3. Quartal, Nr. 80/2007, S.2 - Humanistischer Verband Deutschlands

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3. Quartal, Nr. 80/2007, S.2 - Humanistischer Verband Deutschlands
ZEITSCHRIFT DES HUMANISTISCHEN VERBANDES
A 59349; 21. Jahrgang; 3. Quartal, Nr. 80/2007; E 4,-
Evolution, „Intelligent Design“ –
oder gar die Geschichte mit dem Lehm?
ZEITSCHRIFT DES HUMANISTISCHEN VERBANDES
Humanistischer Verband
Deutschlands
Nr. 80 / September / 07
Inhalt
Editorial
1
Horst Groschopp
2
Landauf/landab
Aus den Ländern
Niedersachsen – Namensänderung
Jürgen Gerdes
6
Brandenburg – Einführung Lebenskunde
Volker Mueller
7
Nürnberg – Neue Krippe in Fürth
Michael Bauer
9
Hannover – Ansturm im Wertehaus
Daniel Nette
9
Stuttgart – Zehn Jahre Humanistisches Zentrum
Andreas Hentschel
11
12
Menschen im Diesseits
Titel
Intelligent Design
Jürgen Gerdes
13
Einblicke / Ausblicke
Streit um das Transplantationsgesetz
Uwe Körner
18
20-21
Mittelfoto
Forum
Initiative Patientenverfügung
22
Berliner Krankenschwester tötete ohne Verlangen
Gita Neumann
24
Interview mit Uwe-Christian Arnold
Gita Neumann, Patricia Block
26
Profil
Heiko Ernst
Ulrich Tünsmeyer
29
Nachgefragt
Adoptionsvermittlung
Johannes Vocks
32
Ewige Wahrheiten
Lebenskunde im Juli
Fanny van Dannen
33
Kreuz/quer
34
Auslese
36
Angesehen
Die Herbstzeitlosen
Gernoth Schmidt
39
Aussprache
Diesseits-Gedanke
Gotthold Ephraim Lessing
39
40
Adressen
Gedicht
38
Nirrwannanar?
Humanisten im Internet: http://www.humanismus.de
Matthias Koeppel
41
E-Mail: [email protected]
Herausgeber: Humanistischer Verband Deutschlands, Wallstraße 61-65, 10179 Berlin, Telefon 030-613 904-41. Verantwortlich im Sinne des Berliner Pressegesetzes: Patricia Block. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers
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Gerdes S. 6. Heike Kuschmierz S. 8. Volker Kreidler S. 16. Jürgen Holtfreter S. 20/21. Lichtblick/Achim Melde S. 22. picture-alliance/dpa
Michael Sohn, S. 24. picture-alliance / dpa Steffen Kugler. Zeichnungen: Krauze, Titel; S. 13, Janosch S. 35 diesseits erscheint vierteljährlich am 1. März, 1. Juni, 1. September und 1. Dezember. Redaktionsschluss ist sechs Wochen vor dem Erscheinen. Bezugspreise: Jahresabonnement 12,- E (inklusive Porto und Mehrwertsteuer), Ausland zuzüglich Portomehrkosten. Einzelexemplar 4,- E. Satz/Reinzeichnung: Michael Pickardt, Berlin. Druck: H & P Druck, Körtestr. 10, 10967, Telefon 030-693 77 37. ISSN 0932-6162., diesseits
wird auf umweltfreundlichem, zu 50 % chlorfrei gebleichtem Papier mit 50 % Recyclingfaseranteilen gedruckt.
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
die diesseits gibt es im 21. Jahrgang. Sie ist nach Bürgerlichem Gesetzbuch volljährig. Der Humanistische Verband Deutschlands,
dessen Zeitschrift sie ist, wird im kommenden Januar 15 Jahre alt.
Er hat, wenn man so sagen will, gerade „humanistische Jugendweihe“ gehabt.
Zum Erwachsenwerden gehört – um im Bild zu bleiben – dass klarer wird, was man will und kann. Die Eltern fragen sich, ob sie alles richtig gemacht haben. Die liebe Verwandtschaft betrachtet mit
kritischen Augen, was da großgezogen wurde. Freunde freuen sich
mit. Neider sowie Böswillige sehen sich in ihren schlimmen Befürchtungen bestätigt.
Die engere Familie wird sich – wie schon lange verabredet – vorab im September treffen und über Wunschvorstellungen und Erziehungsprobleme reden. Denn je älter das Kind wird, desto mehr
Ansprüche stellt es. Und wer wächst, wächst aus dem alten Anzug
heraus und muss sich fragen, ob er sich einen neuen leisten kann
oder ob es der alte noch ein Stück machen muss.
Hinter dieser launigen Einleitung für das Editorial dieser Ausgabe
steht der ernsthafte Wunsch, über Reformen im Verband reden zu
wollen und es zu müssen. Das sagt sich leicht. Der Humanistische
Verband ist kein lockerer Dachverband, sondern ein juristisch
selbstständiger Verein. Selbstredend gibt es Humanismus in den
Farben Niedersachsens und Bremens oder Bayerns, Sachsens oder
Berlins. Diese Farbenpracht muss sich im HVD mehr als bisher
zeigen. Aber es gibt nur einen Humanistischen Verband in
Deutschland. Unsere Weltanschauungsgemeinschaft sollten wir
hegen und pflegen.
Mit Euer aller Hilfe kann der Bundesverband einiges vorweisen.
Es wird sicher eine „Jubiläumsausgabe“ der „diesseits“ geben, die
hier resümiert. Jedenfalls stehen wir alle im Verband vor der Fra-
ge, wie schnell wir weiter wachsen und was wir personell und finanziell investieren können. Was ist der richtige Weg im nächsten
Jahrfünft? Die Weichen neu stellten gerade die ehemaligen Freien
Humanisten Niedersachsen. Ihre Umbenennung in „Humanistischer Verband Niedersachsen“ wird einhergehen mit einer Konzeptionsänderung. Die Erfolgsgeschichte des Humanistischen Verbandes wird nun auch in Niedersachsen und Bremen mit dem Aufund Ausbau eigener sozialer und bildender Dienste am Menschen
„von der Wiege bis zur Bahre“ verbunden, die über die bisherigen
traditionellen Angebote der Fest- und Trauerkultur hinausgehen.
Nach 15 Jahren ist es sicher auch legitim, die bei der Gründung
geschaffenen Strukturen nach ihrer Effektivität und Professionalität zu befragen, die Handlungsfähigkeit einzuschätzen und Verantwortlichkeiten zu prüfen. Strukturen sind kein Dogma. Sie
sind für uns, für den organisierten Humanismus da. Wir werden
darüber auf dem Bundeshauptschuss im September ebenso reden
wie über unsere weltanschauliche
Arbeit, wie wir diese verbessern.
Uns kennzeichnet Reformfreude
und Streitlust – das gemeinsame
Kind wird erwachsen.
Es grüßt Sie herzlich
Dr. Horst Groschopp,
Bundesvorsitzender
3/2007
1
Humanistischer Verband
unterstützt das Bündnis für
Werteerziehung
Potsdam – Das Bündnis für Werte
in der Erziehung im Land Brandenburg, das von einer Vielzahl von
Organisationen und Vermittlern
von Werten gemeinsam mit dem
Bildungsministerium am Runden
Tisch erarbeitet wurde, wird vom
Humanistischen Verband BerlinBrandenburg e.V. (HVBB) vorbehaltlos unterstützt.
Mit großem Interesse hat der
HVBB die Entstehung der Gemeinsamen Grundsätze aktiv mitgestaltet und vor allem die Zusammenhänge von Menschenwürde,
Humanismus, Menschenrechten
und Toleranz hervorgehoben. Zwischen den Bündnispartnern wurden im respektvollen Diskurs die
gemeinsamen Aufgaben der Werteerziehung in Brandenburg formuliert und als wesentliche Grundlage für die weitere Erziehungsarbeit insbesondere mit der Jugend
angenommen.
Der Vorsitzende des HVBB Gerd
Wartenberg, Staatssekretär a.D.,
sagte dazu: „Nach der Erarbeitung
der Gemeinsamen Grundsätze wird
es nun darauf ankommen, sie auch
mit Leben zu erfüllen. In Projekten
und konkreten Vorhaben zwischen
den Bündnispartnern und im
HVBB selbst sollen sie umgesetzt
werden. Der HVBB wird an dem
weiteren Prozess der Wertevermittlung und der Realisierung dieses
Bündnisses in Brandenburg aktiv
mitwirken. Ein wichtiger Meilenstein ist dabei die Einführung des
Unterrichtsfaches Humanistische
Lebenskunde durch den HVBB im
neuen Schuljahr, das zugleich die
Werteerziehung verstärken wird.
Der HVBB befürwortet die Fortsetzung der Tätigkeit des Runden
Tisches.“
Nachlass von Hans Beckers
in der Friedrich-EbertStiftung
Dortmund – Der Nachlass des
ehemaligen Mitgliedes der Freigeistigen Ortsgemeinschaft Düsseldorf Hans Beckers wurde im Juli
2007 von Werner Ortmann,
Freund der Eheleute Beckers und
Förderer und Mitglied des Huma-
Berlin war den Humanisten aus Württemberg eine Reise wert –
„Reiseleiter“ und Geschäftsführer des Verbandes, Andreas Henschel,
bot seinen Mitfahrern ein umfangreiches Besuchsprogramm. Neben
Kunst, Kultur, Politik und Stadtgeschichte besuchten die Reisenden
auch die Geschäftsstelle des Berliner HVD in der Wallstraße und
erhielten dort einen informativen Einblick in die vielfältige
weltanschauliche und soziale Arbeit des Verbandes.
2
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nistischen Verbandes, an die Friedrich-Ebert-Stiftung übergeben.
Dieser gibt Aufschluss über ein bewegtes Leben. 1917 ist er Heizer
auf dem Marineschiff „Prinzregent
Luitpold“. Die Mannschaft leidet
unter unmenschlichen Bedingungen an Bord. Es kommt zu einem
Hungerstreik, in dessen Folge sich
die Matrosen das Recht erstreiken,
bei der Zuteilung der Verpflegung
mitzubestimmen. Die Flottenleitung jedoch lässt fünf der Wortführer festnehmen und einen
Kriegsgerichtsprozess wegen Meuterei inszenieren. Alle fünf, darunter Hans Beckers, werden zum
Tode verurteilt. Die Matrosen Max
Reichpietsch und Albin Köbis werden in der Wahner Heide bei Köln
erschossen, Hans Beckers in der
Todeszelle zu 15 Jahren Zuchthaus
begnadigt. Revolutionäre Soldaten
befreien ihn ein Jahr später. Das
Urteil wurde aufgehoben.
Hans Beckers hat darüber ein Buch
geschrieben: „Wie ich zum Tode
verurteilt wurde“. Es wird 1928 mit
einem Vorwort von Kurt Tucholsky veröffentlicht, in dem es heißt:
„Wenn sie die Wahrheit kennen
lernen wollen, dann halten Sie sich
an die unmittelbaren Quellen, lesen Sie die Schriften der Beteiligten, der Gequälten, die Schriften
derer, die ausfressen mussten, was
andere ihnen eingebrockt haben.
Da werden Sie sehen, wie es wirklich gewesen ist. Und hier ist so eine
Schrift.“
1986 – Hans Beckers ist bereits 15
Jahre tot – legt der Fischer-Taschenbuch-Verlag in seiner Ausgabe Nr. 5967 das Buch nochmals
auf.
Nach dem 2. Weltkrieg setzte er
seine umfänglichen Tätigkeiten für
die Geistesfreiheit fort. Ab 1947 organisierte er die Jugendweihen, damals noch mit annähernd 200 Jugendlichen allein in Düsseldorf. In
zahlreichen Jugendweihe-Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen
war er der Festredner. Dazu liegen
umfangreiche
handschriftliche
Textausarbeitungen von ihm vor,
ebenso Entwürfe weltlicher Bestattungsreden, sowie Notizen und Anmerkungen in Büchern, die nun einer wissenschaftlichen Auswertung
zugeführt werden können.
Neu in Deutschland:
Humanistische
Lebensberatung
Berlin – Im Juni ging das neue Projekt Humanistische Lebensberatung des Humanistischen Verbandes Berlin an den Start. Erstmalig
in Deutschland werden jetzt ehrenamtlich tätige Berater auf der Basis
humanistischer Werte Menschen
in schwierigen Lebensphasen ein
unterstützendes Angebot machen
können.
Der HVD Berlin hat in den vergangenen Monaten ein 13-köpfiges
Beratungsteam aufgebaut. Um Humanistischer Berater zu werden, haben alle einen berufsbegleitenden
einjährigen Ausbildungsgang absolviert. Die Humanistischen Lebensberater stehen immer dienstags von
15-19 Uhr in der Landesgeschäftsstelle des HVD Berlin (Wallstraße
65, 10179 Berlin, U 2 Märkisches
Museum) zur Verfügung. Eine vorherige Anmeldung ist möglich, aber
nicht zwingend notwendig. Natürlich können die Berater auch außerhalb der Sprechzeiten jederzeit vor
Ort – z. B. in Krankenhäusern oder
bei Katastrophenfällen – eingesetzt
werden. Die humanistische Beratung wird durch Spenden finanziert
und ist für die Ratsuchenden
grundsätzlich kostenlos, vertraulich
und auf Wunsch anonym. Info-Telefon: 030-61390415.
Pfingstcamp 2007
Hannover – Der Sächsische Verband für Jugendarbeit und Jugendweihe e.V. organisiert seit zehn Jahren das Pfingstcamp in Olganitz.
Auf dem Humanistentag 2006 in
Hamburg haben Vertreter der Jugendweihe und des HVD sowie des
Bundesverbandes der Jungen Humanistinnen und Humanisten beschlossen, dieses Angebot als Kooperationsmöglichkeit zu nutzen.
Allen voran machte sich eine Gruppe Junger Humanisten aus Hannover auf den Weg in die Dahlener
Heide. Der campeigene Badesee
wurde dort ebenso gerne angenommen wie die Begegnung mit anderen Jugendlichen bei der Disko
oder das vielfältige Freizeitprogramm. Die JuHus aus Hannover
beteiligten sich mit einem Kreativangebot an dem Programm und
bauten zusammen mit allen Teilnehmern einen überdimensionalen
„Happyman“.
Aus den anderen Mitgliedsländern
des Bundes-JuHu waren Vertreter
aus Berlin, Nordrhein-Westfalen
und Stuttgart vor Ort. Besonders
beeindruckend empfanden alle Anwesenden die gute Stimmung und
die perfekte Organisation. Eine
höhere Teilnehmerzahl aus dem
HVD im nächsten Jahr ist zu wünschen.
Wer sich gern anhand von Fotos
für eine Teilnahme im nächsten
Jahr entscheiden möchte, hat dazu
auf den Seiten www.juhus-hannover.de ausreichend Gelegenheit.
Lebenskunde in NRW
abgelehnt
Dortmund – Das Ministerium für
Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen lehnte mit Brief
vom 17.05. 2007 die Einrichtung
und Durchführung eines Humanistischen Lebenskundeunterrichts
ab. Einen nicht an eine Religion gebundenen Weltanschauungsunterricht sähe weder die Landesverfassung noch das Schulgesetz vor. Die
Gremien des Humanistischen Verbandes NRW beraten derzeit über
das weitere Vorgehen.
Ferien mit dem
Humanistischen Verband
Bund – Viele Landesverbände beteiligten sich mit Veranstaltungen
an den regionalen Ferienprogrammen. So bot der turmdersinne zum
Beispiel zwei Worksshopangebote
an, die die eigene Täuschbarkeit
aufdecken halfen. In der „Exponate-Werkstatt“ erforschten kleine
Naturwissenschaftler, wie die
Wahrnehmungsphänomene im
turmdersinne entstehen. Der
Workshop „Mädchen sinn anders“
für Mädchen von 12-14 Jahren
hinterfragte, inwiefern Medien aller
Art uns blenden. Im Spieleworkshop konnten die Teilnehmer Neuheiten erproben und Tipps &
Tricks beim Würfeln, Karten spielen und Bluffen erlernen.
Spiele waren auch in Elsfleth gefragt. Der Humanistische Verband
Wesermarsch gestaltete zwei Nachmittage für Jugendliche. Einmal
gab es Schach, einmal Boule.
Das Kinder- und Jugendbüro des
Humanistischen Verbandes Berlin
koordinierte wie in den Vorjahren
mit Partnern und Sponsoren das
Projekt „Bündnis für Kinder in
Marzahn-Hellersdorf“: kostenlose
bzw. preiswerte Ferienaktionen für
Kinder im Grundschulalter. Die
über 300 Angebote wurden in sechs
stadtteilbezogenen Flyern abgedruckt und an fast 12.000 Schüler
geliefert. So konnte Kindern aus
Familien, die sich keine Ferienreisen oder Ausflüge mehr leisten können, dennoch spannende Ferienerlebnisse ermöglicht werden. Doch
auch Verreisen war möglich. Neben den von den Jungen HumanistInnen angebotenen Feriencamps
organisierten Berliner Lebenskundelehrer ein Sommercamp in
Wandlitz am nördlichen Stadtrand.
Kinder von 7 bis 12 Jahren konnten hier eine Woche lang unter dem
Motto „Natur gestalten“ künstlerisch aktiv werden.
turmdersinne bei der
Nürnberger Langen Nacht der
Wissenschaften
Die Juhu’s Hannover beim humanistischen Pfingstcamp mit ihrem
„happyman“
Nürnberg – Forscher und Wissenschaftler laden am 20. Oktober
2007 ab 18.00 Uhr die Bewohner
und Gäste im Städtedreieck Nürnberg-Fürth-Erlangen zu einer spannenden nächtlichen Forschungsreise ein. Auch der turmdersinne wird
in dieser Nacht seine Türen öffnen.
Mehr über die sinnliche Wahrneh-
mung von Phänomenen zu erfahren macht nicht nur Spaß, sondern
weckt auch Interesse an wissenschaftlichen Hintergründen und
regt zum kritischen Nachdenken
über die Täuschbarkeit unserer
Wahrnehmung an: Hier lernen Besucherinnen und Besucher im
Selbst-Experiment ihre Wahrnehmung spielend kennen und lassen
sich von den kreativen Lösungen
verblüffen, die ihr Gehirn in kniffligen Situationen findet. In der
neuen Sonderausstellung erfahren
Besucherinnen und Besucher darüber hinaus Bemerkenswertes zur
Zeitwahrnehmung aus Sicht der
Physik, Psychologie, Biologie und
Neurowissenschaft. Damit die
Nacht nicht zu lang wird, gibt es für
alle Wartenden Täuschungskunst
und Wortwitz als Zaubershow auf
höchstem Niveau!
Nicht wahr?!
Nürnberg – Am Wochenende
vom 5. bis 7. Oktober lädt der
turmdersinne ein zu seinem 10.
Symposium: Nicht wahr?! Sinneskanäle, Hirnwindungen und Grenzen der Wahrnehmung. Prominente Referenten haben zum kleinen Jubiläum zugesagt: Unter anderem werden Wolf Singer,
Deutschlands wohl prominentester
Hirnforscher und Michael Pauen,
einer der meistzitierten deutschen
Neurophilosophen das Wochenende am Freitag, 5. Oktober eröffnen. Samstag und Sonntag folgen
dann zahlreiche Vorträge über
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Wahrnehmung und deren Verarbeitung im Gehirn. Welche Täuschungen resultieren aus den
Wahrnehmungsprozessen unseres
Gehirns? Auf welchen Mechanismen beruhen sie? Welchen evolutionären Überlebensvorteil haben
diese Mechanismen geboten? Gibt
es Wissen über die Außenwelt jenseits unserer Sinneswahrnehmung?
Programm und Anmeldung unter
www.turmdersinne.de sowie telefonisch unter 0911 / 9443281. Kosten: 98 Euro, ermäßigt: 74 Euro,
Förderkreis: 49 Euro für das gesamte Wochenende.
Bundestag stärkt Ehrenamt
Berlin – Am 6. Juli 2007 hat der
Bundestag in dritter Lesung das
„Gesetz zur weiteren Stärkung des
bürgerschaftlichen Engagements“
verabschiedet. Dieses Gesetz bedeutet einen großen Fortschritt für
die Reform des Gemeinnützigkeits-, Spenden- und Stiftungsrechts. Besonders positiv hervorzuheben ist die Einführung eines allgemeinen Freibetrags in Höhe von
500 Euro für alle ehrenamtlich Engagierten und damit auch für Menschen, die in Vorständen und Gremien des Humanistischen Verbandes aktiv sind. Darüber hinaus gibt
es Verbesserungen im Stiftungsrecht, eine Vereinheitlichung der
förderungswürdigen Zwecke sowie
eine großzügige Anhebung der
Übungsleiterpauschale auf 2.100
Euro und der allgemeinen steuerlichen Spendenabzugsgrenzen.
Fachtagung der
Humanistischen Akademie
Berlin – Die Humanistische Akademie Deutschland lädt gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung am 17./18. November 2007
zur wissenschaftlichen Fachtagung
„Säkularisation und Freiheitsgarantien des Staates – Humanismus und
‚Böckenförde-Diktum’“ ein. Die
Tagungsleitung liegt in den Hän-
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den von Dr. Johannes Kandel und
Dr. Horst Groschopp. Als Referenten werden erwartet:
Prof. Dr. Hartmut Kreß (Böckenförde-Diktum),
Prof. Dr. Rosemarie Will, Prof. Dr.
Frieder Otto Wolf (Verfassungsrecht und Humanismus),
Prof. Dr. Hubert Cancik (Freiheit
und Menschenwürde in der Antike),
Prof. Dr. Tatjana Hörnle (Menschenwürde in der aktuellen
Rechtsphilosophie),
Sonja Eggerickx (Menschenwürde
in Diskursen der EHF und der
IHEU),
Dr. Thomas Heinrichs (Rechtspolitische Grundvorstellungen der säkularen Verbände),
Prof. Dr. Johannes Neumann
(Aufgaben der säkularen Verbände)
Die Veranstaltungen des ersten Tages finden in der Friedrich-EbertStiftung, Hiroshimastr. 17, 10785
Berlin statt. Für den zweiten Tag
stehen die Räumlichkeiten der Alten Feuerwache, Marchlewskistr. 6,
10243 Berlin, zur Verfügung. Das
vollständige Programm und die
Anmeldeunterlagen finden Sie unter http://humanistische-akademiedeutschland.de/Texte/Programm
2007.pdf
en- und Freidenkerbewegung engagierten Frauen vorgestellt, deren
Wirken von der Zeit des Vormärz
über die Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus
bis hin zur Zeit nach der deutschen
Wiedervereinigung für die Grund-
sätze des HVD prägend waren. Bis
zum Ende des Jahres werden die
Lebenswege von so verschiedenen
Frauen wie u. a. der Schriftstellerin
Luise Aston, der Pädagogin Maria
Torhorst oder der Publizistin Susanne Leonhard dokumentiert und
in einer Broschüre zusammengefasst werden.
Da das Projekt als Grundlage für
eine spätere umfangreichere Präsentation dienen soll, sind die Mitarbeiterinnen für Hinweise, Lebensberichte oder Nachlässe von in
diesem Kontext wichtigen Persönlichkeiten dankbar. Die Informationen werden unter folgender EMail-Adresse entgegen genommen:
[email protected]
Humanistinnen gestern
und heute
Berlin – Mit der Frage nach den
Wurzeln und Traditionslinien des
Humanistischen
Verbandes
Deutschlands beschäftigte sich am
zweiten Juniwochenende eine
Gruppe Berliner Frauen aus den
Bereichen Kultur, Geschichte und
Pädagogik, die sich im Rahmen ihrer Arbeit in der Frauengeschichtswerkstatt im idyllischen Gutshof
Reichenow bei Strausberg zur Erarbeitung einer Publikation zum
Thema „Frauen in der Geschichte
und Gegenwart der Freidenkerbewegung“ zusammenfanden.
Bei dem Treffen wurden Biografien
von couragierten und für die Frau-
Jugend-Newsletter
Berlin – JuHu-Flash – unter diesem Titel erschien im Sommer die erste Ausgabe des Newsletters der
Jungen HumanistInnen im Landesverband Berlin. Künftig
wird er zweimal jährlich, vor den Sommerferien und zum Jahresende erscheinen. Mitglieder und Interessierte erhalten durch diese Publikation alles Wissenswerte aus dem Jugendverband. Bei Interesse
bitte melden unter 030-4427216 oder [email protected].
Welthumanistentag:
Start für „Berliner Herz“
Berlin – Am 21. Juni, dem Welthumanistentag, eröffneten die Humanisten Berlins in Anwesenheit
zahlreicher Gäste, unter ihnen viele Kinderärzte, offiziell das neue
Kinderhospiz „Berliner Herz“ (siehe diesseits 79/2007). Die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin, die ehemalige Ausländerbeauftragte des Landes, Prof. Barbara John (CDU),
wünschte dem Projekt in einfühlsamen Worten gutes Gelingen.
In Deutschland sterben jährlich
etwa 1.500 Kinder und Jugendliche
an Krebs und anderen schweren
Krankheiten. Für Familien bedeutet
die Versorgung eines schwerkranken
Kindes oftmals über viele Jahre eine
enorme Belastung. Hier bietet das
Kinderhospiz Unterstützung an.
Am Eröffnungstag zeigte das RBBFernsehen einen kurzen Beitrag
über den Einsatz ehrenamtlicher
Familienhelfer vor Ort, den man
sich im Netz unter http://www.rbbonline.de/_/zibb/beitrag_jsp/key=60
44947.html anschauen kann.
Kontakt: [email protected]
Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft
BLZ: 100 205 00; Kto: 317 64 18
Dialog über Jugendweihen
und Jugendfeiern
Berlin – Als Ergebnis der Fachtagung „Renaissance einer Übergangsfeier? Gegenwart und Perspektive des wichtigsten weltlichen
Passagerituals in Deutschland –
Dialog über Jugendweihen, Jugendfeiern und Jugendarbeit“ bekräftigten die Vorsitzenden der
Alter selbst dringend benötigen
könnten. In diesen Fällen könnte
der Stiftung anstelle einer Zustiftung ein zinsloses Darlehen zur
Verfügung gestellt werden, das jederzeit bei Bedarf kündbar ist. In
der Zwischenzeit kann die Stiftung
mit den Erträgen aus dem Darlehen
arbeiten und gemeinnützige
Zwecke des HVD fördern.
Wer Interesse an einem dieser neuen Angebote hat, aber auch wer ein
kostenloses Exemplar der StiftungsBroschüre beziehen möchte, wende
sich bitte an die Humanismus Stiftung Berlin, Wallstr.61-65 in
10179 Berlin, Tel: 030 – 61 39 04
81, Fax: 030 – 61 39 04 50 oder EMail: [email protected].
www.humanismus-stiftung.de
beiden beteiligten Organisationen,
Wilfried Estel für „Jugendweihe
Deutschland“ (JWD) und Dr.
Horst Groschopp für den Humanistischen Verband Deutschlands
(HVD), ihr Vorhaben, zukünftig
enger zu kooperieren. In weltanschaulichen und politischen Fragen wurden weitgehende Gemeinsamkeiten konstatiert. Noch offen
ist, welches strukturelle Ziel die
Kooperation haben soll und in
welchen Etappen dieses zu erreichen ist. Voraussetzung dafür ist
die Feststellung bestehender Konkurrenzen in einigen Regionen,
um diese weitgehend abbauen zu
können. Einen weiteren Schritt in
Richtung Zusammenarbeit werden die Bundesvorstände beider
Organisationen durch eine gemeinsame Tagung im Frühsommer 2008 und durch ein gemeinsames Jugendtreffen 2008 in Berlin gehen.
Neue Angebote für Zustifter
Berlin – Die im letzten Jahr gegründete Humanismus Stiftung
Berlin sucht weiterhin Zustifter.
Denn je größer das Stiftungsvermögen ist, desto wirkungsvoller
kann die Stiftung aus den Erträgen
des Vermögens ihre Aufgabe erfüllen: die dauerhafte und nachhaltige
Unterstützung der verschiedenen
Projekte und Einrichtungen des
Humanistischen Verbandes in Berlin.
Bereits in den letzten Monaten haben sich viele Mitglieder und Sympathisanten des HVDs beteiligt, so
dass die gesamte Summe an Zustiftungen demnächst die Schwelle
von 40.000 Euro überschreiten
wird. Hierzu haben auch viele kleine Beträge beigetragen!
Ethik in Europa
Um auch zukünftig noch mehr
Menschen die Entscheidung zu erleichtern, sich an der Stiftung zu
beteiligen, hat der Stiftungsvorstand zwei neue Angebote entwickelt. Das erste dieser Angebote
sind so genannte Themenfonds.
Hierbei können Interessenten ihre
Zustiftung mit der Auflage verbinden, dass bestimmte Arbeitsbereiche des Humanistischen Verbandes
wie zum Beispiel Lebenskunde oder
Humanistische Sozialarbeit mit
den Erträgen des gestifteten Geldes
vorrangig unterstützt werden sollen.
Das zweite Angebot nennt sich Stiftungsdarlehen. Hiermit sollen
Menschen angesprochen werden,
die die Stiftung gerne unterstützen
möchten, aber befürchten, dass sie
dieses Geld bei Krankheit oder im
Neu-Isenburg – Zu einem Seminar
„Ethik in einer europäischen Wertegemeinschaft“ lädt die Freigeistige Aktion für humanistische Kultur
e.V. am Samstag, dem 6. Oktober
2007, ab 10 Uhr ins Naturfreundehaus 63263 Neu-Isenburg, Neuhöfer Str. 55, ein. Auf dem Programm
stehen u.a. die Vorträge: „Das Verhältnis vom Recht zur Moral“; „Religiöse Sittlichkeit und philosophische Ethik“; „Ideologiefreie Moralwissenschaft“ (alle von Dr. Erich
Satter); „Viktor Kraft und die nachmetaphysische Moralbegründung“
(Dr. Oliver Vollbrecht) sowie eine
Podiumsdiskussion.
Anmeldungen bitte an: Ortrun E.
Lenz, Beethovenstr. 96, 63263
Neu-Isenburg,
Tel.
06102723509, Fax 06102-723513, email: [email protected].
Am Abend vor dem Seminar, Freitag, 05.10.07, um 18 Uhr, findet
die Bundesversammlung der Freigeistigen Aktion mit anschließendem Autorentreffen des Angelika
Lenz Verlages statt, und zwar in
den Räumen der Freireligiösen Gemeinde Neu-Isenburg, 63263
Neu-Isenburg, Ludwigstraße 68.
Antrag auf Sonderbriefmarke
Christiane Edler und Tina Gatidis stellen das Projekt „Berliner Herz“ vor.
Falkensee – Der Dachverband
Freier Weltanschauungsgemeinschaften (DFW) beantragt für das
Jahr 2009 die Fertigung einer Sonderbriefmarke aus Anlass der Gründung des Bundes Freireligiöser Gemeinden Deutschlands K.d.ö.R.
(BFGD) vor 150 Jahren. Der
BFGD ist eines der Gründungsmitglieder des DFW (1949).
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Jürgen Gerdes
Neuer Name –
frischer Wind
Hannover – Aus der traditionsreichen Weltanschauungsgemeinschaft „Freie Humanisten Niedersachsen“ wurde im Juli der Humanistische Verband Niedersachsen.
■ Die Weltanschauungsgemeinschaft für
Niedersachsen und Bremen, die über den
gleichen Rechtsstatus wie die Kirchen verfügt und sogar einen Staatsvertrag besitzt,
wird künftig als „Humanistischer Verband
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Niedersachsen“ ihr Engagement noch intensiver mit ihren Partnerverbänden im
Bundesgebiet koordinieren. Ab September
2007, wenn die Änderung wirksam wird,
kann das nun auch unter einem bundesweit
einheitlichen Namen geschehen.
Mit zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung hat das höchste Beschlussgremium,
die Landesversammlung, in einer harmonischen Zusammenkunft einer Änderung des
Namens zugestimmt. Der Bundesvorsitzende Dr. Horst Groschopp gratulierte herzlich
zu diesem Schritt und betonte: „Mit der
Umbenennung ist auch eine durchaus als
neue Weichenstellung zu bezeichnende
Konzeptionsänderung des Verbandes erfolgt. Die Namensänderung ist auch hier
symbolisch. Die Erfolgsgeschichte des Humanistischen Verbandes wird nun auch in
Niedersachsen und Bremen mit dem Aufund Ausbau eigener sozialer und bildender
Dienste am Menschen ‘von der Wiege bis
zur Bahre’ verbunden, die über die bisheri-
gen traditionellen Angebote der Fest- und
Trauerkultur hinausgehen.“
Das wird einige Anlaufzeit benötigen.
Mit der Gründung des Humanistischen Sozialwerkes Norddeutschland, dessen Zentrale sich in Hannover befindet, wurden jedoch die Weichen neu gestellt. Die Antwort
des Staates auf den Antrag, an den Schulen
Niedersachsens „Humanistische Lebenskunde“ zu unterrichten, wird noch erwartet.
Historie
Das Ende der Nazi-Diktatur ermöglicht in
vielen Orten bereits 1945 einen Neubeginn
der Freireligiösen Gemeinden, nachdem im
Dritten Reich die Arbeit im Untergrund
weitergeführt worden war. 1948 schlossen
sich vorerst elf Gemeinden zur „Freireligiösen Landesgemeinschaft Niedersachsen“ zusammen. 1950 bildet sich auch der „Bund
Freireligiöser Gemeinden DeutschlandsFreie Religionsgemeinschaft, gegründet
1859“ neu.
Unterschiedliche Auffassungen hat es in
der Geschichte der humanistischen Bewegung immer gegeben. Dies versteht sich
aus ihrer kritischen, undogmatischen
Grundhaltung auch von selbst. Unterschiedliche Schwerpunkte einer „freien Religiosität“, eines freien Denkens oder einer
auf den Menschen gerichteten humanitären Lebensauffassung haben oft auch
zu organisatorisch getrennten Entwicklungen geführt. So sind die heutigen Namen
der humanistischen Gemeinschaften auch
ein Ausdruck dieser stetigen Entwicklung.
Der von Dogmen freie Humanismus, zu
dem sich schon 1848 die ersten Gemeinschaften bekannt haben, findet seit den
80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts
zunehmend auch in den Namen der Verbände seinen Niederschlag. Die Landesorganisationen von Niedersachsen, Bremen
und Hamburg benennen sich in den Jahren 1987 und 1988 in Freie Humanisten
um, weil der von der Realität überholte
Traditionsbegriff „freireligiös“ nicht mehr
geeignet war, die Inhalte der Organisation
zu vermitteln. Die nicht-religiöse Lebensauffassung der Freien Humanisten ist
auch ohne Zuhilfenahme religiöser Begriffe erklärbar. Zugleich werden die Bezeichnungen der Feierstunden geändert. Das
Angebot umfasst nun: Humanistische Namensfeier, Humanistische Jugendfeier
(bisher Jugendweihe), Humanistische
Trauung und Humanistische Trauerfeier.
1989 legt der Grundsatzausschuss „Humanistische Grundsätze“ vor.
Volker Mueller
Arbeit vor Ort
In Brandenburg
wird Humanistische
Lebenskunde
eingeführt!
Am 1. Juli 2000 erfolgte die Aufnahme als
Mitglied im Humanistischen Verband
Deutschlands (HVD). Als „Landesverband
Niedersachsen/Bremen“ werden sie dort die
mitgliederstärkste Gliederung. Im März
2006 stärken die Freien Humanisten als
Gründungsmitglied der „Humanistischen
Akademie Deutschland“ (HAD) die inhaltliche Fortentwicklung des Humanismus.
Heute werden etwa 15.000 Humanistinnen
und Humanisten in rund 25 Gruppen und
zunehmend in Einzelmitgliedschaften in
Niedersachsen und Bremen betreut. Außerdem engagieren sie sich für die nicht-religiösen Bürger, die dem Verband nicht angehören.
Künftig wird der „Humanistische Verband Niedersachsen“ nun als Landesverband Niedersachsen im HVD an der Verwirklichung der gemeinsamen Ziele arbeiten und die bis auf das Jahr 1847 zurückgehenden Traditionen fortsetzen.
Zeitgleich stattfindende Wahlen führten
zu folgender Zusammensetzung der Verbandsgremien:
Als Präsident fungiert Prof. Dr. Hero
Janßen (Göttingen), das Präsidium bilden
Jutta Feise (Hannover), Birger Holz (Bad
Zwischenahn) und Bernd Leuschner aus
Barsinghausen. Im Landesvorstand vertreten sind Wolfgang Böner (Elsfleth), Lena
Jahnke (Langenhagen), Dr. André Lipski
(Osnabrück), Hartmut Meyer (Osnabrück), Detlev Reinhardt (Hannover) und
Monika Saß-Dardat (Lehrte).
●
Präambel
Freie, von humanistischem Denken geprägte Menschen in Niedersachsen haben sich zu der Weltanschauungsgemeinschaft Humanistischer Verband
Niedersachsen zusammengeschlossen. Er
tritt für Toleranz und Respekt im Umgang der Menschen untereinander ein.
Kritisch ist die Toleranz gegenüber dogmatischen Ansprüchen, die menschlichen Grundwerten widersprechen. Der
Humanistische Verband Niedersachsen
bekennt sich zu wissenschaftlichen Erkenntnissen im Sinne der Aufklärung
(…)
Berlin – Endlich wird mit dem neuen Schuljahr 2007/08 im Land Brandenburg das Unterrichtsfach Humanistische Lebenskunde
eingeführt. Der mehrjährige Rechtsstreit
des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg e.V. (HVBB) um das Recht, dieses
bekenntnisgebundene Fach an Brandenburger Schulen anzubieten, war Ende 2005 mit
einer Entscheidung des Landesverfassungsgerichts sowie mit dem dann geänderten
Brandenburger Schulgesetz erfolgreich beendet worden.
■ Nachdem die Rechtssituation der Gleichstellung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in der Unterrichtsfrage
geklärt war und eine Diskriminierung humanistischer und freigeistiger Weltanschauungen nicht mehr zugelassen wird, kam es
darauf an, die curricularen, personellen und
finanziellen Voraussetzungen für Humanistische Lebenskunde an den staatlichen
Schulen Brandenburgs zu schaffen.
Die curricularen Grundlagen für den
freiwilligen Unterricht ohne Zensuren wurden im April 2007 mit einem vorläufigen
Rahmenlehrplan vorgelegt (www.lebenskunde.de/brandenburg/rahmenlehrplan_bran
denburg.htm), der vom Bildungsministerium für das bevorstehende Schuljahr genehmigt wurde. Besonders hervorzuheben sind
die zukunftsweisenden Aussagen zu den
Grundsätzen und Unterrichtsinhalten für
das Fach Humanistische Lebenskunde für
alle Jahrgangsstufen, das moderne Kompetenzmodell, die Bildungsstandards sowie die
fachdidaktischen Hinweise für den Unterricht.
Hohe Qualitätsansprüche
Wir verfolgen von Anfang an hohe Ansprüche an die Qualität des Lebenskundeunterrichts, die vor allem durch gute Lehrerinnen und Lehrer abzusichern ist. Dafür
müssen sie persönlich geeignet und fachlich
qualifiziert sein. In Kooperation mit der
3/2007
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Eltern und Schülern und ein gewisses Medieninteresse liegen vor. Und die weltanschauliche Situation in Brandenburg
spricht ebenfalls für den Bedarf am Humanistischen Lebenskundeunterricht, denn
über 80 Prozent der Schülerinnen und
Schüler sind konfessionell nicht gebunden.
Solide Ausgangsbasis
Technischen Universität Berlin bietet das
Ausbildungsinstitut des Landesverbandes
Berlin des HVD einen staatlich anerkannten Lehramts-Ergänzungsstudiengang für
Lebenskundelehrkräfte an. Auch staatliche
Lehrkräfte können Lebenskunde unterrichten, wenn sie eine berufsbegleitende Weiterbildung oder den Ergänzungsstudiengang absolvieren. Zukünftig sucht der
HVBB weitere Lehrkräfte für seinen Unterricht. Die Vereinbarung zwischen dem
HVBB und dem Land Brandenburg regelt
unter anderem die Finanzierung des Lebenskundeunterrichts. Wie für den Religionsunterricht der beiden christlichen Kirchen werden auch für die Humanistische
Lebenskunde 90 Prozent der Personalkosten sowie geringe Zuschüsse für Fort- und
Weiterbildung und für Sachkosten gewährt.
In konstruktiven Verhandlungen mit dem
Brandenburger Bildungsministerium konn-
8
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te in den letzten Monaten eine rechtssichere Basis für die konkrete Durchführung von
Humanistischer Lebenskunde an Brandenburger Schulen durch den HVBB geschaffen werden.
Brandenburg ist mehrheitlich
konfessionslos
Die christlichen Kirchen stehen der Einführung von Humanistischer Lebenskunde
distanziert gegenüber, signalisieren aber
auch Möglichkeiten der Zusammenarbeit.
Besonders in Medien der evangelischen Kirche wird die Frage aufgeworfen, ob Lebenskunde wirklich ein bekenntnisgebundenes
Angebot sei und inwieweit es sich tatsächlich von LER unterscheidet. Die weiteren
Entwicklungen und die Schulrealitäten werden den Beteiligten und Beobachtern zeigen, wie sich Humanistische Lebenskunde
konkret etablieren wird. Viele Anfragen von
Der HVBB hat sich auch strukturell auf Lebenskunde ab 2007 eingestellt: Es wurde
ein Landesinstitut für Humanistische Lebenskunde in Brandenburg und ein Zentrum für Humanistische Lebenskunde Berlin-Brandenburg gebildet. Eine wesentliche
Grundlage für Lebenskunde in Brandenburg ist von Anfang an die enge Zusammenarbeit mit dem Berliner Verband, denn
wir können für Brandenburg an die fast fünfundzwanzigjährigen Erfahrungen in Berlin
ausgezeichnet anknüpfen und müssen das
„Rad nicht neu erfinden“. Das ist eine sehr
gute und solide Ausgangssituation.
Der Lebenskundeunterricht wird schrittweise und zunächst vorrangig für die 1. bis
4. Jahrgangsstufen an Grundschulen eingeführt. In den 5. bis 10. Schulklassen, in denen das vom HVBB ausdrücklich befürwortete staatliche Fach Lebensgestaltung/
Ethik/Religionskunde (LER) unterrichtet
wird, tritt Humanistische Lebenskunde
dazu nicht in Konkurrenz. Es kann perspektivisch zusätzlich besucht werden. Ab
der 11. Jahrgangsstufe kann Lebenskunde
ebenfalls angeboten werden.
Im Schuljahr 2007/08 beginnt der humanistische Unterricht an 15 Schulen in einigen Landkreisen und Städten im Berliner
Umland. Geplant sind bis zu 52 Lerngruppen mit ca. 830 Schülerinnen und Schülern
– meist in den Jahrgangsstufen 1 bis 4. Es
werden neun Lehrkräfte stundenweise eingesetzt. Diese Zahlenangaben können sich
im laufenden Schuljahr natürlich noch verändern.
Der HVBB steht vor einem neuen und
bedeutsamen Schritt in seiner Geschichte!
Dr. phil. Volker Mueller ist Leiter des Landesinstituts für Humanistische Lebenskunde in
Brandenburg des HVBB und Vorsitzender des
Humanistischen Freidenkerbundes Brandenburg e.V.
Weitere Informationen: www.lebenskunde.de,
Urteil des Landesverfassungsgerichts vom
15.12.2005: www.verfassungsgericht.brandenburg.de – VfGBbg: 287/03.; siehe auch Eggers,
Gerd: Humanistische Lebenskunde nun auch in
Brandenburg. – In: diesseits (74/2006)
Michael Bauer
Baubeginn für
Kinderkrippe in
Fürth
Nürnberg – Seit dem 25. Mai wird gebaut:
Das Humanistische Haus für Kinder Fürth –
Am Südstadtpark erhält ein neues Gebäude
für die Kleinsten.
■ Zwölf Plätze für unter Dreijährige entstehen dort. Sie sind schon seit Monaten
ausgebucht. Beim ersten Spatenstich mit dabei waren neben dem Fürther Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung (auf dem Bild 4.
von rechts) und Stadträtin Susanne Jahn,
auch Repräsentanten des HVD-Nürnberg,
die Architekten, Eltern – und natürlich auch
Vertreter der „Kundschaft“ der neuen Einrichtung (in der Bildmitte). Der Bau schreitet in Windeseile voran – nachdem ja die
politische Entscheidungsfindung im Fürther Stadtrat nicht einfach war, ist es im Vorfeld des Baus zu Verzögerungen gekommen.
Der HVD-Nürnberg hofft dennoch, dass
mit erhöhtem Arbeitseinsatz auf der Bau-
stelle die Krippe planmäßig zum Beginn des
neuen Kindergartenjahrs Anfang September – also mit Erscheinen dieses Heftes – in
Betrieb gehen kann.
Damit bietet der HVD in Fürth eine
Einrichtung an, die 120 Kindern vom Säuglingsalter bis zum 12. Lebensjahr kontinuierlich Betreuung, Erziehung und Bildung
aus einer Hand anbietet.
●
Daniel Nette
Großer Ansturm
im Wertehaus
Hannover – Vom 9. bis 13. Juli tummelten
sich täglich ca. 500 Kinder in der Kinderstadt in Hannover-Linden. Die Jungen Humanisten Robin Hußmann, Sarah Lindner, Marieke Prien, Jana Kammerhoff, Nora Peter
und Hannah Thiel sorgten eine Woche lang
für ein interessantes und informatives Programm im Wertehaus der Kinderstadt.
■ Die „Kinder-Spielstadt-Mini-Linden“
war eine Mini-Stadt, in der alle wichtigen
Einrichtungen zu finden waren, die auch
den Charakter einer echten Stadt widerspiegelten. Die Besonderheit lag darin, dass
die Kinder im Mittelpunkt standen und zu
Bürgern und Bürgerinnen mit Rechten und
Pflichten wurden. Es sollte ein Spielszenario
entstehen, welches Kinder und Jugendliche
sowohl kognitiv als auch emotional auf allen Sinnesebenen ansprechen sollte, um ihnen damit neuartige Erfahrungen und
Möglichkeiten des Lernens zu bieten. Für
die Identifikation mit der eigenen Stadt war
die Beteiligung an der Ausarbeitung von
großer Bedeutung. Sie selbst konnten ihre
Stadt entstehen lassen, entscheiden, wie ihre
Stadt heißen sollte und was in ihre Stadt
gehörte: ein Krankenhaus, eine Universität,
eine Druckerei, ein Restaurant und alles,
was ihnen wichtig war. Lediglich elementare Einrichtungen einer Stadt und die Notwendigkeit des Umweltschutzes wurden
vorgegeben, um den Prozess eines aktiven
Stadtlebens in Gang zu setzen, wie zum Beispiel das Einwohnermeldeamt, bei dem sich
jeder Bürger registrieren lassen musste.
Aktives Stadtleben
Von großer Bedeutung in der Stadt war der
sogenannte Verwaltungsbereich mit zentralen Einrichtungen wie dem Arbeitsamt, ei-
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ner Bank, mit einer in der Stadt gültigen
Währung und einem Rathaus. Von hier aus
wurden die Kinder in das Spielsystem mit
Geldverdienen, Herstellung und Verkauf
von Produkten und Serviceleistungen eingeführt und auf die verschiedenen Mitspielbereiche verteilt. Über das hier verankerte
politische System mit Bürgermeister, Stadtrat und Bürgerversammlung wurden die
Spielverläufe gesteuert, neue Ideen eingebracht und die für das städtische Gemeinschaftsgefühl notwendigen Ereignisse wie
Markttag, Ausstellungen u.a. inszeniert. In
der Spielstadt entwickelten die Kinder eine
Idee vom Arbeiten und Zusammenleben,
indem sie entscheiden konnten, was passiert
und wie diese Stadt funktionieren sollte.
Unterstützt wurden sie von Betreuern, die
ihnen vor allem zu Beginn der Spielstadt
Orientierung boten.
Zentrale Elemente der Spielstadt waren
also ein funktionierender Arbeits- und
Geldkreislauf, Produktions- und Dienstleistungsbetriebe, eine Kommunalverwaltung
und die politische Mitbestimmung der Bürger und Bürgerinnen. Die Kinder und Jugendlichen erlebten den Zusammenhang
von Arbeit, Produktion, Lohn, Verkauf,
Freizeit, Kultur und Konsum, sie arbeiteten
in Betrieben, um Geld zu verdienen und
konnten darüber hinaus am kulturellen und
demokratischen Leben teilnehmen, wodurch sie das Stadtleben aktiv nach ihren
Vorstellungen mitgestalten konnten.
Ministadt ohne Religion
In der Kinderstadt gab es keine religiöse Einrichtung, dafür aber das Wertehaus, welches
von den Jungen Humanisten Hannover betreut wurde. Die Idee des Wertehauses war,
den Kindern einen Raum in der Stadt zu
bieten, in dem sie sich in einem offenen Angebot über Werte und zum Beispiel das
Thema Toleranz informieren und austauschen konnten. Darüber hinaus wurde ein
Planspiel angeboten, das zum einen das Ziel
hatte, die Auseinandersetzung mit dem, was
im eigenen Leben wichtig ist, und zum anderen das Erproben von Kommunikation
und das Zurechtfinden in Entscheidungsprozessen. Die Inhalte des Planspiels drehten sich dabei um die entscheidenden Lebensbereiche von Kindern und Jugendlichen:
– Was ist mir wichtig?
– Freundschaften
– Umgang mit Autoritäten
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– Regeln und Normen
– Auseinandersetzung mit Religion und
der Sinnfrage
Wie es sich für einen offenen Treff
gehört, konnte man im Wertehaus auch
Tischfußball spielen, sich schminken lassen,
Freundschaftsketten und Armbänder basteln oder sich auf der „Wertewand“ verewigen.
Erwachsene konnten sich übrigens nicht
frei in der Stadt bewegen. Die Kinder konnten ihre Eltern oder Lehrer im „Elterngarten“ abgeben und sie dort bei einem Kaffee
oder Tee fortbilden lassen.
●
Daniel Nette ist Jugendbildungsreferent in Hannover.
Jubiläumskonzert
in Stuttgart
Mit einem stimmungsvollen, beim Publikum
Begeisterungsstürme hervorrufenden Konzert feierten Die Humanisten Württemberg
am Sonntag, 22. Juli 2007, den 10. Jahrestag der Einweihung ihres Verbandssitzes,
des Humanistischen Zentrums Stuttgart.
■ In seiner kurzen Begrüßungsansprache
an die mehr als 80 Mitglieder und Gäste, die
der Einladung zu dem sommerlichen Konzertnachmittag gefolgt waren, ging der Geschäftsführer des Verbandes, Andreas Henschel, auch auf die langwierige Suche nach
einem geeigneten Anwesen ein. Nur durch
die guten kommunalpolitischen Beziehungen und die Hartnäckigkeit der ehemaligen
Vorsitzenden des Verbandes, der beiden
Altstadträte Herrn Dr. Karl Becker und
Frau Hildegard Schwenger, war die jahrzehntelange Suche in Stuttgart und Umgebung schließlich vom Erfolg gekrönt und erhielt der Verband nach einem kostspieligen
Bieterwettstreit das völlig heruntergekommene, aber zentral gelegene, repräsentative
Anwesen, die ehemalige Villa Kaulla am
Fuße der Karlshöhe, nur einen Steinwurf
entfernt von dem Ort, an dem der Verband
1845 als „Freireligiöse Gemeinde“ gegründet worden war. Nach mehr als vier Jahre
dauernden Planungs- Bau- und Sanierungsarbeiten konnte schließlich im Juli 1997 die
nun wieder im frisch renovierten Jugendstil
mit schlichten Louis-Seize-Formen erstrah-
lende Gründerzeitvilla in der Stadtmitte von
Stuttgart als Verbandszentrum der Württemberger Humanisten eingeweiht werden.
In seiner Ansprache verschwieg Geschäftsführer Andreas Henschel aber auch nicht die
Vielzahl der Probleme, die den Verband
seither ständig belasten, um das Haus zu erhalten. Insbesondere die strengen Auflagen
einer sich rein konservatorisch verstehenden
Denkmalschutzbehörde, die die neuerliche
Nutzungsänderung seit der Übernahme
durch die Humanisten möglichst zu ignorieren bzw. faktisch zu negieren versucht
(gebaut wurde die Villa in den Jahren 19081911 als repräsentatives Einfamilienwohnhaus, dann war sie Botschaft und Konsulat,
später die Außenstelle für Geschlechtskrankheiten des Städtischen Gesundheitsamtes, heute nun Verbandszentrale und
von einem großen Publikum genutztes Veranstaltungszentrum der Humanisten Württemberg), belasten und verzögern immer
wieder die zum Erhalt und zur adäquaten
Nutzung des Hauses dringend notwendigen
Arbeiten. Doch trotz aller Schwierigkeiten,
die auch die derzeit wieder laufenden kostspieligen Sanierungsmaßnahmen zur Behebung von Feuchtigkeitsschäden und statischen Problemen nicht nur bremsen, sondern auch erheblich verteuern, ist das herrschaftliche Gebäude ein Identifikationsobjekt für die Mitglieder des Verbandes, der es
auch weiterhin vor allen Dingen für seine
schon in den vergangenen zehn Jahren ganz
außergewöhnliche humanistische Kulturarbeit und als freigeistige Begegnungs- und
Tagungsstätte nutzen wird und so der interessierten Öffentlichkeit wie auch interessierten humanistisch-freidenkerischen Institutionen und Organisationen zur Verfügung stellt.
Das Konzert der beiden jungen Stuttgarter Sänger Maria Lichtermann (Mezzosopran) und Dionysios Tsaousidis (Bariton), die gerade ihr Abitur am nahen Mörikegymnasium bestanden haben, gab davon
ein mehr als herausragendes Beispiel. Mit
ihren Duetten aus Musicals und Opern
von Mozart, Rossini, Donizetti, Mahler,
Rubinstein und Webber, dabei am Klavier
souverän und einfühlsam begleitet von
Elena Benditskaia, begeisterten sie ihr Publikum, das sich in einer verlängerten Pause bei kühlen Getränken zu anregenden
Gesprächen im Foyer und im Ausstellungsbereich des Humanistischen Zentrums traf und von dem soeben miter-
lebten Klang- und Gesangsgenuss enthusiastisch schwärmte. Ein äußerst gelungener sommerlicher Konzertnachmittag, mit
dem sich der Verband nicht nur in die
Sommerpause verabschiedete, sondern mit
dem er zuallererst ein ganz bemerkenswertes Jubiläum feierte: 10 Jahre Humanistisches Zentrum in Stuttgart!
●
Michael Bauer /
Alexander Endreß (Hrsg.)
Selbstbestimmung
am Ende des Lebens
208 Seiten, kartoniert, Euro 16.-
Schriftenreihe der Humanistischen
Akademie Bayern, Band 1
ISBN 3-86569-018-1
Der Sammelband nähert sich aus interdisziplinärer Perspektive der Problematik der Selbstbestimmung am
Ende des Lebens. Dabei wird das
komplexe Thema nicht auf die Frage
„(Aktive) Sterbehilfe – ja oder nein?“
zugespitzt. Vielmehr loten die Beiträge grundsätzliche philosophische Fragen aus, berücksichtigen sozioökonomische Aspekte und stellen interkulturelle Vergleiche an.
Mit Beiträgen von Frieder-Otto Wolf,
Wolfgang Putz, Norbert Hoerster,
Frank Erbguth, Andreas Frewer, Isabella Jordan, Reiner Sörries, Klaus
Feldmann, Georg Marckmann, Gita
Neumann, Horst Groschopp, Ursula
Seitz, Ludwig A. Minelli.
www.alibri.de
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Menschen im Diesseits
auf – heißen seine Kollegen doch
künftig Smudo oder Xavier Naidoo. Seine Arbeit für die Akademie
wird er aber fortsetzen. Schließlich
war Mannheim ja früher die
Hauptstadt der Bayerischen Pfalz,
und so gesehen zieht er eigentlich
gar nicht weg.
„Liebe ist (mehr als) nur ein Wort“
– unter dieser Überschrift fragte
sich der Berliner Geschäftsführer
Manfred Isemeyer 1998 in diesseits Nr. 42 „Hat die Liebe noch
eine Zukunft?“ Am 30. Juni dieses
Jahres beantwortete er diese und die
diesbezügliche Frage einer Standesbeamtin eindeutig mit Ja. Das tat
auch die Braut und HVD-Kollegin
Andrea Käthner. Wahrscheinlich
ist sein damaliges Plädoyer an die
Medien, Ingmar Bergmans Film
„Szenen einer Ehe“ als abschreckendes Beispiel doch öfter im
Fernsehen zu zeigen, damit hinfällig. Vielmehr bestätigte die anwesende Hochzeitsgesellschaft, die
auch viele gemeinsame Arbeitskollegen und Gesinnungsfreunde vereinigte, einen Passus aus einem
ähnlichen Text des Bräutigams, in
dem er vom „Trend zur Romantik“
sprach, „der sich häufig gerade bei
älteren Brautpaaren an Trautagen
Bahn bricht“. (Hochzeit auf Hawai. Zum Bedeutungswechsel eines
Festes. In: humanismus heute,
Heft 2, 1998) Diesseits wünscht
dem Paar für den gemeinsamen Lebensweg alles Gute!
Dr. Alexander Endreß, Präsident
der Humanistischen Akademie
Bayern, freut sich auf eine neue berufliche Aufgabe. Er wechselt als
Studiengangsmanager Musikbusiness an die Pop-Akademie BadenWürttemberg in Mannheim. Die
Popakademie versteht sich als
künstlerische und wirtschaftliche
Nachwuchsschmiede für die deutsche und internationale Musikwirtschaft. Seine Beamtenstelle als Habilitand an der Universität Erlangen-Nürnberg gibt er dafür gerne
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Ajescha Prozell, Tochter des Berliner Jugendsekretärs Olaf Bartkowski, gewann im Mai 2007 den
ersten Preis in der Sparte Biologie
im bundesweiten Wettbewerb „Jugend forscht“. Die 15-jährige
Nachwuchsforscherin entdeckte,
dass Wespen und Kornkäfer
äußerst empfindlich auf Insektizide
reagieren. Damit lassen sie sich als
Biosensoren einsetzen, um die
Schadstoffbelastung in Räumen zu
testen. Weil bisherige Verfahren
langwierig, aufwändig und teuer
sind, könnte Ajeschas Methode vor
allem dort von Nutzen sein, wo das
Geld fehlt, etwa in Schulen. Denn,
so fasst sie ihr Verfahren zusammen: „Es dauert nicht lang und
kostet nicht viel.“ Die Bundessiegerin wurde von der China Association for Science & Technology und
dem Arbeitgeberverband Gesamtmetall zum „22nd China Adolescent Science & Technology Innovation Contest“ in China eingeladen.
Ajescha Prozell mit ihrem Vater
während der Jugendfeier im vergangenen Jahr
Auf der diesjährigen Jugendfeier in
Wuppertal konnten die Humanisten wieder ihr langjähriges Mitglied
Ferdinand Köthe begrüßen, der es
sich nicht nehmen ließ, trotz seines
inzwischen stolzen Alters von 94
Jahren als Ehrengast an der Jugendfeier teilzunehmen.
Jürgen Köster, Geschäftsführer
des Humanistischen Verbandes in
Wuppertal, ehrte den Gast mit bewegten Worten und erinnerte daran, dass Ferdi Köthe vor genau 80
Jahren seine eigene Jugendweihe
feierte. Aus einem sozialistischen
Elternhaus stammend, hat die Jugendweihe seinen Lebensweg als
überzeugter Freigeist und Sozialist
entscheidend geprägt.
Sascha Kummle, Mitglied der Jungen HumanistInnen Berlins, wurde
am 22. Mai 2007 auf dem Jahresempfang des DPW in Anwesenheit
von Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner,
Senator für Bildung, Wissenschaft
und Forschung, für ihr ehrenamtliches Engagement bei den Jungen
HumanistInnen geehrt.
Sascha Kummle kam vor gut fünf
Jahren als Reiseteilnehmerin zum
Verband. Einmal auf den Geschmack gekommen, nahm sie regelmäßig an Veranstaltungen teil,
verreiste weiterhin mit den JuHus
und wechselte ganz schnell die Seiten – von der Teilnehmerin zur
Teamerin. Seit 2004 engagierte
sich Sascha Kummle für eine
Deutsch-Polnische Jugendbegegnung, die seitdem jährlich wechselnd in Berlin oder Gnesen stattfindet.
TITEL
Jürgen Gerdes
Evolution, „Intelligent Design“ –
oder gar die Geschichte mit dem
Lehm?
Humanistische Gedanken über die Entstehung von Leben
und Welt
■ In allen Kulturen entstanden im Laufe
der Geschichte Überlieferungen, die erklären sollten, warum die Erde mit ihrer
ganzen Vielfalt existiert und wie der Mensch
als ganz besonderes Wesen ins Spiel kam.
Auf dem amerikanischen Kontinent gibt es
eine Vielzahl von Schöpfungsgeschichten;
von Region zu Region sind sie unterschiedlich. Im Stamm der Irokesen glaubt man
zum Beispiel, dass es Schildkröten waren,
die beim Entstehen der Welt die entscheidende Rolle spielten. Dazu Fritz Ley in seinem Buch „Das Werden von Mensch und
Welt“:
„In uralten Zeiten, als es weder Erde
noch Menschen gab, erstreckte sich über
dem Himmelsdach ein herrliches Reich.
Unter dem Himmel aber breitete sich eine
Wasserwüste, wo Wassertiere aller Art lebten. Einst öffnete sich im Himmelsgewölbe
geräuschvoll ein Loch. Eine Himmelsfrau
fiel herab und konnte sanft auf dem Rücken
zweier Schwäne zum Liegen kommen. Die
Schwäne riefen die Tiere zur Beratung. Sie
befolgten schließlich den Rat der großen
Schildkröte, genannt Dicke-Schildkröte:
Die Tiere tauchten zum Grunde des Wassers, um Schlamm und Lehm hervorzuholen. Diese Massen sollten sie auf dem
Rücken von Dicke-Schildkröte ablegen, damit dort die Himmelsfrau eine Wohnung
habe.
Keinem der starken Wassertiere gelang
es, Erde hervorzuschaffen. Klein-Schildkröte aber kam nicht an die Oberfläche. Endlich tauchte sie doch auf, mit viel Erde im
Mund. Die Tiere streuten diese Erde über
den Rücken von Dicke-Schildkröte. Hier
aber wuchs die Erdmasse zusehends zu einer
Insel. Die Schwäne ließen die Himmelsfrau
die Insel betreten, wo sie sich häuslich einrichtete. Dicke-Schildkröte und das Land
auf ihrem Rücken wuchsen immer weiter,
Die Bibel gibt vor, was in der christlichen Welt für die Entstehung der Erde und des Lebens
auf ihr zu gelten hat. Die diesbezüglichen Passagen nennt man – bezeichnender Weise –
„Schöpfungsgeschichte“. Andere Religionen haben eigene Vorstellungen hierzu entwickelt
und sind zu unterschiedlichsten Ergebnissen gekommen, je nachdem, in welchem Teil unseres Planeten sie entstanden sind. Nur Darwins Evolutionstheorie aus dem 19. Jahrhundert
gibt wissenschaftliche Antworten auf die Frage nach der Entwicklung des Lebens. Die
Zweifler sind nicht mehr zu überhören.
doch fehlte es an Licht und Wärme. Nach
einiger Zeit kam ein Unwetter auf, das über
die Wasserfläche zog mit heftigen Blitzen.
Klein-Schildkröte schwang sich in einer
Wolke zum Himmel empor und ergriff dort
den hellsten Teil eines Blitzes. Daraus formte sie eine Kugel, welche sie als Sonne am
Himmelsdach befestigte.“
Konkurrenz zu religiösen Dogmen
Eine liebenswerte Geschichte. Eine von
Hunderten, die neben der christlichen
Schöpfungsgeschichte stehen und die uns
heute eigentlich alle ein wenig fremd vorkommen. Für aufgeklärte Menschen des
21. Jahrhunderts stellt die Evolutionstheorie eigentlich die einzige verstandesmäßig
erfassbare und nachvollziehbare Erklärung
dar. Seit Darwin wurde sie auf vielfältige
Weise durch die wissenschaftliche Forschung modifiziert. Auch heute führen
noch ständig neue Erkenntnisse zu einer
Präzisierung. Ein Ende der Vertiefung des
vorhandenen Wissens ist bislang noch nicht
absehbar.
Der Journalist Jörg Albrecht formulierte
in einem Artikel für das Zeit-Magazin mit
eingängigen Worten, was Mitte des 19.
Jahrhunderts das grundlegend Neue an den
Überlegungen Darwins war:
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„Erstens: Nichts in der Geschichte ist beständiger als der Wandel. Arten entstehen,
Arten sterben aus – eine unaufhörliche Prozession von Erscheinungsformen.
Zweitens: Jede Art tendiert dazu, eine begrenzte Zahl von Nachkommen in die Welt
zu setzen. Nur die Wenigsten, nämlich die
,Tüchtigsten‘ überleben, nicht auf Grund
von Zufällen, sondern auf Grund ,natürlicher Zuchtwahl‘ – das Prinzip von Mutation und Auslese.
Drittens: Alles Leben besitzt gemeinsame Urahnen – die Insekten so gut wie die
Amphibien, die Pflanzen so gut wie der
Mensch.
Viertens: Das Leben schreitet kontinuierlich voran, von niedrigen Organismen zu
höheren, langsam aber stetig – Evolution
statt Revolution.“
Die Aussagen von Darwin und den Wissenschaftlern, die nach ihm die Forschungen weiter vorantrieben, kollidierten mit
den religiösen Dogmen aller Religionen –
weltweit. Doch nur in der christlichen Welt
kam es zu erheblichen Auseinandersetzungen darüber. Anderswo wurden die Theorien der Evolutionsforscher so behandelt wie
andere wissenschaftliche Erkenntnisse auch.
Sie wurden akzeptiert, wenn sie den Ansprüchen an Wissenschaftlichkeit genügten.
Woran lag es, dass aus dem Christentum
solcher Widerstand kam?
Frontalangriff auf Grundpositionen
Als alte Religion mit einer 2000 Jahre alten
Tradition der Auseinandersetzung mit neuem, fortschrittlichem Gedankengut empfand das Christentum die Evolutionsideen
als Frontalangriff auf seine Grundpositionen. Erstmals sah es sich nicht lediglich mit
einer anderen Meinung oder einer anderen
religiösen Wahrheit konfrontiert, der mit
der Berufung auf die eigene „Wahrheit“ begegnet werden konnte. Auch Zensur oder
Gewalt half dagegen nicht. Der wissenschaftlichen Argumentation und den greifbaren Ausgrabungsergebnissen der Geologie
und Paläontologie war nur wenig entgegenzusetzen. Der Evolutionsgedanke brachte
nicht nur christliche Dogmen ins Wanken.
Er rührte auch an der grundsätzlichen Akzeptanz christlichen Gedankengutes. Was
stand plötzlich alles in Frage?
– Der Glaube an eine Welt, die seit der
Schöpfung konstant ist
– der Glaube an eine Welt, die in einem
einzigen Akt erschaffen wurde
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Disneyland
der Kreationisten
Bibeltreue Fundamentalisten haben im
Mai 2007 in der Nähe von Cincinnati
ein „Creation Museum“ eröffnet. Der
Mix aus elektronischem Krippenspiel
und Jurassic Park zeigt auf mehr als 5000
qm Ausstellungsfläche wie die Erde der
Bibel zufolge in sechs Tagen geschaffen
wurde und wie Mensch und Tier, Dinosaurier eingeschlossen, vor gut 6.000 Jahren friedlich miteinander im Garten
Eden gelebt haben sollen. Anhand von
Noahs Arche wird den Besuchern erklärt,
warum einige Arten seit der Schöpfung –
nach ihrer Rechnung am 23. Oktober
4004 vor Christus – ausgelöscht wurden.
Im Vorfeld der Eröffnung protestierten
Lehrer, Dozenten und Forscher aus allen
50 US-Bundesstaaten mit ihren Unterschriften gegen „den Versuch, eine Lüge
zu institutionalisieren“. „Warum so viel
Aufregung über unser kleines Museum?“, zitieren US-Medien den Präsidenten der evangelikalen Betreibergruppe
„Answers in Genesis“, Ken Ham. Die
Anhänger von Darwins Evolutionstheorie „haben überall in der Welt Museen“.
Die Schweizer Aktiengesellschaft „Genesis-Land AG“ plant derweil einen Genesis-Erlebnis-Park im Dreiländereck
Deutschland-Östereich-Schweiz mit
rund 30 Themenpavillons, Bahnen und
Freizeitattraktionen. Man möchte „mit
diesem Erlebnispark die Herzen unserer
Kinder und Jugendlichen für Gott und
Jesus Christus öffnen. Bei dieser Zielgruppe dürfte ein geplantes Fahrgeschäft
besonders gut ankommen: die Wasserachterbahn mit Sintflutsimulator.
– der Glaube an eine perfekte Welt, die
von einem weisen und gütigen Gott entworfen wurde
– der Glaube an die einzigartige Stellung
des Menschen innerhalb der Schöpfung
– der Anspruch darauf, als Kirche der unangefochtene, alleinige Sachwalter des
Erklärungsmodells der Weltentstehung
zu sein. Und nicht zuletzt
– der Mythos der Unfehlbarkeit heiliger
Bücher und der Kirche an sich.
Mit Darwin und seinen intelligenten
und clevereren Sachwaltern hatte plötzlich
die Welt ein neues Gesicht bekommen. Sie
wurde denkbar ohne einen dahinter stehenden großen Plan, ohne Schöpfer, ohne Gut
oder Böse. Sie war einfach.
Die christliche Amtskirche schien sich irgendwann damit abgefunden zu haben.
Stellte sie doch fest, dass trotz aller vom Evolutionsgedanken gesäten Zweifel immer
noch Hunderte von Millionen Menschen
an ihre Version des Weltenplans glaubten.
So enthält die Botschaft von Papst Johannes
Paul II. an die „Vollversammlung der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften“ im
Oktober 1996 die folgende Passage: „Heute ... geben neue Erkenntnisse dazu Anlass,
in der Evolutionstheorie mehr als eine Hypothese zu sehen. Es ist in der Tat bemerkenswert, dass diese Theorie nach einer Reihe von Entdeckungen in unterschiedlichen
Wissensgebieten immer mehr von der Forschung akzeptiert wurde. Ein solches unbeabsichtigtes und nicht gesteuertes Übereinstimmen von Forschungsergebnissen stellt
schon an sich ein bedeutsames Argument
zugunsten dieser Theorie dar.“
Griffiger Produktname
In Deutschland und in unterschiedlichem
Maße auch im restlichen Europa ist die Frage, ob die Evolutionstheorie oder doch eher
der christliche Schöpfungsmythos der Realität am Nächsten kommt, in der Bevölkerung schon lange zugunsten der Evolution
entschieden. Sicherlich auch für viele, die
sich im Herzen noch ein wenig als Christen
fühlen. Laut Focus teilen 72 Prozent der
Deutschen die Auffassung, die Entstehung
der Welt und des Lebens sei mittels der Evolutionslehre zu erklären. Doch der renommierte Kasseler Evolutionsbiologe Ulrich
Kutschera schätzt, dass auch in Deutschland rund 1,3 Millionen Bürger als Kreationisten einzuschätzen sind. Im Gespräch mit
Spiegel-Online erklärte das Beiratsmitglied
der Giordano Bruno Stiftung im September
2006: „Es handelt sich um evangelikale
Christen, die sich eins zu eins zu den Wahrheiten der Bibel bekennen.“
Ganz anders in den USA. Dort sind nur
40 Prozent Anhänger des Evolutionsgedankens. 39 Prozent dagegen teilen den Glauben an den christlichen Schöpfungsmythos
und 21 Prozent sind sich nicht sicher, was
sie glauben sollen. Seit Jahrzehnten tobt ein
erbitterter Richtungskampf zwischen bei-
■ Unter dem Motto „Evolution in Aktion“ eröffnete das Naturkundemuseum
der Humboldt-Universität zu Berlin im
Juli 2007 vier seiner großen Ausstellungssäle nach zweijähriger Sanierung neu. Das
Ziel der neuen Dauerausstellung ist es, die
Evolution des Kosmos, der Erde und des
Lebens in Beziehung zueinander zu zeigen. Seit Jahrmillionen haben die Vorgänge der Evolution auf der Erde immer
wieder Lebewesen und Lebensräume hervorgebracht. Das Ergebnis ist eine überwältigende Vielfalt an Tieren und Pflanzen auf einem kosmischen Körper, der
dank bestimmter astrophysikalischer Umstände und geologischer Ereignisse auch
zur Heimat des Homo Sapiens wurde.
Die neue Ausstellung zeigt die Ergebnisse jenes neuen Bildes, dass sich Kos-
den Auffassungen. Immer wieder kommt
die Sache vor Gericht, wenn eine christlich
dominierte Schulbehörde untersagt, das
Evolutionsprinzip im Schulunterricht zu
behandeln – oder gar ein Parlament eines
Bundesstaates dazu ein Gesetz erlässt. Zurzeit sind in 31 Bundesstaaten Klagen in dieser Sache anhängig.
Seit einigen Jahren haben die Evoluti-
mologen, Geologen, Paläontologen und
Biologen von unserem Planeten und dem
Leben auf der Erde machen, wie sie zu
dem wurde, was sie ist. Dabei gibt die
Evolutionsforschung Antworten auf die
Frage nach dem Werden der Artenvielfalt,
nach der Ahnenschaft des Menschen und
nach dem Aussterben von Arten. Kleinste
Veränderungen im genetisch festgelegten
Bauplan der Lebewesen und große
Zeiträume sind der Stoff, aus dem die
Evolution ist.
Im großen Lichthof des Naturkundemuseums wird der Besucher um 150 Millionen Jahre zurück versetzt, in die Region des östlichen Afrikas. Dort lebten Dinosaurier in großer Artenvielfalt, unter
anderem der gigantische Brachiosaurus
brancai. Das Original-Skelett hat in der
ons-Kritiker eine neue Variante des Schöpfungsglaubens entwickelt. Sie sprechen vom
„Intelligent Design“. In diesem Denkgebäude werden einige Inhalte der Evolutionstheorie (diejenigen, die man inzwischen
beim besten Willen nicht mehr bestreiten
kann) aufgegriffen und mit der Vorstellung
einer über allem herrschenden, gestaltenden
Kraft verbunden. Mit einem griffigen Pro-
neuen Ausstellung anders als früher keine
O-Beine mehr und sein Schwanz schleift
nicht mehr am Boden. Diese Korrekturen
sind von den Kuratoren nicht um einer
schöneren Optik willen vorgenommen
worden, sondern neueste wissenschaftliche Untersuchungen an den Knochen
weisen auf die richtige Beistellung hin.
Besonders Kinder sind von der Welt
der „Dinos“ immer wieder fasziniert. Daher – lassen Sie ihre Kinder ein Saurierbild
malen und schicken Sie es an:
Diesseits, Wallstraße 61-65
10179 Berlin oder per Mail an
[email protected]
Einsendeschluss 1. Oktober 2007. Unter allen
Einsendern verlosen wir eine Familieneintrittskarte für das Naturkundemuseum in Berlin (gültig bis 31. Dezember 2007).
duktnamen versehen, bereichert diese neue
Schöpfungsvariante jetzt die Diskussionen.
Gerade in den USA war die Neuformulierung der alten Schöpfungsvorstellung aus
juristischen Gründen erforderlich. Der US
Supreme Court, das höchste US-Gericht,
hatte wiederholt festgestellt, dass es an den
Schulen keinen Religionsunterricht geben
darf. Auch nicht versteckt im Biologieun-
3/2007
15
terricht. Durch die Präsentation des Schöpfungsglaubens im neuen Gewand „Intelligent Design“ als eine der Evolution gleichwertige Theorie hoffen religiöse Gruppen,
auf einem Umweg in amerikanische Schulen zu kommen. In Kansas haben sie sogar
Erfolg damit gehabt. Dort ist die Evolutionstheorie seit 2005 zum Entsetzen der wissenschaftlichen Welt neuerdings aus dem
Schulunterricht verbannt. Ersetzt durch
„Intelligent Design“. Ein ähnlicher Versuch
der Regierung Berlusconi in Italien im gleichen Jahr schlug fehl. Nach einer öffentlichen Protestwelle sondergleichen musste die
entsprechende Verordnung zurückgezogen
werden.
„Ideologie, nicht Wissenschaft“
Wenn man sieht, dass gerade in religiös dominierten Demokratien auch in der Politik
viele Vertreter des „Intelligent Design“ wirken, drängt sich der Verdacht auf, dass die
Verfechter dieser Idee Absichten und Pläne
in die Natur hineinlegen möchten, um ihre
eigenen moralischen oder politischen Absichten dadurch besser untermauern zu
können. Mit dem Ziel, Kreationismus als
Teil eines politischen Programms hoffähig
zu machen, das konservative Werte aufrecht erhält oder wieder einführen will.
In Europa begann man in den Medien
überhaupt erst wieder über die Frage der
Stichhaltigkeit der Evolutionstheorie nachzudenken, nachdem der Wiener Kardinal
Schönborn im Jahre 2005 in der New York
Times unter dem Titel „Finding Design in
Nature“ (Den Plan in der Natur entdecken)
einen Kommentar veröffentlichte. Hier der
Kern seiner Überlegungen:
„Die Evolution im Sinne einer gemeinsamen Abstammung (aller Lebewesen) kann
wahr sein, aber die Evolution im neodarwinistischen Sinn – ein zielloser, ungeplanter
Vorgang zufälliger Veränderung und natürlicher Selektion – ist es nicht. Jedes Denksystem, das die überwältigende Evidenz für
einen Plan in der Biologie leugnet oder wegzuerklären versucht, ist Ideologie, nicht
Wissenschaft.“
In Italien kam es kurz darauf zu einer
Auseinandersetzung, als auf ministerielle
Weisung für ganz Italien die Evolution aus
den Lehrplänen gestrichen werden sollte.
„Intelligent Design“ wurde als Alternative
ins Gespräch gebracht. Erst als die öffentlichen Proteste zu laut wurden, ruderte die
Regierung Berlusconi zurück.
In Deutschland blickt man zurzeit auf
Hessen, wo vergleichbare Initiativen aus
dem Kabinett Koch (CDU) kommen. Be-
reits im Jahr 2006 wandte sich deshalb der
Verband Deutscher Biologen (VDBiol) an
die Kultusministerin Wolff, weil sie die
christlichen Schöpfungsvorstellungen im
Biologieunterricht behandeln lassen will.
Ulrich Kutschera und weitere Wissenschaftler haben ihr in einem gemeinsamen
Brief namens des VDBiol geschrieben und
dabei auch auf Parallelen zu anderen Wissenschaften hingewiesen:
„Der Kreationismus wird von der wissenschaftlichen Gemeinschaft einhellig als Pseudo-Wissenschaft betrachtet. Indem er die gemeinsam von den Geo- und Biowissenschaften erarbeitete Erd- und Stammesgeschichte in Abrede stellt, hat er sich außerhalb des wissensbasierten Diskurses positioniert. Da Sie sich in Ihrer Stellungnahme zu
den Gießener Vorgängen vom Kreationismus distanziert haben, bleibt unklar, in welcher christlich relevanten Form man die
Evolutionstheorie noch in Frage stellen
könnte. Hier verbleibt allenfalls die Position,
die als ,Intelligente Planung‘ (Intelligent Design) bekannt ist. Doch auch diese Form einer Schöpfungslehre wird von der wissenschaftlichen Gemeinschaft einhellig als verfehlt und unwissenschaftlich erachtet. Hinzu kommt, dass gerade in diesem Falle das
Argument der ,schiefen Bahn‘ zum Tragen
kommt: Wenn man in einer wissenschaftlichen Theorie übernatürliche Eingriffe zulässt, ist keine Grenze erkennbar. Die Eingriffe
werden je nach Glaubensausrichtung mehr
und mehr, und wir enden wieder bei Religion und Weltanschauung, die im Wissenschaftsunterricht nichts zu suchen haben.
Wenn es also zulässig sein sollte, die Evolutionstheorie durch außerwissenschaftliche
Alternativen in Frage zu stellen, dann müsste dies konsequenterweise auch für andere
wissenschaftliche Theorien gelten. Müssen
wir künftig also damit rechnen, dass das hessische Kultusministerium zum Beispiel die
Infragestellung der Astronomie durch die
Astrologen, die Infragestellung der Avogadro-Zahl in der Chemie durch die
Homöopathen oder die Infragestellung der
Geophysik durch Wünschelrutengänger für
zulässig erachtet? Vermutlich nicht. Dann
darf es aber auch keine Ausnahme für die
Evolutionstheorie geben, nur weil deren
Kritik von christlicher Seite kommt und
sich daher auf den von Ihnen befürworteten
theologischen Dialog im naturwissenschaftlichen Unterricht berufen kann.“
Der Mensch bleibt auf sich selbst
geworfen
An den Universitäten – wo die Wissenschaft
zu Hause ist – geht man derweil seiner normalen Arbeit nach. Ulrich Kutschera sagt
im Magazin Zeit-Wissen, warum das so ist:
„Es gibt in der Biologie keine Debatte über
die Evolution. Wissenschaftler forschen,
diskutieren und streiten unablässig über Details der Stammesentwicklung. Immer wieder werden dabei auch Fehlannahmen verworfen. Aber nach Datenlage aus Funden,
Experimenten und unserem Verständnis
der Lebensprozesse ist es unstrittig, dass eine
Evolution stattgefunden hat. Eine Entwicklung von primitivsten Lebensformen hin
zur Welt, die wir kennen, getrieben durch
zufällige Veränderungen, beeinflusst durch
Umweltbedingungen und Konkurrenzdruck.“
Während also in der Biologie die Evolutionslehre mit weiteren Fakten bereichert
und gefestigt wird, nimmt die Debatte in
der Öffentlichkeit zu. In Zeitungen und
Zeitschriften geht es vorrangig um Wissenschaftlichkeit, um wissenschaftliche Ehrlichkeit. Und es geht, wie z.B. in Hessen,
um die Frage, wie weit ein modernes Gemeinwesen sich noch auf theologische
Denkgebäude stützen darf, deren Inhalte
die Wissenschaft nur noch als Relikte aus
vorwissenschaftlicher Zeit betrachtet – ohne
jeden aktuellen Realitätsbezug.
Es geht auch um das eigene Selbstverständnis. Um die Frage, welche Folgerungen mit der einen oder anderen Sichtweise
verbunden sind. Die Zahl aktueller Veröffentlichungen ist inzwischen kaum noch zu
zählen. Wissenschaftler von Rang haben
sich inzwischen mit den Grundlagen der
neuen Schöpfungsvariante „Intelligent Design“ und ihren Auswirkungen auseinander
gesetzt. Einer der Profiliertesten unter ihnen
ist Franz Wuketits, Professor für Wissenschaftstheorie an der Universität Wien, zugleich stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Konrad-Lorenz-Instituts für Evolutions- und Kognitionsforschung in Altenberg/Niederösterreich. Er macht deutlich,
weshalb mit Evolution mehr verbunden ist
als nur die Erkenntnis über die Entstehung
der Arten, die noch im Zentrum von Darwins Überlegungen stand. In seinem Aufsatz „(Un-)Intelligent Design?“ in der Zeitschrift Aufklärung und Kritik schreibt er:
„Die Evolution liefert uns keine ,Haltegriffe‘ für unser Handeln, sie schreibt uns
nicht vor, was wir tun oder unterlassen sollen. Aber die Evolutionstheorie zeigt uns,
dass wir mit allen anderen Lebewesen auf
der Erde verbunden sind, vor unserer eigenen Entwicklungsgeschichte nicht davonlaufen können und uns in dem Maße, in
dem wir die natürlichen (und damit unsere
eigenen) Lebensräume zerstören, den Boden unter unseren eigenen Füßen wegziehen.
Die Evolution hat uns nicht beauftragt,
die anderen Kreaturen und uns selbst zu
schützen. Wenn wir aber etwas für uns und
andere Spezies tun wollen, dann wird das
nur auf der Grundlage profunder Einsichten ins Evolutionsgeschehen gelingen.
Schließlich schützt uns die Evolutionstheorie vor der Diskriminierung eigener
Artgenossen. Wem klar ist, dass alle Angehörigen unserer Spezies einen gemeinsamen Ursprung haben und gleichsam auf
dem gleichen Stammbaumast sitzen, der
wird sich von rassistischen Parolen nicht
blenden lassen. Insgesamt also ist das Evolutionsdenken eine der tragenden Säulen eines säkularen, humanistischen Weltbildes.“
Und Wuketits zieht dann folgendes Fazit: „Nehmen wir die Evolutionstheorie
ernst, dann werden wir mit unseren jeweiligen moralischen Ansprüchen und der Suche
links: Biodiversitätswand im Naturkundemuseum
nach Sinn allein gelassen. Intelligent Design
ist ein modernes Märchen mit einer langen
Vorgeschichte. Design im Sinne von (morphologischen) Bauplänen und Konstruktionen – dagegen hat ein Evolutionstheoretiker
nichts einzuwenden. Die Annahme einer
dabei agierenden Intelligenz aber muss aus
heutiger evolutionstheoretischer Perspektive absurd erscheinen.
Der Mensch bleibt, so wie alle anderen
Kreaturen, sozusagen auf sich selbst geworfen, sein Schicksal steht nirgendwo geschrieben, seine Existenz ist nicht a priori
sinnhaft, er kann sich also (bei seiner Suche
nach Sinn) auf nichts berufen. Das ist
schlimm für den Träumer, aber eine Erleichterung für jeden, der aufgeklärt genug
ist, all der Sinnstifter und selbsternannten
Heilsbringer nicht zu bedürfen; und der
sich, ausgerüstet mit dem Wissen um die eigene höchst profane Herkunft, imstande
sieht, sein Schicksal selbst in die Hand zu
nehmen und seinen eigenen (subjektiven)
Lebenssinn zu suchen – selbst auf die Gefahr
hin, dabei zu scheitern.
Leuten, die sich lieber von jenen beglücken lassen, die meinen, einen Sinn in
der Evolution gefunden zu haben, sollten
wir mit Respekt und Toleranz begegnen –
aber nur, solange sie sich selbst tatsächlich
glücklich wähnen und vor allem Andersdenkende in Ruhe lassen…“
Diese Analyse macht klar, warum es für
konservative Gläubige von hohem Interesse
ist, die Erkenntnisse über die Evolution
durch das Gedankengebäude eines „Intelligent Design“ zu ersetzen. Auf lange Sicht gesehen geht ein gewachsenes Wissen über die
Evolution eben doch zu Lasten des Einflusses der etablierten Religionen.
●
Zum Weiterlesen: Kutschera, Ulrich (Hg.) :
Kreationismus in Deutschland. Fakten und
Analysen. – Münster : Lit Verlag, 2007
3/2007
17
Uwe Körner
Dein ist mein ganzes Herz?
Streit um das Transplantationsgesetz
■ Vor zehn Jahren beendete der Deutsche
Bundestag mit dem Beschluss des Transplantationsgesetzes die damals unübersichtliche Rechtssituation in Deutschland. Auch
die heftige, von ideologischen Grabenkämpfen durchzogene öffentliche Debatte über den menschlichen Tod und die
Regeln für die Organentnahme hatte ein
vorläufiges Ende. Jetzt sorgt das Thema erneut für Wirbel.
Nach zehnjähriger Gesetzespraxis sehen
wir in etwa das vorausgesagte Bild eines im
Vergleich zu europäischen Nachbarn geringeren Aufkommens an Spenderorganen. So
versterben bei uns im Vergleich zu anderen
europäischen Ländern relativ mehr Patienten „auf der Warteliste“, und wir „importieren“ mittels Eurotransplant aus anderen
Ländern zugleich auch mehr Organe, als wir
selbst anderen zur Verfügung stellen.
Andererseits erfolgt im deutschen Krankenhauswesen nur bei einem Teil der
tatsächlich verfügbaren Spender die Organexplantation, in anderen Ländern gibt es
ganz offensichtlich auch effizientere Formen
der Organgewinnung. Doch zweifellos liegt
einer der Gründe für die relativ geringere
Organgewinnungsrate in der vergleichsweise stärker restriktiv wirkenden Zustimmungsregelung des deutschen Transplantationsgesetzes: Die Organentnahme ist nur
durch die vorab erklärte Zustimmung des
Patienten gerechtfertigt oder ersatzweise unter bestimmten Voraussetzung durch die am
mutmaßlichen Willen des Patienten orientierte Zustimmung des nächsten Angehörigen.
Nun kann es nicht darum gehen, die in
einigen umliegenden Ländern übliche und
auch aus der DDR bekannte Wider-
18
3/2007
spruchsregelung einzuführen, der gemäß
der Körper jedes Verstorbenen für eine Organentnahme in Anspruch genommen werden kann, es sei denn, er hat seinen Widerspruch dagegen erklärt. Der Ethikrat (ER)
schlug in diesem Jahr nach sorgfältig begründeten Abwägungen der bei Transplantationen berührten moralischen Werte sowie der Aspekte des Selbstbestimmungsrechtes einschließlich der Rechte auf Nichtwissen und Nichtentscheiden eine durch
eine partielle Widerspruchsregelung ergänzte Erklärungsregelung vor. Mit diesem Stufenmodell aus Erklärungs- und Widerspruchsregelung stach er jedoch in ein Wespennest von Ablehnung und gewöhnlicher
ethischer Entrüstung.
Was der Ethikrat vorschlug
Die erste Stufe dieser Kombination ist die
von jedem Bürger erwünschte Erklärung
seiner Ablehnung oder Zustimmung zur
Organentnahme nach Hirntodfeststellung.
Als zweite Stufe soll für diejenigen, die – aus
welchen Gründen auch immer – die Möglichkeit einer Erklärung nicht wahrnehmen,
das traditionelle Prinzip der Widerspruchsregelung zur Geltung kommen. Dabei sieht
der ER als wichtige Voraussetzungen eine
angemessene Dokumentation der individuellen Erklärungen und insbesondere eine
wesentlich verbesserte Information der Bevölkerung über alle Aspekte und Probleme
der Organtransplantation an.
Die wesentliche moralische Abwägung
ist, wie es die ER-Vorsitzende Kristine Weber-Hassemer darstellte, die Suche nach
dem „Ausgleich zwischen dem Respekt vor
der Selbstbestimmung potenzieller Organspender und dem Wunsch, möglichst vielen
schwerkranken Menschen zu helfen… Niemand darf zu einer Organspende gezwungen werden, aber in einer solidarischen Gemeinschaft kann und darf er gebeten werden, sich zu erklären. Eine solche Aufforderung ist ins Verhältnis zu setzen zum Leiden
derer, denen eine Transplantation die begründete Hoffnung schenkt, Linderung zu
erlangen oder sogar dem sicheren Tod zu
entgehen.“
Der Hintergrund ist, dass gemäß Umfragen 80 Prozent der Deutschen die Organspende grundsätzlich befürworten, aber
bisher nur von etwa 12 Prozent entsprechende Einverständniserklärungen (Organspendeausweise) vorliegen. Im Jahr wird
zwar bei etwa 4000 Patienten eine Organtransplantation vorgenommen, jedoch warten laut Bundesärztekammer etwa 12000
Patienten gegenwärtig auf ein lebensrettendes Organ und jeden Tag sterben drei Menschen auf der Warteliste, weil ihnen nicht
rechtzeitig ein neues Organ übertragen werden konnte.
Dass der Ethikrat das Prinzip der Widerspruchsregelung mit zur Geltung bringen
möchte, erklärt sich vor allem aus dem relativ hohen Organspendeaufkommen in Ländern mit Gesetzen nach diesem Regelungsprinzip, wie insbesondere Österreich und
Spanien, wo es ein in etwa dem Bedarf entsprechendes Organaufkommen gibt und
der „Tod auf der Warteliste“ auf ein Minimum zurückgedrängt ist. Für Österreich,
wo sich nur 0,14 Prozent der Bevölkerung
in ein entsprechendes Register eintragen lassen, konstatiert Prof. G. Aigner vom österreichischen Bundesgesundheitsministerium
bei einer Tagung, dass die meisten Bürger
auf den Widerspruch verzichten, wohl wis-
send, dass ihr Körper nach dem Tod für
eine Organspende in Anspruch genommen
werden kann.
Heftiger als wohl erwartet, stieß der Vorschlag des Ethikrates auf Ablehnung, deren
Gründe differenziert zu bedenken sind.
Die Ablehnungsfront
In der breiten Front von Ablehnung und
Kritik finden sich auch die Vertreter der
ärztlichen Standesorganisation. „Aus Sicht
der Ärzteschaft hat sich das Transplantationsrecht in vielerlei Hinsicht bewährt“, so
C. Fuchs, der Geschäftsführer der Bundesärztekammer. Wobei vielleicht daran zu erinnern ist, dass auch in den 1990er-Jahren
seitens der Ärzteschaft die Meinung überwog, dass ein Gesetz nicht notwendig sei
und die gewachsene, bis dahin gemäß allgemeinen Regeln des Straf- und Zivilrechts
auf der Grundlage von Aufklärung und Einwilligung gerechtfertigte Praxis sich bewährt
habe. (Gründen dafür ist an dieser Stelle
nicht nachzugehen).
Die meisten Gegenstimmen übten sich
jedoch einfach in den teils aus den Jahren bis
1997 bekannten Mustern eines ideologischen Schlagabtausches. Einige neue Akzente gab es allerdings auch, so den diffamierenden Kommentar, die Menschen
würden mit dem ER-Modell in Geiselhaft
genommen, was sich so anhört, als müsste
man unter der vorgeschlagenen Neuregelung dadurch seine Freiheit erkaufen, dass
man seine Organe zur Verfügung stellt.
Ähnlich fertigt O. Tolmein den ER mit
dem Vorwurf ab, mit der Widerspruchsregelung werde ein Drohpotential und sozialer Druck aufgebaut, „als gäbe es in moralischer Hinsicht gar keine andere Option, als
die Verpflichtung zur postmortalen Organspende“. Im Stil ideologischer Verkürzung auf einen Gut-Böse-Gegensatz hält O.
Tolmein einerseits dem Ethikrat vor, in seinem Bestreben nach mehr verfügbaren Organen nicht bereit zu sein, „sich ernsthaft
mit der ethischen Problematik der Organspende auseinanderzusetzen und den Gründen dafür nachzuspüren, dass … so wenige
Bundesbürger tatsächlich als Organspender
zur Verfügung (stehen)“ und stellt dem den
Bürger mit seinem Recht auf Nicht-Wissen
und Nicht-Entscheidung gegenüber, dem
„im bioethischen Kontext ein beachtlicher
Wert zukommen muss“1 – ein Musterbeispiel einer Argumentationskunst, mit der
vielleicht eine Klientel-Ideologie zu befrie-
digen, ansonsten nur sicher zu bewirken ist,
dass die Thematik am Köcheln bleibt und
das Problem bleibt wie es ist, nämlich ungelöst. Tolmein gibt auch keinen erklärenden Fingerzeig dazu, inwiefern es für Angehörige ein Nachteil sein soll, „der Organentnahme nicht mehr zustimmen zu müssen, sondern nur noch widersprechen zu
können.“ (ebd.)
Es gibt aber wohl mehr Spielarten von
Bedürfnissen, Interessen und ethischen Problemlagen hinsichtlich der Organspende, als
in solchen polemischen Kritiken Beachtung
finden. Unter anderem, dass es manchem
Menschen auch höchst gleichgültig ist, was
nach ihrem Tod mit ihrem Körper geschieht.
Vielfalt von Bedenken
Ich selbst rechne mich zu den solcherart
„Gleichgültigen“. Doch geht es auch dabei
nicht ohne Probleme, Unwohlgefühle und
Ängste ab. Denn rein rational mag es egal
sein, ob nach meinem Tod Würmer und
Mikroben, das Krematoriumsfeuer oder
Chirurgenskalpelle am Entsorgen meines
Körpers arbeiten. Aber wer entgeht bei diesen Gedanken schon sensorischen Vorstellungen und dem Aufkommen unangenehmer Gefühle?
Ängste solcherart können leicht dominant werden, wenn nicht eine gewisse
Kenntnis und Bemühung die diesbezügliche Phantasie niederhält. „Ich lehne seit jeher jede Manipulation an meinem toten
Körper ab. Deshalb kam für mich auch nie
in Frage, meinen Körper nach meinem Tod
der Anatomie zu überlassen. Die Vorstellung, mein Körper würde nach meinem
Tode zerteilt, ist für mich immer mit meinen lebendigen Empfindungsmöglichkeiten verbunden gewesen und ich empfinde
schon bei der Vorstellung körperlichen
Schmerz, Ausgeliefertsein und Angst.“2 –
Wer in solcher Vorstellung gefangen bleibt,
wird konsequenterweise nur mit einer gesicherten Ablehnung der Organentnahme
gut leben können.
Aber auch mit wissenschaftlicher Betrachtung verschiedener in der Medizin diskutierter Konzepte zur Modifikationen der
Todesfeststellung ergäbe sich für mich eine
sehr kritische Distanz zur Organentnahme,
z.B. bei dem in den USA aufgekommenen
Modell vom „Non heart beating donor“
(Entnahme nach (zeitweiliger) Abschaltung
der Intensivmedizin und Herzstillstand).
Das Vermeiden von Aufweichungen oder
Ersatz der Hirntoddiagnose gehört zu den
unbedingten Vertrauensgrundlagen der
Transplantationsmedizin. Zum Glück können wir uns auf eine konsequente Position
unserer Ärzteschaft verlassen und sicher
sein, dass in Deutschland strikt am vollständigen Organtod des Gehirns als Todeskriterium festgehalten wird, wie er auch im
Transplantationsgesetz definiert ist.
Das größere Problem besteht jedoch oft
für die Angehörigen, die den Verlust eines
nahen Mitmenschen erleben. Oder eben
nicht erleben können, weil der Tod auf der
Intensivstation keinen Begleiter zulässt. Wer
da zuvor versäumt hat, mit einem gewissen
Ernst an das (zwar für lange Zeit weniger
wahrscheinliche aber doch jederzeit bestehende) Risiko des Todes und Verlustes zu
denken, wer sich nicht schon immer mal an
das Geschenk des gemeinsam Erlebten
dankbar und mit Vergänglichkeitswehmut
erinnerte, kann in einer plötzlichen Verlustsituation durch die medizinischen und organisatorischen Umstände einer Organexplantation sehr irritiert und überfordert
sein, wo ihn andererseits das ungestörte Dabeisein beim Sterbenden und dann Gestorbenen eine gewisse Beruhigung und einen
emotionalen Ansatz zur Verlusthinnahme
gewinnen lassen könnte.
●
Prof. Uwe Körner ist Gastwissenschaftler am
Institut für Medizingeschichte in der CharitéUniversitätsmedizin Berlin.
1 Tolmein O. (2007): Organspende als Bürgerpflicht? Die Stellungnahme des Nationalen
Ethikrates. Dr. Med. Mabuse Nr. 168,
Juli/August 2007, S.50.
2 R. Greinert: Organspende aus der Sicht einer
Angehörigen. Stellungnahme zur Expertenanhörung der Enquete-Kommission „Recht
und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages am 6.11.2000.
3/2007
19
FORUM
Aufruf zum Patientenverfügungsgesetz –
neue Gemengelage
Durchbruch bei Patientenverfügungsgesetz greifbar nah
Der Humanistische Verband Deutschlands begrüßte in einer Presseerklärung die am 19. Juni 2007 vorgestellte gemeinsame Gesetzesinitiative zur Verbindlichkeit von Patientenverfügungen von Abgeordneten fast aller Fraktionen im Deutschen Bundestag.
Dazu erklärte der Bundesvorsitzende Dr. Horst Groschopp: „Im Interesse der Patientinnen und Patienten freue ich mich außerordentlich
über die jetzige Entwicklung in der Patientenverfügungsdebatte. Diese politische Annäherung der Parlamentarier quer durch (fast) alle
Fraktionen zeigt, dass die Zeit reif ist für ein Patientenverfügungsgesetz, dass den Bürgerinnen und Bürgern ein größtmögliches Selbstbestimmungsrecht einräumen wird. Wichtig ist vor allem, dass die Extremposition einer Reichweitenbeschränkung auf den Sterbeprozess,
wie ihn vor allem die christlichen Kirchen befürwortet haben, im Deutschen Bundestag nicht mehrheitsfähig ist.“
Bundestagsabgeordnete auf der 91. Sitzung des Bundestages am 29. März zum Thema Patientenverfügungen
Joachim Stünker (SPD)
Michael Kauch (FDP)
■ Was war geschehen? Am selben Tag hatten die Abgeordneten Stünker (SPD),
Kauch (FDP), Dr. Jochimsen (Linke) und
Montag (Grüne) fraktionsübergreifend einen Antrag vorgestellt, in dem große Teile
der Vorschläge des HVD Beachtung fanden. Ins Abseits geraten war der vorher von
Bosbach (CDU) u.a. eingebrachte Entwurf,
der eine so genannte Reichweitenbeschränkung vorsieht. Er will die Verbindlichkeit
der vorausbestimmten Patientenautonomie
einschränken auf einen bereits bestehenden
tödlichen Verlauf, zudem soll selbst dann jeder Behandlungsverzicht einem Vormundschaftsgericht und sogar noch zusätzlich einem „Ethikkonzil“ zur Prüfung und Entscheidung vorgelegt werden. Dagegen hatten nicht nur der Humanistische Verband
Deutschlands und andere Organisationen
22
3/2007
Dr. Lukrezia Jochimsen (Linke)
aus dem humanistischen Spektrum, sondern auch der Deutsche Juristentag und so
gut wie alle Fachgremien und Experten
lautstark ihre Stimme erhoben und von Verfassungswidrigkeit gesprochen. Einwände
gab es auch seitens der Bundesärztekammer
und der Hospizstiftung, die die Beschränkung nur auf bestimmte Situationen wie
den Sterbeprozess für zu restriktiv und vor
allem als unpraktikabel erklärten.
CDU/CSU zaubert neuen Entwurf
aus dem Hut
In dieser Situation hatten die Abgeordneten
Zöller (CSU) und Dr. Faust (CDU) nun im
Juni einen weiteren, nicht restriktiven, sondern (schein-)liberalen Unions-Gesetzentwurf aus dem Hut gezaubert. Der
Zöller/Faust-Entwurf ist somit, neben dem
Jerzy Montag (Grüne)
mehr oder weniger gescheiterten von Bosbach und dem von Stünker der dritte Vorschlag. Der maßgeblich auch aus Bayern
mitgeprägte Zöller/Faust-Entwurf versteht
sich als besonders einfach und unbürokratisch, will auf „Überregulierung“ im Einzelfall verzichten und stattdessen auf die klinische Praxis und das ethische Verhalten der
Ärzte vertrauen. Er definiert grundsätzlich
sowohl den erklärten wie den mutmaßlichen Patientenwillen als verbindlich, eine
Schriftform soll gar nicht notwendig sein.
Dies alles mag überlegenswert erscheinen –
gäbe es da nicht einen entscheidenden „Pferdefuß“: Auch bei Vorliegen einer Patientenverfügung muss immer die aktuelle Situation des Patientenwillens ermittelt werden. Dabei sollen laut Zöller/Faust auch Begleitumstände wie z. B. der Stand der medi-
zinischen Entwicklung oder weitere geeignete Kriterien berücksichtigt werden. Und
wenn Ärzte dann doch lebensverlängernde
Behandlungen „anbieten“ (wie es wörtlich
heißt) bzw. nach eigenem Ermessen weiterführen wollen, so soll laut Zöller/Faust immer ein Vormundschaftsgericht zur Entscheidung eingeschaltet werden. Der Einfachheit und Offenheit halber verzichtet der
neue Unionsentwurf darauf zu erwähnen,
nach welchen Kriterien denn dann das
Amtsgericht entscheiden soll. Die Deutsche
Hospizstiftung kritisiert daran, dass dadurch eigentlich gar nichts geregelt ist.
Neue Unterscheidungslinie: Einschaltung des Vormundschaftsgerichtes
Im vom HVD bevorzugten Entwurf von
Stünker u. a. soll das Vormundschaftsgericht nur dann zur Prüfung hinzugezogen
werden, wenn Patientenvertreter (Bevollmächtigter bzw. andernfalls Betreuer) und
behandelnder Arzt eine Patientenverfügung
jeweils unterschiedlich in Bezug auf die konkret vorliegende Behandlungssituation interpretieren. Das Gericht hat dann den Patientenwillen zu ermitteln. Das ist ein deutlicher Unterschied zu dem Kriterium, dass
Ärzte eine lebensverlängernde Behandlung
anbieten – was sie auf Grund ihrer Garantenpflicht zum Lebensschutz eigentlich immer tun müssten, es sei denn, es läge aufgrund völliger Aussichtslosigkeit definitiv
keine medizinische Indikation zur Weiterbehandlung mehr vor.
Alle drei Entwürfe wollen die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung regeln.
Die neue Unterscheidungslinie verläuft jetzt
nicht mehr am Kriterium Reichweitenbeschränkung ja oder nein (Bosbach- gegen
Stünker-Entwurf), sondern am Kriterium:
In welchen Fällen ist das Vormundschaftsgericht einzuschalten und wie hat es zu entscheiden (Zöller/Faust- gegen Stünker-Entwurf).
Die Debatte soll nach der Sommerpause
fortgesetzt werden. Wenn es zur Abstimmung im Bundestag kommt, wird diese namentlich sein – sodass die Verantwortung
jedes einzelnen Mitglieds des Bundestags für
alle Bürger nachvollziehbar sein wird.
Wer trägt den Stünker-Gruppenantrag?
Der überarbeitete Entwurf des SPD-Rechtspolitikers Joachim Stünker wurde inzwischen von einer parteiübergreifenden Abgeordnetengruppe vorgestellt, darunter befin-
den sich jetzt überraschenderweise auch die
führenden Politiker der Linken (Gysi, Lafontaine, Bisky), dann von der SPD Stöckel
(Bundesvorstandsmitglied des HVD), Dr.
Scholz, Schily, Zypries (Bundesjustizministerin), von den Grünen einige Abgeordnete (Ströbele, Montag, Schewe-Gerigk) sowie
von der FDP neben Leutheusser-Schnarrenberger und Pfarr fast die Gesamtfraktion
der Liberalen. Etwa die Hälfte der SPD-Abgeordneten und vielleicht noch mehr der
Grünen-Fraktion gilt als unentschlossen
oder als Anhänger eines der beiden anderen
Entwürfe. Die Ärztinnen Dr. Volkmer und
Dr. Reimann (beide SPD) wünschen den
Zusatz im Stünker-Entwurf, dass eine vorangegangene Beratung den Grad der Verbindlichkeit erhöhen soll.
„Menschenwürde schützt den
Menschen auch davor, zum
Objekt der Menschenwürdedefinition eines anderen zu
werden.“
Prof. Dr. Friedhelm Hufen in: Selbstbestimmung und Grundrechtsschutz am
Ende des Lebens (Neue Juritische Wochenschrift Heft 12 / 2001, S. 851)
Wertkonservative Agitation
Dennoch ist es richtig, wenn die Ärztezeitung ein Zusammengehen der SPD mit den
Oppositionsparteien feststellte. Denn bis
heute hat sich (trotz fortgesetzter Angebote
und Überzeugungsversuche) nicht ein einziges Mitglied der 225-köpfigen CDU/
CSU Bundestagsfraktion dem Gruppenantrag von Stünker u.a. angeschlossen.
Dabei wird seitens der Union weiter betont und gefordert, dieses angeblich so heikle und ethisch/weltanschaulich umstrittene
Abstimmungsverhalten im Bundestag müsse von jeglichem Fraktionsdruck und von
Parteidisziplin befreit bleiben. In Wirklichkeit kann von einer sachgerechten und offenen Debatte nicht die Rede sein. Von wertkonservativ-rückwärtsgerichteten und religiösen Kreisen wird – teils wider besseren
Wissens – gebetsmühlenartig gegen den
Stünker-Entwurf agitiert. Dies war zuletzt
auf einer Überblicksveranstaltung in der Katholischen Akademie in Berlin zu erleben.
Dort wurde der Stünker-Entwurf vom Bundesvorstandsmitglied des HVD, dem SPDAbgeordneten Rolf Stöckel auf dem Podium vorgestellt. Der Vorwurf lautet: Verabsolutierung des Selbstbestimmungsrechtes,
Automatismus ohne Verantwortung Dritter
bei der Ausführung einer früheren Willenserklärung, egal wie die akute Situation sich
darstellt. Dabei ist nichts davon zutreffend,
wie Stöckel durch Zitieren – allerdings dort
eine vergebliche Mühe – unter Beweis stellen konnte. Denn der Stünker-Entwurf geht
ebenso wie die beiden anderen von Sorgfaltskriterien und sozialer Verantwortung
aus.
Was kann der Einzelne oder ein HVDLandesverband tun?
Der Bundesvorstand des Humanistischen
Verbandes schlägt vor, das Internetforum
www.abgeordnetenwatch.de (watch = Beobachtung) zu nutzen. Dort können Bürger
Fragen an Abgeordnete ihres Wahlkreises
(dort einfach anhand der eigenen Postleitzahl zu ermitteln) stellen. Diese sind dann –
zusammen mit den in der Regel auch erteilten Antworten – dort öffentlich einsehbar.
Die Fragen können mit einer kurzen Beschreibung der eigenen Lage, Erfahrung
oder Auffassung beginnen. Einige haben das
bereits getan und fragen z. B., wie denn der
oder die Abgeordnete abzustimmen gedenkt, ob er oder sie meint, die Ärzte oder
Vormundschaftsrichter sollten doch das
letzte Wort haben.
Wer über keinen Internetanschluss verfügt, kann seine Meinungsäußerung oder
Frage auch per Post schicken an: DiesseitsRedaktion, Wallstr. 65, 10179 Berlin.
Wir werden das Schreiben dann in
Ihrem Namen (auf Wunsch ohne Wohnanschrift) auf die Internetseite von abgeordnetenwatch.de einstellen. Sie können selbst
hinzufügen, an welchen Abgeordneten Ihr
Schreiben gehen soll (oder an welche Partei
aus ihrem Wahlkreis, wobei natürlich auch
oder gerade Abgeordnete der Union anzusprechen sind).
●
Eine Gegenüberstellung der drei Entwürfe im
Wortlaut ist zu finden unter:
www.patientenverfuegung.de/pv/detail.php?uid=
446 (oder bei www.patientenverfuegung.de auf
Infodatenbank klicken). Sie wird auf Wunsch
auch von der diesseits-Redaktion per Post zugesandt.
3/2007
23
FORUM
Gita Neumann
Berliner Krankenschwester tötete
ohne Verlangen – Sterbehilfe oder
kriminelles Totspritzen?
Wegen fünffachen Mordes an Patienten ist die frühere Charité-Krankenschwester Irene
Becker zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Berlin sah es
als erwiesen an, dass die Angeklagte zwischen Juni 2005 und Oktober vergangenen Jahres
auf der kardiologischen Intensivstation 104i vorsätzlich fünf schwer kranke Menschen mit
überdosierten Medikamenten getötet hat. Kann man ihre Taten als Sterbehilfe werten?
Irene Becker am Tag der Urteilsverkündung
im Landgericht Berlin
■ Von Mitleid als Motiv könne keine Rede
sein, so Richter Faust. Auch habe dieser Fall
„absolut nichts mit Sterbehilfe zu tun“: Weder die Patienten noch deren Angehörige,
hieß es in der Urteilsbegründung, hätten
derartiges von der Angeklagten erwartet
oder gar verlangt.
Die 55-Jährige habe sich, hieß es weiter,
zur „Herrscherin über Leben und Tod aufgespielt“. Als „Halbgöttin mit Häubchen“,
wie eine Zeitung schrieb, habe sie sich als
Missionarin des schnellen Todes berufen gefühlt, sich über alle ethischen, menschlichen
und sittlichen Regeln hinwegzusetzen.
Aber reicht das wirklich für den Mordvorwurf, der besonders erschwerenden Umstände bei einem Tötungsdelikt voraussetzt
wie z. B. Hinterlist oder Grausamkeit?
Obrigkeitshörigkeit und gravierende
Missstände
Die Richter betonen die schwere Mitverantwortung anderer an Europas größtem
Universitätsklinikum. Dies ist der zweite
Schock für die Charité, bekräftigt ein paar
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Wochen später ein von ihr selbst eingesetztes Fachgremium. Die Kommission präsentiert eine erschreckende 14-seitige Mängelliste (das Dokument liegt der diesseits-Redaktion vor). Auf der Intensivstation 104i
herrscht offenbar nicht nur Überforderung,
ständiger Druck und erheblicher Kommunikationsmangel, sondern auch Obrigkeitshörigkeit, Feigheit, Ignoranz. Fehlanzeige
besteht hingegen bezüglich regelmäßiger
Teambesprechungen, Ethikberatungen
oder anderen Fortbildungen.
Das Gericht findet deutliche Worte, vermag jedoch die ans Tageslicht beförderten
Missstände nicht als schuldmindernd für die
Angeklagte zu werten. Ärztliche und pflegerische Kollegen der Krankenschwester hatten im Prozess ausgesagt, dass sie bei ihr in
den letzten Jahren deutliche Veränderungen
wahrgenommen hätten. Dies könne eventuell mit dem Scheitern ihrer langjährigen
Ehe und einer entsprechenden Kränkung
zu tun gehabt haben.
Irene Becker sei zunehmend unangenehm aufgefallen, vor allem durch ihren
ungeduldigen und „ruppigen Umgang“
mit den Kranken. Einige Kolleginnen hatten über Monate hinweg hingenommen,
dass Irene Becker Patienten auch schlug.
Vor allem aber wurden dringende Verdachtsmomente für die Tötungshandlungen – lange schon war darüber gemunkelt
worden – der Klinikleitung nur sehr verzögert mitgeteilt.
Genaues Hingucken wurde vermieden,
stattdessen mit saloppen Sprüchen reagiert.
„Das ist erbärmlich“, sagte der Vorsitzende
Richter Faust. „Eine Administration, die so
etwas zulässt, macht sich mitschuldig, gege-
benenfalls sogar strafbar.“ Die Verantwortlichen seien für ihren Beruf offensichtlich
„untauglich und gehören entfernt“.
Der Fall einer von Irene Becker im Beisein ihres Ehemannes getöteten 48-Jährigen, deren letzter Wunsch es war, ins heimatliche Wolfenbüttel zum Sterben zurückverlegt zu werden, spielte eine besondere
Rolle im Prozess. „Sie hat getötet, wenn sie
meinte, die müssen jetzt sterben“, sagte
Richter Faust und sah das Mordmerkmal
der „niedrigen Beweggründe“ gegeben,
ebenso das Merkmal der Heimtücke.
Becker hätte die Arglosigkeit anderer ausgenutzt. Eine besondere Schwere der Schuld
wollte das Gericht aber nicht feststellen.
Eine solche würde den Zeitpunkt einer
möglichen Entlassung erheblich herausschieben. Die Angeklagte wird nach 15 Jahren Strafverbüßung frei kommen können –
dann freilich 70 Jahre alt sein.
Gefängnisbesuch durch HVD
Im Rahmen der humanistischen Lebensberatung stattete ich vor Beginn der Verhandlung der Krankenschwester auf deren
Wunsch hin einen Besuch ab. Das eigentliche Motiv von Irene Becker blieb damals
wie auch heute nach Prozessgutachten und
–verlauf im Unklaren. Sie wirkt spontan
nicht warmherzig, sondern streng, eher unemotional, reflektiert und kühl – mit einer
Spur Selbstgerechtigkeit und Überheblichkeit. Dabei erscheint ihr allerdings Einfühlungsvermögen nicht fremd. Hintergründe
einer möglichen Persönlichkeitsstörung hat
das psychiatrische Gutachten diagnostiziert:
Empfundene Wertlosigkeit und Mangel an
Anerkennung verbunden mit Selbster-
höhungsphantasien. Das bleibt natürlich
unterhalb der Schwelle der Schuldunfähigkeit.
Es sei ihr um das Wohl der Betroffenen
gegangen. Beim Gespräch mit ihr schleicht
sich vage die Intuition ein, sie habe gewähnt,
stellvertretend für andere – vielleicht auch
die Angehörigen – gehandelt zu haben. Im
Fall der Patientin aus Wolfenbüttel hat sie
für den anwesenden Ehemann womöglich
eine Art „perfekter Sterbebegleitung“ am
Totenbett inszeniert? Das klingt ungeheuerlich – ebenso wie jeder andere mögliche
Erklärungsversuch.
35 Jahre lang war sie Krankenschwester,
von Kindheit an ihr Traumberuf, von dem
sie sich Anerkennung versprach: anderen
helfen, Leben retten. Sie war unter ihren –
in der Regel bedeutend jüngeren – Kollegen
nicht besonders beliebt, galt als eigenwillige
Einzelgängerin und gegenüber unerfahrenen Schwestern, Pflegern und Ärzten auch
als hochnäsig und arrogant.
Absurder Irrtum
Man versucht zu verstehen. Sie bezeichnet
sich als gläubig. „Ich habe diesen Menschen
die Lebenszeit verkürzt“, sind ihre Worte,
sie „irgendwohin geleitet“. Allesamt Todkranke, für die es nur noch um wenige Tage
oder Wochen Lebenszeit ging.
Objektive Qualen und Schmerzen hätte
sie bei den Intensivpatienten der Station
104i allerdings nie festgestellt. Wie passt das
alles zusammen? Von Mitleid mit den Menschen, deren Leben schließlich am seidenen
Faden von Beatmungsgeräten hing, spricht
auch Irene Becker später selbst nicht mehr,
auch nicht davon, dass sie sie vom Leiden erlösen wollte. Stattdessen äußert sie Dinge
wie: „Ich trage in mir einen inneren Frieden
und den Glauben an Gott.“
Vor Gericht wird sie konfrontiert mit
Angehörigen eines ihrer Opfer. Sie können
glaubhaft machen, ihr (Schwieger-)vater
hätte ganz sicher nicht vorzeitig sterben wollen. Am Ende kommt sie zu dem Schluss: Es
habe sich um einen „absurden Irrtum“ gehandelt.
Seien wir ihr dankbar dafür, dass sie damit nicht die Projektion etlicher Bürger und
Bürgerinnen weiter nährt, sie habe doch
mehr oder weniger vertretbare Sterbehilfe
geleistet (siehe Leserbrief an die Berliner
Zeitung). Etliche Berliner, darunter auch
Prominente, haben während des Prozesses
das Gericht um Nachsicht und Verständnis
für die „couragierte Sterbehelferin“ gebeten.
Die Angst, im aussichtslos gewordenen
Zustand qualvoll an Maschinen angeschlossen zu sein und dabei jedes Selbstbestimmungsrecht auf humanes Sterben zu verlie-
Aus dem Leserbrief von Prof. Dr. Fritz Vilmar, Politikwissenschaftler, FU Berlin
an die Berliner Zeitung (30. Juni/1. Juli):
„Aus Sterbehelfern werden Mörder gemacht“
... schwer kriminalisiert werden vor allem die, welche den meist furchtbar Leidenden zur
Erlösung von ihren Leiden verhelfen können – meist Pfleger oder Pflegerinnen, die das
schreckliche Elend der Todkranken Tag für Tag miterleben und sehr oft auch die Todeswünsche der Leidenden mit anhören müssen (vgl. die Aussage von Irene B. in der
Berliner Zeitung vom 19. April).
Gegen diese Anmaßung von Staat und Kirchen, dem Einzelnen die Entscheidung über
seinen Tod zu verbieten, kann nicht entschieden genug protestiert werden. In zivileren
Ländern – wie in Holland oder der Schweiz – ist inzwischen diese vorsintflutliche Vormundschaft auch abgeschafft. Aber noch entschiedener muss Psychiatern wie dem am
19. April zitierten Karl Beine entgegengetreten werden, die durch ihre Gesprächsinterpretation erst gerichtlich „verwendungsfähige“ Mörder aus den Sterbehelfern machen,
indem sie argumentieren, diese hätten egoistisch („aus niederen Motiven“) gehandelt,
sie hätten durch die Tötung in erster Linie sich selbst helfen wollen, denn sie „hätten das
Leid der Kranken nicht mehr ertragen können“ ... Dagegen steht fest: Die Sterbehilfen
der Irene B. mögen teilweise fragwürdig begründet gewesen sein – in keinem Fall aber
waren sie Mord, das heißt begangen aus „niedrigen Beweggründen“.
Prof. Dr. Fritz Vilmar, Politikwissenschaftler, FU Berlin
ren, führt offenbar leicht zu solch einer Reaktion. Sie ist jedoch völlig überzogen und
zeugt von Unkenntnis des Falles. Wer gar,
wie im abgedruckten Leserbrief, im Zusammenhang mit den Tötungen ohne oder gar
gegen den Patientenwillen die staatliche und
kirchliche Anmaßung und eine unzivilisatorische „vorsintflutliche Vormundschaft“
ins Feld führt, erweist dem Sterbehilfe-Anliegen einen denkbar schlechten Dienst.
Heimliches Totspritzen statt
offenes Wort
Solche Radikalismen wie die von Prof.
Vilmar, Mitglied des Humanistischen Verbandes, sind nicht nur sachlich verfehlt und
unverantwortlich, sondern hoch gefährlich.
Denn nähme man sie zum Maßstab, würden sie das Hinwegsehen über dringend
notwendige Differenzierungen und Warnzeichen befördern. Sie würden den ehernen
Grundsatz missachten, dass auch ein Leben,
welches nur noch kurz dauert, schützenswert ist. Sie würden die Klinik zu einem Ort
des Schreckens machen, wo Hilfsbedürftige
sich nicht mehr sicher sein könnten. Im Gegenteil muss vielmehr als Lehre aus dieser
Geschichte gezogen werden: Wir müssen
der Gefahr ins Auge sehen, die im Wegsehen, Verharmlosen, Nichts-gewusst-habenwollen besteht (wir kennen sie aus anderen
Zusammenhängen). Wir müssen ihre Signale erkennen und ernst nehmen lernen.
Nein, Irene Becker wurde nicht kriminalisiert, ihr heimliches Totspritzen muss eindeutig als kriminell gewertet werden. Das
heißt selbstverständlich, dass für sie – wie für
jede andere Angeklagte oder Verurteilte
auch – weiterhin unser Gesprächs- und Besuchsangebot analog zur Gefängnisseelsorge
zur Verfügung steht.
Am Ende bleibt die beklemmende Frage,
warum weder die Angeklagte noch jemand
anders auf der Station (oder wenigstens im
Laufe des Prozesses) auch nur mit einem
Wort thematisiert hat, ob denn bei Sterbenden die Weiterführung der künstlichen
Beatmung überhaupt noch medizinisch indiziert ist. Wäre nicht stattdessen der Wandel des Behandlungsziels auch auf einer Intensivstation hin zur humanen Sterbebegleitung geboten? Darüber muss gesprochen
werden und zwar offen, wenn es sich legitimerweise um Sterbehilfe handeln soll. ●
Gita Neumann ist Referentin für Lebenshilfe im
HVD Berlin.
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FORUM
„Es ist unethisch, sich nicht mit dem
Sterbewunsch zu beschäftigen.“
■ Diesseits: In der diesseits veröffentlichten wir in Nummer 79 den Solidaritätsaufruf „Sterbehilfe“. Sie werden
darin als Verantwortlicher genannt. Wie
kam es zu diesem Aufruf?
UWE-CHRISTIAN ARNOLD: Dazu gekommen ist es, weil sich in Frankreich mehrere tausend Ärzte dazu bekannt haben,
schon einmal Sterbehilfe geleistet zu haben.
Ich habe dann die Sendung bei Sabine
Christiansen als Sprachrohr genutzt, um
dies auch in Deutschland zu initiieren. Die
Resonanz war im Prinzip gut, es ist erstaunlich, wer sich da alles eingetragen hat –
Schauspieler, Bauarbeiter, Professoren,
Hospizmitarbeiter – nur deutsche Ärzte haben so gut wie nicht reagiert. Es ist enttäuschend, wie wenig Solidarität unter deutschen Ärzten herrscht. Diese sehen nur, wie
sie an ihre Honorare kommen.
Nur einige wenige wenden sich jetzt an
mich, wenn sie sich einen ganz konkreten
Rat zur Medikation beim Suizid erhoffen.
Das kann ich zwar auch leisten, aber eine öffentliche Diskussion unter meinen Kollegen, die nicht mehr automatisch alles verteufelt, was an diese Bereiche rührt, wäre
mir lieber. Dabei rufen wir ja nicht dazu auf,
die Tötung auf Verlangen in Deutschland
freizugeben.
Immerhin hat Ihnen die evangelische
Kirche ein sehr unethisches Verhalten
vorgeworfen.
Ich empfinde es im Gegenteil als unethisch,
sich nicht mit den Sterbewünschen von
Menschen zu beschäftigen. Ich habe meinen
eigenen ethischen Maßstab, das Genfer
Gelöbnis mit seinen Geboten der
Menschlickeit. Auch die Bundesärztekammer verurteilt mich und beruft sich dafür
auf ihren ärztlichen Eid – den sollten sie
erstmal genau lesen!
Der Hintergrund ist die immer wieder
vorgebrachte besondere Situation in
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Schwer leidende Menschen mit unerträglichen Schmerzen wünschen sich manchmal nur
noch den Tod. Dafür brauchen sie Unterstützung, die sie in der Schweiz zum Beispiel bei der
Organisation „Dignitas“ bekommen. Seit dem vergangenen Jahr gibt es diesen Verein unter
dem Namen „Dignitate“ auch in Deutschland. Diesseits sprach mit dem Urologen UweChristian Arnold, dem zweiten Vorsitzenden dieser Organisation in Deutschland.
Extrem-Bergsteiger Reinhold Messner (li.) und Uwe-Christian Arnold diskutieren in der
ARD-Sendung „Sabine Christiansen“ das Thema Sterbehilfe
Deutschland in Bezug auf Euthanasie, die
leider jedoch völlig falsch interpretiert wird.
Ein weiterer Grund ist aus meiner Sicht ein
unbewusstes Schuldgefühl der verfassten
Ärzteschaft, die weiß, dass ihre Vorgängerin
sich übel in der Nazizeit verstrickt hat in
Mordtaten an Behinderten und Kranken.
Nicht zu vergessen, einer davon, der Münchener Medizinprofessor Severing, schaffte
es beispielsweise, lange Jahre als Präsident
der Bundesärztekammer zu amtieren. Vor
diesem Hintergrund wird gemauert.
Sie haben sich ja in der Presse geoutet, bei
einem Suizid ärztlich assistiert zu haben.
Erstaunlicherweise ist Ihnen gar nichts
passiert.
Man weiß ja nicht, was genau ich getan
habe, wie weit es ging…
Als Gedankenexperiment spielen wir
derzeit die Frage durch, was passiert, wenn
wir einen ärztlich und anwaltlich begleiteten
Suizid hier in Deutschland, der aufs sorgsamste vorbereitet und dokumentiert wird,
in die Presse bringen?
Dass es einen Aufschrei gibt, ist mir klar,
aber ob es ein juristisches Nachspiel gibt?
Passieren kann das, wenn ein besonders eifriger Staatsanwalt seine Chance wittert.
Nun, dann ginge es von einer gerichtlichen
Instanz zur nächsten. Aber ich gehe davon
aus, dass ich nicht mit einer Verurteilung
rechnen muss, denn auch der Deutsche Juristentag hat ganz klar die Straffreiheit bei
Sterbehilfe wie z. B. durch Suizid festgestellt, nur die direkte Tötung ist und bleibt
strafbar.
Glauben Sie, dass viele Ihrer Kollegen auf
ein solches Signal warten?
Genau, das würde einige ermutigen, einfach nur ausreichend Morphium zu verabreichen. Oder wenn sie dies sowieso
schon immer taten, sich dabei etwas sicherer zu fühlen. Selbstverständlich sind auch
weiterhin sorgfältig alle medikamentösen
Kriterien einzuhalten. Dann bräuchte es
solche Fälle nicht mehr zu geben, wie ich
neulich gerade erlebte: Ein Arzt weigerte
sich, auch nur das nötigste Medikament
zu geben, weil er Angst hatte, den Patienten umzubringen. Das ist doch nicht
wahr, Palliativmedizin führt den Tod
nicht herbei, sie begleitet nur den zu erwartenden Sterbeprozess auf menschenwürdige Weise.
Der Humanistische Verband hat 2003 in
seinen Eckpunkten zur Regelung von Patientenrechten und Sterbehilfe für den assistierten Suizid durch Ärzte votiert. In
der Schweiz übernehmen Laien diese
Rolle. Wollen Sie das Schweizer Modell
auch in Deutschland etablieren?
Ich persönlich finde das Schweizer Modell
nicht so gut, weil ich nicht einsehe, dass
Menschen, die sterben wollen, in ein anderes Land fahren müssen. Ein Arzt aus
meiner Region sollte dafür zu mir nach
Hause kommen. Aber das ist alles Theorie,
solange wir das schöne Schweizer Medikament nicht haben. Wenn wir Ärzte um
eine Begleitung beim Suizid gebeten werden, müssen wir dafür über das zur Zeit
beste Medikament verfügen dürfen, mit
allen Kontrollen natürlich, meinetwegen
noch viel strenger als in der Schweiz. Das
liegt aber vollständig in der Verantwortung der Politik. Natürlich gibt es andere
Methoden, nur sind die nicht so komplikationslos. Es herrschen ja auch unter
deutschen Ärzten mitunter noch abenteuerliche Vorstellungen. Sie glauben, sie
müssten nur mal eben in die Schweiz fahren und das Medikament für ihre Patienten abholen. Dabei wäre genau das unzulässig.
Die Schweizer Sterbehilfeorganisationen
stehen derzeit sehr unter Druck. Der Vorsitzende des Vereins Suizidhilfe, Dr. Peter Baumann, ist zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Woher kommt plötzlich
dieser Gegenwind in der Schweiz?
Der kommt nicht plötzlich, auch in der
Schweiz hat es immer Bestrebungen gegeben, diese Organisationen zu verbieten. Das
Problem bei Baumann: Er hat ein heißes Eisen angefasst, die Frage psychisch kranker
Patienten. Es ist schon ein Unterschied, bei
einem unheilbar krebskranken Menschen,
der vor Schmerz schreit, dessen Wunden
bestialisch stinken, versteht man eher, dass
dieser Mensch sterben will, aber der psychisch Kranke wirft natürlich ein ganz andere Problematik auf.
Es geht um die Einwilligungsfähigkeit?
Ja, zwar sind auch diese Patienten einwilligungsfähig. Aber dies ist eine besonders
heikle Problematik. Psychisch Kranke können genau so schwer leiden wie Krebskranke. Und auch diese Menschen finden keine
adäquate Hilfe bei ihrem Psychiater.
Angeblich fuhren 120 Deutsche im Jahr
2006 zum Sterben in die Schweiz. Gab es
auch Patienten, die Sie nach ausführlichen Gesprächen davon abhalten konnten, denen Sie Perspektiven aufzeigen
konnten? Und gab es Patienten, bei denen Sie nicht hundertprozentig überzeugt waren, dass es keinen anderen Ausweg als den Tod gibt?
Bei denen, die ich begleitet habe, war ich
immer hundertprozentig überzeugt, das waren ja nicht so viele, im vergangenen Jahr gerade mal sechs Menschen, bei denen ich
auch die Gutachten geschrieben habe.
Es ist ja nicht so bekannt, mit welch
bürokratischem Aufwand ein Sterben in
der Schweiz verbunden ist. Das halten nur
Menschen durch, die tatsächlich nicht
mehr weiterkönnen und zum Sterben ganz
fest entschlossen sind. Sie müssen ein Sterbegesuch stellen, sie müssen von Ärzten
Gutachten bringen, die ihnen das in der
Regel verweigern. Das geht nur mit einem
Trick, sie müssen von ihren Ärzten ein Attest verlangen zur Vorlage bei den Behörden zwecks Ausstellung eines Behindertenausweises oder zur Beantragung einer Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Dazu kommt, dass deutsche Patienten ja in
keinem Schweizer Computer verzeichnet
sind, daher muss die Identifizierung der
Person eindeutig sein. Das dauert ewig, bis
die entsprechenden Beglaubigungen aus
Deutschland eingeholt wurden. Das Argument vom schnellen Tod in der Schweiz ist
einfach so falsch! Sie können keinen schnellen Tod in der Schweiz haben, schon wegen
der schweizerischen Bürokratie.
Aber grundsätzlich befürworten Sie doch
die Praxis der Gutachten?
Unbedingt, nur muss man daran denken,
Menschen, die sterben wollen, möchten
daraus keine Publicity-Aktion machen. Sie
möchten diese Prozedur mit dem allein abwickeln, der sie dabei unterstützen wird, sie
möchten nicht vor einem Komitee sitzen.
Natürlich sollte es auch eine Zweitmeinung
geben, auch vor Operationen empfehlen die
Krankenkassen, sich eine Zweitdiagnose
einzuholen. Dieser Gedankengang ist ja Patienten völlig vertraut. Nur sollte der Sterbewillige nicht zum Spielball divergierender
Meinungen werden.
Welche Gesetzesänderungen sind Ihrer
Meinung nach jetzt dringend geboten?
Noch existiert das Gesetz über die Garantenpflicht. Im Falle von Suizidhilfe müsste
dies ersatzlos gestrichen werden.
Wenn wir in der Gesellschaft erreichen,
dass es eine vernünftige Einstellung zur Suizidhilfe gibt, dann brauchen wir keine neuen Gesetze, weil es in der Verantwortung des
Arztes läge, dem todkranken Patienten dieses Menschenrecht zu gewähren.
Welche Rolle kann der Humanistische
Verband dabei übernehmen?
Er könnte anregen, dass jeder, ob im Bedarfsfall oder auch allgemein, seinen Arzt
auf dieses Thema hin anspricht. Wenn er
merkt, dass dem ärztlicherseits nicht ausgewichen oder sogar Aufgeschlossenheit
und Informationsbedürfnis signalisiert
wird, kann man gut auf Fortbildungsangebote des HVD hinweisen oder zunächst
auf die Möglichkeit einer vertraulichen
kollegialen Kontaktaufnahme. Das könnte
viel zu Aufklärung und zum Erfahrungsaustausch beitragen, was wir so dringend
brauchen. Und vielleicht auch zu mehr
Unterschriften für unseren Aufruf unter
www.prosterbehilfe.de.
●
Das Gespräch führten Gita Neumann und Patricia Block.
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PROFIL
Das gute Leben –
ein religionsfreier Weg zum Glück
Im Gespräch mit Heiko Ernst,
Chefredakteur von „Psychologie Heute“
■ Diesseits: Sie haben ein Buch über das
„gute Leben“ geschrieben. Was fehlt uns
zu unserem Glück?
HEIKO ERNST: Ich versuche in meiner
Zeitschrift das Ideal der Aufklärung hochzuhalten. Dabei kommt man sich manchmal schon ein wenig seltsam vor, denn der
Trend geht stark wieder zum Obskurantismus, auch zum Okkultismus in all seinen
Erscheinungsformen. Natürlich ist uns bei
unserer Arbeit auch die Dialektik der Aufklärung sehr bewusst, trotzdem muss man
heute mehr denn je aufklären. In der Fülle
von Informationen und Wertesystemen finden sich die Menschen immer weniger zurecht. Wer es sich einfach machen will, besorgt sich ein Sinnsystem von der Stange
und versucht danach zu leben. Viele suchen
sich heute aus unterschiedlichen Traditionen oder Religionen zusammen, was an
Versatzstücken geeignet scheint. Denken
Sie an den Zulauf, den der Dalai Lama in
Hamburg erfährt. Der Buddhismus als Importreligion ist heute attraktiv, weil er weniger dogmatisch, weniger missionarisch und
weniger aggressiv ist als andere Religionen.
Auch wenn die Wissenschaft die letzten
Fragen nicht klären kann, stellt sie uns immerhin ein Instrument zur Verfügung, mit
dem wir uns über uns selbst besser vergewissern können. Sie zeigt uns, wo unsere
Möglichkeiten sind. Meine Wissenschaft,
die Psychologie, hat dabei eine besondere
Aufgabe. Freud hat die große Selbsttäuschung des Menschen über seine Rationalität aufgedeckt und die Mechanismen freigelegt, wie und warum das geschieht. Über
sich selbst ein realistisches Bild zu haben, aus
der psychologischen Unmündigkeit herauszukommen, das wäre schon eine gute Voraussetzung für gelungenes Leben.
Klingt so, als wäre das noch nicht alles?
Lange Zeit war die Psychologie zu sehr dar-
auf bedacht, zumal die Humanistische Psychologie, die Selbstentfaltung zu propagieren. Selbstverständlich ist das wichtig, aber
das kann schnell zu einem gut kaschierten
Egoismus führen. Doch wir sind soziale
Wesen, wir brauchen andere Menschen.
Unser Gehirn ist ein soziales Organ, es ist
auf die Stimulation durch andere angewiesen. Diese soziale Komponente kommt in
der Konkurrenzgesellschaft viel zu kurz, jedenfalls in Schulen und in der Arbeitswelt.
Das ist eine Abkehr von Erkenntnissen, die
deutlich darauf hinweisen, dass wir am
glücklichsten sind, wenn wir im Einklang
mit anderen leben, wenn wir Anerkennung
und Respekt durch andere erfahren, wenn
wir lieben können. Denken wir an Freuds
Definition von geistiger Gesundheit: Lieben und arbeiten zu können. Zwischen diesen beiden Säulen, Selbstverwirklichung in
der Arbeit, Zugewandtheit in der Liebe, eine
Balance herzustellen, das ist die Grundlage
guten menschlichen Lebens. Wenn wir lieben und arbeiten können, können wir uns
auch besser gegen die Zumutungen des Lebens wehren.
Sei es von religiöser oder esoterischer Seite, ein Vorwurf kommt immer wieder:
Die Zutaten an sich sind richtig, Wissenschaft schön und gut, aber es fehlt die
Orientierung am Höheren, am Transzendenten, es fehlt die Spiritualität.
Transzendenz heißt ja auch erst einmal, das
eigene Ich zu transzendieren. Das kann auch
im Zusammenleben mit anderen geschehen, wenn wir merken, dass das Ich noch
nicht die Grenze des Ganzen sein muss. Der
Gemeinschaftsgeist kann natürlich sehr
leicht missbraucht werden. Die Flucht in die
Wärme einer Gesinnungsgemeinschaft ist
eine beliebte Entlastungsstrategie, um der
Komplexität heutigen Lebens zu entgehen.
Es ist wahnsinnig anstrengend, immer rational zu denken, die Welt mit Abstand zu
betrachten, sich wieder und wieder die
Mühe zu machen, zu hinterfragen und nicht
gleich zu glauben. Um dieser Anstrengung
zu entgehen, flüchten so viele, auch intelligente Menschen, in Sinnsysteme, die ihnen
all das etwas vereinfachen, die Antworten
und Lebenspraktisches bereit halten. Das
funktioniert auch nebeneinander. Es gibt
Menschen, die grundsätzlich rational leben,
die sich aber auch Rückzugszonen gönnen,
in denen sie sich gestatten, mal nicht so genau nachzufragen, den Zweifel und die ewig
bohrende Vernunft auszuschalten. Es ist
doch auch mal schön, sich an ein Ritual zu
verlieren. Wir brauchen als Menschen offenbar auch dieses irrationale Element, die
Flucht in den Rausch, in die Ekstase,
manchmal wollen wir buchstäblich außer
uns sein. Als Ausflüge auf Zeit hat das seine
Berechtigung. Es wird dann bedenklich,
wenn das eigene Denken dauerhaft durch
solche Systeme ersetzt wird.
Lässt sich das Religionen vorwerfen?
Nein, das wäre zu global, die Realität ist anders. Religiöse Menschen sind nicht per se
irrational, darunter gibt es ebenso mündige
und klar denkende Menschen. Umgekehrt
ist nicht jeder Areligiöse unbedingt ein Ausbund an Rationalität oder an Humanität.
Maßstab ist immer, inwieweit eine Religion
totalitär von einem Menschen Besitz ergreift, wie sehr sie sein Denken korrumpieren kann.
Dem Islamismus kann man das schon
vorwerfen, er ist intolerant und steht für inhumane Ziele.
Unsere Kirchen in Europa beschwören
heute ja die Koexistenz von Vernunft und
Glauben. Der jetzige Papst tut sich da besonders hervor. Er sieht im Glauben eine
Vollendung der Vernunft. Nun bin ich kein
Theologe und kenne die Feinheiten der Argumentation nicht. Aber ich denke, dass der
Absolutheitsanspruch seiner Interpretation
schon ausreicht, um diesen Gedanken zu
widerlegen. Seine neueste Botschaft, dass es
außerhalb der katholischen Kirche nun
doch kein Heil gibt, dass andere Kirchen
weniger wert sind, ist der Versuch, der Konkurrenz mit Profilschärfung zu begegnen.
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Man setzt wieder auf Abgrenzung. Aber als
Nichtgläubiger kann ich da doch ganz gelassen bleiben, was gehen mich die Machtspielchen der Deutungshoheit an
Einige bleiben ganz und gar nicht gelassen. Die Neuen Atheisten, auch Brights
genannt, besinnen sich ganz bewusst auf
alte Freidenkertraditionen, auf den
Kampf gegen Religionen. Sie machen religiöse Dogmen verantwortlich für unmenschliches Leben und verrückte
Wahntaten.
Auch für Seelenverkrüppelung! Die Psychotherapeuten Eugen Drewermann und
Tilmann Moser haben ja mit der „Gottesvergiftung“ und ähnlichen psychischen
Schäden abgerechnet, die eine sehr rigorose
Moral in der katholischen Kirche angerichtet hat. Man muss gar nicht immer gleich an
Kreuzzüge und Hexenverfolgung denken,
der Glaube richtet mitunter auch im Alltag
in der Psyche der Menschen großen Schaden an.
Obwohl ja Kriege oft auch religiös begründet werden.
Es heißt dann ja oft, sie wären nur religiös
verbrämt, in Wirklichkeit gehe es ja um
ganz andere Dinge. Aber es ist in vielen
Fällen genau das religiöse Wahnsystem,
das Kriege oder Terror anzettelt. Der Islamismus verleitet junge Männer dazu, ihr
Leben wegzuwerfen, Ungläubige dabei
mitzunehmen – und da warten dann 72
Jungfrauen.
Es ist begrüßenswert, dass es jetzt eine
atheistische Offensive gibt. Die ist wohl
dringend notwendig. Es verwundert nicht,
dass diese Brights aus den USA kommen,
wo ein Präsident religionsgeleitet Kriege anzettelt. Und wo Kreationismus in den Schulen gelehrt werden soll. Es stellt sich nur die
Frage, was man damit erreicht. Um ein Bild
zu gebrauchen, das auf Atheisten zwar nicht
passt: Ob sie nicht nur den Bekehrten predigen? Werden diese atheistischen Manifeste nicht eher von Menschen gelesen, die sich
ohnehin vom Glauben abgewendet haben?
Was Dawkins, Hitchens und die anderen
sagen, ist schließlich starker Tobak. Aber ihrer Argumentation kann man sich schwer
entziehen. Das merkt man auch daran, dass
die Gegenangriffe fast immer auf die Person
zielen. Da werden dann dem Dawkins persönliche Macken vorgeworfen, die Sachargumente sind eher dünn. Dann wird be-
hauptet, die Neuen Atheisten seien ja genauso dogmatisch wie die, die sie angreifen,
also verblendet und intolerant. Ich hoffe auf
starke Verbreitung dieser Titel, ich hoffe,
dass der Zweifel an den Religionen gesät
wird, dass endlich wieder eine Diskussion in
Gang kommt über ihren Wert. Gut wäre
auch, wenn das in unsere Schulen Einzug
hält. Schlimm genug, dass auch bei uns über
Schöpfungsgeschichte im Biologieunterricht spekuliert wird. Das darf nicht passieren! Da kann man gar nicht genug argumentieren und den Unterschied von Wissenschaft und Religion betonen.
Können denn die Brights neben aller wissenschaftlichen Aufklärung und offensiven Argumentation auch moralische Orientierung bieten?
Es gibt eine reiche Tradition, die uns eigentlich genug Grundlage sein kann, um
heute ein moralisches Leben zu führen –
ganz ohne Religion. Die fängt in der Antike an, bei Platon, Aristoteles, Epikur, Marc
Aurel, geht weiter bis zu den Aufklärern, bis
zu Kant und Freud. Die haben alle ausreichend vor-gedacht, wie wir ein gerechtes,
moralisches, humanes Leben führen können. Wenn sich die Religion als ergänzendes Element betrachten würde, sagen wir
mal zuständig für das, was wir nicht wissen
können, Trost der Trostbedürftigen, Unterstützung der Armen, praktizierte Nächstenliebe, dann hätte sie ihre Daseinsberechtigung.
Beachtlich ist nämlich schon, was das
Neue Testament beigesteuert hat, vor allem
die Idee der Feindesliebe und der Vergebung. Das war schon ein großer Paradigmenwechsel, der manchmal auch vorgelebt
wurde. Dass der Gedanke dann im Christentum so wenig durchgehalten wurde, ist
nur menschlich. Auch Philosophen haben ja
nicht immer gemäß ihren eigenen Maximen gelebt. Für mich enthält das Neue Testament somit akzeptable Gedanken, die
gleichberechtigt – aber eben nur gleichberechtigt – neben den anderen großen Ideen
stehen. Sie gehören zu unserer abendländischen Tradition, und sie lassen sich gut vereinbaren mit anderen philosophischen, mit
wissenschaftlichen Systemen.
Das haben Sie ja auch gezeigt, als Sie aus
atheistischer Sicht einen Teil des katholischen Wertesystems analysierten. Ich
spiele auf Ihr Buch „Die sieben Todsün-
den“ an. Es erfragt, was diese über tausend Jahre alten Bilder für unsere Gesellschaft, für unsere moderne Selbstfindung
bedeuten können.
Die sieben Todsünden sind zwar in der
Zusammenstellung und in der Namensfindung eine Erfindung der frühen Mönche,
damit ein kirchliche Erfindung. Auf die
Sünden selbst hat die Kirche kein Copyright. Die Regeln sind entstanden aus dem
großen sozialpsychologischen Experiment
der Mönchsgemeinschaften, die durch
Selbstbeobachtung herausgefunden haben,
welche menschlichen Eigenschaften geistiger Disziplin und einem Gemeinschaftsleben am meisten entgegenstehen. Dabei
greifen sie auf antike Traditionen zurück.
So gibt es schon bei Aristoteles die Lehre
von den mäßigen und unmäßigen Emotionen und von den Tugenden. Er favorisiert
die mittlere Gefühlslage als Tugend: Alles
in Maßen, nicht zuviel, nicht zuwenig.
Hinzu kommt die anthropologische Sicht
der Dinge. „Sünden“ sind biologisch angelegte Eigenschaften des Menschen, manche
sind in der sozialen Evolution entstanden,
wie zum Beispiel der Neid. Die Todsünden
des Leibes sind biologisch verankerte Konstanten, die in bestimmten Lebenskontexten besonders hinderlich sind. Hat man das
Keuschheitsgelübde abgelegt, ist der Sexualtrieb nicht willkommen. Das eigentlich Interessante ist das Spiel mit dem Mehr
oder Weniger, wie viel lasse ich zu, was unterdrücke ich. Im Laufe der Zeit hat die
Frage, welches die schlimmste Todsünde
sei, viel Streit heraufbeschworen. Mal war
es der Stolz, weil er sich gegen Gott erhebt,
mal wurde die Völlerei als Einfallstor für
alle anderen Gefahren des menschlichen
Lebens gebrandmarkt. Nach dem Motto,
wer beim Essen nicht maßhalten kann, ist
auch für alles andere verloren. Diese
manchmal haarspalterischen, manchmal
sehr klugen Begründungen haben mich fasziniert. Und die Sünden reichen jenseits der
Kirche bis in die Gesellschaftstheorie hinein, Geiz und Stolz und Zorn sind in der
Moderne wichtige Themen der Psychologie, Psychiatrie oder Soziologie. Und auch
in der Justiz spielt die Frage eine Rolle: Was
ist ab wann strafbar, wofür können wir etwas, was ist dem freien Willen unterworfen,
was nicht?
Und sie spielen eine Rolle in den Medien, denken wir an Filme wie „Sieben“!
Richtig. Ich habe die Todsünden in meinem
Buch ja auch als Primärfarben der menschlichen Seele bezeichnet, die Farben, mit denen der Mensch sich selber malt. Sie bilden
den Kern unseres Wesens, er wird immer
berührt, wenn wir von Gier oder Neid oder
Zorn sprechen. Das sind archaische Impulse, die wir alle kennen. Jeder war schon mal
habgierig oder neidisch oder zornig. Und
wir wissen auch, welche Extremformen das
annehmen kann. Die große Weltliteratur
greift sich gelegentlich so eine Todsünde
heraus und macht sie zur zentralen Emotion. Denken wir an Othello und Lagos tödlichen Neid auf ihn, denken Sie an Michael Kohlhaas, der sich selbst vernichtet, nur
um seinen Zorn ausleben zu können. Diese
Figuren sind faszinierend für uns, und in
Filmen wie „Sieben“ fasziniert uns der
Aspekt der Strafe. Dort wird jemand umgebracht in einer Form, die dem Laster angemessen ist. Die Strafe erfolgt sozusagen spiegelbildlich, wie es auch bei Dante schon in
den Höllenstrafen beschrieben war. Alles in
allem kann das religiöse Raster der sieben
Todsünden als eine sehr irdische, kritische
Prüfinstanz des Zeitgeistes dienen. Hölle
und jüngstes Gericht muss man nicht hineinlegen.
●
Mit Heiko Ernst sprach Ulrich Tünsmeyer, Bildungsreferent beim HVD Berlin.
Zum Weiterlesen: Die im Interview angesprochenen Bücher von Heiko Ernst „Das gute Leben. Der ehrliche Weg zum Glück“ und „Wie
uns der Teufel uns reitet. Von der Aktualität der
7 Todsünden“ erschienen beide bei Ullstein.
3/2007
31
Nachgefragt
Carsten Frerk
Michael Schmidt-Salomon
Die Kirche im Kopf
Von „Ach, Herrje!“ bis „Zum
Teufel!“
Aschaffenburg : Alibri Verlag,
2007. – 18 Euro
Diese „Enzyklopädie für freie
Geister und solche, die es werden wollen“ nimmt auf vergnüglich-böse Weise die „Kirche im Kopf“ aufs Korn. Analysiert werden Begriffe, Flüche
und Redewendungen, die oftmals erst auf den zweiten Blick
ihre religiöse Herkunft verraten.
Das Lexikon erklärt, warum im
christlichen Kulturkreis angeblich „alles Gute von oben
kommt“, warum insbesondere
süddeutsche Artgenossen im Ärger zur „Kreuzigung der Türken“ aufrufen („Kruzitürken!“)
und weshalb „Gott immer bei
den stärksten Bataillonen ist“
(„Heiliges Kanonenrohr!“).
Darüber hinaus widmet sich das
weltanschaulich dezidiert nicht
neutrale Lexikon komplexen
Begriffen wie Schuld, Sexualität, Willensfreiheit usw. Diese
Begriffe sind selbst bei Säkularen von religiösen Konzepten
überlagert. Die Autoren haben
sich zur Aufgabe gemacht, diese
religiösen Denkmuster zu identifizieren und sie in pointierter
Form einer wissenschaftlichen
und humanistischen Denkungsart gegenüberzustellen.
32
3/2007
■ Seit Prominente wie Madonna, Angelina
Jolie oder Altkanzler Schröder mit Auslandsadoptionen ins Blickfeld der Medien
gerieten, wird dieses Thema wieder heiß diskutiert. Auf die diesseits-Frage, wer über die
zukünftige religiöse Erziehung eines adoptierten Kindes entscheiden darf, antwortete
Johannes Vocks, Leiter der Berliner Adoptionsvermittlungsstelle.
„Wir suchen immer für ein bestimmtes
Kind die bestmöglichen Eltern. Dazu
gehört, Mütter, die ihr Kind nicht behalten
können oder wollen, ernst zu nehmen und
sie nach ihren Wünschen für den zukünftigen Lebensweg ihres Kindes zu befragen.
Sie haben ein gewisses Mitspracherecht und
so können sie eben auch festlegen, in welchem Bekenntnis das Kind erzogen werden
soll. Grundlage hierfür ist das Gesetz über
die religiöse Kindererziehung. Allerdings
reicht die religiöse Zugehörigkeit oder
Nichtzugehörigkeit der Adoptionsbewerber
nicht aus, da schauen wir schon genauer hin.
Bisher haben wir immer geeignete Adoptiveltern gefunden, denn die Zahl der
Bewerber auf unseren Wartelisten ist noch
immer sehr viel größer, als die der zu vermittelnden Kinder. Steht eine Familie mit
der gewünschten Weltanschauung nicht so-
fort zur Verfügung, aber alle anderen Bedingungen versprechen beste Bedingungen
für das Kind, wird mit der leiblichen Mutter oder auch beiden Eltern noch einmal
Rücksprache genommen, inwieweit sie
auch andere Bekenntnisse akzeptieren können.
In Fällen, in denen wir die Mütter nicht
befragen können – Stichwort Babyklappe –,
versuchen wir aus dem Ort des Auffindens
etwas herauszulesen. Gibt eine Mutter ihr
Baby in einem konfessionellen Krankenhaus ab, gehen wir davon aus, dass sie damit
ein Zeichen setzt.
Seit geraumer Zeit werden so gut wie nur
noch Säuglinge zur Adoption freigegeben,
so dass man in Fällen, bei denen sich die
Mutter nicht festlegt, eine größere Auswahl
an zur Verfügung stehenden Adoptiveltern
hat. Somit passiert es auch nicht, dass die Erziehung eines Kindes in Bekenntnisfragen
noch einmal geändert wird. Übrigens legt
das Gesetz über die religiöse Kindererziehung fest, dass ein Kind nach Vollendung
des zwölften Lebensjahres nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als
bisher erzogen werden darf.
Trotz multikultureller Gesellschaft beschränkt sich unsere Suche im Wesentlichen
auf atheistische oder christliche Eltern. Können islamische Frauen aus irgendwelchen
Gründen nicht für ihr Kind sorgen, regelt
das die Familie vermutlich unter sich. Nur
in seltenen Fällen wird das Kind zur Adoption freigegeben. Wünsche nach einer religiösen Erziehung sind dabei nicht geäußert
worden. Andere Konfessionen werden nicht
nachgefragt und Sekten verbieten sich für
uns – soweit wir davon wissen. Wir sind für
den Schutz des Kindes verantwortlich.
Wenn eine Gruppierung bestimmte medizinische Behandlungen ablehnt, ist das sichere Aufwachsen des Kindes nicht gewährleistet. Ähnlich sieht es aus in okkulten Kreisen.
Und andersherum, es wird auch niemand vorgezogen, der einer christlichen
Kirche angehört. So weit ich weiß, spielt das
auch bei den Adoptionsvermittlungsstellen
von Diakonie und Caritas keine Rolle. Auch
dort wird geschaut, welche Vorteile bietet
eine bestimmte Familienkonstellation für
ein Kind, z.B. haben die Eltern Erfahrungen
mit bestimmten Krankheiten, können sie
die Lebensweise der Herkunftsfamilie akzeptieren und bieten sie ausreichende finanzielle Sicherheit.“
●
Ewige Wahrheiten
Funny van Dannen
Lebenskunde
im Juli
Kurz vor den Ferien haben wir in Lebenskunde das Thema „Gute Menschen –
schlechte Menschen“ durchgenommen,
aber so kurz vor den Ferien hatten wir
schon keine große Lust mehr zum Nachdenken. Deshalb versuchte der Lehrer, uns
durch Extreme anzustacheln. Wer war
denn der schlechteste Mensch?, fragte er.
Hitler, sagte Barbara.
Sehen das alle so?, fragte der Lehrer.
Helmut Kohl, sagte Jens.
Also Leute!, rief der Lehrer, so nicht! Ich
verstehe, dass ihr schon in Ferienlaune
seid, aber so unqualifizierte Sachen möchte ich nicht hören, verstanden?
Stalin, sagte ich.
Schon besser, rief der Lehrer. Auch Stalin war ein Massenmörder.
Bin Laden, rief Heiko.
Gut, sagte der Lehrer, nun hätten wir
schon drei. Doch der schlechteste kann
nur einer sein.
Wir stimmten ab, und Hitler gewann
relativ klar.
Und der beste Mensch?, fragte der Lehrer. Wer war das? Jesus, Buddha, Mohammed?
Mohammed auf keinen Fall, sagte Linda, der war für Krieg.
Für den heiligen Krieg, präzisierte der
Lehrer. Wir müssen schon genau sein.
Wie kann ein Krieg denn heilig sein?,
frage Lola. Da bleibt doch gar nichts heil,
wenn Bomben fallen.
Gute Kriege, schlechte Kriege, sagte der
Lehrer. Darüber reden wir ein anderes
Mal, sonst kommen wir nie zu einem Ergebnis. Lasst uns beim Menschen bleiben.
Also, Jesus oder wer?
Einstein, sagte Ricky.
Rocky rief: Franz Beckenbauer und
Jürgen Klinsmann. Wieder wurde abgestimmt, und Klinsmann gewann ganz
knapp vor Beckenbauer.
Der Lehrer lächelte. Und nun stellt
euch einmal vor, wir wären Afrikaner! Was
wäre dann?
Dann hätten wir andere Sorgen, sagte
Linda.
Das auch, meinte der Lehrer. Aber
glaubt ihr, dass ein, sagen wir mal, Nigerianer, auch Hitler und Klinsmann gewählt
hätte? Die Nigerianer waren bei der WM
ja gar nicht dabei, die haben von Klinsmann vielleicht noch nie was gehört! Und
Juden gibt es auch nicht viele in Nigeria.
Wir begriffen sofort, was uns der Lehrer sagen wollte, und summten das Deutschlandlied.
Der Lehrer strahlte.
Herr Lehrer!, rief Heiko. Wenn alles
relativ ist, war Einstein doch der beste
Mensch. Er hat das ja entdeckt.
Aha, sagte der Lehrer. Was meinen
denn die anderen dazu?
Also, sagte Barbara, ein intelligenter
Mensch ist noch lange kein guter Mensch,
das weiß doch jeder! Aber ich bin mir nicht
sicher, ob saudumme Leute schlecht sein
müssen.
Müssen nicht!, rief Lennart. Wenn sie
gutmütig sind, können sie O.K. sein.
Aha, sagte der Lehrer. Schon wieder ein
interessanter Aspekt: Gutmütigkeit. Kann
man sich einen gutmütigen schlechten
Menschen vorstellen?
Kann man, sagte Ricky. Wenn er verführt wird.
Sehr gut!, lobte der Lehrer. Und was
könnte einen gutmütigen Menschen vor
Verführung schützen?
Eine starke Persönlichkeit!, rief ich.
Oder Interesselosigkeit.
Ich nehm das erste!, rief der Lehrer.
Starke Persönlichkeit, Stichwort: Stärke.
Glaubt ihr, dass ein guter Mensch auch
schwach sein kann?
Er sah auf die Uhr.
Glaub ich schon, sagte Barbara. Es gibt
schwache Gute und starke Gute. Und
schwache Schlechte und starke Schlechte.
Das hat mit Stärke nichts zu tun, ob jemand gut ist.
Aber wenn es nur schwache, antriebslose, gleichgültige, unfähige Menschen
gäbe?, fragte der Lehrer. Könnte das gut
gehen?
Das gibt’s nicht, sagte Irmgard, die sich
nur selten meldet. Es gibt immer genug
gute Menschen, das hat Gott so eingerichtet.
Wo waren die denn im Dritten Reich?,
fragte Heiko. In Amerika, sagte Irmgard.
Die haben uns ja schließlich auch befreit.
Leute!, rief der Lehrer. Wir haben uns
verzettelt. Er sah wieder auf die Uhr. Das
kriegen wir in der verbleibenden Zeit nicht
mehr hin. Jetzt müsst ihr ohne handfeste
Anhaltspunkte für eine vernünftige Einschätzung fremder Menschen in Urlaub
fahren, schade.
Wir wollten ihn beruhigen.
Herr Lehrer!, sagte Rocky. Machen Sie
sich keinen Kopf! Wir wissen, dass die alle
nur unser Geld wollen. Dafür interessieren
wir uns nicht für deren Kultur. Wir wollen die Sonne und das Meer, basta.
Linda protestierte. Ich interessiere mich
schon für die Kulturen, wenn ich Urlaub
mache.
Fürs Essen hauptsächlich, rief Rocky
und spielte damit auf Lindas Gewichtsprobleme an.
Sauft nicht zu viel!, rief unser Lehrer
noch.
Erst dachte ich: Was geht das den denn
an? Aber im Auto fiel mir ein, wie gefährlich Alkohol sein kann. Von daher ist das
alles Lebenskunde.
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung
des Autors aus: Zurück im Paradies. – München : Kunstmann, 2007.
●
3/2007
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schaften explizit nicht mehr gestattet sind. Das in der Regel 4 (Ausrüstung der Spieler) verankerte Verbot
der Aufschriften richtete sich bisher
gegen „Slogans und Werbeaufschriften“. Die Regel wurde nun
durch einen Zusatz ergänzt, der
„politische, religiöse sowie persönliche Schriftzüge“ verbietet.
Bei Missachtung der Regel sollen
sowohl der Spieler als auch die
Mannschaft mit einer Strafe belegt
werden. Der Deutsche FußballBund (DFB), der sich bei den religiösen Botschaften in der Vergangenheit kulant zeigte, will die Regel-Verschärfung laut Schiedsrichtersprecher Manfred Amerell nun
konsequent umsetzen: „In der
nächsten Saison geht das nicht
mehr. Auch nicht bei Interviews
auf dem Spielfeld nach dem Abpfiff.“
Musterfamilie
London – Ein neues Buch mit dem
Titel „Mixing it up with the Simpsons“ soll Kindern mit Comics der
für ihren eher bitterbösen Humor
bekannten Cartoon-Familie theologische Grundregeln erläutern
und sie zwischen Gut und Böse unterscheiden lehren, teilte die
„Church of England“ mit. Das
Buch werde kirchlichen Jugendarbeitern jetzt zugeschickt. Die Anglikanische Kirche hofft, Kinder
würden damit lernen, der Versuchung und Sünde zu widerstehen.
Auch der Erzbischof von Canterbury und Primas der Anglikanischen Kirche, Rowan Williams, ist
überzeugter Simpsons-Fan. Seiner
Meinung nach vermitteln sie „bemerkenswerte Stärke und gegenseitige Hingabe“. Williams wörtlich:
„Obwohl Homer ein Tölpel ist,
Bart ein Rotzlöffel und Lisa eine
Nervensäge, weiß man, dass es
doch echte Zuneigung und Loyalität gibt.“
Fernbeten
Für Gläubige, die sich Reisen an
heilige Orte nicht leisten können,
bietet die griechisch-orthodoxe Gabrielskirche in Nazareth einen neuen Online-Dienst an. Geistliche
vor Ort tragen die Gebete der Menschen vor, die zu Hause vor ihrer
Webcam sitzen. Pro Gebet fällt
eine Gebühr von sieben Euro für
Systemkosten an.
Vertagt
Timisoara – Ein Gericht in Rumänien hat die Klage eines Mannes gegen Gott wegen „Betrugs, Vertrauensbruchs und Korruption“ abgewiesen. Die Staatsanwaltschaft in
der westrumänischen Stadt Timisoara begründete ihre Entscheidung damit, dass Gott „keine juristische Person“ sei und „keine
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3/2007
Gewaltig I
Adresse“ habe, wie die Zeitung
Evenimentul Zilei berichtete.
Der 40 Jahre alte Mircea Pavel, der
wegen Mordes eine 20-jährige
Haftstrafe absitzt, hatte gegen
„Gott, wohnhaft im Himmel und
in Rumänien vertreten durch die
orthodoxe Kirche“ geklagt.
„Während meiner Taufe bin ich einen Vertrag mit dem Beschuldigten
eingegangen, der mich vor dem Bösen bewahren sollte“, erklärte Pavel
in seiner Klageschrift. Doch bislang
habe Gott den Vertrag nicht eingehalten, obwohl er im Gegenzug von
ihm „verschiedene Güter und zahlreiche Gebete“ bekommen habe.
Wortlos
Zürich – Gläubige Profis dürfen religiöse Botschaften künftig nicht
mehr in der Bundesliga zur Schau
stellen. Der Weltverband Fifa präzisierte laut eines Berichts der
„Sport Bild“ seine Regeln bezüglich
des Verbots von Slogans, sodass die
von Spielern oftmals getragenen
Unterhemden mit religiösen Bot-
Hannover – Jugendliche Gewalt
macht nach einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts
Niedersachsen auch vor Waldorfschulen nicht Halt. Wie die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“
berichtet, kommen der Studie zufolge bestimmte Formen von Gewalt an Waldorfschulen sogar häufiger vor als an staatlichen Grundund Hauptschulen. Zwar gebe es
dort kaum Delikte wie schwere
Körperverletzung oder Raub. Die
Untersuchung zeige aber, dass
Schüler dort öfter geschlagen und
getreten würden. Zudem werde ihr
Eigentum häufiger zerstört.
Waldorfschüler kämen häufig aus
gescheiterten Beziehungen, erklärte
der Leiter des Instituts, Christian
Pfeiffer. Eltern, die selbst Schwierigkeiten haben, wollten für ihr
Kind das Beste tun und schickten es
auf eine besondere Schule, um ihr
schlechtes Gewissen zu bekämpfen.
Das Kind jedoch wisse mit den unaufgearbeiteten familiären Konflikten nicht anders umzugehen als auf
gewalttätige Weise, erläuterte Pfeiffer. Auf die Gewalt wiederum wüssten die Waldorflehrer nicht zu reagieren.
Gewaltig II
Berlin – Das Bundesfamilienministerium hat im Dezember 2006
bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien einen
Antrag auf Indizierung der Bände
107 und 121 aus der Rudolf-Stei-
ner-Gesamtausgabe gestellt. Das
Ministerium stützt sich dabei auf
zwei Gutachten von Andreas Lichte, ehemaliger Waldorfseminarist,
und Jana Husmann-Kastein, Dozentin an der Berliner HumboldUniversität, die in den betreffenden
Schriften rassistische Äußerungen
fanden.
Kleiner Teufel
Köln – Gegen die Verharmlosung
des Widersachers Gottes, etwa
durch einen Modeschnaps namens
„Kleiner Teufel“, hat sich die hannoversche Landesbischöfin Margot
Käßmann gewandt. Der Teufel
stelle die großen Versuchungen des
Menschen dar, sagte sie im Juni auf
dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Köln. Die Versuchung
bestehe darin, die Welt ohne Gott
zu denken oder sich selbst an seine
Stelle zu setzen.
Mausetot
Gaza – Farfur, der MickymausDoppelgänger mit der Piepsstimme
im Hamas-Fernsehen, kann die
palästinensischen Kinder nicht
mehr über Hygiene, Essbenehmen,
islamische Weltherrschaft und
Selbstmordattentate unterrichten.
In der Sendung im Al-Aksa-TV
starb Farfur (Schmetterling) den
von ihm so oft gepriesenen Märtyrertod. „Pioniere der Zukunft“ hieß
die palästinensische Sendung mit
der Maus, die seit Jahresbeginn lief.
In der letzten Folge prügelt ein israelischer Beamter die Maus vor
den Augen der Kinder tot. Aus dem
Off erklärt die Stimme einer jungen
Moderatorin: „Farfur erlitt den
Märtyrertod, als er sein Land verteidigte.“
Die Walt-Disney-Company mit
dem Mickymaus-Copyright dürfte
das Ende Farfurs begrüßen. Die
Firma, die sonst weltweit jedes Plagiat ihrer Comic-Figuren juristisch
bekämpft, hatte sich hier auffallend
zurückgehalten. „Es hätte ja doch
keinen Zweck gehabt“, hatte Disney-Chef Robert A. Iger Ende Mai
erklärt.
Gefährliche Tigerente
München – Der noch amtierende
bayerische Ministerpräsident und
CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber
hat einen der bekanntesten deutschen Kinderbuchautoren Janosch
(„Oh wie schön ist Panama“) als
„falschen Propheten“ bezeichnet.
Man dürfe nicht zulassen, dass Janosch mit seinen antireligiösen
Zeichnungen und Kommentaren
„Zugang zu unseren Kinderzimmern erlange“, erklärte der CSUPolitiker in Berlin. Stattdessen
müssten Kirche, Gesellschaft und
Politik „an einem Strang ziehen“
und den Kindern „Orientierung,
Werte und Religion“ vermitteln.
Anlass der scharfen Attacke auf den
beliebten Zeichner und Autor war
der Abdruck einer Janosch-Zeichnung im Magazin „Der Spiegel“.
Das Bild mit dem Titel „Taufe“
zeigt einen Geistlichen, der einem
Säugling über dem Taufbecken mit
einem Hammer das Kreuz in den
Bauchnabel treibt. In dem dazugehörigen Artikel wurde Janosch als
Beiratsmitglied der religionskritischen Giordano Bruno Stiftung
auch kurz zitiert: „Katholisch geboren worden zu sein, ist der größte
Unfall meines Lebens.“ (siehe diesseits Nr. 55/2001)
Anlass des Geburtstages von Papst
Benedikts XVI.
„Ich finde“, so wird Ihre Durchlaucht zitiert, „wir bräuchten wieder eine Inquisition für die Leute,
die immer unseren Bischof angreifen oder für die, die Frauen als
Priester haben wollen.“ „Im
Scherz“ habe sie sich angeboten,
„die Scheiterhaufen anzuzünden“.
Bei dem „Schraubenschlüssel am
Bande“ handelt es sich um einen
knapp 80 cm langen Doppelmaulschlüssel aus bemaltem Kunststoff
mit aufwendigem Band, gestaltet
von dem oberbayerischen Holzbildhauer Nikolaus Sanktjohanser.
Der Preis soll zukünftig alljährlich
an eine Persönlichkeit des öffentlichen Interesses verliehen werden,
deren Äußerungen auf lockere
Schrauben schließen lassen.
Höllisch
Rom – Nach jahrelanger Debatte
hat Papst Benedikt XVI. die traditionelle Vorstellung einer „Vorhölle“ für ungetauft tote Kinder offiziell für überholt erklärt. „Der Ausschluss von unschuldigen Kindern
aus dem Paradies widerspricht der
besonderen Liebe Christus für die
Kleinen“ heißt es zur Begründung
in einem vom Papst abgesegneten
Dokument. Benedikt habe sich unter anderem wegen der weltweit hohen Zahl der Abtreibungen zu diesem Schritt entschlossen, heißt es.
Die Vorstellung der „Vorhölle“ ist
seit Jahren vor allem unter europäischen Katholiken nicht mehr verbreitet. Nach der Lehre des heiligen
Augustinus bleibt ungetauft gestorbenen Kinder der Himmel verschlossen, weil sie nicht von der
Erbsünde Adams und Evas befreit
wurden. „Nach heutiger Überzeugung gebe es aber gute Gründe zu
der Annahme, dass auch ungetaufte tote Kinder das ewige Leben erreichen können“, lässt der Vatikan
wissen.
Hässlich
Köln – Jürgen Becker darf den Kölner Kardinal Joachim Meisner
nicht länger als „Hassprediger“ bezeichnen. In einer einstweiligen
Anordnung hat das Landgericht
Köln dem Kabarettisten eine Wiederholung dieser Aussage bei
Androhung einer Ordnungsstrafe
von 250.000 Euro oder bis zu sechs
Monaten Haft untersagt. In der
Boulevardzeitung „Express“ hatte
Becker am 15. Juni Stellung zur
Debatte um den Bau einer Moschee in Köln bezogen. Er sei sich
mit Meisner darin einig, dass die
Muslime ebenfalls ein repräsentatives Gotteshaus benötigen, sagte er.
Doch sei es keine Lösung, dass sie
dafür in den Dom übersiedeln und
zum Katholizismus übertreten
müssten. „In Köln kann man keinen Moslem dazu ermuntern, Katholik zu werden. Denn von einem
Hassprediger zum anderen zu
wechseln, bringt nichts“, meinte
der Kabarettist.
Das Wort „Hassprediger“ hat das
Gericht als Beleidigung und einen
„Angriff auf die Ehre des Erzbischofs“ gewertet.
Schraube locker
München – Der 1. „Schraubenschlüssel am Bande“ des Bundes für
Geistesfreiheit München wurde am
Freitag, dem 13. Juli 2007 an Gloria Prinzessin von Thurn und Taxis
verliehen.
In einem Artikel des Regensburger
Wochenblattes vom 18. April 2007
notierte der Redakteur Christian
Eckl die Einlassungen der stets als
Fürstin betitelten Prinzessin
während der Feierlichkeiten aus
3/2007
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Mein Wille geschehe
Die Themen Sterbehilfe und assistierter Suizid haben in letzter Zeit
geradezu einen Medienhype erfahren. Über spektakuläre Fälle wie
Dianne Pretty und Terri Schiavo
wurde ausführlich berichtet, in
Deutschland gründete sich eine
Dependance der Schweizer Organisation Dignitas. Das Sachbuch zum
Thema hat nun die Berliner Autorin Svenja Flaßpöhler vorgelegt
und mit einem anspielungsreichen
Titel versehen: „Mein Wille geschehe – Sterben in Zeiten der Freitodhilfe“.
Ihre Überlegungen arrangiert sie
entlang einer „dialektischen Spannung“ zwischen der Selbstbestimmung des modernen Menschen
und dem Rückgang von „Liebe,
Freundschaft und Solidarität“ in
der gegenwärtigen Gesellschaft. Zu
diesem – vermeintlichen oder
tatsächlichen – Zusammenspiel
hätte man gerne mehr erfahren,
doch Flaßpöhler beschäftigt sich
nur kurz mit den gesundheitsökonomischen und soziologischen Veränderungsprozessen der letzten
Jahrzehnte.
Dafür gibt sie eine knappe historische Tour de Horizon zur Sterbehilfe aus philosophischer Sicht, um
dann zur Frage vorzudringen, mit
welchem Recht eigentlich ein
Recht auf Selbsttötung eingefordert
wird, und wie diejenigen ihr Tun
rechtfertigen, die „sterbewilligen
Menschen den tödlichen Becher
reichen“ anstatt sie von ihrem Vorhaben abzubringen. Dabei verwendet sie eine Fülle von geschickt eingeflochtenen Quellen. Sie reichen
von Briefen von Suizidenten über
Interviews mit Sterbehelfern der
Schweizer Organisation Exit bis
hin zur beobachtenden Teilnahme
an begleiteten Selbsttötungen und
der dichten Beschreibung des Geschehens.
In den Strukturen und der Rhetorik des Buches scheint leider gelegentlich sein Ursprung im Radiojournalismus deutlicher durch, als
es stilistisch wünschenswert wäre –
beim Lesen hört man geradezu die
O-Töne des Radiofeatures. Doch
immerhin sichert Flaßpöhler durch
das so erreichte hohe Maß an Authentizität den engen Kontakt ihrer
Untersuchung zum „wirklichen Leben“ und vermeidet ein Abgleiten
in allgemeines Moralisieren. Insbesondere ihre einfühlsamen, dabei
aber scharfsichtigen und schonungslosen Beschreibungen dessen,
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3/2007
aus ihrem Leben und ihren Erfahrungen meist andere Schlussfolgerungen ziehen als Terzani, so ist
sein Buch ein lohnenswertes, Gedanken anregendes Leseerlebnis,
das uns noch einmal teilnehmen
lässt an den eine ganze Generation
prägenden politischen Weltereignissen wie den Fall Saigons, aber
auch an einem faszinierenden, intensiven
Vater-Sohn-Gespräch
über existentielle Fragen des Lebens
angesichts des Todes.
Norbert Böhnke
Terzani, Tiziano: Das Ende ist
mein Anfang. Ein Vater, ein Sohn
und die große Reise des Lebens. –
München : Spiegel – Buch bei
DVA, 2007. – 19,95 Euro
Freier Wille? Illusion!
was sie bei der Teilnahme an Suizidbegleitungen beobachtet hat,
verleihen ihrer Analyse eine hohe
Tiefenschärfe. Sie zwingen den Leser zugleich, die Thematik nicht
nur als gedankliches Glasperlenspiel sondern auch in ihrer unerbittlichen Konsequenz wahrzunehmen. Diese Passagen gehören zweifellos zu den Stärken des Buches
und entschädigen für manch andere Länge.
Neben dieser Plastizität zeichnet
Flaßpöhlers Buch die sorgfältige
und nachdenkliche, manchmal geradezu penetrant unnachgiebige
Durchleuchtung der von anderen
vorgetragenen Argumente und Behauptungen aus. Sie problematisiert nahezu alle ihre Befunde und
zeigt Schwächen und Widersprüche auf, nicht ohne sie auch auf
konkrete Beispiele und Situationen
zu reflektieren. Doch das permanente „sowohl-als-auch“ und
„möglicherweise-vielleicht-doch“,
in dessen Gewirr Flaßpöhler nie die
Schneise einer Entscheidung
schlägt, lässt den Leser zwar beeindruckt, doch auch verwirrt und mit
mehr Fragen als Antworten zurück.
Das ist zwar nicht das Schlechteste,
was man über ein Buch zu einer so
schwierigen Materie sagen kann.
Medizinethik zeichnet sich aber
nicht nur durchs Abwägen aus,
sondern auch dadurch, eine Bewertung vornehmen zu können. Insofern reflektiert Flaßpöhlers Werk
den gegenwärtigen Zustand der
noch offenen gesellschaftlichen
Diskussion zum Thema. Einen
Weg weist es nicht.
Michael Bauer
Flaßpöhler, Svenja: Mein Wille
geschehe. Sterben in Zeiten der
Freitodhilfe. – Berlin : wjs-Verlag, 2007. – 158 S. – 18 Euro
Die große Reise
„Ich bin so froh, mein Sohn. Ich
bin jetzt sechsundsechzig und mein
Leben, die große Reise, geht dem
Ende zu. Ja, ich bin an der Endstation angelangt. Aber ohne Trauer,
im Gegenteil, fast mit einem
Schmunzeln.“ So beginnt Terzani
das Gespräch mit seinem Sohn Folco, das er in Orsigna bei Florenz
führte, wohin er sich für die letzten
Wochen seines Lebens zurückgezogen hatte und wo er im Juli 2004 an
einem Krebsleiden verstarb. Nach
einem aufregendem Leben als
Schriftsteller und Spiegelkorrespondent in China, Vietnam, Kambodscha und Japan wandelte er sich
von einem Sympathisanten revolutionärer Bewegungen zu einem
Menschen, der auf dem Hintergrund seiner Erfahrungen in China
und dem Terror des Pol Pot-Regimes und auch im Wissen um den
nahenden Tod aus der Kritik an
den westlichen Lebensstilen für sich
die Erkenntnis zieht: „Deshalb bin
ich ja zur einzigen Revolution übergegangen, die etwas bringt, nämlich die, die in einem selbst stattfindet.“ Auch wenn HumanistInnen
Die These von Gehirnforschern,
wonach der Mensch keinen freien
Willen habe, löste vor einiger Zeit
eine heftige Kontroverse aus. Jetzt
meldet sich Franz M. Wuketits, der
in Wien Wissenschaftsheorie mit
Schwerpunkt Biowissenschaft lehrt,
mit seinem neuen Buch „Der freie
Wille“ dazu zu Wort. Darin heißt
es: „Die Vorstellung vom freien
Willen ist eine Illusion. Aber Illusionen sind durchaus nützlich. Sie
können als Resultate der Evolution
durch natürliche Auslese gedeutet
werden und haben ihren Sinn im
Dienste des Überlebens.“ In sechs
Kapiteln geht der Autor gut verständlich auf die ideengeschichtliche Herausbildung der Idee von der
Willensfreiheit und den Nutzen
von Illusionen für Menschen ein,
behandelt Notwendigkeit und Zufall in der Evolution sowie die Entwicklung des menschlichen Geistes
und widmet sich der Evolution der
Illusionen von der Willensfreiheit
sowie dem gesellschaftlichen Leben
mit ihnen. Aus evolutionstheoretischer Perspektive betont Wuketits
die starke Prägung menschlichen
Verhaltens durch Gene, Hormone
und Neuronen, denn von diesen
Vorgaben der Natur könne man
sich nicht befreien. Daraus leitet
der Autor aber nicht die völlige
Preisgabe von verantwortlichem
Handeln ab. Auch Mörder und
Vergewaltiger könnten aufgrund
der Verletzung gesellschaftlicher
Normen bestraft werden. Zu den
sozialen Konsequenzen der Einsicht in die Illusion vom freien Willen hätte man gern Näheres gelesen.
Die Wechselwirkung von innerem
Antrieb und äußeren Möglichkei-
ten, die Wuketits selbst hervorhebt,
deutet außerdem auf die Notwendigkeit einer stärkeren Differenzierung der Grundthese hin.
Armin Pfahl-Traughber
Wuketits, Franz M.: Der freie
Wille : Die Evolution einer Illusion. – Stuttgart : Hirzel – Verlag,
2007. – 181 S. – 22 Euro
Ein neuer Blick auf den
Atheismus
Lesen ist immer ein Abenteuer:
Wer ein Buch aufschlägt und in
ihm liest, weiß nie vorab, wohin es
sie oder ihn tragen wird. Und bei
wichtigen, richtig guten Büchern
kann sie oder er nicht einmal sicher
sein, selbst unverändert wieder aus
der Lektüre herauszukommen. Das
von Richard Faber und Susanne
Lanwerd, beide in der Religionswissenschaft der Freien Universität
Berlin tätig, aufgrund einer Vorlesungsreihe herausgegebene Buch
„Atheismus: Ideologie, Philosophie
oder Mentalität“ gehört eindeutig
zu dieser Kategorie.
In vielfältigen Analysen, die die europäische Neuzeit, die deutsche
Geschichte, die innerdeutsche Gegenwart, die Geschichte der Sowjetunion und die besondere Situation der USA thematisieren, wird
immer wieder nachvollziehbar, dass
die im Untertitel angedeutete Frage, was Atheismus jeweils in unterschiedlicher Weise ist, es wirklich
wert ist, gefragt und konkret beantwortet zu werden.
Dabei wird deutlich, wie sehr immer wieder der konkret historische
Atheismus in die historische Situation eingebettet bleibt, auf die er
sich kritisch bezieht. In philosophischen und eher kulturhistorischen
bzw. kulturwissenschaftlichen Beiträgen gelingt es einer Vielzahl von
Autoren, die in ihren jeweiligen Bereichen unanfechtbare Vorreiter
sind, die unterschiedlichsten Aspekte einer zeitgenössischen Selbstverständigungs-Debatte des Atheismus konturscharf auszuarbeiten
und an entsprechenden Beispielen
zu illustrieren. Die Antike, Spinoza,
Nietzsche und Freud kommen dabei ebensowenig zu kurz wie die jüdische Identität im 20. Jahrhundert, die DDR-Philosophie, die europäische Volkskultur, die sowjetische Herrschaft oder der historische
Kampf zwischen Liberalen, Sozialisten und Völkischen innerhalb der
deutschen Freidenkerei oder der
Stellenwert des Atheismus in der
„christlichen Nation“ der USA.
Mit Beiträgen von Günther Kehrer
über den „lautlosen Abschied von
den Kirchen in den alten Bundesländern“, Horst Groschopp über
den „ostdeutschen Atheismus“ und
Michael Droege über „Atheismus
im bundesdeutschen Religionsverfassungsrecht“ werden strategische
Fragen der deutschen Gegenwart
untersucht, die sich gerade auch
dem organisierten Humanismus
unabweislich stellen.
Wer allerdings meint, sein Atheismus sei so selbstverständlich,
gleichsam als pures wissenschaftliches Wissen konstituiert, dass sie
oder er gar keine Fragen mehr dazu
hat, der sollte sich vielleicht überlegen, ob sie oder er dieses Buch lesen
soll. Denn es wird seine Leser unweigerlich verändern, indem er ihnen neue historische und politische
Horizonte eröffnet – und dadurch
eben Fragen aufwirft!
Frieder Otto Wolf
Faber, Richard; Lanwerd, Susanne: Atheismus. Ideologie, Philosophie oder Mentalität. – Würzburg: Königshausen & Neumann, 2006. – 269 S. – 38 Euro
Ein Beitrag zur
„Schwatzgesellschaft“
Der Oertel ist berühmt im Osten.
17mal hatte man den Sportreporter
in der DDR zum „Fernsehliebling“
gewählt. Legendär ist seine euphorische Aufforderung an junge Väter, ihre neugeborenen Söhne Waldemar zu nennen, um den Marathon-Olympiasieg des DDR-Läufers Waldemar Cierpinski (Moskau
1980) zu feiern. Erhört hat man ihn
schon damals nicht, kaum einer der
heute 27jährigen Ostdeutschen
heißt Waldemar. Und sein neues
Buch „Gott sei Dank. Schluss mit
der Schwatzgesellschaft“ ist ein
zweifelhafter Beitrag zur Wertediskussion, die den Exodus der
„Schwatzgesellschaft“ nicht beschleunigen dürfte. Es ist vielmehr
Teil des Problems.
Dabei soll Oertel der gute Wille
nicht abgesprochen werden. Vom
Verfasser als Entgegnung auf einen
Bestseller des ZDF-Journalisten Peter Hahne gedacht, versteht der
nun bald Achtzigjährige es, den Erfahrungs- und Zitatenschatz eines
reichen Lebens gegen Hahnes missionarische Attitüde „Holt Gott
zurück in die Politik!“ zu wenden.
Oertel erinnert sich gleich auf den
ersten Seiten daran, wie man ihm in
den ersten Kriegsjahren den Gott
versucht hat einzubläuen. Religion
und Naziideologie seien damals
schon ob der zeitlichen wie räumlichen Nähe von Pimpfen- und Konfirmandenstunden eine für ihn unauflösbare Verbindung eingegangen.
Oertel weiß genau, was fragwürdig
ist in diesem Land. Dagegen helfen
„alte Werte“. Bemerkenswert, wer
in Oertels Buch so als „Botschafter
alter Werte“ fungiert. Sportler
natürlich, vor allem: Max Schmeling und Uwe Seeler und die OstSport-Legenden wie der Fußballer
Peter Ducke, der Boxer Wolfgang
Behrendt, der Skispringer Helmut
Recknagel, der Radsportler Täve
Schur und nicht zuletzt auch Waldemar Cierpinski. Letzterer wird
nicht nur als Olympiasieger, sondern auch als erfolgreicher Unternehmer, fairer Arbeitgeber und
Förderer gemeinnütziger Vereine
und somit als gesamtgesellschaftliches Vorbild vorstellt. Bemerkenswert ferner, dass, obwohl Oertel
dem Rennsport eher geringe Wertschätzung entgegenbringt, es auch
Michael Schumacher in diese Reihe
geschafft hat. Er sei „niemals ein
Hasardeur, sondern immer beherzter, mutiger und zugleich intelligenter und besonnener Meister“
gewesen, „fast immer Gentleman,
freundlich, fair, kollegial, hilfsbereit, Familienmensch, kinderfreundlich.“
Diese Charakteristik Schumachers
macht deutlich, welches die Werte
sind, auf die es sich laut Oertel zu
besinnen gilt: Leistungsbereitschaft, Ehrlichkeit, Solidarität, Familien- und Gemeinsinn und ein
gewisses Maß an Bescheidenheit.
Richtig, möchte man sagen. Dass er
sie alle als „alte Werte“ bezeichnet,
hat vor allem damit zu tun, dass er
die Gegenwart als eine Epoche des
Niedergangs begreift. Scheint es
doch so, als wäre Geld das Einzige,
was zählt. Zwanzigjährige Fußballmillionäre, so Oertel, seien eine gesellschaftliche und moralische
„Vernunftsbankrotterklärung“. In
diesem Sinne stellt Oertel die „Diagnose“, dass „Geld […] den Sport
versaut“ und das Doping befördert
hat. Die hieran anschließenden
Ausführungen gehören sicherlich
zu den wenig humanistischen
Schlüsselpassagen des Buches. Seine vereinfachende Sicht der Dinge
ignoriert, dass auch persönlicher
Ehrgeiz und der Wunsch nach gesellschaftlicher
Anerkennung
Sportler zu unerlaubten Praktiken
greifen lassen. Wer würde behaupten, dass die DDR-Sportler um des
Geldes willen gedopt haben oder
gedopt worden sind? Das ganze
wäre nicht der Rede wert, hätte diese Bestandsaufnahme nicht den tieferen Sinn, die gesamte Gesellschaft
als „krank“ zu beschreiben. Irritiert
liest man noch auf derselben Seite:
„Längst wissen wir auch, die Seuchenansteckunsgefahr ist dort am
allerstärksten, wo die komplette
Gesellschaft kränkelt, mit Lustigsein und Dauerspaßsucht und
Geldsüchtigen aus den Fugen geriet
und sich mögliche Immunkräfte
selber raubte. Wo so viele Bazillen
und Viren schwirren – Betrug, Korruption, Unehrlicheit, Selbstsucht
und Arroganz ... – hat es gesundes
Leben, Zusammenleben sehr
schwer.“ Vorsichtig formuliert ist
dies eine Sprache, wie sie den Deutschen seit Max Nordaus Buch von
der Entartung (1882) geläufig war
und wie sie besonders in den Jahren
nach 1933 Verwendung fand.
Zu den Ärgernissen gehört ferner,
dass Oertel Menschen, die sich den
von ihm propagierten Werten versagen, unter abwertenden Begriffen
subsummiert. Neben „Ich-Betonern“ sind Oertel noch „PolitikMenschen“ und vor allem „Baldrianisierer“ bekannt. Letztere seien
mehr oder weniger talentierte „Ruhigsteller“ in Politik und Medien,
die Menschen einzulullen, aber
nicht aufzuklären vermögen: „Man
macht auf lustig, freundlich, verbindlich, pomadig, je nach dem, alles nach dem Grundmuster: Keinem zu nahe treten, schon gar nicht
auf den Schlips, wörtelnd, schwatzend, immer wie die Katze um den
heißen Brei“. Da Oertel zu diesen
„Baldrianisieren“ sowohl „Spaßmacher“ wie Thomas Gottschalk als
auch „Meinungsmacher“ wie Günther Jauch, Sabine Christiansen
und eben auch Peter Hahne zählt,
sind sie ohne Unterschied alle der
homöopathischen Diffamierung
preisgegeben.
Der Stammtisch kann sich bei Oertel bedanken. Sein Buch ist bei aller Sympathie doch auch ein gutes
Beispiel für den dieser „Schwatzgesellschaft“ eigenen Aufklärer-Gestus, jenes unreflektierten wie verantwortungsfreien Gratisengagements, das sich dem Zeitgeist gerade nicht entgegenstemmt, sondern
nur die Debatten in den Kneipen
munitioniert.
André Schlüter
Oertel, Heinz – Florian: Gott sei
Dank. Schluss mit der Schwatzgesellschaft. – Berlin : Das Neue
Berlin, 2007. – 9,90 Euro
3/2007
37
angesehen
Gernoth Schmidt
Mit 80 hat man
noch Träume
oder: Exotik aus dem Emmental
■ Herbstzeitlose blühen im Altweibersommer. Da alles an ihnen hochgiftig ist, nennt
sie der Volksmund auch Leichenblume.
Ihre Zeit ist gekommen, wenn die bunte
Pracht anderer Pflanzen nur noch Erinnerung ist, an Tage, die lang waren und hell.
Martha und Lisi, Hanni und Frieda sind
die Vier von der Kaffeetafel. Zusammen
bringen sie es auf gut 300 Lebensjahre.
Martha geht es schlecht, seit sie ihren Mann
verloren hat. Sie wartet auf den Tod. Doch
das kann dauern. Sie hat es ja versucht, sich
im Festgewand ins Bett gelegt und gebetet,
nicht wieder aufzuwachen. Das Beten hat
nicht geholfen.
Um Stoff für die anlässlich des bevorstehenden Chorfestes auszubessernde Vereinsfahne des Männergesangvereins zu kaufen, begleiten die Freundinnen die gelernte
Schneiderin Martha beim Ausflug in die
Kantonshauptstadt Bern. Martha kann sich
an der unerschöpflichen Vielfalt der Materialien gar nicht satt sehen. Weniger Zuspruch findet die Qualität ihrer Verarbeitung bei der Damenunterwäsche im Fachhandel nebenan. Sie weiß: Das kann ich
besser! Diese Szene, in der die 80-Jährige
prüfend Negligés und Stringtangas herumschwenkt und sich vor den Augen der ver-
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blüfften Verkäuferin detailliert über Mängel bei der Ausführung empört, ist grotesk,
umwerfend komisch und vielleicht die
schönste im ganzen Film. Daheim im Alpendörfli (Trub im Emmental) überredet
die quirlige Lisi Martha, endlich deren Lebenstraum zu verwirklichen und eine Boutique mit eigenen Kreationen zu eröffnen.
Das Urteil der tratschenden Dorfgemeinschaft ist eindeutig: Je oller, desto doller, die
Furcht der Honoratioren groß, zum Gespött der ganzen Schwyz zu werden. Der
Dessousladens wird zur „no go area“ und
Martha, was Lisi schon immer war, zur
Außenseiterin. Selbst ihr Kirchgang steht
fortan nicht im Zeichen der Demut, sondern der Demütigung.
„Das Alter ist der würdigste Lebensabschnitt“ schleimt Hannis Sohn, als Gemeindevorsitzender der Land-und-Lüt-Parti im Umgang mit Phrasen geübt, seiner betagten Zuhörerschaft in die Hörgeräte, um
kurz danach die eigenen Eltern vom Hof ins
Altenheim abzuschieben. Doch etwas hat
sich geändert. Beeindruckt von Marthas
Mut wird auch Hanni zur unwürdigen Alten, sie lässt sich nicht länger bevormunden,
weder von ihrem übel gelaunten pflegebedürftigen Gatten, noch von ihrem gierigen
Sprössling. Sie macht den Führerschein als
Schritt zur Unabhängigkeit.
Beim Chorfest kulminieren die Ereignisse. Wie es sich für eine märchenhafte Komödie gehört, wird Marthas Geschäftsidee –
dank Internet-Marketing – zu einem
Riesenerfolg, haben Niedertracht und
Scheinheiligkeit das Nachsehen. Der Bedarf
an hochwertiger Reizwäsche ist da, schim-
mernd in pastellenen Rosa- und Violetttönen, den Blütenfarben der Herbstzeitlosen.
In der Schweiz war der Film ein Kinohit
und ein bisschen ist er es auch bei uns geworden. Es ist schwer, ihn nicht zu mögen,
und leicht, ihn zu kritisieren, für das, was er
ist und für das, was er nicht ist. Als Variante des aufgeklärten Heimatfilms können die
betulich inszenierten Herbstzeitlosen eine
gewisse Nähe zum Komödienstadl kaum
leugnen. Das Rezept ist schlicht, aber wirksam: Ein etwas schlüpfriges Thema mit
ernstem Hintergrund, eine Hauptfigur, die
allen Widerständen trotzt, Witz und Herz
satt. Das Ende der moralischen Geschichte
ist so, wie man es von Anfang an erwarten
konnte: Die Hinterwäldler haben dazugelernt.
Es ist ein Film, der Hoffnung macht,
kleine Fluchten bietet. Er treibt dem Alltag
das Alltägliche, dem Leben das Lebensmüde aus. Sogar die strenge Frieda lernt das
Lächeln wieder, als sie im Computerkurs
Herrn Loosli begegnet, einem Kavalier alter
Schule. Hoffnung macht auch das gelebte
Vorbild der reizenden alten Damen, die
wunderbar agieren, allen voran Stephanie
Glaser in der Rolle der Martha, die zur
Drehzeit nicht etwa 80, sondern bereits 86
Jahre war.
Wenn Europa vergreist, wie prognostiziert wird, kann man den Film als Menetekel einer Zukunft lesen, in der Rentenansprüche mit 65 – und selbst 67 – wie Sagen
aus uralten Zeiten klingen. Nicht nur Martha kann noch mit 80 Leistung bringen und
Jüngere alt aussehen lassen. Auch die Senioren im Altenheim, die auf die Reizwäsche
Verzierungen aufsticken, leben sichtlich
wieder auf, als sie plötzlich wieder nützlichere Dinge tun (dürfen) als Bingo zu spielen und die Langeweile vertreiben. Ist dies
eine Perspektive über den Einzelfall hinaus,
die angesichts der Katastrophe des irgendwann kollabierenden Rentensystems neue
Chancen bietet? Machen wir uns nichts vor:
In Film wie Wirklichkeit wird von denjenigen, die das Gnadenbrot erhalten, unausgesprochen eine Gegenleistung erwartet:
Nicht auffallen, die Jüngeren nicht stören,
sich still zurückziehen.
Vertieft wird dieses Thema nicht, denn
„Die Herbstzeitlosen“ ist ein kleiner Film
für zwischendurch, leicht und bekömmlich.
Man kann sich köstlich amüsieren. Nicht
mehr. Aber auch nicht weniger. Und das ist
viel.
●
Aussprache
In der Sendung „Beckmann“ am 11.
Juni 2007 fragte Moderator Reinhold Beckmann den beliebten Schauspieler und Showmaster Joachim
„Blacky“ Fuchsberger nach seinen
Vorstellungen über das, was nach
dem Tod kommt. Der 80-jährige
Fuchsberger gab eindeutig zu verstehen, dass er da ein sehr klares Bild
habe, nach dem Tod käme nichts:
„Nach der Abgabe des Löffels ist der
Fall erledigt. Das ist meine persönliche Lebenserkenntnis, dass wir ein
Leben lang für das, was wir tun,
selbst verantwortlich sind und nicht
andere verantwortlich machen können, auch nicht den viel gepriesenen
und oft missbrauchten lieben Gott.
Auch nicht jemand anderen aus dem
manchmal recht unzulänglichen Bodenpersonal des eben Genannten.
Nein wir sind für uns selbst verantwortlich, bevor wir die Erde verlassen, dafür gerade zu stehen, was wir
getan haben. Ich sehe keine Möglichkeit für mich persönlich, irgendwo
noch ein bisschen Gnade zu erfahren
oder Nachsicht – nein, es ist dann
vorbei… Deswegen bemühe ich mich
so zu leben, dass ich sage, ich bin dem,
was mir gegeben war, halbwegs ge-
Eine wichtige Voraussetzung einer jeden argumentativen Kritik sollte die
richtige Wiedergabe des Kritisierten
sein. Dies ist leider in dem Text von
Hubert Schulz und Herbert Wils (im
Folgenden: Schulz/Wils) nicht immer
der Fall. Obwohl hier nicht nur zwei,
sondern vier Augen gelesen haben, referieren sie meine Positionen häufig
nicht so, wie sie dastehen, sondern so,
wie sie meinen, dazustehen. Eine
Auflistung und Bewertung solcher
Fehlwahrnehmungen macht aber wenig Sinn, hier reicht der Rat zur erneuten Lektüre des ursprünglichen
Beitrags zur Klärung.
Eine nähere Kommentierung erfordern allerdings die politischen Ausführungen gegen Ende des Textes von
Schulz/Wils: Dort wird davon gesprochen, ich würde „Links und
Rechts, Rot und Braun, Täter und
Opfer“ in einen Topf werfen. An keiner Stelle meiner Thesen oder meiner
sonstigen Veröffentlichungen habe ich
dies getan. So etwas einem Dozenten
für Politischen Extremismus und Politische Ideengeschichte mit langjähriger Forschungs- und Publikationspraxis zu unterstellen, ist darüber
hinaus mehr als nur absurd.
Mein Hinweis, ein HumanismusVerständnis müsse sich vom orthodoxen Marxismus-Leninismus abgrenzen, entstammt auch nicht der „Mottenkiste des Kalten Krieges“, sondern
dem Bekenntnis zu Demokratie und
Menschenrechten. Immerhin handelt
es sich hierbei um die Legitimationsideologie von einigen der nach dem
NS-Staat übelsten Diktaturen des
20. Jahrhunderts. Nur weil sie sich
auch als atheistisch verstand, hat dies
mit einem säkularen Humanismus
nichts zu tun.
Zu der mir zugeschriebenen „Absicht,
Marxisten und Teile der politischen
Linken vom Erbe des Humanismus
zu trennen“, kann ich hinsichtlich
Letzterem nur sagen: Ja, das ist so! Leninisten, Stalinisten, Maoisten sowie
andere Anhänger kommunistischer
Diktaturen stehen nicht in dieser geistigen Tradition. Marx wird hier ambivalent rezipiert, insofern lässt sich
keine pauschale Deutung vornehmen.
Im Eintreten für Demokratie und
Menschenrechte lasse ich mir auch
gern eine „undifferenzierte“ Haltung
unterstellen.
Besonders absurd wirkt der Vorwurf
einer Nähe zum „Geschichtsrevisionismus“. Ich habe mich in zahlreichen
Aufsätzen und Büchern mit einer
ideologisch motivierten Verzerrung der
Geschichte auseinander gesetzt. Man
sollte sich bei der Zuordnung von politischen Etiketten vorher über den Betroffenen und seine Positionen informieren. Politische Unterstellungen
sind keine sachlichen Argumente.
Armin Pfahl-Traughber, Köln
recht geworden. Ich will nicht meinem Richter ins Auge schauen, ich
will mir jeden Morgen im Spiegel
beim Rasieren ins Auge schauen, ohne
dass ich kotzen muss.“
Humanismus grenzt
antidemokratische
Ideologien aus!
In diesseits Nr. 77 legte Armin
Pfahl-Traughber Thesen zu einer
Theorie des Humanismus vor
und regte eine Diskussion dazu
an. Ihm antworteten Hubert
Schulz und Herbert Wils in Heft
79. Hier geht Pfahl-Traughber
auf deren Ausführungen ein:
Der Diesseits -Gedanke
Der Aberglauben schlimmster ist,
den seinen für den erträglichern zu halten.
Gotthold Ephraim Lessing, 1729 -1781
3/2007
39
HUMANISTISCHER VERBAND
DEUTSCHLANDS (HVD)
Bundesvorstand
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin
Fon 030-613 904-34, Fax 613 904-50
http://www.humanismus.de
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Bundesverband Junge
HumanistInnen
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BADEN-WÜRTTEMBERG
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Die Humanisten Württemberg
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[email protected], www.dhuw.de
BAYERN
HVD Bayern e.V.
■ Landesgeschäftsstelle
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,
90489 Nürnberg
Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15
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Humanistische Akademie
Bayern e.V.
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,
90489 Nürnberg
Fon 0911-43104-0, Fax -15
www.humanistische-akademie-bayern.de
[email protected]
HVD Nürnberg K.d.ö.R.
■ Geschäftsstelle
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,
90489 Nürnberg
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■ Bestattungsreden: 0911-43104-14
■ Service-Line 0180-11 123 11
■ Jugendfeier-Team und Junge
HumanistInnen: 0911-43104-11
[email protected]
www.jugendfeier.net
Stadtmauerturm der JuHus:
Spittlertormauer 7, 90402 Nürnberg
■ Humanistischer Kindergarten
Nbg.-St. Peter
Burgerstr. 6, 90478 Nürnberg
Fon 0911-42 45 68-0, Fax -3
[email protected]
■ Humanistischer Kindergarten
Nbg.-Mögeldorf
Ziegenstr. 28, 90482 Nürnberg
Fon 0911-95 33 58-0, Fax -3
[email protected]
■ Humanistisches Haus für Kinder
Am Südpark
Dr. Meyer-Spreckels-Str. 5,
90763 Fürth
Telefon 0911-97791013, Fax -17
[email protected]
■ Turm der Sinne gGmbH
Büro: Spittlertorgraben 45
90429 Nürnberg
Fon 0911-441620, Fax 9443269
[email protected]
www.turmdersinne.de
Adresse des Turms: Mohrenturm am
Westtor, Nürnberg, Spittlertormauer 17
HVD Würzburg
Bukarester Str. 12, 97084 Würzburg
www.hvd-wuerzburg.de.vu
[email protected]
BERLIN/BRANDENBURG
Humanistischer Verband
Berlin-Brandenburg
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin
Fon 030-613 904-0
Fax 030-613 904-50
BERLIN
HVD Berlin
Landesgeschäftsstelle
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin
Fon 030-613 904-0
Fax 030-613 904-50
[email protected]
Direkte Durchwahlnummern:
■ Abteilung Kitas -39
■ Abteilung Gesundheit/Soziales –25
■ Abteilung Lebenskunde -60
■ Abteilung Jugend/Jugendfeier
Fon 030-613 904-74, Fax -89
■ Patientenverfügungen/Trauergruppen
-11, -19, Fax -36
www.patientenverfuegung.de
[email protected]
■ V.I.S.I.T.E.
Besuchs- und Hospizdienst -32
www.visite-hospiz.de
[email protected]
■ Öffentlichkeitsarbeit -26
■ Kultur -23
■ Fundraising -38
■ Freiwilligenarbeit/Mitgliederbetreuung/Seniorenkoordinatorin -15
■ Junge HumanistInnen Berlin
Danziger Str. 50, 10437 Berlin
Fon 030-442 72 16, Fax 442 34 93
[email protected]
[email protected]
■ Jugendtreff „PPZ“ der Jungen
HumanistInnen, Marzahner Chaussee 9
10315 Berlin, Fon/Fax 030-510 17 76
■ Schulklub Sakura-Grundschule
Rochstraße 7, 10178 Berlin
Fon 030-42 85 21 79
■ Café Rix GmbH
Karl-Marx-Straße 141, 12043 Berlin
Fon/Fax 030-686 90 20
■ Sozialstation „Die Brücke“
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin
Fon 030-613 904-93 /-97, Fax -91
■ Mobilitätshilfedienst Berlin-Mitte
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin
Fon 030-613 904-95 /-96, Fax -91
■ Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle, Behmstr. 73
10439 Berlin, Fon/Fax 030-441 79 92
[email protected]
■ Kontakt- und Informationsstelle für
Selbsthilfe (KIS)
Nachbarschaftshaus Pfefferwerk
Fehrbelliner Str. 92, 10119 Berlin
Fon 030-443 43 17, Fax 44 34 04 78
■ Betreuungsverein
Alt-Moabit 108 a, 2. Etg., 10559 Berlin
Fon 030-441 30 57, Fax 441 30 59
[email protected]
■ Brückentreff Psychosoziale Kontaktund Beratungsstelle
Torstraße 158, 10115 Berlin
Fon 030-280 74 42/ -43, Fax -44
Kitas:
■ Adlershofer Marktspatzen
Helbigstr.31, 12489 Berlin
Fon/Fax 030-677 42 09
■ Am Park
Engelhardtstr. 10, 12487 Berlin
Fon/Fax 030-631 66 99
■ Bornsdorfer Str. 14, 12053 Berlin
Fon 030-56 82 86 63
■ Dreikäsehoch
Johanna-Tesch-Str. 20, 12439 Berlin
Fon 030-671 70 33, Fax 67 89 45 28
[email protected]
■ Friedenauer Strolche
Sponholzstraße 16, 12159 Berlin
Fon/Fax 030-75 60 62 09
■ Gartenstadtfrösche
Zur Gartenstadt 239, 12526 Berlin
Fon 030-67 82 45 03, Fax 67 82 45 04
[email protected]
■ General-Woyna-Str. 48
13403 Berlin, Fon/Fax 030-413 30 72
■ Holtheimer Weg 6-8, 12207 Berlin
Fon 030-712 49 30, Fax 71 09 74 92
■ Hopsekäse
Scharnweberstr. 60, 10247 Berlin
Fon/Fax 030-291 61 64
■ Kastanienallee 28/30, 12627 Berlin
Fon/Fax 030-995 22 69
[email protected]
■ Kinderhaus Felix
Zühlsdorfer Str. 16, 12679 Berlin
Fon 030-935 80 35, Fax 93 02 78 16
[email protected]
■ Knirpsenstadt am Glitzerbach
Geraer Ring 50/52, 12689 Berlin
Fon/ Fax 030-933 91 98
■ Landreiterweg 55, 12353 Berlin
Fon 030-667 90 90, Fax 66 79 09 33
■ Michel-Klinitz-Weg 18
12349 Berlin, Fon 030-743 10 14
■ Mühlengeister
Thomas-Mann-Str. 17/19, 10409 Berlin
Fon 030-424 17 31, Fax 42 16 15 86
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■ Pillnitzer Weg 6, 13593 Berlin
Fon 030-20 91 48 90, Fax 209 14 89 20
[email protected]
■ PrenzlZwerge
Stahlheimer Str. 27, 10439 Berlin
Fon 030-445 71 94, Fax 40 00 30 61
[email protected]
■ Stadtfüchse
Jablonskistr. 11, 10405 Berlin
Fon/Fax 030-441 42 82
erzieherinnen.stadtfuechse @web.de
■ Wasserwerkstr. 3, 13589 Berlin
Fon 030-37 49 90 30, Fax 374 99 03 24
[email protected]
■ Rappelkiste
Alfred-Randt-Str.15/17, 12559 Berlin
Fon 030-654 35 58, Fax 654 60 49
■ Wirbelwind, Friedrich-EngelsStr. 45/47, 13156 Berlin
Fon 030-916 51 24, Fax 47 03 68 69
[email protected]
■ Zum Hasenhügel
Waldheimer Str. 10/12, 12627 Berlin
Fon 030-994 28 49, Fax 99 28 50 79
[email protected]
■ Konfliktberatung für Paare
Fon über 030-613 904-15
■ Neustart – Betreutes Wohnen
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Holzhauser Straße 72, 13509 Berlin
Fon 030-4 14 68 74, Fax -75
[email protected]
www.wp-neustart.de
■ Humanistische Akademie e.V.
Redaktion „humanismus aktuell“
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin
Fon/Fax 030-44 34 09 41
www.humanistische-akademie.de
■ Koordinierungsstelle für ambulante Rehabilitation älterer Menschen in Neukölln
Haus des älteren Bürgers
Werbellinstraße 42, 12053 Berlin
Fon 030-689 77 00, Fax 68 97 70 20
■ Berliner Seniorentelefon
Fehrbelliner Straße 92, 10119 Belin
Fon 030-279 63 93, Fax 44 02 49 97
Sprechzeiten: Mo, Fr, So 14-16 Uhr, Mi
12-16 Uhr unter Fon 030-279 64 44
www.berliner-seniorentelefon.de
[email protected]
■ HOTEL4YOUth
Schönhauser Allee 103, 10439 Berlin
Fon 030-446 77 -83, Fax -859
www.hotel4youth.de, [email protected]
■ Kinder- und Jugendbüro Marzahn
Kastanienallee 55, 12627 Berlin
[email protected]
■ Internetcafé für Senioren
Weltenbummler, Werbellinstraße 42,
12053 Berlin-Neukölln
Fon 030-68054287
■ Gesundheitliche und soziale Dienste
des HVD in Tempelhof,
Friedrich-Wilhelm-Straße 59
12103 Berlin, Fon 030-71096852
BRANDENBURG
Humanistischer Regionalverband
Ostbrandenburg e.V.
PF 1142, 15701 Königs Wusterhausen
Fon 03375-29 77 78, Fax 29 33 35
[email protected]
www.hro-kwh.de
■ Aktionskita „Knirpsenstadt“
Goethestr. 5,
15711 Königs Wusterhausen
Fon 03375-87 28 45
■ Jugend-Freizeit-Zentrum
Scheederstr. 47,
15711 Königs Wusterhausen
Fon 03375-29 67 69
HVD Regionalverband Brandenburg
Nord e.V.
Mühlenfeld 12, 16515 Oranienburg
Fon 03301-83 41 11, Fax 83 41 20
■ Humanistisches Musikzentrum
■ Feierkultur
■ Schuldnerberatung, Vermeidung von
Obdachlosigkeit
■ Jugend- und Sozialwerk gGmbH
Kanalstr. 20, 16515 Oranienburg
Fon 03301-58 28 94
■ Berufsbildungswerk Nordost gGmbH
Albert-Buchmann-Str. 1,
16515 Oranienburg
Fon 03301-53 54 40
■ Betreutes Jugendwohnen
Bernauer Str. 146, Haus 106,
16515 Oranienburg
Fon 03301-80 70 56
Nebenstelle Neuruppin
Fehrbelliner Str. 139, 16816 Neuruppin
Fon 03391-50 38 42, Fax 35 05 13
■ Feierkultur
■ Selbsthilfe-Kontaktstelle
■ Schulsozialarbeit
Humanistischer Regionalverband
Brandenburg/Belzig e.V.
Willibald-Alexis-Str. 28
14772 Brandenburg
Fon 03381-73 03 80, Fax 73 03 79
[email protected]
Kinder- und Jugendclub, Jugendfeier,
Seniorenarbeit, Junge Humanisten,
Schulsozialarbeit, Bereich „Hilfe zur
Erziehung“
Stadtteilbüro im Bürgerzentrum
Große Gartenstraße 42a
14776 Brandenburg an der Havel
Fon 03381-25 09-62, Fax -63
Humanistischer Regionalverband
Potsdam/Potsdam-Mittelmark e.V.
■ Geschäftsstelle Potsdam
Jägerstr. 36, 14467 Potsdam
Büro und Patientenverfügung:
Fon 0331-290 94 76
Jugendfeier: Fon 0331-270 98 04
Fax 0331-280 58 81
[email protected]
[email protected]
Humanistischer Regionalverband
Teltow-Fläming e.V.
Goethestr. 8, 14959 Trebbin
Fon/Fax 033731-805 24
Humanistischer Regionalverband
Märkisch-Oderland e.V.
„Arche“, Carl-Schmäcke-Straße 33
15366 Neuenhagen
Tel. 03342-21584, Fax 21586
Humanistisches Internationales
Begegnungs- und
Beratungszentrum (HIBBZ)
Eisenbahnstr.14, 16225 Eberswalde
Fon und Fax 03334-212491
www.hibbz.de, [email protected]
Humanistischer Freidenkerbund
Brandenburg e.V.
Postfach 600 813, 14408 Potsdam
Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47
Fon 03338-396 31, Fax 03338-396 32
Humanistischer Freidenkerbund
Havelland e.V.
■ Geschäftsstelle
Karl-Thon-Str. 42, 14641 Nauen
Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47
[email protected]
■ Jugendtreff Miteinander, Frauen- und
Selbsthilfetreff, Berliner Str. 41, 14712
Rathenow, Fon 03385-51 55 31
■ Treff: Suchthilfe, Kleiderkammer,
Obdachlosenarbeit, Suppenküche
Ritterstr. 9, 1641 Nauen
Fon 03321-45 07 46
Freidenker Barnim e.V.
■ Geschäftsstelle
Rüdnitzer Chaussee 48-50, 16321 Bernau
Fon 03338-3 96 31, Fax 3 96 32
■ Informations- und Beratungspunkt
Berliner Str. 48, 16321 Bernau
Fon/Fax 03338-2416
Jugendarbeit, Jugendfeier, Senioren- und
Rentenberatung, Patientenverfügung,
Sozialberatung
HAMBURG
[email protected]
MECKLENBURG-VORPOMMERN
[email protected]
NIEDERSACHSEN
Freie Humanisten K.d.ö.R.
Landesgeschäftsstelle
Otto-Brenner-Str. 22, 30159 Hannover
Fon 0511-16 76 91-60, Fax -78
[email protected]
www.freie-humanisten.de
■ Studentenwohnheim „Haus Humanitas”
Fon -61
■ Feierservice für weltliche Familienfeiern, Fon -63
■ JugendFEIER (Landeskoordination)
■ Junge Humanisten, Fon 0511-1 85 61
www.junge-humanisten.de
Freie Humanisten Oldenburg
Grünberger Str. 7, 26127 Oldenburg
Fon 0441 882943
Freie Humanisten Osnabrück
[email protected]
Humanistischer Verband
Wesermarsch
Postfach 1125, 26926 Elsfleth
Fon 04401-695817
Regionalgeschäftsstellen
Hannover
Otto-Brenner-Str. 22, 30159 Hannover
Fon 0511-1 61 40 12, Fax 16 76 91 78
Emden
c/o Eckhard Kühl
An der Sporthalle 1, 26759 Hinte
Fon 04925-8725, Fax 2146
NORDRHEIN-WESTFALEN
HVD Nordrhein-Westfalen K.d.ö.R.
Landesgeschäftsstelle
Küpferstr. 1, 44135 Dortmund
Fon 0231-52 72 48, Fax 57 20 72
[email protected]
www.hvd-nrw.de
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■ Humanitas-Verlag
www.humanitas-verlag.de
■ Junge HumanistInnen NRW
Fon 0231-5 86 15 70
HVD Bergisches Land
Chlodwigstr. 28
42119 Wuppertal-Elberfeld
Fon 0202-46 04 555
HVD Bielefeld
Fon 05234-203761
[email protected]
HVD Duisburg
Fon 0203-29 82 440
SACHSEN
HVD Sachsen
Großenhainer Straße 88
01127 Dresden, Fon 0351-2198100
[email protected]
SACHSEN-ANHALT
Humanisten Sachsen-Anhalt
c/o Junge Humanisten Magdeburg e.V.
Johannes-R.-Becher-Straße 57
Fon 0391-2515938, Fax 2516338
humanisten.sachsen-anhalt@
juhu-magdeburg.de
Humanistischer Regionalverb.
Halle-Saalkreis e.V.
Bürgerhaus „alternativE“
Gustav-Bachmann-Straße 33
06130 Halle
Fon 0345-1 31 94 73
Fax 0345-1 31 94 75
[email protected]
■ Frauen Kommunikationszentrum
■ Offener Kinder- und Jugendtreff
■ Trauerberatung, Patientenverfügungen,
Fon 0345-2023168
■ Begegnungsstätte
Fon 0345-12 26 90 22
■ Schuldnerberatung
Fon 0345-1319053
■ Musikinstrumentenkabinett
■ Jugendfeier Fon 0345-1319473
Humanistischer Regionalverb.
Südliches Sachsen-Anhalt e.V.
■ Bürger und Jugendhaus/Herberge
Huttenstraße 12, 06217 Merseburg
Fon 03461-21 35 19
[email protected]
■ Jugendlub „Die Hütte“
Unter den Eichen, 06217 Merseburg
Fon/Fax 03461-50 28 75
■ Jugendfeier Fon 03461-213519
■ Jugendclub „Elofant“
Häuerstraße 33, 06242 Braunsbedra
Fon 0177-2115619
■ Projekt Schulsozialarbeit
Sekundarschule „Unteres Geiseltal“
Häuerstr. 39, 06242 Braunsbedra
Fon 034633-2 26 09
Junge Humanisten Magdeburg e.V.
■ KJFE „Kannenstieg“
Johannes-R.-Becher-Straße 57
39128 Magdeburg
Fon 0391-2 51 59 38, Fax -63 38
[email protected]
■ Schülertreff „Rothensee“
Badeteichstraße, 39126 Magdeburg
Fon 0391-5 05 00 44
■ Jugendfeier Fon 0391-2515938
Humanistischer Regionalverb.
Mansfelder Land e.V.
■ Jugendclub „Die Leuchte“
Beethovenstraße 1, 06333 Hettstedt
Fon 03476-85 11 49
■ Jugendtreff „Bombastic“
Friedenstraße 1, 06456 Sandersleben
Fon 034785-2 02 59
Matthias Koeppel
Nirrwannanar?
Ubb ück nn dnn Himmbul kummbe
odur nn di Hullen, –
Zappurmant, diss üsst diss Tumbe:
gorrnixx nöcht wüll ück nücht wullen.
Neicktar ont Ammprausiar
ont koin Ssöxxckz mm Himmbul!
Maucht drr Deifful – forchturpar –
Prattworschd oss min Pimmbul?
Ück geih ünz Nirrwannanar,
drünck durt Zöckkt ont Pilsunar
mütt Nirrwannar-Neuxen;
duch drr HÖRRGUTT löchult muldd:
„Manschen snd min Eibnbulldt, –
duch darr geibbt’z auchch Heuxxen“.
Matthias Koeppel feiert in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag. Der in Hamburg gebürtige Lyriker, nach eigenem Bekunden eher „Sprachkünstler“, wurde vor allem durch seine
Gedichte in der Kunstsprache Starckdeutsch (Erstveröffentlichung 1976) bekannt. Allerdings ist Koeppel in erster Linie ein sehr produktiver Maler, Mitbegründer der „Schule
der neuen Prächtigkeit“ und Inhaber der Professur für Freies Malen und Zeichnen an der
TU Berlin.
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Anschrift
Datum
Selbst denken – Gemeinsam leben
Humanistinnen und Humanisten gestalten ihr Leben
selbstbestimmt und verantwortlich, frei von Religion. Es liegt am
Menschen selbst, ethische und moralische Entscheidungen zu
treffen. Diese Freiheit haben wir den Gedanken der Aufklärung
zu verdanken, in deren Tradition der Humanistische Verband
Deutschlands steht.
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Als Humanistinnen und Humanisten stehen wir zu unserer
Verantwortung für die Menschen, das Leben und die Natur. Über
die Grenzen von Sprachen und Kulturen hinweg setzen wir auf
den friedlichen Austausch von Ideen und Erfahrungen. Dabei
achten und respektieren wir alle weltanschaulichen und religiösen
Lebensauffassungen. Toleranz hat jedoch dort Grenzen, wo
Menschenrechte missachtet und Positionen der Intoleranz
vertreten werden.
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Humanistischer Verband Deutschlands, Wallstraße 61-65, D-10179 Berlin
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Wir arbeiten eng mit unseren Partnerverbänden in der ganzen
Welt zusammen, die wie wir der Internationalen Humanistischen
und Ethischen Union (IHEU) angehören.
Der Humanistische Verband Deutschlands ist eine
überparteiliche, demokratische Organisation, die sich in allen
Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Lebens engagiert,
in denen weltanschauliche Fragen berührt sind. Humanistinnen
und Humanisten beziehen Stellung in den ethischen Debatten
unserer Zeit.
Der Humanistische Verband Deutschlands organisiert Kulturund Bildungsangebote und bietet soziale Unterstützung und
humanistische Beratung für Menschen in allen individuellen
Lebenslagen. Wir richten weltliche Namens-, Jugend-, Hochzeitsund Trauerfeiern aus. In Berlin ist der Humanistische Verband
Träger des Schulfaches Lebenskunde und bundesweit von vielen
Kindertagestätten. Besonders gefragt ist das Angebot der
Patientenverfügung. Die „Jungen HumanistInnen“ unterstützen
Kinder und Jugendliche auf dem Weg zu einem selbstbestimmten
Leben. Bundesweit werden zirka 250.000 Menschen pro Jahr
durch die Dienstleistungen des Verbandes erreicht.