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Generationen im I{onflikt
Usa Thomas denkt in ihrem Tanzstück "Tochter von" über ein schwieriges Verhältnis na\ch
VON ANNE Ä8ELEIN
Liebe, körperliche Abhängigkeit und Konkurrenz: Die Beziehung von Tochter und
Mutter ist eine der intensivsten menschlichen Beziehungen überhaupt. Tanz-Amateurinnen und Semiprofis aus der Seniorengruppe Zartbitter der Tanz- und Theaterwerkstatt Ludwigsburg haben sich mit
dieser besonderen Beziehung beschäftigt
und aus ihren Beobachtungen ein Stück entwickelt. Am Donnerstag hatte "Tochter
von" in der Karlskaserne Uraufführung. Mit
von der Partie: Tänzer vom Produktionszentrum Tanz und Performance Stuttgart.
Mit einem Mixaus Improvisation, Sprache
und Schauspiel nehmen sich die FI:auen der
Thematik an. Zu Beginn kommt ein symbolträchtiges Requisit zum Einsatz: ein weißes
Stoffhaus, aus dem sich nach und nach die
Tänzerinnen schälen. Es steht für die Gebärmutter und für die in diesem Stück abseits
aller möglichen Fragen der ValeI'TochterBeziehung>unterstellte häusliche Sphäre des
Weiblichen. Zwischen Nähe und Distanz,
Abhängigkeit und Autarkie bewegen sich
auch die archetypischen Situationen, welche
die Akteurinnen nun pi·äsentiereri. In einem
Pas de deux mit Tochter auf dem Schoß inszeniert ei ne Tänzerin die ersten Jahre der
Mutter-Kind-Beziehung.
Was hier so spielerisch-zärtlich daherkommt, kannauch bedrängend sei n: Vergeblich versucht eine Tochter, sich den vereinnahmenden ' Umarmungen ihrer Mutter zu
entziehen. Immer wieder gelingen den Akteurinnen solche intensiven Momente. So
auch eine andere Situation, die der Pubertät
entstammt: Sich'die Haare raufendinszenieren die Akteurinnen hitzige Debatten um die
flippige Frisur der Tochter. Hier schwingen
Sze ne aus "Tochter von" mit der Tänzerin Kira
Senkpiel
Foto: Yakup Zeyrek
neben den Sorgen der Mütter ihre Neidgefühle und Rivalität mi t. Manchmal herrscht
zwischen d(!TI Generationen auch Sprachlosigkeit, wie die Akteurinnen zeigen. Mutter
und Tochter versuchen, die Großmutter zum
Reden zu bringen, die störrisch auf einem
Koffer sitzt, während auf der Leinwand
drängende F\'agen eingeblendet werden:
Was geschah wähl:end der Vert~ibung?
Wie hi elt es die Familie mit den Nazis?
.. Vor den Proben haben wir Geschichten
gesammelt und uns gegenseitig interviewt", sagt die Choreografin Lisa Thomas. Als Grundlage dienten außerdem
psychologische Werke und historische Romane. In den Fragen um die
Mutter-Tochter-Beziehung geht es
immer auch um weibliche Identität und Emanzipation, wie die
Aktew'innen zuletzt betonen.
"Muttersein ist Höchstleistung
zum Nulltarif", konstatiert eine
Tänzerin.
,/I'ochter von" ist noch bis zum
15. Oktober auf der kleinen
Bühne der Karlskaserne in Ludwigsburg zu sehen. Am 19. und 20.
Oktober gibt es zwei Vorstellungen
im Produktionszentrum in Stuttgalt (Tunnelstr~ße 16).