review: mafia 2 special: super nintendo

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review: mafia 2 special: super nintendo
freaks-on-sofa.org
d
ausgabe 3 / 2010
review: mafia 2
special: super nintendo
gewaltdebatte: GameRights
ausserdem: rückblick: mafia • kurzgeschichte • kolumnen • news
klopf,
klopf...
...wer ist da? Katsumi und Lee freuen sich wie zwei Jinjos.
Für unser aller dritte Ausgabe haben wir erstmals zwei Mitautoren gefunden, die sehr interessante Kolumnen beigetragen
haben. Dazu kommt ein netter Herr, der unseren Bericht über
den GameRights-Verein illustriert hat und nach Gelegenheit
auch in Zukunft für uns kritzeln wird.
Vor lauter Freude um den Zuwachs ist uns kaum aufgefallen,
dass wir diesmal ein breites Spektrum an Themen ins Magazin
gekriegt haben. Mit der Vorstellung von GameRights haben wir
einen ersten Schritt gemacht, uns mit der Gewaltdebatte zu
beschäftigen. Mit den Mafia-Reviews setzen wir das "NeuesSpiel-altes-Spiel-Konzept" fort. Die Kurzgeschichte um das
rosa Nashorn wird zu Ende geführt und für die Retro-Fans ist
in Zusammenarbeit mit SNESFREAKS ein informatives Special
entstanden.
unsere partner:
«freaks on sofa» ist ein Online-Magazin, das im Abstand von zwei Monaten erscheint
und Interessierten auf gleichnamigem Blog (www.freaks-on-sofa.org) unentgeltlich
als Download zur Verfügung gestellt wird. Die Urherber der enthaltenen Texte und
Bilder sind, sofern nicht anders angegeben, ausschliesslich die Betreiber des Projekts. Screenshots werden mit Hilfe eigener Hard-und Software erstellt. Quelle von
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Die Redaktion ist erreichbar unter: freaks-on-sofa.org / [email protected]
Bleibt nur noch, unsere Freude auf folgenden Seiten auf euch
überschwappen zu lassen.
inhalt
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news
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kolumnen
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review: Mafia 2
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rückblick: Mafia
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gewaltdebatte:
der verein GameRights
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retro-special:
das super nintendo
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kurzgeschichte
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coming up november
news Medal of Honor
feindbild
taliban
comments
Zwei Monate lang ist in der Welt der Gaming-News nichts wirklich Interessantes geschehen. Klar, es gab die eine oder andere Neuankündigung. Für richtigen Gesprächsstoff sorgte
aber nur EA mit Medal of Honor. Im neusten Ableger kämpft
man gegen die Taliban, im Multiplayer ist es gar möglich, mit
den Taliban selbst zu agieren. Das erste Mal in der Geschichte
der MoH-Reihe spielt man nicht im zweiten Weltkrieg. Ziel der
Missionen ist meist, die Taliban in Afghanistan unschädlich zu
machen. Mit anderen Worten: man spielt einen aktuellen, anhaltenden Konflikt nach, was manch einem sauer aufstösst. Es
sei gegenüber den gefallenen Soldaten respektlos, wenn man
mit den Taliban Amerikaner erschiessen könne.
d
Lee: «Könnt ihr euch noch an die Flughafen-Mission
in Modern Warfare 2 erinnern? Wahrscheinlich. Stört
sich noch jemand daran? Wohl kaum. Die hitzigen
Diskussionen um diese fragwürdige und absurde
Mission sind längst erloschen. Medienwirksam war
es trotzdem. Modern Warfare 2 hat Verkaufsrekorde
gebrochen. EA provoziert mit Medal of Honor nun
genauso und wird davon profitieren. Ich finde das erbärmlich. Andererseits verstehe ich nicht ganz,
warum man ein Drama daraus machen muss, wenn
man in einem Spiel mit den Taliban Amerikaner
erschiessen kann. Plötzlich horchen die Amis auf.
Dass schon abertausende Deutsche und vor allem
Russen, die noch immer als Feindbild herhalten
müssen, erschossen wurden und werden, kümmert
sie hingegen nicht.
«Dass schon seit
jeher Deutsche und
vor allem Russen als
Feindbild herhalten
müssen, kümmert
niemanden.»
Erbärmlich find ich übrigens nicht nur die medienwirksame Provokation, sondern auch die momentane Bevorzugung des Shooter-Genres. Seit Monaten
sind neben Wii-Titeln zuoberst in den Verkaufscharts
praktisch nur Shooter zu finden. Der Erfolg von ‹Call
of Duty: Black Ops› ist schon vorprogrammiert. Auch
Medal of Honor wird mit Sicherheit eine Million Vorbestellungen erreichen. Solange das so bleibt, bieten die Spieler den Entwicklern und Publishern eine
Plattform für ebensolche Provokationen.»
kommentare
kolumne
E
Diese Assoziationen gehen aber weit über die musikalische
Spieluntermalung hinaus. Hat zum Beispiel ein Game, das man
in einer glücklichen Grundstimmung gezockt hat, Jahre später
einen höheren Wiederspielwert als eines, bei dem das Gegenteil der Fall ist (Spiele, die durch ihre Atmosphäre die eigene
Grundstimmung massgeblich verändern können, mal ausgenommen)? Ich glaube schon.
Früher hatte ich einen viel persönlicheren Bezug zu
Games. Beispielsweise hatte mir mein Onkel seine
Playstation mit Final Fantasy VII ausgeliehen. Selbst
konnte ich mir keine Games leisten. Also hab ich
meine komplette Freizeit über Monate diesem einen
Spiel gewidmet. Die Akteure sind mir ans Herz gewachsen, der Soundtrack ist mir in Fleisch und Blut
übergegangen. Kurz: Mein Leben drehte sich zu einem grossen Teil um dieses Spiel. Es gab keinen Gamerscore, keine Freunde, die ich mit meinem goldenen Chocobo beeindrucken konnte. Ich spielte das
Spiel nur um des Spieles Willen.
früher war alles besser...
Damals hatte ich meine erste richtige Freundin, die
Welt war noch neu, unentdeckt, unverbraucht. Mit
Final Fantasy VII assoziiere ich also ein bestimmtes
Lebensgefühl, eine bestimmte Zeit in meinem Leben. Das ist auch einer der Gründe für die ewige
„früher war alles besser“ Diskussion. Man hat die
Spiele intensiver erlebt, sie mehr mit sich selbst
verknüpft, das Gehirn hat, vielleicht auch unbewusst,
mehr Assoziationen hergestellt. Zumindest ist das
bei mir so. Ich konnte das für mich so testen:
E
spielen
um des
spieles
willen
Jeder, der mal ein Spiel der FIFA-Reihe über längere Zeit gezockt hat, kennt das. Da hört man im Kaufhaus, an einer Party,
im Radio, bei einem Kollegen, oder wo auch immer man sich
noch beschallen lassen kann, ein bestimmtes Lied und sofort
sieht man sich Steilpässe spielen, Weitschüsse versenken oder
langsame Gegenspieler überrennen, weil man den Soundtrack
nach zig Stunden elektronischem Fussball einfach intus hat.
1. Überlege dir ein Gamegenre. Welches ist das erste Spiel, dass dir dazu einfällt? Praktisch bei jedem
Genre kam mir als erstes ein Spiel aus meiner Kindheit in den Sinn. Und das, obwohl die Spiele heute,
dank genialer Grafik, HDTV's, 5.1 Systemen etc. ein
viel intensiveres Spielerlebnis bieten sollten. Dies
bringt mich zu Test 2:
2. Was für Assoziationen hast du zu älteren bzw.
neueren Games? Hierbei ist mir aufgefallen, dass ich
mit älteren Games eher Emotionen oder Erlebnisse
verbinde, während dies bei neueren Games eher Assoziationen technischer Natur sind.
...oder doch nicht?
Natürlich gibt es Ausnahmen. Dennoch stellt sich
mir die Frage: Ist denn jede Geschichte schon erzählt, so dass nur noch durch technische Aspekte
überzeugt werden kann? Oder liegt es am Ende an
mir? Sind mir meine Begeisterung, meine Aufnahmefähigkeit, meine Neugier und mein Durchhaltevermögen irgendwo auf dem Weg abhanden gekommen? Liegt es daran, dass die Spiele heute von
schlechterer Qualität sind? Oder ist das Gegenteil
der Fall und es erscheinen einfach zu schnell zu viele gute Spiele, sodass ich den meisten gar nicht die
verdiente Aufmerksamkeit zukommen lasse? Wie
kann es sein, dass die Handlungen ein paar weniger
Pixel mich mehr berührt, geprägt und bewegt haben,
als gewisse, fast lebensechten HD-Charaktermodelle inklusive kompletter Deutschsynchronisation?
Ich denke, die Ursache ist eine Mischung aus den
genannten möglichen Gründen. Einerseits ist es normal, dass Menschen Erfahrungen, die sie zum ersten Mal machen, intensiver wahrnehmen. Zweitens
ist auch das sogenannte Schubladendenken sehr
verbreitet. Dies führt dazu, dass die meisten Games
nicht als völlig neue Spielerfahrung wahrgenommen,
sondern in eine bestimmte Genre-Schublade gesteckt und mit ähnlichen, bereits existierenden Spielen assoziiert werden. Um aus diesem Schema auszubrechen und die Ausnahme zu dieser Theorie
darzustellen, muss ein Spiel also entweder extrem
innovativ sein oder aber ein bekanntes Prinzip besser als die restlichen Genrevertreter umsetzen. Gelingt dies nicht, kann ein Spiel natürlich dennoch gut
sein, es wird sich aber nicht all zu viel davon für längere Zeit im Gehirn festsetzen, da es irgendwo im
Input-Einheitsbrei des Alltags verschwinden wird.
Natürlich auch weil in gleichen Quartal mindestens
6 Spiele mit vergleichbarer Qualität erschienen sind.
kolumne
Wie kann man also Spiele wieder richtig in sich aufnehmen, richtig geniessen? Meiner Meinung nach
findet man in der Kindheit den besten Lösungsansatz. In jedem Gamer steckt noch ein neugieriges,
verspieltes Kind. Und wenn das Motto vieler Spieleschmieden scheinbar «Was früher funktioniert hat,
funktioniert sicher auch heute (wenn auch in besserer Form)» ist, dann sollte dieses Motto für uns Spieler auch funktionieren.
E
Nach reichlicher Überlegung, Schwelgen in der Kindheit bzw. Jugend und einigen nostalgischen Momenten hier also Minamoto's Checkliste «Wie geniesse
ich Games wieder richtig?»:
1. Nur immer ein Spiel auf einmal kaufen
Mehrere Spiele auf einmal verleiten den Spieler, das
erste Spiel durchzurushen oder während des Spielens Gedanken an andere Spiele zu verschwenden.
2. Keine Reviews darüber lesen
Auch wenn nicht offensichtlich gespoilert wird, erfährt man doch meist schon zu viel über die Handlung (z.B den kompletten Prolog). Ausserdem sieht
man Screenshots mit kleinen beschreibenden Texten
und macht sich automatisch bereits ein Bild des
Spiels. All dies stärkt im Spieler eine Erwartungshaltung an das Spiel, die sehr wahrscheinlich nicht
erfüllt werden kann und somit das positive Spielerlebnis bereits ganz am Anfang schmälert. Ausserdem
vermittelt es dem Spieler auch, dass andere das
Spiel schon lange gezockt haben, bereits erlebt haben, was der Spieler noch erleben wird (genau wie
Gamerscore/Trophäen). Dadurch ist die Erfahrung,
alles neu zu erleben, während des Spielens nicht
mehr gegeben oder zumindest geschmälert.
3. Erfolge nicht vorher anschauen
Man soll sich durchaus über Erfolge freuen können.
Jedoch können die Erfolge auch schon ganz schön
spoilern. Ausserdem kann es sein, dass man dadurch
unter ständigen Leistungsdruck gesetzt wird, ständig
Angst hat, was zu verpassen und bereits zu früh an
die zu holende Trophäe denkt und sich dadurch nicht
auf das Spielgeschehen konzentrieren kann.
4. Mach's dir gemütlich
Dies ist wohl etwa der wichtigste Punkt. Die Umgebung muss einfach stimmen. Ein bequemer Sitzplatz,
die passende Glotze, der passende Sound, was zu
Trinken und zu Essen, keine Ablenkung durch andere
etc. sorgen dafür, dass man sich wohler fühlt und somit ein besseres Spielerlebnis hat.
5. Böser Zeitdruck
Als erstes sollte man sich selbst keinen Zeitdruck
machen. Dazu gehört natürlich auch das «wann zocke ich?». Am besten natürlich in den Ferien (früher
hatte man 5 Wochen Sommerferien...). Da man davon
aber sehr wenig hat, wird dies nicht immer möglich
sein. Wochenenden oder gemütliche Abende tun es
auch. Vor allem ganz am Anfang des Spiels sollte
man schon ein paar Stunden am Stück zur Verfügung
haben, um richtig reinzukommen.
6. Keine Hilfe
Vermeidet es, eine Komplettlösung zu benutzen oder
im Internet nach Tipps zu suchen. Dies schmälert die
Erfolgserlebnisse. Es macht immer noch mehr
Spass, etwas aus eigener Kraft, eigenem Antrieb zu
schaffen.
E
7. Gib nicht auf
Wenn es mal schwierig wird, nicht sofort aufgeben
und das Spiel verteufeln.
b
TEXT by Mr. Minamoto
E
Ein weiterer bereits angesprochener Punkt sind die
Gamerscores bzw. Trophäen. Diese können einerseits zwar den Spieler motivieren, das Spiel wirklich
zu 100% zu erforschen (wenn Sie geschickt eingesetzt wurden), andererseits aber auch einige dazu
bringen, die Spiele durchzurushen. Am schlimmsten
sind jedoch die Erfolge, die das Spielen zur mühsamen Fleissarbeit werden lassen. Das Spielen wird so
zur rein mechanischen Körperbewegung, zu Fliessbandarbeit. Dem Spiel wird die Seele genommen.
Natürlich kann man sich diesem Konkurrenzkampf
gänzlich entziehen, den Netzwerkstecker ziehen, auf
Online-Freunde verzichten, den Score/Level einfach
nicht beachten. Dennoch glaube ich, dass sich viele
Spieler von diesem Erfolgsmodell unter Druck gesetzt fühlen.
mr. minamotos checkliste:
wie kann ich games wieder
richtig geniessen?
E
gamen als fliessbandarbeit
kolumne
vom
freak
zum
trend−
setter
U.S. Patent 2,455,992 – Thomas T. Goldsmith, Jr.
Das sagt euch beides nichts? Nun, mir ging es bis vor kurzem
ehrlich gesagt auch so. Eigentlich verrückt. Schliesslich sind
wir ja Freaks. Und wenn wir es genau nehmen, dann verdanken wir Herrn Goldsmith so einiges. Er war nämlich der Mann,
der im Kern mit seinem Cathode-Ray Tube Amusement Device
das Computerspiel erfand. Das war Ende der 50er-Jahre.
Keine Sorge, wir betreiben hier keinen Geschichtsunterricht.
Aber ist schon verrückt, nicht? Knapp 60 Jahre sind vergangen
und so vieles ist mit unserem Lieblingsmedium geschehen. So
viel ist mit uns geschehen. Und dieser Entwicklungsprozess ist
noch lange nicht am Ende, da bin ich mir sicher.
vom trödlermarkt
zum milliardengeschäft
Längst vergangen sind die Tage, als zwielichtige
Brillenträger mit ungepflegten, langen Haaren im
Keller ihrer Eltern bei Dämmerlicht vor einem flackernden Monitor sassen und unverständliche Textwüsten in die Tasten hämmerten, pixelige, minimalistische Schwarz-Weiss-Animationen aufsogen oder
Space Invaders bis in die tiefe Nacht hinein spielten.
Das waren jene Geeks, an die sich einige von uns
rührselig zurückerinnern, jene Geeks, die die Videospiele als solche erst entdeckten und miterschufen.
Das waren unsere Pioniere.
Wie uns wohl allen bewusst ist, könnte das Hier und
Jetzt nicht gegensätzlicher sein: Videospiele sind zu
einem (je nach Gegend mehr oder weniger) festen
Bestandteil der modernen Popkultur gediehen und
fungieren gleichzeitig als Motor für einen fast schon
leviathanisch-riesigen Wirtschaftszweig, dessen
Wachstum noch lange nicht am Ende zu sein scheint.
Laut einer GIA-Studie etwa sollen die Einkünfte der
Videospielindustrie bis 2015 auf über 90 Milliarden
Dollar – jährlich versteht sich – ansteigen.
ich spiele, also bin ich
Viel interessanter als statistische Zahlengeplänkel
scheint mir die Frage, was in Zeiten solch medialer
Veränderung mit den Konsumenten geschieht – oder
anders formuliert, was für einem Menschentypus so
ein Videospieler von heute eigentlich entspricht.
Man mag mich beim Vorhaben, eine Antwort auf diese Frage zu finden, als tendenziösen Spekulanten
abstempeln, für mich ist es aber Fakt, dass Videospiele medienpsychologisch gesehen ein sehr vielsagender Indikator sein können. «Ich spiele, also bin
ich» könnte man frei nach Descartes sagen.
Wenn nun ein grosser Publisher wie EA oder Ubisoft
ein Multimillionen-Projekt lanciert, dann steht dahinter vor allem die Frage, wie man eine möglichst
breite Kundschaft auf möglichst effiziente Weise ansprechen kann – schliesslich lohnen sich Investitionen dieser Grössenordnung nur, wenn man sich
praktisch sicher ist, dass das finanzielle Risiko letztlich auch Früchte tragen wird. Ob ein wahrhaft
künstlerisches Streben verfolgt wird, spielt regelmässig höchstens zweite Geige.
Es muss also eine Art «Phantombild» geben,
welches in den Köpfen der Entwickler und Publisher
herumgeistert. Ein Phantombild vom typischen
Durchschnittsspieler, den man mit dem eigenen Produkt anzusprechen versucht. Wir sehen schon, es
geht nicht mehr – oder zumindest nicht mehr allein
– um uns beinharte Freaks und Jünger medialer Interaktion. Es geht um Menschen, bei denen Videospiele eine Aktivität unter vielen ist. Und damit
meine ich nicht einmal die fast schon verhassten
Casualgamer.
der geek wird zum «casual»
Es geht um Spieler, die am Wochenende vor dem Abfeiern in der örtlichen Disco mit Freunden kurz noch
ein paar spassige Runden Halo zocken wollen. Es
geht um Ehepaare, die nach einem geschulterten
Arbeitstag entspannt mit dem neusten Fifa-Titel abschalten wollen. Kinder, die nach dem Schulklingeln
mit ihren Klassenkameraden zuhause eine Runde
Singstar spielen. Eine Pluralität von Menschen wählt
aus einer Pluralität von Freizeitbeschäftigungen.
Spiele sind eine davon. Und ihre Bedeutung wächst.
Wahrscheinlich seid ihr auch just einer dieser Menschen, bei denen Videospiele eine von vielen Aktivitäten darstellt. Denn wie eingangs behauptet, verändert sich nicht nur die Industrie, sondern – viel
wichtiger – wir uns gemeinsam mit ihr. Natürlich
kolumne
gibt es noch die Dauerspieler unter uns. Die Freaks.
Doch auch sie sind eingebettet in völlig andere gesellschaftliche Verhältnisse, eingebettet in eine
hochtechnisierte Welt, eingebettet in ein diffuses
Netz sozialer Beziehungen, in denen Technik wiederum eine zunehmende Bedeutung erfährt. Die Grenzen verwischen. Der randständige, sozial-untaugliche Geek ist am Aussterben.
intensives vergessen
Dabei ist es freilich nicht so, dass die Wandelungen
unseres Hobbies nicht zuweilen paradoxe Formen
annehmen. Nehmen wir etwa die Intensität des Videospielerlebnisses selbst. Während sich die meisten wohl darüber einig sind, dass Spiele dieser Generation immer wie intensiver und eindrücklicher
werden – sei es dank grafischer Opulenz oder neuartiger, «realistischer» Bedienungsmöglichkeiten
(Wii, Move oder Kinect) – , beschleicht mich das Gefühl, dass die nachhaltige Wirkung aktueller Titel oft
sinkt oder gar ganz verschwindet. Eigentlich müssten Spielerlebnisse, in denen man weltumspannende
Geschichten erlebt oder haarsträubende Gefechte
überlebt, doch unvergesslich sein, nicht wahr?
Vielfach ist das aber doch nicht der Fall – und mit
der Qualität der Games hat das wohl gar nicht so viel
zu tun, wie manch einer jetzt argwöhnen würde. Vielmehr kauft man sich ein paar Wochen später einfach
das neuste Abenteuer oder einen noch realistischeren Actionkracher. Schuld ist die Gewohnheit, die
Gebetsmühlenartigkeit des heutigen Videospielens.
Dieser Zustand wird gewiss auch von der Industrie
mitverschuldet, die dieses neuartige Kauf- und Konsumverhalten stimuliert. Vorwiegend hat es aber
wieder mit uns Endnutzern zu tun. Der typische
Spieler stillt heute mit Computerspielen ein reines
Unterhaltungsbedürfnis. Er konsumiert trotz zuneh-
mender Interaktivität nur passiv, es geht nicht um
intensive gedankliche Identifikation oder um künstlerisches Sinnieren über Spielinhalte. Es geht um
unverbindlichen, unkomplizierten Spass. Und hier
liegt ein weiterer Unterschied zum früheren Freak,
zum passionierten Geek: Es fehlt die Bereitschaft,
völlig im Spielerlebnis aufzublühen und gedankliche
Energie in das wahrgenommene Machwerk zu investieren. Schliesslich ist alles nur ein Spiel.
wir freaks
Wenn wir nun unsere Aufmerksamkeit noch einmal
etwas verstärkt auf das Verhältnis von Spieler und
Hersteller richten, lässt sich etwas Sonderbares
feststellen: Zwischen Industrie und Konsumgesellschaft besteht eine reziproke Beziehung – ein Phänomen, welches nota bene nicht nur bei Videospielen, sondern ganz allgemein in der Medienlandschaft
auszumachen ist. Die Kundschaft verlangt nach bestimmten Inhalten, die Industrie versucht ihrerseits
die an sie gerichteten Bedürfnisse zu befriedigen
und neue gefällige Inputs zu liefern. So entsteht ein
permanentes Wechselspiel der Beeinflussung. Die
Industrie verändert den Gamer und der Gamer verändert die Industrie. Dementsprechend verständlich
ist nun auch, wieso sich Videospiele heute mehr
denn je mit einem immerwährenden Spannungsfeld
zwischen künstlerischer Entfaltung und seelenloser
Massenproduktion konfrontiert sehen.
Mit anderen Worten liegt es also immer noch auch
an uns Spielern, das Pendel in die richtige Richtung
ausschlagen zu lassen. Welche Richtung die richtige
ist, können wir aktiv mitbestimmen. Mit unserer
Stimme. Mit unserer Kreativität.
Insofern sind wir Freaks in der Tat echte Trendsetter.
i
TEXT by KiLLu-san
» REVIEWS
how
come?
Spieler und Redakteuere sind sich einig: «Mafia» ist eines der
besten PC-Spiele aller Zeiten. Was, wenn nun der Nachfolger auch auf Konsolen erscheint? Kann «Mafia 2» wieder
die Atmosphäre von einem Amerika eines längst vergangenen
Jahrzehnts heraufbeschwören, eine tiefgründige Geschichte
erzählen und dem Spieler genau die Herausforderung bieten,
die er in anderen Games vergebens sucht? In der Spieleflaute
des Sommers gingen wir diesen Fragen nach und nahmen uns
«Mafia 2» an.
d
Bewertung
Wir bewerten mit einem System von 1-10. Es werden nur ganze Zahlen vergeben. Die 10 wird ausschliesslich
dazu gebraucht, ganz besondere Spiele hervorzuheben. Das sind pro Spielegeneration vielleicht 1-4 Titel. Die 9
zeichnet Games aus, die wirklich grossartig sind, 8 meint sehr gut und 7 gut. Solche Spiele sind durchaus zu
empfehlen, wenn auch mit kleineren Einschränkungen. Auch was darunter im Durchschnittsbereich (5 und 6)
folgt, ist zumindest für Fans interessant. Alles unter 5 ist dann mangelhaft, mündet schliesslich in der 1 und gilt
höchstens noch als armselig. Ein Kauf lohnt kaum noch oder wird von uns strikte untersagt. Die Skala ist als
subjektive Spielspass-Wertung zu verstehen und braucht in keinster Weise bemängelt zu werden.
Getestet auf Xbox 360
review Mafia 2
an jedem
verdammten tag
Den roten Faden verloren? In «Mafia 2» kann uns das nicht passieren. Der Nachfolger
des grandiosen Mafia-Epos ist ein streng geführtes, oft langweiliges Geplänkel. Doch
kann «Mafia 2» auch mit Höhepunkten aufwarten?
Vito steht auf, das Telefon klingelt, er bekommt einen
Auftrag. Man schnappt sich einen Anzug, geht zur
Wohnung hinaus, steigt ins Auto und folgt dem roten
Strich auf der Minimap. Am Zielort löst man eine
Filmsequenz aus, der Auftrag wird besprochen, man
steigt wieder ins Auto, fährt dem roten Strich nach,
löst eine Filmsequenz aus, ballert ein wenig und geht
wieder schlafen, bis das Telefon klingelt.
von italien nach little italy
Abweichungen von diesem Schema gibt es praktisch
keine. «Mafia 2» besteht eigentlich nur aus langweiligem Herumgefahre, langweiligen Schiessereien und
langweiligen Filmsequenzen. Nein, stopp, das war
gelogen. Die Filmsequenzen sind nicht langweilig.
Man bekommt zwar keine sensationelle, aber immerhin eine sehr unterhaltsame Geschichte aufgetischt.
«Mafia 2» bedient sich derselben Erzählart wie sein
Vorgänger. Vito Scaletta erzählt rückblickend von seinem Leben, von dem man gewisse Teile nachspielt.
wirken die Figuren lebendig und realistisch. Vito wirkt
oft etwas zu cool, zu kaltblütig, doch seine Coolness
wird derart gut präsentiert, dass man unglaubwürdiges Verhalten gerne verzeiht. Als Spieler identifiziert
man sich bereitwillig mit dem «Helden» des Spiels.
Freund Joe ist eine Mischung aus Tollpatsch, schmierigem Frauenheld und verlässlichem Vollstrecker.
Trotz diesen verschiedenen Rollen nimmt man Joe
als eine einzige, glaubwürdige Person wahr. Er ist fast
so cool wie Vito, fast noch ein Stück symphatischer
und meist ist es eine Freude, die beiden auf ihren
Abenteuern zu begleiten. «Mafia 2» lebt vor allem
vom Paar Vito und Joe. In den Schiessereien nerven
Joe's Sprüche, aber ansonsten hat man als Vito wirklich das Gefühl, einen richtig guten Kumpel an seiner
Seite zu haben. Die Gespräche der beiden sind mal
witzig, mal ernsthaft und tragen jeder Zeit zur Integrität des Spielgefühls bei.
Vito wanderte in seiner Kindheit zusammen mit der
Familie von Italien nach Amerika aus, nach Empire
Bay. Er meint, dass er noch nie etwas Schöneres gesehen habe, allerdings auch nie etwas Beschisseneres. Die Familie Scaletta haust im Armenviertel Little
Italy. Einziger Lichtblick für Vito sind die Erlebnisse
mit Schulfreund Joe. Die beiden machen sich später
«selbstständig». Joe und Vito rauben Geschäfte aus,
um an Kohle zu kommen. Eines Tages wird Vito erwischt, ihm droht Gefängnis. Als Alternative zum Gefängnis wird ihm ein Einsatz im zweiten Weltkrieg angeboten. Er soll bei der Befreiung Italiens vor allem
in Sachen Kommunikation Hilfestellung leisten.
glaubwürdige besetzung
Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg steigt Vito, dank
Freund Joe, langsam ins Mafia-Geschäft ein. Was
folgt, sind allerlei Prügeleien, wilde Schiessereien,
Auftragsmorde, kleine und grosse Deals, Fluchten,
Verfolgungsjagden und jede Menge Missgeschicke.
All das wird nicht nur herrlich erzählt, sondern grafisch oppulent dargestellt. Bis auf wenige Ausnahmen
Vito und Joe gehen durch dick und dünn
Freudiges Wiedersehen
review Mafia 2
«Mafia 2» überzeugt aber auch in den Nebenrollen.
Ob der ruhige Kumpel Henry, Veteran Leo oder Arschgesicht Luca, fast alle überzeugen in ihrer klischeehaften Rolle. Was an Gestik und Mimik gezeigt wird,
können andere Entwickler durchaus als Vorbild nehmen. Es gibt allerdings Charaktere, vor allem weibliche, die etwas hölzern wirken und teils eine grauenhafte Synchro verpasst bekommen haben.
dlc statt «freie fahrt extrem»
Neben ein paar Ausrutschern bei der Figurenwahl erlaubt sich «Mafia 2» einen weiteren Fauxpas: Das
Ende. Furchtbar! «Mafia» glänzte mit einem der besten Endings aller Zeiten. Und «Mafia 2»? Hört einfach
auf. Plötzlich ist Schluss. Als grosses Problem kommt
hinzu, dass es neben der recht kurzen Story nichts zu
tun gibt. Keine «Freie Fahrt» und schon gar keine
«Freie Fahrt extrem» (siehe Mafia Review). Nach 1015 Stunden ist schon Schluss, will man sich nicht
weiteren, kostenpflichtigen Inhalt herunterladen.
eine grossartige stadt...
Empire Bay ist sehr beeindruckend, nicht nur grafisch. Im ersten Spieldrittel erlebt man die relativ
kleine Stadt meist in trostlosen und bedrohlichen
Ghettos, während man die Leute in den pompösen
und erhabenen Reichenviertel beneidet. Später freut
man sich über Sommer, Sonne, Farbe, Kitsch und ein
positiv gestimmtes, aufstrebendes Amerika in den
50ern. Man fühlt sich sofort in eine anderen Welt und
eine vergangene Zeit versetzt. Die grandiose Musik
trägt das Ihrige dazu bei. Man kommt in den Genuss
von über 100 Songs grosser Künstler der 30er- bis
60er-Jahre.
...die man gar nicht erkunden will
Leider fällt «Mafia 2» spielerisch total ab. So spannend Fluchten, wilde Schiessereien, Verfolgungsjagden etc. auch klingen mögen, Abwechslung und Qualität fehlt. Das Game begeht gleich mehrere fatale
Fehler. Einerseits gibt es diesen roten Strich auf der
Map, der uns immer anzeigt, wohin wir fahren müssen. Dieser Strich sagt uns: erkunde auf keinen Fall
das schöne Empire Bay, folge nur mir.
Buntes Stadttreiben der 40er- und 50er-Jahre
review Mafia 2
Andererseits, als würden wir nicht schon genug an
der Hand geführt, sagt uns das Spiel auch in der banalsten Szene, was wir tun und lassen sollen. Im
Gefängnis zum Beispiel sagt einem ein Wächter,
dass man ihm folgen soll. Oben am Bildschirmrand
poppt nun der Befehl auf, man solle dem Wächter
folgen... Aha! Wieder wird mir davon abgeraten, das
Gebiet zu erkunden, neue, alternative Wege auszuprobieren.
Noch ärgerlicher ist, wenn man das langweilige Abfahren der Map andauernd wiederholen muss, weil
die Speicherpunkte versagen. Selbst wenn ich eine
Mission geschafft und dafür bereits ein Achievement
erhalten habe, kann es vorkommen, dass ich nochmals alles abfahren muss, nur weil ich mich auf
dem Rückweg unvorsichtig in den Tod steuerte. Und
das Fahren ist immer, fast ausnahmslos, langweilig,
weil es durch den roten Strich zur Belanglosigkeit
verkommt. In «Mafia» gehörten lange Fahrten noch
zum Spielgefühl, weil man dadurch unter anderem
die Stadt kennenlernen konnte. Und weil man sich
seinen Weg selber aussuchen musste. Oder Autos
verfolgen konnte und nur dann scheiterte, wenn das
Auto ausser Sichtweite war. In «Mafia 2» kann man
scheitern, weil der zu verfolgende Punkt auf der
Map nicht richtig registriert wird.
speichern & heilen
Des Weiteren müssen wir uns mit einem neuen Heilungssystem anfreunden... oder auch nicht. In «Mafia» konnte man noch in allerletzter Not, mit einem
Lebenspunkt, eine Mission zu Ende bringen. Jetzt
aber warten wir einfach hinter einer Deckung, bis
wir wieder genesen. Das mag in Gears of War, Uncharted und Konsorte funktionieren. «Mafia 2»
nimmt es aber jegliche Dynamik und Herausforderung. Der Schwierigkeitsgrad wird bei entsprechender Anpassung nur dadurch angehoben, dass man
weniger einstecken kann. Ich habe das Spiel auf
schwer durchgezockt, bin aber der Meinung, dass
ich trotzdem kaum gefordert wurde. Und wenn, dann
war es gleich frustig bzw. fast schon unfair.
was nun?
Wie schwer gewichte ich die Geschichte, die erst
noch übermässig schlecht endet? Neben der guten
Story bleibt noch das schöne Empire Bay, das ich allerdings nicht erkunden mag. Spielerisch bietet mir
«Mafia 2» weder etwas Neues, noch genügend Abwechslung, noch eine vernünftige Herausforderung.
Nimmt man die Tatsache hinzu, dass das Spiel für
acht Jahre Wartezeit extrem wenig Inhalt bietet,
überwiegt am Ende die Enttäuschung.
Die Schiessereien erstrecken sich oft auf enorm
grosse Gebiete, die eigentlich relativ einfach, aber
doch nur mühsam und zögernd zu bewältigen sind.
Hat man eine Strecke geschafft und läuft an der
nächste Ecke in einen One Shot Kill, muss man wegen den dämlich gesetzten Speicherpunkten den
ganzen Mist vorher auch nochmals machen. Mir ist
natürlich bewusst, dass wir das bereits aus «Mafia»
kennen, doch da war die ganze Passage eine Herausforderung und kein mühseliges Abrackern bis zu
einer schwierigen Stelle, wo man dann eher zufällig
erschossen wird. Wenn das Geballere zumindest abwechslungsreich wäre. Es geht aber eigentlich immer nur darum, dass was schiefgelaufen ist und
dann massenweise Gegner umgelegt werden müssen. Am Anfang ist das noch cool, doch wird es durch
den immer gleichen Ablauf schnell langweilig.
d
für lesefaule
«Mafia 2» ist eine gut erzählte Geschichte mit einem
vermasselten Ending, einer grandiosen Welt mit
langweiligen Schiessereien, belanglosem Herumfahren, zu wenig Abwechslung und Spannung, zu
wenig Inhalt und mit Spielelementen, die einen zu
sehr an der Hand führen. Alles in allem ist der
Nachfolger von «Mafia» eine herbe Enttäuschung.
5/10
Die Familie hat gesprochen - dann wird abgedrückt
kommentare
how
come?
Ende August erschien das sehnlichst erwartete «Mafia 2». Acht
Jahre zuvor ging der erste Teil als hochgelobtes Mafia-Epos in
die Geschichte der Videospiele ein. Freaks On Sofa will herausfinden, ob das Meisterwerk in der heutigen Spielelandschaft an Spielgefühl eingebüsst hat.
d
«Nun, ich bekleide eine Führungsposition in einer nicht ganz legalen Organisation.» Getestet auf PC
rückblick Mafia
ein taxifahrer
auf abwegen
Das Game «Mafia» bedient sich genau dieser Elemente. «Mafia» präsentiert sich auf eine karikaturistische
Art und Weise. Die Stadt Lost Heaven leuchtet in gesättigten Farben, Hotels, Freudenhäuser, Cafés, alles
mit bunten Neonschilder behängt. Polierte Oldtimer
von klein und qualmend hustend bis extravagant
schnurrend brettern über die grosse Brücke Richtung
Central Island. Das bunte Treiben wird stets von knarzigem Gipsy à la Django Reinhardt begleitet. Die Palette der Protagonisten untersteht ebenfalls den Kli-
Vom Taxifahrer zum Mitglied einer grossen Mafia-Familie. Tommy Angelo beschreitet
einen neuen Weg in seinem zuerst so bescheidenen Leben und verirrt sich in einem
epischen Fiasko der Gewalt, Intrigen und schmutzigen Geschäfte.
W
enn wir Mafia sagen, dann denken wir oft an bestimmte Filme. Die
meisten davon zeigen das organisierte Verbrechen in ihrer vollen
Härte und Tragik. Trotzdem kann man, vielleicht gerade durch die filmische Umsetzung, den Mafiageschichten eine gewisse Ästhetik, einen gewissen Charm nicht absprechen. Vielleicht ist es schlicht und einfach die
Faszination der Gewalt. Wir bewundern die Ordnung und das gezielte
Vorgehen der Mafia. Oder aber es sind die Dinge, die man darüber hinaus mit der amerikanischen Cosa Nostra der 30er-Jahre assoziiert: Die
Mode und Musik dieser Zeit, verrauchte Lokale, emsiges Treiben in einer
aufstrebenden Stadt, Unabhängigkeit und ausserdem der Familiengedanke und -zusammenhalt.
schees gängiger Mafia-Filme. Der Don und sein
Consigliere, Luigi der Barkeeper und Koch, der stille
Sam, der etwas zurückgebliebene Mechaniker Ralph,
der beleibte Waffenkenner Vincenzo, der Spielercharakter Tommy Angelo und sein leicht hyperaktiver
Kumpel Paulie. Paulie ist im Übrigen eine Hommage
an Joe Pesci in seiner Rolle in Scorseses Film «Goodfellas». Wer sich auf einem quitschenden Ledersitz
eines Oldtimers wohl fühlt und dem Charme der 30erJahre etwas abgewinnen kann, fühlt sich in Lost Heaven sofort zuhause.
wie meine mutter zu pflegen sagt
Tommy Angelo ist Taxifahrer und ist soweit zufrieden
mit seinem Leben. Er gehört zur unteren Schicht, hat
aber genug, um Leben zu können und beklagt sich
a ve n
lo s t h e
, 1930
nicht. Er ist ein wohlerzogener Bursche, bescheiden.
Eines Nachts, während einer Zigarettenpause, gerät
seine Sicht der Dinge jedoch ins Wanken. Zwei Typen
in schwarzen Anzügen, der eine angeschossen, torkeln um die Ecke und halten ihm einen glitzernden
Colt unter die Nase. Die beiden werden verfolgt und
Tommy soll ihnen mit dem Taxi zur Flucht verhelfen.
Der Spieler wird sofort in die erste Mission, ins kalte
Wasser geworfen. Die Kugeln der Verfolger zischen
einem sofort um die Ohren, die Rückscheibe zerspringt und urplötzlich sieht man sich ungefragt mit
der dunklen Seite von Lost Heaven konfrontiert.
Wir bringen die angeschlagenen Herren in ihr Nest,
die Bar von Don Salieri, und werden aufgefordert zu
warten. Kurze Verschnaufpause. Es fällt auf, dass die
Zwischensequenzen sich beinahe sklavisch an ihren
rückblick Mafia
filmischen Vorbildern orientieren. Die Zigarette ist
omnipräsent, Gesichter und Waffenmündungen werden gross gezeigt, die Kamera ist immer in Bewegung, zoomt, fährt, wackelt. Die Macher von «Mafia»
haben Grosses geleistet. Man muss ihnen im Speziellen hoch anrechnen, dass sie den Mut bewiesen haben, einem Computerspiel Filmsequenzen zu spendieren, die sich Zeit nehmen. Zeit, die der Spieler
gerade zwischen den oft anstrengenden Missionen
braucht. Der Typ im Anzug kehrt nach einer weiteren
langen Zigarettenpause also zurück, drückt Tom einen Umschlag in die Hand und bietet ihm einen Job
bei der Salieri-Familie an. Was nun? Was hat Mutter
immer gesagt? Tom besinnt sich auf seine Prinzipien
und lehnt vorerst ab.
schrecklich nette familie
«Mafia» lebt von seiner epischen Geschichte. Sie wird
mit Hilfe einer Rückblende erzählt und gespielt. Tom
fungiert als Erzähler. Eine schöne Form, dem Spieler
Einblicke in Tommys Gedankengänge, Euphorie aber
auch Zweifel und Ängste zu ermöglichen. Dadurch
verkommt die Spielfigur nicht zu einer leeren Hülle,
die man von A nach B bewegen muss. Man fühlt mit,
teilt Zweifel und Freude und sitzt am Ende der Gewalt-Odysee völlig aufgelöst vor den Credits. Keines
der Enden, das man erwarten würde. «Mafia» weiss
mit dem Spannungsbogen umzugehen. Dabei bedient
es sich immer wieder der Ruhe, Gemütlichkeit und
des Charmes dieser Zeit. Missionen beginnen nicht
selten damit, dass man sich zuerst mit Ralph über die
verfügbaren Autos unterhält, von Vincenzo die passenden Schiesseisen oder Knebel aushändigen lässt
und dann erstmal von Gipsygeklimper begleitet durch
die riesige Stadt tuckert.
Die darauf beginnenden Missionen könnten abwechslungsreicher nicht sein. Von einfachen Schutzgeldeintreibungen über Whiskydeals, Bodyguard- und
Eskortaufträge, Anschläge, Banküberfälle, Einbrüche, Autodiebstähle bis zum grossen Familienkrieg
mit wilden Tommy Gun Schiessereien in Parkhäusern,
abgelegenen Höfen oder auch auf der Strasse – es
fehlt an nichts. Verfolgungsjagden, ein angeschosse-
ner Kumpel droht auf dem Rücksitz zu verbluten, Hinterhälte, geplatzte Deals, Wettmanipulation, Rache,
Intrigen. Und zwischendurch sitzt man immer mal
wieder in Salieris Bar, raucht und trinkt oder düst mal
eben zur Werkstatt von Luca Bertone, um sich mit
Nebenmissionen schicke Oldtimer zu erspielen. Ein
stetiger Wandel zwischen Gewaltexzessen, Verzweiflung, Triumph und dazwischen das Menschliche, die
Freundschaft, die Familie. Irgendwann befindet man
sich inmitten dieses Gefüges, verspürt eine gewisse
Abgebrühtheit und glaubt zu wissen, was einen um
die nächste Ecke erwartet...und wird überrascht.
Trotz der kalten, harten und dramatisch inszenierten
Themen ist «Mafia» mit dem nötigen Humor gewürzt.
Unaufdringlich, subtil und versteckt in einzelnen Figuren, Situationskomik, markanten, sarkastischen
Sprüchen und Selbstironie. Das Karikaturistische der
Figuren und der Welt sowie die schön umgesetzten
Mafia-Klischees lockern das Ganze auf und setzen
das I-Tüpfelchen auf dieses Meisterwerk. Das einzige,
das etwas stört, ist die Liebesgeschichte. Diese wird
etwas gar lieblos und schnell abgehandelt, nur um
Tommy eine Frau zu spendieren. Man tut sich dann
auch etwas schwer, diese Beziehung als tragendes
Element anzusehen. Schade.
und was ist mafia jetzt genau?
«Mafia» ist pures Spielgefühl, keine Mechanik, die es
zu bedienen gilt. Erstmal in Tommys Anzug geschlüpft, bewegt man sich in einer nah gezoomten
Third-Person-Perspektive durch Lost Heaven und
ihre Unorte. Doch nicht nur die Thematik ist knallhart. «Mafia» ist ein sauschwerer Shooter. Fehler
werden hart bestraft. Jede Kugel kann den Tod bedeuten, was einen zu äusserster Vorsicht zwingt.
Beisst man ins Gras oder den Asphalt, bedeutet das
meistens Neubeginn der Mission. Das automatische
Speichersystem ist in mancheiners Augen total unfair.
Das bleibt aber der einzige Streitpunkt. Genausogut
kann man sagen, dass sich «Mafia» als das gefährliche Pflaster präsentiert, das es effektiv ist. Das
Gefühl der Bedrohung, das durch die Gewissheit
entsteht, dass selbst kurz vor Missionsende unvor-
We are family!
Der Salieri-Clan ist sehr
vielfältig, alle Protagonisten
sind liebevoll ausgearbeitet
rückblick Mafia
sichtiges Vorgehen mit einem Schuss aus einer abgesägten Schrottflinte
bestraft werden könnte, macht das Spielgefühl «Mafia» erst komplett.
Einzig Sam und Paulie, die in vielen Missionen mit dabei sind und Rückendeckung geben, machen die ein oder andere Aufgabe zu einem
Spiessrutenlauf und damit zur Glückssache. Nur zu gern rennen die beiden in Kamikazemanier ins Getümmel und lassen sich abknallen, was
dem Missionsende gleichkommt. Andere Male hingegen haben sie Glück
und erledigen alle Kontrahenten, ohne dass man selbst dazu kommt,
auch nur einen Schuss aus der Trommel abzugeben.
Kugeln im Magazin, gehen diese verloren. Logisch,
schliesslich schmeisst man das Magazin ja weg. Das
zwingt den Spieler dazu, sich zu überlegen, ob er die
letzten Kugeln im Magazin noch sauber verwerten
kann, oder ob er auf Sicherheit geht und mit voller
Trommel in den Kampf will, auf die Gefahr hin, dass
ihm die weggeworfenen Kugeln plötzlich fehlen. Die
klassischen Schiesseisen Colt, Revolver, Shotgun,
Thommy Gun und Armeegewehr (in verschiedenen
Ausführungen) sind in ihrem Anwendungszweck perfekt aufeinander abgestimmt und stellen ein weiteres
taktisches Element dar.
kein ende in sicht
kommentare
trailer
Hat man sich erstmal von den Strapazen der Story erholt, bietet «Mafia» zwei weitere Spielmodi an: Freie
Fahrt und Freie Fahrt Extrem. Bei beiden Modi kann
man sich, noch mehr als im Storymodus, in GTA-Manier frei durch die Stadt bewegen und tun und lassen,
was man will. Bei der Freien Fahrt hat man die Mög-
gegen ist für die Masochisten unter uns gedacht. In
zahlreichen absurd schweren Minimissionen, deren
Startpunkte in ganz Lost Heaven verteilt sind, kann
man Bonusautos freispielen. Diese kann man dann
beim eigenen Häuschen im Reichenviertel in die Garage stellen. Jedes der Bonusautos hat einen ganz
speziellen Look und oft lustige Fahreigenschaften.
Die Missionen sind nicht nur verdammt schwer, sondern auch total witzig. Wobei man meistens eher lachen muss, weil die Mission sowas von unmöglich zu
bewältigen ist. Umso mehr erfreut man sich über die
Zeit hinweg (sehr viel Zeit...) an dem wachsenden Bonusfuhrpark.
lost heaven, 1939
Mafia kann stellenweise sehr frustrierend sein und
einem in letzter Sekunde den Triumph vermasseln.
Doch bekanntlich ist das Erfolgserlebnis danach
umso grösser. Abseits davon ist «Mafia» schlichtweg
ein Meisterwerk. «Ein interaktiver Mafiafilm» wird
dem Spiel zwar nicht ganz gerecht, beschreibt es für
Aussenstehende aber am besten. Die Musik, die Figuren, die Autos, die Geschichte, der Humor, die Action,
einfach alles greift perfekt ineinander und ist gespickt
mit liebevoll ausgearbeiteten Details. Lost Heaven im
Jahre 1939. Am Eingang zu Salieris Bar stehen zwei
Typen im dunklen Mantel und rauchen. Sie zupfen
kurz und bestimmt an ihren Hutspitzen, nicken euch
freundschaftlich zu. Nickt zurück, oder es drohe
euch die Omerta...
d
für lesefaule
lost heaven, 1939
Munition ist im Übrigen meistens sehr knapp. In Tommys Mantel ist auch
nicht Platz für ganze Waffen- und Munitionskisten. Hat man ein grosses
Kaliber im Mantel versteckt, läuft man zudem Gefahr, dass dies einem
Polizisten auffällt, der dann ziemlich lästig werden kann. Während einer
Schiesserei muss man dann zusätzlich noch darauf achten, nicht zu voreilig auf die Nachladen-Taste zu drücken. Sind zu diesem Zeitpunkt noch
lichkeit, Geld zu verdienen, indem man als Taxifahrer
arbeitet, schnell fährt, Polizisten ausschaltet etc. Die
Möglichkeiten sind längst nicht so vielfältig wie bei
einem GTA, doch bieten sie eine nette Abwechslung
oder auch Entspannung, wenn man in der Story mal
wieder nicht weiter kommt. Freie Fahrt Extrem hin-
«Mafia» ist ein interaktiver, epischer Mafia-Film, der
packender nicht sein könnte. Wir erleben aus nächster Nähe die Geschichte des Taxifahrers Tommy Angelo, der bei einer Mafia-Familie einsteigt und alle
erdenklichen Höhen und Tiefen erlebt. 30er-Jahre
Musik, Autos, Kleider, schön gezeichnete Charaktere
und frustrierend schwere Thommy Gun Scharmützel.
Ein detailverliebtes Meisterwerk, das seinen filmischen Vorbildern in (fast) nichts nachsteht.
10/10
how
come?
Für mich ist «Puzzle Quest: Challenge of the Warlords» das
perfekte Spiel auf dem DS. Nicht, weil es ein perfektes Spiel
an sich, sondern weil es auf den Handheld zugeschnitten ist.
Es ist optimal für fünf bis zehn Minuten unterwegs aber auch
für eine mehrstündige Session vor dem Schlafengehen geeignet. Da stellt sich unweigerlich die Frage, wie der zweite Teil
dieses Kunststück zu meistern versucht.
d
Getestet auf Nintendo DS Screenshots von XBOX 360
review Puzzle Quest 1 & 2
perlen statt
schäfchen zählen
Puzzle Quest glänzte mit minimalistischer Aufmachung, überzeugte durch das geniale
und süchtigmachende Spielprinzip. Der zweite Teil wartet mit neuem Outfit und kuriosem Humor auf. Doch was steckt sonst noch dahinter? Der Gründer des Puzzle-RPG
im Vergleich mit seinem Nachfolger.
Mittlerweile zähle ich vor dem Einschlafen keine
Schäfchen mehr, sondern bunte Perlen. Ich habe in
letzter Zeit eindeutig zu viel Puzzle Quest 2 gezockt!
Was will ich anderes, wenn mich das Ding einfach
nicht in Ruhe lässt? Immer wieder schleicht sich
mein DS aus der Schublade hervor, obwohl ich ihm
und vor allem diesem Spiel erst vor fünf Minuten
abgeschworen habe.
immer diese kämpferei
Das Spielprinzip war 2007 revolutionär: man kreuzte
zwei Genres, die bis anhin als unvereinbar galten. Zumindest konnte man sich nicht vorstellen, dass man
Puzzle und Rollenspiel (sinnvoll) mischen kann. Den
grössten Teil in Puzzle Quest nimmt das Puzzeln ein.
Auf einem Board mit 8x8 Feldern verschiebt man verschiedenfarbige Perlen, Schädel, Goldstücke und
Sterne. Kriegt man 3-5 Perlen von der gleichen Farbe
zusammen, gibt es Mana, mit dem man diverse Zauber tätigen kann. Bei Schädeln teilt man Schaden aus,
für Sterne gibt es Erfahrungspunkte und für Goldstücke... na eben Gold. Hat man einen Zug getätigt, ist
der Gegner an der Reihe, sofern man nicht eine grosse Kombo geschafft oder 4-5 Perlen aneinander gereiht hat. Das Ziel ist die Reduktion der gegnerischen
Lebenspunkte auf null.
Man wird mehr als drei Viertel der Spielzeit mit Hinund Herschieben von Perlen, Schädeln und Gegenständen verbringen. Minispiele, die mit einem leicht
veränderten Spielprinzip aufwarten, bringen etwas
Abwechslung. Den Rest von der Zeit verbringt man
auf einer Übersichtskarte oder in Menüs. Mit dem
verdienten Gold kauft man nützliche Gegenstände, die
besondere Fähigkeiten verleihen, zusätzliche Zauber
einbringen oder die Statuswerte erhöhen. Story, Grafik, Sound, Spielewelt und Inszenierung nimmt man
höchstens als Beiwerk war. Es geht in «Puzzle Quest:
Irgendwas ist da wohl mit dem falschen
Fuss aufgestanden und will von uns
jetzt totgepuzzlet werden. Aber wen
interessiert das so genau...
The Challenge of the Warlords» vor allem darum, der
Hauptquest zu folgen, Nebenquests zu erledigen
– also ums Kämpfen, Kämpfen und Kämpfen – und
um das Aufrüsten seines Charakters.
falscher fokus
In «Puzzle Quest 2» sieht das ein wenig anders aus.
Man bewegt sich in einer authentischen Welt mit Mittelalter- und Fantasy-Flair. Alles ist vom Bösen überzogen, man scheint die eisige Kälte förmlich zu spüren. Zu jeder Zeit schneit es. In den Dungeons trifft
man auf eine enorme Gegnervielfalt. Infinite Interactive bediente sich der ganzen Fantasypalette. Von Goblins über Oger bis hin zu dunklen Elfen und Medusen
ist alles zu finden. Sie sind allesamt prächtig inszeniert und gestaltet. Wahre Allegorien der Furcht,
Macht, Arroganz und Diabolik. Zusammen mit einer
zwar belanglosen Story aber einer Fülle an Kuriositäten und humorvollen Gesprächen sorgt dies für eine
hübschgemütliche und bedrohliche Atmosphäre zugleich. Leider bringt das alles wenig, wenn das Puzzeln immer noch derart im Vordergrund steht.
Anfangs las ich mit grossem Interesse die Ausschmückungen der Kreatureninformationen und
die Textadventure artigen Beschreibungen beim
Eintreten in spezielle Räume. Später klickte ich alles
gelangweilt weg.
review Puzzle Quest 1 & 2
Die Rollenspielelemente wurden zurückgeschraubt.
Trotzdem fühlt man sich unweigerlich an ein Dungeoncrawler erinnert. Man sieht jeweils nur einen kleinen Ausschnitt der Karte, ähnlich den Handheld Zeldas. Nur bewegt man den Held nicht Schritt für
Schritt, sondern klickt jeweils an den Ort, an den er
laufen soll. Schon bald vergisst man, dass man sich
überhaupt in einer Welt bewegt. Man schleicht nur
noch zombieartig von Kampf zu Kampf, um immer
weiter in die Dungeons eindringen und dem Übel ein
Ende bereiten zu können.
nur noch...
Das Spielprinzip ist bei Teil 2 immer noch dasselbe.
Statt Goldstücke und Sterne verschiebt man zusätzlich Fehdehandschuhe, die Aktionspunkte einbringen.
Durch diese Punkte können Waffen und Tränke eingesetzt werden. Das bringt ein wenig Frische in ein
mittlerweile drei Jahre altes Spielprinzip. Es macht
immer noch süchtig, stundenlang Perlen und Gegenstände hin und her zu schieben... zumindest in den
ersten 10-15 Stunden. Der Reiz liegt jeweils darin,
durch aufeinander abgestimmte Zauber und durch
kluges Verschieben Kombi hinzulegen, die den Gegner regelrecht wegfetzen. Ist der Kampf zu Ende,
wartet bereits der nächste Kontrahent. Nach ihm
noch einer, dann noch einer und nochmals einer. Und
hinter jenem noch hunderte andere. Zwischendurch
gibt es Minispiele, die nun etwas öfter und vor allem
variantenreicher auftreten und gut in das Spielgeschehen integriert sind. Ab und an wird das Arsenal
aufgerüstet. Wie bei einem richtigen Dungeoncrawler besteht die Faszination im Perfektionieren
seines Charakters und Kampfstils. Von den vier
auswählbaren Charakteren pflegt jeder kampftechnisch etwas anders vorzugehen. Im Gegensatz zu
«Challenge of the Warlords» sind die vier Charaktere nun etwas ausgeglichener. Mit der defensiven
Variante war das Vorankommen in Teil 1 echt
mühsam, während man schon mit dem Allrounder
allerlei Gesindel geschwind über den Haufen lief.
Nun hat jede Variante seinen Reiz; somit wurde eine
der grössten Schwächen ausgemerzt.
vom tod & mühsamen niederringen
Der zweite grosse Schwachpunkt von «Challenge of
the Warlords» war der grosse Glücksfaktor. So zumindest die omnipräsente Meinung der Presse. Klar,
manchmal bekam man richtig was auf die Nüsse,
wenn der Gegner eine Siebenundsiebzigschadenspunktekombo hinlegte. Im Gegenzug aber konnte man
die Kontrahenten selber zügig vom Feld blasen und
sich frisch-fröhlich an den nächsten wagen. Es gab
noch wahre Herausforderungen. Der Endgegner war
sauschwer, ebenso das Erobern der Städte. Man war
auf sein eigenes Glück und das Pech des Gegners angewiesen, was doch einen gewissen Reiz ausmachte.
In «Puzzle Quest 2» langweile ich mich schon seit
meinem etwa dritten und letzten, wirklich unvorsichtigen Tode – zu Tode. Selbst auf schwer verlangt mir
das Spiel rein gar nichts ab. Das grosse Problem ist
tatsächlich, dass man den «Fehler» des übermässi-

besonderes
kommentare
gen Glücksfaktors behoben hat. Wenn man mehr als 40 Schadenspunkte abkriegt, ist das die grosse Ausnahme und ist zudem bei bis
zu 400 Lebenspunkten keine wirkliche Bedrohung. Dumm nur, dass
der Gegner auch bis zu 500 Lebenspunkte hat und Kämpfe dementsprechend ewig dauern. Im späten Spiel kriegt man kaum jemanden
unter fünf Minuten zu Tode, während man im ersten Teil mit etwas
Glück nur einige Sekunden brauchte. Das Traurige ist, dass man sich
während diesen fünf Minuten seines Sieges bereits absolut sicher ist
und der Kampf zum mühsamen Abarbeiten wird. Zusätzlich ist die
Levelbeschränkung auf 50 noch immer störend, aber immerhin nicht
mehr ganz so drastisch wie in «Challenge of the Warlords».
Trotzdem darf man nicht vergessen, wie genial das Spielprinzip an
sich ist. Trotz Schwachpunkten habe ich beide Teile genossen, obwohl ich mich am Schluss jeweils durchquälen musste. Im Einser,
weil ich viel zu früh Level 50 erreichte, im Zweier, weil die Kämpfe
viel zu lange dauerten. Die Schwächen von Puzzle Quest 2 sind viel
drastischer. Ich regte mich viel lieber über gosu-Attacken auf, als
mich zu langweilen. Legt der Gegner nun eine Kombi hin, denke ich
«gähn, gewinne ich halt etwas später», während früher adrenalingeladen ein «wtf, ich krepiere bald!» durch meinen Kopf schoss. Ich
empfehle: geht jeweils nur der Hauptquest nach und erledigt ja nicht
zu viele Nebenquests.
d
für lesefaule
«Puzzle Quest 1»: Ein genialer Mix aus Rollenspiel und Puzzle, wobei
letzteres im Fokus steht. Man bewegt sich auf einer primitiven Übersichtskarte und kämpft gegen hunderte Gegner auf einer Art Schachbrett. Durch Verschieben und Kombinieren von Perlen, Schädeln,
Goldstücken und Sternen produziert man Mana, Schaden, Gold und
Erfahrungspunkte. Superbe Kombinationen führen zum Sieg oder
machen einem auf der anderen Seite das Leben schwer. Störend sind
nur die Levelbeschränkung und die unausgeglichenen Charaktere.
8/10
«Puzzle Quest 2»: Dasselbe Spielprinzip, nur ohne Gold und Sterne,
dafür mit Fehdehandschuhen, die Aktionspunkte einbringen. Der
Tränke- und Waffeneinsatz durch diese Punkte sowie mehr Minispiele bereichern das immer noch geniale Spielprinzip. Nur werden im
späten Spiel die Kämpfe äusserst lang und somit extrem langweilig.
Herausforderungen sucht man vergebens. Die neue Art von Karte und
das Dungeoncrawlen faszinieren anfangs, gehen aber wegen des
noch grösseren Fokus auf das Puzzeln schnell verloren.
7/10
Während man das Bewegen auf
der Karte in PQ 2 ganz anders
erlebt (Vergleich oben), bleibt
bei den Spielbrettern (unten)
praktisch alles beim Alten
gewaltdebatte GameRights
stand up for
your game rights
Wir Gamer haben es ja nicht gerade einfach. Will man
den kalten Umsatzzahlen der Gameindustrie Glauben
schenken, düngen wir einen stark wachsenden Wirtschaftszweig. Und doch scheint das Hobby Video- und
Computerspiele eher ein Tabu zu sein. Das mag zu einem grossen Teil daran liegen, dass wir seitens Politik stigmatisiert werden. Freak, Nerd, oder einfach
nur Spieler, aber zur selben Zeit eine Art Politikum.
Eine seltsame Situation.
Als Deutschland durch den Amoklauf in Emsdetten
erschüttert wurde, begann die Diskussion um Gewaltspiele auszuufern. Seitens Medien folgte ein unprofessioneller Bericht dem anderen, was die Spielergemeinde zusehends zum Kochen brachte. So intensiv
hatten die Spieler untereinander noch nie protestiert.
Die Welle der Empörung gepaart mit Trauer und Mitgefühl erschien mir beinahe wie eine Panikattacke.
Während man noch versuchte zu verstehen, standen
gewisse Herren und Damen Politiker bereits auf dem
Podium und proklamierten, forderten Verbote.
2010 • Michael Lanz • salmynd.deviantart.com
erkenntnis & auseinandersetzung
Auf einmal standen Gamer aller Couleur im selben
Raum und schrien um sich. Man argumentierte, erklärte, streitete ab. Draussen derweil hat man davon
nicht viel mitbekommen. Mir wurde im Zuge der
Gamer-Diskussion schnell klar, dass uns das nicht
weit bringen konnte. Die Fronten erhärteten sich
unverzüglich. Während Gamer strikte alles dementierten, warfen die Gegner aus der Politik mit Parolen um sich, ohne zu wissen, wovon sie eigentlich
handelten.
Die Diskussion unter Gleichgesinnten hat aber bald
zu Tage gebracht, dass wir teils genauso unkontrolliert gestikuliert und argumentiert haben wie die
Spiele-Gegner. Die Spielegemeinde war bisher noch
nie so öffentlich ausgestellt und wusste insgeheim
nicht, wie damit umzugehen ist, wie wir uns auszudrücken haben. Genauso gewisse politische Parteien,
die kaum Ahnung von Video- und Computerspielen
haben, vor allem aber eines wussten: wie man sich
profiliert und wie man Wahlkampf betreibt. Wir Spieler mussten erkennen, dass es nun galt, sich ernst-
haft mit dieser Kontroverse auseinander zu
setzen. Umso mehr, seit der Streit um die Gewaltspiele im Frühjahr 2009, als ein weiterer tragischer
Amoklauf im deutschen Winnenden passierte, noch
lauter wurde.
Polemik ist also unangebracht. Man muss Eingeständnisse machen, zu differenzieren beginnen,
Statements und (pseudo-)wissenschaftliche Studien
betrachten, zum Dialog aufrufen und zu einem guten
Stück auch appellieren. Da auch in der Schweiz mittlerweile scharf geschossen wird, hat sich zu diesem
Zweck eine Gemeinschaft von erwachsenen Gamer zu
einem Verein zusammengeschlossen: GameRights.
schweizer gamer formieren sich
Der Verein GameRights (im Folgenden einfach GR) hat
sich aus der gleichnamigen Community gebildet. Am
2. Mai 2009 wurde die Vereinsgründung in der
Brasserie Fédéral in Zürich vollzogen. Im Zuge der
Bekanntmachung kam es kurz darauf zu Radiointerviews, Zeitungsberichten und einer schnellen
Verbreitung über grosse Game-Communitys wie Games.ch, TheGNet.ch und Gbase.ch. Die beiden Gründer Thomas Riediker und Dario Pellanda waren überwältigt von den Reaktionen und dem bald folgenden
Mitgliederzuwachs. Über ihre Website gamerights.ch
haben sie erwachsene Spieler und Spielerinnen dazu
aufgerufen, Flagge zu zeigen.
Die Grundidee von GR ist auf viel Zustimmung und
Sympathie gestossen. Auch in der Schweiz ist der
Vergleich von Gewaltspielen zu Kinderpornografie bereits mehrfach gefallen. GR vereint Gamer, die es leid
sind, in die Schmuddelecke gedrängt zu werden und
gibt ihnen eine Stimme. Sie setzen sich dafür ein,
dass wir Gamer bezüglich Amokläufe und Jugendkriminalität aus der Verantwortung gezogen werden.
Doch dabei gilt es zu vermeiden, dass pauschalisiert
oder verharmlost wird. GR ist der Beweis dafür, dass
sich erwachsene Gamer durchaus ernsthaft mit ihrem Hobby auseinander setzen: Der Jugendschutz ist
daher die zweite vielschichtige Thematik, die man
sich auf die Fahne geschrieben hat. Und wie genau
gehen sie diese Themen an?
gewaltdebatte GameRights
herr näf zu besuch
Bis heute ist GR zu einer grossen, lebendigen Community herangewachsen, die auf die fast täglich veröffentlichten Missverständnisse und die allgemeine
Unwissenheit oder auch Unsicherheit in der Politik
und den Medien reagiert. Auf der Frontpage werden
aktuelle Vorgänge in der Politik aufgezeigt, diskriminierende oder gar kriminalisierende Medienberichte
werden durch Kontaktierung der entsprechenden
Stellen versucht, richtig zu stellen. Die CommunityMitglieder sind wachsame Spieler, die den konstruktiven Dialog nicht scheuen. Politiker, die im Forum
auftauchen, werden zur Diskussion aufgefordert.
Manchmal mehr, manchmal weniger erfolgreich.
Unter den Gamern selbst herrscht ein angenehmes
Miteinander. Trolle sucht man im GR-Forum vergebens. Neue Mitglieder werden dazu aufgefordert, sich
vorzustellen und meist heissen einen Thomas Riediker und andere Vereinsmitglieder persönlich will-
kommen. Man fühlt sich schnell zuhause und will es
natürlich nicht missen, sich auch über Games zu unterhalten. Es ist ja nicht so, dass man neben dem
ernsthaften Politisieren nicht immer noch seinem
Hobby frönt.
vote for PEGI
Am meisten Anstrengung steckt man bei GR in den
Jugendschutz und die Aufklärung. Klar ist, dass vielen Eltern die erforderliche Medienkompetenz fehlt,
um ihre Kinder altersgemäss mit Games spielen zu
lassen. Vielen fehlt vielleicht auch das Bewusstsein
über die Wichtigkeit der Kontrolle und das gemeinsame Herangehen an das Medium. In den meisten Familien ist dies vor allem ein Problem des Generationenunterschieds. Wo früher Eltern achselzuckend vor
dem Amiga ihres Sohnes standen, sind es heute eben
die Nachfolger dieser Geräte. Als wir Kinder waren,
mussten wir unseren Eltern den Computer oder das
SNES erklären. Unsere Kinder werden uns schon
Vereinspräsident Thomas mobilisiert...
Wie denkst du, wird sich die Gewaltdebatte in absehbarer Zeit entwickeln
und was spielt GR für eine Rolle dabei?
Was ist momentan euer wichtigstes
Bestreben und wie kann sich der
engagierte Gamer aktiv beteiligen?
Die Entwicklung ist schwer vorauszusagen.
Nach wie vor schwappt der Gamerwelt oft viel
Misstrauen und Abneigung entgegen, und jedes
Mal, wenn ein Jugendlicher irgendwo Gewalt
ausübt oder sogar einen Amoklauf verübt,
wird das Thema in den Medien automatisch wieder hervorgekramt: "Hatte der denn auch Killerspiele auf dem PC?"
Wir arbeiten momentan daran, unseren Auftritt
komplett zu überarbeiten und zu erweitern, um
in neuer Frische und mit neuen spannenden
Angeboten aufwarten zu können. Unsere Projekte und Pläne sind ambitioniert, und dafür
braucht es enthusiastische Gamer. GameRights
betreibt elf Taskforces, über welche die vielseitige Arbeit der Vereinigung thematisch aufgegliedert und so effizienter ausgeführt wird. Dabei sind wir immer auf der Suche nach
volljährigen Zockern, die ihre Talente aktiv für
unser Lieblingshobby einsetzen möchten! Unter
gamerights.ch/taskforces kann man im Detail
lesen, was es alles zu tun gibt und wofür man
sich anmelden kann - wir freuen uns immer
über neue Interessenten!
Wir möchten die "ruhigere" Zeit jedoch nutzen
und stärker werden. Eines unserer Kernziele ist
es, das Schweizer Kompetenzzentrum für das
Themengefüge "Games, Gewalt und Jugendschutz" zu werden. Man darf also noch einiges
von GameRights erwarten - doch dafür braucht
es engagierte Gamer!
nicht mehr soviel erklären können. Bestimmt wird es
immer wieder neue Geräte geben, doch die grosse
technische Revolution hat bereits stattgefunden,
wenn auch noch nicht alles marktreif ist. Die heutige
Elterngeneration steht an einem Wendepunkt und
muss etwas an der Hand geführt werden. Dafür müssen wir jungen Leute sorgen.
Eine der wichtigsten Hilfestellungen für Eltern ist die
Alterskennzeichnung von Video- und Computerspielen. Games in Schweizer Läden haben zum grössten
Teil ausschliesslich die PEGI-Kennzeichnung auf der
Packung. Der Vorteil der PEGI-Kennzeichnung sind
die zusätzlichen Informationen, die zur reinen Altersempfehlung dazu kommen. Mit gut verständlichen
Symbolen wird aufgezeigt, ob das Game bspw. vulgäre Sprache, Gewalt oder Drogenthemen beinhaltet.
Obwohl zwischen den meisten Händler der sogenannte Code of Conduct besteht, der verpflichtet, die Alterskontrollen beim Kauf strikte durchzuführen, ist
das PEGI-System kein Obligatorium, das im Gesetz
geregelt ist. GR ist davon überzeugt, dass die gesetzliche Verankerung – wenn auch keine allumfassende
Lösung zur Gewaltdebatte – ein Schritt in die richtige
Richtung darstellt.
Nebst den politischen Anstrengungen hat GR eine
sehr konkrete Hilfestellung in Form einer Broschüre
für Eltern veröffentlicht. Unter dem Titel «Games als
Weihnachtsgeschenk - Kindergerechte Geschenkideen für kleine (und grosse) Gamer» versammeln sich
Informationen zu diversen kindergerechten Games
sowie Tipps zum Kauf und dem PEGI-System. Zurzeit
ist eine weitere Infobroschüre in der Mache, bei der
auch Freaks On Sofa mitwerkelt. Ihr wollt euch auch
engagieren? Dann lest unser Aufruf in der nebenstehenden Infobox!
d
STAND UP
FOR YOUR
GAME RIGHTS!
Da sich Freaks On Sofa in Zukunft als Partner von
GameRights engagiert (im Bereich Publikation und
Information), möchten wir hier einen ersten Aufruf
an alle volljährigen, verantwortungsbewussten und
interessierten Gamer der Schweiz machen.
Ihr wollt als Gamer verstanden und fair
behandelt werden? Ihr wollt euch eine
Stimme verschaffen?
Wenn ihr die Troll verseuchten Communities satt
habt und ein Zuhause sucht, in dem frischfröhlich
aber auch seriös und angeregt über das Thema
Games mitsamt all seinen Facetten diskutiert
wird, ist die GameRights Community vielleicht der
richtige Ort dazu. Ausserdem werden dort immer
engagierte Leute gesucht, die GameRights in
ihrem Bestreben nach nachhaltigem Jugendschutz
und Förderung der elterlichen Medienkompetenz
ünterstützen.
Schliesst euch den GameRights Taskforces
an und tragt etwas dazu bei, dass Gamer
aus der ewigen «Schmuddelecke» geholt
werden! Ihr könnt euch AKTIV beteiligen!
GameRights.ch
taskforces
kommentare
m
das super nintendo
entertainment system
EIN SPECIAL ÜBER DAS SNES – MIT UNTERSTÜTZUNG VON SNESFREAKS.COM
special super nintendo
ehrenwerte
retro−hardware
In Zusammenarbeit mit den SNESFREAKS hat sich Freaks On Sofa der ultimativen
Retro-Heimkonsole angenommen: das Super Nintendo Entertainment System!
RETRO IST IN.
R
etro ist in. Auf der Virtual Console der Wii kann
man Klassiker für das NES, SNES, N64, Mega
Drive aber auch für die Exoten Neo Geo und PC Enginge herunterladen. Für den PSN Store gibt es PS1Klassiker zum Download. In vielen Fachmärkten kann
man eine Neuauflage des Mega Drive kaufen. Das
Ding ist zwar der reinste Müll und kommt nicht von
Sega selbst, aber immerhin! Schlussendlich gibt es
noch «neue» Retro-Games wie «Mega Man 10» oder
Spiele, die sich auf ihre 2D-Wurzeln besinnen: «Street
Fighter IV», «New Super Mario Bros. Wii» und bald
auch Mortal Kombat. Selbst klassische Sidescroller
Beat'em Ups scheinen wieder hipp zu sein. Dazu
kommt, dass unzählige Indie-Games sich in alten
Genres bewegen. Ob New-Gen Verfechter oder Oldschool Freak: um Retro-Spiele kommt man heutzutage kaum mehr herum. Und keine andere Konsole
steht so sehr für Retro wie das Super Nintendo.
was bisher geschah
Um das SNES (Super Nintendo Entertainment System) gibt es noch heute eine riesige Fan-Community.
Grundstein für den Erfolg dieser Konsole legte das
NES, das 1983 in Japan als Famicom (Kürzel für Family Computer) erschien und ab 1985 Amerika half,
den Videospielcrash zu überwinden. Für diejenigen,
«Metroid», «Probotector», «Castlevania» und Konsorte bereits nichts mehr anfangen. 8-Bit Grafik ist
im HD-Zeitalter nicht mehr massentauglich, viele 16Bit Spiele wird man aber auch in 20 Jahren noch anschauen und vor allem spielen können. Das Super
Nintendo ist trotz etwas kleinerem kommerziellen
Erfolg heute beliebter als sein Vorgänger.
zwei (!) release-titel räumen auf
1983: Das NES legt den Grundstein für den Erfolg des SNES
die der Geschichte nicht mächtig sind: um 1983 / 84
war der Konsolenmarkt in Amerika übersättigt. Qualitativ minderwertige Spiele wurden en Masse produziert, der Kunde verlor langsam das Vertrauen. Heimcomputer waren den Konsolen technisch überlegen.
Bankrott folgte auf Bankrott, kein einziger Konsolenhersteller der damaligen Zeit überlebte als solcher.
Nur Atari kennt man heute noch. Nintendo aber stand
Synonym für Qualität und Unterhaltung für die ganze
Familie. Ihr erstes System war in Japan ein riesiger
Erfolg. 1985 wagte man den Schritt in den Westen und
sollte auch dort die Herzen der Gamer erobern.
An den Verkaufszahlen gemessen war das Nintendo
Entertainment System sogar erfolgreicher als sein
Nachfolger. Das SNES allerdings ist zeitloser als sein
Vorgänger. Viele Spieler, die den Zeiten mit «Super
Metroid», «Super Probotector», «Super Castlevania
IV» und co. nachtrauern, können mit den Urvätern
Der Grundstein war also gelegt, ein fast makelloser
Ruf hergestellt. Man liess sich lange von den phänomenalen Verkaufszahlen des NES berieseln. Selbst
vom Release des Sega Mega Drive 1988 in Japan und
1989 in Amerika unter dem Namen Sega Genesis liess
man sich nicht beeindrucken. Es reichte, dass man
1990 das Super Nintendo in Japan auf den Markt
brachte. Im Nu überholte Nintendo seinen Konkurrenten. Nicht so im Westen. In Amerika dauerte es
eine Weile, bis man Sega einholen und gegen Ende
endlich übertrumpfen konnte. Das war vorderhand
dem aggressiven Marketing von Sega zuzuschreiben.
Sega warb mit Sprüchen wie «Genesis does, what
Nintendon't» und setzte vor allem auf ein erwachseneres Image, während Nintendo mit eher kindlichen
Figuren das jüngere Publikum ansprach.
Heute unvorstellbar: erst nach über zwei (!) Jahren
nach Japan-Release erschien Segas Mega Drive auch
in Europa. Nintendo brauchte für die Kontinentenüberschreitung knapp anderthalb Jahre und so erschien Mitte 1992 das Super Nintendo, das nun
die Verkaufszahlen des Ende 1990 erschienen Mega
Drives aufzuholen versuchte. Rechnet man alle Regionen, die nicht zu Amerika und Japan gehören mit
special super nintendo
dazu (Brasilien, Australien etc.), dann hatte Sega die Nase in der PALRegion ein kleines Stückchen vorne. Nintendo wurde erstmals seine Monopol-Stellung im Videospielemarkt oder zumindest in Teilen des Marktes aberkannt. Zu sehr ruhte sich die Firma auf seinen Lorbeeren aus,
was auch Auswirkungen auf die folgenden Generationen haben sollte.
Trotzdem hatte Sega einen schweren Stand, da viele Dritthersteller Nintendo treu blieben und kaum für die Konkurrenz entwickelten.
1990: Japan-Release des SNES
1992: Europa-Release des SNES
In Japan heisst das
SNES Super Famicom
(Super Family Computer)
m
Zum Release des SFC (Super Famicom) in Japan gab es gerade mal zwei
(ja, 2!) Spiele: «Super Mario World» und «F-Zero». Meiner Meinung nach
ein Segen. Denn beide Games waren grandios und garantierten mehr
Stunden an Spielspass als 15 Releasetitel einer modernen Konsole zusammen. «Super Mario World» trägt für mich noch heute die Krone des
besten 2D Jump'n'Runs aller Zeiten. Mit dieser Meinung stehe ich nicht
alleine. Und wird diesem Spiel die Krone streittig gemacht, dann vom
hauseigenen «Super Mario Bros. 3».
mitgründer der 3d-grafik
Technisch gesehen spielte das Super Nintendo nicht einmal auf wahnsinnig hohem Niveau. Ich möchte das jetzt nicht mit langweiligen Daten
belegen. Spannend ist nur, dass die grösste Power in den Spielen selbst
lag. Erst durch verschiedene Chips in den Modulen waren technische
Meisterleistungen wie «Starwing» bzw. «Starfox» möglich. Der Vorgänger von «Lylatwars» («Starfox 64») erstaunte so manches Auge anno
1993. Mit dem Super-FX-Chip war es möglich, Polygongrafik in 3D darzustellen. Was heute nach unkenntlichen Klötzen aussieht, war damals
ein revolutionärer, genredefinierender Weltraumshooter.
1993: «Starfox» mit 3D-Polygon-Grafik
Genredefinierend war auch «Super Mario Kart». Während man sich bei «Starwing» tatsächlich durch einen
dreidimensionalen Raum bewegte, profitierte der
Funracer von einem Pseudo-3D-Effekt, der durch den
Mode 7 des Super Nintendo produziert wurde. Dieser
Modus erlaubte es, eine Hintergrundebene zu rotieren und skalieren. Schon «F-Zero» bediente sich diesem neuartigen Verfahren. Somit war das SNES eines
der ersten Geräte, das sowas Ähnliches wie 3D-Grafik
darstellen konnte.
baren Trend von Spieledaten auf Discs zu entsprechen. Philipps wagte mit dem CD-i schon Anfang der
90er-Jahre, auf Module zu verzichten. Die erste Konsole mit CD's floppte allerdings gnadenlos.
Ken Kutaragi entwickelt
den tollen SNES Soundchip
revolutionäre tasten
Wer «Super Mario Kart» kennt, der kennt auch die
stundenlangen Sessions im Battle Mode, im Grand
Prix oder im Time Trial, nach denen die Hände
schmerzten. Wahrlich, das SNES-Pad lag besonders
in etwas grösseren Händen nicht optimal. Trotzdem
war der Controller revolutionär. Was heute mit einer
Selbstverständlichkeit in doppelter Ausführung an
das Pad montiert wird, wurde damals zum ersten Mal
ins Design einbezogen: die Schultertasten. R und L
waren besonders im Time Trial unverzichtbar. Nur
durch perfekt getimtes Sliden waren Rekordzeiten zu
erreichen. Aber auch in «Street Fighter II», «Super
Probotector» und den nun komplexer werdenden Rollenspielen fanden sie ihren Nutzen.
Das Medium CD für Videospiele revolutonierte, wie
wir alle wissen, Sony mit der Playstation. Wie konnte
es soweit kommen? Sony schien sich mit Nintendo
nicht einig zu sein – über die Gründe kann jeder selber spekulieren – und das Super-CD für das SNES
sollte nie erscheinen. Stattdessen verzichtete Sony
zukünftig auf die Partnerschaft mit Nintendo, nutzte
das bereits gesammelte Wissen und veröffentlichte
1994 die Playstation. Der temporäre Untergang Nintendos nahm seinen Lauf. Die Entscheidung, mit dem
N64 1996 nochmals auf Module zu setzen, war dann
der Genickschuss. Noch weniger erfolgreich war nur
der Gamecube (den Virtual Boy mal ausgelassen).
ken kutaragi
Moment, was hat der ehemalige CEO von Sony mit
dem Super Nintendo zu tun? Ganz einfach: Er hat mit
seinem Team den Soundchip zur bald 20-jährigen
Konsole entworfen, der demjenigen der Konkurrenz
klar überlegen war. Was heute wie ein schlechter
Scherz wirkt, war damals Tatsache. Sony und Nintendo arbeiteten Hand in Hand. Zu dieser Zusammenarbeit gibt es viele Anekdoten und Legenden. Man weiss
kaum, auf welche Quellen man sich verlassen kann.
Eines ist aber klar: Sony sorgte für gransiosen Sound
und sollte später für Nintendo eine CD-Erweiterung
entwickeln, um erstens auf das Konkurrenzprodukt
Mega-CD zu reagieren und zweitens, um dem abseh-
+
=
special super nintendo
bist du bereit für die zukunft?
Mitte der 90er-Jahren erscheinen gleich zwei Geräte,
die heute als Kuriositäten gelten. Zuerst erschien in
Amerika und später in Japan das Modem X-Band, das
es auch für den Mega Drive und später für den japanischen Saturn gab. «Players are able to connect, communicate and compete» verzeichnete eine stolze
Stimme in der damaligen Werbung. Was heute selbstverständlich ist, war damals revolutionär. Das X-Band
wurde in den Modulschacht eingelegt. Darauf steckte
man das gewünschte Spiel. Auf dem SNES konnte
man zum Beispiel «Super Mario Kart», «Mortal Kombat II» oder «NHL 95» online spielen.
1994: Amerikaner können dank
dem X-Band online SNES spielen!
tung und an einem Publikum, das für die Revolution
noch nicht bereit war. Heute kennen wir dieses Szenario zum Beispiel von der PSP Go.
werden konnte. Zusätzlich bot St. Giga kurze, informative Texte und ein permanent laufendes
Radioprogramm für Videospieler an.
satella-was?
Da das Satellaview nicht dafür konzipiert war,
ohne diese Verbindung zu laufen, sind die
meisten Inhalte heute verloren. Lediglich die abspeicherbaren Daten (teilweise nur durch spezielle Ausleseverfahren erkennbar) können heute
noch von der Super Famicom Szene gesucht und
archiviert werden.
ChronoMoogle
Das zweite Gerät, das später als Kuriosität in die Videospielgeschichtsbücher eingehen sollte, war das
Satellaview. Im Gegensatz zum X-Band schaffte es
dieses Ding nicht einmal über die Grenzen des Herkunftslandes hinaus. Glücklicherweise erhielt Freaks
On Sofa für die Beschreibung dieses Kuriosums eine
kleine Hilfestellung von SNESFREAKS:
legendäre spiele
Das Satellaview als solches war dafür gedacht,
Super Famicom Spielern eine interaktive Spielewelt zu bieten, in der sie Highscorewettbewerbe
mit anderen Spielern, neue Infos rund um das
SFC und auch einige Demos und Exklusivspiele
erleben konnten. Und das in der Regel mit wöchentlichen Updates.
Per Auto-Match wurde ein zufälliger Spieler ausgesucht, der gerade mit demselben Game ebenfalls online zu gehen versuchte. Wollte man gegen jemand
bestimmten spielen, wählte man einen Freund aus
der Player List aus. Des Weiteren war es möglich, in
der Mailbox Nachrichten zu senden und zu empfangen, unter Stats verschiedene Game-Statistiken (auch
Ranglisten) einzusehen und unter Options zum Beispiel eine Art Kindersicherung einzustellen.
Obwohl das System relativ primitiv gehalten war, bekomme ich bei den Beschreibungen in der X-BandWerbung leuchtige Augen. «Super Mario Kart» online
spielen und meine Time Trial Zeiten verewigen lassen? Mich online in «Mortal Kombat 2» oder «Super
Street Fighter II» prügeln? Mich zuoberst in Ranglisten und Statistiken des Super Nintendos wiederfinden? Das wäre das Paradies! Gamer anno 1995 sahen
das ein wenig anders. Zu Topzeiten zahlten gerade
mal 7000 Spieler die monatliche Gebühr für X-Band.
Wie bei so vielen anderen Geräten und Features
scheiterte auch X-Band an einer schlechten Vermark-
Frühe
Zukunftsmusik:
das Satellaview
Möglich machte dies eine internetähnliche Verbindung vom kostenpflichtigen Fernsehsender
St. Giga mithilfe des Satellitenmodem vom
Satellaview. Dieses wandelte die gesendeten Informationen vom Sender in Daten um, welche
teilweise auf den 8MB Cartridges gespeichert
All die Besonderheiten wie die Herkunft des Soundchips, die Vor- und Nachgeschichte der Konsole und
die Tatsache, dass Online Gaming auf dem SNES noch
ein Nischenprodukt war, machen sicherlich einen
grossen Teil der Faszination des Super Nintendos
aus. Der wahre Grund für die Popularität der Konsole
liegt allerdings bei den Spielen. All die Communities,
all die Autoren der Webseiten über das Super Nintendo, all die Magazine in ihren Retro-Artikeln schwärmen über die damaligen Games.
Es ist keinenfalls übertrieben, von DER Retro-Konsole zu sprechen. Über kaum ein anderes Gerät gibt es
so viele Webseiten, Foren und Communities. Im 2DBereich ist das Super Nintendo ungeschlagen und erfreut sich einer enormen Beliebtheit. Bei Ebay wechseln jährlich tausende Spiele den Besitzer, teils zu
horrenden Preisen. In den Top-irgendwas-Listen tauchen SNES-Spiele immer ganz weit vorne auf. Kaum
eine Konsole hat eine derart grosse Dichte an hochwertigen Games und für kaum eine andere Konsole
gab es derart viele Remakes, die – nebenbei erwähnt
– alle nicht an die Qualität des Originals reichen.
subjobjektivität?
Es ist wahnsinnig schwierig, als Retro- und SNES-Fan
einen Bericht zu verfassen, der auch die Retro-Muffel
unter euch anspricht. Wie schaffe ich es, eine Faszination zu erklären, ohne in das Schema «es ist ein-
Mario ist lediglich
die Spitze des Eisbergs...
special super nintendo
fach sooooo toll und punkt» zu verfallen? Wie ihr seit
unseren Blog-Kolumnen vielleicht wisst, versuchen
wir erst gar nicht, pseudo neutral bzw. objektiv zu
schreiben. Wo Leidenschaft dahinter steckt, ist die
Subjektivität nicht weit. Trotzdem möchte ich im Folgenden zu zeigen versuchen, was mit der «grossen
Dichte an hochwertigen Games» gemeint ist.
nur die spitze des eisbergs
Das Super Nintendo besitzt noch bis heute eine der
grössten Spielebibliotheken der Heimkonsolen. Nur
die Playstations 1+2 bieten eine grössere. In Japan
erschienen rund 1440 Titel. Mit einigen Amerika und
Europa exklusiven Games wie «Asterix», «Cannon
Fodder», «Dragon's Lair», «Frogger» etc. kommt man
auf knapp 2000 Spiele. Uns Europäern wurde über die
Die Spielebibliothek des SNES
beinhaltet rund 2000 Spiele!
Hälfte davon vorenthalten. Winnie Forster drückt es
in seinem Buch «Spielkonsolen und Heimcomputer
1972-2009» treffend aus: «Trotz der fast 700 im Westen veröffentlichten Spiele sehen PAL-Spieler nur die
Spitze des Eisbergs». Tatsächlich bleiben uns bis
heute enorm viele Perlen verwehrt. Nicht umsonst
dachte ich ernsthaft daran, wegen des Super Nintendos mir die japanische Sprache anzueignen...
spieleparadies & -hölle zugleich
Natürlich findet man unter den etwa 2000 Games jede
Menge Müll. Im August 1994 schreibt die Man!ac:
«Die Faszination ist weg, so hört man Videospiel-Insider murren, der Markt gesättigt, der Umsatz geht zurück.» Was nach Zukunft klingt, war schon dazumal
ein Thema. 08/15 Jump'n'Runs überfluteten den
Markt. «Die Spezialchips in Super Nintendo & Co. haben es den Designern leichtgemacht, dem Vorbild von
Mario und Sonic zu folgen – gleichzeitig aber auch
deren Spielraum beschnitten. Mittlerweile ist jeder
Effekt erprobt, die Hardware gilt als ‹ausgereizt›.»
Bis 1994 gab es neben wahnsinnig vielen Games, die
die Frage nach der Marktübersättigung berechtigten,
auch jede Menge Top-Titel. War aber die Hardware
tatsächlich schon «ausgereizt»? Die Man!ac fragte
die Leser, ob sie es auch so sähen, dass das Ende aller Innovationen schon in Sichtweite sei. Heute wissen wir: selbst am Ende der Ära erschienen noch
grandiose Titel für das Super Nintendo, die zwar
nichts revolutionierten, aber trotzdem jeden Gamer
zufriedenstellten. Und Innovationen gab es in den
späteren Genreationen noch zuhauf.
mario at it's best
Man kommt einfach nicht umhin, «Super Mario World» zu nennen, wenn man vom Super
Nintendo spricht. Meiner Meinung nach ist das Game 2D Jump'n'Run in Perfektion. Die Level sind so vielfältig wie zahlreich, die Lernkurve ist perfekt, der Schwierigkeitsgrad ist
hart aber fair. Zusammen mit Yoshi erkundet man alle Winkel eines jeden Level, um auch
garantiert alle Geheimnisse zu entdecken. «Super Mario World» hat alles, was man von
einem Jump'n'Run erwarten kann.
Super Mario World
10 out of 10
Keine andere Konsole hat so viele Spiele, die von den
Usern von gamespot Höchstnoten einheimsen. «Chrono Trigger» protzt mit einem Wertungsschnitt von 9,7.
«Final Fantasy VI», «The Legend of Zelda: A Link to
the Past», «Super Mario World» und «Super Metroid»
trumpfen allesamt mit einem Schnitt von 9,5 auf. In
der 200. Ausgabe der EDGE hieven die Engländer
gleich drei SNES-Games in die Top 10 der «100 best
games to play today». Und ganz wichtig: auf dem
grauen Kasten gibt es das bis dato beste Mario Kart!
klein aber fein: eine auswahl
Da es total langweilig wäre, all die grandiosen Games
einfach aufzulisten, stellen wir im Folgenden eine
kleine, persönliche Auswahl zusammen. Einige grosse Namen werden nicht genannt, hingegen finden
auch Geheimtipps ihren Platz. Für vollständige oder
Best of Listen gibt es genügend andere Quellen.
der andere jump'n'run könig
Praktisch alle kennen ihn, wissen aber nicht, was er wirklich drauf hat: Kirby. Die rosa Kugel erlebt auf dem Super Nintendo seinen Höhepunkt, den die meisten gar nicht mehr
wahrnehmen. Erst 1996 erscheint «Kirby's Fun Pak» (ausserhalb Europas «Kirby Super
Star») und erhält bis heute nicht die Anerkennung, die es verdient hätte.
In sechs verschiedenen Abenteuern wandert, rennt und fliegt man mit Kirby und einem
Begleiter, wahlweise auch in einem der besten Koop-Modi aller Zeiten, durch Welten, die
abwechslungsreicher kaum sein könnten.
Der Umfang ist enorm, die Herausforderung an gewissen Stellen sehr knackig, die Fähigkeiten von Kirby so vielfältig und witzig wie noch nie. Durch Einsaugen gewisser Gegner
übernimmt Kirby deren Fähigkeiten, die teilweise zum Weiterkommen und für das Entdecken von Geheimnissen erforderlich sind. Eine vortreffliche Spielmechanik, die ihrerseits
auf das Spielgeschehen eingreift. Durch die verschiedenen, fast frei wählbaren Fähigkeiten
gestaltet sich der Spielablauf sehr individuell. Die rosa Kugel braucht sich in diesem Fall in
keinster Weise hinter dem dicken Klempner zu verstecken. Für mich ebenfalls 2D
Jump'n'Run in Perfektion.
Kirby's Fun Pak
prügeln & schiessen
Nochmals erwähnen muss ich selbstverständlich «Super Probotector», das bei uns eine
verdiente 9/10 erhielt. Ebenfalls ganz gut ballert es sich in «Alien 3». Das Game erschien
allerdings nicht exklusiv auf dem Super Nintendo, stellt nichtsdestotrotz eine der besten
Filmumsetzungen der Videospielbranche dar (was auch nicht wahnsinnig schwierig ist).
Die Atmosphäre ist für 16-Bit-Verhältnisse exzellent und stellt den Trumpf des Games dar.
Man wird zitternd und schwitzend einige Stunden in den mit Aliens gefüllten Schächten
verbringen und sich schlussendlich nur über einen fehlenden Endkampf nerven.
Ebenfalls nicht exklusiv war «Mortal Kombat II». Während aber Teil 1 nur auf dem Mega
Drive unentschärft spielbar war, muss man nun als Nintendo-Jünger in Teil 2 keine Einstriche mehr machen. «Mortal Kombat II» erscheint sowohl bei Sega wie auch bei Nintendo in
voller Brutalität. Fasst man die Absurdität als humorvoll auf und kann sich mit einem relativ simplen Kampfsystem anfreunden, kommt man in den Genuss des bis heute besten
Mortal Kombats. Tonnenweise grobe rote Pixel und absurde Finishing Moves haben halt
seinen eigenen Charme.
Die absolute Bereicherung im Beat'em Up Genre findet man nur auf dem Super Nintendo.
Mit «Street Fighter II: The World Warrior» erscheint 1992 der meiner Meinung nach bis
heute beste Prügler aller Zeiten. Mit nur 8 Kämpfern und beschränktem Move-Arsenal ergibt sich trotzdem eine enorme Tiefe im Kampfsystem, die von keinem Button-Masher à la
Tekken mit x tausend Moves übertroffen werden kann. Das extrem lahme Kampftempo gehört in meinen Augen schon zur Ästhetik des Spiels und versprüht unendlich viel Charme.
Super Probotector . Alien 3 . Mortal Kombat 2 . Street Fighter 2
wunderbar grauenhaft
was noch?
Besonders wenn man die jap-only Games dazuzählt, ist das Super Nintendo eigentlich DIE
Konsole für Rollenspiele. Ich möchte stellvertretend für das ganze Genre nur ein Spiel nennen, das noch nicht einmal wahnsinnig grandios ist. Trotzdem hat es mich vor allem mit
seiner Story und dem Endkampf nachhaltig beeindruckt. Das punkto Grafik und Sound
grauenhafte «7th Saga» verschmäht in den ersten Stunden den Grossteil aller, die sich
überhaupt an das Spiel wagen, mit einem knüppelharten Schwierigkeitsgrad. Unendliche
Auflevel-Sessions sind nicht zu umgehen.
Es gibt noch etliche Spiele, die zumindest erwähnenswert wären. Ein Beispiel ist «Rendering Ranger», ein Japan-exklusiver, auf 5000 Stück limitierter Mix aus Jump'n'Shoot und
Shoot'em Up. Das fabelhafte Stück Software wurde praktisch im Alleingang vom Deutschen
(!) Manfred Trenz entwickelt, der heute an Spielen wie «Mein Ponyhof» für den DS arbeitet.
«Rendering Ranger» hat heute Kultstatus und erreicht mittlerweile Ebay-Summen von bis
zu 800€. Ich bin froh, habe ich mir mein Exemplar früh genug zu eine vernünftigen Preis
gesichert...
Doch nach etwa 20-25 Stunden fängt sich der Aufwand zu lohnen an. Die anfangs noch lahme Geschichte entwickelt sich, bis sie seinen Höhepunkt nach etwa 35 Stunden und
schliesslich am Spielende findet. Auffallend ist dabei, dass Spielmechanik und Story geschickt ineinandergreifen. Wer denkt, «Final Fantasy 7» sei das Non-Plus-Ultra und habe
mit den Substanzen bzw. der Materia damals etwas Neues erfunden, sollte sich dieses USund JAP-exklusive Rollenspiel mal anschauen. Ein Blick in diese wunderbar grauenhafte
Welt lohnt sich ausserdem, weil man auf ein ausgezeichnetes Zufallskampfsystem stösst.
Für mich unverständlich, warum diese Idee von halb Zufall, halb Vorhersehbares nie wieder umgesetzt wurde.
Rendering Ranger
The 7th Saga
snesfreaks.com
Die Geschichte rund um das Super Nintendo ist nie zu
Ende erzählt. Man könnte über diese Konsole und deren Spiele ein ganzes Buch schreiben. Ich bleibe also
dazu verdammt, das meiste nur anreissen zu können.
Was nach der Hard- und Software noch bleibt, sind
die Leute rund um Konsole und Spiele. Wie anfangs
kurz angetönt, gibt es um das Super Nintendo eine
riesige Fan-Community.
Noch im 21. Jh. wurden Spiele
für das SNES entwickelt
Eine der schwärmenden Communities, die stets auf
der Suche nach neuen Superlativen für das Super
Nintendo und dessen Spiele ist, nennt sich snesfreaks. Auf snesfreaks.com tummeln sich Freaks wie
wir es auch sind. Sie teilen die Leidenschaft für Spiele, sind aber allesamt überzeugt: früher war alles
besser. Das SNES ist für die meisten SNES-Freaks
die beste Konsole aller Zeiten. Im Team befindet sich
sogar einer, der fast ausschliesslich auf dem grauen
Kasten spielt. Auf der Hauptseite unter dem Bereich
«Das Team» liest man: «Des Weiteren ist er [Christian] die Defintion eines snesfreaks, da er ausser dem
SNES keine Konsole besitzt».
Snesfreaks.com ist eine lebendige und sympathische
Community, die es nicht leid ist, über das Super Nintendo zu diskutieren. Das Forum hat rund 650 Mitglieder und viele von ihnen bringen ein grosses Wissensspektrum über das Super Nintendo mit.
ChronoMoogle etwa beschäftigt sich viel mit dem Satellaview und Importspielen. Im Youtube Kanal kann
man Playthroughs, Reviews und Specials begutachten. Die Hauptseite befindet sich noch im Aufbau,
aber bereits jetzt findet man einige ausgezeichnete
Reviews, Interviews, die Geschichte der Konsole und
einiges mehr. Das Ganze steht unter dem Slogan «Alles übers ehrenwerte SNES». Und ehrenwert ist das
Super Nintendo allemal!
d
snesfreaks.com
kommentare
Wenn du nackt neben
dem rosa Nashorn
aufwachst...
Teil 1 der Kurzgeschichte verpasst?
Ihr wollt euch in Erinnerung rufen, was bisher geschah?
nachzulesen in ausgabe 2/2010
Eine Kurzgeschichte – Teil 2
«Ich hatte Angst, durch das Fischauge in ein totes Gesicht wie das meinige zu blicken.»
Eine Kurzgeschichte – Teil 2
A
Wenn du nackt neben dem rosa Nashorn aufwachst...
ls ich wieder aufwachte, lag ich auf dem harten Boden des
Hygieneabteils und blickte geradewegs zur Decke. Da fiel
mir auf, wie tief diese und wie klein und eng überhaupt alles um
mich herum war. Wieder wurde es still in meinem Kopf, bevor
ich zusammenzuckte und aus dem kurzen Tod aufwachte. Ich
dachte an die namenlose Stadt, an das Aussenquartier. Vinny
war nicht mehr da, die Melodie war nicht mehr zu hören und
alles war im Nichts erstickt, genau wie ich in meiner Kabine.
Ich hielt es nicht mehr aus, etwas musste passieren. Ich zappelte
aus dem Hygieneabteil an mein Nachttischchen, grapschte mir
den Zettel mit Vinnys Nachricht und schrie selbigen an: «Was
soll das bringen, häh?» Ich zog mich am Bett hoch, zog mich an,
stopfte den zerknüllten Zettel in die Hose und stand anschliessend entschlossen hin. Als hätte ich mich entschieden einen
Sonntagsspaziergang mit meinem Hund zu machen. Ich ging
zur Tür, klatschte meine Hände dagegen und warf einen Blick
Und jetzt, jetzt stand ich an genau dieser Tür der Kabine und
wollte raus in den Gang. Ich stemmte mich mit dem Rücken an
durch das Fischauge in den leeren Gang hinaus.
die Tür und stützte mich mit den Händen auf den Knien ab. Ich
Ich erinnerte mich daran, wie ich damals mit hunderten von
wieder ruhig um mich herum, die Hektik hatte meinen Kopf zu-
Leuten in einer Reihe durch diesen endlos scheinenden Gang
marschiert war: Lautes Gerede, schlurfende Schritte und Kindergeschrei hallten um meine Ohren. Alle 30 Sekunden blieben
wir stehen und der Aufseher schrie Nummern aus der Sprechanlage. Jeder schaute dann verwirrt an seinem Körper entlang,
um die Nummer auf seinem Anzug zu erkennen. Die Betroffenen lösten sich aus der Kette und wandten sich zu ihrer Linken
den Eingängen ihrer Kabinen zu. Dann marschierten wir wieder, lautes Geschrei, eine immer kleiner werdende Menschenkette bis ich vor und hinter mir niemanden mehr sehen konnte.
Doch der Aufseher schrie immer noch regelmässig mehrere
Nummern durch den Gang. Ganz alleine machte ich nun meine
Schritte und wartete darauf, meine Kabine betreten zu können.
atmete tief durch und schloss die Augen. Allmählich wurde es
vor mit Lärm durchzogen. Nun konnte ich wieder alles hören.
Das Nichts, die zischenden Akkus an der Ladestation, das leise
Brummen der Lüftung. Für einen kurzen Moment ging es mir
ein wenig besser und urplötzlich konnte ich einen einzigen klaren Gedanken fassen. Die Lüftung! Der Luftstrom war das einzige, das mich mit der Aussenwelt verband. Zwar wusste ich
nicht genau, wo die saubere Luft herkam, da auf der Oberfläche
der Krieg tobte, aber ich war mir sicher, dass dies ein Weg sein
musste, der zumindest von meiner Kabine wegführt. Ich richtete mich auf und hob meinen Blick zur Decke. Wie ein verhaltensgestörter Bär im Zoo tastete ich mich langsam den Wänden
meines Gefängnisses entlang und versuchte die Quelle des leisen Brummens auszumachen.
Eine Kurzgeschichte – Teil 2
E
Wenn du nackt neben dem rosa Nashorn aufwachst...
s war schwierig, so als würde das Brummen in diesem Mo-
Wut, Angst und letzter Hoffnung aus. Die Kabine füllte sich
ment der Hoffnung aus allen Richtungen an meinem Ohr
mit dem Hall des schrillen und metallischen Lärmes. Es hörte
kitzeln. Ich atmete nur noch ganz flach und fing zu zittern an.
sich an wie ein Meer aus Schreien. Es war, als würde ich mit dem
Was, wenn ich durch den Lüftungsschacht nach draussen käme
Besenstiel an den Fussboden des Himmels hämmern, um den
und ich feststellen müsste, dass alles zerstört ist? Was, wenn ich
Allmächtigen auf mein Leid aufmerksam zu machen. Die Angst,
beim ersten Atemzug in Freiheit am Gift des Krieges verrecken
die hinter mir die Kabine füllte, schrie aus aller Kraft. Dann
würde? Wäre es nicht besser, in Unwissenheit, dafür sicher und
stiess ich plötzlich ins Leere und ein lauter Knall brachte die
konserviert in der Kabine weiterzuleben? Mir wurde schwind-
Schreie zum schweigen. Die Deckenplatte hatte sich gelöst und
lig. Ich musste mich kurz mit beiden Händen an der Wand stüt-
fiel zu Boden. Nun stand ich da und stierte in ein kleines
zen. In diesem Moment lief mir ein kalter Schauer über den
schwarzes Loch. Sieht es so im Himmel aus?
Rücken. Ich schaute hastig auf und sah mehrere unauffällige,
schwarze Löcher in der Deckenplatte über mir. Plötzlich hörte
Kurz darauf griff ich nach einem Stuhl, stieg hinauf und ohne
ich auch das Brummen wieder ganz klar, wie es direkt über mei-
zurück zu blicken, zog ich mich zitternd vor Anspannung in den
nem Kopf rotierte. Ich sah es schon, das Licht am Ende des
dunklen Lüftungsschacht hoch. Ich dachte nicht, dass die vier
Ganges, wie ich es durchschreiten und mich in Freiheit wieder
Wände um mich noch kleiner als diejenigen in der Kabine wer-
finden würde. Es war diese fest vermachte Deckenplatte, die mir
den würden, bevor ich mich wieder in Freiheit bewegen könnte.
nun die Freiheit verwehrte.
Ich lag flach auf dem Bauch und konnte mich kaum bewegen.
Sehen konnte ich gar nichts. Der ganze Schacht fibrierte durch
Ich eilte zu meinem Bett und löste mit ein paar kräftigen Hand-
das dumpfe Brummen und es kam mir vor, als würde ich schwe-
griffen die eiserne Stange, die das Bett an der Unterseite stütz-
ben. Ich robbte ein paar Meter nach vorne, bis ich das Brummen
te. Dann stellte ich mich unter die Deckenplatte und holte tief
ganz klar hörte und ein starker Luftstrom über mein Körper
Luft. Ich musste meine ganze Kraft sammeln, die mir noch
glitt. Ich war nun direkt vor dem Ventilator. Für einen Moment
blieb. Ich musste mir vorstellen, ich wäre gar nicht da, das
dachte ich nicht an mein Fortschreiten und erfreute mich am
schwere Nichts würde mich nicht an den Boden fesseln. Ich
zitternden Klang meiner Stimme, wenn ich in Richtung des
stellte mir vor, ich hätte die Kraft eines Nashorns, eines rosa
Ventilators sprach. Ich musste lachen. Es war, als hätte ich das
Nashorns. Ich stiess die Stange kräftig an die Decke und ein
erste Mal in meinem Leben gelacht und für einen Bruchteil
ohrenbetäubender, metallischer Lärm hallte um alle Ecken und
meines Daseins musste ich nicht an meine Kabine denken. Doch
Kanten in der Kabine. Irgendwo fiel ein Glas zu Boden. Ich
das Lachen wurde vom Ventilator zerhäckselt und schallte als
stiess ein weiteres Mal zu. Als ich sah, dass nur eine winzige
tiefes, grollendes, fast gar dämonengleiches Lachen zurück und
Delle entstand, verspürte ich plötzlich ein Brennen im Brust-
liess mich augenblicklich verstummen. Ich kroch nochmals zu-
korb. Es war die pure Angst. Die Angst vor dem Tod in der
rück, zog die Eisenstange mit in den Schacht und liess alsbald
Konservendose. Da arteten meine Stösse in einen Hagel von
den Ventilator mit einem kräftigen Stoss ebenfalls verstummen.
Eine Kurzgeschichte – Teil 2
N
Wenn du nackt neben dem rosa Nashorn aufwachst...
ach ein paar weiteren Stössen konnte ich ihn vollständig
kälter zu werden und brannte in den Lungen. Ich wurde müde.
demontieren. Dann robbte ich weiter. Der Lichtschein,
Ich hatte keine Ahnung, wie weit und wo ich war. Die Augenlie-
der aus meiner Kabine in den Schacht griff, wurde immer klei-
der wurden schwer und in einem Zustand des Halbschlafes sah
ner, bis ich plötzlich vollständig von der Dunkelheit einge-
ich plötzlich das Sofa und die Scherben vor mir am Boden. Ich
schnürt wurde. Es ging nur ganz langsam voran und ich wusste
sah mich, wie ich in der Kabine auf und ab ging. Der dunkle und
nicht, wo ich hingelangen werde. Vielleicht vor einen Spiegel,
schwere Sog der Kabine zog noch immer an meinen Füssen.
der mir das Ebenbild meines leeren Ichs zeigt. Vielleicht aber
Dann schlief ich ein. Ein seltsamer Traum überkam mich. Ich
werde ich am Ende dieses Schachts aus einer Konservendose
träumte von Nashörnern, die sich fortpflanzten. Das Junge, das
steigen, mich umsehen und mich fragen, ob es sich in Freiheit
dabei herauskam, war rosa. Die Eltern starben beide kurz nach
wirklich besser anfühlt. Ich fing zu schwitzen an und meine
der Geburt des Jungen. Ein wenig später kam ein weiteres rosa
Muskeln bissen mich. Meine Haut an den Ellenbogen und den
Jungtier zur Welt und abermals starben die Eltern daraufhin.
Knien scheuerte sich langsam ab. Die Luft schien auf einmal
Was sollte ich nur mit diesen Nashörnern anfangen? Ich wachte
wieder auf, wollte sogleich meine Arme strecken und bemerkte
überrascht, dass ich zu meiner Rechten ins Leere griff. Tatsächlich schien direkt neben mir eine Verzweigung zu sein. Jedoch
sah ich auch in dieser Richtung kein Licht im Dunkeln. Es gab
keinen helleren Hoffnungsschimmer, kein Bauchgefühl und
kein Nashorn, das mir die Entscheidung hätte abnehmen können. Ich entschied mich für die Abzweigung, nur der naiven
Annahme wegen, mir würde der Sog der Kabine nicht um Ecken
folgen. Ich robbte weiter, wahrscheinlich mehrere Stunden.
Irgendwann fing mein Körper an abzusterben. Ich fühlte Hände
und Ellenbogen nicht mehr, der Rücken und die Beine ebenso
wenig. Ich fühlte mich, als würde mein Körper nur aus meinem
Kopf bestehen. Ich spürte überhaupt nicht mehr, ob ich mich
überhaupt noch bewege. Ich konnte nicht einmal sagen, ob ich
noch am Leben war, oder ob ich bereits dabei war, mich damit
abzufinden, dass der Himmel tatsächlich so dunkel ist.
Eine Kurzgeschichte – Teil 2
D
Wenn du nackt neben dem rosa Nashorn aufwachst...
och ich sollte mich getäuscht haben, denn plötzlich stach
mir ein winziger Blitz mitten in die Augen. Zuerst kniff
ich die Augen zusammen, dann öffnete ich sie ganz langsam und
mit vorgehaltener Hand wieder. Tatsächlich war in der Ferne
ein mikroskopisch kleiner Lichtpunkt zu erkennen. Hände,
Füsse und Rücken erwachten ganz plötzlich wieder. Es war
schmerzhaft, die Muskeln bissen mich an jeder Stelle und liessen sich kaum mehr bewegen. Der Punkt wurde immer grösser
und greller, aber ich konnte nicht erkennen, was dahinter lag.
Nach einer Weile war ich dem Licht so nahe, dass alles um mich
herum blitzte und leuchtete. Das Brummen war nicht mehr zu
hören, stattdessen hörte ich den Chor der Freiheit. Das musste
der Himmel sein. Ich wollte schon freudig losjauchzen, als meine Hände auf einmal keinen Boden mehr fassten und ich nach
unten fiel. Ich hörte noch ein dumpfes Geräusch, dann wurde es
wieder schwarz um mich herum. Lange war es still. Irgendwann
kam ich wieder zu mir. Ich lag auf dem Rücken und starrte eine
braune Deckenplatte an. Ruckartig richtete ich mich auf und
stellte fest, dass ich in diesem endlos langen Gang gelandet war.
An der Wand sah ich die Öffnung des Schachts, von wo ich herkam. Er erschien mir wie die Öffnung eines Muttermunds, der
Dann marschierte ich weiter. Es war alles totenstill. Kabine um Kabine zog an mir vorbei. Ich
mir zur Wiedergeburt verhalf. Ich wunderte mich, dass der Lüf-
kam mir vor wie in einer riesigen Leichenhalle, ich wollte den Kabinentüren nicht zu nahe kom-
tungsschacht so direkt und ungeschützt mit dem Gang in Ver-
men. Ich ging geduckt. Ich hatte Angst, durch das Fischauge in ein totes Gesicht wie das meinige
bindung war. Doch das war egal, denn der Chor klang in meinen
zu blicken. Als ich alleine durch diesen Gang marschierte, beschlich mich nach einer Weile das
Ohren. Ich stand auf, streckte meinen Körper in seine ganze
Gefühl, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zuging. Ich hatte mir auf meinem Weg bisher nie
Länge und machte die ersten Schritte. Ich kannte den Teil des
Gedanken darüber gemacht. Wäre ich jetzt auch hier, wenn Vinny nicht verschwunden wäre und
Ganges und wusste in welche Richtung ich gehen musste. Es
mir diese seltsame Nachricht hinterlassen hätte? Warum überhaupt beschäftigten mich rosa Nas-
war, als wärs gestern gewesen. Der Gedanke, dass ich offen-
hörner aus einer virtuellen Welt? Ich blieb stehen. Warum suche ich nach Zusammenhängen zwi-
sichtlich bereits beim Einzug in die Kabine am offenen Lüf-
schen Vinny und meinem Ausbruch in der realen Welt? Ich war mir der Realität in diesem Mo-
tungsschacht vorbeimarschierte, erlahmte meine freudigen
ment gar nicht mehr sicher. Plötzlich gingen die Lichter im Gang aus und auf einen Schlag stand
Schritte Richtung Ausgang und liessen mich nochmals einen
ich wieder im Dunkeln. Mir wurde kalt und im selben Moment wusste ich, dass mit mir etwas
ungläubigen Blick zurück in den Gang werfen.
nicht stimmte. Aus Angst vor dem, was kommen würde, schloss ich die Augen.
Eine Kurzgeschichte – Teil 2
A
Wenn du nackt neben dem rosa Nashorn aufwachst...
ls ich sie wieder öffnete, lag ich auf dem Rücken und
men, beängstigenden, ja gar unrealen Welt. Ich gab mich der
blickte ich in einen strahlend blauen Himmel. Ich erstarr-
Melodie so intensiv hin, dass ich die Augen schloss. Ich spielte
te vor Verwunderung. War das der Himmel? Hat der Tod im
mir das ganze Leid von der Seele. Dann öffnete ich die Augen
Gang auf mich gewartet? Ich verstand nicht. Zitternd wandte
wieder. Und da stand es direkt vor mir, das rosa Nashorn. Es
ich meinen Kopf zur Seite und stellte fest, dass ich auf einer rie-
stand anmutig im stumm tosenden Wind und starrte mich an.
sigen Wiese lag. Bis an den Horizont nur sattes Grün und dann
Die Fidel fiel zu Boden. Langsam und geisterhaft kam es auf
der blaue Himmel. Was, wenn ich in Wirklichkeit noch immer
mich zu. Alles schwieg, bis auf das raschelnde Gras unter den
in meiner Kabine am System angeschlossen und dies alles nur
schweren Füssen des Nashorns. „Willst du noch weiterma-
eine Fehlfunktion war? Dann hätte ich nichts Anderes tun müs-
chen?“, hörte ich plötzlich eine heiserne Stimme in meinem
sen, als darauf zu warten, dass die Akkus den Geist aufgeben.
Ohr. Ich zuckte zusammen und blickte rasch um mich. Es war
Ich atmete tief ein. Die Luft schien frisch und wehte sanft über
niemand da. „Sag, willst du noch weitermachen?“, wiederholte
meinen Körper. Ich erschrak, stand hastig auf und sah, dass ich
die Stimme. „Nein! Nein, ich will nicht mehr!“, schrie ich ver-
nackt war. Ratlos schaute ich in alle Richtungen. Da erlickte ich
zweifelt in die Stille. „Ich kann nicht mehr“, sagte ich leise vor
die Fidel zu meiner Rechten, in Gras gebettet. Das konnte nicht
mich hin und sah dabei in die toten Augen des Nashorns, als
die Realität sein. Aber gerade eben war sie noch da. Auf einmal
wurde der Wind stärker, die Grashalme zuckten und über mir
öffnete sich der Himmel. Ein gigantisches Flugzeug donnerte
über mein Kopf hinweg und riss mich mit der folgenden Windböe von den Füssen. Blitz und Donner stiegen am Horizont auf
und warfen mit kriegerischem Trommelwirbel nach mir. Bäume
schossen plötzlich aus dem Boden und beugten sich über mein
Haupt. Der blaue Himmel begann sich zu drehen, immer
schneller. Der tosende Lärm wurde immer lauter.
Ich griff hastig nach der Fidel, stemmte mich gegen den Wind
und spielte die Melodie. Einfach so. Aus dem Nichts. Ich spielte die traurige Melodie des bulligen Mannes. Ich spielte noch
nie zuvor auf einer Fidel. Zuerst war nichts zu hören im Getöse
des Chaos. Doch immer deutlicher drangen einzelne Töne an
mein Ohr. Der Lärm nahm immer mehr ab und die Melodie
wurde klarer. Irgendwann verstummte der Lärm. So stand ich
da, spielte die Melodie, nackt, inmitten des Chaos dieser seltsa-
Eine Kurzgeschichte – Teil 2
Wenn du nackt neben dem rosa Nashorn aufwachst...
würde ich eine Antwort erwarten. Egal wo ich hingelangte,
hatte einen Fehler. Vielleicht ein Virus, wir wissen es nicht so
überall schaute ich in die Dunkelheit, in Totes. Als wäre ich
genau. Wir bitten inständig um Entschuldigung für die Unan-
vom Tod umgeben. Genau wie in diesem Moment, als die Zeit
nehmlichkeiten.“ Dann stolperte es endlich über meine
plötzlich stillstand. Nichts bewegte sich mehr, alles fror ein. Ein
zitternden Lippen: „Hat dieser Virus etwas mit einem rosa Nas-
schwerer, tiefschwarzer Vorhang fiel vom Himmel und erstickte
horn zu tun?“ - „Ein Nashorn?“ - „Ein rosa Nashorn“, erwiderte
das letzte Flackern Hoffnung in mir.
ich. „Nein, sowas ist uns nicht bekannt.“ Kurz darauf verlor ich
das Bewusstsein. Der Lichtstrahl auf meinem Gesicht verblass-
Das letzte Aufleuchten der Glut war eiskalt. Ich spürte, wie ei-
te und alles um mich verstummte. Nun war es mir egal, wenn es
sige Pfeile durch meine Adern schossen. Kurz darauf legte der
im Himmel dunkel sein würde...
d
Tod seine kalte, harte Hand auf meine Brust und lechzte nach
meinem Herzen. Ich schrie mit letzter Kraft in die Dunkelheit
hinaus, worauf die glasige Kälte um mich zersprang und ich die
Augen nochmals öffnen konnte. Ich lag auf einem Bett in einem
rötlich beleuchteten Raum. An meinen beiden dürren Armen
waren Infusionen angeschlossen und ein kleines Gerät neben
meinem Kopf begann zu blinken und pfeifen. Als sich meine
Augen gewohnten, konnte ich etwas weiter in die rote Dunkelheit des seltsamen Raumes schauen. Um mich herum lagen andere abgemagerte Personen. Ich verlor jeglichen Glauben an
Tod und Leben. Habe ich jemals existiert oder werde ich erst
geboren? Das Pfeifen neben mir wurde lauter und stach in mein
Gehör, als wäre es von höchster Dringlichkeit. Plötzlich sprang
eine Tür auf, ein greller Lichtstrahl warf sich mitten in mein
Gesicht. Einige Gestalten rannten an mein Bett, drückten hektisch auf dem pfeifenden Gerät herum und zupften an meinen
Infusionsbeutel. Ehe ich kapierte, packte mich jemand, beugte
sich über mich und sprach: „Hallo? Können sie mich verstehen?“. Ich nickte. „Sie sind auf dem Weg der Besserung,“ sprach
Habt ihr Teil 1 verpasst?
Holt euch die FOS Ausgabe 2/2010.
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die Person weiter „aber sie sind noch immer krank. Sie müssen
ausgabe 2/2010
wieder gehen, verstehen sie?“ Ich verstand nichts. Fast hätte ich
kommentare
es geschafft, meinen Mund zu öffnen und zu reden, als die Person aufgeregt weitersprach: „Ihr psychoanalytisches Programm
coming up november
review: Castlevania: Lords of Shadow
review: Enslaved
fundstück: Amnesia
special: Scott Pilgrim
Mehr Infos im November-Teaser
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Mit etwas Glück und eifriger Mitarbeit von
euch können wir vielleicht schon bald noch
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wir sind nicht
gekauft − oder: nieder
mit dem hype!
Wir testen nur so, wie es uns passt. Das Spiel wird über den normalen Weg in einem Shop gekauft und kommt
frühestens am Releasetag bei uns an. Anspruch auf Aktualität haben wir nicht. Wir behandeln Titel und News,
die nach Release der einen und vor Redaktionsschluss der neuen Ausgabe bei uns landen. Das erlaubt uns
oftmals, schon einen gewissen Hypeabstand zu gewinnen und garantiert, dass wir in unserer Wertung und
Meinung nicht beeinflusst sind.
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