Mai 2012 - Offene Fachschaft Medizin Freiburg eV

Transcrição

Mai 2012 - Offene Fachschaft Medizin Freiburg eV
„Meine Bank ist schon jetzt während des
Studiums für mich da. Auf ihr umfangreiches Know-how im Gesundheitswesen
kann ich mich auch in Zukunft verlassen
– beruflich und privat.“
Für eine ausgezeichnete Bank ist man nie zu jung.
Ich habe meine Bank gefunden.
Weitere Informationen erhalten Sie in Ihrer Filiale oder unter www.apobank.de
Filiale Freiburg
Sundgauallee 25
79114 Freiburg
Ihre Ansprechpartner:
Michael Lohse, Tel.: 0761 88591-71
[email protected]
Lilian Gehrke-Vetterkind, Tel: 0761 88591-70
[email protected]
Editorial
Liebe Kommilitonen,
wie heißt doch gleich der Beruf, der am
Ende dieses Studiums auf uns wartet?
Viele glauben ja, es sei „Doktor“ –
klingt gut, trifft aber mitnichten auf alle
Ärzte zu (S.16). Dabei gibt es doch so
viele Wege zum Titel (S.22)! Leider läuft
aber nicht immer alles glatt in Klinik,
Labor und am Schreibtisch – wir haben
die wenigen Zahlen und Fakten, die
es zu erfolgreichen und gescheiterten
Promotionsverfahren gibt, für euch
zusammengetragen (S.20). Wer die
Promotionssorgen noch ein bisschen
aufschieben will, der kann sich erst
einmal zur Selbstfindung ins Ausland
begeben – die Rede ist von Erasmanien
(S.28)! Seit einem Vierteljahrhundert
pilgern Studenten von Deutschland
nach Spanien, von Schweden nach
Österreich, von Frankreich nach
Portugal oder von Ungarn und Italien
nach Freiburg (S.32). Dass das Spaß
macht, könnt ihr den strahlenden
Gesichtern entnehmen, die von
unserer Erasmuspinnwand winken
(S.34). Aber was wird einmal aus all
diesen sorglosen, hoffnungsvollen
Studentinnen und Studenten?
Manche werden womöglich zu
tablettenabhängigen Nervenbündeln
(S.12), andere enden vielleicht als
geldgierige Halsabschneider (S.48).
Viel schöner wäre es doch, wenn jeder
nicht nur sein eigenes, sondern auch
das Leben eines anderen Menschen
rockt (S.44). Stürzt euch ins Leben,
ins Ausland, in die Dissertation und
rockt! Aber nicht, dass euch auf halber
Strecke die Energie ausgeht! Bevor ihr
jetzt aber euer Geld für Proteinpulver
und Petersilientabletten (S.42)
ausgebt, macht euch lieber ein paar
Pfannerkuchen mit Schokonikolaus
(S.60) – die sind wenigstens nahrhaft
und lecker! Dazu passt ein kühles Bier –
typisch deutsch eben (S.58)!
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Eure
ktion
a
d
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R
x
i
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p
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A
Passen alle auf ein Sofa: Lena Lippert, Ismene Hermann, Johanna Maxeiner, Moritz Maas, Rebecca Eisele, Raffaella Fantin, Kamilla Szabó,
Maike Cohuk. Nicht im Bild: Santa Mervien Alexandra und Jonas Hafner (hinter der Kamera tätig), Clemes Schiebel und Anne Büttner
(anderweitig beschäftigt), Hannes Hummel, Insa Schiffmann und Sebastian Wohlfeil (in Erasmanien verschollen).
Inhalt
Inhalt
Kurz gemeldet
Nachrichten................... 4
Ihr habt die Wahl! Oder?................... 6
Pipetten, Röhrchen
und Petrischalen.
Doktorarbeit im Labor.
Campusleben
Weshalb das Wahlterital erhalten bleiben muss.
Tempus fugit.......................10
Rückblick auf ein Semester mit dem neuen Curriculum.
Kannst du noch... ohne?.......................12
Die neuesten Daten zu Neurodoping an Deutschlands
Hochschulen.
„Guten Tag, Herr Doktor“...................... 16
Was es mit dem Dr. med. auf sich hat.
Anonyme Abbrecher..........................20
Wenn es mit der Doktorarbeit nicht so gut klappt.
Welche Doktorarbeit passt zu mir?..................22
Drei Studenten berichten von ihren Erfahrungen.
Warum eigentlich?..........................26
Unsere Autorin wundert sich über den Alltag.
Neurodoping
ist vor allem bei
Tiermedizinern
beliebt.
Über den Tellerrand
Studenten, auf in die Welt!..........................28
Das Erasmusprogramm feiert Geburtstag.
Aus dem Leben eines Incomings..........................32
Anna und Anna über Freiburger Studenten, deutsche
Vorurteile und persönliche Erfahrungen.
Grüße aus Erasmanien................... 34
Eure Kommilitonen winken von der Pinnwand.
Eine aussterbende Art?
Das Wahlterital im PJ.
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appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Inhalt
Mach‘s gut Schwarzwald................... 36
Die Entdeckungslust der Freiburger Mediziner in
Zahlen.
Brokkoliextrakt und Co.................... 42
Die ganze Wahrheit zu Nahrungsergänzungsmitteln.
Studenten und Hauptschüler...................... 44
Sieht harmlos aus,
aber diese Ente ist zu
allem fähig.
...rocken gemeinsam durch‘s Leben.
Zweitmeinung per Internet - kann das seriös sein?
Sinnvoll investiert?
Rubriken
Vorsicht OP!................... 48
Buchrezensionen................... 54
Editorial............... 1
Leserbriefe............. 52
Impressum............. 61
Wir über uns............. 62
Die letzte Seite............. 64
Welche Wälzer sind ihr Geld wert?
Lustiges
Typisch deutsch?................... 58
Die Redaktion traut sich vor die Kamera.
Studentenfutter: Pfannerkuchen................. 60
Der medizinische
Doktor: Ein Fall
für die Mülltonne?
Lecker, nahrhaft und wahrlich schokoladig.
Auch der Appendix braucht
Freunde! Eine Menge Leute
mögen uns bereits - mach mit
und sei immer informiert!
www.facebook.com/appendix
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Kurz gemeldet
Nachrichten
von Fakultät und Campus
Nach eineinhalb Jahren Baustelle
Anatomiehörsaal eingeweiht
Pünktlich zum Start des Sommersemesters
wurde der Ausbau des Anatomiehörsaals fertiggestellt. Statt wie bisher über 280 Sitzplätzen
verfügt der Saal nun über ganze 400 und kann
damit immerhin 87 Prozent der Studierenden
der medizinischen Fakultät eines Jahrgangs
einen Stuhl anbieten. Zudem gibt es in dem
denkmalgeschützten Hörsaal nun modernste
Technik: Neben optimalen Luftverhältnissen
durch Lüftungstechnik mit Wärmerückgewinnung und Teilklimaanlage können die Studierenden den Einsatz der ersten TouchscreenGroßtafel der Universität Freiburg genießen.
Darüber hinaus können alle Vorlesungen im
Anatomiehörsaal aufgezeichnet werden. Insgesamt wurden in den Ausbau über zwei Millionen Euro und drei Semester Bauzeit investiert.
Clemens Schiebel
12.000 Euro Stipendium
Promotionskolleg MOTI-VATE
Dieses Sommersemester beginnt erstmals
das neue MOTI-VATE Promotionskolleg der
medizinischen Fakultät Freiburg. Dieses Kolleg
dient der Förderung besonders forschungsinteressierter Studierender und wird durch die
Else-Kröner-Fresenius-Stiftung untersrützt.
MOTI-VATE-Doktoranden erhalten eine
Betreuung durch exzellente Forscher, spezielle
Vorlesungen und Seminare, „one-on-one“Mentoring und ein Stipendium von 1000 Euro
pro Monat für die Dauer eines ganzen Jahres.
Als Voraussetzung müssen die Bewerber
Begeisterung für wissenschaftliches Arbeiten
mitbringen und bereit dazu sein, das Studium
mindestens neun Monate lang für eine experi-
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mentelle Doktorarbeit zu unterbrechen.
Hinter dem Akronym MOTI-VATE steht
das Motto „MOlekulare und TranslaTIonale
Forschung in Freiburg - Verantwortungsvolle
Ausbildung, Tatkräftige Ermutigung“. Der
Bewerbungsschluss für das kommende Wintersemester ist der 15. Mai 2012. Nähere Informationen gibt es im MOTI-VATE-Büro bei Frau
Bigot in der Inneren Medizin oder im Internet
unter www.moti-vate.uniklinik-freiburg.de (Internetauftritt bei Redaktionsschluss noch nicht
erreichbar).
Clemens Schiebel
AO-Änderung:
Künftig Plichttertial
Allgemeinmedizin im PJ?
Am 11. Mai 2012 soll sich der Bundesrat mit
der Neuerung der ärztlichen Approbationsordnung befassen, die im letzten halben Jahr
nochmals verschiedene Änderungensanträge
durchlaufen hat. Diese stehen zwar prinzipiell
unter Verschluss, wurden aber teils öffentlich
diskutiert. Aufsehen erregte der Vorschlag
aus Nordrhein-Westfalen, das Wahltertial im
Praktischen Jahr zu streichen und stattdessen
ein Pflichttertial Allgemeinmedizin einzuführen. In den vergangenen Wochen sprachen sich
viele Interessensvertretungen deutlich gegen
diese Änderung aus, darunter die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd), der Marburger Bund sowie 18
Fachgesellschaften und Berufsverbände. Grund
der Ablehnung ist vor allem die Wichtigkeit des
Wahltertials für die spätere Fachgebietswahl
der Studierenden sowie für die Nachwuchsgewinnung durch die Fächer selbst. Außerdem sei
es nicht möglich, 10.000 PJ-Plätze in Lehrpraxen bereitzustellen und deren Qualität zu
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Kurz gemeldet
garantieren. Selbst die Deutsche Gesellschaft
für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
(DEGAM) und die Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin (GHA)
lehnen in einem Positionspapier ein Pflichttertial ab, fordern allerdings ein Pflichtquartal.
Offen ist bei allen geplanten Änderungen (s.
Nachricht Apx 30) auch, wie frei die Studenten
in Zukunft die Krankenhäuser zur Absolvierung des PJs wählen dürfen. Der ursprüngliche
Entwurf sah eine deutschlandweite Öffnung
aller Krankenhäuser vor, nach Protesten des
Medizinischen Fakultätentages wird es wohl
auf einen Kompromiss hinauslaufen. Demnach
würden nur die akademischen Lehrkrankenhäuser verfügbar werden, also eine interfakultäre
Mobilität gegeben sein. Welche dieser Änderungen tatsächlich in Kraft treten werden, wird
sich nach der Entscheidung des Bundesrats
zeigen.
Clemens Schiebel
Musik für einen guten Zweck
1010 Euro für Kinderherzen
Das 15. Medizinerkonzert war ein
großer Erfolg: gut
1000 Euro konnten
an Verein Kinderherzen Retten e.V.
gespendet werden.
Vor rund 170 Zuhörern wurde im
Hörsaal der Kinderklinik ein abwechslungsreiches Programm
dargeboten mit Werken von der Barock- bis
zur Neuzeit. Das Konzert wurde wie immer
vor allem von Studenten gestaltet, dieses Jahr
haben zudem Mitarbeiter aus der Musikermedizin und der Onkologie zum Programm
beigetragen.
Der im Vergleich zu den vergangen Jahren
sehr frühe Termin am ersten Semesterwochenende hatte vor allem praktische Gründe: Wenn
im Juli die Lern- und Klausurenphase immer
näher rückt, haben die Studenten erfahrungsgemäß weniger Zeit zum Proben. Aus Spaß an
der Musik und aufgrund der großen Nachfrage
überlegen die Organisatoren allerdings, gegen
Semesterende noch ein zweites Konzert zu
veranstalten. Die Informationen dazu werden
rechtzeitig bekannt gegeben.
Lena Lippert
Neugründung einer Fakultät
Medizinstudium in Oldenburg
Ab dem kommenden Wintersemester besteht
für 40 Studierende die Möglichkeit, an der Uni
Oldenburg das Studium der Humanmedizin
zu beginnen. In Kooperation mit der Uni
Groningen (Niederlande) und verschiedenen
Kliniken im Raum Oldenburg wurde die sogenannte European Medical School gegründet,
die den Studierenden nicht nur das herkömmliche Staatsexamen in Aussicht stellt, sondern
zusätzlich den niederländischen Masterabschluss im Fach Medizin. Geplant ist dabei ein
mindestens einjähriger Studienaufenthalt an
der holländischen Partneruniversität, wobei die
Studierenden zwischen Lehrveranstaltungen
in englischer oder niederländischer Sprache
wählen können.
Des Weiteren verspricht die European
Medical School den Studienbewerben in ihrem
Internetauftritt nicht nur einen Einblick in die
medizinische Forschung, sondern auch einen
hohen Praxisanteil während des sechsjährigen
Studiums. Besonders für Bewerber ohne
Hochschulreife, dafür aber mit abgeschlossener
Berufsausbildung, dürfte sich der Traum vom
Medizinstudium so vielleicht erfüllen: In Folge
einer Gesetzesänderung im niedersächsischen
Hochschulgesetz ist es für diesen neuen Modellstudiengang auch Bewerbern ohne Abitur
möglich, in Oldenburg ihr Studium zu beginnen.
Man darf gespannt sein, wie sich dieser binationale Studiengang entwickeln wird.
Anne Büttner
Herbst 2011 | appendix .ofamed.de
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Campusleben
Rettet das Wahltertial!
Politiker aller Fraktionen versuchen seit geraumer Zeit, dem je nach Region teils
bereits bestehenden, teils drohenden Mangel an Haus- und Allgemeinärzten
entgegenzusteuern. Nach verschiedenen, mehr oder weniger sinnvollen
Vorschlägen, die fast alle kontrovers in der Öffentlichkeit diskutiert und daraufhin
wieder fallen gelassen wurden, gibt es pünktlich zur geplanten Änderung der
Approbationsordnung eine neue Idee: ein PJ-Pflichttertial Allgemeinmedizin.
M
oment, wie viele Tertiale kann ein Jahr
haben? Drei an der Zahl, Chirurgie, Innere Medizin und ein Wahlfach. Oder
eben auch kein Wahlfach mehr und stattdessen
ein paar Monate in einer allgemeinmedizinischen
Praxis. Ganz abgesehen davon, dass die Hausarztpraxen Deutschlands mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die Kapazitäten hergeben, um
die jährliche Flut von PJlern unterbringen zu
können, stellt sich auch die Frage, wie sinnvoll
es für die medizinische Ausbildung ist, ein paar
Monate lang einem Hausarzt über die Schulter
zu schauen. Ja, der Hausarzt ist sehr wichtig und
ja, sicherlich handelt es sich um einen abwechslungsreichen und anspruchsvollen Beruf, doch
das Tätigkeitsfeld in einer Praxis ist gerade für
einen Studenten sehr begrenzt. Auch die PJlerAufgaben im Krankenhaus sind mal mehr und
oft auch weniger aufregend, irgendwann möchte
niemand mehr Blutröhrchen spazieren tragen,
Schellong-Tests durchführen und stundenlang
Haken halten. Dennoch bieten sich dort viel
mehr Möglichkeiten, zu assistieren und Arbeiten
zu übernehmen. Im Gegensatz zu einer Praxis
ist im Krankenhaus das Verhältnis von Arzt zu
Patient eben nicht 1:1, sondern vielleicht 1:10
oder 1:20.
Kein späterer Allgemeinmediziner fängt am
Tag nach dem Examen in einer Praxis zu arbeiten an, sondern macht zunächst seinen Facharzt in einem Krankenhaus. Aus gutem Grund,
muss er doch später entscheiden können, ob die
bei ihm vorstelligen Patienten nur eine ambulante Behandlung benötigen oder zum Spezialisten überwiesen werden müssen. Das erfordert
vor allem Erfahrung und Weitsicht, Dinge, die
man sicher nicht in einem PJ-Tertial erlernt.
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Durch die obligatorischen Tertiale in der Chirurgie und der Inneren Medizin ist der Gestaltungsspielraum des PJ bereits relativ begrenzt.
Dies soll sicherstellen, dass die angehenden
Ärzte eine möglichst umfassende medizinische
Ausbildung erhalten und sich hinterher mit den
wichtigsten Grundlagen der Medizin beschäftigt
haben. Der examinierte Arzt soll sich über sein
Spezialgebiet hinaus auskennen und nicht als
„Fachidiot“ das Studium abschließen. Inwiefern
ein Tertial in einer allgemeinärztlichen Praxis
jedoch zu einer fundierten Rundumausbildung
beitragen kann, ist fraglich.
Durch die längere Hospitation während
des PJ soll das Augenmerk auf den Beruf
des Hausarztes gerichtet werden und, so die
Hoffnung, Freude an dieser Tätigkeit bei den
Studenten entfacht werden. Doch ist dafür die
Opferung des Wahltertials notwendig? Nach der
jetzigen (alten) Approbationsordnung gibt es
ein obligatorisches Hausarztpraktikum und die
Möglichkeit, bis zu zwei Monate in einer Praxis
zu famulieren. Auch befindet sich die Allgemeinmedizin bereits auf dem Wahlfachkatalog
des PJ, sie wird also insgesamt nicht stiefmütterlicher behandelt als etwa die Dermatologie oder
Augenheilkunde.
Das Medizinstudium als Ganzes betrachtet ist
eine relativ uniforme Angelegenheit, bis auf das
Thema der Doktorarbeit und den Ausübungsort der Famulaturen haben die Studenten nur
wenig Wahlmöglichkeiten. Das ist insofern in
Ordnung, als dass auf diese Weise ein gewisser
Ausbildungsstandard gewährleistet werden kann.
Nicht in Ordnung ist es allerdings, interessierten
Studenten während des PJ einen tieferen Einblick in ein Fach ihrer Wahl zu verweigern. Viele
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Campusleben
Ab auf die Barrikaden - wir
sind dagegen!
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Campusleben
Wahltertiale in Anästhesie,
Psychatrie, HNO oder Neuro
sollte es auch weiterhin geben.
etwas speziellere medizinische Gebiete, zum
Beispiel Pädiatrie, Gynäkologie oder Urologie,
werden während des Studiums zu Gunsten ihrer
„größeren“ Kollegen eher kurz abgehandelt, so
dass der Nachwuchs für diese Fächer letztlich
vor allem durch Famulaturen oder eben das PJ
rekrutiert wird. Sollte in solchen Bereichen in
Zukunft ebenfalls Ärztemangel herrschen, plant
die Regierung dann, das dritte Pflichttertial je
nach Bedarfssituation umzuändern und anzupassen?
Überversorgung in den Städten, Unterversorgung auf dem Land und eine alternde
Bevölkerung: Das Problem ist nicht schwer
zu verstehen. Zwang war allerdings noch nie
ein gutes Mittel, um Begeisterung zu wecken
und Menschen von einer Sache zu überzeugen.
Wer Wunden nicht mag, wird wohl kaum am
Ende in der Chirurgie landen, ebenso wird man
durch mehr Praxishospitationen während des
Studiums vermutlich keine größere Zahl an
Allgemeinmedizinern schaffen. Es ist ja auch bei
weitem nicht so, dass nach dem PJ auf einmal
alle frisch examinierten Ärzte in die Allgemeinchirurgie oder Innere drängen würden, nur weil
sie dort gerade vier Monate verbracht haben.
Oft ist eher eine gegenteilige Reaktion der Fall,
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Pflichtpraktika schüren Frust.
Anstatt viel Energie auf immer neue Vorschläge zu verwenden, um Medizinstudenten die
Allgemeinmedizin möglichst nahe zu bringen,
sollte die Politiker sich eher überlegen, Anreize
zu schaffen und die Situation der Hausärzte
zu verbessern. Ist ein Beruf attraktiv, finden
sich automatisch viele Bewerber, die dann auch
bereit sind, unter Umständen Kompromisse einzugehen und sich beispielsweise auf dem Land
niederzulassen.
Im Mai wird der Bundesrat über die neue
Approbationsordnung und damit auch über die
Zukunft des PJ abstimmen. In einer gemeinsamen Resolution haben sich 20 medizinische
Fachgesellschaften, Verbände und Organisationen bereits öffentlich gegen den Vorschlag des
Allgemeinmedizin-Pflichttertials ausgesprochen:
Neben dem Verlust der Ausbildungsqualität stelle die Änderung auch einen deutlichen Eingriff
in die Studienfreiheit dar. Es bleibt zu hoffen,
dass die Entscheidung nicht zu Gunsten einer
Quote, eines Budgets oder einer vagen Hoffnung ausfällt, sondern im Sinne des Studiums
und der ärztlichen Ausbildung.
Lena Lippert
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
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Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Campusleben
Liebes Studienbuch...
...kaum zu glauben, dass das fünfte Semester
schon vorbei ist. Dass ich dir schon so lange
nicht mehr geschrieben habe liegt allerdings
nicht daran, dass ich im letzten halben Jahr so
viel zu tun gehabt hätte. Im Gegenteil: Wenn
mich die bleichen, aus dem Präp-Saal wankenden Dritt-Semester fragen, ob es ein Licht am
Ende des Tunnels gibt, kann ich guten Gewissens sagen: Ja, haltet durch und freut euch, die
Klink ist viel entspannter als die Vorklinik!
Durch die Curriculums-Umstellung im
letzten Wintersemester fiel das erste Post-Physikumssemester sogar stressfreier aus als in den
vorherigen Jahrgängen. Denn wer lernt schon
Patho oder Pharma, wenn die Klausur erst in
weiter Ferne im Sommer auf uns wartet? Und
hatten wir es nicht auch verdient, uns nach
dem Physikum eine Auszeit zu gönnen? Gut,
da gibt es Kommilitonen, die Klinische Chemie
erst im Sommer haben und die sich im Winter,
na ja, nicht unbedingt gelangweilt, aber doch
immerhin nicht wirklich ausgelastet gefühlt
haben. Wir konnten auf jeden Fall neue Kraft
tanken und unsere Reserven wieder aufladen.
Wer weiß schließlich, was nächstes Semester
auf uns zukommt?
Ja – wer eigentlich? Es ist mittlerweile schon
März und immer noch weiß niemand so genau,
welche Fächer im Sommer für uns anstehen.
Es gibt Gerüchte, verbreitet von Kommilitonen, die in der Sprechstunde bei Frau Binninger einen Blick auf mutmaßliche Fächerkombinationen erhascht haben wollen, doch diesen
möchte ich keinen Glauben schenken. Schließlich weiß scheinbar nicht einmal das Studiendekanat, welche Kurse auf unserem nächsten
Stundenplan stehen werden.
Ich finde, das verdient Bewunderung. Dass
unsere Hirten es sich zutrauen, sich unsere
Studienordnung so spontan aus dem Ärmel zu
schütteln, zeugt eindeutig von Selbstbewusst-
10
sein. Immer schön ein Semester nach dem
anderen, wer hat’s denn auch schon eilig?
Und hat diese Spontanität nicht auch etwas
Wundervolles? Wer hätte zum Beispiel im
Oktober gedacht, dass wir nach Semesterende
noch eine Woche lang Prävention und Gesundheitsförderung würden belegen können?
Pünktlich zum Jahresende wurde uns die frohe
Botschaft verkündet, sozusagen als Vorweihnachtsgeschenk, damit die Famulatur-Planung
ja nicht zu früh beginnen konnte.
Was mich traurig macht, liebes Studienbuch,
ist, dass ich einige meiner Freunde wahrscheinlich lange Zeit nicht mehr sehen werde. Nein,
ich meine nicht die, die ein Erasmus-Jahr einlegen, sondern die, die azyklisch studieren. Sie
studieren jetzt nämlich auf einmal nach zwei
Lehrplänen gleichzeitig. Normalerweise würde
diese Gruppe von Kommilitonen, die ihr
Physikum bereits im letzten März geschrieben
haben, im Sommer im achten Semester mitstudieren; allerdings müssen sie noch Scheine
machen, die man nach dem alten Curriculum
schon nach dem fünften Semester hatte. Um
kein Semester zu verlieren, wird vorgezogen
und rumgeschoben was das Zeug hält. Aber
Gott sei dank hatte ich ja schon Notfallmedizin. Zwar fehlen uns diverse Grundlagen
(Innere Medizin, Pharma, ...), um in Notfällen
wirklich durchzublicken, aber für eine Reanimation nach einem stressbedingten Zusammenbruch wird es hoffentlich reichen.
Liebes Studienbuch, ich freue mich auf das
nächste Semester - mal sehen, was für Überraschungen es für uns bereithält!
Rebecca Eisele
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Campusleben
Ein Semester ist seit der
Einführung des CurriculumReförmchens vergangen, ein
Teil der Neuerungen inzwischen
schon wieder abgeschafft.
Wo ist die Zeit geblieben?
Eine Zwischenbilanz.
Wer versteht die Sorgen
eines Studenten besser als
das Studienbuch...
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Campusleben
Neues von der
Dopingfront
Neuroenhancement und „Hirndoping“ sind zunehmend aus den Medien
verschwunden. An Aktualität verloren hat das Thema aber nicht, ganz im
Gegenteil. Ob Ritalin, Kaffee und Nikotin zur Leistungssteigerung oder Cannabis
zur Bekämpfung von Nervosität vor Prüfungen - der Konsum dieser und anderer
Substanzen ist noch immer Gang und Gäbe an Deutschlands Hochschulen.
D
er aufmerksame Leser wird sich jetzt
wundern: Schon wieder ein Artikel zum
Thema Neurodoping? Vor etwa eineinhalb Jahren befragte der Appendix Freiburger
Medizinstudenten zu ihrer Einstellung und
ihrem Verhalten bezüglich leistungssteigernder
Substanzen (s. Apx 28). Demnach lehnten 70
Prozent illegale oder verschreibungspflichtige
Psychostimulanzien generell ab, bei handelsüblichen Produkten wie Koffeintabletten oder
Nikotinpflastern waren es sogar 75 Prozent.
Im Januar dieses Jahres veröffentlichte nun
das HIS-Institut für Hochschulforschung die
Ergebnisse einer „Befragung zu Verbreitung
und Mustern von Hirndoping und Medikamentenmissbrauch“, welche im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit durchgeführt
wurde. Zwischen Dezember 2010 und Januar
2011 wurden Studierende an Universitäten und
Fachhochschulen online zu ihren Strategien der
Stresskompensation und Leistungssteigerung
befragt, insgesamt beteiligten sich etwa 8000
Personen an der Erhebung. Vergleicht man
diese Daten mit denen aus der Umfrage des
Appendix‘, so zeigt sich, dass die Freiburger
Medizinstudenten eine erstaunlich repräsentative
Stichprobe für Deutschlands Hochschullandschaft darstellen. Laut HIS sind 88 Prozent
aller Studenten „Nichtanwender“, das heißt, sie
haben bisher im Rahmen der Leistungssteigerung noch nie zu Psychostimulantien jeglicher
Art gegriffen. Teilt man diese Gruppe noch
einmal auf in solche, die Neurodoping generell
ablehnen, und solche, die es unter Umständen in
12
Erwägung ziehen würden, zeigt sich ein mit
dem Freiburger Ergebnis fast deckungsgleiches
Bild: 71 bzw. 70 Prozent Ablehner zu 17 bzw. 18
Prozent Zugeneigten.
Freiburger Mediziner im
Durchschnitt
Die HIS-Studie unterscheidet zwischen sogenannten „Hirndopenden“ und „Softenhancern“.
Hirndoping betreibt demnach jemand, der seit
Studienbeginn mindestes eine der Substanzen
Methylphenidat, Modafinil, Kokain, Amphetamin, MDMA (Ecstasy), Betablocker oder
Cannabis mindestens einmal mit dem Ziel der
Leistungssteigerung bzw. Leistungserhaltung
eingenommen hat. Ein Softenenhancer hat
ebenfalls zur Unterstützung bei der Bewältigung
von Studienanforderungen schon einmal zu
außergewöhnlichen Mitteln gegriffen, die allerdings nicht die Kriterien des Hirndopings erfüllen (pflanzliche und homöopathische Substanzen, Vitaminpräparate, Koffein). Der Großteil
dieser Gruppe sind Frauen, Männer verwenden
häufiger härtere Substanzen. Insgesamt ist
Neurodoping bei älteren Studierenden deutlich
populärer als bei ihren jüngeren Kommilitonen
(Hirndopende sind im Durchschnitt etwa eineinhalb Jahre älter als Nichtanwender bzw. Softenhancer) und an Universitäten bekannter als
an Fachhochschulen. 70 Prozent der Befragten
kannten niemanden, der Neurodoping betreibt,
ein Prozent sind häufige Konsumenten.
Während der Appendix sich damals vor allem
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Campusleben
Soll ich...? Gerade ältere
Studierende betreiben
vermehrt Neurodoping.
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Campusleben
für das Konsumverhalten im Allgemeinen
interessierte, ging die HIS-Studie einige Schritte
weiter und fragte zusätzlich nach psychischen
Dispositionen und Eigenschaften, die unter
Umständen mit einer bestimmten Einstellung
zu Neurodoping einhergehen. Nicht nur wurden
Persönlichkeitsmerkmale der „Big Five“ (Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit,
Neurotizismus und Offenheit) erhoben, sondern zudem das aktuelle psychische Befinden,
welches ebenfalls einen erheblichen Einfluss
auf das individuelle Stressempfinden und die
Reaktion auf Stress ausübt.
Neurotisch, männlich,
unzuverlässig
Während sich erwartungsgemäß kein Zusammenhang zwischen Neurodoping und
Verträglichkeit sowie Extraversion herstellen
ließ, bestanden deutliche Korrelationen zu den
anderen Dimensionen. Hirndopende wiesen fast
doppelt so hohe Neurotizismuswerte auf wie
Nichtanwender, ein Unterschied zwischen den
Geschlechtern bestand dabei nicht. Ein Ergebnis, das kaum jemanden überraschen dürfte:
Nervosität, Unsicherheit und Anspannung, wie
sie vermehrt bei neurotischen Persönlichkeiten
auftreten, führen allgemein zu einer stärkeren
Reaktion auf Stress und Leistungsdruck. Kaum
verwunderlich ist auch, dass Menschen mit
beeinträchtigter oder schlechter psychischer Gesundheit öfter zu Psychostimulanzien greifen.
Sehr viel bemerkenswerter ist die Betrachtung
der Hirndopenden, Softenhancer und Nichtanwender dagegen in Hinblick auf ihre Gewissenhaftigkeit. Während erstere in der Ausprägung
dieses Persönlichkeitsmerkmals unter dem
Mittelwert der Gesamtheit lagen, erreichten Softenhancer öfter hohe und sehr hohe Werte als
Nichtanwender. Laut HIS ist dies ein Ausdruck
großer Leistungserwartung bei starker Unsicherheit, die mittels Beruhigungsmitteln kompensiert
werden soll. Viele Hirndopende versuchten
möglicherweise, durch Psychostimulantien Prokrastination und mangelnder Organisationsfähigkeit entgegenzuwirken, da ihnen die Fähigkeit
zu planvollem und organisiertem Lernverhalten
fehle. Interessant ist hier noch, dass Männer sich
insgesamt sehr viel weniger gewissenhaft zeigten
als Frauen, bei denen die Unterschiede zwischen
14
„Ist das ohne überhaupt zu
schaffen?!“ Bei Nervosität ist
besonders Cannabis beliebt.
den Gruppen (Anwender / Nichtanwender)
eher gering ausfielen.
Was schluck‘ ich hier
eigentlich?
Doch auch wenn Neuroenhancer vor allem
während der Prüfungsvorbereitung zum Einsatz
kommen, werden sie dabei vornehmlich zur
Bekämpfung von Nervosität und Lampenfieber
eingesetzt, Leistungssteigerung steht erst an
zweiter Stelle. Dies erklärt auch, warum Cannabis als zweithäufigstes Psychostimulanz nach
verschreibungspflichtigen Medikamenten von
den Studenten gelistet wird: Wer gekifft hat, hat
subjektiv weniger Stress. Ein relativ erschreckendes Ergebnis ist, dass fünf Prozent der
Männer und zwei Prozent der Frauen angaben,
Neurodoping deswegen zu betreiben, „weil
andere es auch tun“ und dass 13 Prozent der
Befragten wohl irgendetwas einnehmen, aber
gar nicht wüssten, um welche Substanz es sich
dabei handelt.
Bleibt nun noch die Frage: Studenten welcher
Fachrichtung dopen am meisten? Am vorbildlichsten verhalten sich Studenten der Geowis-
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Wer findet den Schlüssel zum ewigen Leben?
Campusleben
senschaften und Physik mit 93 Prozent Nichtanwendern, dicht gefolgt von Mathematikern
und Informatikern. Die größte Bereitschaft zu
Neuroenhancement fand sich in der Gruppe
„Medizin / Gesundheitswissenschaften“, interessanterweise gab es hier auch die wenigsten
Antwortverweigerungen. Während die Humanmediziner mit 86 Prozent Nichtanwendern nur
knapp unter dem Gesamtdurchschnitt liegen
(und damit auch unter dem Freiburger Ergebnis), ist Neurodoping anscheinend vor allem
unter Veterinärmedizinern eine beliebte Praxis.
18 Prozent Hirndopende, sechs Prozent Softenhancer und nur 75 Prozent Nichtanwender zählt
die HIS-Studie in dieser Gruppe, in deutlichem
Abstand folgen Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaftler mit immerhin 82 Prozent
Nichtanwendern. Auch der angestrebte Studienabschluss korreliert deutlich mit der Bereitschaft
zu Neuroenhancement: Bachelorstudenten
beispielsweise dopen weniger als solche im
Masterstudium, führend sind jedoch Promotionsstudenten. Insgesamt sind die Unterschiede
zwischen den Gruppen allerdings zu klein, um
tatsächlich signifikant zu sein, dafür nahmen zu
wenig Studenten an der Umfrage teil.
Die HIS-Studie zeigt somit vor allem Trends
an, nämlich eine steigende Tendenz zur Anwendung von psychostimulierender Substanzen
unter Studenten. Mehr Stress und Leistungsdruck im Studium führen zu einer erhöhten
Bereitschaft, sich auf unkonventionelle Art
zum Erfolg zu verhelfen (oder es zumindest
damit zu versuchen). Dies ist keine unbedingt
neue Erkenntnis, aber das Ergebnis zeigt einmal
mehr, dass Freizeit, Entspannung und Pausen
nicht erst im Berufsleben, sondern auch schon
während des Studiums bei vielen zu kurz zu
kommen scheinen.
In diesem Sinne: Appendix schnappen und ab
damit in die Sonne!
Lena Lippert
Elke Middendorff, Jonas Poskowsky
und Wolfgang Isserstedt: Formen der
Stresskompensation und Leistungssteigerung
bei Studierenden. HISBUS-Befragung zur
Verbreitung und zu Mustern von Hirndoping
und Medikamentenmissbrauch.
Im Internet einzusehen unter:
www.his.de/pdf/pub_fh/fh-201201.pdf
„Darf es noch eine Tablette sein?“ Ob die Gruppe
der Anwender wächst, bleibt
abzuwarten.
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Campusleben
Alle nennen mich
Doktor... Aber ich
bin doch nur Arzt!
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appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Campusleben
Es gibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen praktizierenden
Arzt, der nicht schon einmal mit Herr oder Frau Doktor angesprochen wurde.
Selbst Medizinstudenten werden gelegentlich für den „Doktor“ gehalten.
Interessiert es denn niemanden, ob Dr. med. überhaupt auf dem Namensschild
steht und was der Titel zu bedeuten hat?
E
ine Promotion, das ist jedem Studenten –
wenn auch nicht jedem Patienten – klar,
ist kein obligatorischer Bestandteil des
Medizinstudiums. Dennoch: Beinahe 90 Prozent
aller Medizinstudenten haben laut Via Medici
schon mindestens einen Promotionsversuch unternommen und zwei Drittel aller Ärzte dürfen
sich die fünf Buchstaben „Dr. med.“ vor die
Tür hängen oder aufs Namensschild schreiben1.
Was für eine Art Doktorarbeit hinter dem Titel steckt, spielt zuerst einmal keine Rolle. Grob
unterscheiden kann man drei Gattungen: Der
schnellste Weg führt meist über eine statistische
Arbeit, also das – von vielen als trocken angesehene – Auswerten und Interpretieren bereits
vorhandener Studiendaten. Diese Arbeiten können häufig studienbegleitend angefertigt werden,
also ohne ein Semester auszusetzen; es wird
vermutet, dass diese auch am häufigsten fertiggestellt werden (genaue Daten gibt es nicht, s. S.
20). Wer hingegen eine klinische Studie durchführt, also Patienten befragt, untersucht und
über eine Zeit hinweg beobachtet, hat mit anderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ebenso bei
einer experimentellen Doktorarbeit im Labor:
Unzuverlässige Patienten, störrische Mäuse oder
Zellen, die nicht das tun, was man will, können
zu unerwarteten Verzögerungen führen. Solche
Arbeiten führen in der Tat seltener zur schlussendlichen Promotion, werden allerdings in der
Regel auch besser benotet als eine statistische
Arbeit.
Titel als Prestigemerkmal?
Für den Candidatus Medicus, der selbst einmal in die Forschung möchte, empfiehlt es sich,
eine experimentelle Doktorarbeit zu schreiben.
Zum einen bekommt man hier das Handwerkszeug zur Arbeit im Labor beigebracht, zum
anderen ist die experimentelle Promotion von
Vorteil, um eine Anstellung in der Forschung
zu finden. Doch warum sollte der ambitionierte
zukünftige Allgemeinmediziner, Dermatologe, Herzchirurg oder Kinderarzt nachweisen
können, dass er mehrere Monate bis Jahre seiner
Ausbildung damit verbracht hat, Statistiken
anzufertigen, Patientenfragebögen auszuwerten
oder Mäuse zu manipulieren? Ob der Dr. med.
auf dem Praxisschild steht oder nicht lässt keine
Aussage darüber zu, ob sich ein guter Arzt
dahinter verbirgt. Er gibt in vielen Fällen nur
Auskunft über - machen wir uns nichts vor eine Fleißarbeit.
Dem Rudel nach zur Promotion
Was ist nun der Grund für die Promotionswut
unter Medizinern? Die Zeiten, in denen man
ohne Titel keinen Job bekam, sind vorbei. Dass
man aber mit ihm seinen Traumjob bekommt,
steht auf einem anderen Blatt. Ob der Chef
auf einen Doktortitel Wert legt, ist individuell
verschieden (s. Apx 26, 27: „Chefärzte reden
Tacheles“). Unterschiede im Gehalt von Ärzten
mit oder ohne Titel sind allerdings nicht zu
finden.
Aber auch wenn der Chefarzt nicht mit einem
Doktortitel zu beeindrucken sein sollte, der Patient ist es allemal. Vielleicht kommt es vom englischen „doctor“, vielleicht von zu wenig Aufklärung: Landläufig wird jeder Arzt als „Doktor“
bezeichnet. Auch Leute, die in akademischen
Grad-Bezeichnungen bewandert sind und darüber Bescheid wissen, dass eine Promotion keine
Auskunft über spezifische Fachkenntnisse gibt,
sind davon nicht ausgenommen. Irrational, aber
Realität: „Wenn ich mir im Telefonbuch einen
neuen Arzt aussuchen soll, Arzt A mit Titel und
Arzt B ohne, dann gehe ich zu Arzt A.“
Genauso wie die Patienten finden, dass der
Doktor nicht fehlen darf, muss sich auch der
Medizinstudent eingestehen, dass zum Bild des
Arztes in der Gesellschaft ein Dr. med. irgendwie dazu gehört. Irgendwann kommt jeder an
den Punkt, an dem er sich entscheiden muss,
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
17
Campusleben
ob er diesem Zwang zur Promotion nachkommen oder ihm widerstehen möchte. Die Zahlen
zeigen, dass das Widerstehen gar nicht so leicht
zu sein scheint. Im klinischen Studienabschnitt
bekommt der Student früher oder später mit,
dass die meisten Kommilitonen um ihn herum
die Promotion anstreben; zu dem gesellschaftlichen kommt so auch noch ein Gruppenzwang
hinzu.
Wohin führt nun dieses inflationäre Promovieren, ob nun durch die Gruppe, die Patienten
oder Chefärzte verursacht? Zuallererst sorgt es
dafür, dass sich die Ausbildung des Doktoranden verlängert. Abgesehen von den statistischen
Arbeiten wird meist davon ausgegangen, dass
der Student mindestens ein oder zwei Semester
seines Studiums aussetzt und sich ganz der
Forschung widmet. Es stellt sich die Frage, ob es
angesichts des herrschenden Ärztemangels sinnvoll ist, die ohnehin schon lange Ausbildungszeit
des Arztes durch eine Forschungsarbeit weiter in
die Länge zu ziehen.
und bringen keine neuen Erkenntnisse. Trotzdem werden solche Arbeiten regelmäßig, aus
einer Art „akademischen Gewohnheitsrechts“,
zur Promotion zugelassen3. Ein weiteres Ziel
einer Doktorarbeit, nämlich, dass der Promovierende lernt, selbstständig wissenschaftlich zu arbeiten, kann durch die kurze Dauer der meisten
Arbeiten ebenfalls kaum erfüllt werden.
Unter Akademikern wird der Dr. med. aus
diesen Gründen oft nur müde belächelt, in Internetforen weht einem häufig auch eine beinahe
feindselige Stimmung entgegen. Verständlich:
Ein Dr. rer. nat. sitzt mitunter jahrelang an seiner Dissertation, während sich jeder dahergelaufene Medizinstudent in einem Jahr den Doktor
herbeischreiben kann, meist sogar während des
Studiums. Wobei in der wissenschaftlichen Welt
die klare qualitative Unterscheidung zwischen
dem Dr. med. und anderen Doktoren nicht zur
Debatte steht. So verweigert beispielsweise der
European Research Council die Anerkennung
einer medizinischen Dissertation als gleichwertig
zu einer Dissertation eines anderen Faches.
Nur 10% erfüllen „echte“
Promotionsstandards
Dr. med. für alle?
Dazu kommt, dass während dieses Zeitraums
(wenn dieser auch, im Vergleich zum Zeitaufwand einer Dissertation beispielsweise in
Chemie, relativ überschaubar bleibt) der Student
in der Regel kein Gehalt bekommt, was für
Doktorandenstellen anderer Fächer üblich ist.
Ob man das schon als Ausbeutung bezeichnen
möchte, ist Geschmackssache. Sicher ist dieser
Umstand aber eine weitere Hürde, die überwunden werden muss, bis der fertige Arzt mit festem
Arbeitsplatz sicher im Leben stehen kann.
Außerdem ist der medizinische Doktorgrad
Ursache heftiger Kritik. Allein der Umfang einer
Arbeit ist in der Regel eher mit Diplom- oder
Masterarbeiten anderer Fächer zu vergleichen.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die wissenschaftliche Qualität vieler Arbeiten – wohlgemerkt: nicht aller – zu wünschen übrig lässt. Der
Deutsche Wissenschaftsrat geht davon aus, dass
gerade einmal zehn Prozent aller medizinischen
Doktorarbeiten das Kriterium für eine Promotion erfüllen, nämlich, dass sie „eine, wenn auch
kleine, Lücke in einer noch offenen wissenschaftlichen Fragestellung schließen“2. Zu oft
wiederholen die Fragestellungen Altbekanntes
Doch gerade weil das alle wissen, stellt
sich die Frage: Warum heißt die medizinische
Doktorarbeit Doktorarbeit und nicht etwa
Diplomarbeit? Nur, damit der Arzt sich später
auch „Doktor“ nennen darf und die Patienten
beruhigt sind? Muss jeder praktizierende Arzt
einmal geforscht haben? Wäre es nicht viel
leichter, sich zum Beispiel am Vorbild USA oder
Österreich zu orientieren und jedem Mediziner
nach dem zweiten Staatsexamen einen obligatorischen „Doktor“ zu verleihen?
Der Deutsche Wissenschaftsrat spricht eine
Empfehlung für ein ebensolches Vorgehen aus:
Zusammen mit der Approbation sollte jeder
Arzt die Berufsbezeichung „Medizinischer
Doktor“ führen dürfen. Solche, die tatsächlich
an der Forschung interessiert wären, könnten
diese trotzdem betreiben – wohlgemerkt erst
nach Abschluss des Studiums (so wie es in allen
anderen Fächern auch vorgesehen ist). Dies
würde dazu führen, dass weniger „Schmalspurforschung“ betrieben würde; außerdem würde
man erreichen, dass diejenigen, die eine wirklich
gute, einem „echten“ Doktortitel angemessene
Arbeit abliefern, auch in der wissenschaftlichen
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Campusleben
Welt die verdiente Anerkennung bekämen, anstatt mit den vielen mittelmäßigen Arbeiten über
einen Kamm geschoren zu werden.
Sollte ein solcher Vorschlag tatsächlich einmal
Standard werden, müsste man sich allerdings
mit neuen Problemen beschäftigen: Gäbe es bei
einer Trennung von praktischer Medizin und
Grundlagenforschung noch Raum für klinische
Studien? Wer würde die statistischen Auswertungen von Behandlungen erfassen? Und: Fehlt
einem Studenten eine wichtige Erfahrung, wenn
er sich nie mit der Forschung auseinander setzen
musste?
In den nächsten Jahren wird sich zeigen,
wohin diese Gedankenspiele führen, unsere
Generation werden die Änderungen aber nicht
mehr betreffen. Für uns gilt noch:
Doktor oder Nicht-Doktor, das ist die Frage.
Rebecca Eisele
http://www.thieme.de/viamedici/medizinstudium/promotion/doktorhut2.html
² http://www.sueddeutsche.de/karriere/medizinstudium-und-promotion-dr-med-duennbrettbohrer-1.120817
³ http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/5913-04.pdf
1
Zahlen und Fakten
65-80 Prozent aller Ärzte haben einen
Doktortitel, 89 Prozent haben mindestens einen
Promotionsversuch unternommen und 4 Prozent
hatten nie die Absicht, eine Doktorarbeit zu
schreiben.
Ein Drittel der Nicht-Promovierten möchte das
Versäumte nachholen. 60 Prozent davon glauben
aber, dass das neben der praktischen Arbeit nicht
zu schaffen sei.
Experimentelle Arbeiten bringen oft bessere Noten
und machen sich gut im Lebenslauf. Dennoch:
Nur 30 Prozent dieser Arbeiten führen zur
Promotion.Klinische Arbeiten stehen der ärztlichen
Tätigkeit am nächsten, allerdings sind sie sehr
von der Zuverlässigkeit der Patienten abhängig.
Statistische Arbeiten sind oft überschaubar und,
da die Zeit in der Regel auch frei einteilbar ist, gut
ohne ein Aussetzen vom Studium durchzuführen.
Immerhin 70% werden fertig.
Quelle: http://www.thieme.de/viamedici/
medizinstudium/promotion/doktorhut2.html
Keiner nimmt mich ernst!
Der Dr. med. hat‘s manchmal schwer.
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Campusleben
Summa oder Kummer?!
Nicht immer läuft es mit der Doktorarbeit so rund, wie man sich das zuvor
ausgemalt hatte. Oft können die betroffenen Studenten selbst nichts dafür,
sind aber am Ende die Leidtragenden. Die neue Promotionsordnung will dies
ändern.
I
ch muss mal eben ins Labor!“ Sätze
wie diesen bekommt man im klinischen
Abschnitt des Studiums von den Kommilitonen oft zu hören. Alle scheinen irgendwie
mit ihrer Doktorarbeit beschäftigt zu sein,
forschen fleißig, lesen Paper und tragen
Daten zusammen. Natürlich tauscht man sich
darüber auch aus, so dass in den Hörsälen
zwischen den Vorlesungen oft die Rede von
diesem oder jenem Projekt ist. Doch es gibt
auch die, die nicht darüber sprechen, vor
allem wenn man ihnen sagt, dass man gerade
an einem Artikel über gescheiterte Promotionen schreibt. Zwar hört man immer wieder,
dass es bei dem einen oder anderen Kommilitonen nicht so wie geplant, oder besser gesagt, überhaupt nicht läuft und auf Nachfrage
werden diese Gerüchte auch bestätigt, öffentlich darüber reden möchte aber keiner. Auch
nicht, wenn man den Betroffenen Diskretion,
geänderte Namen und keine Nennung des
Instituts zusichert.
Lieber nicht darüber reden
Jährlich werden 250 bis 300 Promotionsverfahren in Freiburg abgeschlossen. Diese Zahl
entspricht in etwa der Zahl der Studierenden,
die pro Jahr ihr Staatsexamen ablegen, wobei
natürlich nicht jeder mit dem Examen auch
seinen Doktortitel in der Tasche hat. Wie
viele Doktoranden allerdings zwischendurch
ihr Thema, vielleicht auch Betreuer und Institut wechseln und wie viele Doktorarbeiten
im Sande verlaufen, weiß bislang niemand
so genau. Und so lässt sich auch nicht sagen,
20
in welchen Instituten die Abbrecherrate
besonders hoch ist, wo man vielleicht nicht
promovieren sollte oder wo Grundlegendes
geändert werden müsste, um die Bedingungen
für Doktoranden zu verbessern. Frau Sütterlin aus dem Promotionsamt weiß, dass die
meisten Arbeiten in der Psychiatrie und Psychotherapie geschrieben werden. Auf Platz
zwei und drei stehen die Innere Medizin II
(Gastroenterologie) und die Pädiatrie, gefolgt
von der Orthopädie und Traumatologie sowie
der Pathologie. Ob in jenen Abteilungen aber
auch die Betreuung besonders gut und die
Quote der Abbrecher besonders niedrig ist,
kann sie nicht sagen. Zwar reihen sich im
Promotionsamt des Dekanats die Ordner mit
Anträgen zur Promotion, von denen viele vor
drei, vier oder fünf Jahren eingereicht wurden
und andere gar bis ins Jahr 1989 zurückgehen;
ob an diesen Dissertationen aber noch gearbeitet wird, ist ungewiss. Es fehlt das Personal, den Anträgen weiter nachzugehen, wenn
sich der Antragssteller nicht mehr meldet.
Immer wieder wird noch nach vielen Jahren
ein Verfahren abgeschlossen, während andere
in den Ordnern verstauben.
Abhilfe durch neue
Promotionsordnung?
Noch schwerer fassbar sind all die Arbeiten,
zu denen noch kein offizieller Promotionsantrag vorliegt. Niemand weiß, wie viele es sind
und ob sie je beendet werden. Die Gründe,
aus denen Doktorarbeiten abgebrochen
werden, sind vielfältig: Der Doktorvater hat
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Campusleben
Bevor er daran zu Grunde geht, sollte der
Doktorand die Arbeitsgruppe wechseln.
eine Professur an einer anderen Universität
bekommen, die Arbeitshypothese hat sich
als vollkommen falsch erwiesen und man hat
Monate lang einem Hintergrundrauschen
nachgespürt, das Klima in der Arbeitsgruppe
war unerträglich oder niemand hat sich um
den Doktoranden gekümmert.
Um auch diese Arbeiten künftig zu erfassen und somit letztlich die Situation der
Doktoranden verbessern zu können, wurde
im Juni 2011 die Promotionsordnung der
medizinischen Fakultät Freiburg geändert.
Neuerdings soll in den ersten vier Wochen
nach Vergabe eines Themas eine Doktoranden-Betreuungsvereinbarung zwischen
Doktorvater/-mutter und Doktorand abge-
schlossen werden, sodass jede Arbeit bereits
zu Beginn registriert wird und somit auch
abgebrochene Arbeiten dokumentiert werden
können. Außerdem soll schriftlich festgehalten werden, ob eine Publikation vorgesehen
ist und ob der Doktorand als Erstautor auftreten soll. Es wird sich zeigen, ob sich nun die
Situation der Doktoranden verbessern wird
und ob die, die ihre Arbeit erfolgreich abschließen können, nicht nur ihre Ergebnisse,
sondern auch ihren Namen als ersten in einer
Publikation wiederfinden können und somit
der Weg für eine „Summa“ gebahnt ist.
Johanna Maxeiner
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Campusleben
Viele Wege führen zur
Promotion
Die Entscheidung zur Promotion ist gefallen, doch jetzt geht die Suche erst richtig
los: Was für eine Doktorarbeit passt zu mir? Wir stellen drei Wissenschaftstypen vor.
Der Empiriker
Was für eine Doktorarbeit machst du?
Ich mache eine empirische Studie in Form
einer leitfadengestützten offenen InterviewErhebung. Oder kurz gesagt: Ich führe Interviews zum Thema „Kundenorientierung in der
Medizin“ mit niedergelassenen Ärzten (zehn
Gynäkologen, zehn Hausärzte) durch. Das ist
weder klassisch experimentell („pipettieren“)
noch statistisch („Akten wälzen“), sondern
kommt einer klinischen Arbeit am nächsten.
Warum hast du dich für eine solche Arbeit
entschieden?
Mir war es wichtig, etwas Eigenes zu machen,
keine Weiterführung oder weitere Versuchsreihe eines Projektes im Rahmen der Habilitation
eines anderen. Da wird man schnell ausgenutzt
und im Endeffekt auf dem Paper an letzter
Stelle erwähnt (wenn überhaupt). Das hat mich
etwas abgeschreckt und dazu gebracht, der
Empfehlung eines Kommilitonen zu folgen und
in die Medizinische Soziologie zu gehen.
In welcher Abteilung/welchem Institut
machst du deine Arbeit?
In der Medizinischen Soziologie – Projekt
TEKIM (Theoretische und Empirische Grundlagen der Kundenorientierung in der Medizin).
Betreuer: Dr. U. Stößel.
Wie genau sieht deine Tätigkeit aus?
Ich habe eigenständig 20 offene, leitfadengestützte Experteninterviews durchgeführt. Dazu
gehört eine Vorbereitung der Theorie, Entwicklung des Leitfadens, Rekrutierung der Ärzte,
Durchführung der Interviews, Transkription
22
(also Abtippen der aufgenommenen Interviews),
Auswertung der Interviews mit anschließender
Beschreibung der Ergebnisse, Diskussion und
Zukunftsperspektiven der Forschung in diesem
Bereich. Außerdem muss ich mich mit der Theorie zu dem Thema beschäftigen, wie etwa dem
Rollenverständnis von Ärzten, gesundheitsökonomischen Aspekten, und Literaturrecherche.
betreiben.
Wie groß ist der Arbeitsaufwand?
Ich kann relativ flexibel entscheiden, wann ich
welche Arbeit mache. Das ist ebenfalls ein Vorteil, dass ich nicht abhängig von irgendwelchen
Proteinbestellungen oder MTA-Schichten bin.
Der Arbeitsaufwand liegt in den Semesterferien
unweit höher als jetzt in der Prä-Klausurzeit. Im
Schnitt arbeite ich etwa zwei bis vier Stunden
pro Woche an der Arbeit.
Entspricht die Arbeit den Vorstellungen, die
du dir im Voraus davon gemacht hast?
Im Großen und Ganzen ja, die Betreuung ist
gut. Herr Stößel könnte manchmal konkreter
werden, was die Fokussierung auf einzelne Aspekte und Schwerpunkte der Arbeit angeht, aber
daran gewöhnt man sich.
Würdest du dich nochmals für diese Arbeit
entscheiden?
Ich denke ja, wobei ich vielleicht mit dem
Gedanken spielen würde, etwas weniger aufwendiges (die Interviews zum Beispiel haben
insgesamt 400 DIN A4 Seiten zur Auswertung
hervorgebracht) zu machen. Eine statistische
Arbeit, rein zum Erlangen des Titels, wäre für
mich auch in Ordnung, wobei dabei der oben
erwähnte Punkt der „Schaffung etwas Eigenes“
zu kurz käme.
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Campusleben
Akten wälzen und Daten sortieren.
Wie behalte ich da nur den Überblick?
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Campusleben
Die Klinikerin
Was für eine Doktorarbeit
machst du?
Eine klinische Studie.
Warum hast du dich für eine
solche Arbeit entschieden?
Ich habe eine Doktorarbeit
gesucht, die sich nah am Klinikalltag bewegt, mit einem spannenden und möglichst praxisnahen Thema.
In welcher Abteilung/welchem Institut machst du deine
Arbeit?
In der Geriatrie der Uniklinik.
Wie genau sieht deine Tätigkeit aus?
Montags ist Teamsitzung mit
den Ärzten und Psychologen,
dort werden die Patienten der
letzten Woche besprochen. Ich
sammle Daten zu den neuen Patienten anhand von Fragebögen,
die wir zuvor entwickelt haben.
Von besonders interessanten
Patienten machen wir ein MRTBild. Nach einer bestimmten
Zeit werden den Ärzten dann
nochmals einige Fragen zu den
Patienten anhand eines Fragebogens gestellt.
Arbeit am Patienten - mit einer klinischen
Studie kommt der Student praxisnah zum Titel.
Wie groß ist der Arbeitsaufwand?
Etwa fünf bis acht Stunden die Woche.
Entspricht die Arbeit den Vorstellungen,
die du dir im Voraus davon gemacht hast?
Ja.
24
Würdest du dich nochmals für diese Arbeit
entscheiden?
Ja, auf jeden Fall. Die Arbeit orientiert sich
sehr am klinischen Alltag, ich gehöre zum
Team dazu und die Betreuung ist super.
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
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Die Labormaus
von Nöten, um ein Ergebnis zu erlangen.
Was für eine Doktorarbeit machst du?
Ich mache eine experimentelle Doktorarbeit.
Dabei arbeite ich aber nicht mit Tieren, sondern mit Zellen.
Würdest du dich nochmals für diese Arbeit
entscheiden?
Nein, weil die Betreuung sehr schleppend
läuft und dadurch große Lücken entstehen, was
für viel Frustration sorgt. Experimentell würde
ich wieder arbeiten, aber in einem größeren Labor und mit abwechslungsreicheren Methoden.
Die Fragen stellte Johanna Maxeiner
Warum hast du dich für eine solche Arbeit
entschieden?
Aus Interesse an experimenteller Arbeit, weil
ich diese im Rahmen der vorklinischen Praktika
nicht ausreichend fand. Auf diese Weise kann
ich herausfinden, ob derartige Arbeit mir
liegt oder ob ich so
etwas für die Zukunft
ausschließen kann. AuSind meine Zellen
ßerdem habe ich den
dieses Mal gewachallgemeinen Eindruck,
sen? Im Labor braucht
eine experimentelle
man vor allem Geduld.
Doktorarbeit sei eine
qualitativ bessere.
In welcher Abteilung/welchem Institut machst du deine
Arbeit?
In der Molekularen
Kardiologie.
Wie genau sieht deine Tätigkeit aus?
Ich mache vor allem
Zellkulturen, Western
Blot, PCR, Mikroskopie, Immunfloreszenz,
sowie normale Laborarbeit.
Wie groß ist der
Arbeitsaufwand?
Etwa zweieinhalb
Jahre, teils Teilzeit,
teils Vollzeit.
Entspricht die Arbeit
den Vorstellungen,
die du dir im Voraus
davon gemacht hast?
Es läuft weniger
flüssig, als ich gedacht
hatte. Es ist viel Arbeit
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Campusleben
Warum eigentlich
?
Sonnenschein und blauer Himmel - das Leben könnte so einfach sein. Trotzdem
gibt es immer wieder Situationen, in denen wir uns fragen: Muss ich? Soll ich?
Kann ich? Warum eigentlich ist manchmal alles so furchtbar kompliziert?
A
n einem ganz normalen Freitagabend
auf einer ganz normalen Party. Aus
irgendeinem Zimmer dringt Musik in
den Flur, stellenweise übertönt von Gelächter
und Gesprächen. Man hat die Jacke abgelegt,
schiebt sich zwischen vage bekannten Menschen hindurch zum Gastgeber, alle sind ein
bisschen betrunken, die Stimmung ist gut.
„Willst du ein Bier? Oder Wein?“ „Nein,
irgendetwas ohne Alkohol.“ „Ääh, okay... Aber
warum?!“ Here it comes again. Keine fünf
Minuten sind vergangen, schon ist der Alien
gelandet.
Bist du Moslem? Krank? Autofahrer?
Oder sind wenigstens deine Eltern bei den
Anonymen Alkoholikern? Die Bandbreite
der ungläubigen Fragen an den freiwilligen
26
Abstinenzler ist schier endlos. Ein schlichtes
„Ich möchte nicht“ oder „Mir schmeckt kein
Alkohol“ werden eher selten kommentarlos
akzeptiert. Einem Vegetarier mag es mitunter
ähnlich gehen. „Isst du aus ethischen Gründen
kein Fleisch? Oder einfach so?“
Dieser Text ist kein Plädoyer für oder gegen
Alkohol, Nikotin oder Bratwürste, sondern
schlicht die Antwort auf eine Alltagsbeobachtung. Es gibt Dinge, die sind gut und erlaubt,
und es gibt Dinge, die man besser nicht tun
sollte, sei es aus juristischen, zwischenmenschlichen oder gesundheitlichen Gründen. Alles
dazwischen fällt unter persönliche Freiheiten:
Extremsportarten, Fastfood, Fastenkuren,
Coke light vs. regular, Auto oder Fahrrad.
Warum aber auf manche Verhaltensweisen
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Campusleben
größeres Unverständnis folgt als auf andere,
die objektiv betrachtet sogar schlechter sind,
erschließt sich mir nicht. Die Frage „Wie, du
kiffst??“ wird mit Sicherheit seltener gestellt
als ein ungläubiges „du trinkst wirklich gar
keinen Alkohol?!?“. Der Rechtfertigungsdruck
in unserer Gesellschaft ist bei wenigen Dingen
ähnlich paradox wie bei einem freiwilligen
Verzicht auf Alkohol.
Natürlich ist es interessant, das Handeln
anderer zu hinterfragen, doch wozu die ewigen
Diskussionen über persönliche Entscheidungen und Vorlieben? Je nach Situation und
Umfeld wird ein bestimmtes Verhalten sowieso
ganz anders wahrgenommen und bewertet,
manchmal sogar vorausgesetzt. In Indien
beispielsweise ist Vegetarismus aus religiösen
Gründen weit verbreitet, wohingegen es in
anderen Ländern wiederum fast gar keine Gerichte ohne Fleisch gibt. In Deutschland ist der
Genuss von Spirituosen seit Jahrhunderten Teil
des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens
und gehört somit zum normalen Alltag (ganz
anders verhält es sich etwa in muslimischen
Ländern). Das Spektrum der Getränke ist groß,
von teurem Wein über Festbier vom Fass bis
hin zu Billigwodka von Aldi, ebenso wie die
Anlässe, zu denen getrunken wird. Zwischen
Komasaufen und gemäßigtem Genuss ist alles
vertreten und das eine hat mit dem anderen im
Regelfall auch wenig zu tun.
Dies alles bedingt die breite Akzeptanz von
Alkohol in der Bevölkerung, obwohl jeder
weiß, dass Ethanol potentiell süchtig macht
und in größeren Mengen auf Dauer schädlich ist. Fast 30 Prozent der Männer und 14
Prozent der Frauen in Deutschland konsumieren laut Robert-Koch-Institut Alkohol in
riskant hohen Mengen, vor allem bei jungen
Menschen ist die Tendenz steigend. Natürlich
führt gelegentlicher moderater Alkoholkonsum genauso wenig zu Leberzirrhose wie eine
Zigarette Lungenkrebs verursacht. Warum aber
werden Nichtraucher trotzdem selten so schief
angeschaut wie jemand, der sich abends in
der Kneipe einen Apfelsaft bestellt? Vielleicht
ist es Neugier („Was hat er nur?“), vielleicht
Mitleid („Du verpasst etwas!“), Angst („Der
ist nüchtern und wird sich an alles erinnern!“),
das schlechte Gewissen („Sollte ich wohl auch
weniger trinken?“), Enttäuschung („Aber der
Wein ist doch so gut!“), vielleicht eine Mischung aus alldem oder vielleicht auch etwas
ganz anderes.
Wer lieber „auf der sicheren Seite“ bleibt
oder sich einmal nicht der lärmenden Masse
anschließt, birgt die Gefahr von Langeweile – ohne Risiko kein Abenteuer. Viele Dinge
machen selbstverständlich nur dann Spaß,
wenn alle Anwesenden auch mitziehen. Es
gibt angenehmere Vorstellungen, als mit einem
Klaustrophobiker ein Bergwerk zu besichtigen,
jemanden zum Käsefondue einzuladen, der
gerade auf Diät ist, oder eine Weinprobe mit
einem Anti-Alkohliker. Ob jetzt aber ein Tofuoder Schweinewürstchen auf den Grill gelegt
wird, ist für die Gesamtsituation relativ egal
und letztlich ist der Alien derjenige, der durch
sein Verhalten unter Umständen etwas verpasst. Genauso wenig man sich dafür rechtfertigen müssen sollte, einen Cocktail zu bestellen,
genauso wenig sollte dies von denjenigen
verlangt werden, die nun einmal lieber eine
Fanta trinken wollen. Aus welchen Gründen
auch immer.
Die Party neigt sich dem Ende zu, allgemeine
Aufbruchstimmung macht sich breit. Schuhe
an, Jacke an, schnell noch die Tasche aus
irgendeinem Haufen herauskramen und hinaus
zu den Fahrrädern. Klopf klopf auf meinen
Kopf. „Ist ja süß, du trägst einen Helm...
Naja, studierst ja auch Medizin!“ Ich verzichte
darauf, mein Gegenüber darüber aufzuklären, dass Medizinstudenten nicht mit höherer
Wahrscheinlichkeit Opfer von Verkehrsunfällen werden, nur weil sie Lehrveranstaltungen
in Anatomie, Traumatologie oder Neurologie
besuchen. Stattdessen grinse ich blöd und freue
mich, dass mein Studium manchmal einen
guten Vorwand dafür bietet, sich einer lästigen
und völlig unnötigen Diskussion zu entziehen.
Auch wenn ich dafür das Klischee des disziplinierten und gesundheitsbewussten Langweilers
bedienen muss.
Lena Lippert
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Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
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Lockt dich das Ausland? Europa
wartet auf dich!
Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
25 Jahre Austausch
Kaum sind die Tröten und Banner des Appendix-Jubiläums wieder verstaut,
steht bereits die nächste Feier ins Haus: Die Erasmusinitiative wird 25. Seit
einem Vierteljahrhundert unterstützt die Europäische Union nun schon junge
Menschen bei Auslandsaufenthalten quer durch Europa - mit Erfolg. Es gibt
kaum ein beliebteres Programm unter reisefreudigen Studenten von Helsiniki
bis Athen.
S
ucht man auf den Homepages der europäischen Kommission oder des DAAD
nach Sinn und Nutzen des Erasmusprogrammes, so fühlt sich der reisefreudige Student bald, als wollte die EU mit allen Kräften
seine beruflichen Chancen optimieren und
ihn vor drohender Arbeitslosigkeit bewahren.
Ein Auslandsaufenthalt „vermittelt jungen
Menschen das Vertrauen und die Fähigkeit, in
anderen Ländern mit den passenden Arbeitsplätzen zu arbeiten, anstatt in einem Land
festzusitzen, in dem es keinen Bedarf für ihre
Qualifikationen gibt“, formuliert es etwa EUKommissionspräsident Manuel Barroso. Ein
Kerngedanke der Erasmus-Verantwortlichen
ist es, Jugendarbeitslosigkeit durch „mehr
Augenmerk auf die Entwicklung von Kompetenzen“ zu bekämpfen, dazu zählen zum
Beispiel Fremdsprachenkenntnisse und Anpassungsfähigkeit. Des Weiteren fördere Erasmus
die „Mobilität“ sowie das „Zusammenwachsen
Europas“ – was genau sich hinter diesen Begriffen verbirgt, sei jedem selbst überlassen.
Mobilität - was ist das?
Alle diese Punkte haben ohne Zweifel ihre
Richtigkeit und lassen sich auch durchaus in
der Realität wiederfinden. Interessant ist aber
doch, dass viele Studenten sich gerade deshalb
gegen Erasmus oder ähnliches entscheiden,
um ja kein Semester zu verlieren und dadurch
auf dem Arbeitsmarkt schlechter dazustehen.
Wenn die offizielle Rechtfertigung und Argumentation für Erasmus sich nun aber so wenig
mit den Gründen deckt, deretwegen Studenten
vornehmlich zur Teilnahme bewegt werden,
warum ist das Programm dennoch eines der
erfolgreichsten Konzepte der EU?
Seit der Einrichtung von Erasmus im Jahr
1987 haben knapp drei Millionen Studierende
das Programm für einen Auslandsaufenthalt
genutzt, die Nachfrage steigt kontinuierlich
an. Den Anfang machten elf Länder mit 3244
„Der Prototyp des deutschen
Erasmus-Teilnehmers studier t
Wir tschaftswissenschaften und
verbringt seine Austauschzeit in
Spanien.“
ZEIT online
Studenten, inzwischen beteiligen sich neben
den EU-Mitgliedsstaaten auch Kroatien,
Island, Liechtenstein, Norwegen, die Schweiz
und die Türkei. Insgesamt sind dies etwa
4000 Hochschuleinrichtungen in 33 Ländern,
weitere stehen auf der Warteliste. Erasmus ist
Teilprogramm von Socrates, dem „Aktionsprogramm der EU für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Bereichen der allgemeinen Bildung“. Gefördert werden Projekte aus
verschiedenen Bereichen, alle benannt nach
Größen der Wissenschaft: Comenius für Schul-,
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
„Erasmus war ein Vielschreiber
und hat über 150 Bücher
geschrieben“
Wikipedia
Erasmus für Hochschul-, Leonardo da Vinci für
Berufs- und Grundtvig für Erwachsenenbildung. Alleine Erasmus hat ein Jahresbudget
von über 450 Millionen Euro1, neben dem
Auslandsstudium werden Auslandspraktika
sowie Auslandsaufenthalte von Hochschullehrern gefördert.
Teilnehmende Studenten, ob mit oder
ohne Erasmusstipendium, sind von den
Studien-, Registrierungs-, Prüfungs-, Laborbenutzungs- und Bibliotheksgebühren
an der Gasteinrichtung befreit und können
zusätzlich einen Zuschuss zur Deckung ihrer
Reise- und Aufenthaltskosten (einschließlich
Versicherungs- und Visakosten) erhalten. Um
die Programmqualität zu gewährleisten, sind
bestimmte Grundprinzipien der Organisation
und Gestaltung in einer sogenannten Erasmus-Charta verankert, über die alle beteiligten
Hochschulen verfügen müssen. Allgemein gilt:
Wenn eine Hochschule Studenten entsendet,
muss sie von der Partneruniversität im Gegenzug auch welche aufnehmen. Natürlich nur,
sofern Interesse besteht, selten sind Angebot
und Nachfrage deckungsgleich. Deutschland
ist immerhin drittbeliebtestes Erasmus-Land,
die meisten Studenten zieht es jedoch nach
Südeuropa.
Studieren, wo andere Urlaub
machen...
Wenn Student X nun verkündet „Ich mach’
im nächsten Semester Erasmus“, so denkt
er sicherlich nicht als erstes daran, auf diese
Weise „Diskrepanzen zwischen vorhandenen
und nachgefragten Qualifikationen abzubauen“. Er denkt daran, eine Stadt zu erkunden,
eine Fremdsprache zu lernen, Menschen zu
treffen, die Sonne zu genießen (Spanien ist
nicht umsonst das beliebteste Land) und, okay,
nebenbei auch ein bisschen zu studieren. Für
30
die Studenten bedeutet Erasmus in vielen Fällen ein bisschen mehr Freiheit und Abenteuer,
als dies zu Hause mit der Uni vereinbar wäre.
Eine bestimmte Zeit lang in einem anderen
Land zu leben, sich ein Stück weit neu erfinden zu können, Klausurenstress auf nächstes
Jahr zu verschieben, zu verreisen, schöne
Dinge zu unternehmen... Man kann es schwer
leugnen: Erasmus ist eine große Party.
Nun ist nicht jeder Student ein feierwütiger
Kampftrinker, die Tendenz jedoch ist klar:
der Erasmusstudent hat im Regelfall einen
entspannteren Alltag. Trotz „Learning Agreement“ werden nicht alle Kurse von der Heimuniversität anerkannt, manche Fächer kann
man im Ausland nicht belegen, hinzu kommt
die Sprachbarriere – auch dem fleißigsten Studenten ist bewusst, dass sich Erasmus und Regelstudienzeit meist nicht vereinbaren lassen.
Europa wächst zusammen
Erasmus ist somit auch eine Chance, den
Ernst des Lebens noch ein bisschen aufzuschieben, sich in Gelassenheit zu üben und zu
erkennen, dass es auch anders geht, als man es
von zu Hause gewohnt sein mag. In einer Gesellschaft, in der schon Dreijährige Chinesisch
lernen, ist es umso wichtiger, den Studenten
Zeit zu geben, um sich umzusehen in der Welt,
Eindrücke zu sammeln, Schwierigkeiten zu
meistern und nicht immer nur stur geradeaus
„Ich infor mier te mich
über verschiedene
Studentenaustauschprogramme.
Eines davon heißt Erasmus und ist
ein furchtbares Durcheinander“
Film L’Auberge Espagnole
zu blicken. Austausch findet auf vielen Ebenen statt, sei es im Sprachkurs, zwischen zwei
Vorlesungen, während eines Ausflugs zum
Strand oder eben bei Tapas und Bier.
So chaotisch es mitunter zugehen mag und
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Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
so divergent die Vorstellungen, welche die
verschiedenen Beteiligten von der Gestaltung
eines Erasmusaufenthaltes haben, auch sein
mögen: Ein Programm, das keinen Spaß und
keinen Nutzen bringen würde, würde sich
kaum einer solchen Beliebtheit erfreuen. Wenn
Student X von seinem Erasmusaufenthalt
zurückkehrt, wird er seinen Freunden von all
seinen Erlebnissen und Erfahrungen berichten, Fotos von der Landschaft zeigen und
vermutlich seinen Facebook-Status von nun an
mehrsprachig gestalten.
Die Checkliste der EU hat er dennoch
erfüllt: Student X hat „über den Tellerrand geschaut“, sich in internationalem Denken geübt
und mit Sicherheit die eine oder andere Idee
aus der Ferne mit nach Hause gebracht. Ob er
dadurch Europa enger zusammengeführt hat,
ist wiederum eine individuelle Sache. „Prägende Erfahrungen – neue Perspektiven“: Das
Motto der offiziellen Geburtstagsfeierlichkeiten klingt nach abgegriffener Floskel, lässt
aber Interpretationsraum für die Vielfältigkeit
dessen, was sich hinter Erasmus verbirgt.
Gut so, weiter so – auf in die Welt!
Lena Lippert
http://ec.europa.eu/education/lifelong-learning-programme/doc80_de.htm
1
Halt die Augen offen!
Erasmus ist, was du
daraus machst.
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
31
Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
Erasmus in Freiburg?!
Ja, das geht auch! Jeder kennt mindestens einen „Outgoing“ oder ist vielleicht
selbst einer, doch wie ist es eigentlich, Erasmusstudent in Freiburg zu sein?
Derzeit erkunden 30 Incomings der medizinischen Fakultät das Freiburger
Studentenleben. Zwei von ihnen, Anna C. aus Italien und Anna P. aus Ungarn,
beide im 10. Semester, haben uns von ihren bisherigen Erfahrungen berichtet.
Warum habt ihr euch für Deutschland und
speziell für Freiburg als Erasmusziel entschieden?
AC: Ich habe Deutsch schon in der Schule
gelernt und wollte das große Austauschangebot
meiner Universität nutzen. Es ist auch nicht so
schwierig einen Platz zu bekommen, da Deutsch
für die Italiener eine komplizierte Sprache ist
und deshalb die meisten meiner Freunde lieber
nach Spanien gehen. Für Freiburg habe ich mich
aufgrund des sehr guten Rufes und natürlich
wegen der vielen Sonnentage entschieden, ich
wollte unbedingt in den Süden Deutschlands!
AP: Ich war schon immer sehr begeistert von
der dieser Sprache und höre auch oft deutsche
Musik. Durch andere Studenten und Freunde
von hier habe ich viel Gutes über Freiburg
gehört.
Gab es gewisse Vorurteile gegen Deutsche,
bevor ihr hierhergekommen seid?
AC: Deutschland war für mich so perfekt:
immer gut organisiert, alle sind pünktlich und
diszipliniert, ganz anders, verglichen mit dem
Chaos in Italien. Jetzt hat sich das Bild etwas
relativiert, auch hier läuft nicht alles rund. Dafür
sind die Deutschen sehr pflichtbewusst. Ganz
lustig ist, dass ich immer zurechtgewiesen werde,
wenn ich ohne Licht Fahrrad fahre oder bei
menschenleerer Straße schnell über eine rote
Ampel springe.
AP: Ich habe bei einer Famulatur schon
gemerkt, dass Deutsche viel und gewissenhaft
arbeiten, was mir sehr gefällt. Ein weiterer
Punkt, welcher mir auch ein Student von hier
bestätigt hat, ist: „Die Deutschen sind freund-
32
lich, aber nicht freundschaftlich.“ Verstehe ich
etwas in der Vorlesung nicht, helfen die anderen
mir sofort, doch leider bleiben sie sonst eher distanziert. Schafft man es hier eine Freundschaft
aufzubauen, hat das einen sehr hohen Wert.
AC: Es wäre toll, mehr noch von Seiten meiner Kommilitonen in das gemeinsame Studentenleben und den Freundeskreis integriert zu
werden.
Wäre das anders in euren Heimatländern?
AC: Die Italiener sind ja meistens sehr
herzlich und versuchen Austauschstudenten
möglichst viel an ihrem Leben teilhaben zu
lassen. Die Männer vielleicht etwas mehr, als es
sein sollte…
Wie beurteilt ihr die Lehre in Deutschland?
AP: Super! Man gibt sich hier viel mehr
Mühe. Beispielsweise hat mich Neurologie nie
interessiert, doch die Oberärzte haben mich im
Praktikum richtig für das Fach begeistert. Da
bleibe ich auch gerne mal länger und bekomme
viele spannende Fälle gezeigt.
AC: In Italien läuft der Unterricht vor allem
theoretisch ab. Kommt man doch einmal in
Klinik, ist man als Student leider nicht sehr
angesehen. Anders als in Deutschland zeigen die
Ärzte nicht so viel Interesse daran, einem etwas
beizubringen.
Zudem ist hier das meiste sehr gut organisiert,
von den Vorlesungen und bis hin zu den Klausurterminen. Trotzdem gibt es natürlich gewisse
Schwierigkeiten für uns ausländische Studenten.
Wir schreiben die gleichen Klausuren wie unsere
deutschen Kommilitonen, dürfen aber ein
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
Wörterbuch benutzen.
Das ist zeitlich oft sehr
knapp. Auch zählen die
Noten bei uns viel mehr
als in Deutschland,
beispielsweise sind sie
entscheidend für die
weitere Facharztausbildung..
AP: In Ungarn ist
eher der Ärztemangel
das Problem. Wegen des
niedrigen Gehalts gehen
die meisten Ärzte ins
Ausland. Folglich gibt
es so viele Patienten,
dass für Erklärungen
oft überhaupt keine
Zeit bleibt. In Famulaturen wurde ich deshalb
oft schon um zehn
Uhr morgens wieder
heimgeschickt. Hier bekomme ich viel gezeigt,
das macht Spaß.
Anna Corletto, 23
Woher kommst du?
Padua, Italien
Wie lange bist du in
Freiburg? September
2011 – August 2012
Anna Pfliegler, 23
Woher kommst du? Debrecen,
Ungarn
Wie lange bist du in Freiburg?
Oktober 2011 – November 2012
Was vermisst ihr hier oder würdet gerne
verbessern?
Beide: Das Essen!
AC: Was mir fehlt, ist vor allem mehr Programm für Erasmusstudenten. Man könnte Ausflüge oder Kochabende planen. Hätte ich nicht
am Sprachkurs teilgenommen, würde ich jetzt
nicht so viele Studenten von anderen Fakultäten
kennen.
AP: Es gab ein Hüttenwochenende für die
Mediziner und einen Glühweinabend, das war
toll! Aber ansonsten werden kaum Möglichkeiten angeboten, um andere Erasmusstudenten
kennenzulernen.
Seid ihr zufrieden mit eurer Wahl?
AP: Auf jeden Fall. Man kann hier so viel
erleben. Ich bin beispielsweise sehr begeistert
vom Unisport. Ein riesiges Angebot! Ich werde
auf jeden Fall wieder kommen.
AC: Das Studentenleben ist ähnlich wie in
Italien, aber die Stimmung ist doch irgendwie
anders. Freiburg bietet eine Menge Möglichkeiten, um sich wohlzufühlen! Mittags kann man
gemütlich in der Stadt bummeln und abends ist
auch immer etwas los. Es ist so lebendig hier.
Freiburg ist für mich Erasmus!
Die Fragen stellte Raffaella Fantin
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
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appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Grüße aus
Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
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Philippe-Fabian Müller,
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Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
35
Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
Ich bin dann
mal weg!
Schmeckt es in der italienischen Mensa besser, gilt das Snowboard in Innsbruck
als Hauptverkehrsmittel und ist Bier in Göteborg tatsächlich so teuer, wie
immer behauptet wird? Diese oder ähnliche Fragen stellt sich jeder angehende
Erasmusstudent spätestens beim Kofferpacken. Wie viel Milch und Honig dort
letztlich fließen und ob das Gras in Erasmanien wirklich grüner ist, findet man
wohl am besten selbst heraus.
S
eit 1996 zieht es die Freiburger Medizinstudenten in die Ferne, selbst wenn wir
dabei - vor allem jetzt, mit dem neuem,
noch undurchschaubaren Curriculum - eine
nicht ganz vorhersehbare Anzahl von Semestern
verlieren könnten.
Je nachdem, wie geschickt man als frisch
gebackener Outgoing seine Fächerauswahl an
der Partneruniversität mithilfe der Freiburger
Äquivalenzliste ausklügelt, hat man dies aber
zumindest teilweise selbst in der Hand.
Vorlieben ändern sich
Auffällig ist, dass die Anzahl der Bewerbungen in den letzten Jahren leicht zurück
gegangen ist (2010/11 waren es noch 152, für
2012/13 sind es 127, beides inklusive PJ-Plätze
und Mehrfachbewerbung) und sich zudem
ein interessanter Wandel in der Präferenzliste
zeigt. Spanien liegt weiterhin ganz klar auf
dem vordersten Rang, allerdings wird vor allem
Schweden immer beliebter und auch die osteuropäischen Länder holen auf: So gab es dieses
Jahr für Prag, Danzig und Cluj (Rumänien) in
Freiburg drei Mal so viele Bewerbungen wie
noch im vergangenen Jahr. La dolce vita italiana
hingegen zog nur noch halb so viele Interessenten an, gerade einmal sechs auf siebzehn Plätze.
Ein Trend, der sich fortsetzen wird? Schon
seit 2002 gibt es beispielsweise die Initiative „Go
East“ des DAAD. Diese will den akademischen
Austausch mit osteuropäischen Ländern fördern
und junge Studenten ermutigen, den Blick auch
36
einmal in eine andere, eventuell neue Richtung
des Kontinents zu wenden. Auch unsere ausländischen Gaststudenten stammen in erster Linie
aus Osteuropa, gefolgt von Spanien, Italien,
Griechenland und der Schweiz.
Freiburg als multikultureller
Treffpunkt
Erasmus in Freiburg - ein Erlebnis, an dem
auch wir Daheimgebliebene Teil haben können. Der Internationale Club beispielsweise
vermittelt jährlich rund 1200 Partnerschaften
im Rahmen des Tandem-Projekts, organisiert
Länderabende und Semestereröffnungsparties.
Was viele Medizinstudenten nicht wissen:
Sollte es trotz seitenlangen Motivationsschreibens nicht für den begehrten Platz an der
gewünschten Uni gereicht haben, besteht mit
Einverständnis der medizinischen Fakultät der
Partneruniversität die Möglichkeit, einen frei
gebliebenen Platz eines anderen Faches zu
besetzen. Es erfordert zwar deutlich mehr Organisation, seinen Weg zum Erasmus beispielsweise über die Germanistik zu gehen, doch mit
ein bisschen Glück führt es zum gewünschten
Erfolg. So lässt sich letztlich doch noch das
etwas andere Studentenleben im Ausland kennenlernen.
Mach‘s gut Schwarzwald, in einem Jahr sehen
wir uns wieder!
Raffaella Fantin
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
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Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Umgebung: Ausflüge zu den
einer tolle Stadt und schönen
sen-Kanelbullaressen in
Schären, Kaffeetrinken und Rie
en; im Wohnheim kostenlos
Haga, am Delsjö spazieren geh
in die Sauna gehen zu können
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Warum zur ück nach Freibu
Das Wetter!
Grüße an…
zenden und seine MitbeLes filles!, den Fachschaftsvorsit
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40
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
Elena Jochum, Budapest
Was ist schön dor t?
ß, alt, schön und chaotisch
Die Stadt an der Donau ist gro
rme, der gut in den unund hat einen faszinierenden Cha
ubs“ zum Ausdr uck kommt
glaublich gemütlichen „ruin-p
r, die in Bars und Cafés
(vor dem Abriss gerettete Häuse
e meine WG, jog gen auf der
umgearbeitet wurden). Ich lieb
rkthalle, die Lebensqualität,
Margareteninsel, die riesige Ma
nengelernt habe - Ungarn
die Menschen, die ich hier ken
Uni ist auch chaotisch,
ist wirklich eine Reise wert! Die
er alles und vor allem an
aber irgendwie klappt doch imm
hier einiges mitnehmen!
ich
praktischen Erfahr ungen kann
i zur ückzukommen, aber bin
Ich werde mich freuen, im Jun
Weilchen hin ist!
froh, dass es bis dahin noch ein
Grüße an...
Unentschlossenen: Nehmt
euch und Freiburg und an alle
könnt nur profitieren!
euch die Zeit für Erasmus: Ihr
Anna, Sofia
Hallo liebe Freibu
rger!
Ich verbringe gera
de ein aufregende
s Semester in
Sofia und genieß
e die Abwechslung
vom Studienalltag
Deutschland. Es
in
ist in jeglicher Hin
sicht viel chaotisch
hier, aber dafür au
er
ch interessanter.
Und wenn man de
Großstadttr ubel
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mal entfliehen m
öchte, bietet eine
Land spektakulär
m das
e Möglichkeiten
(siehe Bild).
Trotzdem ist die
Freude auf die H
eimkehr riesig (end
wieder Fahrrad fa
lich
hren...).
Ich wünsche euch
ein schönes Sem
esterende und freu
mich schon auf eu
ch!
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
Gemüse aus der
Pillendose
Jeder, der schon einmal ein Fitnessstudio von Innen gesehen hat, kennt sie:
Die großen Dosen mit Proteinpulver, welches - je nach Wunsch des Kunden mit
verschiedenen Geschmacksrichtungen - als unerlässlich für das ausreichende
Muskelwachstum gilt. Angeblich! Denn diverse Studien bezweifeln die
tatsächliche Wirkung von verschiedenen Nahrungsergänzungsmitteln (NEM),
seien es nun Proteinpulver, Kreatin, Mineralstoffe oder Vitamine.
D
er Markt für Nahrungsergänzungsmittel
in der Sportnation Deutschland ist riesig.
Neben den Profisportlern, die auf die
angebliche regenerative und leistungssteigernde
Wirkung der Mittel schwören, greifen auch
immer mehr Hobbysportler und „Normalbürger“ zu.
Dabei wird der Markt seit vielen Jahren von
Experten kritisch beobachtet. Bereits vor Jahren
kritisierte der Doping-Fahnder Manfred Donike die „Schluck-Mentalität“ vieler deutscher
Spitzensportler. Auf den Kreatinkonsum der
Athleten angesprochen, antwortete er mit einem
Augenzwinkern in einem Interview der FAZ:
42
„Es gibt keinen schnelleren Weg, teuren Urin
herzustellen!“
Diese Ansicht teilt auch Horst Pagel, Physiologe der Universität zu Lübeck. Seiner Ansicht
nach nutzen die Nahrungsergänzungsmittel
vor allem den Herstellern. Das Problem, das
viele Experten mit NEM haben, ist weniger
die nicht nachgewiesene Wirksamkeit, sondern
vielmehr die Unwissenheit vieler Konsumenten
hinsichtlich möglicher Nebenwirkungen der
kleinen Wundermittelchen. Von beispeislweise
Eisenüberdosierungen durch herkömmliche
Lebensmittel hat man bislang eher wenig gehört,
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
wohingegen NEM leicht zu solchen führen
können. Körperliche Auswirkungen sind die
Folge: Die langfristige Einnahme von Mineralund Spurenelementen etwa steht im Verdacht
Knochenbrüchigkeit zu begünstigen, das
Herzinfarktrisiko zu steigern und vermehrt zu
Nierensteinen zu führen.
Über diese unerwünschten Nebenwirkungen
hinaus wird auch immer wieder die Gefahr der
Entwicklung einer Dopingmentalität kritisiert.
Ein Experte der Uni Mannheim berichtet
schmunzelnd in einem Interview mit dem
WDR: „Ein befreundeter Apotheker hat mir
unlängst von einem Kunden erzählt, welcher in
seiner Apotheke bereits diverse Male Magnesiumtabletten und andere Mineralstoffe gekauft
hatte. Dieser wollte nun eine größere Fahrradtour mit seiner Frau machen und fragte nach
diesem ,EPO, von dem immer aller reden‘, da er
seiner Frau nicht hinterher radeln wolle!“
Legales Doping?
Die Gefahr der unreflektierten Einnahme als
Einstieg ins Doping sehen auch der Deutsche
Olympische Sport Bund und das Bundesinnenministerium, welches für den Sport zuständig
ist. Doch obwohl diese wichtigen Institutionen
sich von der Einnahme der NEM distanzieren
und sie sogar kritisieren, nehmen immer mehr
Menschen in Deutschland das Angebot an Pillen
und Pulvern wahr. Einige Studien gehen davon
aus, dass immerhin jeder dritte Bundesbürger in
unregelmäßigen Abständen zu Vitamin C, Eisen,
Magnesium oder ähnlichem greift, die wenigsten
davon halten vorher Rücksprache mit ihrem
Arzt. Dieser würde ihnen wahrscheinlich davon
abraten, denn eine Mangelernährung, welche
die Substitution bestimmter Nahrungsbestandteile in Pillenform nötig machen würde, ist in
Deutschland sehr selten. Zumindest, wenn man
gesund, nicht schwanger und kein Alkoholiker
ist.
Dass dennoch viele Menschen die kleine
runde Form der Vitamine und Spurenelemente
konsumieren, liegt nach Ansicht verschiedener
Studien auch an der Vermarktung dieser. Neben
der gezielten Platzierung der Produkte im
Leistungssport (beispielsweise leistet sich das
Kölner Unternehmen Taxofit Bandenwerbung
in zahlreichen deutschen Fußballstadien), wer-
den auch in Rundfunk-, Fernseh- und Printmedien immer wieder verschiedenste Kampagnen
gestartet, um die Bevölkerung für die angebliche
unzureichende Aufnahme bestimmter Nahrungsbestandteile zu sensibilisieren. Neben
Spitzensportlern sind vor allem Schauspieler
und andere bekannte Personen des öffentlichen
Lebens als Werbebotschafter gefragt. Versprochen wird dabei vieles, von der Verhinderung
einer Erkältung über die komplette Versorgung
von „A bis Zink“ bis zur Leistungssteigerung
durch die „Vitamin B12 Kur“.
Und wohl auch weil es verlockend scheint, mit
einer Tablette die Gesundheit auf Vordermann
zu bringen und die eigene Leistung zu maximieren, brauchen sich die vielen Hersteller über den
Absatz ihrer zahlreichen Mittelchen keine Gedanken zu machen. Dabei enthalten viele Produkte nichts anderes als Extrakte verschiedener
Pflanzen. Ernährungsexperte Pagel spricht aus,
was sich viele beim Betrachten solcher NEM
schon einmal gedacht haben werden: „Der
übliche Blödsinn! Warum soll ich zum Beispiel
Petersilie trinken, wenn ich sie doch gehackt
übers Essen streuen kann?“
Alles Geschmackssache
Nicht zuletzt sollte man auch auf den
preislichen Aspekt schauen: Eine Packung mit
Kaliumsticks aus der Drogerie kostet 4,90 Euro,
darin enthalten sind 3000 mg Kalium. Für unter
2 Euro bekommt man 1 kg Bananen, darin sind
ungefähr 3800 mg Kalium enthalten. Darüber
hinaus sättigen die gelben Früchte, enthalten
viele andere wichtige Stoffe und sind auch im
Geschmack ihrer Konkurrenz aus der Packung
überlegen.
Letztlich bleibt es jedem selbst überlassen,
zu welcher Variante er greift. Ob man seine
Vitamine und Spurenelemente aus der Drogerie
bezieht oder dann doch den Gang über den
Wochenmarkt am Münster bevorzugt, ist eben
Geschmackssache. Die Gefahr von Überdosierung und schädlichen Nebenwirkungen besteht
bei letzterer Variante allerdings nicht.
Moritz Maas
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Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
Ro c ke r
für‘s Leben
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appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
In kaum einem Land hängt schulischer Erfolg so sehr mit der sozialen
Herkunft zusammen wie in Deutschland, gerade von Hauptschülern besteht
ein recht negatives Fremdbild. Eine studentische Initiative hat es sich zum
Ziel gemacht, soziale Mobilität zu fördern und mehr Chancengleichheit zu
schaffen.
F
ür viele Studenten ist soziales Engagement neben dem universitären Pflichtprogramm ein fester Bestandteil ihres
Alltages. Sei es in der Fachschaft, Vereinen,
Orchestern, politischen Gruppen oder humanitären Projekten - die Palette der Möglichkeiten
ist schier unendlich. Rock Your Life! (RYL)
ist eines davon. „Das besondere ist, dass man
direkt sieht, was man bewirkt oder verändert
hat,“, sagt Max, Medizinstudent im zweiten
Semester und seit einem halben Jahr bei RYL
aktiv. Vor dem Studium hat er bereits bei einem
ähnlichen Projekt namens „Schüler helfen
Schülern“ mitgewirkt und sah in RYL eine
gute Möglichkeit, diese Arbeit fortzuführen.
„Man profitiert auch selbst von der Beziehung“, ergänzt er, „denn wann sonst hat man
schon einmal unmittelbar Kontakt zu einem
Hauptschüler und dessen Problemen?“. Soziale
Verantwortung zu übernehmen, gesellschaftliche Barrieren abzubauen und so einen Beitrag
zu mehr Bildungsgerechtigkeit zu leisten sind
einige der Kerngedanken von RYL.
Ein Coach, was ist das?
Die Idee ist ganz simpel: Auf freiwilliger
Basis entsteht eine „Coaching-Beziehung“
zwischen einem Studenten und einem Hauptschüler, die sich in der Regel über dessen letzte
zwei Jahre vor dem Schulabschluss erstreckt.
In dieser Zeit sollen die beiden in möglichst
regelmäßigem Austausch miteinander stehen,
wobei die Gestaltung der Treffen ganz unterschiedlich sein kann und natürlich auch stark
von den Bedürfnissen und der Persönlichkeit
der „Paare“ abhängt. Das Spektrum reicht von
einem gemeinsamen Kinobesuch oder Eisessen
bis hin zu Hilfe beim Vorbereiten von Referaten, Schreiben von Bewerbungen und Unterstützung bei der Suche nach Praktikumsstellen
oder einem geeigneten Ausbildungsplatz. Als
einen kostenlosen Nachhilfedienst sieht RYL
sich dabei aber nicht, ganz im Gegenteil. Der
Student soll für den Schüler ein Ansprechpartner sein, der „näher dran ist“ als Lehrer und
Eltern, aber mehr Lebenserfahrung mitbringt
als etwa gleichaltrige Freunde. Jemand, der
„außerhalb“ steht und somit vielleicht die eine
oder andere neue Möglichkeit und Perspektive
aufzeigen kann.
Auf vielen Ebenen aktiv
RYL wurde 2008 von Studenten der Zeppelin Universität in Friedrichshafen ins Leben gerufen und seitdem mehrfach ausgezeichnet, zuletzt als ein „Ausgewählter Ort 2012 im Land
der Ideen“. Von Anfang an war das Projekt
als „Social Franchise“ gedacht und konzipiert,
inzwischen ist RYL in 21 deutschen Unistädten
vertreten. Die Freiburger Gruppe entstand
Anfang 2010 auf Initiative zweier Mathematikstudenten und zählt inzwischen 103 Vereinsmitglieder. Viele sind Lehramtsstudenten, an
der PH wird eine Coaching-Beziehung sogar
als Praktikum anerkannt. Über das Coaching
hinaus arbeitet RYL daran, ein regionales und
deutschlandweites Unternehmensnetzwerk
aufzubauen. Durch feste Ansprechpartner in
den Betrieben sowie das Wissen der Coaches
um bestimmte Kooperationen sollen Praktika
und Ausbildungsplätze für die Schüler leichter
zugänglich gemacht werden. In wie weit dies in
Freiburg erfolgreich sein wird, steht noch aus
– hier befindet sich dieser Projektteil gerade im
Aufbau.
RYL ist eine rein studentische Initiative, die
sich selbst verwaltet und durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert. Max beispielsweise
ist im Presseteam tätig, ebenso Julia, die auch
im zweiten Semester Medizin studiert. Auch ihr
gefallen vor allem die Unmittelbarkeit der Beziehung und die Eigenständigkeit des Coaches
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
bei gleichzeitig immer möglichem Austausch
mit dem Rest der Gruppe. Die Arbeit sei
zudem unheimlich vielfältig, ob als „Coach“,
„Fundraiser“, „Networker“ oder Helfer beim
Sommerfest: Gerade da das Projekt in Freiburg
noch recht jung ist, könne man „eigentlich
immer etwas bewirken“.
Speed-Dating und Stadtrallye
So weit, so gut. Doch sind Studenten wirklich dafür geeignet, den Schülern zu helfen?
Auf den ersten Blick könnte es kaum zwei
weiter voneinander entfernte Gruppen geben.
Unweigerlich drängt sich der Gedanke auf,
die „bildungselitären Studenten“ würden den
„vergessenen, ratlosen Hauptschülern“ nun
Tipps geben, wie sie ihr Leben endlich in den
Griff bekämen. „So etwas steht gar nicht im
Raum“, sagt Hans. Hans studiert Jura und ist
seit Oktober als Coach tätig, er betreut einen
Achtklässler der Albert-Schweitzer-Schule.
Philipp (Name geändert) ist ein guter Schüler, der sehr aktiv im Fußballverein ist und
sich bei RYL anmeldete, da es „bestimmt mal
ganz cool“ sei, dort mitzumachen. Nach einer
Stadtralley mit allen Paaren haben die beiden
sich schon ein paar Mal getroffen, „auf Teufel
komm’ raus“ wöchentlich etwas zu unternehmen findet Hans aber wenig sinnvoll. Es gehe
ja schließlich auch darum, herauszufinden,
was genau der Schüler wolle und brauche, um
beidseitig von der Beziehung profitieren zu
können. Er selbst sei zuvor auch nicht frei von
gewissen Klischeevorstellungen gewesen und
habe sehr schnell festgestellt, dass diese in den
meisten Fällen mit der Realität wenig zu tun
hätten. Allerdings, fügt er hinzu, handele es
sich bei den Schülern, die sich für ein Projekt
wie RYL interessierten, auch um eine besondere Stichprobe. Sie seien neugierig auf die Studenten, sehr offen und aufgeweckt - sie haben
sich ja auch freiwillig zur Teilname entschieden.
Nicht zu vergessen ist, dass die Schüler womöglich ebenso vorurteilsbehaftet sind wie die
Studenten, viele von ihnen sehen RYL als eine
persönliche Bereicherung und Eröffnung neuer
Möglichkeiten an.
Da die Coaching-Beziehungen auf freiwilliger Basis verlaufen und von der beidseitigen
Was man so alles mit seinem
Leben anfangen kann... Rockstar werden zum Beispiel!
46
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
Bereitschaft zu Austausch und Unterstützung
abhängen, kommt der Paarbildung große
Aufmerksamkeit zu. Im ersten Jahr, so Hans,
sei das sogenannte „Matching“ anhand von
Persönlichkeitsfragebögen erfolgt, was sich
allerdings als weniger geeignet herausgestellt
habe. Sehr erfolgreich verlief hingegen das
neue Vorgehen nach dem Vorbild des SpeedDating, zur Überraschung aller waren die
„Wunschpartner“ ausnahmslos gegenseitig.
Gewappnet für den Ernstfall
Vor einem „Einsatz“ müssen die Coaches
ein Wochenende lang eine Art Schulung absolvieren, die vom deutschlandweiten Verein
organisiert wird. In Seminaren werden Persönlichkeitsebenen und –zustände erarbeitet und
verschiedene Herangehensweisen an Probleme
diskutiert. Nach einem Jahr wird ein weiterer
Workshop angeboten, ansonsten sind die
Studenten aber frei darin, in wie weit sie sich
untereinander austauschen oder absprechen
möchten. Falls es doch einmal Schwierigkeiten
geben sollte, steht ein professioneller Coach
mit langjähriger Erfahrung als Ansprechpartner
zur Verfügung.
Natürlich verlaufen nicht alle Beziehungen
so, wie die Macher von RYL sich das gedacht
haben. Manchmal passe es auf persönlicher
Ebene doch nicht so gut, wie dies zu Beginn
den Anschein hatte, manchmal verliert der
Schüler das Interesse oder „man lebt sich
einfach auseinander“, so Max. „Man kann eben
nichts erzwingen“.
Nun denn – warum engagieren die drei
Rockst du mir, rock ich dir - zu
zweit macht alles mehr Spaß.
sich gerade bei RYL? Ein motiviertes Team,
wie Julia es immer wieder betont, findet man
sicher auch anderorts. Im Gegensatz zu vielen
anderen sozialen Projekten sei RYL durch die
Eins-zu-eins-Beziehung zwischen Student und
Schüler einfach „viel direkter“, sind sich alle
drei einig. Jeder könne selbst entscheiden, in
wie weit er sich einbringt, man lerne Leute kennen, die man sonst vermutlich nicht getroffen
hätte und erweitere damit auch den eigenen
Horizont. Außerdem, fügen sie mit einer
gewissen Portion Selbstironie hinzu, haben wir
den rockigsten Namen...
Lena Lippert
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
Vorsicht Aufschneider
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Geier im Entengefieder? Vorsicht
vor unnötigen Operationen!
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
Ist diese Operation wirklich sinnvoll? Ist mein behandelnder Arzt nur am Profit
oder an meiner Gesundheit interessiert? Tatsächlich wird in Deutschland im
internationalen Vergleich erstaunlich viel operiert - über die Notwendigkeit der
Eingriffe lässt sich oft streiten. In Zeiten des Internets haben Patienten immer
mehr Möglichkeiten, sich zusätzlichen Rat einzuholen. Doch hier wird man zur
Kasse gebeten.
M
uss guter Rat teuer sein? Seit August
letzten Jahres können sich Patienten
auf dem Online-Portal „Vorsicht!
Operation“ auf eigene Kosten eine ärztliche
Zweitmeinung zu ihrer geplanten Operation
einholen. Das Medienecho auf die Gründung
des Portals war enorm, weil mehrere Grundsatzdebatten im Hintergrund stehen: Wird zu viel
operiert in Deutschland? Mangelt es an effektiven Qualitätskontrollen von Therapien, werden
also Kunstfehler und anderweitige Verfehlungen
nicht oft genug bemerkt? Wie stark sind Ärzte
bei ihren medizinischen Entscheidungen von
ökonomischen Faktoren beeinflusst - verhindert
das Gesundheitssystem eine adäquate medizinische Versorgung durch Kostendruck? Wie
bekommt man die explodierenden Kosten des
Gesundheitssystems in den Griff ? Und schließlich: Was ist von einer solchen virtuellen Medizin
zu halten?
Das Grundproblem, welches das deutsche
Gesundheitssystem seit Jahren belastet, ist
allgemein bekannt: Eine älter werdende Bevölkerung beansprucht immer mehr medizinische Leistungen, die Zahl der Beitragszahler
schrumpft jedoch. Auch die Zahl operativer
Eingriffe ist in den letzten Jahren stark gestiegen. So stark, dass sich manch eine Krankenkasse oder Arzt schon fragt, ob nicht etwa das
Angebot die Nachfrage schaffe. Eine besondere
Rolle spielen hier orthopädische Erkrankungen,
einerseits durch ihre Häufigkeit, andererseits
durch die mögliche Alternative einer konservativen Therapie; laut einem Spiegel-Artikel waren
arthroskopische Operationen am Gelenkknorpel
und an den Menisken im Jahr 2006 die zweithäufigsten Operationen in Deutschland (ca.
150.000). Patienten berichten über großzügige
OP-Indikationen, wundersame Heilungsversprechen für den geplanten Eingriff bei gleichzeitig
zweifelhaften OP-Ergebnissen. Im Ausland
wird oft seltener operiert, die AOK hält sogar
40 Prozent der Operationen in Deutschland für
überflüssig1. Patienten, die auf eine Operation
ohnehin lieber verzichten würden, werden durch
diese Fakten noch stärker verunsichert.
Bei der Therapiewahl haben die Ärzte meist
beträchtlichen Spielraum, je nach den Bedürfnissen des Patienten und der Schwere der Erkrankung. Einem Jugendlichen würde man wohl
noch operativ ein neues Kreuzband einsetzen,
einem siebzigjährigen Patienten vermutlich nicht
mehr. Für ihn wären Schmerz-, Physio- und /
oder Psychotherapie denkbar, die dem überweisenden Arzt jedoch weniger beziehungsweise eventuell sogar zu wenige Einnahmen
bescheren. Für den Patienten aber bieten diese
konservativen Methoden viele Vorteile: Die
OP-Risiken, ein stationärer Aufenthalt und
die anschließende mühsame Remobilisierung
entfallen.
Mehr OPs, mehr Einnahmen
Allerdings ist die Anamneseerhebung
manchmal von so kurzer Dauer, dass Zweifel
aufkommen können, ob der Arzt das Leiden des
Patienten überhaupt in seiner vollen Komplexität erfassen und eine adäquate Therapie finden
konnte. Wie oft passiert es zudem, dass ein
Patient die Arztpraxis verlässt und dennoch die
Ursache der Beschwerden und deren Therapie
nicht wirklich verstanden hat?
„Vorsicht! Operation“ will diesen Missständen entgegenwirken, indem die Online-Ärzte
überzogene OP-Indikationen erkennen und
teure sowie überflüssige OPs vermeiden wollen.
Ein positiver Nebeneffekt ist die ausführliche
Aufklärung des Patienten über seine Krankheit.
Doch wie läuft diese virtuelle Konsultation ab?
Verunsicherte Patienten beantragen online
ein ärztliches Zweitgutachten. Sie füllen einen
Fragebogen mit hundert Fragen aus und schicken ihr Diagnostikmaterial aus bildgebenden
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
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Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
Verfahren den Ärzten zu. Ihren „WunschSpezialisten“ können sich die Patienten dabei
selbst auswählen. Diese präsentieren sich auf
der Homepage mit Profil und Lebenslauf - laut
diesen Beschreibungen alles Koryphäen ihres
Fachs. Das Gutachten wird dem Patienten zusammen mit der Rechnung (zweihundert Euro
aufwärts) zugeschickt. Diese wird jedoch (noch)
nicht von den Krankenkassen erstattet. Im
Gutachten kann der Patient die verschiedenen
Argumente für die Therapieempfehlung sowie
die fachlichen Erklärungen nachlesen, was ihm
ein besseres Verständnis seiner Krankheit und
eine fundiertere Entscheidung ob seines Therapieweges ermöglicht. Mit dem Gutachten kann
er seinen behandelnden Arzt konfrontieren und
auf Erklärungen und eventuell sogar auf eine
Modifikation der ursprünglich vorgesehenen
Therapie drängen.
Seriös, unabhängig,
kompetent?
Da die Online-Ärzte den Patienten nicht
selbst behandeln, haben sie kein wirtschaftliches
Interesse an einem operativen Eingriff. Ihre
Therapieempfehlung sollte also in höchstem
Maße objektiv sein. Zudem entfallen für den
Patienten die Suche und die Wartezeit bei einem
anderen Spezialisten - die Ärzte versprechen,
innerhalb von zwei Wochen ein Gutachten zu
erstellen.
Das Online-Portal bewirbt sich als „seriös,
unabhängig, kompetent“. Trotzdem genügt
es nicht den Ansprüchen der Krankenkassen,
denn sie erstatten hier - im Gegensatz zu einem
„normalen“ Zweitgutachten bei einem nichtvirtuellen Arzt - keine Kosten. Dr. Goetz Fabry,
Wissenschaftlicher Assistent an der Abteilung
für Medizinische Psychologie der Universität
Freiburg, zufolge ist es heutzutage „allgemeiner Konsens“, sich vor großen Eingriffen eine
Zweitmeinung einzuholen. Schließlich greife
man auch bei anderen „Investitionen“ wie zum
Beispiel einem Autokauf auf zweite Quellen
zurück. Aber warum muss man dies aus eigener
Tasche bezahlen?
Der finanzielle Aspekt ist eine Sache, unter
Umständen könnte es aber auch juristische Probleme geben. Verstoßen die Internetärzte etwa
gegen die Berufsordnung? Dort heißt es unter
50
anderem: „Ärztinnen und Ärzte dürfen individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere auch
Beratung, weder ausschließlich brieflich noch in
Zeitungen oder Zeitschriften noch ausschließlich über Kommunikationsmedien oder Computerkommunikationsnetze durchführen“ (Musterberufsordnung, §7, Absatz 3). Dies soll eine
adäquate Arzt–Patienten-Beziehung garantieren,
in der nicht nur auf wissenschaftliches Datenmaterial zurückgegriffen wird, sondern der
Patient als Individuum wahrgenommen wird.
So sollen auch die psychologischen Aspekte
einer Erkrankung nicht aus dem Blickfeld des
behandelnden Arztes verschwinden. Fragebögen
wie bei „Vorsicht! OP“ werden zwar auch jetzt
schon von einigen Ärzten anamnestisch genutzt,
allerdings nur in Kombination mit einem Gespräch.
Anamnese per Fragegoben
Kann man auf diese interpersonelle Ebene
der Arzt-Patienten-Kommunikation verzichten?
Dr. Fabry negiert dies: „Das Besondere am
Arztberuf ist, dass der individuelle Fall zählt.
Die vorherrschende fachliche Meinung gilt nur
als Richtlinie, muss aber für jeden Fall neu adaptiert werden. Individuelle Werte und Ängste des
Patienten müssen bei der Therapie berücksichtigt werden.“ Und virtuell gelinge es nicht, diese
Kommunikation zu etablieren. Das eigentliche
Problem sei nicht die Stellung der richtigen Diagnose, was auch mittels Ferndiagnostik durchgeführt werden könnte, sondern die auf den
Patienten zugeschnittene Therapiewahl.
Es geht also nicht nur um die Erhebung therapierelevanter Informationen, sondern besonders um die Arzt-Patienten-Beziehung. Wie soll
man jemandem vertrauen, von dem man nur ein
Foto und den Lebenslauf kennt? Und als Laie
daraus auch noch seine vermeintliche Kompetenz beurteilen? Wer garantiert für die Richtigkeit der Diagnose? Schließlich hat ein großer
chirurgischer Eingriff beträchtliche Auswirkung
auf das Leben des Einzelnen, die Entscheidung
dafür oder dagegen möchte man eher ungern
aufgrund der Expertise eines Unbekannten treffen. Die Adhärenz spielt auch im nachfolgenden
Therapieverlauf eine Rolle, zum Beispiel bei der
Post-OP-Medikation oder sich anschließender
Physiotherapie. Allerdings kann für manche
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Ü b e r d e n Te l l e r r a n d
Berechtigte Skepsis oder Mittel
der Zukunft? Diagnosestellung
via Internet.
Patienten die Anonymität auch hilfreich sein, da
sie die Autorität des Arztes nicht direkt fühlen,
sondern als Kunde auf Augenhöhe diskutieren
können.
Virtuelle Konsultation zu
saftigem Preis
Seit es Vorsicht! OP gibt, hat man als Patient die Qual der Wahl - abgenommen hat die
Verunsicherung jedenfalls nicht. Bewegt hat sich
dennoch einiges in der Gesellschaft: Seit der
Spiegel dem Thema „Überdosis Medizin“ im
August 2011 eine ganze Ausgabe widmete und
zahlreiche Tageszeitungen und Fernsehsender
darüber berichteten, stehen die Praktiken sämtlicher Beteiligten auf dem Prüfstand. Chirurgen
wehren sich vehement gegen den Vorwurf, zu
häufig zu operieren. Die Krankenkassen weisen
die Klage, das deutsche Gesundheitssystem
durch Kostendruck zu unterminieren, zurück.
Die Online-Ärzte verteidigen ihren Ruf und
wollen nicht als irregeleitete Visionäre dastehen,
die dem armen unerfahrenen Patienten (vorsätzlich) das Geld aus der Tasche ziehen.
Manche systemimmanente Probleme wie den
Zeitmangel bei Konsultationen und die oftmals
daraus resultierende unzureichende Aufklärung
des Patienten über sein Leiden erfordern ein
Umdenken im Gesundheitssystem. Was das
Online-Portal betrifft, werden sich einige Fragen
mit der Zeit klären - je nachdem, ob das neue
System erfolgreich ist. Und was sagen Sie, Dr.
Fabry? „Meiner Meinung nach sollte eher das reale Zweitmeinungssystem ausgebaut werden und
die Kostenübernahme durch die Krankenkassen
gesichert werden müssen. Wozu etwas Virtuelles
finanzieren, was bereits eine reale Entsprechung
hat?“
Kamilla Szabó
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/13/0,3672,8415853,00.html
1
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
51
Leserbriefe
Sie haben Post!
Wow! Eine neue Rubrik! Stolz präsentieren wir euch die ersten zwei Leserbriefe,
die seit Jahren an uns adressiert wurden.
Manch einer mag sich noch an den Artikel zum Krankenpflegedienst
aus der letzten Ausgabe erinnern. Darin waren gemeine Zitate aus dem
Diskussionsforum zur Online-Petition des Hartmann Bundes für die
Verkürzung des Krankenpflegepraktikums und weitere Stilmittel der einseitigen
Berichterstattung enthalten. Das war vielleicht nicht besonders professionell,
aber es hat für Resonanz gesorgt. Der Appendix kann und will nicht nur ein
Organ zur Information und allgemeinen Erheiterung sein, sondern möchte auch
zum Nachdenken anregen und Diskussionen fördern.
Danke an die kritischen Köpfe, die sich die Mühe gemacht haben, unsere
Ausführungen zu ergänzen. Weiter so!
Hallo Appendix-Redaktion,
erst mal großes Lob an den neuen Appendix,
wieder sehr interessant und auch lustig.
Ich muss aber unbedingt etwas loswerden:
Der Artikel zur Petition zur Änderung des
Pflegepraktikum enthält viel Wahres. Eine
Art „Checkliste Pflegepraktikum“ würde den
Lernerfolg sicher erhöhen und eine Verkürzung
ist bei dem straffen Stundenplan der Vorklinik
nur zu begrüßen. Vergütung, umsonst Essen
etc. - alles gute und richtige Ideen, unbedingt
umsetzenswert!
Aber warum gibt der Appendix Raum für
Kommentare wie die von „lalulalu“?
Beleidigend, diskreditierend, arrogant. Einfach
nicht abdruckbar. Krankenschwestern sind fett
und dumm, das ganze Praktikum ist überflüssig?
Ich bin weder Krankenpfleger noch denke ich,
dass das Verhältnis zwischen Pflege und Medizinstudenten ideal ist, aber solchen Kommentaren überhaupt Platz auf der Seite zu geben,
hat mich erschrocken.
Polemik hin oder her, ihr lasst doch (jetzt
wird’s auch polemisch) auch keinen Udo Vogt
52
zum Thema Rassismus in der Medizin seinen
Senf im Appendix dazugeben. Ich bin mir einigermaßen sicher, dass dieser Kommentar nicht
eure Meinung widerspiegelt, aber eine Vorauswahl von Kommentaren hinsichtlich Beleidigungsgrad sollte trotzdem stattfinden.
Liebe Grüße,
Renan
Liebes Appendixteam,
Ich habe mit Interesse die aktuelle Ausgabe
des Appendix gelesen und muss sagen, dass
viele Artikel - wie gewohnt - sehr gut gelungen sind. Allerdings habe ich mich ein wenig
über den Artikel „Du bist hier nicht um was zu
lernen!“ geärgert. Eure Artikel sind eigentlich
immer gut recherchiert und die Themen werden
differenziert betrachtet, aber gerade das kann
ich in diesem Artikel nicht entdecken.
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Leserbriefe
Ich gebe zu, dass vieles am Krankenpflegedienst nicht besonders toll ist und zu wenig
Jubel anregt. Es frisst viel Zeit und man wird
dafür nicht bezahlt, obwohl man sehr viel Arbeit
machen muss.
Meine Kritik bezieht sich zum ersten auf die
Textgestaltung: Es werden nur (bis auf eine
Ausnahme) Zitate abgedruckt, die sehr negativ
zum KPD stehen. Viele meiner Kommilitonen
und auch ich haben sehr gute Erfahrungen im
KPD gemacht und einige arbeiten nach wie vor
in diesem Krankenhaus.
Die Erfahrungen, die man im KPD macht,
hängen auch mit der eigenen Einstellung zusammen. Wenn man dem Pflegepersonal vermittelt,
dass man das ganze für überflüssig hält, da man
ja eh nichts lernen kann, was mit dem späteren
Beruf zu tun hat, dann ist auch klar, dass man
nicht besonders gut aufgenommen wird. Man
wertet damit indirekt nämlich die Arbeit des
Pflegepersonals ab, indem man zu verstehen
gibt, dass man sich für etwas Besseres hält.
Leider gibt es sehr viele Medizinstudenten, die
genau so in den KPD gegangen sind: Sie zeigen
offen ihr Desinteresse und sind wenig bereit
zu arbeiten. Das habe ich von vielen Pflegern
erzählt bekommen und meine eigene Erfahrung
spricht auch dafür.
Zum Thema „man lernt nichts“: Man lernt
eine ganze Menge, wie ich finde. Es ist zwar kein
theoretisches Faktenwissen, sondern Praktisches
(zum Beispiel Hygienemaßnahmen) oder auch
Persönliches (ist dieser Beruf überhaupt was
für mich?). Ich hatte nach meinem Pflegepraktikum endlich das Gefühl, dass ich das Richtige
studiere und - was ich fast am wichtigsten finde
- ich habe gemerkt, dass und wie ich mit Patienten umgehen kann. Eine Erfahrung, die ich
nicht missen möchte. Aber um das zu erfahren
muss man natürlich die Initiative ergreifen und
selbst tätig werden, sich auf das Praktikum auch
einlassen. Man ist eben doch da, um etwas zu
lernen.
Wenn man mit offenen Augen und mit
Interesse in dieses Praktikum geht, kann man
all das lernen und braucht dazu nicht zwingend
einen Lehrplan. Das Studium ist so schon sehr
verschult und durchzogen von Lernzielen, die
man erreichen muss. Wie in den Famulaturen
hat man im KPD die Chance, sich ganz frei umzuschauen und das mitzunehmen, was man will
Sinnvolle Erfahrung oder Putzdrill? Wenn es um
das Pflegepraktikum geht, scheiden sich die Geister.
und was einem selbst wichtig erscheint.
Ich würde mich freuen, wenn ihr das nächste
Mal vielleicht doch mehr beide Seiten beleuchtet, es gibt eben auch eine ganze Menge Argumente für den KPD.
Ihr macht einen guten Job, weiter so.
Liebe Grüße,
Max (Ex-Zivi und KPD-Veteran)
Du möchtest auch etwas loswerden?
Schreib’ uns an [email protected]
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
53
Sinnvoll investiert?
Mikrobiologie ausführlich und
verständlich
Hof und Dörris: Duale Reihe
Medizinische Mikrobiologie.
Thieme, 4. Auflage, 731 Seiten.
Preis: 44,95€
Irgendwann kommt bei
jedem Medizinstudenten der
Zeitpunkt, an dem er sich
in die Welt der Bakterien,
Viren, Parasiten und ekliger
Pilze vertiefen muss. Um sich
für das Kuddelmuddel aus
Plasmodien, Streptokokken
und E.colis zu wappnen ist es
ratsam, sich ein Lehrbuch für
Mikrobiologie anzuschaffen.
Eine mögliche Wahl ist die
„Duale Reihe: Medizinische
Mikrobiologie“ von Herbert
Hof und Rüdiger Dörris, welche sieben Fächer auf einen
Streich abdeckt: Immunologie, Virologie, Bakteriologie,
Mykologie, Parasitologie,
Klinische Infektologie und
Hygiene.
Eines ist die Duale Reihe
auf jeden Fall: vollständig.
Man findet in diesem Buch
sehr viel Wissen auf einem
Haufen, eingerahmt von vielen bunten und anschaulichen
Bildern. Dieser Umfang ist
54
für den fleißigen Studenten
von Vorteil, kann er sich
so schließlich sicher sein,
wirklich sämtliche Themen
abgedeckt zu haben. Allerdings wird aber auch genau
diese Masse an Informationen
zum Problem: Leider wird
nicht ausdrücklich betont,
welcher Teil eigentlich der
relevante ist. Dazu kommt,
dass manche wichtige Krankheitssymptome oder Komplikationen in unauffällig an die
Seite geklatschten Tabellen
verschwinden. Jemand, der
sich gerne kurz und knapp
einen Überblick über die
Mikrobiologie verschaffen
möchte, steht erst einmal vor
der Herausforderung, sich auf
dieses Buch einzustellen.
Auch das integrierte Kurzlehrbuch, also die knappe
Zusammenfassung in der
Randleiste, ist wenig hilfreich,
da hier nur zum Teil zusammenenhanglos Sätze eins
zu eins aus dem Haupttext
abgeschrieben sind.
Man muss jedoch auch die
vielen positive Seiten hervorheben: Die Gliederung ist
logisch, der Text sehr leicht
verständlich und vor allem gut
lesbar, sodass man durchaus
Spaß damit haben kann. Die
Duale Reihe ist ein gutes
Buch, wenn man sich gerne
ausführlich mit der Mikrobiologie beschäftigen und auch
gerne mal einige Kapitel mehr
lesen möchte. Für jemanden,
der nur das nötigste lernen
will, bietet sich jedoch eher
ein kompakteres Buch an.
Rebecca Eisele
appendix .ofamed.de |Frühling 2012
„Alles, was Sie
zur Mikrobiologie
wissen müssen“
Kayser u.a.: Taschenlehrbuch
Medizinische Mikrobiologie.
Thieme, 12. Auflage, 812
Seiten. Preis: 34,99€
Gramverhalten, Endoflagellen, behüllt oder nur ein
Kapsid: Bakterien, Viren,
Pilzen, Proto- und Metazoen erscheinen den meisten
Studenten auf den ersten
Blick als uferloses Gebiet.
Hilfe naht in der altbekannten
Form des Taschenlehrbuchs.
Aber hält es auch, was es
verspricht?
Das Taschenlehrbuch ist
sehr bemüht, eine Ordnung
in die teilweise doch etwas
unübersichtliche Vielfalt der
Mikroorganismen und Viren
zu bringen. So finden sich in
allen Kapiteln Tabellen mit
den wichtigsten Informationen, die das Nachschlagen
durchaus beschleunigen. Die
Gliederung ist übersichtlich
und benutzerfreundlich, den
speziellen Teilen ist immer ein
allgemeiner zum Verständnis
der Grundprinzipien voran-
Sinnvoll investiert?
gestellt. Schön ist auch, dass
die einzelnen Kapitel sehr
einheitlich aufgebaut und
strukturiert sind. So behält
man immer den Überblick
und kann die gewünschte
Information leicht finden.
Am Anfang jedes Abschnittes
findet sich, wie man es von
den Thieme Kurzlehrbüchern gewohnt ist, ein blauer
Kasten mit einer einleitenden
Zusammenfassung – durchaus hilfreich, um sich in
kürzester Zeit die wichtigsten
Fakten wieder ins Gedächtnis
zu rufen. Bezüglich der Antibiotikaempfehlungen kann
man sich meistens auf die
Angaben verlassen, 100%ige
Aktualität zu Richtlinien und
Resistenzlagen kann letztlich
kein Lehrbuch leisten.
Nicht zu empfehlen ist der
Teil Immunologie, der sehr
oberflächlich und allgemein
gehalten ist. Die Autoren
wollten wohl auf größere
Komplexität verzichten,
haben dadurch aber ein
Kapitel mit so wenig Tiefgang
geschaffen, dass man mit
Büchern der Biochemie und
dem Vorlesungsskript besser
bedient ist.
Für die Klausur im QB
Mikrobiologie/Immunologie/
Virologie ist das Taschenlehrbuch ausreichend und stellt
eine gute Ergänzung zu den
Vorlesungen und Skripten
dar. Die Kapitel zur Virologie
wurden vom Freiburger Virologieprofessor Otto Haller
verfasst und entsprechen in
Aufbau und Inhalt fast 1:1
der (noch) von ihm gehaltenen Vorlesung. Im großen
und ganzen ist das Buch
übersichtlich aufgebaut und
verständlich geschrieben, es
enthält tatsächlich „alles, was
man wissen muss“ und man
kann sehr gut damit lernen.
Weniger geeignet ist das Taschenlehrbuch vermutlich für
diejenigen mit größerem, über
Vorlesung und Praktikum
hinausgehendem Interesse an
den Fächern Mikrobiologie
und Virologie: es ist schlicht
zu kompakt, um ins Detail zu
gehen.
Lena Lippert
Mal auflegt, halte ich für ein
gutes Zeichen. Der positive
Eindruck setzt sich fort, als
ich das Buch in der Ambulanz
zum ersten Mal aufschlage:
Es ist übersichtlich gegliedert, wichtiges ist farblich
hervorgehoben und der
Text wird durch viele bunte
Bilder veranschaulicht. Da
macht es auch nichts, dass die
Seiten sehr voll gestopft sind.
Urologie für die
Kitteltasche
Sökeland und Rübben:
Taschenlehrbuch Urologie.
Thieme, 14. Auflage, 470 Seiten.
Preis: 34,99€
Bereits in der ersten Urologievorlesung kündigt PD.
Dr. Frankenschmidt an, dass
die Vorlesung viel zu wenig
Raum gebe, um alle Themen
der Urologie besprechen zu
können. Deshalb müssten
manche klausurrelevante
Themen wie etwa das Erregerspektrum von Harnwegsinfekten im Eigenstudium
erlernt werden.
Als ein paar Monate später
die Klausur beängstigend
näher rückt und obendrein
das Urologiepraktikum ins
Haus steht, halte ich es für an
der Zeit, mich einmal nach
einem geeigneten - sprich
kompakten - Lehrbuch umzusehen. Das Taschenlehrbuch
Urologie passt genau in die
Kitteltasche, so dass man im
Praktikum wenigsten theoretisch für alles gewappnet
ist. Dass Thieme das Buch
bereits zum vierzehnten
Von der Embryologie und
Anatomie über Leitsymptome
und Diagnostik bis hin zu
Krankheitsbildern und Therapie wird alles gut verständlich
und knapp dargestellt. Platz,
um mehr in die Tiefe zu
gehen, bleibt allerdings nicht.
Dennoch ist das Buch ein
guter Begleiter für das Praktikum und für die Vorbereitung
auf die Klausur.
Johanna Maxeiner
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
55
Sinnvoll investiert?
Neuro endlich
verstehen
Hacke: Neurologie. Springer
Verlag, 13. Auflage,
844 Seiten. Preis: 59,95€
Der „Hacke“ gehört mit
seinen knapp 800 Seiten
sicherlich zu den ausführlichsten deutschsprachigen
Werken der neurologischen
Lehrbücher, inzwischen
erschien die 13. Auflage bei
Thieme. Es richtet sich, schon
am Umfang erahnbar, an
fachlich interessierte Leser,
die die Neurologie in ihrer
Komplexität begreifen wollen.
Die schlichte Aufmachung des Buches in blau
und schwarz, unterbrochen
durch nur wenige farbige
Abbildungen, ist Geschmacksache. Es gliedert sich in 10
Themenkomplexe und 36
Kapitel, die praktisch die
gesamte Neurologie mit ihren
Randgebieten umfassen und
auch sehr seltene Syndrome,
wie zum Beispiel das StiffPerson-Syndrom, besprechen.
Eine allgemeine Einleitung,
oft ergänzt durch einen
klinischen Fall, findet sich zu
Beginn eines jeden Kapitels.
Exkurse knüpfen an Neben-
56
disziplinen der Neurologie
an oder stellen den aktuellen
Stand der Wissenschaft dar,
Infoboxen auf Facharztniveau
vertiefen den Informationsgehalt. Zahlreiche neuroradiologische Bilder liefern den einen
oder anderen „Aha-Effekt“.
Abgeschlossen werden die
Kapitel mit einer kurzen Zusammenfassung, die nur die
wichtigsten Punkte beinhaltet.
Für Medizinstudenten mit
besonderem Interesse empfiehlt sich vor allem das erste
Kapitel. Wer die schwierige
neurologische Untersuchung
wirklich verstehen will, findet
hier eine gute Anleitung.
Eingehend und verständlich
verdeutlichen Bilder, schematische neuroanatomische
Zeichnungen und Exkurse
in verwandte Themengebiete
wie die Embryologie den
Untersuchungsvorgang und
erklären den teilweise komplexen zugrundeliegenden
Mechanismus der erprobten
Funktion. Der neurologischen
Diagnostik, welche speziell in
diesem Fach einen essentiellen Teil der Diagnosefindung darstellt und in anderen
Lehrbüchern oft stiefmütterlich behandelt wird, ist hier
ein ganzes Kapitel gewidmet.
Weiterer Pluspunkt: die
Schwerpunktsetzung auf
neurologische Syndrome und
deren systematische Darstellung. Dadurch wird das
Lehrbuch wesentlich praxisbezogener als andere, da man
es im klinischen Alltag eben
oft mit diesen zu tun hat.
Insgesamt liest sich der
„Hacke“ flüssig und gestaltet
sich mithilfe vieler Bilder sehr
anschaulich. Der Lerngewinn
ist extrem hoch, vorausgesetzt
appendix .ofamed.de |Frühling 2012
man ist bereit, einige Zeit
zu investieren. Wie bereits
erwähnt ist dieses Buch für
Studenten, die nur die Grundzüge der Neurologie kennen
lernen möchte, zu ausführlich;
schnell verliert der Leser den
Überblick zwischen Wesentlichem und Spezialwissen.
Zum Nachschlagen und gezielten Nachlesen für Interessierte eignet sich dieses Buch
jedoch hervorragend. Vorteile
gegenüber anderen sehr
ausführlichen Standardwerken
wie zum Beispiel „Neurologie Compact“ liegen in der
anschaulichen Textform und
den oben erwähnten guten
Darstellungen, die das Lesen
und Verstehen leicht machen.
Siobhán Ewert
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Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
57
Lustiges
Typisch
deutsch?
58
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Lustiges
Alle sprechen von Erasmanien und träumen
davon, ihr Glück in der Ferne zu suchen. Dabei
kann es zu Hause doch so schön sein! Was sind
diese Dinge, bei denen die einen verzweifelt
mit dem Kopf schütteln und die anderen
vor Heimweh vergehen? Nach intensivem
Grübeln stellten wir fest, dass die Deutschen
(allesamt meckernde, humorlose Bürokraten
und Vordrängler) sich vor allem über
Nahrungsmittel zu definieren scheinen. Ob sie
das zu einem sympatischen Völkchen macht
und ob unsere Schlussfolgerungen gänzlich an
den Haaren herbeigezogen sind, wollen wir
an
dieser Stelle aber nicht diskutieren.
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
59
Lustiges
Pfannerkuchen
mit Schokonikolaus
Vielleicht das letzte Mal
Studentenfutter? Ein schmerzlicher
Verlust für den Appendix und alle
hungrigen Medizinstudenten da
draußen! Wie wir diese Lücke füllen
werden, steht zurzeit noch in den
Sternen.
Liebe Kommilitonen, eine Ära geht zu
Ende. Liebe Ismene, wir werden dich
vermissen.
F
ür all diejenigen, die an dieser Stelle ein
etwas albernes, mit großer Wahrscheinlichkeit wenig nützliches, aber vielleicht
ein bisschen unterhaltsames Rezept aus der
Studentenfutter-Reihe erwarten, folgt nun eine
herbe Enttäuschung. Es ist aus. Ich vermag
es nicht mehr, dieser Erwartung gerecht zu
werden.
Die Appendix-Redaktion, die mir in langen
Jahren gemeinschaftlichen Arbeitens sehr ans
Herz gewachsen ist, fordert von mir ein Rezept
für „Pfannerkuchen“. Das haben sich viele
schon so lange gewünscht. Keinesfalls möchte
– nein könnte! - ich diesen hoffnungsvollen,
aufstrebenden Multitalenten einen Wunsch
abschlagen. Nächtelang habe mir den Kopf
zerbrochen, recherchiert und frei assoziiert.
Aber ich finde beim besten Willen keinen
größeren Zusammenhang zwischen einem
gewissen Herrn Nikolaus Pfanner und dem
schmucklosen, wenn auch traditionellen Gebäck namens „Pfannenkuchen“. Diese gewisse
semantischen Nähe, der ich diesen unglückseligen Auftrag überhaupt zu verdanken habe,
60
scheint mir noch Monate später die einzige
Gemeinsamkeit von Pfanner und Pfannerkuchen zu sein.
Natürlich habe ich die Erklärung für mein
Versagen bei mir selbst gesucht, mich gefragt,
was die Gründe für meine plötzliche Blockade
sein könnten. Ich notierte mir folgendes in
meinem Tagebuch:
1. Vielleicht bin ich erwachsen geworden
und habe die Freude daran verloren,
Scherze mit anderer Leute Namen zu
treiben.
2. Es langweilt mich. Ich habe es schließlich schon zwei oder drei Mal getan.
3. Es ist Zufall.
4. Es ist Schicksal.
Im Grunde möchte ich euch gar nicht weiter
behelligen. Ich dachte nur, sollte tatsächlich
jemand da draußen sein, der sich in diesem Semester gerne Pfannerkuchen backen möchte...
es tut mir so leid! [Autorin verliert die Fassung]
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Lustiges / Impressum
Impressum
Appendix - Unabhängiges Magazin der
Medizinstudenten an der
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Appendix
Offene Fachschaft Medizin
Hermann-Herder-Straße 9
79104 Freiburg i. Br.
[email protected]
appendix.ofamed.de
Leitung
Lena Lippert
Redaktion
Anne Büttner, Rebecca Eisele, Raffaella
Fantin, Ismene Hermann, Lena Lippert, Moritz
Maas, Johanna Maxeiner, Clemens Schiebel,
Kamilla Szabó
Früher an später denken!
In manchen Momenten
ist ein alter Schokonikolaus Gold wert.
Anzeigen
Insa Schiffmann
Rezensionen
Rebecca Eisele
Ich dachte also, vielleicht sollte ich das geheime
Pfannerkuchenrezept einfach ohne großes Hintergrundtamtam aufschreiben. Naja, damit ihr
Pfannerkuchen machen könnt, meine ich.
Layout
Ismene Hermann, Lena Lippert
Fotos
Jonas Hafner, Santa Mervien Alexandra
Druck
Schwarz auf Weiß
Habsburger Straße 9
79104 Freiburg i. Br.
1 Ei
1 Tasse Mehl
1 Tasse Milch
1 Schokonikolaus vom Vorjahr
Auflage: 1600
Alles mischen. In der Pfanne solariumbraun
braten. Fertig.
Wie immer übernehme ich keine Verantwortung für gesundheitliche Schäden.
Ich gehe jetzt ins PJ und komme nie wieder zurück. Ich möchte allen fleißigen Redakteuren, Fotografen, Sympathisanten und
natürlich auch Hassern, die unseren kleinen
Appendix in den letzten Jahren begleitet und
mitgestaltet haben, herzlich danken - es war
eine wundervolle Zeit!
Ismene Hermann
Verwantwortlich für die Inhalte ihrer Artikel
sind die jeweiligen Autoren selbst.
In einzelnen Artikeln geäußerte Meinungen sind
nicht notwendig Meinung der Redaktion und
spiegeln diese nicht unbedingt wider.
Frühling 2012 | appendix .ofamed.de
61
Wir über uns
Appendix
stellt sich vor
Euer Fachschaftsmagazin: Was es ist, wer es macht und was das
mit euch zu tun hat.
D
er Appendix ist das Magazin der
Medizinstudenten in Freiburg. Die
Redaktion ist eine Arbeitsgruppe der
Fachschaft Medizin und arbeitet eng mit dieser
zusammen. Dabei ist der Appendix aber stolz
auf seine inhaltliche und redaktionelle Unabhängigkeit.
Im Gegensatz zur Appendix vermiformis ist
der gedruckte Wurmfortsatz aber ganz und gar
nicht überflüssig. Er ist eher ein begleitendes
Accessoire für Studenten der Medizin und darf
auch den männlichen Artikel „der“ führen.
Nicht so sein Pendant, das Anhängsel am Blinddarm, das „die“ genannt werden muss.
Der Appendix wird kostenlos in gut besuchten Vorlesungen und Kursen an alle
Medizinstudenten zur geistigen Erbauung und
62
moralischen Festigung ausgehändigt. Und das
schon seit Mai 1992. Damals gab es den original
Papier-Appendix zum ersten Mal. Fortan erscheint das Heft einmal im Semester.
Die Redaktion besteht zur Zeit aus zehn bis
fünfzehn emsigen Redakteuren ganz unterschiedlicher Semester. Die Gruppe trifft sich
einmal in der Woche zum freien Assoziieren
ohne thematischen Schwerpunkt. Dabei entstehen meistens die Ideen für unsere Artikel.
Einmal im Semester gibt’s zur Entspannung ein
Redaktionsessen und zu Weihnachten wird die
Sitzung auch einmal zugunsten eines Glühweins
vorzeitig beendet.
Wenn ihr Lust habt, am Appendix mitzuarbeiten, zögert nicht - kommt einfach vorbei!
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Wir brauchen
Frischfleisch!
Das Appendix-Team ist etwas mager. Deshalb
brauchen wir Frischfleisch: deine Unterstützung!
Serviere uns deine Ideen, Vorschläge, Kreativität und
etwas Zeit. Komm‘ zu uns in die Redaktion, vielleicht
weckt der Appendix auch deinen journalistischen
Appetit?!
Melde dich bei [email protected]
oder unter www.appendix.ofamed.de
Wir freuen uns auf dich!
Die letzte Seite
Neu! Neu! Neu!
Noch eine Seite, dann ist das Heft voll! Aber wie sollen wir sie füllen? Wir haben uns
gefragt, welche dieser drei Alternativen ihr in Zukunft wohl am liebsten auf der letzten
Seite sehen würdet:
1. Such‘ den Appendix! Ein bescheuertes Rätsel mit vielen kleinen versteckten „Appendixen“.
2. Frag’ den Appendix! Ihr stellt uns eine Frage, die euch wirklich bewegt und kompetente
Appendix Redakteure präsentieren euch DIE Lösung.
3. Appendix verbindet! Kontaktanzeigen von und für Medizinstudenten im coolsten Magazin
des Freiburger Medi-Campus.
Um euch die Entscheidung leichter zu machen, folgen ein paar kurze Beispiele.
Such‘ den Appendix
Appendix verbindet
Ein total verpixeltes, unübersichtliches, kindisches
Wimmelbild mit 26 versteckten AppendixBildchen, das euch jedes Semester auf‘s Neue
herausfordert. Klasse, gell?
Liebe Appendix-Leserinnen,
mein Name ist Jürgen und ich studiere Medizin
(da haben wir schon was gemeinsam, höhö).
Mein Lieblingsfach ist Epidemiologie. In meiner
Freizeit gehe ich gerne zu Kaufland oder
Mediamarkt. Manchmal sitze ich bei einem
gemütlichen Glas Wein in meiner
Küche und schaue den
Sonnenuntergang auf der
Fototapete an oder löse ein
Sudoku. Meine letzte Freundin
hat mich nach dem Abi verlassen, das hatte aber
nichts mit mir zu tun.
Ich fände es total schön, mit
dir zusammen SchniPoSa zu
essen.
Auf dem Foto bin ich bei
der letzen Zahniparty, das
Bis bald,
ging so ab!
Dein Jürgen
Frag‘ den Appendix
Julia (3. Semester) fragt:
Seit ich Medizin studiere, finde ich menschliche
Körper abstoßend. Mein Freund ist
Geowissenschaftler und hat kein Verständnis
dafür, dass ich nicht mehr mit ihm schlafen kann.
Er sagt immer nur, ich solle aufhören, ständig
Blutdruckmedikamente vor dem Präpkurs zu
nehmen. Sollten wir uns trennen?
Appendix antwortet:
Liebe Julia,
es ist nur verständlich, dass du, eingeweiht in die
finsteren Geheimnisse der menschlichen Natur,
die naive Freude an der sinnlichen Lust verlierst.
Das geht sogar den meisten MedizinstudentInnen
mal so. Vor allem, wenn du zu alledem noch
Betablocker einnimmst. Langfristig solltest du dir
aber überlegen, ob die Beziehung zu deinem
Freund eine Perspektive hat, wenn er so wenig
auf deine Gefühle eingeht. Vielleicht suchst du dir
besser einen einfühlsamen Mediziner (Jürgen zum
Beispiel ist gerade solo!).
Wir wünschen dir viel Glück – und hör auf deinen
Bauch! Dein Appendix
64
Schreibt uns eure Wunschrubrik an
[email protected]
appendix .ofamed.de | Frühling 2012
Vor die Wahl stellen euch
Ismene Hermann und Lena Lippert
NEU
Mittelpunkt Mensch
Giovanni Maio
Mittelpunkt Mensch: Ethik in der Medizin
Ein Lehrbuch
Irrtum und Preisänderungen vorbehalten. Abb.: © Fotolia
Mit einem Geleitwort von Wilhelm Vossenkuhl
Medizin ist keine angewandte Naturwissenschaft, sondern eine soziale Praxis im Dienste des
Menschen. Weil die Heilkunst eine Form der Zuwendung zum ganzen Menschen sein sollte,
ist sie damit unweigerlich auf eine ethische Reflexion ihres Handelns angewiesen. Doch was
macht eine gute Handlung im Umgang mit kranken Menschen aus?
Das neue Lehrbuch des renommierten und weithin bekannten Experten für Medizinethik,
Giovanni Maio, sucht in systematischer Weise nach Antworten auf drängende Probleme der
heutigen Zeit. Es liefert eine umfassende und fundierte Übersicht sowohl über die zentralen
ethischen Theorien (wie Tugendethik, Pflichtenethik Kants, Utilitarismus etc.) als auch über alle
wesentlichen ethischen Problemfelder der modernen Medizin vom Anfang bis zum Ende des
Lebens. Durch die Diskussion zahlreicher selbst erlebter Patientengeschichten wird die ethische Reflexion praxisnah aufbereitet und zugleich in einen größeren Horizont menschlicher
Grundfragen gestellt.
2012. 444 Seiten, 3 Abb., 14 Tab., geb. • € 19,95 (D) / € 20,60 (A) • ISBN 978-3-7945-2448-8
www.schattauer.de
www.thieme.de/Thieme-ist-bei-Dir