssen miteinander im Einklang stehen. Die alte Regel „ein Pferd ein Hektar“ wird
nur bei wenigen Betrieben verwirklicht, meist
stehen mehr Tiere auf kleineren Grünlandflächen. Die reine Weidenutzung entzieht
dem Boden nicht so viele Nährstoffe wie die
Schnittnutzung. Zum Teil düngen die Pferdehalter die Weiden nicht oder kaum, manche
Pferdeweiden werden extensiv, d. h. ohne
Stickstoffdüngung bewirtschaftet. Nichtsdestotrotz muss in jedem Fall eine ordnungsgemäße Grunddüngung mit den Nährstoffen
Phosphor und Kali und je nach Boden auch
von Zeit zu Zeit eine Erhaltungskalkung erfolgen. Im Rahmen einer ordnungsgemäßen
Düngung sind auch die Nährstoffrückflüsse
durch die Exkremente oder andere organische
Wirtschaftsdünger anzurechnen.
Ein für Pferdeweiden gut geeigneter
Stickstoffdünger, mit dem man quasi auch
noch nebenbei Kalk auf die Fläche bringt, ist
der langsam und nachhaltig wirkende
Kalkstickstoff. Durch das beim Abbau entstehende Cyanamid hat Kalkstickstoff eine desinfizierende Wirkung. Der Dünger wird mit
einer Aufwandmenge von drei bis vier
Dezitonnen pro Hektar ausgebracht, was
einer Stickstoff-Startgabe von 60 bis 80 kg N
entspricht. Wegen der Verätzungsgefahr sollte
Kalkstickstoff zwar auf feuchten Boden aber
auf trockene Grasnarben ausgebracht werden. Außerdem sollte die Bodentemperatur
mindestens sechs Grad betragen. Nach zwei
bis drei Wochen mit ausreichendem Regen
dürfen die Pferde wieder auf die gedüngte
Fläche.
Bevor die Pferde aber endgültig hinausgelassen werden können, müssen noch die
Zäune kontrolliert und marode Bestandteile
ausgewechselt werden. Besonders der E-Zaun
benötigt eine sorgfältige Kontrolle:
Nicht selten sind durch Frost und Wind
die kleinen Nirosta-Drähte in den Litzen und
Bändern gerissen und der Zaun ist nicht mehr
stromführend. An Weidepfosten, die der
Unterteilung dienen und die nur über einen
kurzen Zeitraum in Betrieb sind, sind oft die
Isolatoren von den Pferden regelrecht ausgeschubbert worden und müssen ersetzt werden. Wenn kein Netzgerät zur Verfügung
steht, muss die Nass- oder Trockenbatterie in
absolut gutem Zustand sein, soll die
Hütesicherheit gewährleistet werden. Es ist
also soweit, die Pferde sind draußen. Sich
zurücklehnen und Ferien machen kann der
Pferdebesitzer deswegen nicht, Weide und
Tiere müssen den ganzen Sommer über
betreut werden. Nicht vergessen werden dürfen Schattenplätze, Witterungsschutz, eine
angepasste Mineralienversorgung und ein
Salzleckstein. Auch das Zufüttern von raufaserreichem Heu kann sinnvoll sein, wenn entweder der Aufwuchs nicht ausreicht oder das
junge, sehr eiweißhaltige Gras ergänzt werden
soll. Die Wasserversorgung muss so gestaltet
werden, dass alle Pferde zu jeder Zeit Zugang
zu frischem Wasser haben. Dies kann entweder stationär mit einer Weidepumpe oder
mobil mit einem Weidefass, Tank oder manueller Versorgung aus Kanistern und Wannen
sichergestellt werden.
Zu guter Letzt
Das Glück der Pferde und des Pferdebesitzers ist perfekt, wenn es Petrus gut meint
und zum richtigen Zeitpunkt die richtige
Menge an Niederschlägen fällt, so dass der
Aufwuchs für den ganzen Sommer reicht.
Wenn all die oben beschriebenen Maßnahmen durchgeführt wurden, ist jedenfalls
die Grundlage für einen guten Weidesommer
gelegt. n
Angelika Sontheimer
Checkliste Pferdeweide
m Frühjahrspflege nach Bodenart und Nutzungszweck
m Nachmähen nach der Beweidung, nicht tiefer als 5-7 cm
m nach Mulchen Aufwuchs von der Weide entfernen
m Düngung nach Entzug je nach Nutzungsart und Ertragspotenzial
m Zaunkontrolle und ggf. Erneuerung
m Kontrolle auf giftige Pflanzen
m Unkrautbekämpfung chemisch/mechanisch
m Nutzungswechsel zwischen Weide und Mahd, Mischbeweidung mit Rindern
Checkliste Pferd
m Entwurmung vor Weideaustrieb, Spul- und Bandwurmbekämpfung während der
m
m
Weidezeit
Hufpflege nicht vergessen, bei reiner Sommerweide Hufeisen herunternehmen
langsame Futterumstellung und Anweiden, anfangs Weidegang beschränken
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aktuell
TIERGESUNDHEIT
PFERD
Warum beim Einreiten das
Rückwärtsrichten dazu gehört
Interview mit Bereiter
Stephan Thomas
Das schonende Einreiten junger Pferde ist entscheidend für ihre
weitere Entwicklung als Reitpferd. Stephan Thomas, Pferdewirtschaftsmeister und Profi-Bereiter, gibt im Interview Tipps zum
richtigen Einreiten von Jungpferden. Er betreibt in Lüdenscheid einen
Pferdepensionsstall und reitet Dressur, Vielseitigkeit und Springen
bis Klasse S.
Stephan Thomas
Mit welchem Alter sollten
Jungpferde eingeritten werden?
Optimal ist es, erst Dreijährige anzureiten,
denn erst dann sind die nötige mentale und
körperliche Reife vorhanden. Vor allem eine
gut entwickelte Rückenmuskulatur ist entscheidend, damit das Pferd Lektionen
schmerzfrei ausführen und den Reiter tragen
kann. Wichtig ist zu wissen, dass viele Pferde,
die als Dreijährige von der Weide in den Stall
kommen, durch die Umstellung erst einmal in
ein Leistungstief fallen. Das Immunsystem ist
dann geschwächt. Diese Pferde sollten zuerst
wieder fit sein, bevor das Anreiten beginnt.
Foto: Privat
Wie bereitet man Pferde
ideal auf das Einreiten vor?
Stephan Thomas reitet die sechsjährige und gut bemuskelte Stute Bonita erfolgreich im Springen.
Das geht auch bei uns nach der klassischen Methode: Zuerst läuft das junge Pferd
nur frei in der Halle, dann legen wir nacheinander Trense und Longiergurt an. Für das
Longieren - bei ruhigen Pferden meist schon
am selben Tag - empfiehlt es sich, die Halle in
der Mitte zu begrenzen oder den Longierzirkel zu nutzen. Nach einigen Tagen kommen
Sattel und Ausbinder für die stehende
Verbindung von Maul zu Sattelgurt dazu. So
lernen die Pferde gleich, im Genick nachzugeben. Beim eigentlichen Anreiten - sicherlich
der aufregendste Moment - hält ein Helfer das
Pferd, während der Reiter sich leicht mit dem
Bauch auf den Pferderücken legt und dann
nacheinander die Füße in die Steigbügel
nimmt.
Bleibt das Pferd ruhig, führt der Helfer das
Pferd im Schritt. Am nächsten Tag wiederholt
man das, oft geht dann schon Trab und
Galopp.
Was ist Ihnen beim Anreiten
besonders wichtig?
Vier Dinge sind wichtig: Ruhe und
Geduld, Trainingseinheiten von maximal 20
Minuten, positive Bestärkung durch Lob und
jedes Training mit einer erfolgreichen Übung
abschließen, das erhält den Gute-LauneFaktor fürs Pferd. Absolut tabu ist das
Arbeiten mit Druck, denn wenn Pferde schon
zu Beginn ihrer Karriere schlechte Erfahrungen machen, wirkt sich dies auf ihr
gesamtes späteres Verhalten negativ aus.
Ist zuviel Energie im Futter
gerade bei Jungpferden
nicht kontraproduktiv?
Nein, im Gegenteil. Die Pferde sind ausgeglichener und die Leistungsbereitschaft
nimmt zu, weil das Pferd besser über den
Rücken kommt und losgelassen läuft.
Muskelkater, für Pferde eine unangenehme
Erfahrung, kommt so gut wie nicht vor.
Wenn die Tiere motiviert mitarbeiten, ist
das für Pferd und Reiter gut. Die Dreijährigen
bekommen daher das Ergänzungsfutter in
den ersten acht Wochen ihres Trainings, zwei
bis drei Wochen vor dem Einreiten fangen wir
damit an.
Was sollten Pferde nach
dem Einreiten können?
Pferde sollten nach acht Wochen in allen
drei Grundgangarten unter dem Reiter gehen.
Es hat sich außerdem bewährt, bereits
Fliegenden Galoppwechsel und Rückwärtsrichten abzuverlangen. Das Rückwärtsrichten
geht zwar gegen die Natur des Pferdes, aber
am Anfang wiegt dieser Bruch für das Pferd
noch nicht so schwer. Den Fliegenden
Galoppwechsel hingegen kann jedes Pferd, je
eher es die Hilfe dafür lernt, desto besser.
Herr Thomas, vielen Dank
für das Gespräch!
Das Interview führte Dr. Heike Engels
Kann man Pferden zusätzlich zum Training noch
Unterstützung geben?
Gerade im Bereich Tierhaltung ist der
Informationsdschungel aufgrund zahlloser
Internetseiten und Foren schier undurchdringlich. Deswegen gibt es jetzt seit Anfang
September den „Marktplatz Tiergesundheit
aktuell - Das Tierhalterportal von Tierärzten“.
Mit diesem neuen und innovativen Tierhalterportal ist das Finden der wirklich wichtigen Informationen rund um Groß- und
Kleintier jetzt ganz leicht. Wissenswertes zu
Gesundheit, Fütterung sowie Haltung ist
anschaulich und leicht verständlich in Text,
Bild und Video aufbereitet. Ob Pferde, Rinder,
Schweine, Katzen und Hunde - jeder Tierhalter findet aktuelle Informationen und praktische Tipps zu seiner Tierart und ist im neuen
Portal bestens aufgehoben.
Foto: Privat
Ja, artgerechte Haltung mit regelmäßigem
Sozialkontakt zu Artgenossen sowie trotz
Training auch Auslauf auf Weide oder
Paddock - das Pferd muss auch noch Pferd
sein dürfen. Und die Ernährung ist wichtig.
Das Immunsystem braucht Vitamine und
Spurenelemente. In Fällen, wo die tragende
Rückenmuskulatur schlecht ausgeprägt ist,
hilft ein Ergänzungsfuttermittel. Wir machen
seit Jahren gute Erfahrungen mit Viequo
Powerbol Plus (www.vetvital.de), das ist ein
rein pflanzliches Muskelaufbaupräparat auf
Reiskeimölbasis. Die Sauerstoff- und Energieversorgung der Muskelzellen wird so effektiv
unterstützt.
Stephan Thomas legt sich vorsichtig auf den Rücken der jungen Stute und wartet ihre Reaktion ab.
Das Besondere am Portal ist die Rubrik
„Tierärzte auf dem Marktplatz“: Sie hilft bei
der Suche nach dem richtigen Tierarzt, denn
hier stellen sich einzelne Tierärzte mit ihren
Praxis- und Therapie-schwerpunkten vor.
Das Online-Portal ist die Ergänzung des
bereits erfolgreich eingeführten Kundenmagazins von Tierärzten für Tierhalter, der
„Tiergesundheit aktuell“ bzw. der „Gesunden
Tierliebe“. n
Hier geht's zum Marktplatz:
www.marktplatz-tiergesundheit-aktuell.de
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aktuell
TIERGESUNDHEIT
PFERD
Subtropische Temperaturen
Olympische Reiterspiele
Hongkong 2008 unter
erschwerten Bedingungen
Die FEI (International Federation of Equestrian Sports) ist Ausrichter
aller internationalen Reitsportturniere, die von ihren Mitgliedern veranstaltet werden, also auch der Olympischen Reiterspiele, die 2008
in Hongkong, China stattfinden werden. Auch die medizinische
Betreuung und Dopingtests bei internationalen Turnieren fallen mit
in den Zuständigkeitsbereich der FEI. Dr. Gerit Matthesen ist FEI-Tierarzt und hatte als Mitglied des FEI-Veterinär-Komitees die Gelegenheit, sich beim Test-Event 2007 in Hongkong vor Ort über die sportlichen Bedingungen für Pferd und Reiter zu informieren. Seine
Eindrücke schildert er im folgenden Beitrag.
Nachdem im Jahre 2001 die olympischen
Spiele 2008 an Peking vergeben worden sind,
zeigte sich rasch, dass die Reiterspiele dort aus
tierseuchenrechtlichen Gründen nicht durchführbar waren. Es war nicht möglich, eine seuchenfreie Zone einzurichten und einen sicheren Start wie auch die Heimkehr in die
Ursprungsländer von rund 200 Hochleistungspferden zu gewährleisten. Daher entschied das IOC zusammen mit der BOCOG,
der Organisationsgesellschaft der Olympischen Spiele in China, die Reiterspiele nach
Hongkong in die ehemalige britische Kronkolonie auszulagern, die über entsprechende
Erfahrungen durch den konstanten Rennbusiness auf seinen Rennbahnen verfügt. Der
Hongkong Jockey-Club (HJC) mit seinem
großen Rennbahngelände in Sha-Tin in den
New-Territories sah sich der Aufgabe gewachsen, dort die Olympischen Reiterspiele auszurichten. Natürlich sind allen die sich daraus
ergebenen Probleme bewusst. Im August herrschen in Hongkong subtropische Temperaturen von um die 30°C in Kombination mit
einer Luftfeuchtigkeit von 85 bis 95 %, also
sicherlich nicht die Idealvorrausetzungen für
Hochleistungssport mit Pferden. Dafür sind
die Werte der Luftverschmutzung deutlich
niedriger als in Peking. Allerdings ist es auch
nicht das erste Mal, dass Olympische Spiele in
klimatischen Problemzonen abgehalten werden.
Man erinnere sich an die ähnliche
Problematik in Atlanta (USA) oder die Hitze
in Athen und die ebenfalls lange Flugdistanz
nach Sydney.
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und hohe Luftfeuchtigkeit:
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PFERD
Klimaanlagen in den
Ställen
Foto: Matthesen
Da es nicht möglich war, die Prüfungen in
eine Gegend mit moderaten Bedingungen zu
verlegen, musste man sich entsprechend rüsten, um den Pferden den Aufenthalt so sicher
und angenehm wie möglich zu gestalten. Es
wurden neue Ställe und eine neue Pferdeklinik auf dem Rennbahngelände gebaut, die
alle mit Klimaanlagen ausgerüstet sind.
Ebenso steht eine große klimatisierte Reithalle zur Verfügung.
Foto: Matthesen
Grosse klimatisierte Reithalle.
Nach dem Ritt werden die Pferde mit Eiswasser gekühlt.
Als Möglichkeiten zur aktiven und passiven Akklimatisierung stehen große Reitflächen, die Rennbahn und in deren Innerem
der Penfoldpark mit vielen Möglichkeiten zur
Verfügung. Der Geländeritt der olympischen
Vielseitigkeit wird in etwa zwanzig Kilometern Entfernung auf dem Golfgelände des
HJC in Beas River stattfinden. Der Transport
der Pferde dorthin erfolgt am Tag vorher mit
klimatisierten LKW des HJC in der übergangsweise genutzten Unterbringung in ebenfalls klimatisierten Stallzelten. Für diese
Transporte werden die Autobahnen zeitweise
komplett gesperrt.
Der Transport der Pferde aus den Heimatländern erfolgt mit Transportflügen nach
einer Quarantänephase in den Heimatländern oder zentralen Sammelställen wie
zum Beispiel Aachen in Deutschland. Die
Pferde fliegen entweder direkt oder mit einem
oder zwei Zwischenstops. In Hongkong wird
derzeit alles gerichtet, um ein für die vierbeinigen Athleten sicheres Wettbewerbgeschehen auszurichten. In allen verfügbaren
Bereichen wurden Zelte mit Kühlvorrichtungen (Misting Fans) installiert. Insbesondere im Ziel der Geländestrecke Vielseitigkeit stehen Zelte mit Kühlmöglichkeiten
und zusätzlichen Kühltrucks auf der Strecke.
Für den Geländetag stehen allein fünf Tonnen
Eis zur Verfügung.
Foto: Matthesen
Eiswasser zum Kühlen der
Pferde
Misting-Fans im Einsatz.
Im August 2007 wurde ein Test-Event
durchgeführt, an dem 20 Pferde aus Hongkong in einem CCI* (CCI = Concours
Complet d'Equitation International, Vielseitigkeitsreiten) und 17 internationale
Pferde, darunter vier aus Deutschland, in
einem CCI** teilnahmen. Ziel war es, die
Anlagen und die Ausrüstung sowie alle
Abläufe zu testen. Hierzu kam ein rund zwanzigköpfiges internationales Veterinärteam
zum Einsatz. Seit nunmehr zwei Jahren wurde
bereits die Witterung anhand von meteorologischen Aufzeichnungen überwacht und
Prüfungstage simuliert. Daraus ergibt sich,
dass die Dressur- und Springprüfungen am
besten in den Abendstunden ablaufen und der
Geländeritt idealerweise ab 8:00 Uhr morgens.
Für den Fall von plötzlichen Witterungsereignissen kann man auf Reservetage ausweichen, die langfristig eingeplant wurden. So
gab es in der Testwoche im August einen ausgeprägten Taifun, der mit seinen massiven
Regenfällen den Geländeritt bedachte. Jedoch
zeigte sich der Boden auf dem Golfplatz in
Beas River in der Lage, auch Regenmengen
von bis zu 70 Litern pro Stunde zu kompensieren. Ebenso kompensierten die Pferde die
Anstrengungen der 4.300 Meter langen, hügeligen Geländestrecke. Sie waren zwar müde
mit erhöhten Atmungs- und Körpertemperaturwerten, aber bedingt durch massive
Kühlungsphasen mit Eiswasser (Agressive
Cooling) erholten sich alle sehr schnell. Auch
die, denen man die Belastung deutlicher
ansah, konnten nach etwa 30 Minuten in ihre
Ställe zurück.
Pferde besser als die
Menschen versorgt
Foto: Matthesen
Am 17. Februar 2008 wurden in Lausanne
(CH) im Musée Olympique die Ergebnisse
und Auswertungen des Test-Events vorgestellt. Vor rund 150 Delegierten aus 27
Nationen fiel das Fazit eigentlich positiv aus.
Dank der enormen Anstrengungen des Veranstalters wurden perfekte lokale Vorraussetzungen geschaffen, um Pferden wie Reitern
den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu
machen. Prof. Catherine Kohn (USA) vom
Veterinärteam sagte: „Wir sind die Anwälte
zum Schutz des Pferdes. Jeder soll von den vorhandenen Möglichkeiten Gebrauch machen.
Der Springparcours vor der Hochhauskulisse Hongkongs.
Unser Ziel sind exzellente und sichere
Prüfungen.“ Prof. Leo Jeffcott (AUS) als ausländischer Veterinärdelegierter verwies zusätzlich darauf, dass verantwortliches Reiten
erforderlich ist und die Pferde wie auch die
Reiter topfit trainiert sein sollten. „Jeder muss
seine Hausarbeiten erledigen!“ FEI-Präsidentin Haya Bint-Hussein räumte ein, dass Pferde
nicht für sich selbst sprechen können, die
Menschen also die Verantwortung für sie übernehmen müssen. Dies ist mit den exzellenten
Rahmenbedingungen im Hongkong-JockeyClub und der engagierten Forschung und
Betreuung bereits auf dem besten Weg. Mit
genügend Zeit zur intensiven Vorbereitung
und Akklimatisierung von Pferden und
Reitern sind die Prüfungen realisierbar und
auch vertretbar.
Dr. Gerit Matthesen, FEI-Tierarzt und
Mitglied im Veterinär-Komitee der FEI
Foto: Matthesen
Im Schlusswort sagte der IOC Medical
Director Dr.Patrick Schamasch, dass bei den
in Hongkong geschaffenen Rahmenbedingungen die Pferde vergleichsweise besser
umsorgt seien als die Menschen. Wollen wir
also dafür Sorge tragen, dass wir für Pferde
und Menschen sichere und faire Wettbewerbe
schaffen und die Besten die olympischen
Medaillen erhalten! n
Dr. Gerit Matthesen mit mobilem Kühltruck.
aktuell
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PFERD
Wasser ist Lebenselixier:
Wie viel Wasser in welcher
Qualität brauchen Pferde?
Wasser ist die Grundbedingung des Lebens. Die Oberfläche der Erde ist zu mehr als 70 Prozent von Wasser
bedeckt. Wie Menschen bestehen auch Pferde und andere Säugetiere zu etwa zwei Dritteln aus Wasser. Wie
wichtig Wasser in der Pferdefütterung ist, wie man auf der Weide die Wasserversorgung am besten sicherstellt
und welche Wasserqualitäten für das Pferd nötig sind, beschreibt Heike Flenner im folgenden Beitrag.
Alle Körperzellen benötigen Wasser, um
ihre Aufgaben zu erfüllen: Sämtliche
Flüssigkeiten des Säugetier-Organismus, ob
Blut, Schweiß oder Magensäure bestehen
hauptsächlich aus Wasser. Ohne Wasser
kommt der Transport von Nährstoffen und
Sauerstoff zum Erliegen. Fällt der Gehalt um
etwa 15 bis 20 Prozent des Körpergewichts,
tritt der Tod ein. Glücklicherweise herrscht in
Mitteleuropa noch kein Wassermangel, weshalb hier weder Mensch noch Pferd verdursten sollten. Dennoch ist es nicht verkehrt, sich
einmal bewusst zu machen, wie essentiell die
Versorgung unserer Vierbeiner mit ausreichendem und sauberem Wasser ist.
Wie viel Wasser ein Pferd braucht, ist sehr
unterschiedlich: Abhängig von Größe, Gewicht, Alter, Rasse, Futter, Witterung und
Beanspruchung benötigt es 20 bis 60 Liter pro
Tag. Alte Pferde trinken oft zu wenig, einfach,
weil sie keinen Durst verspüren - menschliche Senioren kennen dieses Problem. Ein
Shire Horse trinkt mehr als ein Shetlandpony,
ein Sportpferd mehr als der Wallach auf der
Hausweide und eine säugende Stute muss
mehr Flüssigkeit zu sich nehmen als sonst. Bei
sommerlicher Hitze brauchen auch Saugfohlen Wasser - zusätzlich zur Muttermilch. Pro
Kilogramm Trocken- bzw. Raufutter erhöht
sich der Wasserbedarf nochmals um drei bis
vier Liter.
Foto: Engels
Wasseraufnahme von Pferd
zu Pferd verschieden
Wenn Pferde auf der Weide stehen, sind andere Lösungen für die Tränkwasserversorgung
gefragt als im Stall.
Die Trinkgewohnheiten sind dabei von
Pferd zu Pferd verschieden. Während manche
Pferde nur selten zum Wasser laufen und
dann relativ viel auf einmal trinken, gehen
andere öfter zur Tränke, nehmen dabei aber
wesentlich geringere Mengen Wasser zu sich.
Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN)
empfiehlt deshalb, Wasser stets zur freien
Verfügung zu stellen - am besten über
Selbsttränken.
Auf diese Weise trinken Pferde in der
Regel von sich aus genug. Bei Tränken per
Eimer sollte der Halter vor dem Füttern und
ein bis drei Stunden danach Wasser anbieten.
Für diese Variante gilt: Mindestens dreimal
täglich. Nach einem anstrengenden Training
oder Ausritt sollten die Pferde nicht sofort trinken, das kann Krampfkoliken hervorrufen.
Erst nachdem sich die vierbeinigen Sportler
etwas entspannt haben, dürfen sie zur Tränke.
Damit sie dann nicht zu schnell schlucken,
kann man das Trensengebiss im Maul lassen
oder etwas Heu auf den Wassereimer legen.
Foto: Firma Stephanshof
Als ideale Temperatur des Tränkwassers
gibt die FN 8 bis 12° C an, aber auch kühleres
Wasser wird aufgenommen. Die USamerikanische Verhaltensforscherin Sue
McDonnell hat festgestellt, dass Pferde bei
kalter Witterung mehr trinken, wenn warmes
statt kaltes Wasser zur Verfügung steht. Auf
elektrisch beheizbare Tränken kann man aber
verzichten: Folgt man McDonnell, reicht es
aus, zweimal am Tag heißes Wasser (etwa
45°C) in die bereitstehenden Tränkbottiche
zu geben, wenn man die Pferde gezielt zum
Trinken anregen will. In jedem Fall muss das
Zufrieren der Tränke vermieden werden. Bei
milderen Temperaturen bevorzugen die meisten Pferde kühles Wasser. Ein Pferd, das großen Durst hat, säuft auch aus Pfützen oder
brackigen Tümpeln, wenn man es lässt. Als
Reiter sollte man dies verhindern, denn in solchen Lachen können sich Giftstoffe aus
Pflanzenschutzmitteln oder Bakterien angesammelt haben.
Ein Wassertank sichert auf Weiden die Wasserversorgung, wo keine Pumpe und keine
Wasserleitung vorliegt.
Foto: Firma Stephanshof
Wasserversorgung im Stall
und auf der Weide sicherstellen
Solange die Pferde im Stall stehen, stellt
die Wasserversorgung generell ein geringeres
Problem dar als während der Weidezeit. Viele
Stallungen verfügen über Selbsttränken, die
den Kampf mit dem Wasserschlauch oder gar
Eimerschleppen überflüssig machen. Ob
Trinkschale oder Eimer - den Tieren steht so
in jedem Fall sauberes Trinkwasser aus der
Leitung zur Verfügung. Wenn die Tränken in
der richtigen Höhe angebracht und die
Leitungen in Ordnung sind, bereitet diese
Form des Wassermanagements selten
Schwierigkeiten.
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Foto: Firma Stephanshof
Im Frühling heißt es allerdings für die
meisten Pferde: Raus ins Grüne! Einige Überlegungen zur Wasserversorgung sind da nicht
fehl am Platze. Gerade für stallferne Weiden
ist es nicht einfach, eine ökonomische und
hinsichtlich der Pferdegesundheit unbedenkliche Lösung in der Wasserbereitstellung zu
finden. Am einfachsten erscheint die Einrichtung einer Wasserstelle an einem an die
Koppel grenzenden Bach oder See. Ist diese
Möglichkeit gegeben, sollte in jedem Fall ein
zertifiziertes Labor das Wasser analysieren,
bevor man es für die Pferde „freigibt“.
Standard im Stall: Tränkbecken mit Zungenventil.
Balltränken sind eine gute Tränkmöglichkeit auf der Weide oder auf dem Paddock.
aktuell
PFERD
Foto: Engels
Foto: Engels
14 | 15 TIERGESUNDHEIT
Die einfachste Wasserversorgung auf der Weide funktioniert mit
Eimern, aber Vorsicht im Winter, denn das stehende Wasser kann
schnell zufrieren.
Nur so ist eine Belastung mit Schadstoffen
auszuschließen. Erste Hinweise zum Zustand
der Gewässer einer Region können bei
Umweltbehörden, Gesundheitsämtern oder
der kommunalen Verwaltung erfragt werden.
Deutschlandweit stehen so genannte Gewässergütekarten zur Verfügung, die alle paar
Jahre aktualisiert werden. Darauf wird beispielsweise das Flusssystem der Weser im
Verlauf dargestellt und je nach Zustand des
Wassers in einem bestimmten Abschnitt farblich markiert.
Aktuell verwenden Experten hierzulande
ein vierstufiges System, das unter anderem
nach Sauerstoffsättigung, Bakterien- und
Ammoniumgehalt differenziert. Der höchsten
Güteklasse entsprechen dabei generell nur
Quellbäche. Wasser aus stehenden Gewässern
eignet sich dagegen nur selten als Tränkwasser:
Wo keine oder kaum Strömung vorhanden ist,
siedeln sich schnell Parasiten oder Bakterien
an. Viele Tiere geben allerdings Teichen und
Tümpeln den Vorzug vor Leitungswasser. Das
Gewässerwasser reizt offenbar je nach
Bodenbeschaffenheit und Quelle durch einen
interessanteren Geschmack, als ihn das kühle
Nass aus der Leitung zu bieten hat.
Bei der Einrichtung einer natürlichen
Tränke ist übrigens unbedingt eine ausreichende Uferbefestigung anzulegen, sonst entsteht schnell ein Morast inklusive Rutschgefahr.
Eine Weidepumpe ist praktisch, muss aber gelegentlich auf ihre
Funktion überpüft werden.
Der Zugang kann gut mit dicken, genoppten Gummimatten gesichert werden. Um
einer Verschmutzung des Gewässers mit Kot,
Urin und Parasiten vorzubeugen, sollte man
einen völlig freien Zugang zum Wasser mit
einer Umzäunung verhindern. Bei der
Einrichtung einer Gewässertränke muss
zudem darauf zu geachtet werden, ob naturschutzrechtliche Vorschriften gegen eine solche Nutzung sprechen.
Wo das Bach- oder Seewasser ungenügende Qualität hat - und das ist wie gesagt eher die
Regel als die Ausnahme - kann die Versorgung
über einen Wasserwagen eine Alternative darstellen. Allerdings besteht auch hier die
Gefahr von Keimbildung. Der Wagen muss
also unbedingt im Schatten stehen und regelmäßig gereinigt werden. Abhängig von der
Anzahl der Tiere kann die Grabung eines so
genannten Flachbrunnens (Wasserentnahme
aus sechs bis sieben Metern Tiefe) die beste
Möglichkeit sein. Zusammen mit der
Installation einer Membranpumpe belaufen
sich die Kosten nach einer Rechnung des
Landesamtes für Landwirtschaft (LVLF) in
Brandenburg auf 1.120 Euro (Stand 2004).
Für 1.800 Euro fördert nach Amtsangaben ein
Windrad das Wasser. Laut Wasserhaushaltsgesetz des Bundes ist die Anlage von
Brunnen zur Viehtränke ohne weiteres
erlaubt. Ein solches Vorhaben ist allerdings
der Unteren Wasserbehörde zu melden.
Wasserqualität ist entscheidend für Gesundheit und
Geschmack
Ob Wasser aus der Leitung, direkt aus
dem Bach oder Brunnenwasser: Der Geschmack spielt eine große Rolle. Schwefelwasserstoff macht das Wasser geschmacklich
ungenießbar - es riecht nach faulen Eiern.
Eisen- oder kalkhaltiges Wasser, dessen Werte
im zulässigen Bereich liegen, ist zwar nicht
ungesund, es schmeckt aber einfach nicht gut.
Zudem schadet es dem Leitungssystem, da es
Korrosion bzw. Ablagerungen und Verstopfungen verursacht. Andere Inhaltsstoffe
sorgen bei entsprechender Konzentration für
weitaus größere Probleme: Ein hoher
Sulfatgehalt wirkt abführend, erhöhte
Nitritwerte sind ernsthaft gesundheitsschädlich. Nitrite behindern die Zellatmung und
die Fähigkeit des Blutes zum Sauerstofftransport. Apathie, Kreislaufkollaps und im
schlimmsten Fall innerliches Ersticken sind
die Folge. Ammonium und Ammoniak entstehen bei der Zersetzung von Exkrementen
und gelangen über die Gülledüngung ins
Oberflächen- und Grundwasser. Erhöhte
Konzentrationen dieses Stoffes sind giftig und
weisen außerdem auf eine Belastung mit
Krankheitserregern hin.
Bei mangelnder Qualität
Wasseraufbereitung
möglich
Im Stall ist das Tränkwasser in der Regel
gut. Um Ablagerungen in den Rohren des
Tränksystems und damit einhergehende
Verkeimungen zu vermeiden, kann man dem
Wasser regelmäßig Chlordioxid zugeben. Das
ist nicht ganz ungefährlich, da eine Überdosierung zu Gesundheitsschäden führt.
Außerdem schätzen Pferde den Geschmack
bereits sehr leicht chlorierten Wassers überhaupt nicht. Bei hartem Wasser, das die
Leitungen verstopft und außerdem den
Geschmack beeinträchtigt, kann der Einbau
von Umkehrosmoseanlagen eine umweltund pferdefreundliche Option sein: Das
Wasser wird mit einem bestimmten Druck
auf eine Filtermembran gepresst. Auf der
einen Seite der Membran bleiben Mineralien
sowie gegebenenfalls Schadstoffe und Keime
zurück, auf der anderen sehr reines Wasser.
Meist macht man sich erst Gedanken über
die Wasserqualität, wenn die Pferde krank werden. Sowohl bei Nutzung von Oberflächenwie auch von Brunnenwasser kann das passieren, seltener auch bei Wasser aus der Leitung.
Erst eine Analyse durch ein anerkanntes
Labor gibt zuverlässig Aufschluss über
Inhalts- und Schadstoffe des jeweiligen
Wassers. Doch wie ist das Problem zu beheben? Handelt es sich um Oberflächenwasser,
das durch die Prüfung gefallen ist, liegt die
Alternative „Brunnenbau“ auf der Hand Grundwasser ist fast immer sauberer als
Wasser aus Bächen oder Teichen. Ist das
Brunnenwasser ungenügend, kann möglicherweise eine Filteranlage zum Einsatz kommen. Wo das nicht machbar oder zu aufwendig ist, muss man in den sauren Apfel beißen
und Trinkwasser zur Weide fahren.
Ein weiteres innovatives Verfahren zur
Verbesserung der Wasserqualität ist die „Aktivierung“ des Wassers. Hierfür wird Leitungswasser mit einer Kochsalzlösung gemischt
und anschließend elektrochemisch behandelt. Unter anderem entsteht hierbei eine
Lösung, die schädliche Mikroorganismen
abtötet. Allerdings ist eine entsprechende
Anlage recht teuer, rechnet sich aber eventuell
für Betriebe, die Pferdehaltung im großen Stil
betreiben. Wer alternative und ökologisch
orientierte Verfahren schätzt, kann zum
Beispiel auf eine „Vitalisierung“ des Wassers
durch spezielle Geräte zurückgreifen. Das
Funktionsprinzip: Viele Inhaltsstoffe belasten
das Tränkwasser und verändern die von den
Wassermolekülen ursprünglich gebildeten
Muster.
Im Gegensatz zum Trinkwasser gibt es für
das Tränkwasser noch keine vergleichbaren
rechtlichen Vorgaben. Allerdings hat das
Bundeslandwirtschaftsministerium im vergangenen Jahr einen „Orientierungsrahmen
zur futtermittelrechtlichen Beurteilung“ von
Tränkwasser herausgegeben, der auch auf die
Versorgung von Pferden angewendet werden
kann. Als Maßstab wurden die Grenzwerte für
Trinkwasser herangezogen, wenn sie auch gelegentlich über- oder unterschritten werden.
Tabelle: Orientierungswerte zur Bewertung der chemischen Tränkwasserqualität ausgewählte Parameter (* laut Trinkwasserverordnung)
Parameter
Orientierungswert für Mögliche Störungen
Tränkwasser (mg/l)
Grenzwert für
Trinkwasser* (mg/l)
Das Wasser vergisst sozusagen sein eigenes Ur-Muster bzw. seine eigentliche
Schwingungsfrequenz. Um sich an diese zu
erinnern, wird es in einem eigens konstruierten Behälter mit Quell- und Heilwässern
zusammengebracht. Deren elektromagnetische Felder aktivieren nun dieselben Felder
im vorbeifließenden, mangelhaften Wasser.
Auf diese Weise werden die erwünschten
Codes weitergegeben - und ein wohlschmeckendes, gesundes Wasser bleibt zurück.
Fazit
Wasser ist in unseren Breiten noch genügend da und kommt meistens problemlos aus
der Leitung, oder steht in Form von Bachläufen, Teichen und Seen allzeit bereit. Daher
wird die Bedeutung von Wasser als grundlegendem Lebens- und Futtermittel häufig
unterschätzt. Ist das Tränkwasser nicht in
Ordnung, hat dies über kurz oder lang
Auswirkungen auf Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsvermögen der Pferde.
Und Pferde benötigen viel Wasser, sowohl im
Stall als auch auf der Weide. Zum verantwortungsvollen Management eines Pferdebetriebes gehört daher unbedingt die Bereitstellung von ausreichend Wasser für die
Pferde sowie eine sorgfältige Kontrolle der
Wasserqualität. n
Heike Flenner
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(Quelle: Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 2007)
!
Vorsicht Giftplanzen
!
Sammelkarte
4
Name: Krokus
Giftklasse: + (giftig)
(Crocus, Frühlingskrokus)
Giftige Teile der Pflanze: ganze Pflanze,
besonders Blütenstaub (Safran)
Dosis: ?
Symptom nach Aufnahme: Hautblutungen,
herabgesetzte Blutgerinnung, Gefäßschäden,
Nierenschäden, starke Schleimhautreizungen des
gesamten Verdauungstraktes, wehenfördernd,
Gehirnstörungen.
Hinweise: Der Krokus ist eine beliebte Gartenpflanze.
Wild wächst er in den Alpen und Voralpen auf Wiesen
und in Gräben. Besondere Gefahr besteht für trächtige
Stuten durch die wehenfördernde Wirkung!
Name: Buschwindröschen
Giftige Teile der Pflanze: Alle Pflanzenteile.
(Waldröschen, Windröschen, Annemone)
Dosis: 300 Pflanzen tödlich?
(Manche Quellen sprechen von 30 Pflanzen)
Es sind Todesfälle bekannt.
Symptom nach Aufnahme: Speichelfluss,
Schleimhautentzündungen im gesamten
Verdauungskanal, Durchfall, Krämpfe, blutiger Urin,
Tod durch Kreislaufkollaps und Atemlähmungen.
Hinweise: Die Pflanze wächst in Laub- und
Laubmischwäldern bis zu einer Höhe von 1900 m.
Sie ist in ganz Europa verbreitet und für Pferde
besonders anziehend, da im zeitigen Frühjahr
sattgrün und deshalb verlockend! Im Heu ungiftig.
Eigene Notizen
Praxisstempel
"
Giftklasse: + (giftig)

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