ard-morgenmagazin – service 30.01.2014

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ard-morgenmagazin – service 30.01.2014
ARD-MORGENMAGAZIN – SERVICE 30.01.2014
THEMA:
KAUFEN IM INTERNET
Autor:
Heinz Pohl
EXPERTE IM STUDIO:
WOLFGANG BÜSER
Funktion:
MoMa-Rechtsexperte
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Internet statt Kaufhaus: Immer mehr Menschen kaufen online – allein in der Bundesrepublik sollen es mittlerweile mehr als 30 Millionen Menschen sein. Und laut „Statista“ erwarten mehr als 60 Prozent der Einzelhändler in Deutschland, dass der herkömmliche
Handel im Jahr 2014 zugunsten des Online-Handels weiter an Bedeutung verlieren wird.
Und das, obwohl Kunden sich im Netz schnell verfangen können.
Auch deswegen wird im Laufe des Jahres eine neue EU-Verbraucherrichtlinie in Kraft treten,
die die Regeln über Haustürgeschäfte und Fernabsatzgeschäfte zusammenführen soll. Die
Richtlinie hat das Ziel, die Rechte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzugleichen
und einen funktionierenden Binnenmarkt zu gewährleisten. Und natürlich sollen die Verbraucher
stärker geschützt werden als bisher. Denn: Warenbetrug im Internet macht laut der bundesweiten Polizeilichen Kriminalstatistik knapp ein Viertel aller Straftaten aus.
Betrüger verstehen es gut, Menschen mit niedrigen Preisen zu locken. Deswegen sollte jeder
Einkauf im Internet gründlich geprüft werden, beispielsweise auf sichere Zahlungswege und auf
das Widerrufs- und Rückgaberecht. Obwohl immer noch viele Betrugsfälle im Netz geschehen,
ist es so, dass immer mehr Menschen den Onlinekauf für sich entdecken. Die Tatsache, dass
sie häufiger im Netz shoppen und auch die Warenkörbe wesentlich größer werden, spricht für
die Seriösität vieler Anbieter und das steigende Vertrauen der Bürger in den E-Commerce.
Der Bundesverband des Deutschen Versandhandels e.V. (bvh) hat „Sieben Goldene Regeln“
zum sicheren Einkauf im Internet veröffentlicht:
1. Wählen Sie sichere Passwörter und geben Sie diese nicht an Dritte weiter.
2. Achten Sie auf technische Sicherheit bei der Datenübertragung.
3. Prüfen Sie die Seriösität des Anbieters.
4. Prüfen Sie Artikelbeschreibung sowie Versand- und Lieferbedingungen.
5. Wählen Sie sichere Zahlungsmethoden.
6. Achten Sie auf Ihr Widerrufs- oder Rückgaberecht bei gewerblichen Anbietern.
7: Schützen Sie sich vor Datenklau.
Diese Punkte bringen nur dann etwas, wenn sie „mit Leben gefüllt werden“. Denn welcher Verbraucher kennt beispielsweise den besten Schutz vor Datenklau? Der jüngste Hackerangriff auf
E-Mail-Adressen von Bundesbürgern hat das Dilemma noch einmal verdeutlicht. Der „bvh“ hat
dazu gemeinsam mit der Polizei und eBay die Seite www.kaufenmitverstand.de ins Internet
gestellt, auf der zahlreiche Tipps und Hinweise zu finden sind.
Hier die rechtlichen Aspekte, wenn der Kauf „in die Hose gegangen“ - oder zumindest ins
Stottern gekommen - ist:
Wichtige Fragen und Antworten
Grundsätzlich gilt auch im Online-Shop: Sobald es zwischen Käufer und Verkäufer zu einem
wirksamen Kaufvertrag gekommen ist, ist der Verkäufer zur Übergabe der Ware verpflichtet.
Was kann ich tun, wenn ich den Artikel bezahlt habe, er aber nicht geliefert wird?
Versuchen Sie zunächst, per E-Mail oder Telefon, direkten Kontakt mit dem Verkäufer aufzunehmen und das Problem zu lösen. Online-Marktplätze und Gütesiegel-Anbieter bieten oftmals
zusätzliche Hilfestellungen (siehe Infokasten „Weitere Tipps“).
Führt der Kontaktversuch zu keiner Lösung, setzen Sie dem Verkäufer eine Frist von beispielsweise 10 Tagen zur Lieferung des Artikels. Am besten nutzen Sie hierfür ein Einschreiben mit
Rückschein, um im Zweifel die Fristsetzung beweisen zu können.
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Bei Nicht-Lieferung innerhalb der gesetzten Frist gibt es mehrere Möglichkeiten:
Sollte ein Betrugsfall vorliegen, können Sie bei der Polizei Strafanzeige erstatten. Dafür sollten
Sie folgende Unterlagen mitbringen: verfügbare Daten des Verkäufers, einen Ausdruck des
Angebots sowie einen Zahlungsbeleg.
Weitere Tipps:
• Haben Sie über einen Online-Marktplatz gekauft, der Käufer und Verkäufer zusammenbringt, sollten Sie prüfen, ob Sie den Kundenservice der Plattform zur Unterstützung der
Problemlösung nutzen können.
• Prüfen Sie, ob Sie zusätzliche Schutzprogramme, die einige Online-Marktplätze anbieten, nutzen können, wie zum Beispiel auf eBay den PayPal-Käuferschutz.
• Internet-Gütesiegel bieten oftmals zusätzliche Sicherheit, zum Beispiel durch kostenloses Beschwerdemanagement zwischen Käufer und Verkäufer oder eine Geld-zurückGarantie.
Was kann ich tun, wenn die Ware beim Versand verloren gegangen oder beschädigt ist?
Wenn Sie die Ware bei einem privaten Anbieter gekauft haben, tragen grundsätzlich Sie als
Käufer das Versandrisiko. Der Verkäufer muss jedoch nachweisen, dass er den Artikel verschickt hat. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Sie deshalb beim Kauf von einem privaten Anbieter immer eine versicherte Versandart wählen. Hier stehen Ihnen dann gegebenenfalls
Ansprüche gegen das Transportunternehmen zu.
Haben Sie die Ware als Verbraucher bei einem gewerblichen Anbieter gekauft, so trägt der
Verkäufer das Versandrisiko und muss bei Verlust oder Beschädigung der Ware den Kaufpreis
erstatten oder erneut liefern. Sollte er dazu nicht bereit oder in der Lage sein, lassen Sie sich
rechtlich beraten.
Mangelhafte Ware eines gewerblichen Anbieters. Was tun??
Handelt es sich um einen Kauf von einem gewerblichen Verkäufer, können Sie von Ihrem Widerrufs- oder Rückgaberecht Gebrauch machen (Infokasten „Widerrufs- oder Rückgaberecht“).
Prüfen Sie den Mangel, denn „Mangel“ heißt: Die Ware weist nicht „die im Kaufvertrag vereinbarte Beschaffenheit“ auf oder besitzt nicht die für den üblichen Gebrauch erforderlichen Eigenschaften (siehe Infokasten „Gewährleistungsrecht“.)
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Der Verkäufer hat zunächst das Recht und die Pflicht zur Nacherfüllung. Das bedeutet,
er kann den Mangel durch Reparatur oder Nachlieferung mangelfreier Ware ausräumen.
Hierbei können Sie als Käufer entscheiden, was Sie bevorzugen. Das Gesetz verlangt,
dass Sie dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen müssen, zum
Beispiel 10 Tage.
Wenn die Nacherfüllung nicht erfolgreich ist oder der Verkäufer sich weigert, können Sie
vom Vertrag zurücktreten. Den Rücktritt müssen Sie gegenüber dem Verkäufer erklären
– am besten per Einschreiben mit Rückschein – und die Ware zurücksenden. Der Verkäufer ist dann zur Erstattung des Kaufpreises verpflichtet
Möchten Sie den Artikel trotz des Mangels behalten, so können Sie sich mit dem Verkäufer auf die Erstattung eines Teilbetrags des Kaufpreises einigen
Zahlt Ihnen der Verkäufer den Kaufpreis oder Teilbetrag nicht zurück, können Sie rechtliche
Schritte einleiten. In diesem Fall verfahren Sie wie zuvor beschrieben.
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Widerrufs- oder Rückgaberecht:
Als Kunde haben Sie bei gewerblichen Anbietern entweder ein Widerrufs- oder Rückgaberecht.
Beides erlaubt Ihnen als Käufer, im Rahmen einer Frist von mindestens 14 Tagen ohne Angabe
von Gründen von einem über das Internet geschlossenen Vertrag zurückzutreten. Hierbei gibt
es einige Ausnahmen – etwa für verderbliche Waren. Der jeweiligen Kundeninformation können
Sie entnehmen, ob Ihnen statt des Widerrufs- ein Rückgaberecht eingeräumt wird. Wenn Ihnen
ein Widerrufsrecht zusteht, genügt ein formloses Schreiben, auch per E-Mail. Sie sind zur
Rücksendung der Ware verpflichtet, falls diese sich als Paket versenden lässt; ansonsten muss
der Verkäufer die Ware abholen. Hat Ihnen der Verkäufer statt des Widerrufsrechts ein Rückgaberecht eingeräumt, können Sie sich nur vom Vertrag lösen, indem Sie den Kaufgegenstand
an den Verkäufer zurücksenden. Die Kosten für die Rücksendung muss grundsätzlich der Verkäufer übernehmen. Im Falle des Widerrufsrechts können Ihnen die Rücksendekosten auferlegt
werden, wenn der Warenwert 40 Euro nicht übersteigt. Auf eine solche Regelung muss der
Verkäufer Sie jedoch hinweisen. Für die Rücksendung der Ware nutzen Sie am besten den
häufig beigelegten Rücklieferungsschein.
Gewährleistungsrecht
Unter dem Begriff der Gewährleistung versteht man die gesetzliche Verpflichtung des Verkäufers, für Mängel der Ware einzustehen (Mängelhaftung). Die Gewährleistungspflicht des Verkäufers räumt dem Käufer Rechte ein, falls die Ware bei der Übergabe mangelhaft ist. Die Gewährleistung umfasst keine Fehler, die durch den Gebrauch verursacht werden. Die Gewährleistungspflicht für Neuware beträgt 2 Jahre ab dem Zeitpunkt der Warenübergabe. Bei gebrauchten Waren kann ein gewerblicher Verkäufer diese Frist auf 1 Jahr verkürzen. Dabei ist zu beachten, dass im Rahmen dieser Gewährleistung bei einer Reklamation der Verkäufer nur in den
ersten sechs Monaten zu beweisen hat, dass die Ware zum Zeitpunkt des Verkaufs in Ordnung
gewesen ist. Danach ist der Käufer in der Pflicht. Verkäufer oder Hersteller können die Gewährleistungspflicht mit einer Garantie freiwillig auf längere Zeit ausdehnen, auch nur auf bestimmte
Teilbereiche.
Gewährleistung bei privaten Verkäufern
Private Verkäufer können die Gewährleistung ausschließen. Achten Sie also auf entsprechende
Angaben im Angebot. Der Gewährleistungsausschluss ist jedoch nicht wirksam, wenn ein Mangel der Ware verschwiegen oder bewusst falsche Angaben zum Artikel gemacht wurden. Bei
Verdacht auf mutwillige Täuschung können Sie Ihre Ansprüche auf rechtlichem Wege durchsetzen.
Gerichtsurteile zum Thema „Internet-Handel“:
Unklare Artikel-Beschreibung geht auf die Kappe des Anbieters - Beschreibt ein eBayVerkäufer einen Artikel (hier ein Armband) so zweideutig, dass potenzielle Kunden annehmen,
es handele sich um etwas besonders Wertvolles (hier aus purem Gold), so muss der Anbieter
damit leben, dass ein Bieter im Glauben, ein echtes Schnäppchen erworben zu haben, sich
wehrt und Schadenersatz fordert. So geschehen beim Angebot eines "massiv goldenen Armbandes", das für 500 Euro zunächst den Eigentümer wechselte. Es war allerdings nur aus vergoldetem Messing. Der Verkäufer wehrte sich mit dem Argument, dass sein Angebot "ein goldfarbenes Armband in massiver Form", nicht ein "Massivgold-Armband" betroffen habe. Ohne
Erfolg. Das Landgericht Karlsruhe verurteilte ihn zur Rücknahme des Armbandes sowie zu einer Schadenersatzzahlung in Höhe von 2.000 Euro, dem Materialpreis für ein solches Armband
(abzüglich des Kaufpreises von 500 €), zumal es im Netz in der Kategorie "Edelmetall: Gold" mit
einem Goldanteil von "750er/18kt." angepriesen war. (LG Karlsruhe, 9 S 391/12)
Eine pauschal schlechte Bewertung setzt nicht unbedingt herab - Bewertet eine Käuferin
im Internet (hier einen Amazon-Händler) mit "Miserabler Service, kundenfreundlich geht anders!", ohne auf Details einzugehen, so handelt es sich um eine Meinungsäußerung, die rechtlich nicht angreifbar ist. Dabei sei zu berücksichtigen, "dass der unternehmerpersönlichkeitsverletzende Gehalt der angegriffenen Bewertung" zumindest teilweise dadurch abgeschwächt wer-
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de, dass es sich bei der Äußerung um eine wenige Worte umfassende sachliche Meinungskundgabe handele. Von einer Schmähkritik (wie hier vermutet) könne keine Rede sein. (LG
Köln, 28 O 452/12)
Bestellungen aufnehmen ohne Vorrat geht nicht - Das Landgericht Hamburg hat entschieden, dass ein Online-Shop-Betreiber, der Ware zum Verkauf anbietet, die er nicht sofort liefern
kann, ohne Angaben zu einer begrenzten Verfügbarkeit zu machen, wettbewerbswidrig handelt.
Im konkreten Fall ging es um einen Fernseher, der online bestellt worden war. Wert: 3.374 Euro. Am Tag nach der Bestellung erhielt der Kunde eine E-Mail, dass das Gerät über den Vormittag bereits mehrmals verkauft worden sei und nicht mehr kurzfristig herein käme. Ferner die
Info: „Bitte entschuldigen Sie diese Verwechslung, dieser Auftrag besteht weiterhin.“ Als das
Gerät nach fast zwei Monaten immer noch nicht da war, bot der Händler eine Stornierung an,
weil der Fernseher kurzfristig nicht lieferbar sei. Der Kunde zeigte das Vorgehen an, und der
Händler kassierte eine Abmahnung, gegen die der Betreiber des Internet-Shops klagte. Vergeblich: Es sei „irreführend, für eine Ware zu werben, die unter Berücksichtigung der Art der Ware
sowie der Gestaltung und Verbreitung der Werbung nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage vorgehalten ist.“ Der Händler musste eine Unterlassungserklärung abgeben und die Abmahnkosten bezahlen. (LG Hamburg, 312 O 637/08)
Den "Kaufen-Button" wegzulassen ist verboten, wenn's um Verbraucher geht - Das Landgericht Leipzig hat es einem Internet-Versandhändler (hier: der JW Handelssysteme GmbH)
untersagt, Verbrauchern auf seiner Seite "Melango.de" Waren anzubieten, ohne den vorgeschriebenen Kaufen-Button zu verwenden. Dem Unternehmen konnte das Argument nicht helfen, sich mit seinen Angeboten nur an Gewerbetreibende zu wenden, für die die Beanstandungen nicht gelten. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) konnte nachweisen, dass es
jederzeit auch Verbrauchern möglich sei, sich einzuloggen. (Sie wurden anschließend mit einer
Grundgebühr in Höhe von 249 € und einer Aufnahmegebühr in Höhe von 199 € belegt, ohne
zuvor ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden zu sein, so die vzbv.)
(LG Leipzig, 8 O 3495/12)
Wenn fehlende Grundpreise nicht nur "Ausreißer" sind... - Fehlen bei Warenangeboten im
Internet neben Endpreisen Grundpreise (zum Beispiel für 1 kg), so handelt es sich um einen
Wettbewerbsverstoß, der durch eine Abmahnung und die Forderung, eine Unterlassungserklärung abzugeben, geahndet werden kann. (Hier zu Gunsten eines Wettbewerbsverbandes gegen den Internetversender Amazon entschieden, der sich zur Verteidigung darauf berufen hatte, dass es sich um wenige "Ausreißer" gehandelt habe, die im Massengeschäft schon einmal
vorkommen könnten.) (OLG Köln, 6 U 46/12)
60 Bewertungen sowie 250 Akkus sprechen für ein Gewerbe - Bietet ein Händler auf der
Internetplattform eBay insgesamt 250 Akkus in verschiedenen Verpackungsgrößen an, so ist
von einem gewerblichen Handel auszugehen. Ein Hinweis im Angebot, dass es sich um einen
„Privatverkauf“ handele, ohne Garantie und Gewährleistung sowie ohne Rückgaberecht, ändere
nichts an der Gewerblichkeit. Auch die Behauptung des Händlers, er habe die Akkus vom Arbeitgeber geschenkt bekommen und veräußere sie nun privat, könne zu keinem anderen Ergebnis führen. Die geschäftliche Tätigkeit des Mannes habe zu dem Zeitpunkt begonnen, in
dem er die Akkus in kleinen Mengen auf seinem eBay-Account zum Verkauf angeboten hatte.
Für einen echten Handel sprachen hier auch die inzwischen 60 Bewertungen auf seinem Portal.
Um effektiven Verbraucherschutz zu gewährleisten, muss er die gesetzlichen Vorgaben einhalten - zum Beispiel hinsichtlich der Gewährleistungspflicht. (OLG Hamm, 4 U 147/12)
Marken, die Rechtsextreme tragen, dürfen gesperrt werden - Die Internetplattform eBay darf
den Handel mit bestimmten, der rechtsextremen Szene zugeordneten Kleidungsmarken sperren. Das Unternehmen, dem diese Marken gehören, kann sich nicht dagegen wehren. Auch
dürfe im vorläufigen Rechtsschutz entschieden werden (was der Händler bestritt). Denn würde
eBay „einstweilig“ gerichtlich gezwungen, den Vertrieb bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu erlauben, könne das nicht mehr rückgängig gemacht werden, selbst wenn sich her-
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ausstellen sollte, dass die Waren der Markeninhaberin zu Recht vom Verkauf ausgeschlossen
wurden. Ferner wiege der eBay drohende Schaden, mit in rechtsextremen Kreisen beliebter
Kleidung in Verbindung gebracht zu werden, schwerer als ein etwaiger Umsatzrückgang des
Markeninhabers. (LG Nürnberg-Fürth, 4 HK 1975/13)
Ein Online-Baukasten ist kein individueller Kundenwunsch - Zwar steht einem Kunden, der
im Internet oder über den Versandhandel eine Ware kauft, nach dem Fernabsatzgesetz kein
Widerrufs- und Rückgaberecht zu, wenn die Ware "nach Kundenspezifikation" hergestellt wurde. Bietet ein Onlinehändler für Laptops allerdings die Möglichkeit, sich online die Konfiguration
eines Notebooks mittels eines Baukastensystems nach seinen Wünschen zusammenzustellen,
so handelt es sich dabei aus Sicht des Amtsgerichts Berlin-Köpenick (noch) nicht um eine speziell nach Kundenwunsch angefertigte Ware im Sinne des Gesetzes. Der Verbraucher kann das
Notebook deshalb innerhalb der Widerrufsfrist an den Händler zurückgeben. (AmG BerlinKöpenick, 6 C 369/09)
Wer Hosen nicht liefert, muss entgangenen Gewinn ersetzen - Hat ein gewerblicher Textilhändler über eine Internetauktionsplattform 10.000 neuwertige Hosen ersteigert (hier zu einem
Preis von 20.000 €), so muss der Verkäufer Schadenersatz leisten, wenn er anschließend angibt, die Hosen seien mittlerweile anderweitig veräußert worden, wovon er aber nichts gewusst
haben will. (Hier soll der Bruder des Verkäufers nach einem Wasserschaden die Hosen verkauft
haben.) Kann der geprellte Händler glaubhaft machen, dass er einen Abnehmer gehabt hat, der
die Hosen übernommen und dafür 30.000 Euro gezahlt hätte, so muss der entgangene Gewinn
als Schadenersatz gezahlt werden. Das Landgericht Coburg: "Die eingetretene Unmöglichkeit
der Lieferung hat der Verkäufer zu vertreten". Er müsse seinen Geschäftsbetrieb so organisieren, dass Veräußerungen, die bestehenden Verträgen widersprechen, unterbleiben.
(LG Coburg, 14 O 298/12)
Statt "zwei Stunden" nur "Sekunden" im Angebot - das darf auch Amazon nicht - Wirbt
ein Internetversandhändler (hier: Amazon) für "Schnäppchen", die innerhalb von zwei Stunden
abgerufen werden könnten, so handelt er wettbewerbswidrig, wenn das Angebot bereits nach
"Sekunden" ausverkauft ist. Der Vorrat muss für mindestens eine halbe Stunde ausreichen, so
der gegen das Unternehmen klagende Verbraucherzentrale Bundesverband. Dies insbesondere dann, wenn das beworbene Produkt zum Normalpreis weiterhin im Angebot des Versenders bleibt. (LG Berlin, 91 O 27/11)
Erst wenn der Käufer feststeht, muss über den Widerruf belehrt werden - Ein Versandhändler, der unter anderem über das Internet-Auktionshaus eBay Schmuck verkauft, kann es
einem Konkurrenten nicht untersagen lassen, seinen Kunden, die am Ende der jeweiligen Auktion das Höchstgebot abgegeben haben, dann "erst" die Widerrufsbelehrung mit der verkürzten
Widerrufsfrist von 14 Tagen zuzumailen. Zwar lägen dann zwischen Abgabe des Höchstgebotes und Abschluss des Geschäftes unter Umständen mehrere Tage (das Gesetz schreibt vor,
die Belehrung "unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform" mitzuteilen). Das sei jedoch
hinzunehmen, weil es dem Verkäufer nicht zumutbar sei, so das Oberlandesgericht Hamm, früher zu handeln. Denn erst nach erfolgreichem Abschluss der Auktion stünde die Identität des
Vertragspartners fest. (OLG Hamm, 4 U 145/11)
Wenn Flachbildschirme nur 199,99 Euro kosten - Das Amtsgericht Fürth hat entschieden,
dass falsche Preisangaben im Internet unter bestimmten Umständen für den Verkäufer bindend
sein können. Im konkreten Fall ging es um Flachbildschirme eines Online-Händlers (hier: Quelle), die irrtümlich zu einem falschen Preis ins Internet eingestellt worden waren. Die Kunden
wurden jedoch nicht oder erst sehr spät auf den Irrtum hingewiesen - deswegen wurde das Unternehmen verpflichtet, die Flachbildschirme zum ausgewiesenen Preis (hier von 199,99 € statt
1.999,99 €) auszuliefern. Dadurch, dass der Preis so eingestellt und eine Bestätigung herausgeschickt wurde, sei ein Vertrag zustande gekommen, an den der Versandhändler gebunden
bleibt. Das gelte auch dann, wenn der Vorgang automatisch ablaufe. (Die in den beiden Verfahren klagenden Kunden hatten von Quelle nach der Online-Bestellung eine Anzahlungsaufforde-
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rung erhalten. Einen der Käufer informierte das Unternehmen nachträglich über den Irrtum,
nach Ansicht des Gerichts aber unverhältnismäßig spät, weil nicht mehr von Irrtum gesprochen
werden könne, wenn zu dem Zeitpunkt, an dem das Angebot geklickt wurde, der Versandhändler schon von dem niedrigeren Preis gewusst habe.) (AmG Fürth, 360 C 2779/08 u. a.)
Virtueller Ölkauf muss gegenständlich abgewickelt werden können - Auch ein Internethändler, der Motorenöle im Versandhandel vertreibt, muss private Endverbraucher darauf hinweisen, dass das Altöl bei einer von ihm zu bezeichnenden Annahmestelle kostenlos zurückgegeben werden kann. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der Altölverordnung. Doch
konnte darauf im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung im Jahr 1987 noch nicht eingegangen werden, weil es damals noch keinen Versandhandel mit Motorenöl gab. Die Anwendung auf Händler, die ihre Waren über das Internet absetzen, ist aber aus Gründen des Umweltschutzes erforderlich. (Hanseatisches OLG Hamburg, 5 W 59/10)