Validierung der ersten deutschen Fassung des
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Validierung der ersten deutschen Fassung des
UniversitätsSpital, Zürich Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie Direktor: Prof. Dr. med. R. Probst Betreuung der Masterarbeit: KD Dr. med. J. Bohlender & Dr. M. Brockmann-Bauser MSc Leitung der Masterarbeit: KD Dr. med. J. Bohlender Validierung der ersten deutschen Fassung des englischen Sydney Swallow Questionnaire MASTERARBEIT zur Erlangung des akademischen Grades Master of Medicine (M Med) der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich vorgelegt von Sarah Frick (10-753-364) 2015 Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung.................................................................................................... 4 2. Einleitung ................................................................................................................... 6 2.1 Begriffserklärung Dysphagie .......................................................................... 6 2.2 Der ungestörte Schluckakt .............................................................................. 6 2.3 Ursachen und Symptome einer Schluckstörung .......................................... 9 2.3.1 Ursachen einer Dysphagie ....................................................................... 9 2.3.2 Klinische Anzeichen für Dysphagie .......................................................... 9 2.3.3 Diagnostische Hinweise für eine Dysphagie .......................................... 10 2.4 Diagnostik und Behandlung der Dysphagie ................................................ 10 2.4.1 Anamnese und instrumentelle Diagnostik ............................................... 10 2.4.2 Instrumentelle Skalen zur Schweregradeinteilung der Dysphagie .......... 11 2.4.3 Übungstherapeutische Behandlung ........................................................ 12 2.4.4 Untersuchung subjektiver Beschwerden mittels Fragebögen ................. 12 2.4.5 Dysphagiespezifische Fragebögen ......................................................... 13 2.5 Ziel ................................................................................................................... 14 3. Material und Methoden ........................................................................................... 15 3.1 Studientyp ....................................................................................................... 15 3.1.1 Ethik ........................................................................................................ 15 3.2 Studienpopulation .......................................................................................... 15 3.2.1 Patientenkollektiv .................................................................................... 15 3.2.2 Ein- und Ausschlusskriterien ................................................................... 15 3.3 Fragebögen ..................................................................................................... 16 3.3.1 Handhabung verwendete Fragebögen ................................................... 16 3.3.2 Sydney Swallow Questionnaire (SSQ) ................................................... 16 3.3.3 MD Anderson-Dysphagia-Inventory (MDADI) ......................................... 17 3.4 Auswertung ..................................................................................................... 17 3.5 Statistik ........................................................................................................... 18 3.5.1 Reliabilität ............................................................................................... 18 3.5.2 Validität ................................................................................................... 18 3.5.3 Inhaltsvalidität ......................................................................................... 18 3.5.4 Konstruktvalidität und Gruppenvalidität .................................................. 19 3.5.5 Kriterienvalidität ...................................................................................... 19 2 4. Resultate .................................................................................................................. 21 4.1 Patientencharakteristika ................................................................................ 21 4.2 Reliabilität ....................................................................................................... 22 4.3 Validität ........................................................................................................... 22 4.3.1 Inhaltsvalidität ......................................................................................... 22 4.3.2 Konstruktvalidität und Gruppenvalidität .................................................. 22 4.3.3 Kriterienvalidität ...................................................................................... 22 5. Diskussion ............................................................................................................... 24 5.1 Wichtigste Ergebnisse ................................................................................... 24 5.2 Vergleich SSQ und MDADI ............................................................................ 24 5.3 Vergleich mit der englischen Originalversion ............................................. 25 5.4 Vergleich mit vorausgegangenen Studien ................................................... 25 5.5 Methodische Limitierung ............................................................................... 26 5.6 Implikationen für die klinische Anwendung ................................................ 27 6. Literaturverzeichnis ................................................................................................ 28 7. Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................... 30 8. Abbildungsverzeichnis ........................................................................................... 31 9. Tabellenverzeichnis ................................................................................................ 32 10. Anhang ..................................................................................................................... 33 10.1 SSQ Fragebogen .......................................................................................... 33 10.2 M.D. Anderson Dysphagia Inventory deutsche Übersetzung ................... 36 10.3 Patientinnen- und Patienteninformation ..................................................... 37 10.4 Skalen und Scores aus dem Anhang des NOD-Stufenkonzept ................ 40 11. Lebenslauf ............................................................................................................... 42 12. Erklärung.................................................................................................................. 43 3 1. Zusammenfassung Einleitung und Fragestellung Der Begriff Dysphagie umschreibt Beschwerden beim Schlucken von fester Nahrung, Flüssigkeiten oder Speichel. Die klinische Anamnese und Diagnostik mittels bildgebenden Verfahren sind unerlässlich zur Diagnosestellung. Darüber hinaus ist die durch die Schluckstörung verursachte subjektive Einschränkung der Lebensqualität Grundlage zur Planung und Evaluation der Behandlung. Die schluckbezogene Lebensqualität wird mittels spezialisierten strukturierten Fragebögen erhoben. In deutscher Sprache liegen bis anhin der M.D. Anderson Dysphagia Inventory (MDADI) und Quality of Life in Swallowing Disorders (SWAL-QOL) vor. Diese beiden Fragebögen erfassen überwiegend die allgemeine Lebensqualität und nicht die aus therapeutischer Sicht notwendige, möglichst genaue Analyse der Schluckfunktion. Der in englischer Sprache validierte Sydney Swallow Questionnaire fokussiert auf Beschwerden beim Ablauf des Schluckaktes und evaluiert somit die Schluckfunktion. Ziel dieser Studie war die Validierung der ersten deutschen Fassung des Sydney Swallow Questionnaire (SSQ). Methoden Für die vorliegende prospektive Querschnittsstudie wurde der SSQ und MDADI Fragebogen an 86 deutschsprechende Patienten (65 Männer und 21 Frauen) mit einer diagnostizierten Dysphagie ausgehändigt. Die Patienten wurden aus der Sprechstunde der Abteilung Phoniatrie und Klinische Logopädie, ORL-Klinik des UniversitätsSpitals Zürich rekrutiert. Die betroffenen Dysphagiepatienten wiesen in ihrer Krankengeschichte Karzinome der Mundhöhle, des Naso-, Oro-, oder Hypopharynx, oder des Larynx auf. Die Fragebögen wurden zwischen dem 23.05.2012 und dem 26.09.2012 von Ärzten oder Logopäden der Abteilung verteilt und von den Patienten selbständig ausgefüllt. Die Reliabilität wurde mittels der internen Konsistenz anhand des Cronbachs alpha beurteilt. Die Konstruktvalidität (mit der Gruppenvalidität) und Kriterienvalidität wurden mit dem Spearman Korrelations-Koeffizienten und dem Mann-Whitney U-Test überprüft. 4 Resultate Die deutschsprachige Übersetzung des SSQ-Fragebogens zeigte im Vergleich zum bisherigen Goldstandard dem MDADI signifikante Ergebnisse. Die interne Konsistenz des gesamten SSQ war mit einem Cronbachs alpha Wert von 0.94 hoch. Für die Konstruktvalidität ergaben sich moderate bis starke Korrelationswerte von 0.54 bis 0.74. Auch die Kriterienvalidität zeigte starke Korrelationswerte von 0.67 bis 0.77. Zusammenfassend liegen in der deutschen Fassung des SSQ Fragebogens signifikante Ergebnisse in der internen Konsistenz, wie auch der Konstruktvalidität und der Kriterienvalidität vor (p < 0.05). Schlussfolgerungen In der Vergleichsanalyse mit dem bisherigen Goldstandard MDADI [20] konnte die Reliabilität und Validität des SSQ [23] bei Patienten mit Tumoren im Kopf-Hals Bereich bestätigt werden. Die Reliabilität der deutschen Fassung wurde mit der internen Konsistenz nachgewiesen. Die Validität wurde anhand der Konstruktvalidität mit der Gruppenvalidität und der Kriterienvalidität bestätigt (p < 0.05). Der kurze, präzise und Dysphagiespezifische SSQ-Fragebogen ist ein valides und reliables Instrument für die Erfassung der Alltagseinschränkung und von Schluckbeschwerden aus Sicht des Betroffenen. Bei mehrmaligem Wiederholen des SSQ kann die Entwicklung einer Dysphagie dokumentiert werden. Dies erlaubt den Therapeuten, Rückschlüsse auf die Wirksamkeit einer Therapie zu ziehen. Hinweise zur Formulierung: Für eine einfachere Lesbarkeit wurde auf eine geschlechtergerechte Differenzierung (z.B. Patient/Patientin) verzichtet. In dieser Arbeit wurde, sofern möglich, eine neutrale Personenbezeichnung verwendet. Natürlich bezieht sich eine verallgemeinernde männliche oder weibliche Personenbezeichnung gleichermassen auf das männliche, wie auch weibliche Geschlecht. 5 2. Einleitung 2.1 Begriffserklärung Dysphagie Der Begriff „Dysphagie“ umschreibt eine Beeinträchtigung des Schluckens von festen oder flüssigen Nahrungsmitteln oder des Speichels. Klinische Zeichen einer Dysphagie sind unter anderem häufiges Verschlucken, Husten beim oder nach dem Essen, Regurgitationen, Vermeidung von bestimmten Konsistenzen, einer verlängerten Dauer beim Essen oder die Notwendigkeit häufigen Nachtrinkens [1]. Eine Dysphagie entsteht, wenn eine oder mehrere der am Schluckvorgang beteiligten anatomischen Strukturen oder deren Zusammenwirken behindert sind und kann in jedem Lebensabschnitt allein oder kombiniert mit einer Erkrankung auftreten [2]. 2.2 Der ungestörte Schluckakt Der Schluckakt ist ein komplexer Bewegungsablauf mit willentlichen, reflektorischen und sensomotorischen Komponenten. Insgesamt kann der Vorgang in vier Phasen (orale Vorbereitungsphase, orale Transportphase, pharyngeale Phase und ösophageale Phase) aufgeteilt werden. Die beiden oralen Phasen sind willentlich beeinflussbar, wobei die pharyngeale und ösophageale Phase unwillkürlich, das heisst reflektorisch, ablaufen. Sensomotorisch bedeutet, dass während des Schluckvorgangs sensible und sensorische Informationen über den Bolus (schluckfertige Portion) aus dem Mund, Rachen und Kehlkopfbereich zum Gehirn weitergeleitet werden. Diese Rückmeldung ist in der pharyngealen und ösophagealen Phase notwendig, damit eine stimulusabhängige Modulation der zum Schluckakt notwendigen Muskulatur erfolgt. Die folgende Zusammenfassung über die vier Phasen des Schluckvorgangs ist aus dem Buch „Dysphagie: Diagnostik und Therapie“ von Prosiegel et al. entnommen [2]. 6 Abbildung 1. Sagittalschnitt durch Kopf und Hals; Medialansicht, verändert nach [2]. Phasen des Schluckvorgangs nach Prosiegel et al. [2] Abbildung 2a-2d. der jeweiligen Schluckphase in Medialansicht, aus der Zeitschrift „Heilberufe“: Dysphagie [3] Orale Vorbereitungsphase Abbildung 2a. Zerkleinerung und Einspeichelung der Nahrung - Dauer dieser Phase ist individuell - Willentlich beeinflussbare Phase 7 Orale Transportphase Abbildung 2b. Bolusbeförderung über die Zunge in den Oropharynx - Willentlich ausgelöste Reflexkette - Sobald der Schluckreflex an sich ausgelöst ist, kann er nicht mehr willentlich beeinflusst werden - Verschluss des Nasopharynx (velopharyngealer Verschluss) Pharyngeale Phase Abbildung 2c. Bolustransport durch den Pharynx - Der Schluckreflex ist zentral vorprogrammiert, wodurch bei Stimulation, die am Schluckakt beteiligten Muskelgruppen durch den Kortex direkt angesteuert werden. Stimuli für den Schluckreflex sind sensorische und sensible Informationen über Geschmack, Berührung von Nahrung und Bolusfluss Ösophageale Phase Abbildung 2d. Bolusbeförderung in der Speiseröhre - Öffnung des oberen Ösophagussphinkters, wodurch der Bolustransport durch den Ösophagus möglich wird - Öffnung des unteren Ösophagussphinkters, wodurch die Nahrung in den Magen gelangen kann 8 2.3 Ursachen und Symptome einer Schluckstörung 2.3.1 Ursachen einer Dysphagie Eine Dysphagie lässt sich auf zwei Hauptursachen zurückführen: neurogene und strukturelle Dysphagie. Bei der neurogenen Dysphagie ist die Innervation der am Schluckakt beteiligten Strukturen6 beeinträchtigt. Der nervale Steuerungsmechanismus des Schluckaktes besteht aus einem peripheren (Hirnnerven: V, VII, IX, X, XII und Zervikalnerven) und einem zentralen Anteil (höhere Schluckzentren7, Schluckzentren im Hirnstamm und Hirnnervenkerne). Diese beiden Systeme sind miteinander verbunden und können sich gegenseitig beeinflussen [4]. Bei Patienten mit struktureller Dysphagie liegt eine Veränderung der am Schluckvorgang angeschlossenen anatomischen oder physiologischen Strukturen vor, wobei der zentrale Schluckreflex3 erhalten ist [5]. Die Erkrankung liegt dann in den oropharyngealen oder laryngealen Strukturen. Sie erschwert je nach Lokalisation die Boluszerkleinerung4, Bolusformung5 mit Einspeichelung, die Boluspropulsion6 in den Ösophagus oder den Larynxverschluss7, welcher den Schutz der tiefen Atemwege sichert [1]. In dieser Arbeit werden Patienten mit oropharyngealem oder laryngealem Tumor betrachtet, bei denen durch die Heilbehandlung meistens eine strukturelle Dysphagie vorliegt. 2.3.2 Klinische Anzeichen für Dysphagie Eine Dysphagie kann an unterschiedlichen klinischen eigen- und fremdanamnestischen Zeichen erkannt werden. Diese umfassen unter anderem: verlängerte Essdauer, gestörtes Kauen, Ausspeien oder Husten, Vermeidung bestimmter Speisen, Haltungsänderungen beim Schlucken, Notwendigkeit von häufigem Nachtrinken und Probleme bei der Medikamenteneinnahme [1, 2, 6]. Der Schluckakt an sich kann von aussen nicht eingesehen werden, deshalb kommen für die Diagnostik der Dysphagie apparative Verfahren zum Einsatz. Für die Darstellung der Schluckfunktion (Spontanbewegungen, Funktion- 6 Wangen, Lippen, Kiefer, Zunge, Gaumensegel, Rachen, Kehldeckel oder Speiseröhre 7 kortikale und subkortikale Strukturen welche, entsprechend ihrer Funktion, die am Schluckakt beteiligten Organanteile repräsentieren wie z.B. der Gyrus praecentralis oder Corpus amygdaloideum. 3 siehe Erklärung S. 8: Pharyngeale Phase mit Abb. 2c. 4 Nahrungszerkleinerung 5 Formung des Nahrungsbreis 6 gerichteter Transport der unverdauten Nahrung in Richtung des Magens 7 Verschluss der Atemwege durch den Kehlkopf 9 prüfung mit und ohne Nahrung) haben sich videofluoroskopische und endoskopische Verfahren etabliert (siehe S. 10, 2.4.1). 2.3.3 Diagnostische Hinweise für eine Dysphagie Direkte und indirekte Zeichen, die auf eine Dysphagie hinweisen, sind: Leaking, Residuen, Penetration und Aspiration [1, 2]. Diese dysphagiespezifischen Kriterien werden mittels Videofluoroskopie und/ oder Endoskopie (Erklärung siehe S. 10, 2.4.1) erhoben. Leaking Orale Bolusanteile entweichen vor Auslösen des Schluckreflexes aus dem Mund (=drooling) oder nach hinten in den Rachenraum. Residuen Das Verbleiben von Bolusresten nach dem Schlucken in den Wangentaschen, Valleculae, Sinus piriformes, in der Postcricoid-/ Interarytenoid-Region, an der hinteren Kommissur oder Pharynxwand. Penetration Eindringen von Bolusmaterial in den Kehlkopfeingang ohne dabei die Stimmlippen zu passieren, oder in den Nasenraum bei insuffizientem velopharyngealem Verschluss8 (=nasale Penetration). Aspiration Eindringen von Bolusmaterial unterhalb der Stimmlippenebene, in die Trachea. 2.4 Diagnostik und Behandlung der Dysphagie 2.4.1 Anamnese und instrumentelle Diagnostik Bei Verdacht auf eine Schluckstörung werden eine Anamnese und eine allgemeinmedizinische Untersuchung (Hirnleistung und Kommunikationsfähigkeit, Gesamtmotorik, Ernährungsmodus, respiratorischer Status) erhoben. Anschliessend wird eine klinische Untersuchung der am Schluckakt beteiligten Strukturen durchgeführt [7-9]. Nach neuesten Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Neurologie werden für die Erfassung der Ätiologie, des Dysfunktionstyps und des Schweregrades einer Dysphagie zwei apparative Methoden angewendet [10]: die Endoskopie (FEES = Fiberendoscopic evaluation of swallowing) und die Videofluoroskopie (VFSS = Videofluoroscopic swallowing study). Bei der ersteren Methode wird ein flexibles Laryngoskop über die Nase eingeführt, sodass die pharyngeale und laryngeale Anatomie sowie die Nahrungsaufnahme beurteilt werden können. Bei der gering invasiven, endoskopischen Untersuchung besteht keine Strahlenbelastung, dadurch kann diese Methode beliebig häufig wiederholt 8 siehe Erklärung S.8: orale Transportphase mit Abb. 2b. 10 werden. Ein Nachteil bei der Endoskopie ist, dass die pharyngeale Schluckphase aufgrund der Muskelkontraktionen nicht vollständig ersichtlich ist [11]. Bei der zweiten, strahlenbelastenden Methode wird der Schluckakt mittels radiologischer Durchleuchtung visualisiert. Bei der radiologischen Untersuchung besteht der Vorteil darin, dass der komplette Schluckakt ersichtlich ist und zusätzlich die Aspirationsmenge eruiert werden kann [9]. 2.4.2 Instrumentelle Skalen zur Schweregradeinteilung der Dysphagie Im Rahmen der instrumentellen Diagnostik (FEES oder VFSS) kann die Schluckfunktionsstörung anhand von Skalen eingeteilt werden (siehe untenstehende Auflistung). Die verschiedenen Skalen und Scores sind im Anhang 10.4 ersichtlich. Scores und Skalen zur Schweregradeinteilung der Dysphagie, verändert nach [12]. Skala oder Score Autor Prinzip Penetrations-Aspirations- Rosenbek et al. Erfassung der Aspirations- und Pe- Skala (PAS) (1996) netrationsmenge die durch FEES oder VFSS beobachtet wird. Schluckbeeinträchtigung Prosiegel et al. Beschreibung der Ernährungsart (2002) des Patienten anhand einer 7stufigen Skala. Bogenhausener Dyspha- Bartolome (2010) gie-Scores (BODS 2) Unterteilung in zwei Unterskalen (Beeinträchtigung des Speichelschluckens und Beeinträchtigung der Nahrungsaufnahme) mit jeweils Scores von 1-8. Die Summe der beiden Scores ist ein Hinweis auf die alltagsrelevante Dysphagie, wobei eine Summe von 3 für eine leichte Dysphagie qualifiziert und eine Summe von 16 auf eine schwerste Dysphagie hindeutet. 11 2.4.3 Übungstherapeutische Behandlung Prinzipiell steht die Therapie der zugrundeliegenden Ursache der Dysphagie im Vordergrund. Gleichzeitig ist eine bedarfsgerechte Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr unter Sicherung der unteren Atemwege anzustreben, um Komplikationen wie Malnutrition, Dehydration und Aspirationspneumonien zu verhindern [13]. Bei oropharyngealen Schluckstörungen werden übungstherapeutische Verfahren, wie die funktionelle Dysphagietherapie (FDT) durch ausgebildete Sprachtherapeuten/ Logopäden angewendet. Diese Behandlungsmethode legt den Schwerpunkt auf eine problemorientierte Analyse und Therapiestrategie und übt mit spezifischen Übungen die Schluckfunktion [1]. Die klinische Anamnese mit ihrer Diagnostik und der dadurch entdeckten Ursache der Dysphagie sind für die Übungsauswahl unerlässlich. Unabhängig von diesen objektiven Daten, wird für die Therapieoptimierung die Patientenperspektive anhand von Fragebögen miteinbezogen [14]. 2.4.4 Untersuchung subjektiver Beschwerden mittels Fragebögen Anhand von Fragebögen können subjektiv wahrgenommene Auswirkungen einer Krankheit strukturiert erfasst werden. Diese Fragebögen basieren auf dem Konzept des International Classification of Functioning, Disability und Health (ICF), welche eine Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Beschreibung von Erkrankungen ist. Der Anwendungsbereich des ICF wird von der WHO wie folgt definiert: „Die ICF liefert eine Beschreibung von Situationen bezüglich menschlicher Funktionsfähigkeit und ihrer Beeinträchtigungen und dient als Organisationsrahmen dieser Informationen. Sie strukturiert diese Informationen auf sinnvolle und leicht zugängliche Art, die auch die gegenseitigen Beziehungen berücksichtigt [15].“ Es existieren mittlerweile eine Vielzahl von normierten Fragebögen, welche die subjektiven Beschwerden unabhängig von ihrer Ursache und dem Schweregrad evaluieren. Gleichzeitig wird damit die Beeinträchtigung der Lebensqualität strukturiert erhoben. Dalkey und Rourke (1973) [16] beschreiben den Begriff der Lebensqualität als "das Gefühl des Wohlbefindens einer Person, ihre Zufriedenheit beziehungsweise Unzufriedenheit mit ihrem Leben, ihr Glück oder Unglück in Bezug auf Gesundheit, Aktivität, Stress, Lebensziele, Selbstbestimmung, Depression und soziale und familiäre Unterstützung“. Die WHO [6, 17] definiert Lebensqualität als die „subjektive Wahrnehmung einer Person über ihre Stellung im Leben in Relation zur Kultur und den Wertsystemen in denen sie 12 lebt und in Bezug auf ihre Ziele, Erwartungen, Standards und Anliegen“. Nach Bullinger & Ravens-Sieberer, 2000 [17] entspricht die Lebensqualität einem Wirkungs-Parameter. Somit können Ärzte und Therapeuten anhand von fortlaufenden FragebögenAuswertungen ihrer Patienten das Ansprechen auf die Therapie beurteilen. 2.4.5 Dysphagiespezifische Fragebögen Besonders bei einer Dysphagie ist nicht nur die Schluckstörung das führende Symptom, sondern auch die Körpererfahrung, die Psyche und das soziale Leben können negativ beeinflusst werden [18]. Patienten mit Dysphagie leiden oftmals an unabsichtlichem Ausspeien von Essensresten, endlosem Kauen, häufigem Verschlucken und Husten. Schamgefühle hindern die Patienten daran, sich mit Freunden zum Essen zu verabreden, was ihre sozialen Beziehungen stark beeinträchtigt. Aus diesen Gründen leiden Patienten mit Dysphagie oft unter einer erheblich eingeschränkten allgemeinen Lebensqualität [19]. Momentan können im deutschsprachigen Raum nur zwei normierte Fragebögen zur Erfassung der Alltagseinschränkung durch die Dysphagie angewendet werden: der MD Anderson Dysphagia-Inventory (MDADI, siehe Anhang 10.2) [20] und der SWAL-QOL [21, 22]. Der MDADI erhebt bei Dysphagiepatienten mit Tumoren im Hals-Kopf Bereich die Lebensqualität mittels Fragen zu globalen, emotionalen, funktionalen und physischen Symptomen. Fünf von insgesamt zwanzig Fragen beziehen sich direkt auf die physiologische Schluckfunktionsleistung. Auch beim SWAL-QOL sind neun von vierundvierzig Fragen direkt an die funktionale Schluckproblematik gerichtet und sollten dadurch die Beeinträchtigung durch eine Dysphagie mit einer Punktezahl wiedergeben [21]. Eine Analyse nach S. Hotzenköcherle, 2011 [19] zeigt jedoch, dass diese beiden Fragebögen vielmehr die allgemeine Lebensqualität und nur ungenügend die spezifische Schluckfunktionsleistung evaluieren. Zudem weisen diese beiden Fragebögen aus Sicht praktisch tätiger Logopäden trotz Validität und Reliabilität noch pragmatische und klinisch relevante Defizite auf [19]. Der Schwerpunkt des Verbesserungspotentials liegt vor allem in der Verständlichkeit, Kürze und Übersichtlichkeit, Ansprechempfindlichkeit und prognostischen Aussagekraft [19], (siehe Tabelle 1., S. 14). Der durch S. Hotzenköcherle ins Deutsche übersetzte Sydney Swallow Questionnaire (SSQ, siehe Anhang 10.1) [19] unterscheidet sich von den beiden anderen Fragebögen, indem dieser spezifisch nach Beschwerden beim Ablauf des Schluckaktes fragt und so die subjektive Schluckproblematik des Betroffenen evaluiert. Die Fragen beziehen sich 13 spezifisch auf die funktionale Behinderung des Schluckaktes und versuchen systematisch die anatomische Region, Art der Dysfunktion und Konsistenz des Bolus zu evaluieren. Der SSQ bezweckt die Erfassung des Schweregrades einer Dysphagie und liefert für den Therapeuten folgende wichtigen Ergebnisse: 1. subjektive Schweregradbeurteilung der Schluckproblematik aus Sicht des Betroffenen, mit direkter Nachfrage nach seiner Lebensqualität. 2. gibt Hinweise auf die funktionale Einschränkung. 3. zeigt die Schluckeffizienz auf und kann somit das Ansprechen des Patienten auf die Behandlung dokumentieren [19]. SWAL-QOL MD Anderson Dysphagia Inventory Verständlichkeit die Analyse durch Flieger zeigte einige Verbesserungsvorschläge auf (Flieger, 2009) bisher keine Arbeit zur deutschen Verständlichkeit Bewertung Einfach erschwert: zwei Fragen spiegelverkehrt zu bewerten Kürze nein: 44 Fragen ja: 20 Fragen Übersichtlichkeit Validität Reliabilität 5 Antwortmöglichkeiten und Ansprechempfindlichkeit genügen den gängigen Testkriterien ist leicht eingeschränkt, da nur 5 Antwortmöglichkeiten vorhanden sind vorhanden bei mittelgradigen Schluckstörungen (Ickenstein 2011) Aussagekraft validiert für Tumorpatienten Evaluation von Auswirkungen einer Dysphagie prognostische Faktoren bezüglich einer Depression (McHorney, et al., 2002) Tabelle 1. Vergleich von deutschen, dysphagiespezifischen Fragebögen, mit freundlicher Genehmigung wiedergegeben aus Hotzenköcherle [19]. 2.5 Ziel Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die prospektive Kreuzvalidierung der ersten deutschen Version des Sydney Swallow Questionnaire (SSQ) mittels MD Anderson Dysphagia Inventory (MDADI). Die Annahme ist, dass die erste deutschsprachige Übersetzung des SSQ ein valider Schätzer für den bisher angewandten, deutschsprachigen MDADI, ist. Damit prüft die Arbeit, ob der bisherige Goldstandard MDADI durch den übersetzten SSQ bei Patienten mit tumorbedingten Dysphagien ersetzt werden kann. 14 3. Material und Methoden 3.1 Studientyp Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine prospektive Kreuzvalidierungsstudie, in der mittels MDADI die Reliabilität und Validität der ersten deutschsprachigen Version des Sydney Swallow Questionnaire (SSQ) überprüft wird. Die englischsprachige Originalversion des SSQ wurde 2010 durch Dwivedi et. al. [23] validiert und ist seither ein praktisches Instrument für die Quantifizierung des Dysphagie-Schweregrades bei Patienten mit Kopf- und Halstumoren. 3.1.1 Ethik Die Genehmigung der zuständigen Ethikkommission liegt unter der Referenz Nummer 2011-0210 vor. Bei allen Patienten wurde ein Informed Consent9 eingeholt (siehe Anhang Kapitel 10.2). 3.2 Studienpopulation 3.2.1 Patientenkollektiv Für das Kreuzvalidierungsverfahren wurden der SSQ und der MDADI von 91 deutschsprechenden Patienten aus der Phoniatrie-Sprechstunde, der Abteilung Phoniatrie und Klinische Logopädie der ORL-Klinik des UniversitätsSpitals Zürich, ausgefüllt. Alle Probanden wurden zwischen dem 23.05.2012 und dem 26.09.2012 rekrutiert. Für die Verwertung der Fragebögen mussten die Patienten jeweils mindestens acht Fragen in beiden Fragebögen beantwortet haben. Fünf Probanden (≈ 6.6% aus dem Patientenkollektiv) mussten aufgrund unvollständig ausgefüllter Fragebögen ausgeschlossen werden. Für die statistische Analyse konnten somit die Fragebögen von 86 der 91 Probanden (≈ 93.4%) verwendet werden. Das eingeschlossene Patientenkollektiv umfasst 86 Erwachsene im Alter von 33-95 Jahren, 65 Männer und 21 Frauen, im medianen Alter von 65.6 Jahren. 3.2.2 Ein- und Ausschlusskriterien In der vorliegenden Studie wurden folgende Einschlusskriterien angewendet: a) ein oropharyngealer oder laryngealer Tumor 9 Einverständniserklärung 15 b) mit dem Tumor einhergehende Dysphagie (mindestens bereits sechs Monate bestehend) c) sich in einem kurativen Therapiekonzept zu befinden (mit oder ohne Radio-/ Chemotherapie) d) gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift e) und freiwillige Einwilligungserklärung zur Studienteilnahme. Aus der Studie ausgeschlossen wurden Patienten mit kognitiven Einschränkungen und/ oder reduziertem Allgemeinzustand. 3.3 Fragebögen 3.3.1 Handhabung verwendete Fragebögen Die Fragebögen MDADI und SSQ wurden an Patienten mit Dysphagie-assoziiertem ORL-Tumor von Logopäden oder Ärzten ausgehändigt, dazu wurde eine kurze Erklärung zum Zweck dieser Studie beigelegt (siehe Anhang Anhang 10.3). Zusätzlich wurde jeder Patient persönlich über den wissenschaftlichen Hintergrund dieser Studie aufgeklärt und die Fragebögen wurden kurz von den Logopäden bzw. Ärzten erläutert. Grundsätzlich wurden die Fragebögen zu Hause ausgefüllt, jedoch konnte man sie, auf Wunsch des Patienten, mit den Logopäden bzw. Ärzten gemeinsam ausfüllen. Die Logopäden, welche diese Fragebögen aushändigten, wurden auf die Wichtigkeit hingewiesen, dass sie bei jedem Tumorpatienten möglichst die gleiche Erklärung geben und bei allfälliger Hilfe neutral bleiben sollten. Die Patienten wurden gebeten, beide Fragebögen vollständig ausgefüllt zurückzusenden. 3.3.2 Sydney Swallow Questionnaire (SSQ) Die deutsche Fassung des SSQ misst Beschwerden beim Schlucken, aus Sicht des Betroffenen, auf einer visuellen Analogskala. Mit 17 Fragen werden drei verschiedene Aspekte der Dysphagie erhoben: die anatomische Region, der Dysfunktionstyp und die Art der Boluskonsistenz10. Die Fragen zielen konkret auf die Zusammensetzung des oralen Bolus, Schwierigkeiten beim Hinunterschlucken, Auffälligkeiten in der oralen Bolusvorbereitung, Aspirationssymptome, und eine velopharyngeale Insuffizienz11 ab. Die Fragen können auf einer 10 Konsistenz des Nahrungsbrei 11 vorübergehenden inkompletten Verschluss des Nasopharynx (siehe S. 7) 16 visuellen Analogskala von 100 mm mit einem einzigen Kreuz je nach subjektivem Beschwerdebefinden beantwortet werden. Die beiden Enden der Strecke entsprechen zwei extremen Aussagen, wie beispielsweise „überhaupt keine Schwierigkeiten“ und „absolut unfähig zu schlucken“ (siehe Anhang Kapitel 10.1). Eine Ausnahme stellt Frage Nr. 12 „Wie lange benötigen Sie für eine Mahlzeit?“ mit einer Auswertungsskala von 0-4 dar. Diese Werte wurden mit dem Faktor 25 multipliziert, um die Vergleichbarkeit mit den anderen Fragen zu gewährleisten. Das aus allen 17 Fragen berechnete arithmetische Mittel reicht somit von 0-100. Je höher der Wert, desto gravierender ist, aus Sicht des Patienten, der Schweregrad seiner Dysphagieproblematik. 3.3.3 MD Anderson-Dysphagia-Inventory (MDADI) Der MDADI misst die schluckbezogene Lebensqualität bei Patienten mit Dysphagie. Für die Validierung des SSQ wurde der Anderson-Dysphagie-Inventory, in der deutschen Version, als Goldstandard verwendet. Der Fragebogen besteht aus 20 Fragen, welche vier Kernbereichen zugeordnet sind: dem globalen (Frage 1), dem emotionalen (Fragen 2, 5, 6, 8, 12, 18), dem funktionellen (Fragen 3, 9, 14, 15, 20) und dem physischen Bereich (Fragen 4, 7, 10, 13, 16, 17, 19). Die Items12 kann man auf einer fünfstufigen Skala von 0-4 beantworten. Die Bezeichnung der Stufen sind: 0=nie, 1=selten, 2=manchmal, 3=oft, 4=immer. Alle Resultate werden mit 25 multipliziert, damit die maximal erreichte Punktzahl einer Frage 100 beträgt. Ausnahme ist die Frage 15, welche eine umgekehrte Skala hat. Ebenfalls wird der Mittelwert der 20 Antworten berechnet, welcher von 0 bis 100 reichen kann. Je höher dieser Wert ausfällt, desto grösser ist, aus Sicht des Patienten, der Schweregrad seiner Dysphagieproblematik. 3.4 Auswertung Um eine genaue Reliabilitäts- und Validitätsanalyse des SSQ zu sichern, wurden die Fragen in drei Kernbereiche eingeteilt. Die drei Bereiche bestehen aus der globalen Schluckfunktion (Total SSQ = Frage 1), der physiologischen Schluckfunktion (Generell SSQ = Frage 2-16) und der auf die Dysphagie bezogenen Lebensqualität (Lebensqualität SSQ = Frage 17) [23]. Aufgrund der Anzahl Fragen dieser drei Bereiche variieren die Werte jeweils von 0-100, 0-1500 und 0-100. 12 Testfragen 17 3.5 Statistik Die klinischen und die demografischen Charakteristika wurden aus den elektronischen Patientenakten in einem Arbeitsblatt (Excel 11; Mac Corp., WA, USA) tabelliert. Die anschliessenden Vergleichsanalysen wurden anhand von SPSS 22 (SPSS Inc., Chicago IL, USA) berechnet. Tabelle 2. Zusammenfassung der Kriterien zur Validierung des SSQ (verändert nach [23]) Reliabilität Validität getesteter Parameter Mass der Internen Konsistenz Inhaltsvalidität Konstruktvalidität Gruppenvalidität Kriterienvalidität angewandter Test Cronbachs alpha Koeffizient Literaturrecherche und Expertenpanel, übernommen von [24]. Spearmans KorrelationsKoeffizient Mann-Whitney U-Test Spearmans KorrelationsKoeffizient 3.5.1 Reliabilität Die Reliabilität wird hier mit der am häufigsten verwendeten Methode, der internen Konsistenz, getestet [25]. Sie zeigt die Zuverlässigkeit eines Wertes, sowie die Messfehlerfreiheit der Datenlage. Die interne Konsistenz misst jedes Item13 als eigenen Testteil und gibt an, inwieweit die Ergebnisse einzelner Teile der Studie miteinander übereinstimmen. Rechnerisch wird die interne Konsistenz als Cronbachs alpha bezeichnet. Eine hohe durchschnittliche Korrelation aller Items eines Testes, angezeigt durch einen hohen Cronbachs alpha Wert (> 0.7),bestätigt somit die interne Konsistenz [26]. 3.5.2 Validität Die Validität gilt als das wichtigste Standard Testgütekriterium [27, 28]. Das heisst, die Validität hinterfragt, ob der Test inhaltlich tatsächlich genau das Merkmal misst, das gemessen werden soll [27, 28]. Die für den SSQ wichtigsten Validitätskriterien beinhalten Inhaltsvalidität, Konstruktvalidität mit Gruppenvalidität und Kriterienvalidität (siehe Abschnitte 3.5.3-3.5.5). 3.5.3 Inhaltsvalidität Die Inhaltsvalidität kann nur theoretisch und subjektiv gesichert werden [28] und testet, ob ein Untersuchungsverfahren tatsächlich das misst, was es auch vorgibt zu messen [29]. Beim SSQ ist die Inhaltsvalidität gegeben, wenn man zeigen kann, dass der Fragebogen tatsächlich die subjektive Schweregrad Einschätzung der Dysphagie evaluiert. 13 Testfrage 18 3.5.4 Konstruktvalidität und Gruppenvalidität Die Konstruktvalidität ist nach Young [30, 31] eine der beträchtlichsten Komponenten der Validität. Sie misst, ob der Test diejenigen Bereiche, welche schliesslich zum erzielten Konstrukt14 führen, auch vollständig und zuverlässig abdeckt. Für die Berechnung der Konstruktvalidität werden hypothetische Beziehungen aufgestellt. Je mehr Beziehungen bestätigt werden, desto stärker fällt die Konstruktvalidität aus [30, 31]. Beim SSQ wurde die Konstruktvalidität durch eine Korrelationsanalyse mit dem Spearman-Koeffizienten von drei Fragen des SSQ mit drei sehr ähnlichen Fragen des MDADI verglichen. Vergleichswerte für die Korrelationsanalyse sind >0.60: starke Korrelation; 0.40-0.60: moderate Korrelation; <0.40: schwache Korrelationen [26]. Das Signifikanzniveau wurde auf p < 0.5 gesetzt [26]. Gruppenvalidität ist ein Teilgebiet der Konstruktvalidität. Sie überprüft mit dem MannWhitney Test anhand von Rangzahlen15, ob die zentrale Tendenz von zwei verschiedenen Patientengruppen unterschiedlich ist . In dieser Studie wurden die Gruppen anhand der Tumorausdehnung (T-Stadium), Tumorlokalisation, Bestrahlung und Zweittumor gebildet. Beispielsweise wurden die Patienten anhand der Tumorausdehnung (T-Stadium) in zwei Gruppen untereilt. Die Testwerte der leichten Tumorausdehnungs-Gruppe bekamen anhand des Total SSQ-Wertes Rangplätze: je tiefer der Wert, desto tiefer der Rang. Genau gleich wurde die starke Tumorausdehnungsgruppe auch in Rangplätze eingeteilt. Anschliessend wurden diese Ränge statistisch mit dem Mann-Whitney U-Test evaluiert. Das Signifikanzniveau wurde wie in der Originalversion auf p < 0.5 gesetzt [26]. 3.5.5 Kriterienvalidität Kriterienvalidität beschreibt die Korrelation zwischen der zu validierenden Methode und einem vergleichbaren, externen Kriterium. Als das externe Kriterium wird hier der bisherige Gold-Standard MDADI verwendet. Mit der Kriterienvalidität wird nun getestet, ob der SSQ im Vergleich zum bisherigen Gold-Standard (MDADI) die gleichen Ergebnisse erzielt. Sie wird hier durch Vergleichskorrelationen der globalen Schluckfunktion (Frage 1 des SSQ), der physiologischen Schluckfunktion (Fragen 2-16 des SSQ) und der Dysphagie-bezogenen Lebensqualität (Frage 17 des SSQ) mit dem globalen (Frage 1 des MDADI) und dem physischen Bereich des MDADI (Fragen 4, 7, 10, 13, 16, 17, 19 des 14 ein Sachverhalt, der durch einen quantifizierbaren Wert, auch Indikator genannt, gemessen werden kann. 15 Merkmale, welche nach Rängen (z.B. Grösse) geordnet werden. 19 MDADI) anhand des Spearman-Korrelationskoeffizienten getestet. Vergleichswerte für die Korrelationsanalyse sind >0.60: starke Korrelation; 0.40-0.60: moderate Korrelation; <0.40: schwache Korrelation [26]. Das Signifikanzniveau wurde auf p < 0.5 gesetzt [26]. 20 4. Resultate 4.1 Patientencharakteristika 86 Patienten, 65 Männer und 21 Frauen, mit einem medianen Alter von 65.6 Jahren (Spannweite 33-95 Jahre) wurden in diese Studie eingeschlossen. Detaillierte Patientencharakteristika sind in der Tabelle 3. zu finden. Tabelle 3. Patientencharakteristika (N=86) Charakteristikum Anzahl (%) Geschlecht - männlich 65 (75.6) - weiblich 21 (24.4) Alter - Median 65.56 (33, 94.9) Tumorlokalisation - Mundhöhlen-Karzinom 27 (31.4) - Oropharynx-Karzinom 40 (46.5) - Hypopharynx-Karzinom 13 (15.1) - Larynx-Karzinom 6 (7) T-Stadium - T1 28 (32.6) - T2 32 (37.2) - T3 10 (11.6) - T4 16 (18.6) N-Stadium - N0 36 (41.9) - N1 12 (14.0) - N2 33 (38.4) - N3 5 (5.8) M-Stadium - M0 85 (98.8) - M1 1 (1.2) Bestrahlung - ja 68 (79.1) - nein 18 (20.9) Zweittumor - ja 24 (27) - nein 62 (73) 11 Neck Dissection - ja 47 (54.7) - nein 39 (45.3) 11 „Halspräparation“, bezeichnet die Lymphknotenentfernung im Bereich des Halses. 21 4.2 Reliabilität Die interne Konsistenz aller SSQ-Fragen (Fragen 1-17) erbrachte einen hohen Cronbachs alpha Wert (> 0.7) von 0.94. Damit ist gemäss diskutierter Definition (siehe Abschnitt 3.5.1) sowohl die interne Konsistenz, als auch die Reliabilität der Datenbasis gegeben. 4.3 Validität 4.3.1 Inhaltsvalidität Die Inhaltsvalidität ist durch die kulturell adaptierte Übersetzung nach Beaton (2000) des englischen SSQ durch S. Hotzenköcherle, 2009 [19] ins Deutsche sichergestellt. Sie wurde in der englischen Version des SSQ [23] durch ein multidisziplinäres Team geprüft und von Wallace, et al., 2000 [24] belegt. 4.3.2 Konstruktvalidität und Gruppenvalidität Ähnliche Fragen aus den Fragebögen SSQ und MDADI erreichen moderate bis starke Korrelationen (siehe Tabelle 4., S.23). Die Korrelationsanalyse ergibt für den Vergleich von SSQ Frage 1 und MDADI Frage 1 einen Spearman-Korrelationskoeffizienten von 0.74. Mit diesem Wert wird hier eine starke Korrelation belegt. SSQ Frage 8 und MDADI Frage 7 ergibt einen moderaten Korrelationswert von 0.54 (p-Wert < 0.05). Auch für die SSQ Frage 10 und MDADI Frage 16 wird ein moderater Korrelationswert von 0.59 berechnet (siehe Tabelle 4., S. 23). Ebenfalls als ein Teil der Konstruktvalidität zeigt die Gruppenvalidität (siehe Tabelle 5., S. 23), dass der SSQ signifikante Ergebnisse gegenüber der Gruppeneinteilung nach Tumorstadium bestätigt. Patienten mit grösseren Tumoren zeigten auch signifikant stärkere subjektive Schluckbeschwerden. Bei der Analyse der Tumorlokalisation kann ein gewisser Trend von geringeren Schluckproblemen bei Patienten mit Tumoren im Mundhöhlen Bereich im Vergleich zu Patienten mit Tumoren im Oropharynx-Bereich gezeigt werden (p-Wert < 0.05, siehe Tabelle 5., S. 23). Die Gruppenkriterien Bestrahlung und Zweittumor zeigen keine signifikanten Ergebnisse. 4.3.3 Kriterienvalidität Der Spearman-Korrelationskoeffizient zeigt starke Zusammenhänge (siehe Tabelle 4., S.23) zwischen totalem SSQ (Frage 1), physiologischem SSQ (Frage 2-16), und Lebensqualität SSQ (Frage 17) mit dem globalem MDADI (Frage 1 des MDADI). Der berechnete Korrelationskoeffizient ergibt jeweils 0.75, 0.74 und 0.67. Auch die Wechselbe22 ziehung zwischen dem totalen SSQ (Frage 1), physiologischem SSQ (Frage 2-16) im Vergleich zum physischen Bereich des MDADI (Fragen 4, 7, 10, 13, 16, 17, 19) bestätigt anhand von starken Korrelationenswerten wie 0.75 und 0.77 die Signifikanz (p < 0.05) der Kriterienvalidität. Tabelle 4. Konstruktvalidität und Kriterienvalidität (basiert auf Spearman-Korrelationskoeffizient und assoziierten p-Werten, N=86) (verändert nach [23]) MDADI global MDADI physisch SSQ Total 0.75 0.75 (Frage 1) (p<0.001) (p<0.001) 0.74 0.77 (p<0.001) (p<0.001) SSQ physiologisch (Frage 2-16) SSQ- Lebensqualität (Frage 17) MDADI Frage 1 MDADI Frage 7 MDADI Frage 16 0.67 (p<0.001) SSQ Frage 1 0.74 (p<0.001) SSQ Frage 8 0.54 (p<0.001) SSQ Frage 10 0.59 (p<0.001) alle Korrelationen sind auf dem Niveau p < 0.0001 hochsignifikant Tabelle 5. SSQ: Gruppenvalidität (basiert auf Mann-Whitney U-Test und assoziierten pWerte, N=86) (verändert nach [23]) Gruppen Charakter Anzahl Total SSQ Generell SSQ Lebensqualität SSQ Mittlerer Rang p-Wert Mittlerer Rang p-Wert Mittlerer Rang p-Wert 0.04* 39.88 0.04* 40.76 0.19 Primärtumorausdehnung - leicht (T1, T2) 60 39.90 - stark (T3, T4) 26 51.81 - Mundhöhlen-Ca 27 28.81 - Oropharynx-Ca 40 37.50 - ja 68 43.71 - nein 18 42.72 - ja 19 40.89 - nein 62 41.03 51.85 48.38 Tumorlokalisation 0.07 33.39 0.58 36.10 33.73 0.79 35.04 Bestrahlung 0.88 43.81 0.82 42.33 42.99 0.99 43.06 Zweittumor 0.98 41.82 40.75 *p-Wert < 0.05 signifikant 23 0.86 40.92 40.37 0.93 5. Diskussion 5.1 Wichtigste Ergebnisse Diese Studie zeigte, dass der kulturell adaptiert übersetzte und voruntersuchte SSQ [19] in der deutschen Version ein reliabler und valider Schätzer für den bisherigen Goldstandard MDADI [20] ist. Anhand eines hohen Cronbachs alpha Wert von 0.94 konnte die Reliabilität des gesamten SSQ bestätigt werden. Für die Konstruktvalidität ergaben sich moderate bis starke Korrelationswerte von 0.54 bis 0.74. Auch die Kriterienvalidität zeigte starke Korrelationswerte von 0.67 bis 0.77. Bei der Reliabilitätsprüfung der SSQ-Analyse ergab sich ein hoher Cronbachs alpha Koeffizient, wodurch eine starke Korrelation aller Fragen untereinander bestätigt wird. Die Validitätsprüfung basierte auf mehreren Analyseschritten. Die Inhaltsvalidität wurde gemäss Wallace, et al.,2000 erwiesen und durch die interkulturelle Übersetzungstechnik nach Beaton als gewahrt angesehen [24]. Die Konstruktvalidität zeigte moderate bis starke Korrelationen zwischen ähnlichen Fragen des MDADI und des SSQ und war somit bestätigt. Die moderate Korrelation zwischen SSQ Frage 8 und MDADI Frage 7 könnte durch die verschiedenen Bewertungsskalen begründet werden. Die Gruppenvalidität erwies sich bei der Tumorausdehnung (T-Stadium) als signifikant, bei der Tumorlokalisation konnte ein gewisser Trend bestätigt werden. Die Kriterienvalidität wurde durch ein signifikant hohes Ergebnis des Spearman-Korrelationskoeffizienten bestätigt. 5.2 Vergleich SSQ und MDADI Die statistischen Vergleichsanalysen zeigten, dass die deutschsprachige Version des SSQ ein reliabler und valider Schätzer zum bisherigen Goldstandard (MDADI) ist. Damit ist bestätigt, dass der SSQ für die Erfassung subjektiv wahrgenommener Schluckprobleme angewendet werden kann. Zielorientierte Fragen des SSQ evaluieren systematisch die vier Schluckphasen. Idealerweise kann durch die Auswertung des Fragebogens der Therapeut die Problematik einer anatomischen Region zuordnen. Zusätzlich wird genau nach eventuellen, unterschiedlichen Beschwerden oder Besserungen bei verschiedenen Boluskonsistenzen gefragt. Auch wird der Patient nach allfälligen, für ihn vielleicht selbstverständlichen Hilfshandlungen, wie zum Beispiel Husten nach dem Essen, gefragt. Ausserdem erkundigt sich der SSQ direkt nach der Lebensqualität des Betroffenen. Nach sorgfältiger Analyse scheint die deutsche Übersetzung des SSQ dem bisherigen Goldstandard MDADI überlegen. Dies begründet sich dadurch, dass der SSQ mit ge24 schickten Fragen deutlicher und strukturierter als der MDADI auf die physiologische Schluckfunktion eingeht. Genau diese detaillierte Evaluierung der verschiedenen Schluckphasen, Konsistenzen, Hilfshandlungen und Auswirkungen auf die Lebensqualität können wichtige therapeutische Informationen liefern, die schlussendlich zu einer problemorientierten Therapieoptimierung beitragen. Der 17-fragige SSQ Fragebogen kann trotz systematischer Evaluation einer Dysphagie mit kurzem Zeitaufwand für den Patienten ausgefüllt werden. 5.3 Vergleich mit der englischen Originalversion Die Validierung der Originalversion des SSQ erfolgte in einer Kohorte von 54 Patienten mit Kopf-Hals Tumoren bei einem durchschnittlichen Alter von 58.9 Jahren. Das mediane Alter der 86 Patienten zur vorliegenden Validierung der ersten deutschen SSQ Fassung betrug 65.6 Jahre. Die interne Konsistenz der Originalversion zeigte einen Cronbachs alpha Wert von 0.95, in der deutschen Fassung wurde ein Cronbachs alpha von 0.94 bestätigt. Auch die Korrelationsanalysen der Originalversion und der deutschen Fassung liegen nahe beieinander. Die Konstruktvalidität in der Originalversion zeigte Korrelationswerte von 0.57 bis 0.77, im deutschsprachigen SSQ konnten Werte von 0.54 bis 0.74 bestätigt werden. Die Kriterienvalidität konnte in der Originalversion mit Korrelationswerten von 0.64 bis 0.83 und im übersetzten SSQ von 0.67 bis 0.77 bestätigt werden. Dies spricht für einen angemessenen Übersetzungsprozess und, noch wichtiger, für einen ähnlichen Anwendungsbereich dieses Fragebogens. Zusammenfassend zeigen diese statistischen Vergleichsanalysen, dass eine fast gleich hohe Reliabilität und eine sehr ähnliche Validität gegenüber der Originalversion vorliegen. Die deutsche Version sollte somit die gleichen Anwendungsbereiche wie die Originalversion des SSQ zeigen, d.h. zum Screening und zur Quantifizierung von DysphagieSymptome struktureller Ätiologie. Somit ist die deutschsprachige Version des SSQ bei Patienten mit Kopf-Hals Tumor für die subjektive Beschwerdebeurteilung geeignet. 5.4 Vergleich mit vorausgegangenen Studien Der MDADI wurde entwickelt, um die Beeinträchtigung der Lebensqualität von unter Dysphagie leidenden Patienten zu evaluieren [20]. Dieser Fragebogen erfragt die allgemeine Lebensqualität und richtet nur fünf der zwanzig Fragen spezifisch an die Schluckfunktionsleistung. Auch die praktisch tätige Logopädin S. Hotzenköcherle [19] deutetet in ihrer Arbeit auf die Defizite des heute verwendeten Goldstandards MDADI hin (siehe 25 Aufzählung Tabelle 1, S.14) und übersetzte die im Original englische Fassung des dysphagiespezifischeren SSQ ins Deutsche. 5.5 Methodische Limitierung Die Tatsache, dass verschiedene Logopäden oder Ärzte die Fragebögen aushändigten, könnte zu einer Verzerrung der Ergebnisse geführt haben. Zum Beispiel durch unterschiedliche Zeitinvestition für die Erklärung der Fragebögen durch den Logopäden oder durch gemeinsames Ausfüllen, kann die Patientenmeinung unwillkürlich beeinflusst worden sein. Diese möglichen Einflussfaktoren wurden minimiert, indem die Logopäden, welche die Fragebögen aushändigten, geschult und darauf hingewiesen wurden, möglichst immer gleiche Erklärungen zu geben. Die Untersuchung wurde am UniversitätsSpital Zürich durchgeführt. Es kann davon ausgegangen werden, dass dort Patienten mit gravierenderen Schluckproblemen (Krankheitsverlauf) als in einem Kantonsspital oder beim Hausarzt behandelt werden. Somit könnte eine Anwendbarkeit des SSQ Fragebogens bei Patienten mit einer weniger ausgeprägten Dysphagie in Frage gestellt werden. Wie auch das zufällig asymmetrische Geschlechterverhältnis der Probanden mit 24.4% Frauen und 65% Männern, könnten die Auswertung der Vergleichsanalyse beeinflusst haben. In Anbetracht des Aufbaus des SSQ, wird eine systematische Erfragung der Schluckproblematik, Evaluierung der Schluckphase und schlussendlich der Lebensqualität erfasst. Dieses Fragekonzept ist unabhängig vom Schweregrad einer Dysphagie oder Geschlecht des Probanden und führt deshalb nicht zu einer Verzerrung bei dieser Kreuzvalidierung. In der vorliegenden Studie zeigte sich im Rahmen der Analyse der Gruppenvalidität, dass die subjektiven Schluckbeschwerden mit der Grösse eines Tumors signifikant zunahmen. Die knapp nicht signifikanten Ergebnisse für die Tumorlokalisation zeigen, dass die Anzahl der Stichprobenprobanden zu gering für eine Subgruppenunterteilung ausgefallen ist. Im Rahmen einer Studie mit höheren Probandenzahlen, könnte untersucht werden, aufgrund welcher weiterer Faktoren (z.B. Radiotherapie, Typ Neck dissection) sich der Grad einer Schluckstörung signifikant verändert. Bei zu Beginn 91 freiwilligen Teilnehmern konnten lediglich 86 Probanden zur Auswertung dieser Studie eingeschlossen werden. Die Probandenteilnehmer mussten mindestens acht Fragen, in jedem der beiden Frageböden (MDADI oder SSQ) beantwortet haben, ansonsten wurden sie von der Studie ausgeschlossen. Nun wirft sich die Frage auf, weshalb 5 Patienten trotz anfänglicher Einverständniserklärung zur Studienteilnahme, die 26 Fragebögen trotzdem nicht vollständig ausgefüllt haben. Am ehesten ist dies im Rahmen einer Unverständlichkeit der Frage in einem der Fragebögen zu erklären. In zukünftigen Studien sollte eine direkte Kontrolle nach Fragebogenvollständigkeit und eventueller telefonischer Ergänzung diskutiert werden. 5.6 Implikationen für die klinische Anwendung Diese Arbeit zeigt, dass der SSQ als kurzer Fragebogen für die Qualifizierung und Quantifizierung subjektiv wahrgenommener Alltagseinschränkungen durch eine Schluckstörung sehr geeignet ist. Klare Stärken des SSQ Fragebogens sind die präzise Erfassung der physiologischen Schluckfunktion, wodurch Beschwerden den vier Schluckphasen anatomisch zugeordnet werden können. Auch wird mit einer direkten Nachfrage nach der empfundenen Lebensqualität die Patientenperspektive gut zusammengefasst. Diese Kreuzstudie validiert den SSQ Fragebogen aufgrund des Einschlusskriteriums oropharyngealer oder laryngealer Tumor (siehe 3.2.2, S. 15), im Anwendungsbereich einer strukturellen Dysphagie. Inwiefern der SSQ-Fragebogen zum Screening und zur Quantifizierung von Dysphagie-Symptomen bei neurogener Dysphagie angewendet werden kann, ist unklar. Dies sollte im Rahmen einer weiterführenden Studie mit Schluckstörungen unterschiedlicher Ätiologie untersucht werden. 27 6. Literaturverzeichnis 1. Bartolome, G. und Schröter-Morasch, H. (Hrsg.), Schluckstörungen: Diagnostik ..........und Rehabilitation. 2006, München: ELSEVIER (Urban & Fischer). 468. 2. Prosiegel, M., et al., Dysphagie, Diagnostik und Therapie Ein Wegweiser für kompetentes Handeln. Praxiswissen Logopädie. 2010. 239. 3. Gebert, C. und Fortmüller, U. , Dysphagie, Schluckstörungen rechtzeitig erkennen und behandeln. HEILBERUFE, 2012. 4. Bigenzahn, W. und Fischman, L., Orofaziale Dysfunktionen im Kindesalter : Grundlagen, Klinik, Ätiologie, Diagnostik und Therapie, ed. W. Bigenzahn and L. Fischman. 2003, Stuttgart: Stuttgart: Thieme. 5. Strutz, J. und Arnd, O., Praxis der HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie, ed. J. 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Anderson Dysphagia Inventory (Fragebogen) SWAL-QOL Swallowing-quality-of-life-instrument (Fragebogen) ICF International Classification of Functioning, Disability und Health WHO World Health Organisation 30 8. Abbildungsverzeichnis Abbildung 1. Sagittalschnitt durch Kopf und Hals; Medialansicht, verändert nach [2]. .... 7 Abbildung 2a-2d. der jeweiligen Schluckphase in Medialansicht, aus der Zeitschrift Heilberufe: Dysphagie [5]................................................................................................... 8 31 9. Tabellenverzeichnis Tabelle 1. Vergleich von deutschen, dysphagiespezifischen Fragebögen mit freundlicher Genehmigung wiedergegeben aus [19]. .......................................................................... 14 Tabelle 2. Zusammenfassung der Validierung des SSQ (verändert nach [23]) .............. 18 Tabelle 3. Patientencharakteristika (N=86) ..................................................................... 21 Tabelle 4. Konstruktvalidität und Kriterienvalidität (basiert auf Spearmans Korrelationskoeffizient und assoziierten P-Werten, N=86). (verändert nach [23]) ........... 23 Tabelle 5. SSQ: Gruppenvalidität (basiert auf Mann-Whitney U-Test und assoziierten PWerten, N=86). (verändert nach [23]) .............................................................................. 23 32 10. Anhang 10.1 SSQ Fragebogen aus [19] 33 34 35 10.2 M.D. Anderson Dysphagia Inventory deutsche Übersetzung aus [20] Original Deutsche Übersetzung 1 My swallowing ability limits my day-to-day activities. Meine Schluckprobleme schränken mich in meinem täglichen Leben ein. 2 I am embarrassed by my eating habits. Meine Art zu essen ist mir peinlich. 3 People have difficulty cooking for me. Andere haben Schwierigkeiten, für mich zu kochen. 4 Swallowing is more difficult at the end of the day. Meine Schwierigkeiten zu schlucken nehmen gegen den Abend zu. 5 I do not feel self-conscious when I eat. Beim Essen fühle ich mich unsicher. 6 I am upset by my swallowing problem. Ich ärgere mich über meine Schluckprobleme. 7 Swallowing takes great effort. Ich muss mich beim Schlucken sehr anstrengen. 8 I do not go out because of my swallowing problem. Ich gehe weniger aus wegen meines Schluckproblems. 9 My swallowing difficulty has caused me to lose income. Wegen meiner Schluckprobleme habe ich Einkommensverluste. 10 It takes me longer to eat because of my swallowing problem. Ich brauche länger zum Essen wegen meines Schluckproblems. 11 People ask me, “Why can’t you eat that?” Ich werde gefragt, warum ich etwas nicht essen kann. 12 Other people are irritated by my eating problem. Andere Leute sind durch mein Schluckproblem gestört. 13 I cough when I try to drink liquids. Ich huste, wenn ich etwas trinke. 14 My swallowing problems limit my social and personal life. Meine Schluckprobleme schränken mich in meinem persönlichen Leben ein. 15 I feel free to go out to eat with my friends, neighbours and relatives. Ich habe keine Hemmungen, mit Freunden, Nachbarn oder Verwandten essen zu gehen. 16 I limit my food intake because of my swallowing difficulty. Ich schränke die Nahrungsaufnahme Schluckschwierigkeiten ein. 17 I cannot maintain my weigth because of my swallowing problem. Ich kann mein Gewicht nicht halten wegen meiner Schluckprobleme. 18 I have low self-esteem because of my swallowing problem. Wegen meines Schluckproblems habe ich ein schwaches Selbstwertgefühl. 19 I feel that I am swallowing a huge amount of food. Ich habe das Gefühl, grosse Mengen auf einmal zu schlucken. 20 I feel excluded because of my eating habits. Ich fühle mich wegen meiner Essgewohnheiten ausgeschlossen. wegen Die Bewertungsskala Die Items werden auf einer fünfstufigen Skala von 0 bis 4 bewertet. Die maximal erreichbare Punktzahl ist 120. Das entspricht der maximal erfassbaren Behinderung. Minimal sind 0 Punkte. Die Bezeichnung der Stufen ist: 0 = nie, 1 = selten (fast nie), 2 = manchmal, 3 = oft (fast immer), 4 = immer Die Einführung für den Patienten Dies sind Feststellungen, mit denen viele Leute ihre Schluckprobleme und die Auswirkungen auf ihr Leben beschreiben. Kreuzen Sie die Antwort an, die anzeigt, wie häufig Sie dieselbe Erfahrung machen. 36 meiner 10.3 Patientinnen- und Patienteninformation 37 38 39 10.4 16 Skalen und Scores aus dem Anhang des NOD-Stufenkonzept16 [32] Neurogene oropharyngeale Dysphagie (NOD) 40 41 11. Lebenslauf Name, Vorname (n) Frick, Sarah Laura Geschlecht: weiblich Geburtsdatum: 05.12.1990 Heimatort und Kanton Sennwald (SG) Ausbildung: - Primarschule (1997-2003, Schule Wiesli und Hasenacker, Männedorf) - Sekundarschule (2003-2005, Sekundarschule A Blatten, Männedorf) - Maturität (2005-2009, Mathematisch-Naturwissen-schaftliches Gymnasium Rämibühl, Zürich) - Studium Humanmedizin (2010-2016, Medizinische Fakultät der Universität Zürich, Zürich) 42 12. Erklärung Masterarbeit Ich erkläre ausdrücklich, dass es sich bei der von mir im Rahmen des Studiengangs eingereichten schriftlichen Arbeit mit dem Titel Validierung der ersten deutschen Fassung des englischen Syndey Swallow Questionnaire um eine von mir selbst und ohne unerlaubte Beihilfe sowie in eigenen Worten verfasste Masterarbeit* handelt. Ich bestätige überdies, dass die Arbeit als Ganzes oder in Teilen weder bereits einmal zur Abgeltung anderer Studienleistungen an der Universität Zürich oder an einer anderen Universität oder Ausbildungseinrichtung eingereicht worden ist. Verwendung von Quellen Ich erkläre ausdrücklich, dass ich sämtliche in der oben genannten Arbeit enthaltenen Bezüge auf fremde Quellen (einschliesslich Tabellen, Grafiken u. Ä.) als solche kenntlich gemacht habe. Insbesondere bestätige ich, dass ich ausnahmslos und nach bestem Wissen sowohl bei wörtlich übernommenen Aussagen (Zitaten) als auch bei in eigenen Worten wiedergegebenen Aussagen anderer Autorinnen oder Autoren (Paraphrasen) die Urheberschaft angegeben habe. Sanktionen Ich nehme zur Kenntnis, dass Arbeiten, welche die Grundsätze der Selbstständigkeitserklärung verletzen – insbesondere solche, die Zitate oder Paraphrasen ohne Herkunftsangaben enthalten –, als Plagiat betrachtet werden und die entsprechenden rechtlichen und disziplinarischen Konsequenzen nach sich ziehen können (gemäss §§ 7ff der Disziplinarordnung der Universität Zürich sowie §§ 51ff der Rahmenverordnung für das Studium in den Bachelor- und Master-Studiengängen an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich 43 Ich bestätige mit meiner Unterschrift die Richtigkeit dieser Angaben. Datum: 06.06.2015 Name: Frick Vorname: Sarah Unterschrift:……………………………………….. * Falls die Masterarbeit eine Publikation enthält, bei der ich Koautor/-in bin, wird meine eigene Arbeitsleistung im Begleittext detailliert und strukturiert beschrieben. 44