Beschäftigungsverbot wegen Gefährdung der Schwangerschaft

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Beschäftigungsverbot wegen Gefährdung der Schwangerschaft
Beschäftigungsverbot wegen Gefährdung der Schwangerschaft
Wann Krankschreibung, wann Beschäftigungsverbot
Werte Kollegin Tsch.-K.,
die Frage muss eigentlich anders lauten: Wann muss der Arzt ein Beschäftigungsverbot
aussprechen?
So ein Beschäftigungsverbot ist nach §§ 3 und 4 Mutterschaftsgesetz vom Arzt
auszusprechen, wenn die Schwangerschaft durch die weitere Beschäftigung gefährdet wäre.
Die Einzelheiten der Gefahren und Belastungen sind im Gesetz umfassend benannt, sollten
immer wieder einmal und im Zweifelsfall nachgelesen werden.
Zunächst einmal geht die Bescheinigung der Schwangerschaft dem Beschäftigungsverbot
voran: Jede Frau ist verpflichtet, die Schwangerschaft ihrem Arbeitgeber mitzuteilen,
allerdings – ich übertreibe hier einmal – nicht gleich am nächsten Morgen. Und auch nicht vor
einem Schwangerschaftsabbruch. Aber zumindest rechtzeitig vor Beginn des
Mutterschaftsurlaubs.
Es gibt aber Fälle, wo die Frau zur Mitteilung sehr früh verpflichtet ist, bspw. die Beamtin,
die im Beruf Waffen trägt, oder die Frau in der Pharmaindustrie, die dort mit potentiell
teratogenen Substanzen Kontakt hat. Diese Beispiele ließen sich fortsetzen. In diesen Fällen
ist der Arbeitgeber verpflichtet, sofort zu handeln. Er kann (und muss) die Frau an einem
anderen Arbeitsplatz einsetzen, bspw. im Büro. Kann er das nicht, muss er die Frau von der
Arbeit freistellen.
Immer wieder gibt es in solchen Fällen Anfragen des Arbeitgebers mit der Bitte um die
ärztliche Bescheinigung des Beschäftigungsverbotes, weil ein anderer Arbeitsplatz nicht zur
Verfügung steht. Der Hintergrund dazu: Wird ein ärztliches Beschäftigungsverbot
ausgesprochen, erhält die Frau für diese Zeit, ggf. bis zum Beginn des Mutterschutzes, ihr
volles Gehalt, der Arbeitgeber bekommt es von seiner Berufsgenossenschaft in vollem
Umfang erstattet. Dafür hat er im Rahmen der Lohnnebenkosten schließlich die
Mutterschaftsumlage gezahlt. Ein Krankengeld müsste er in den ersten Wochen einer
Krankheit selbst tragen. Liegt glaubhaft in der Beschäftigung eine Gefährdung der
Schwangerschaft, habe ich kein Problem, das gewünschte Beschäftigungsverbot auch zu
bescheinigen.
Eine völlig andere Situation besteht, wenn die Gefährdung der Schwangerschaft in der
Vorgeschichte oder in einer Erkrankung der Frau liegt, in Umständen, die der Arbeitgeber
nicht kennen kann. Ich denke da an viele gynäkologische Operationen, bspw. die MehrfachKonisation, an die habituelle Abortneigung oder an Krankheiten, die zur Heparin-Prophylaxe
in der Schwangerschaft zwingen. In solchen Fällen muss der Arzt tätig werden und der
Schwangeren von sich aus rechtzeitig das Beschäftigungsverbot bescheinigen. Auf die
Einsicht und ggf. auf die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers kommt es dabei gar nicht
an!
Theoretisch könnte man in vielen Fällen dieses Verbot gleich bis zum Beginn des
Mutterschutzes bescheinigen. Ich bevorzuge allerdings, wie bei der Krankschreibung, einen
mehrwöchentlichen Rhythmus; man weiß nie, wie eine Risikoschwangerschaft, und um die
handelt es sich immer, verläuft.
Die Einstellung der Schwangeren zum Beschäftigungsverbot ist sehr unterschiedlich: Manche
sind völlig konsterniert, haben sie doch damit oder ggf. so früh, nicht gerechnet. Andere sind
sichtbar erleichtert.
Aber es gibt auch Fälle, Frauen und Arbeitgeber, die ein Beschäftigungsverbot ohne
ersichtlichen Grund regelrecht fordern. Nun ist Schwangerschaft per se aber keine Krankheit.
Wo kein Risiko vorliegt, lehne ich ein Beschäftigungsverbot ab. Ich kann mich da aber auch
an Frauen erinnern, die danach prompt den Arzt gewechselt haben. Dennoch,
Gefälligkeitsbescheinigungen stelle ich nicht aus.
Schwieriger noch sind die Fälle, die von Anbeginn der Schwangerschaft krank sind. Nichts
hilft, diese Fälle sind vom Tag der Schwangerschaftsfestsstellung bis zum Mutterschutz
ununterbrochen krank. Es beginnt mit der Hyperemesis, dann folgen Rückenbeschwerden, die
Blasenentzündung, die vorzeitige Wehentätigkeit usw. usf. Jeder Gynäkologe kennt diese
Fälle. Natürlich wird die Frau behandelt und wird auch die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt
(gelbes Formular, Muster 1). Wenn das Krankengeld dann aber von der Krankenkasse kommt
und nicht mehr hundert Prozent des Gehalts beträgt und wenn es dann weniger und weniger
wird, kommt oft auch der Wunsch nach einem Beschäftigungsverbot.
Auch hier gilt: Wo Krankheit vorliegt, wird Krankheit bescheinigt. Nur dann, wenn wirklich
Risikofaktoren am Arbeitsplatz oder bei der Schwangeren vorliegen, kommt ein
Beschäftigungsverbot infrage.
Immer gilt es, die Gesundheit von Mutter und Kind in den Vordergrund zu stellen. Dabei ist
es nicht schwer, auch ehrlich zu bleiben. Wir haben es nicht nötig, uns erpressbar zu machen.
Denken Sie einfach an Ihre Nachbarn. Die wissen genau, zu welchem Arzt sie gehen, wenn
sie einen Krankenschein und zu welchem Arzt, wenn sie Hilfe brauchen.