die wirksamkeit ausgewehlter bettsysteme auf schlafqualitet

Transcrição

die wirksamkeit ausgewehlter bettsysteme auf schlafqualitet
DEUTSCHE ÜBERSETZUNG AUS: EFFECTIVENESS OF A SELECTET BEDDING SYSTEM ON QUALITY OF
SLEEP, LOW BACK PAIN, SHOULDER, AIND AND SPINE STIFFNESS. JOURNAL OF MANIPULATIVE AND
PHYSIOLOGICAL THERAPEUTICS. HEFT 25(2) . 2002, S. 88-92
DIE WIRKSAMKEIT AUSGEWÄHLTER
BETTSYSTEME AUF SCHLAFQUALITÄT,
KREUZSCHMERZEN, SCHULTERSCHMERZEN UND
WIRBELSÄULENSTEIFHEIT
BERT H. JACOBSON, EDDa1, HUGH A. GEMMELL, EDDb, BRAD M. HAYESc, DC, THOMAS S. ALTENAd
ZUSAMMENFASSUNG
Ziel: Überprüfung der Nachweisbarkeit klinischer und statistischer Veränderungen
von Rückenschmerzen, Schulterschmerzen, Steifheit der Wirbelsäule und
Schlafqualität nach der Benutzung eines verordneten Bettsystems.
Design: Auf Versuchen beruhende experimentelle Feldstudie als Einzel-/ Gruppensowie Vortest-/ Nachtestdesign mit Probanden, die als Selbstkontrollinstanz dienen.
Forschungsfeld: Zwei chiropraktische Kliniken sowie das Oklahoma State University
Pogram of Health and Human Performance.
Probanden: Zufällige Auswahl von 22 Personen (Frauen, n = 13; Männer, n = 9) im
Alter von 25 bis 79 Jahren mit nachgewiesenen Schlafstörungen, Schulterschmerzen,
Kreuzschmerzen und Wirbelsäulensteifheit chronischer Art.
Ergebnismessungen: Vor- und Nachtest, 28 Tage visuelle Analogskalen2 für
Schmerz, Wirbelsäulensteifheit und Schlafqualität.
Hauptergebnisse: Das ausgesuchte Bettsystem reduzierte Rückenschmerzen um
57,21 % (P = 0,000001), Schulterschmerzen um 60,83 % (P = 0,000005), die Steifheit
der Wirbelsäule um 59,12 % (P = 0,000004) und verbesserte die Schlafqualität um
60,73 % (P = 0,000001).
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen, dass Personen, die auf einem vom Arzt
verschriebenen Bettsystem schliefen, nach 28 Tagen eine signifikante Verbesserung
von Schulter- und Rückenschmerzen, Rückensteifheit und Schlafqualität im Vergleich
zu 28 Tagen Schlaf bei Nutzung der eigenen Schlafsysteme erreichten. Bei weiblichen
Personen und jenen mit geringerem Körpergewicht war eine deutliche Verbesserung
leichter feststellbar als bei schwereren und übergewichtigen Personen. (J Manipulative
Physiol Ther 2002; 25: 88-92)
Schlüsselwörter: Matratze, Rückenschmerz, Schulterschmerz, Wirbelsäulensteifheit
EdD – amerikanischer akademischer Grad eines Doktors (Doctor of Education degree)
Die Visuelle Analogskala (VAS) ist eine Skala zur Messung vor allem subjektiver Einstellungen. Sie
wird häufig in der Schmerzforschung eingesetzt. Meistens handelt es sich um eine 100 mm lange
Linie, deren Endpunkte extreme Zustände darstellen, wie z. B. kein Schmerz - unerträglicher
Schmerz. Die subjektive Empfindung wird durch einen vertikalen Strich auf der Linie markiert.
1
2
88
a – School of Applied Health an Educational
Pychology, Health and Human Performance,
Oklahoma
State University, Stillwater, Oklahoma.
b – Foschungsdirektor, North American
Federation of Chiropractic Networks, Tulsa,
Oklahoma
c – Päsident, North American Federation of
Chiropractic Networks, Tulsa, Oklahoma
d – Oklahoma State University, Stillwater,
Oklahoma
EINLEITUNG
Kreuzschmerzen gehören zu den am
häufigsten vorkommenden Problemen in
der allgemeinen chiropraktischen Arbeit.
Tatsächlich ist dieses Krankheitsbild nach
der normalen Erkältung der zweithäufigste
Grund, weshalb Ärzte konsultiert werden.
Die Anzahl von Schultererkrankungen, die
vom
Allgemeinmediziner
behandelt
werden, schwankt zwischen 7 bis 25 von
1000 Arztbesuchen, wobei 5 % aller
Besuche bei Allgemeinmedizinern aufgrund von Schulterschmerzen erfolgen.
Die Mehrheit der Amerikaner klagt über
chronischen Schlafentzug. In den Vereinigten Staaten gehen 56.000 Autounfälle
jährlich auf Müdigkeit zurück, 1550 davon
enden tödlich. Eine Studie von Williamson
und Feyer belegt, dass Schlafentzug zu um
50 % verlangsamten Reaktionen und einem
dürftigen Aufmerksamkeitsgrad führt, was
die Sicherheit auf Autobahnen und in
Fabriken beeinträchtigt.
In einer Diskussion über Schulmedizin
betonte Marwick, dass sich Ärzte sicher
sein sollten, dass die von ihnen
verordneten Behandlungen auch tatsächlich wirksam sind und neuerdings auch,
dass die Behandlung kosteneffektiv ist. Er
appellierte
auch
an
Ärzte,
eine
ergebnisorientierte Medizin zu praktizieren
– nicht nur, um zu wissen, dass etwas
wirkt, sondern vor allem, wie gut es wirkt.
Fast alle Beschäftigten im Gesundheitswesen kennen Patienten mit Schlafstörungen, Schulter- und Rückenschmerzen so-
wie Steifheit der Wirbelsäule, verursacht
vermutlich durch die Art der verwendeten
Matratze. Häufig werden die behandelnden
Ärzte um eine Empfehlung gebeten,
welcher Matratzentyp diese Symptome
lindern kann. Aktuell gibt es in der
Forschung keine Beweise für eine seriöse
Empfehlung von bestimmten Matratzentypen oder -Marken und die meisten Ärzte
fühlen sich nicht wohl dabei, solche
Empfehlungen abzugeben.
Die bisher einzig relevante Studie, die sich
auf Matratzen und spezifische pathologische Merkmale bezieht, wurde 1981 von
Garfin und Pye durchgeführt. Getestet
wurden die folgenden ausgewählten Bettsysteme für Patienten mit chronischen
Kreuzschmerzen: (1) eine orthopädische
Matratze mit fest eingebauter Unterfederung, (2) eine Standard Federkernmatratze
mit 500 Federkernen, (3) ein StandardWasserbett und (4) eine Mischform aus
Schaum- und Wassermatratze. Um für
diese Studie als Untersuchungsperson in
Frage zu kommen, mussten die Patienten
seit mindestens drei Monaten unter Kreuzschmerzen leiden, keine Kandidaten für
einen absehbaren operativen Eingriff und
auch keine akuten Schmerzpatienten sein.
Den Patienten wurden die verschiedenen
Bettsysteme beliebig zugewiesen, auf
denen sie für zwei Wochen schliefen. Alle
Patienten mussten mindestens zwei der
vier Betttypen ausprobieren. 15 Patienten
brachten die Studie komplett zu Ende,
wobei neun von ihnen alle vier Betttypen
ausprobierten. Die Ergebnisse zeigten, dass
sich bei der Hälfte der Probanden der
Zustand durch das Wasserbett besserte und
bei der anderen Hälfte durch die harte
(orthopädische) Matratze.
Monsein
und
Corbin
verglichen
luftgefüllte Matratzen mit den patienteneigenen Matratzen in Hinsicht auf Schmerz
und Schlafqualität. 90 Personen nahmen an
dem Test teil, wobei die Ergebnisse aus
Messwerten durch SF-36 Gesundheitsfragebögen, Schmerztagebuch und visuelle
Analogskalen (VAS) für Schmerz und
89
Schlafqualität gewonnen wurden. In der
ersten Nacht schliefen die Patienten in
ihren eigenen Betten. Die nächsten 28
Tage schliefen sie auf den mit Luft
gefüllten Matratzen und anschließend
wieder 14 Tage auf den eigenen Matratzen.
Am Ausgangspunkt der Studie, nach 28
und 42 Tagen wurden die Bewertungen
vorgenommen. Die Luft-Betten führten zu
einer Schmerzverringerung um 32 % und
zu einer um 74 % verbesserten Schlafqualität.
Der Zweck dieser Untersuchung bestand
darin festzustellen, ob nach der Nutzung
eines verordneten Bettsystems klinisch und
statistisch signifikante Veränderungen bei
Rücken- und Schulterschmerzen, Wirbelsäulensteifheit sowie Schlafqualität nachweisbar sind.
METHODEN
Testpersonen
Die Gruppe der Testpersonen (N = 22)
bestand aus einer beliebigen Auswahl von
13 Frauen und 9 Männern. Die Anzahl der
Untersuchungsteilnehmer war hauptsächlich aufgrund finanzieller Beschränkungen
Tabelle 1 Demographische Variablen nach
Gschlecht (Mittelwert ± SD)
Variable
Alter (y)
Gewicht in lbs
(0,454 kg)
Größe in inch
(2,54 cm)
Alter des eigenen Bettsystems
(Jahre)
Dauer des Problems (Jahre)
* n =13
** n = 9
Frauen*
Männer**
46,7 (11,3)
Range 25-72
65,3 ( 2,8)
Range 60-70
48,9 (12,4)
Range 28-67
198,8 (24,6)
Range 160265
71,1 (2,2)
Range 68-76
9,6 ( 4,8)
Range 2-17
5,8 (3,5)
Range 1-12
156,2 (31,8)
Range 108-216
6,6 (4,9)
Range 1-20
4,2 (4,9)
Range 0,5-12
durch die unterstützende Behörde begrenzt,
die die Kosten für Versendung, Auslieferung und auch für die Bettsysteme selbst
trug. Nur Personen im Alter von 25 bis 75
Jahren mit nachgewiesenen Schlafstörungen, Schulterschmerzen, Kreuzschmerzen
oder Wirbelsäulensteifheit chronischer Art
konnten an der Studie teilnehmen. Die
Probanden mussten über eine Zeit von drei
Monaten mindestens drei Mal pro Woche
morgens mit diesen Symptomen aufwachen, um für die Studie als Testpersonen in
Frage zu kommen.
Diejenigen, die aufgrund ihrer Gesundheitsbeschwerden in einen Rechtsstreit
verwickelt waren oder offenstehende
arbeitsrechtliche Entschädigungsansprüche
geltend zu machen versuchten, wurden aus
der Untersuchung ausgeschlossen. Die demographischen Angaben der Personen sind
in Tabelle 1 aufgeführt.
Bei allen Personen wurden entweder
chronische Rückenschmerzen, -steifheit
oder Schulterschmerzen diagnostiziert. Die
Patienten wurden professionell in Bezug
auf ihr Krankheitsbild behandelt und von
chiropraktischen Ärzten zur Teilnahme an
der Untersuchung überwiesen. Weibliche
und männliche Testpersonen berichteten
über eine durchschnittliche Dauer ihrer
Beschwerden von 6,6 beziehungsweise von
4,2 Jahren. Alle Probanden nahmen freiwillig an der Studie teil, nachdem sie
mündlich über die Parameter der Studie
aufgeklärt worden waren und unterschrieben eine informative Einverständniserklärung, die vom Vorstand des Universitätsinstituts gegengezeichnet wurde.
Forschungsablauf
Die Untersuchungspersonen wurden aus
einem Patientenpool chiropraktischer Ärzte
ausgewählt. Jede der Personen wurde
aufgrund morgendlicher Rücken- oder
Schulterschmerzen, Wirbelsäulensteifheit
oder beidem behandelt und schlief wegen
der Beschwerden nachgewiesenermaßen
seit einiger Zeit schlecht. Vor Testbeginn
füllten die Freiwilligen vier VAS-Fragebögen aus, um die miteinander in Verbindung stehenden Daten zu Rückenschmerzen, Rückensteifheit, Schulterschmerzen
90
Tabelle 2 Pre-Test und Post-Test Mittelwerte der abhängigen
Variablen
Variable
Rückenschmerzen
Gesamt (N=22)
Pre-Test
Post-Test
Frauen (n=13)
Pre-Test
Post-Test
Männer (n=9)
Pre-Test
Post-Test
Schulterschmerzen
Gesamt (N=19)
Pre-Test
Post-Test
Frauen (n=11)
Pre-Test
Post-Test
Männer (n=8)
Pre-Test
Post-Test
Rückensteifheit
Gesamt (N=21)
Pre-Test
Post-Test
Frauen (n=12)
Pre-Test
Post-Test
Männer (n=9)
Pre-Test
Post-Test
Schlafqualität
Gesamt (N=22)
Pre-Test
Post-Test
Frauen (n=13)
Pre-Test
Post-Test
Männer (n=9)
Pre-Test
Post-Test
Mittelwert
SD
df
t
50,97
21,81
21,6
17,6
21
7,10 0,000001*+
51,7
22,7
19,1
15,1
12
5,7
0,0001*+
49,9
20,6
26,1
17,8
8
4,1
0,003*+
43,4
17,0
21,0
19,0
18
42,2
14,1
21,4
16,7
10
4,5
0,01*+
45,0
21,1
21,96
22,3
7
4,5
0,02*+
54,8
22,4
17,9
16,5
20
56,6
21,3
15,0
16,3
11
6,3
0,00006*+
52,4
24,7
21,9
17,5
8
2,9
0,02*+
57,3
22,5
19,6
16,3
20
58,9
20,0
13,4
14,4
12
6,5
0,00004*+
55,2
25,8
26,6
18,8
8
3,4
0,009*+
6,4
6,2
6,9
P
0,000005*+
0,000004*+
0,000001*+
* Signifikant bei P < 0,05
+ Signifikant bei P < 0,004 (Bonferroni-Korrektur)
und Schlafqualität zu erfassen. Jede VAS
bestand aus 10 cm langen Linien mit
polaren, gegensätzlichen Bezeichnungen.
Die VAS für Rücken- und Schulterschmerzen trugen die Bezeichnungen „kein
Schmerz“ außen links auf der Skala und
„extreme Schmerzen“ auf der äußeren
rechten Seite der Linie. Die VAS für
Wirbelsäulensteifheit trug ganz links die
Bezeichnung „keine Steifheit“ und ganz
rechts „extreme Steifheit“. Bei der VAS
für Schlafqualität hieß die Bezeichnung
ganz links
„ausgezeichnet“
und
ganz
rechts
„mangelhaft“. Die Ergebnisse der VAS
sind in parametrischen statistischen Analysen verwertbar, wodurch die Ergebnisse
statistische und klinische Bedeutung
gewinnen.
In Phase 1 (Grundlinie) mussten die
Personen an 28 aufeinander folgenden
Tagen jede der Variablen bewerten, in dem
sie auf der Linie der jeweiligen VAS
markierten, wie sie ihre individuellen
Schmerzen, Steifheit und Schlafqualität bewerten.
Die
Untersuchungspersonen
durften nur Bewertungen abgeben, wenn
sie in ihrem eigenen Bett geschlafen
hatten.
Phase 2 (experimentelle Phase) bezieht
sich auf die Auslieferung des verschriebenen Bettsystems an den Haushalt jedes
Untersuchungsteilnehmers. Jedes Bettsystem wurde nach einem zuvor, basierend
auf Größe und Gewicht der jeweiligen
Versuchsperson,
festgelegten System
verschrieben. Die Kombination von Größe
und Gewicht wurde als Koordinaten in der
Versuchsbeschreibung in einem dreifach
abgestuften Gitternetz grafisch dargestellt,
um die empfohlene Härte des Bettsystems
für jede Versuchsperson zu bestimmen.
Drei verschiedene Arten von Bettsystemen
wurden verschrieben, um den Größen- und
Gewichtskoordinaten jedes Versuchsteilnehmers gerecht zu werden. Alle drei spezifizierten Bettsysteme waren mit der
Ameri-spring 6643 Konstruktion ausgestattet, die von Lady Americana Inc. Hergestellt wird. Nach der Auslieferung des
verschriebenen Bettsystems wurden die
Versuchspersonen aufgefordert, Schmerz,
Steifheit und Schlafqualität mit Hilfe der
VAS für weitere 28 aufeinander folgende
Tage zu bewerten.
Statistische Analyse
Die Datenerhebung basierte auf vier
abhängigen
Variablen
mit
224
Beobachtungen pro Forschungsteilnehmer,
3
Federkernmatratze
91
was
zusammen
2928
erfasste
Beobachtungen ergibt. Jede 28-Tage VAS
wurde zu einem Mittelwert für Vortest
(Grundlinie) und Nachtest (experimentelle
Phase) für jeden Teilnehmer der Studie
verdichtet. Der Mittelwert von Vor- und
Nachtest wurde mit Hilfe gepaarter t-Tests4
für jede abhängige Variable (Schulterschmerz, Kreuzschmerz, Steifheit der Wirbelsäule und Schlafqualität) analysiert. Separate t-Tests wurden zudem genutzt, um
den Mittelwert von zwei Untergruppen
(Körpergewicht ≥ 190 Pfund und BodyMass-Index5 [BMI] ≥30) zu bestimmen.
Um vielfache t-Tests auszuweisen, wurde
eine seperate Bonferroni-Korrektur6 zur
Modifizierung des Alpha-Werts7 für die
gesamte Gruppe und für jede der zwei
Untergruppen durchgeführt (d.h. gesamt
und nach Geschlecht, ≥ 190 Pfund und
BMI ≥30). Ein Ausgangs-Alpha-Wert von
P8<0,05 wurde zur Überprüfung der
Hypothese angesetzt.
ERGEBNISSE
zwischen den Mittelwerten von Vor- und
Nachtest bei allen abhängigen Variablen
vor und nach der Bonferroni-Korrektur
(Tabelle 2). Signifikante Unterschiede
blieben bei allen Variablen auch nach der
separaten Erfassung nach Geschlecht
erkennbar, allerdings erreichten die Werte
zu Rückensteifheit und Schlafqualität der
männlichen Testpersonen in der Bonferroni-Korrektur keine Signifikanz. Des wieteren zeigte die Analyse der Untergruppe ≥
190 Pfund in der Bonferroni-Korrektur,
dass sich die Mittelwerte für SchulterSchmerzen und Schlafqualität signifikant
unterschieden, während dies bei den
Mittelwerten für Rückenschmerz und Wirbelsäulensteifheit nicht der Fall war
(Tabelle 3). Die Datenanalyse nach BMIDifferenzierung zeigte sowohl in der Ausgangs-Anordnung, als auch in der Bonferroni-Korrektur keine signifikanten Unterschiede für jene Testpersonen, die als
Adipositas9 Grad I (BMI ≥30) klassifiziert
wurden. Jedoch besserte sich der Wert für
Wirbelsäulensteifheit auf ein Niveau nahe
dem als signifikant festgelegtem Wert.
Die Analyse der Gesamtgruppe ergab
signifikante Unterschiede (P < 0,05)
DISKUSSION
Hypothesentest mit t-verteilter Testprüfgröße, z.B.
zur Bestimmung eines Erwartungswertes bei
normalverteilter Grundgesamtheit.
5
Der BMI (Body Mass Index) wird verwendet, um
zu berechnen, ob Normalgewicht oder Übergewicht
vorliegt. Der BMI errechnet sich aus dem Gewicht
in kg geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in
cm.
6
Mit Hilfe der Bonferroni-Methode oder Korrektur wird in der mathematischen Statistik die
Alphafehler-Kumulierung bei multiplen
Paarvergleichen neutralisiert.
7
Der Alpha-Wert ist das vor einer Studie
festgelegte Signifikanzkriterium, das erreicht
werden muss, um die Null-Hypothese zu verwerfen.
Setzt man Alpha zum Beispiel auf den
traditionellen Wert von 0,05, so akzeptiert man mit
einer Wahrscheinlichkeit von 5 % das Risiko einer
Fehlentscheidung, d.h. einen rein per Zufall
entstandenen und daher nicht existierenden Effekt
zu „finden“.
8
P steht für probability (=Wahrscheinlichkeit) und
gibt die Irrtumswahrscheinlichkeit bei statistischen
Analysen an. Bei p<0,05 geht man davon aus, dass
die Irrtumswahrscheinlichkeit der Messung unter
5% liegt.
4
Die Teilnehmer der Studie berichteten über
signifikante Verbesserungen bei Schulter(60,83 %) und Rückenschmerzen (57,21
%), Rückensteifheit (59,12 %) und
Schlafqualität (60,73 %). Diese Werte
legen den Schluss nahe, dass die
Benutzung eines verschriebenen Bettsystems im Vergleich zum eigenen Bett zur
Verminderung von Schmerzen und Steifheit und zu einer verbesserten Schlafqualität führt. Auch wenn sich die Hauptwerte
bei allen männlichen Teilnehmern in allen
Feldern der Beurteilungen verbesserten,
konnte statistisch gesehen durch das
verschriebene Bettsystem nicht der gleiche
Nutzen bei der Schmerzreduzierung und
Steigerung der Schlafqualität herbeigeführt
werden wie bei den weiblichen Probanden.
Es ist also denkbar, dass größere Individuen weniger stark von dem ausgesuchten
9
Fettleibigkeit
92
Bettsystem profitierten. Diese These wird
außerdem durch die Ergebnisse der Analyse getrennt nach Körpergewicht und BMI
gestützt. Die Auswertung der schwereren
Personen (≥ 190 Pfund)10 ergab, dass eine
signifikante Verbesserung bei lediglich
zwei der vier Variablen erkennbar war.
Außerdem konnte bei jenen Testpersonen
mit BMI ≥ 30 (Adipositas Grad I) keine
Verbesserung
bei
irgendeiner
der
Variablen festgestellt werden. Größere und
fettleibige Teilnehmer schienen weniger
von dem ausgewählten Bettsystem zu
profitieren, woraus man folgendes schließen kann: (1) die Bettsysteme waren nicht
unterstützend genug für besonders große
oder fettleibige Personen, (2) die Verschreibung der Bettsysteme für große und
fettleibige Personen entsprach nicht im
vollen Maße deren Bedürfnissen oder (3)
übergewichtige Teilnehmer wiesen mit
ihrer Erkrankung verbunden einen deutlich
pathologischeren Gesundheitszustand auf
als die leichteren Teilnehmer der Studie.
Eine statistische Schwäche bei der
Untergruppenanalyse war die geringe Teilnehmerzahl im jeweiligen Sektor, die auch
zu einem Typ II Fehler11 bei der Datenanalyse geführt haben mag. Tatsächlich
berichteten alle Teilnehmer in einer Nachbesprechung von einer Verbesserung bis zu
einem gewissen Grad und keiner von ihnen
gab an, dass sein Gesundheitszustand nach
Verwendung des verschriebenen Bettsystems gleich geblieben sei oder sich verschlechtert habe. Für zukünftige Studien
empfehlen wir größere Testgruppen, um
das Risiko statistischer Ungenauigkeiten
zu verringern.
Wie die meisten empirischen Studien, ist
auch diese Untersuchung nicht ohne
Einschränkungen zu bewerten. So wurde
keine
standardisierte
Kontrollgruppe
genutzt. Eine Kontrollgruppe mit Doppel10
190 Pfund (lbs.) entsprechen 86,26 kg
Typ II Fehler, Beta Fehler ist ein Begriff aus der
Statistik; Synonyme: Fehler 2. Art; Fehler-Typ 2;
Der Beta-Fehler ist der Fehler, den man begeht,
wenn man eine Nullhypothese beibehält, obwohl
man sie hätte verwerfen und die
Alternativhypothese annehmen können.
11
blindstudie12 und überkreuzter Anlage
stärkt das Forschungsdesign; allerdings
hätte auch eine Kontrollgruppe, die ein
„Eine-Größe-Passt-Jedem“Bettsystem
verwendet hätte, zu zahlreichen Problemen
geführt. Hier einige Beispiele: (1) Ein
Kontroll-Bettsystem wäre letztlich ein
weiteres experimentelles System gewesen,
(2) es ist problematisch, die Kriterien für
ein solches Bettsystem zu bestimmen, ohne
eine Verschärfung der Gesundheitsbeschwerden der Patienten zu riskieren, (3)
die zusätzliche Anschaffung solcher Bettsysteme wäre kostenintensiv. Bisher wurden auch von anderen Autoren keine anderen Kontroll-Bettsysteme vorgestellt als
die eigenen Bettsysteme der jeweiligen
Studien-Teilnehmer. Außerdem wäre die
Einbeziehung einer Kontrollgruppe nicht
nachweislich von größerem Vorteil, als
wenn die Probanden über einen Zeitraum
von 28 Tagen ihre eigene Selbstkontrolle
durchführen. Die Kosten und Umstände,
die es mit sich bringen würde, diese
Feldstudie unter typischen Laborbedingungen durchführen zu wollen, würden sie
kaum noch umsetzbar machen. Die vorliegende Studie wurde also durch die für
Feldstudien üblichen Rahmenbedingungen
eingeschränkt.
Das quasi-experimentelle Design macht es
schwierig, die Effektivität der Bettsysteme
präzise zu bestimmen. Die Ergebnisse
zeigen eine beobachtbare, positive Tendenz hin zu einer Verbesserung der in
Frage stehenden Faktoren und diese
Veränderungen können zumindest teilweise den verordneten Bettsystemen zugeschrieben werden. Es kann nun eingewendet werden, dass die Probanden das
experimentelle Bettsystem einfach deshalb
12
Eine Blindstudie ist eine Form des Experiments,
bei der die Versuchspersonen nicht wissen, ob sie
der Experimental- oder der Kontrollgruppe
angehören. Dadurch wird der Einfluss von
Erwartungen und Verhaltensweisen, welche durch
diese Information ausgelöst würden, eliminiert.
Eine medizinische Studie ist doppelblind, wenn die
Patienten und der behandelnde Mediziner nicht
wissen, wer welche Substanz erhält.
(Versuchsperson und Versuchshelfer sind „blind“)
93
favorisierten, weil es neu, kostenfrei oder
beides war und dass die positiven Veränderungen einem Hawthorne13- oder HaloEffekt14 zuzuschreiben sind. Jedoch sind
solche Phänomene in der Regel vor allem
zu Beginn einer Untersuchung beobachtbar
und lassen mit der Zeit nach, was aber
während der 28-Tage VAS Nachtests nicht
festzustellen war. Tatsächlich dokumentierte der VAS Nachtest wenig oder keine
unmittelbare Verbesserung. Des Weiteren
blieben auch die Markierungen in der
visuellen Darstellung der VAS für ca. eine
Woche unverändert, bevor eine positive
Tendenz zu verzeichnen war.
SCHLUSSFOLGERUNGEN
Es gibt zahlreiche, sowohl konservative als
auch chirurgische Behandlungsformen für die
in dieser Studie berücksichtigten medizinischen Befunde. Die Behandlungserfolge sind
begrenzt und mit hohen Behandlungskosten
verbunden. Der Mangel an Informationen
über die Rolle von Schlaf-Oberflächen für die
Verringerung von Schmerzen und die
Steigerung der Schlafqualität verweist auf
einen hohen Bedarf an weiterführender
Forschung. Die aktuelle Studie dient als
Katalysator, der zu weiteren Untersuchungen
hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen
Bettsystemen und bestimmten Erkrankungen
ermutigen sollte. Beispielsweise legen die
Untersuchungsergebnisse nahe, dass eine
Forschung zu Bettsystemen, die speziell auf
schwerere oder fettleibige Menschen abgestimmt sind, notwendig wäre. Schließlich ist
möglicherweise ein breiteres Spektrum von
Bettsystemen mit höheren Härtegraden oder
stärkerer Unterstützung notwendig, um
anthropometrisch15 verschiedenartigen Personen zu entsprechen.
Tabelle 3 Pre-Test und Post-Test Mittelwerte der abhängigen
Variablen bei Personen mit einem Körpergewicht ≥
190
lbs (≥ 86,26 kg)
Variable
Mittelwert
Rückenschmerzen (n=6)
Pre-Test
40,75
Post-Test
28,81
Schulterschmerzen (n=5)
Pre-Test
36,74
Post-Test
21,01
Rückensteifheit (n=6)
Pre-Test
48,1
Post-Test
30,75
Schlafqualität (n=6)
Pre-Test
51,75
Post-Test
26,83
SD
df
t
P
19,59
17,34
5
2,44
0,059
18,94
19,99
4
5,69
0,005*+
18,79
15,35
5
1,69
0,152
17,29
5
8,36
0,0004*
16,51
* Signifikant bei P < 0,05
+ Signifikant bei P < 0,0125 (Bonferroni-Korrektur)
Tabelle 4 Pre-Test und Post-Test Mittelwerte der abhängigen
Variablen bei Personen mit BMI ≥ 30 (Fettleibigkeit
1*)
Variable
Rückenschmerzen (n=5)
Pre-Test
Post-Test
Schulterschmerzen (n=3)
Pre-Test
Post-Test
Rückensteifheit (n=4)
Pre-Test
Post-Test
Schlafqualität (n=4)
Pre-Test
Post-Test
Mittelwert
SD
df
t
P
57,88
36,50
26,00
23,86
4
1,90
0,129
44,97
16,40
28,09
23,82
2
1,52
0,276
60,37
30,75
7,06
15,35
3
4,64
0,19+
65,10
23,00
19,65
17,36
3
3,03
0,056
* Die BMI [Body-Maß-Index] (kg/m²) Klassifikationen lauten wie
folgt: Untergewicht < 18,5; normal 18,524,9; Übergewicht 25-29,9; Fettleibigkeit I 30-34,9; Fettleibigkeit
II 35-39,9; Fettleibigkeit III ≥ 40
+ Signifikant bei P < 0,05
‡ Signifikant bei P < 0,0125 (Bonferroni-Korrektur)
13
Der Hawthorne-Effekt besagt, dass
Versuchspersonen ihr natürliches Verhalten ändern
können, wenn sie wissen, dass sie Teilnehmer an
einer Studie sind. Es kann also sein, dass die
Ergebnisse einer Untersuchung durch die Studie
selbst verfälscht oder erst durch sie hervorgerufen
werden. Damit stellt der Hawthorne-Effekt eine
mögliche Bedrohung der externen Validität von
Untersuchungsergebnissen dar.
14
Der Halo-Effekt ist ein Beurteilungsfehler bzw.
Wahrnehmungseffekt.
+
LITERATUR
15
Von Anthropometrie: Wissenschaft von den
Maßverhältnissen am menschlichen Körper u. deren
exakter Bestimmung.
94
1. van den Hoogen HJM, Koes BW,
Deville W, van Eijk JTM, Bouter LM. The
prognosis of low back pain in general
practice. Spine 1997; 22: 1515-21
2. Deyo RA, Tsui-Wu WJ. Descriptive
epidemiology of low back pain and its
related medical care in the United States.
Spine 1987; 12: 264-8
3. Van der Heijden GJMG, van der Windt
DAWM, de Winter AF. Physiotherapy for
patients with soft tissue shoulder disorders:
a systematic review of randomized clinical
trials. BMJ 1997; 315: 25-30
4. Mahowald MW. Eyes wide shut. The
dangers of sleep driving. Minn Med 2000;
83: 25-30
5. Williamson AM, Feyer AM. Moderate
sleep deprivation produces impairments in
cognitive
and
motor
performance
equivalent to legally prescribed levels of
alcohol intoxication, Occup Environ Med
2000; 10: 649-55
6. Marwick C. Proponents gather to
discuss
practicing
evidence
based
medicine. JAMA 1997; 278: 531-2
7. Is the lack of mattress research a
reproach to the spine community? Back
Lett 2000; 15: 5-7
8. Garfin SR, Pye SA. Bed design and its
effect on chronic low back pain – a limited
controlled trial. Pain 1989; 10: 87-91
9. Monsein M, Corbin T. Back pain
outcomes on an airbed versus an
innerspring mattress. Presented at the
annual meeting of the North American
Spine Society, Chicago, 1999. Back Lett
2000; 15: 5-6
10.Vincent WJ. Statistics in kinesiology.
Champaign (IL): Human Kinetics; 1995
11. Jequier E. Energy, obesity, and body
weight standards. Am J Clin Nutr 1987;
45: 1035-47
95

Documentos relacionados