Neuro-Rehabilitation: Lagerung und Mobilisation Schwerstbetroffener

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Neuro-Rehabilitation: Lagerung und Mobilisation Schwerstbetroffener
Neuro-Rehabilitation:
Lagerung und Mobilisation
Schwerstbetroffener
aus der Sicht der Physiotherapie
Hansueli Schläpfer
…schwierig als letzter Referent dazustehen, da
schon vieles gesagt wurde…
…positiv zu erleben, dass Multidisziplinarität so
zentral ist und alle das gleiche Thema behandeln!
Lagern ist wichtig und hilft den
Patienten für ein besseres
Körpergefühl
Simone Albert
zu meiner Person:
• Leiter Physiotherapie Felix Platter-Spital Basel
• Bobath-Instruktor (seit 1985)
• Präsident IBITA Swiss
• und heute…. in Vertretung u.a. von
Simone Albert
Hansueli Schläpfer
Was bedeutet «schwerst betroffen»?
• Aspekt der
Behinderung
Lokalisation /
Auswirkung auf
verschiedene
Körpersysteme
Patient R, 88 J
27.08.2012
Simone Albert
Muskuloskeletales
System
Neuromuskuläres
System
Sensorische
Systeme
Sensorische
Strategien
System Model
Posturale
Kontrolle
Adaptive
Mechanismen
Antizipatorische
Mechanismen
Innere
Repräsentation
Was bedeutet «schwerst betroffen»?
• Aspekt:
Auswirkung auf den Alltag
..letztendlich:
Was
bedeutet die
Behinderung
für den
Patienten?
Was bedeutet «schwerst betroffen»?
• Aspekt der Wahrnehmung
Grundsätzliche Überlegungen in
der Neuro-Rehabilitation!
• Rehabilitation kommt von «re-habilitare»
und bedeutet «wieder fähig machen»
• Rehabilitation (WHO)
Rehabilitation
Definition WHO
www.who.int/topics/rehabilitation
Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen
ist ein Prozess, ihnen zu ermöglichen, ihre
optimalen physischen, sensorischen, geistigen,
psychischen und sozialen funktionalen Ebenen zu
erreichen und aufrechtzuerhalten.
(bio-psychosoziale Aspekte).
Rehabilitation bietet Menschen mit Behinderungen
das, was sie benötigen («Tools»), um Unabhängigkeit zu erreichen und Selbstbestimmung zu
wahren.
• Rehabilitation bedeutet:
Lernen unter erschwerten Bedingungen’
• …..die Betroffenen haben oft keine
Möglichkeit, Lagewechsel selbständig
durchzuführen
• …..sie verharren in Positionen
• Lernen unter erschwerten
Bedingungen bedeutet für uns als
Health Professionals:
• das Verhalten genau beobachten
• versuchen zu verstehen, «warum?», «wieso?»
• überlegen, was «man/frau» erreichen will/
muss!?
Thema „Bobath“
• «veraltet» ??? – ja und nein
• heute neue Therapieansätze
(Neurophysiologie/ Plastizität/ motor. Lernen
usw.)
• wichtig: Kein «entweder – oder»
• moderner Therapie-Ansatz (Clinical
Reasoning und Bewegungsanalyse)
• Aufgaben und alltagsorientiertes Training
Aktuelles 20 Jahre nach „Bobath“
• Tonus kann beeinflusst werden
• Lernen von neuen Bewegungen ist möglich
• 24-Stunden-Konzept als wichtige Grundlage der Rehabilitation
(inkl. interdisziplinäre Zusammenarbeit)
• Lagerungen sind wichtig usw.
Interdisziplinarität
• Rehabilitation im Allgemeinen, bei
schwerstbehinderten Menschen im
Speziellen, erfordert Zusammenarbeit
zwischen den Disziplinen und den
Angehörigen
• Management über 24-Stunden spielt eine
entscheidende Rolle…….
• …..und so gehört auch «Lagern» dazu!
„klassische“ Lagerung „nach Bobath“
Bilder:
Claudia Niemann
Lagerungen „modifiziert“
Bilder:
Claudia Niemann
Kinaesthetik
30° Seitenlagerung (Seiler)
135° Lagerung (Pickenbrock)
• Rehabilitation bedeutet Lernen und
Lehren unter erschwerten
(pathologischen) Bedingungen!
• Individualität sehen
• günstige Voraussetzungen schaffen
• Anpassungen machen
• Kompromisse eingehen
• Veränderung ermöglichen
…Auswirkungen, wenn nicht gelagert wird?
Beispiel
Illustration: M. Bühnen / Zentrum für Kinder mit
Mehrfachbehinderungen / Deutschland
…gute Lagerungen, ermöglichen Partizipation…
…verhindern wundliegen….
…machen zufrieden…..
Auswahl der «richtigen» Ansätze
zum «richtigen» Zeitpunkt!
•
Intensivstation /Akutphase
Fähigkeit erste Handlungen ermöglichen
•
Rehabilitation
Anstreben von selbstständigem Ausführen von
Aktivitäten bis zur Partizipationsfähigkeit
•
Reintegration
Bedürfnisorientierter Übertrag in den Alltag
• Rehabilitation bedeutet stets Lehren
und Lernen unter erschwerten
(pathologischen) Bedingungen
• Individualität sehen
• günstige Voraussetzungen schaffen
• Anpassungen machen
• Kompromisse eingehen
• Veränderung möglich machen
Heutiger therapeutischer Ansatz
• Lagerung
• Mobilisation
……«massgeschneidertes Vorgehen»
…immer in Abhängigkeit der
interdisziplinären Nahziele
Gestaltung von Positionen
einer Lagerung
Folgende Aspekte beachten:
• Unterstützungsfläche
• Einfluss/ Wirkung Schwerkraft
• Alignement (Ausrichtung Körperachsen)
• Kontext/ Befund/ Bewegungsanalyse/ PflegeAnamnese usw.
• Limitierende Faktoren / Ressourcen
• Zielsetzung (Therapie-Ziele)
Beispiel: Einfluss der Schwerkraft
Illustration: M. Bühnen / Zentrum für Kinder mit
Mehrfachbehinderungen / Deutschland
Beispiel: Einfluss Unterstützungsfläche
• Grosse Unterstützungsfläche
= viel Gewichtabgabe/ - übernahme
= wenig Aktivität
= wenig Einfluss der Schwerkraft
• ..…es wird wenig aktives «passieren»
• …..was habe ich mir zum Ziel gesetzt?
Körperachsen
Unterstützungsfläche
Alignement
Zielsetzung von Lagerungen
• Was bezwecken wir ??
• Wohlbefinden
• Regulation Tonus (Entspannung/ Aktivität)
• Vigilanz (Wachheit)
• Verhinderung von Sekundärschäden
• Prophylaxe von Kontrakturen
• Decubitus-Prophylaxe usw.
Neuerer Ansatz für das Thema Lagerung:
LiN
• Lagerung in «Neutralstellung»
• Weiterentwicklung herkömmlicher Lagerungen
• Anpassungen an normale Bewegung
(Muskellängen/ Gelenkstellungen)
• optimale Voraussetzungen für spätere Reha
schaffen
• ….Fallstudien zeigen richtungsweisende,
positive, ermutigende Tendenzen
Quellen: H. Pickenbrock / A. Hartnick
Veränderungen
der
Körperachsen
(Neutralstellung)
und der
Verteilung der
Gewichte
Bsp.
Hr. X. 76 J
• Hemi re 2010
(senso-motorisches Defizit)
• Hemi li Juni 2012
(Rumpfinstabilität)
• Parkinson seit 2007
• Sprachstörung
Lagerungen wichtig!
Bsp. Hr. X. 76 J
Alltagsprobleme:
• hoher Muskeltonus
• Unsicherheit beim
Gehen
• Blockaden
• Sprache
Aspekt:
Regulation
Muskeltonus!
Bsp. Hr. X. 76 J
Therapie-Themen:
• Erhalten der
Beweglichkeit
• Aktiv bleiben
• Spezielles
ausprobieren
Aspekt:
Selbständigkeit!
Bsp. Fr. M. 68 j
Diagnosen:
• Hemi re
(schwerste sensorische
Defizite!)
• Neglect
• Anosognosie
• Coxarthrose re
Bsp. Fr. M. 68 j
Therapie-Themen:
• unruhig
(«sie kann ja alles und
versteht nicht, dass sie
nicht weggehen kann»)
• kann nicht gehen!
• u.a. alles Gewicht
auf der linken Seite
• spürt re Seite nicht
usw.
Bsp. Fr. M. 68 j
Alltags-Themen:
• kann nicht allein
gelassen werden!
• kann nicht alleine
stehen
• ist unselbständig
„schwerst betroffen“?
Fliessender Übergang von der
Lagerung in die Mobilität
Begriffsklärung
Mobilität - Mobilisation
Wikipedia
(unterschiedliche Definitionen Pflege – Therapien)
Fliessender Übergang von der
Lagerung in die Mobilität
• Mobilität
medizinischer und pflegerischer Bereich:
aktive Bewegung von Personen oder passiv
Beweglichkeit von Körperteilen oder Organen
Bewegungsfähigkeit wird in pflegerischen
Konzepten auch als grundlegende Aktivität
des täglichen Lebens bezeichnet.
Wikipedia
Fliessender Übergang von der
Lagerung in die Mobilität
• Mobilisation:
alle autonom durchgeführten pflegerischen
Maßnahmen, die der Förderung und Erhaltung
der Bewegungsfähigkeit der gepflegten
Person dienen und deren Selbständigkeit
unterstützen.
• Motilität:
Fähigkeit zur aktiven Bewegung
Wikipedia
• Mobilität definiert in der ICF (WHO)
• Körperpositionen ändern und aufrecht
erhalten (d410-429)
• Gegenstände tragen, bewegen und
handhaben (d43-449)
• gehen und sich fortbewegen (d450-469)
• sich mit Transportmitteln fortbewegen
(d470-489)
Aspekte zum Thema Mobilität
(s. Lagerung)
beachte:
• Unterstützungsfläche
• Einfluss Schwerkraft
• Alignement
• Kontext/ Befund/ Bewegungsanalyse/ PflegeAnamnese usw.
• Limitierende Faktoren / Ressourcen
• Zielsetzung (Nahziele)
Bsp. Fr T. 78 J
Diagnose:
• Hirnblutung 2010
mit Hemi li
• Neglect
Pat. War nach der
ersten Rehabilitation
gehfähig – heute
nicht mehr
Lagerungen können mithelfen,
das Körpergefühl zurück zu
finden
Bsp. Fr T. 78 J
Therapie-Themen:
• Tonus
• Wahrnehmung
• selbständiger
Transfer
• Stehtraining
Quellen
•
Form und Funktion, Bente E. B. Gjelsvik, Thieme Verlag 2002
•
Frühphase Schlaganfall; Jan Mehrholz , Thieme Verlag 2008
•
Neurowissenschaften; E. Kandel J.H. Schwartz; T.M. Jessell, Spektrum Verlag 1996
•
Motorik und Interaktion, C. Johansson, Thieme Verlag 2000
•
Neurologische Rehabilitation, D. A. Umphred, Springer Verlag 2000
•
Funktionelle Bewegungslehre, Klein-Vogelbach, Springer Verlag 2000
•
Physiotherapie bei Multipler Sklerose, R. Steinlin, Thieme Verlag 1998
•
Bewegungslehre, S. Schellhammer, Urban&Fischer Verlag 2002
•
Bewegungsentwicklung Bewegungskontrolle, A.Hüter-Becker u. Co, Thieme Verlag2005
•
Motorisches Lernen im Alter, Kirchner/ Schaller, Meyer&Meyer Verlag 1996
•
Die Blinde Frau die sehen Kann, VS: Ramachandran, S.Blakeslee rororo Verlag 2004
•
Die posturale Kontrolle Bobath Kongress Hamburg Gerlinde Hase 2006
•
Posturale Kontrolle Victor Urquizo 2006
•
Motor control and Learning, R.A. Schmidt T.D. Lee Human Kinetics Verlag1999
•
Strukturen und Funktion 2, Jutta Hochschild, J. Thieme Verlag, 2002
•
Im Mittelpunkt, P.M. Davies, Springer-Verlag1990
•
H. Pickenbrock LiN Lagern in Neutralstellung
•
Fotos: Physio-Team Felix Platter-Spital
Herzlichen Dank
Fragen
Rehabilitation
Definition WHO
www.who.int/topics/rehabilitation
• Rehabilitation of people with disabilities is
a process aimed at enabling them to reach
and maintain their optimal physical,
sensory, intellectual, psychological and
social functional levels. Rehabilitation
provides disabled people with the tools
they need to attain independence and selfdetermination.
•