zum - Altenheim St. Franziskus

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zum - Altenheim St. Franziskus
Franziskushaus hat „tierisch“ guten Zulauf
Beringhausen. Das Altenheim St. Franziskus macht seinem Namenspatron alle Ehre. Der Heilige
(1181/82 – 1226) stand den Tieren sehr nah, predigte zu ihnen und gilt als Erfinder der lebendigen
Weihnachtskrippe. So wie ihm, sind auch im Franziskushaus Tiere herzlich willkommen. So, wie er
seine Zuhörer durch die berühmte Vogelpredigt erreichte, erreichen heute die Mitarbeiterinnen des
Sozialen Dienstes viele Bewohner gerade durch Tiere.
Von Elisabeth Bömken
Alle Vögel sind schon da
Fangen wir lieber erst einmal klein an, mit Kanarienvögeln, zum Beispiel. Betritt man an einem
sonnigen Frühlingstag den Wohnbereich Maria, kommt man zuweilen in den Genuss ihres
legendären Gesanges. Ihr großer Käfig steht im Wohnzimmer. Eine Bewohnerin steht heute davor, im
Pflegerollstuhl. Sie sagt fast nie etwas, hört sehr schlecht, sieht auch nicht mehr so gut. Überhaupt
überfordern komplexe Abläufe sie mittlerweile, so dass sie bei Gruppenangeboten fast immer
einschläft. Aber wenn sie vor der Voliere steht, ist sie hellwach. Ihr Blick bleibt auf die Tiere gerichtet,
beobachtet und verfolgt. Denn Hansi und Coco, die beiden Sänger, hüpfen und flattern nun zwischen
den Ästen, dem Futternapf und der Tränke herum, dass es der Bewohnerin eine wahre Freude ist. Ich
öffne ein wenig das Gitter, halte den Flattermännern meinen Finger als Sitzstange hin, reiche ein paar
Körner Futter. Die beiden nehmen mein Angebot nicht an. Das ist aber auch gar nicht wichtig.
Wichtig ist, dass die Bewohnerin, die sonst nichts und niemandem auch nur zehn Minuten
Aufmerksamkeit widmet, über eine halbe Stunde lang wie gebannt dasitzt, das Gebaren der schönen
Sänger verfolgt und lächelt.
Was können zwei kleine gefangene Vögel, was ich nicht kann? - Sie haben keine Erwartungen an die
Bewohnerin. Sie haben eine für die menschliche Wahrnehmung sehr reduzierte Lebensweise, die
überschaubar ist für die Bewohnerin, deren Sinnesorgane getrübt sind. Denn die Piepmätze singen
mit eindringlichen Stimmen, flattern knallbunt auf begrenztem Raum, geraten dabei nicht aus dem
Sichtfeld, sie futtern und machen auch mal das Gegenteil. Kleinvieh macht eben auch Mist. Das sind
allesamt Handlungsweisen, welche die Bewohnerin versteht. Deshalb fällt es ihr leicht, sie länger zu
beobachten. Sie klinkt sich nicht aus. Was sie sieht, erreicht ihren Verstand und auch ihr Herz. Das
kann man an ihrem Gesicht sehr gut ablesen.
Auf den Hund gekommen
Da ist Biewer-Yorkie-Hündin Lotta schon etwas komplizierter gestrickt. Der Vierbeiner flitzt durch die
Flure, als wäre er hier zu Hause. Nun ja, das ist er bzw. sie ja auch irgendwie. Lotta hat ihren festen
Schlaf- und Ruheplatz im Büro des Sozialdienstes, feste Bindungen zu Mitarbeiterinnen und sie kennt
die interessanten Stellen, wo eine Bewohnerin Leckerchen für sie aufbewahrt oder wo sie auf ihrer
Hundedecke kuscheln darf. Aber ihr Verhalten ist nicht so überschaubar wie das der beiden
Kanariensänger im Erdgeschoss. Ihr Aktionsradius ist wesentlich größer, sie schaut einen an, bettelt
um Zuneigung, wedelt mit dem Schwanz oder lässt ihn hängen, springt vom Schoß, weil sie etwas
Unwiderstehliches in der Nase hat oder eine vertraute, lieb gewordene Stimme hört. Sie fordert
heraus, aktiviert. „Was hast du denn?“ fragt sich mancher Bewohner und sucht Antworten. Je
nachdem, zu welchem Ergebnis die Bewohner kommen, wird das Hündchen spazieren gefahren,
gefüttert, liebkost, bespaßt oder es wird ihr Spielzeug zugeworfen. Lotta fordert Beziehungen ein,
kommuniziert mit den Bewohnern, setzt sich mit ihnen auseinander, lässt sie auch schon mal quasi
im Regen stehen, wenn sie nicht bekommt, was sie möchte, und erntet dafür laute Lacher. Sie
erinnert an eigene Hunde, die hier im Dorf fast jeder hatte, als Hof- oder Haushund. Die Bewohner
erzählen noch lange, nachdem Lotta längst um die nächste Ecke verschwunden ist, von der Liebe und
Treue ihrer eigenen Vierbeiner, die verständnisvolle Freunde waren,- etwas, das man hier manchmal
doch ein wenig vermisst, trotz der vielen Mitbewohner, Betreuungskräfte und Besucher.
Lotta erinnert sie daran, dass es einmal richtig gute Zeiten gegeben hat. Wie treffend sind die Worte,
die Franz von Assisi zugeschrieben werden: Dass mir mein Hund das Liebste sei, sagst Du Mensch, sei
Sünde. Mein Hund ist mir im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde.
… hebt der Hirsch sein mächtiges Geweih
Aber nicht jeder möchte von einem solchen Temperamentsbündel aktiviert werden. Manch einer
sitzt lieber im Sessel, schaut aus dem Fenster und sinnt gemütlich den Hirschen im Außengehege
nach. Das Damwild lebt schon sehr lange hier. Länger als jeder andere. Egal, wie lange Mitarbeiter
und Schwestern schon im Hause leben oder arbeiten, die Hirsche waren schon vorher da. Von den
Haustechnikern bestens versorgt, kauen sie sich durch die Wiese. Wenn die Brennnesseln ganz hoch
stehen, irgendwann im Juni oder Juli, ist es Zeit für den Nachwuchs. Was zumeist im Dunkeln
geschieht, offenbart sich am nächsten Morgen. Manche Nachteule, die das Zimmer bei uns „nach
hinten raus“ hat, hat schon in der Dämmerung gesehen, dass neues Leben im Gehege eingezogen ist.
Die Hirschkuh hat es im hohen Kraut versteckt, schützt es vor Neugier und Gefahr, säugt es.
Sind männliche Kälbchen dabei, dürfen sie nur solange bleiben, wie sie saugen. Später, vor der
nächsten Brunft, wird es Zeit für sie, das Gehege zu wechseln, weil sie sonst ihrem Papa ins Gehege
kämen. Auch er wird alle paar Jahre ausgetauscht, um Inzucht zu verhindern. Er selbst sieht das
natürlich nicht so eng und freiwillig marschiert er schon mal gar nicht in den Viehtransporter.
Deshalb hat man schon manches Jahr den Tierarzt oder Wildpfleger in der alten Kirsche im Gehege
hocken gesehen, die Flinte mit dem Betäubungsmittel im Anschlag. Bald nach dem Auszug des
altvertrauten Oberhirschen hält der Neue sein Stelldichein und schwelgt schon bald zwischen seinen
Kühen wie der Hahn im Korb.
Spannend wird es nochmal, wenn er zu „Fegen“ beginnt. Das Geweih juckt, der Hirsch rubbelt den
Bast vom Horn, wo immer sich eine Gelegenheit bietet: am Weihnachtsbaum vom vergangenen
Christfest, der genau zu diesem Zweck ins Gehege gebracht wurde, statt dem städtischen
Weihnachtsbaum-Recycling zugeführt zu werden, am Zaun, an Bäumen oder am Gestrüpp.
Dummerweise verkanten sich die Geweihschaufeln schon mal in Zaun und Baum. So sehr Struwwel
auch kämpft und rumort,- manchmal braucht es einen gestanden Hausmeister, um ihn aus dieser
misslichen Lage wieder zu befreien,- sehr zur Freude der Zuschauer an Fenstern und Zäunen.
Damhirsch Struwwel lebt mit in einem Kahlwildrudel am Franziskushaus. Seine Frauen tragen bereits
ihr Sommerkleid. Bald bekommen sie ihre Kälber.
Fundkater Franziskus
In unseren Mülltonnen ist gar nichts Essbares drin, ehrlich! Trotzdem strandete dort im letzten
Frühling ein hilfloses Tierkind. Ein winziges weißes Kätzchen mit gestreiftem Mützchen und weichen
schwarzen Punkten auf dem Rücken maunzte herzerweichend. Da Altenheim-Mitarbeiterinnen über
ein hohes Hilfspotenzial verfügen, setzte sich nun eine richtiggehende Katzenrettungsmaschinerie in
Gang. Ein Karton wurde aus dem Altpapier gefischt und weich ausgelegt. Die Pflegedienstleitung
organisierte Katzenfutter und Katzenmilch, hübsch angerichtet in Seifenschälchen,- was man halt so
dahat. Das Tier hineingesetzt, futterte es sich durch das Nahrungsmittelangebot, bis es Durchfall
bekam. Zusehends schwand die Kraft, bis Franzi, benannt nach dem Ordens- und Hauspatron, wie
leblos im Bettchen lag und sich nicht mehr rührte. Ich brachte daraufhin das Häuflein Elend zum
Tierarzt. Franzi war ein Franzl, stellte der erst einmal fest, bevor er zwei Spritzen aufzog. Sechs bis
sieben Wochen alt mochte er wohl sein, war noch nicht allzu dehydriert und hatte deshalb gute
Chancen zu überleben. Nur wo? Diese Frage stellte sich spätestens zurück im Franziskushaus. Franzl
kuschelte sich von Schoß zu Schoß, schlief. Bloß trank er überhaupt nicht, vom Futtern ganz zu
Maunzen. Da hatte jemand die Idee mit der Spritze. Fortan erhielt Franzlchen Wasser und
eingeweichtes Trockenfutter „intraschnauzös“. Ganz langsam kam er ein wenig auf die Pfoten, doch
eine Vorstellungsrunde unter den Bewohnern zeigte sehr deutlich: Nicht jeder ist ein
„Katzenmensch“. Hundebesuch wird von allen akzeptiert, ein Kater als Mitbewohner hingegen nicht.
Kleine Katzenwelpen klettern ohne Rücksicht auf empfindliche Bewohnerhaut und teure
Gardinenstores an allem hoch, was sich gerade bietet. Da kann ein Katerchen noch so süß gucken,
Franzl! Ein Aushang mit allerliebstem Foto wurde flugs ans Schwarze Brett geklemmt. Auf der Suche
nach einem neuen Zuhause erweichte Fränzchen zwar durchaus zahlreiche Herzen, aber dennoch
wollte ihn niemand mit nach Hause nehmen. Die eine Kollegin wohnte an der Hauptstraße, die
andere hatte einen alten kranken Hund, die nächste war allergisch. Nur bei mir zuhause gab es noch
ein kleines Schlafplätzchen mit großer Obstwiese als Auslauf. Stiefschwester Lotta zeigte ihm die
besten Mauselöcher. Sie dufteten himmlisch. Zunächst wusste Franzl nicht so recht, was er damit
machen sollte. Aber heute, ziemlich genau ein Jahr später, ist Franzl ein hervorragender
Mäusefänger, gesund und vor allem ordentlich gewachsen.
Diesen kleinen hungrigen Kater fanden Mitarbeiterinnen des Franziskushauses an den Mülltonnen.
Der kleine Fundkater Franziskus war zunächst etwas verschnupft. Heute ist er ein gesunder
Schmusekater
Noch mehr Vögel sind schon da
Franzl hat überlebt und sich ganz wunderbar entwickelt. Aber nicht alle tierischen Bewohner des
Franziskushauses werden gesund. Gretchen, der wunderschöne gelbe Wellensittich einer
Bewohnerin, war leider sterbenskrank. Zitternd hing es an den Gitterstäben des Vogelkäfigs, die
Augen halb geschlossen, dass es wehtat, nur hinzuschauen. Es sah gar nicht gut aus. Die Bewohnerin
bat inniglich, das geliebte Tier zum Tierarzt zu bringen.
Alle Geschöpfe der Erde fühlen wie wir, alle Geschöpfe streben nach Glück wie wir. Alle Geschöpfe der
Erde lieben, leiden und sterben wie wir, also sind sie uns gleich gestellte Werke des allmächtigen
Schöpfers - unsere Brüder. Auch das schrieb Franz von Assisi.
Da saß ich nun also, mit dem armen Flattermann im doch sehr kleinen Käfig, im Wartezimmer beim
Tierarzt. Noch ein anderes Vögelchen war dort in der Warteschleife. Besitzerin Dagmar Dröge und
Sohn Max erkundigten sich nach der kranken Bewohnerin, die ihr Zimmer kaum verlässt und außer
den Vögeln eigentlich kaum etwas hat. Wir kamen ins Gespräch. Wenn das Tierchen überleben
würde, so entschlossen sich die beiden ganz spontan, würden sie ihm einen größeren Vogelkäfig
besorgen, versprochen! Leider überlebte Gretchen nicht, aber ihr Witwer, der grüne Coco, sollte
nicht allein bleiben, o nein! Im Tierheim im Schloss Neuhaus gab es ein ebenfalls einsames
Wellensittichweibchen, das man gern ins Altenheim geben wollte, um Gretchens Besitzerin und
natürlich Coco zu trösten. Das für die Tierheim-Vögel zuständige Ehepaar Eisenhut kam quasi flugs
gefahren, brachte Cocos „Neue“ mit, und siehe da, es begann eine richtiggehende Romanze zwischen
den beiden, mit Kuscheln, gemeinsamem Schaukeln, und neckischem Pieken. Nur der Käfig,
bedauerten Eisenhuts sehr, sei doch leider zu klein. In so enge Vogelbauer vermittelten sie eigentlich
nicht. Da hatten wir aber ein Ass unter den Flügeln bzw. im Ärmel! Es wurde kurzerhand mit Familie
Dröge telefoniert, die eine größere Voliere erstand und mit viel Zubehör vorbeibrachte. Happy End
für Coco und Lissy,- und natürlich auch für die glückliche Bewohnerin! Oder um es auf Deutsch zu
sagen: Ende gut, alles gut!
Ehepaar Eisenhut aus Salzkotten vom Tierheim Schloss-Neuhaus brachten Coco ein neues
Wellensittich-Weibchen.
Zufallsbekanntschaft Martin und Dagmar Drüke aus Paderborn schenkten der Bewohnerin Margret
Asshauer-Brinker einen neuen Vogelkäfig.
Ente gut, alles gut
Tiere im Franziskushaus sind also wirklich keine Seltenheit. Sehr ungewöhnlich indessen ist der
jüngste tierische Besuch in der Einrichtung. Drei handzahme Laufentenküken, Fritzi, Pünktchen und
Anton, waren zu Gast. Sie fegten selbstbewusst im Saal umher, die staunenden Bewohner saßen im
Stuhlkreis darum herum. Schließlich führt diese Rasse den Namen Laufente und dem machten sie alle
Ehre! Weil die Kleinen mit den dunklen Knopfaugen gerade lernen, was man so alles futtern kann
und was nicht, knabberten sie hier an einem Schuh, dort an einem dargereichten Finger. Nun lieben
sie es auch, zu schwimmen. Da ihr Schwimmteich jedoch beim besten Willen und Engagement
immobil blieb, durften alle meine Enten in der sehr viel besser transportablen Bratpfanne
schwimmen. Ich muss zugeben, dass ein einzelner Herr doch, sagen wir, irritiert schaute. Dennoch
fing er, wie viele andere seiner Mitbewohner auch, zu erzählen an, von den eigenen Enten zuhause
oder von denen, die der Vater gehalten hatte. Wer nicht erzählte, strahlte still vor sich hin.
Dann machte die Entenpfanne samt Stall die Runde durch das Haus, auf einem ausgedienten
Teewagen auch hin zu kranken und schwachen Menschen, die das Bett kaum mehr verlassen. Dem
Watschel-Nachwuchs beim Baden zuzuschauen war bereits pure Freude. Aber wie es mit Tier- und
auch Menschenkindern eben so ist, man möchte sie anfassen, streicheln. Das durften die Bewohner
auch mit Pieps und Co. Wer die Hände nicht mehr bewegen konnte, dem watschelten sie gar, auf
dem Enteneigenen Handtuch entgegen. Die Augen einer Bewohnerin wurden ganz groß und
strahlten voller Herzenswärme, kann doch die Dame seit Jahren ihre Gliedmaßen nicht mehr
bewegen.
Bewohnerin Martha Strake bekommt Besuch von den Laufentenküken Fritzi, Pünktchen und Anton.
Elisabeth Bömken, Mitarbeiterin im Sozialen Dienst, hält einer bettlägerigen Bewohnerin das
lebendige Flauschebällchen hin. Sanft streichelt sie es.
Bewohnerin Ilse Schluer erzählt Laufentküken Pünktchen, dass sie gern für es sorgen möchte.
Wie war das noch mit Franz von Assisi? Der Ordensmann war mit vielen seiner Brüder nahe Assisi
unterwegs. In seiner Biographie, geschrieben von Thomas von Celano, heißt es: Dort war eine große
Schar von Vögeln aller Arten versammelt. Als er sie erblickte, ließ er seine Gefährten auf dem Wege
zurück und lief rasch auf die Vögel zu. Ungeheure Freude erfüllte ihn. Unter anderem sagte er zu
ihnen: „Meine Brüder Vögel! Gar sehr müsst ihr euren Schöpfer loben und ihn stets lieben; er hat euch
Gefieder zum Gewand, Fittiche zum Flug gegeben und alles, was ihr nötig habt. Vornehm machte
euch Gott unter seinen Geschöpfen, und in der reinen Luft schuf er euch Wohnung. Ihr sät nicht und
erntet nicht, und doch schützt und leitet er euch, ohne dass ihr euch um etwas zu kümmern braucht.“
Schließlich segnete er sie. Da zog nun auch Franziskus mit seinen Gefährten freudigen Herzens weiter
und dankte Gott, den alle Geschöpfe auf ihre Art bekennen und verehren.
Franz von Assisi predigt den Vögeln. Die Bronzestatue steht im Foyer des Franziskushauses.