Häufige Erkrankungen des Verdauungsapparates

Transcrição

Häufige Erkrankungen des Verdauungsapparates
Close window to return to IVIS
Enzyklopädie der klinischen
Diätetik
des Hundes
Pascale Pibot
Vincent Biourge
Denise Elliott
Doktorin der
Veterinärmedizin,
Managerin für
Wissenschaftliche
Publikationen, Royal
Canin Arbeitsgruppe
Kommunikation
Doktor der
Veterinärmedizin,
Leiter des
Forschungsprogramms
Ernährung,
Royal Canin
Forschungszentrum
Doktorin der
Veterinärmedizin,
Direktorin der
Abteilung für
Wissenschaftliche
Kommunikation,
Royal Canin USA
This book is reproduced in the IVIS website with the permission of Royal Canin. IVIS thanks Royal Canin for their support.
BVSc (Hons),
PhD, CertSAM,
Dip ECVIM-CA,
MRCVS
Jürgen ZENTEK
DMV, Prof., Fachtierarzt für Tierernährung, Dip ECVN
1
2
3
4
5
6
7
8
Häufige
Erkrankungen des
Verdauungsapparates:
Die Rolle der Diätetik
- Physiologie des Verdauungsapparates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
- Erkrankungen des Oropharynx und der Speiseröhre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
- Akute Erkrankungen des Magendarmtraktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
- Chronische Gastritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
- Magendilatation / Magendrehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
- Erkrankungen des Dünndarms, die Diarrhoe hervorrufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
- Erkrankungen des Dickdarms, die zu Diarrhoe führen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
- Chronische Enteropathien mit Obstipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
Häufig gestellte Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
Diätetische Informationen von Royal Canin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
97
Verdauung
Alex GERMAN
Verdauung
Häufige Erkrankungen
des Verdauungsapparates:
Die Rolle der Diätetik
Alex GERMAN
BVSc (Hons), PhD, CertSAM, Dip ECVIM-CA, MRCVS
Alex German schloss sein Veterinärmedizinstudium 1994 mit Auszeichnung an der University of Bristol ab. Nach zweijähriger Tätigkeit
in der Gemischtpraxis kehrte er nach Bristol zurück, um dort eine Promotion (PhD) und anschließend eine Residency im Bereich Innere
Medizin der Kleintiere zu beginnen. Im August 2001 erhielt er das RCVS-Certificate für Kleintiermedizin (Fachtierarzt f. Kleintiere).
Seit Oktober 2002 arbeitet Dr. German an der Universität Liverpool und ist dort gegenwärtig als Dozent für Innere Medizin
der Kleintiere und klinische Diätetik (Royal Canin Lecturer) tätig. Dr. German ist seit September 2004 Diplomate des European College
of Veterinary Internal Medicine. Wissenschaftlich beschäftigt er sich aktuell mit der Gastroenterologie, den klinischen Metabolomics
(biochemisches Profiling bestimmter Reaktionen des Zellstoffwechsels) und der Adipositas bei Kleintieren.
Jürgen ZENTEK
DMV, Prof., Fachtierarzt für Tierernährung, Dip ECVN
Jürgen Zentek schloss sein Studium 1985 an der Tierärztlichen Hochschule Hannover ab. Nach kurzer Tätigkeit in der privaten
tierärztlichen Praxis übernahm er die Leitung eines Forschungsprojekts im Bereich Tierernährung. Er untersuchte den Energiebedarf
von Doggenwelpen im Zusammenhang mit der Skelettentwicklung. Im Jahr 1993 erhielt Dr. Zentek den Titel des Fachtierarztes für
Tierernährung und Diätetik. Nach einem Jahr an der veterinärmedizinischen Fakultät in Bristol, Großbritannien, erhielt er im Jahr 2000
den Lehrstuhl für Klinische Diätetik der Veterinärmedizinischen Universität Wien und wurde dort Direktor des Instituts für Ernährung.
Seit 2005 ist Dr. Zentek Professor an der Universität Berlin. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte sind die klinische Diätetik der
Heimtiere und die Zusammenhänge zwischen Ernährung, intestinaler Mikroflora und Immunität des Gastrointestinaltraktes.
D
ie Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes sind
ein wichtiges Problem in der Kleintiermedizin.
Chronische Verdauungsstörungen sind aufgrund der Grenzen
der diagnostischen Möglichkeiten und der Vielfalt möglicher
Ursachen oft besonders schwierig zu behandeln. Dieses Kapitel
fasst die Grundlagen der gastrointestinalen Physiologie
des Hundes zusammen, einschließlich der intestinalen
Mikroflora und des intestinalen Immunsystems. Die häufigsten
Verdauungsstörungen werden vorgestellt und Diagnose und
Behandlung praxisorientiert diskutiert. Die Rolle der Diätetik
wird für jede dieser Erkrankungen differenziert erörtert.
98
Der Dünndarm ist der Hauptort der Verdauung und Absorption der Nährstoffe. Er ist zentraler Ort der
Absorption von Elektrolyten und Flüssigkeit. Die Zotten und die Mikrovilli des Dünndarms bilden eine
sehr große Oberfläche für die Absorption und Assimilation von Nährstoffen. Die Enterozyten sind hoch
spezialisierte Zellen, die entscheidend am Prozess der Absorption beteiligt sind. Ein Bürstensaum (Mikrovillimembran) befindet sich an der luminalen Oberfläche der Enterozyten und enthält die für die
Verdauung der Nährstoffe erforderlichen Enzyme. Transportproteine unterstützen den Transport von
Aminosäuren, Monosacchariden und Elektrolyten. Der Prozess der Erneuerung der Enterozyten und der
Proteine der Mikrovilli wird durch sämtliche im Darmlumen vorhandenen Faktoren beeinflusst: Nährstoffe, Pankreasenzyme, Gallensalze, Hormone und Bakterien.
Verdauung und Absorption der Nährstoffe
> Proteine
Die Verdauung der Proteine wird im Magen durch das Enzym Pepsin eingeleitet. Das Pepsin wird inaktiviert, sobald es das Duodenum erreicht. Die weitere Proteinverdauung im Dünndarm erfolgt durch Pankreasenzyme und Enzyme des Bürstensaumes. Im Rahmen dieses Verdauungsprozesses werden die Proteine zu Peptiden und freien Aminosäuren abgebaut. Die kleinen Peptide und die Aminosäuren werden
anschließend von spezifischen Transportsystemen des Bürstensaumes absorbiert (Abbildung 1).
ABBILDUNG 1 - VERDAUUNG UND ABSORPTION DER PROTEINE
ABBILDUNG 2 - VERDAUUNG UND ABSORPTION DER FETTE
Leber
Pepsin
Trypsin
Chymotrypsin
Carboxypeptidasen
Elastase
Gallenblase
OH
Darmlumen
Oligopeptide
Pankreas
Dipeptide
OH
Lipasen
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
Aminosäuren
OH
OH
OH
OH
OH
Darmlumen
Triglyzeride
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
Chylomikron
Mizelle
OH
OH
Peptidasen
Bürstensaum
Transportsystem
der Aminosäuren
Transportsystem
der Peptide
Transportsystem
der Aminosäuren
Bürstensaum
Epithelzelle
Peptidasen
Aminosäuren
Dipeptide
Aminosäuren
Lipoprotein
Epithelzelle
Lymphe
Triglyzeride
Langkettige Fettsäuren
Triglyzeride
Monoglyzeride
Freie Fettsäure
Gallensalze
Portalvene
Monoglyzeride
Mittel - und kurzkettige Fettsäuren
OH
OH
OH
> Fette
Die Nahrungsfette werden durch die Wirkung der Gallensäuren im Dünndarm emulgiert und anschliessend durch die Pankreasenzyme Lipase, Phospholipase und Cholesterinesterase verdaut. Die Triglyzeride
werden dabei zu Monoglyzeriden und freien Fettsäuren abgebaut. Zusammen mit den Gallensäuren bilden die Monoglyzeride und die freien Fettsäuren Mizellen und können nun in dieser Form absorbiert werden (Abbildung 2). Die Gallensäuren werden im Ileum durch einen spezifischen Transportmechanismus
reabsorbiert und anschließend in der Leber recycelt. Nach der Absorption werden die langkettigen Fettsäuren zu Triglyzeriden zurück verestert und in Chylomikronen eingebaut, die schließlich in die Lymphgefäße eintreten. Lange Zeit ging man davon aus, dass die mittel- und kurzkettigen Fettsäuren direkt in
den Portalkreislauf aufgenommen werden, neuere Arbeiten lassen jedoch Zweifel an dieser Theorie aufkommen (Sigalet et al., 1997).
99
Verdauung
1- Physiologie des Verdauungsapparates
1 - Physiologie des Verdauungsapparates
1- Physiologie des Verdauungsapparates
Verdauung
ABBILDUNG 3 - VERDAUUNG UND ABSORPTION
DER KOHLENHYDRATE
Disaccharide
Stärke
Saccharose
Laktose
Alphaamylase
Disaccharide :
Dextrine
z. B: Maltose
Darmlumen
Alphadextrinase
Saccharase
> Kohlenhydrate
Stärke ist das wichtigste verdauliche Polysaccharid in den üblichen
Nahrungsmitteln. Im Darm wird sie durch die Pankreasamylase zu
Maltose abgebaut. Maltose und die anderen diätetischen Disaccharide (Laktose und Saccharose) werden von den Bürstensaumenzymen
zu den Monosacchariden verdaut, aus denen sie bestehen. Diese werden anschließend über spezifische Transportsysteme oder einen
erleichterten Transport absorbiert. Die Monosaccharide werden dann
durch die basolaterale Membran in den Portalkreislauf transportiert
(Abbildung 3).
> Mineralstoffe
Laktase
Glukose
Maltase
Transportsystem
für Glukose
Glukose
Die Makromineralstoffe und die Spurenelemente werden primär im
Dünndarm absorbiert, aber auch der Dickdarm kann am Prozess der
Absorption beteiligt sein. Die aktive Absorption von Kalzium unterliegt Regulationsmechanismen, die von Vitamin D, Parathormon
und Calcitonin kontrolliert werden. Mit Hilfe dieser homöostatiTransportsystem
Transportsystem
für Galaktose Bürstensaum
für Fructose
schen Mechanismen kann sich der Organismus in gewissen Grenzen
Transportsystem
für Glukose
einer schwankenden Nahrungsaufnahme anpassen. Beim Hund wird
Epithelzelle
ein Teil des Kalziums aus der Nahrung aber auch auf passivem Weg
absorbiert. Die Assimilationsmechanismen für Phosphor sind weniFruktose Glukose Galaktose
ger gut bekannt, sie scheinen jedoch auf ähnliche Weise reguliert zu
werden wie die des Kalziums. Magnesium wird ohne homöostatische
Regulation absorbiert, so dass der Magnesiumspiegel im Blut höheren
Schwankungen ausgesetzt ist. Natrium, Kalium und Chlorid werden vorwiegend im Dünndarm absorbiert,
und die Absorptionsrate liegt in der Regel über 90 %. Die Absorptionsraten von Zink, Eisen und Mangan
unterliegen regulatorischen Mechanismen. Die Existenz von aktiven Transportsystemen für Mangan und
Kupfer wurde nachgewiesen. Die anderen Elemente werden durch passive Diffusion absorbiert.
> Vitamine
Die fettlöslichen Vitamine (A, D, E und K) werden in gemischte Mizellen eingebaut und passiv durch
den Bürstensaum absorbiert.
Die wasserlöslichen Vitamine, insbesondere die Vitamine der B-Gruppe, werden durch passive Diffusion,
erleichterten Transport oder aktiven Transport absorbiert. Die Absorptionsmechanismen für Folsäure
und Vitamin B12 sind deutlich komplexerer Natur und werden in Abbildung 4 und 5 zusammengefasst.
Intestinale Mikroflora (Darmflora)
Die residuale bakterielle Flora (Darmflora) ist ein integraler Bestandteil des gesunden Verdauungstraktes. Sie beeinflusst die Entwicklung der Mikroanatomie, trägt zum Verdauungsprozess bei, stimuliert die
Entwicklung des enteralen Immunsystems und kann den Darm vor einer Besiedlung mit pathogenen Keimen schützen. Gesunde Individuen besitzen eine immunologische Toleranz gegen diese stabile Flora, und
ein Verlust dieser Immuntoleranz kann zur Entwicklung chronischer Enteropathien beitragen, wie zum
Beispiel der so genannten Inflammatory Bowel Disease (IBD).
Vom Duodenum in Richtung Kolon nimmt die Zahl der Bakterienpopulationen zu. Sie werden durch
zahlreiche endogene Faktoren reguliert, insbesondere durch die Darmmotilität, die Verfügbarkeit von
Substrat, aber auch durch verschiedene bakteriostatische und bakterizide Sekrete des Körpers (Magensäure, Galle, Pankreassekrete). Die von einem Schleimhautwulst umgebene Ileummündung (Ostium ileale) bildet die anatomische und funktionelle Barriere zwischen der Mikroflora des Dünndarms und der
Mikroflora des Dickdarms. Anomalien oder Dysfunktionen eines dieser Faktoren können zur Entstehung
quantitativer oder qualitativer Störungen der bakteriellen Darmflora führen.
Bei der “normalen” Dünndarmflora handelt es sich um eine vielfältige Mischung verschiedener aerober,
anaerober und fakultativ aerober Bakterien. Beim Menschen liegt die Gesamtzahl der im oberen Dünndarmabschnitt vorhandenen Bakterien unter 103-5 KBE*/ml. Gegenwärtig gibt es jedoch keinen Konsens
100
* KBE: Kolonie bildende Einheit
Die Rolle der Darmschleimhaut
im Immunsystem
Die Dünndarmschleimhaut besitzt eine allgemeine und
unspezifische Barrierefunktion, sie muss aber auch eine
schützende Immunantwort gegen Pathogene entwickeln
und gleichzeitig immuntolerant gegenüber unschädlichen Umweltantigenen wie kommensalischen Bakterien und Nährstoffen bleiben. Trotz der jüngsten Fortschritte im Verständnis der Struktur des Immunsystems
und seiner zahlreichen Interaktionen bleibt nach wie vor
die Frage offen, wie das Immunsystem entscheidet, ob es
gegenüber einem bestimmten Antigen reagiert oder aber
tolerant bleibt.
Der Verdauungstrakt beherbergt den größten Teil der
immunologisch aktiven Zellen des Körpers. Das darmassoziierte Lymphgewebe umfasst Rezeptorstellen und
Effektorstellen. Bei den Rezeptorstellen handelt es sich
vor allem um die Peyerschen Platten, isolierte Lymphfollikel und die mesenterialen Lymphzentren. Die wichtigsten Effektorstellen sind die Lamina propria und das Darmepithel.
Eine solche Unterscheidung ist jedoch keineswegs absolut, denn es gibt zahlreiche funktionelle Überlappungen
zwischen diesen verschiedenen Stellen. Die Population
der Immunzellen ist sehr vielfältig und umfasst T- und
B-Lymphozyten, Plasmazellen, dendritische Zellen,
Makrophagen, Eosinophile und Mastzellen. Protektive
Immunantworten sind die Voraussetzung für einen wirksamen Schutz des Darms vor einer Besiedlung mit pathogenen Erregern. Grundsätzlich unterschieden wird hier
zwischen der zellvermittelten (Synthese zytotoxischer
Zellen) und der humoralen (Bildung von Immunglobulinen) Immunantwort. Der Erhalt einer gewissen immunologischen Toleranz (Immuntoleranz) der Darmschleimhaut ist jedoch mindestens genauso wichtig, wenn nicht
sogar wichtiger. Dies ist nur wenig überraschend, wenn
man berücksichtigt, dass die überwiegende Mehrzahl der
luminalen Antigene von unschädlichen Nahrungsbestandteilen oder von der endogenen Mikroflora stammt.
Die Generierung aktiver Immunantworten auf diese ubiquitären Moleküle ist deshalb nicht nur wenig rentabel
sondern auch potenziell nachteilig, da sie zur Entstehung
unkontrollierter Entzündungsreaktionen führen kann.
ABBILDUNG 4 - VERDAUUNG UND
ABSORPTION DER FOLSÄURE
ABBILDUNG 5 - VERDAUUNG UND
ABSORPTION VON VITAMIN B12
Magen
Proximaler
Dünndarm
Magen
Proximaler
Dünndarm
Pankreas
Pankreas
Mittlerer
Dünndarm
Mittlerer
Dünndarm
Distaler
Dünndarm
Distaler
Dünndarm
Folsäure-Monoglutamat
Cobalamin (Vitamin B12)
Folsäure-Polyglutamat
Diätetische Proteine
R-Protein
Folsäure-Dekonjugase
Transportsystem für Folsäure
Folsäure in der konjugierten
Form (mit Glutamatresten) wird
durch die Folsäure-Dekonjugase
verdaut, ein Enzym der
Mikrovillimembran, das vor
der Absorption über spezifische
Transportsysteme im mittleren
Dünndarmabschnitt sämtliche
Glutamatreste bis auf einen
abspaltet.
Intrinsischer Faktor
Cobalamin-Rezeptor
Nach oraler Aufnahme wird Cobalamin
im Magen von den diätetischen
Proteinen abgespalten. Es verbindet
sich anschließend mit unspezifischen
Proteinen (z.B. R-Proteine).
Im Dünndarm wird das Cobalamin
auf einen vom Pankreas synthetisierten
intrinsischen Faktor (IF) transferiert.
Der Cobalamin-IF-Komplex passiert
den Dünndarm bis in seinen distalen
Abschnitt, wo das Cobalamin durch
die Schleimhaut transportiert wird
und in den Blutkreislauf eintritt.
101
Verdauung
1- Physiologie des Verdauungsapparates
darüber, was bei einem gesunden Hund als “normale” Population im Dünndarm gelten könnte. Einige
Studien weisen darauf hin, dass der proximale Dünndarmabschnitt eines Hundes bis zu 109 KBE/ml aerobe und anaerobe Bakterien beherbergen könnte. Der “Normalwert” beim Hund kann also nicht aus den
Daten vom Menschen abgeleitet werden, und die Diagnose einer “bakteriellen Überwucherung” des
Dünndarms bei einem Hund ab einem Schwellenwert von 105 ist somit möglicherweise unberechtigt.
Die intestinale Mikroflora unterliegt zahlreichen endogenen und exogenen regulatorischen Einflüssen.
So hat unter anderem die Zusammensetzung der Nahrung einen Einfluss auf die Bakterienkonzentration
im Darm. Proteinreiche Rationen begünstigen das Wachstum proteolytischer Bakterien, insbesondere
von Clostridien, während einige fermentierbare Fasern die Proliferation saccharolytischer Bakterien, wie
zum Beispiel Bifidobakterien und Laktobazillen, stimulieren.
2 - Erkrankungen des Oropharynx und der Speiseröhre
Verdauung
Ein Durchbrechen der immunologischen Toleranz gegenüber kommensalischen Bakterien kann in der
Tat ein kritischer Schritt in der Pathogenese chronisch entzündlicher Darmerkrankungen sein.
Auch wenn die Mechanismen der Immuntoleranz der Darmschleimhaut heute gut charakterisiert sind,
so bleibt eine fundamentale Frage nach wie vor unbeantwortet: Wie entscheidet das darmassoziierte
Lymphgewebe, wann es tolerant werden muss und wann nicht? Die wichtigsten Zellen bei der Bildung
dieser Immuntoleranz sind die CD4+ T-Lymphozyten, sei es durch Synthese von Zytokinen, die eine
Downregulation einleiten (z. B. TGF-β oder IL-10), sei es durch Interaktionen zwischen verschiedenen
Zellen (z. B. über den Umweg über die CD25+, die IL2-Rezeptoren). Interessant ist, dass die Mediatoren
der Immuntoleranz, die Zytokine TGF-β und IL-10, auch die Bildung von IgA fördern, dem wichtigsten
Immunglobulin der Schleimhaut. Die Entstehung der Immuntoleranz der Schleimhaut könnte sich daher
parallel zur spezifischen IgA-Antwort entwickeln. Interessant ist zudem, dass IgAs die Schleimhaut gewissermaßen beschichten und sie dadurch als immunologische Barriere schützen, das heißt, sie verhindern,
dass Antigene durch die Schleimhaut dringen. In Anbetracht der Tatsache, dass diese immunologische
Exklusion die Menge der Antigene reduziert, der das Schleimhautimmunsystem ausgesetzt ist, induziert
sie ebenfalls eine Toleranz, da sie die immunologische Reaktivität reduziert.
2 - Erkrankungen des Oropharynx
und der Speiseröhre
Schluckstörungen und Erkrankungen der Speiseröhre
> Klinische Symptome bei Schluckstörungen
Dysphagie wird definiert als ein gestörtes oder schmerzhaftes (Odynophagie) Schlucken und kann die
Folge von Erkrankungen der Maulhöhle, des Pharynx und des Ösophagus sein. Der vollständige Schluckakt umfasst eine oropharyngeale, eine ösophageale und eine gastroösophageale Phase. Die oropharyngeale Phase kann wiederum in ein orales, ein pharyngeales und ein krikopharyngeales Stadium unterteilt
werden. Anomalien eines jeden dieser Stadien können sich klinisch als Dysphagie äußern. Die Störungen sind gewöhnlich funktioneller oder morphologischer Natur. Die meisten funktionellen Störungen
sind auf eine Insuffizienz, einen Spasmus oder eine Inkoordination der physiologischen neuromuskulären Aktivität zurückzuführen. Unter Regurgitation versteht man ein Zurückströmen von Nahrung aus
dem Oropharynx oder aus dem Ösophagus in die Maulhöhle ohne Einsatz der Bauchpresse. Wichtig ist
die klinische Unterscheidung zwischen Regurgitation und Erbrechen (Tabelle 1).
Die wichtigsten klinischen Symptome bei Schluckstörungen sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
TABELLE 1 - UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN REGURGITATION UND ERBRECHEN
102
Regurgitation
Erbrechen
Passiver Vorgang
- keine abdominale Unterstützung
Keine Prodromalsymptome
- möglicherweise Salivation
Möglicherweise assoziiert mit:
- unverdauter, mit Schleim und/oder Speichel
überzogener Nahrung
- neutralem pH-Wert
- festen Bestandteilen, aber ohne Flüssigkeit bei Stenose
oder spitzem Fremdkörper
- frischem Blut bei ulzeröser Läsion
- Auftreibung am Hals
- Schmerzen beim Schlucken
Auslösung
- unmittelbar oder kurze Zeit nach dem Abschlucken
- verzögert bei Ösophagusdilatation
oder Ösophagusdivertikel
Koordinierter Reflex
- abdominale Kontraktionen
- Retroperistaltik
- Reflexartiger Verschluss der Glottis
Prodromalsymptome
- Übelkeit
- Unwohlsein
- Anorexie
- Hypersalivation
- Schlucken
- erfolglose Versuche, zu erbrechen
Möglicherweise assoziiert mit:
- saurem pH-Wert (< 5)
- Galle
- teilweise verdauten Ingesta
- verdautem oder frischem Blut
Auslösung
- unterschiedlich, aber selten unmittelbar
TABELLE 2 - KLINISCHE SYMPTOME BEI
SCHLUCKSTÖRUNGEN
Hauptsymptome
Sekundäre Symptome
• Signalement und Vorbericht
Die Rasse und das Alter können gewisse Hinweise auf die wahrscheinliche Diagnose geben. So muss bei jungen Hunden unter anderem auch an
kongenitale Erkrankungen gedacht werden. Ein detaillierter Vorbericht ist
die wesentliche Voraussetzung für die Erstellung eines aussagekräftigen
Profils der klinischen Symptome hinsichtlich Dauer, Fortschreiten, Häufigkeit und Grad. Zusätzliche Hinweise auf die zugrunde liegende Ätiologie können bei der Anamnese auffallen, wie zum Beispiel im Falle eines
oral aufgenommenen Fremdkörpers.
Dysphagie
Odynophagie
Regurgitation
Eventuell Polypnoe
Mangelernährung
Dehydratation
Anorexie (Schmerzen, Obstruktion) oder
Polyphagie (ausgehungerte Patienten)
Regurgitation
- Refluxpharyngitis, Rhinitis
- Nasenausfluss
Aspirationspneumonie
- Husten, Dyspnoe
Trachealkompression
- Husten, Dyspnoe
• Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung ergibt oft keine pathologischen Befunde,
obgleich der Allgemeinzustand bei hochgradiger Regurgitation schlecht
sein kann. Erkrankungen der Maulhöhle sind oftmals direkt adspektorisch zu diagnostizieren. Pharynx
und Krikopharynx lassen sich dagegen nur unter Sedierung oder Allgemeinanästhesie untersuchen. Eine
Ösophagusdilatation im Halsabschnitt kann in vielen Fällen palpatorisch oder adspektorisch diagnostiziert werden.
• Weiterführende Untersuchungen
Die Anamnese und die klinische Untersuchung bestätigen die Symptome einer Schluckstörung und können Hinweise auf den genauen Sitz des Problems liefern (Tabelle 3). Dennoch kann in diesem Stadium
nur selten eine endgültige Diagnose gestellt werden, und häufig erweisen sich weiterführende Untersuchungen als notwendig.
TABELLE 3 - UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN DYSPHAGIE OROPHARYNGEALEN UND ÖSOPHAGEALEN URSPRUNGS
Klinische Symptome
Oropharynx
Ösophagus
Immer vorhanden
Manchmal vorhanden (bei Ösophagitis oder Obstruktion)
Vorhanden
Vorhanden
Fehlt gewöhnlich
Fehlt (außer bei Fremdkörper); Cave Pseudo-Ptyalismus!
Oft vorhanden
Gewöhnlich vorhanden
Trinkfähigkeit
Gestört
Normal
Fähigkeit zur Aufnahme fester Nahrung
Gestört
Normal
Ja
Nein
Regurgitation von Futter
Unmittelbar
Unmittelbar bei kranialer Obstruktion, sonst um einige Minuten
bis Stunden verzögert
Charakteristika des regurgitierten Materials
Unverdaut
Unverdaut
Gelegentlich
Häufig, insbesondere bei Ösophagitis oder Fremdkörper
Multipel
Einzeln bis multipel
Nasenausfluss
Dyspnoe, Husten
Kann vorhanden sein
Kann vorhanden sein
Dysphagie
Regurgitation
Hypersalivation
Versuche, zu erbrechen
Futter wird aus dem Maul fallen gelassen
Odynophagie
Anzahl der Schluckversuche
Assoziierte Symptome
Verweigerung der Nahrungsaufnahme
103
Verdauung
Bei Tieren mit Erkrankung der Speiseröhre ist gewöhnlich ein abgestuftes
diagnostisches Vorgehen erforderlich.
2 - Erkrankungen des Oropharynx und der Speiseröhre
> Diagnose einer Erkrankung der Speiseröhre
2 - Erkrankungen des Oropharynx und der Speiseröhre
Exploratorische Röntgenuntersuchung. Zahlreiche Schluckstörungen lassen sich mit Hilfe von Übersichtsröntgenaufnahmen diagnostizieren. In Falle eines Megaösophagus kann die mit Gas gefüllte Speiseröhre dargestellt werden. Viele Fremdkörper (insbesondere aus knöchernem Material) sind ebenfalls in
der Übersichtsaufnahme zu erkennen.
• Ösophagogramm mit Bariumkontrastmittel,
mit oder ohne Fluoroskopie
In bestimmten Fällen ist eine Kontraströntgenuntersuchung erforderlich, obgleich diese verzichtbar ist
(oder sogar gefährlich, z. B. bei Bariumaspiration), wenn die Diagnose bereits in der Übersichtsaufnahme deutlich wird. Für die Untersuchung der Speiseröhre sollte das Bariumkontrastmittel vorzugsweise
mit Futter gemischt werden. Bei Verdacht auf eine Perforation müssen jodierte Kontrastmittel verwendet werden. Nach Möglichkeit sollte vorzugsweise eine fluoroskopische Untersuchung durchgeführt werden, da sie dynamische Informationen über die Maulhöhle, die Funktion des Pharynx und die Funktion
der Speiseröhre liefert. Sämtliche Phasen des Schluckaktes können auf diese Weise dargestellt und charakterisiert werden.
• Endoskopie
Eine endoskopische Untersuchung ist bei vielen Erkrankungen des Ösophagus, wie zum Beispiel einem
Megaösophagus, nicht unbedingt erforderlich. Für die Diagnose der meisten anderen Erkrankungen handelt es sich jedoch zweifellos um die Methode der Wahl, und für die Diagnose sämtlicher organischer
Ursachen (Ösophagitis (Abbildung 6), gastrointestinaler Reflux, Stenose, Ösophagustumor) ist eine
Endoskopie unbedingt erforderlich. Die adspektorische Untersuchung der Speiseröhre erfolgt vorzugsweise mit Hilfe eines flexiblen Endoskops anstelle eines starren Endoskops. Die Endoskopie kann aber
auch zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden, zum Beispiel zur Extraktion eines Fremdkörpers, zur
mechanischen Dilatation einer Ösophagusstriktur oder zum Einsetzen einer perkutanen Ösophagostomiesonde.
© V. Freiche
Verdauung
• Röntgenuntersuchung (direkte und indirekte Hinweise)
Abbildung 6 - Ösophagitis
Ösophagusschleimhaut: Entzündliche
Veränderung infolge
eines gastroösophagealen Refluxes.
Ferner ist eine Kardiainsuffizienz
vorhanden.
TABELLE 4 - DIE WICHTIGSTEN ERKRANKUNGEN DES OROPHARYNX UND DES ÖSOPHAGUS
Oropharynx
Neuromuskuläre Dysfunktion des Oropharynx
Krikopharyngeale Achalasie
Neuromuskuläres Granulom des Oropharynx
Oropharyngeales Trauma
- mechanische Verletzung
- Verbrennung
- Fremdkörper
Oropharyngeale Entzündung (verschiedene Ätiologien)
- Glossitis
- Stomatitis
- Pharyngitis
Ösophagus
Megaösophagus
Ösophagitis
Ösophagusstenose
Ösophagusfremdkörper
Gefäßringanomalien
Hiatushernie
Gastroösophageale Intussuszeption
Ösophagustumor
Ösophagusfistel
Ösophagusdivertikel
Gastroösophagealer Reflux
Spezifische Schluckstörungen
Die wichtigsten Schluckstörungen sind in Tabelle 4 zusammengefasst.
> Neuromuskuläre Dysfunktion des Oropharynx
Diese Form der Dysfunktion kann eine Störung in jedem oropharyngealen Stadium des Schluckaktes (oral,
pharyngeal oder krikopharyngeal) hervorrufen. Eine krikopharyngeale Motilitätsstörung kann dazu führen, dass der Krikopharynx nicht mehr in der Lage ist, sich zu kontrahieren (Chalasie) oder sich zu relaxieren (Achalasie). Die Ätiologie dieser Störungen ist weitgehend unbekannt, in einigen Fällen besteht
jedoch ein Zusammenhang mit neurologischen Problemen (Erkrankung des Hirnstamms, periphere Neuropathien), neuromuskulären Erkrankungen (Myasthenia gravis, Polymyositis) oder Stoffwechselstörungen (Hypothyreose). Eine kongenitale krikopharyngeale Achalasie wird beim jungen Hund beschrieben.
Diese Störungen werden im Allgemeinen medikamentös behandelt. Wenn eine spezifische Ursache nach104
> Megaösophagus und Ösophageale Motilitätsstörungen
Als Megaösophagus bezeichnet man eine Dilatation und eine Dysfunktion oder globale Paralyse des Ösophagus, die zahlreiche Ursachen haben kann (Tabelle 5). Die Pathogenese ist gekennzeichnet
durch eine Insuffizienz der progressiven Peristaltikwellen. Mit dem
Begriff ösophageale Dysmotilität wird ein röntgenologisch sichtbares Defizit der ösophagealen Motilität ohne manifeste Dilatation des
Ösophagus beschrieben. Die Erkrankungen bzw. Störungen, die
einen Megaösophagus induzieren, sind auch für die ösophageale Dysmotilität verantwortlich. Ein Megaösophagus kann primärer oder
sekundärer Natur sein. Die Hauptursache des erworbenen Megaösophagus ist die Myasthenia gravis. Bei Patienten mit fokaler Myasthenia gravis kann der Megaösophagus das einzige klinische Symptom sein.
Das klinische Leitsymptom des Megaösophagus ist eine (schmerzfreie)
Regurgitation, die eventuell mit einer Dilatation des zervikalen Ösophagusabschnitts einhergeht. Sekundäre Symptome (Pyrexie,
Husten, Dyspnoe, Gewichtsverlust) können ebenfalls vorhanden sein
und sind in der Regel auf einen Nasenausfluss, eine Aspirationspneumonie oder eine Fehl- bzw. Unterernährung zurückzuführen.
TABELLE 5 - HAUPTURSACHEN DES MEGAÖSOPHAGUS
Primär/idiopathisch
Sekundär
Kongenital; z. B.:
- Dogge
- Deutscher Schäferhund
- Irish Setter (assoziiert
mit Pylorusstenose)
Myasthenia gravis, lokal oder generalisiert
Andere neurologische Störungen
- Polymyositis
- Polyneuropathien
- Dysautonomie
- Beidseitige Läsion des N. vagus
- Erkrankung des Hirnstamms
• Trauma
• Neoplasie
• Gefäßerkrankung
• Botulismus
• Staupe
• Dysautonomie
• Tetanus
Erworben
Für den idiopathischen Megaösophagus gibt es weder eine wirksame
medikamentöse noch eine chirurgische Behandlung. Die Therapie
ist also stets symptomatischer Natur (siehe weiter unten). Beim
sekundären Megaösophagus richtet sich die Behandlung in erster
Linie gegen die zugrunde liegende Ursache. Eingesetzt werden unter
anderem Steroidanaloga zur Behandlung eines Hypoadrenokortizismus, oder eine Kombination von Cholinesterase-Hemmern (Pyridostigmin) und immunsuppressiven Medikamenten (Glukokortikoide, Azathioprin, Mycophenolat oder Ciclosporin) zur Behandlung
einer Myasthenia gravis.
Stets besteht bei diesen Patienten die Gefahr einer Aspirationspneumonie, und folglich muss eine vorsichtige Prognose gestellt werden. In einigen idiopathischen Fällen bei jungen Hunden ist jedoch
eine spontane Genesung zu beobachten, und auch bei Patienten mit
sekundärem Megaösophagus kann es nach erfolgreicher Behandlung
der zugrunde liegenden Ursache zu einer funktionellen Wiederherstellung kommen.
- Systemischer Lupus erythematodes (SLE)
Vergiftung
- Blei
- Thallium
- Cholinesterase-Hemmer
- Acrylamid
Verschiedene
- Mediastinitis
- Hypoadrenokortizismus
- Hypophysärer Zwergwuchs
- Ösophagitis
- Hiatushernie
- Hypothyreose (umstritten)
TABELLE 6 - HAUPTURSACHEN DER ÖSOPHAGITIS
Gastroösophagealer Reflux
Allgemeinanästhesie +++
Hiatushernie
Persistierendes Erbrechen: selten
Refluxösophagitis (Dysfunktion des kaudalen Ösophagussphinkters)
- Adipositas
- Obstruktion der oberen Atemwege (Kehlkopflähmung)
Aufnahme schleimhautreizender
Substanzen oder Materialien
Kaustika (Ätzmittel)
Heiße Flüssigkeiten
Lokal reizende Substanzen
Fremdkörper
Medikamente, zum Beispiel: NSAIDs, Antibiotika (Doxyzyklin)
105
Verdauung
2 - Erkrankungen des Oropharynx und der Speiseröhre
gewiesen wird, muss diese entsprechend behandelt werden. In den anderen Fällen wird gewöhnlich eine
unterstützende Behandlung eingeleitet, entweder durch eine assistierte bzw. künstliche Ernährung per
Magensonde oder durch eine erhöhte Platzierung des Futternapfes. Liegt eine krikopharyngeale Achalasie vor, kann eine chirurgische Behandlung eingeleitet werden, zum Beispiel eine krikopharyngeale Myotomie. In den zahlreichen Fällen ohne eindeutig diagnostizierbare zugrunde liegende Störung muss in aller
Regel eine vorsichtige Prognose gestellt werden.
2 - Erkrankungen des Oropharynx und der Speiseröhre
Verdauung
> Ösophagitis und Ösophagusulzera
Entzündungen der Ösophagusschleimhaut haben zahlreiche potenzielle Ursachen (Tabelle 6). Als Folge
einer hochgradigen Ösophagitis kann sich eine Ulzeration (und eine daraus letztlich entstehende Striktur) entwickeln. Die zentralen klinischen Symptome einer Ösophagitis sind chronisches Erbrechen/
Regurgitation, Hypersalivation und eine Anorexie infolge des schmerzhaften Schluckprozesses. Bei entsprechendem Verdacht ist eine Endoskopie der Speiseröhre ratsam, und bei chronischem Erbrechen müssen ergänzend auch der Magen und das Duodenum untersucht werden.
Die Behandlung erfolgt symptomatisch. Neben einer assistierten Ernährung (siehe weiter unten) muss
vor allem auf eine ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit geachtet werden. Die medikamentöse
Behandlung umfasst die Gabe von Breitspektrumantibiotika, Analgetika, Schleimhaut schützenden Substanzen (Sucralfat), Magensäurehemmern (z. B. H2-Rezeptorantagonisten wie Ranitidin oder Famotidin
oder Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol), aber auch die Gabe von Substanzen zur Modifikation
der Motilität (z. B. Metoclopramid).
TABELLE 7 - HAUPTURSACHEN DER ÖSOPHAGUSOBSTRUKTION
Intraluminal
Ösophagusfremdkörper
- Knochen
- Nadel
- Holz
- Angelhaken
- Andere
Intramural
Ösophagusstenose
- Fremdkörper
- Kaustisches Material
- Ösophagitis
- Gastroösophagealer Reflux
- Medikamentöse Behandlung:
- Antibiotika, Nicht-steroidale
Entzündungshemmer etc.
Ösophagustumor
- Karzinom
- Fibrosarkom
- Osteosarkom (im Zusammenhang
mit einer Spirocerca lupi-Infektion)
- Papillom (selten)
Extramural
Thoraxtumor
- Thymom
- Lymphom
- Andere
Vergrößerung der Bronchiallymphknoten
- Neoplasie
- Infektion (z. B. granulomatöse Erkrankungen)
Kardiopathie
- Herzinsuffizienz, die zu einer Dilatation des linken Vorhofs führt
- Gefäßringanomalien
Persistierender rechter Aortenbogen
Doppelter Aortenbogen
Aberrante A. subclavia
Aberrante Aa. intercostales
Offener, aberranter Ductus arteriosus
Andere Erkrankungen des Thorax oder des Mediastinums
> Ösophagusobstruktion
Eine Ösophagusobstruktion kann intraluminal, intramural oder extramural liegen und partiell oder vollständig sein (Tabelle 7). Bei lang anhaltender Obstruktion kann der proximal der Obstruktion gelegene
Ösophagusabschnitt dilatieren und seine Motilität verlieren. Zu den weiteren Komplikationen der Ösophagusobstruktion gehören insbesondere die Ösophagitis und die zu einer Mediastinitis führende Ösophagusruptur (beim Hund selten beschrieben).
Ösophagusstrikturen sind die Folge einer durch eine Fibrose induzierten Verengung des Lumens. Fibrosen entwickeln sich unter anderem in der Phase der Narbenbildung nach einer Ösophagusulzeration, ausgelöst durch einen Fremdkörper, die Aufnahme kaustischen Materials, eine Verbrennung der Ösophagusschleimhaut (Aufnahme heißer Nahrung), einer zu Ösophagitis führenden Erkrankung, eines gastroösophagealen Refluxes (sehr häufig nach Allgemeinanästhesie) oder einer medikamentösen Behandlung
(Doxyzyklin). Das oben beschriebene diagnostische Vorgehen wird auch bei Ösophagusstrikturen durchgeführt. Kontrastuntersuchungen und die Endoskopie des Ösophagus werden in diesem Zusammenhang
sehr häufig eingesetzt.
Die Behandlung besteht aus einer mechanischen Dilatation der Striktur, entweder mit Hilfe eines Ballons oder mit einer Sonde. Eine assistierte Ernährung (künstliche Ernährung per Sonde) ist in vielen Fällen während der Phase der oft mehrfach durchzuführenden therapeutischen Dilatationen notwendig
(siehe weiter unten).
Ösophagusfremdkörper kommen bei Hunden relativ häufig vor. Insbesondere handelt es sich hierbei um
Knochen, Nadeln, Holzstückchen oder Angelhaken. Am häufigsten betroffen sind junge Hunde und ins106
> Hiatushernie
Shar Pei-Welpen haben
eine besondere Rasseprädisposition für
die gastroösophageale Intussuszeption.
© Badeau
Als Hiatushernie bezeichnet man einen Vorfall eines Teils oder der
Gesamtheit der gastroösophagealen Verbindung und des Magens durch
den Hiatus oesophageus des Zwerchfells in den Thorax hinein. Diese
Erkrankung kann durch eine forcierte Inspiration infolge einer Obstruktion der oberen Atemwege wie eine Kehlkopflähmung verstärkt werden.
Die höchstgradige aber glücklicherweise seltene Form ist die bei jungen
Hunden vorkommende gastroösophageale Intussuszeption. Der Shar Pei
besitzt eine besondere Prädisposition für diese Erkrankung. Erbrechen,
Regurgitation und Dyspnoe können so akut sein, dass sie einen tödlichen
Schockzustand auslösen. Eine paraösophageale Hernie äußert sich durch
einen Vorfall des Magens parallel zur Speiseröhre. Die gleitende Hiatushernie manifestiert sich häufig intermittierend.
Eine fluoroskopische oder eine endoskopische Untersuchung können sich
als erforderlich erweisen, die Verdachtsdiagnose eindeutig zu bestätigen.
Wenn sich solche intermittierenden Hernien nicht während der Untersuchung bilden, bleiben sie häufig unerkannt. Bei entsprechendem Verdacht sind deshalb wiederholte Untersuchungen erforderlich. Diese Form
der Hernie kann eine Refluxösophagitis, intermittierende Regurgitation
und Erbrechen hervorrufen.
Zahlreiche Hernien lassen sich durch eine Änderung des Ernährungsverhaltens (häufige kleine Mahlzeiten, Futter erhöht aufstellen) und
durch medikamentöse Behandlung der begleitenden Refluxösophagitis erfolgreich behandeln. Im Falle
einer Intussuszeption oder einer persistierenden Hernie ist eine chirurgische Behandlung erforderlich.
107
Verdauung
2 - Erkrankungen des Oropharynx und der Speiseröhre
besondere Terrier (z. B. West Highland White Terrier). Die klinischen Symptome beginnen in der Regel
akut und umfassen eine Dysphagie, Regurgitation, Sialorrhoe und Anorexie (wenn der Fremdkörper
Schmerzen hervorruft). Bei partieller Obstruktion kann das Tier in der Regel noch Flüssigkeit zu sich
nehmen, feste Nahrung wird jedoch nicht aufgenommen. In diesen Fällen werden die Patienten nicht
selten erst sehr spät beim Tierarzt vorgestellt. Im Falle einer Perforation kann sich eine Mediastinitis entwickeln und mit systemischen Symptomen wie Depression und Fieber einhergehen. Die Kombination
aus Übersichtsröntgenaufnahmen und einer Ösophagoskopie führt in der Regel zur endgültigen Diagnose. Kontrastuntersuchungen sind dagegen nur selten erforderlich. Bariumkontrastmittel kann den Fremdkörper maskieren, und muss bei Verdacht auf eine Perforation der Ösophaguswand in jedem Fall vermieden werden.
Die Mehrzahl der Ösophagusfremdkörper kann unter endoskopischer Kontrolle auf oralem Weg entfernt
werden. In seltenen Fällen ist eine chirurgische Ösophagotomie erforderlich, um den Fremdkörper zu
entfernen. Dieser invasive Eingriff sollte jedoch stets als letztes Mittel eingesetzt werden. Eine assistierte Ernährung kann sich in der Rekonvaleszenzphase als notwendig erweisen (siehe weiter unten). Bei
hochgradigen Läsionen kann eine PEG-Sonde eingesetzt werden (perkutane Gastrostomiesonde, unter
endoskopischer Kontrolle eingesetzt).
Bei den Gefäßringanomalien handelt es sich um kongenitale Missbildungen der Aortenbögen, die
den Ösophagus etwa auf Höhe der Herzbasis komprimieren. Der proximal der Obstruktion gelegene
Ösophagusabschnitt kann sich dilatieren und aperistaltisch werden. Gefäßringanomalien treten beim
Irish Setter und beim Deutschen Schäferhund (wie der idiopathische Megaösophagus) sehr häufig auf.
Die klinischen Symptome - akute Regurgitation und Wachstumsverzögerung - werden gewöhnlich zum
Zeitpunkt des Absetzens des Welpen erstmals beobachtet, wenn die Ernährung allmählich auf festes
Futter umgestellt wird. Die beste Diagnosemethode sind Kontraströntgenuntersuchungen.
Die chirurgische Behandlung ist die Therapie der Wahl, ihr Erfolg hängt jedoch von der Dauer des Bestehens des Problems ab. Je später der Hund vorgestellt wird und je umfangreicher die Ösophagusdilatation,
desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Symptome post operationem zurückgehen. Da diese
Tiere in der Regel in einem schlechten Allgemeinzustand sind, ist eine unterstützende Ernährung erforderlich, um zunächst einen operationsfähigen Zustand zu erreichen (siehe weiter unten). Die Prognose
ist in jedem Fall vorsichtig zu stellen. Aufgrund der Fehl- bzw. Mangelernährung und der Gefahr einer
Aspirationspneumonie haben diese Hunde ein hohes chirurgisches Risiko. Zudem kann die Dilatation
des kranialen Ösophagusabschnitts auch trotz der chirurgischen Korrektur der Gefäßringanomalie persistieren.
Ösophagustumore sind seltene Ursachen einer progressiven Regurgitation, wobei das hervor gewürgte
Material häufig Blutbeimengungen aufweist. Gelegentlich besteht ein Zusammenhang mit der hypertrophischen Osteopathie (Marie-Krankheit). Die häufigsten Tumortypen beim Hund sind Tumore
der glatten Muskulatur, Karzinome, Fibrosarkome und Osteosarkome (im Zusammenhang mit einer
Spirocerca lupi-Infektion, insbesondere in Südamerika, in Afrika und auf der Insel Réunion). Ösophagustumore sind stets maligne, die therapeutischen Möglichkeiten sind sehr beschränkt, und die Prognose ist
schlecht, da die Diagnose in der Regel zu spät gestellt wird.
© Royal Canin
2 - Erkrankungen des Oropharynx und der Speiseröhre
Verdauung
> Ösophagustumore
Erhöht angebotene Nahrung erleichtert
das Abschlucken bei Erkrankungen
des Ösophagus.
> Ösophagusdivertikel
Ösophagusdivertikel sind lokale Dilatationen der Ösophaguswand. Sie sind entweder angeboren oder
entwickeln sich sekundär infolge anderer Erkrankungen des Ösophagus. Man unterscheidet zwei Formen:
- Pulsionsdivertikel. Sie entstehen oberhalb einer Ösophagusläsion, zum Beispiel infolge einer Gefäßringanomalie.
- Traktionsdivertikel. Sie entwickeln sich infolge einer Entzündung und einer Fibrose der Ösophaguswand.
Ösophagusdivertikel müssen von einer Redundanz der Ösophaguswand unterschieden werden. So kann
bei jungen Welpen brachyzephaler Rassen und beim Shar Pei eine Plikatur des Ösophagus sichtbar sein.
Die Diagnose erfolgt mit Hilfe von Röntgenaufnahmen (mit oder ohne Bariumkontrast). Kleine Divertikel sind nur selten ein klinisches Problem, und eine konservative Behandlung reicht in der Regel aus
(zerkleinerte, breiförmige Nahrung, erhöht positioniert angeboten). Umfangreichere Divertikel (multilobuliert) sind dagegen problematischer und können einen chirurgischen Eingriff erfordern, auch wenn
die Prognose eher schlecht ist.
DIÄTETISCHE BEHANDLUNG BEI SCHLUCKSTÖRUNGEN
Futter erhöht anbieten. Der Futternapf und
das Trinkwasser sollten in erhöhter Position
angeboten werden. Kleine Hunde können “über
die Schulter” gefüttert werden. Diese Hunde
können darüber hinaus über einen kurzen
Zeitraum nach dem Fressen vertikal
gehalten werden, damit die Nahrung via
Schwerkraft leichter in den Magen gelangen
kann (Guilford & Matz 2003).
Bei Hunden mit Schwierigkeiten bei der
Trinkwasseraufnahme kann der
Flüssigkeitsbedarf auch mit Hilfe
von Eiswürfeln gedeckt werden.
Veränderung der Futterkonsistenz.
Die optimale Konsistenz des Futters hängt vom
Einzelfall ab. Bei einigen Hunden in der
Rekonvaleszenz ist Instantnahrung zum
Auflösen in Wasser am besten geeignet, bei
anderen ist Feuchtfutter oder zerkleinertes
und mit mindestens dem zweifachen Volumen
Wasser vermengtes Trockenfutter geeignet.
Darüber hinaus muss auch die Viskosität des
Futters berücksichtigt werden.
Je nach zugrunde liegender Erkrankung oder
Vorlieben des Hundes beziehungsweise des
Besitzers kann das Futter schließlich entweder
mit der Spritze oder in Form kleiner geformter
Boli verabreicht werden.
108
Ausreichende Nahrungsaufnahme
sicherstellen. Hunde mit Schluckstörungen
müssen abhängig von der Dauer der Erkrankung
über einen kürzeren oder auch längeren
Zeitraum speziell ernährt werden, und die
Flüssigkeitsaufnahme, die Energiezufuhr und
die Nährstoffversorgung müssen ausgewogen
sein. Im Idealfall liefert die Ration sämtliche
notwendigen Nährstoffe in einem angemessenen
Futtervolumen. Um die Energiebilanz im
Gleichgewicht zu halten, sind fettreiche Diäten
vorzuziehen, da sie eine hohe Energiedichte
besitzen.
Ernährung über die Magensonde – siehe
Kapitel 14. Bei zahlreichen Erkrankungen
(Ösophagusstriktur, Ösophagusulzeration) ist eine
künstliche Ernährung so lang erforderlich, bis die
Primärerkrankung erfolgreich behandelt ist. Bei
Hunden mit Megaösophagus kann sich eine
unterstützende künstliche Ernährung über einen
kurzen bis mittellangen Zeitraum manchmal
als sehr hilfreich erweisen, da sich dadurch
der Allgemeinzustand bessert und der Hund
die Möglichkeit bekommt, sich allmählich an
die Umstellung der peroralen Fütterung zu
gewöhnen (Marks et al. 2000; Devitt et al. 2000;
Sanderson et al. 2000). Zahlreiche Besitzer akzeptieren es durchaus, ihre Tiere über einen gewissen
Zeitraum unterstützend per Sonde zu ernähren.
Schluckstörungen und Erkrankungen des Ösophagus sind für die betroffenen Hunde stets ein
ernstes Problem. Solche Störungen kommen in
der Praxis jedoch nicht so häufig vor wie
Erkrankungen des Magendarmtraktes. Die akuten und chronischen Erkrankungen von
Magen, Dünndarm und Dickdarm sind von großer praktischer Bedeutung und erfordern eine
tief gehende klinische Untersuchung, wenn
Fehldiagnosen und falsche oder unzureichende
Behandlungen vermieden werden sollen.
Akute Gastroenteritiden sind ein häufiger Anlass für den Besuch beim Tierarzt. Die Tabellen 8 und 9
geben einen Überblick über die Klassifikation dieser Erkrankungen. Einige Entscheidungen über das diagnostische und therapeutische Vorgehen müssen bereits bei der ersten Konsultation sehr schnell getroffen
werden (Tabelle 10 und 11). Die häufigsten klinischen Symptome sind Erbrechen und Diarrhoe.
TABELLE 8 - EINTEILUNG DER AKUTEN GASTROENTERITIDEN NACH SCHWEREGRAD
Nicht letale,
selbst limitierende, akute
Gastroenteritis
AKUTER GASTROENTERITIS
Sekundäre Gastroenteritis
infolge einer extraintestinalen /
systemischen Erkrankung
Komplikationsloser
Parasitenbefall
Diätetischer Ursprung
- Überfressen
- Futtermittelunverträglichkeit
- Futtermittelintoxikation
- Aufnahme von
Haushaltsabfällen
Hochgradige, akute, potenziell
letale Gastroenteritis
Systemische Infektion
- Staupe
- Leptospirose
Stoffwechselstörungen
- Urämie
- Hypoadrenokortizismus
Darminfektionen
- Enterovirosen
- Salmonellose
Hämorrhagische Gastroenteritis
Darmobstruktion infolge
Fremdkörper
- Intussuszeption
- Volvulus
TABELLE 9 - EINTEILUNG DER AKUTEN GASTROENTERITIDEN NACH BETROFFENER REGION
a) Akute Gastritis
b) Akute Enteritis
• Hauptsächlich betroffene Region
ist der Magen
• Häufiges Erbrechen
• Häufig einhergehend mit akuter
Diarrhoe (es handelt sich dann
um eine akute Gastroenteritis)
• Hauptsächlich betroffene
Region ist der Dünndarm
• Hauptsymptom: Diffuse
Dünndarmdiarrhoe
• Häufig einhergehend mit
akutem Erbrechen
TABELLE 10 ENTSCHEIDUNGSHILFEN BEI
c) Akute Kolitis
• Hauptsächlich betroffene Region
ist der Dickdarm
• Häufige Diarrhoe mit geringen
Volumina und ±
- Tenesmus
- Schleimbeimengungen
- Hämatochezie
• Relativ häufig beim Hund
• Mögliche Ätiologien :
• Mögliche Ätiologien :
- Überfressen, Aufnahme
- Überfressen, Aufnahme
verdorbener Nahrungsmittel
verdorbener Nahrungsmittel • Mögliche Ätiologien :
- Überfressen, Aufnahme
- Aufnahme verschiedener
- Darminfektionen:
verdorbener Nahrungsmittel
schädlicher Substanzen/Materialien,
bakteriell, viral, protozoär,
- Trichuris-Infektion (Trichuris vulpis)
insbesondere bei jungen Hunden:
parasitär
toxische Pflanzen, Haarballen
- Protozoeninfektion:
(Bezoare)
Giardiasis,Cryptosporidiose
- Medikamentöse Behandlung, z. B.
Kortikosteroide, Digoxin,
Erythromycin, Chemotherapie
- Akute systemische Erkrankung
(Urämie, Lebererkrankung,
Septikämie)
TABELLE 11 - MINIMALE DATENBASIS BEI HOCHGRADIGEN
GASTROINTESTINALEN ERKRANKUNGEN
Hämatologie
Biochemie
Harnanalyse
Hämatokrit
Gesamtprotein (Refraktometer)
Untersuchung Blutausstrich
Harnstoff
Glukose
Elektrolyte
Harnprobe
- Harn-Teststreifen
- Spezifisches Gewicht
(Refraktometer)
Weiterführende Untersuchungen
(falls verfügbar)
Sind die klinischen Symptome
unspezifisch und reicht
eine symptomatische Behandlung aus?
• Die meisten Fälle gehören
in diese Kategorie
Sind weiterführende Untersuchungen,
eine stationäre Aufnahme oder
eine Behandlung erforderlich?
• Die weiterführende Diagnostik umfasst:
- Abklärung eines Verdachts auf eine
potenziell extraenterale Ursache der
Gastroenteritis
- Allgemeinuntersuchung in
der Notfallsituation, um eine schnelle
unterstützende Behandlung einleiten
zu können (Tabelle 11)
- Tiefer gehende Untersuchung bei
Vorliegen besonderer anamnestischer
Fakten
- Weiterführende Tests aufgrund der
Ergebnisse der klinischen Untersuchung
• Hier ist eine intensive Notfallbehandlung
erforderlich:
- Hochgradige Dehydratation
- Störungen des Elektrolytoder Säure-Basenhaushalts
- Schock
- Hochgradige Hämorrhagie
oder Schleimhautblässe
• Hier kann eine chirurgische Behandlung
erforderlich sein:
- Besondere anamnestische Fakten
erfordern eine nähere Untersuchung
- Ergebnisse der klinischen Untersuchung
erfordern eine weiterführende Diagnostik
• Eine infektiöse Ursache ist
wahrscheinlich:
- Quarantäne z.T. erforderlich
Blutgasanalyse
- Säure-Basen-Gleichgewicht
- PCO2, PaO2*, HCO3 usw.
* arterieller Sauerstoffpartialdruck
109
Verdauung
Diagnose
3 - Akute Erkrankungen des Magendarmtraktes
3 - Akute Erkrankungen des Magendarmtraktes
3 - Akute Erkrankungen des Magendarmtraktes
Verdauung
TABELLE 12 - ANAMNESE UND KLINISCHE UNTERSUCHUNG BEI AKUTER GASTROENTERITIS
Anamnese: Nützliche Informationen
• Alter und Impfstatus
• Jüngste diätetische Vorgeschichte ("Fütterungsanamnese")
• Aktuelle medikamentöse Behandlungen
• Potenzieller Kontakt mit Toxinen, Pflanzen, Fremdkörpern
oder infektiösen Erregern
• Merkmale der klinischen Symptome:
- Beginn und Schweregrad
- Beschaffenheit des Erbrochenen
- Charakteristika der Fäzes
- Blut vorhanden? (Hämatemesis, Melaena,
Hämatochezie)
Klinische Untersuchung:
• Allgemeinzustand
• Flüssigkeitsstatus (erfordert u. U. Bestimmung
von Hämatokrit und Gesamtprotein)
• Untersuchung der Maulhöhle – Schleimhaut usw.
• Rektaluntersuchung
• Palpation des Abdomens
Die Merkmale der Diarrhoe unterscheiden sich je nach betroffenem Darmabschnitt, also Dünndarm oder
Dickdarm. Weitere potenzielle klinische Symptome sind Veränderungen des Appetits, abdominale
Schmerzen und Tenesmus. In den weniger dramatischen Fällen reichen oft bereits die Erkenntnisse aus
der Anamnese und der klinischen Untersuchung aus, um die geeignete Behandlung einleiten zu können
(Tabelle 12). In bestimmten Fällen sind jedoch weiterführende diagnostische Maßnahmen erforderlich
(Tabelle 13).
Bei Patienten mit akuten oder perakuten Symptomen muss die diagnostische Aufarbeitung parallel zu den
ersten stabilisierenden Behandlungsmaßnahmen erfolgen. In diesen Situationen ist es ratsam, zunächst
nur die wichtigsten im Notfall erforderlichen Basisdaten zu erheben, um die richtigen Entscheidungen
hinsichtlich der ersten Therapiemaßnahmen treffen zu können, insbesondere die Flüssigkeitstherapie
betreffend (Tabelle 11).
TABELLE 13 - DIAGNOSTISCHE TESTS BEI PATIENTEN MIT AKUTER GASTROENTERITIS
Hämatologie, Serumbiochemie und Harnanalyse
Koproskopie zum Nachweis von Parasiten
Bakteriologie. Indikationen für Bakterienkultur:
- Fieber
- Entzündliche Veränderungen im Leukogramm oder bei der Rektalzytologie
- Gastrointestinale Blutung
- Junges Tier
PCR (Polymerase chain reaction) zum Nachweis enteropathogener E. coli?
Virologie
- Untersuchung der Fäzes, zum Beispiel ELISA-Test auf Virusantigen (Parvovirus)
oder Elektronenmikroskopie (Rotavirus, Coronavirus)
- Serologie: Bestimmung des Antikörpertiters in zwei aufeinander folgenden Proben zum Nachweis
einer kürzlich stattgefundenen Infektion
Bildgebende Untersuchungen
- Übersichtsröntgenaufnahmen zum Ausschluss
einer gastrointestinalen Obstruktion
- ggf. Ultraschalluntersuchung des Abdomens zum gleichen Zweck
Ansprechen auf eine empirische Behandlung ("diagnostische Therapie")
Die Diagnose kann bestätigt werden, wenn der Patient auf eine der folgenden Behandlungen anspricht:
- Restriktive Fütterung
- Absetzen einer medikamentösen Behandlung
-Vermeiden von schädlichen Pflanzen oder anderen potenziell gefährlichen
Substanzen in der Umwelt
- Antiemetika
- Antidiarrhoika
- Entwurmung
110
Wenn eine primäre Ursache nachgewiesen wird, muss diese entsprechend behandelt werden (z. B. Gabe
antibakterieller Medikamente bei infektiöser Diarrhoe). In den meisten Fällen bleibt die Ätiologie
jedoch im Unklaren. Eine spontane Besserung des klinischen Zustandes des Hundes ist in der Regel nach
zwei bis drei Tagen zu beobachten, was zu der Annahme führt, dass eine Behandlung nicht immer notwendig ist. Die Prognose hinsichtlich einer vollständigen Genesung ist in der Regel gut. Der Patient muss
jedoch erneut untersucht werden, wenn:
- die klinischen Symptome trotz symptomatischer Behandlung über einen Zeitraum von 48 Stunden hinaus persistieren.
- sich die klinischen Symptome trotz Behandlung verstärken.
Die Grundlage der Behandlung ist die diätetische Therapie. Eine begleitende medikamentöse Behandlung wird oft auf empirischer Basis durchgeführt (Tabelle 14). Antibiotika werden häufig eingsetzt, eine
tatsächliche Indikation besteht allerdings nur in wenigen Fällen (Tabelle 15).
TABELLE 14 - MEDIKAMENTÖSE BEHANDLUNG DER AKUTEN GASTROENTERITIS
Entzündungshemmende Medikamente
(nicht empfohlen)
Glukokortikoide
Nicht steroidale Antiphlogistika (NSAIDs)
Antiemetika
Metoclopramid
Antihistaminika, zum Beispiel Chlorpromazin
Ondansetron (ultima ratio)
Anticholinergika (nicht empfohlen)
- Atropin
- Methylscopalamin
Magenschleimhaut schützende Medikamente
und Antazida (nur bei persistierendem Erbrechen
oder gastrointestinalen Ulzera):
Sucralfat
H2-Rezeptorblocker:
Ranitidin
Famotidin
Nizatidin
Antazida (nicht hilfreich und nicht zu empfehlen):
Aluminiumhydroxid
Magnesiumhydroxid
Antidiarrhoika
Adsorbenzien
- Kaolin-Pektin
- Montmorillonit
- Smectit
- Aluminiumhydroxid
- Wismut
- Aktivkohle
- Magnesiumtrisilikat
Motilitätsmodifikatoren
Opioide
Diphenoxylat
Loperamid
Kaolin-Morphin
Anticholinergika
(in den meisten Fällen nicht zu empfehlen)
Atropin
Hyoscin
Spasmolytika
(in den meisten Fällen nicht zu empfehlen)
Buscopan
Antibiotika
(in den meisten Fällen nicht zu empfehlen)
(Tabelle 15)
TABELLE 15 - INDIKATIONEN
FÜR EINE ANTIBIOTISCHE
BEHANDLUNG BEI AKUTEN
ERKRANKUNGEN
Nachgewiesene spezifische bakterielle
Infektion (Cave: außer bei
Salmonellose*)
Hochgradige Schleimhautläsionen
Gastrointestinale
Ulzeration/Hämorrhagie
- Hämatemesis
- Melaena
- Hämatochezie
Pyrexie
Leukopenie oder Neutropenie
*Wenn Salmonellen bei einem
gesunden Hund nachgewiesen
werden, ist eine antimikrobielle
Behandlung verboten, da
Antibiotika das Risiko der Bildung
von Resistenzen und die chronische
Ausscheidung der Bakterien fördern
können.
111
Verdauung
3 - Akute Erkrankungen des Magendarmtraktes
Behandlung
Die Grundlage der Behandlung akuter
Magendarmerkrankungen sind diätetische
Maßnahmen. Man unterscheidet hierbei zwei
verschiedene Strategien:
1.“Ruhepause für Magen und Darm”,
das heißt, der Patienten wird
auf Diät gesetzt
Wenn der erkrankte Hund Wasser erbricht,
wenn er dehydriert ist oder ein gestörtes
Elektrolyt- oder Säure-Basengleichgewicht
aufweist, muss zunächst eine "Nulldiät"
(nil per os) eingeleitet und Flüssigkeit auf
parenteralem Weg zugeführt werden
(Marks et al. 2000; Devitt et al. 2000;
Sanderson et al. 2000). Angezeigt ist in solchen
Fällen eine Hartmann-Lösung oder
eine 0,9%ige Kochsalzlösung, unter Umständen
angereichert mit 10 mM KCl/ml.
Zeigt der Hund kein Erbrechen, können orale
Rehydratationslösungen auf der Basis von
Glukose und Elektrolyten verabreicht werden.
Wenn Anzeichen für eine Dehydratation (> 5%)
bestehen oder wenn der Hund erschöpft ist
oder die spontane Flüssigkeitsaufnahme
verweigert, wird Flüssigkeit auf parenteralem
Weg verabreicht.
In beiden Fällen wird das Futter zunächst über
einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden
entzogen, und anschließend wird der Hund mit
einem leicht verdaulichen Futter in Form
kleiner, häufiger Mahlzeiten über 24 bis 72
Stunden ernährt. Selbst zubereitete Rationen
sollten gekochten Reis oder weich gekochte
Nudeln mit derselben Menge gekochten
mageren Fleisches (Huhn oder Pute) , gekochte
Eier oder mageren Hüttenkäse enthalten. Milch
und andere Milchprodukte werden aufgrund
ihres hohen Laktosegehalts nur schlecht
vertragen. Alternativ kann ein hoch verdauliches,
kommerzielles Fertigprodukt verwendet werden.
Der optimale Fettgehalt hängt von
der individuellen Verträglichkeit des Patienten
ab. Die meisten Hunde vertragen fettreiche
Rationen sehr gut. In einigen Fällen kann
es jedoch notwendig sein, den Fettgehalt
der Ration auf unter 10 % abzusenken.
Bei Hunden mit akuten Darmproblemen muss
der Fasergehalt der Nahrung so weit wie
möglich reduziert werden, um eine gute
Verdaulichkeit sicherzustellen.
Aufgrund der zu erwartenden höheren
Elektrolytverluste muss der Kalium-, Natriumund Chloridgehalt des Futters erhöht werden.
Wenn die klinischen Symptome zurückgegangen
sind, kann das übliche Futter schrittweise über
drei bis fünf Tage wieder eingeführt werden.
eine solche Vorgehensweise reduzieren lässt
(Mohr et al., 2003). Die praktische Umsetzung
erweist sich bei Patienten mit persistierendem
Erbrechen und profuser Diarrhoe jedoch als
schwierig. Zudem stellt sich bei pathologisch
veränderter Permeabilität der Darmwand die
Frage nach einer möglicherweise erleichterten
Passage von Nahrungsallergenen. Der Hund
könnte also eine Überempfindlichkeit gegen die
in der enteral verabreichten Nahrung enthaltenen Proteine entwickeln. Es wird deshalb empfohlen, eine Proteinquelle zu verwenden, die
nicht Bestandteil der üblichen Nahrung des
Hundes ist (ein so genanntes "Opferprotein").
2. “Füttern bis zum Ende der Diarrhoe”
Die alternative Strategie besteht darin, das Tier
trotz seiner klinischen Symptome auch weiterhin
zu füttern. Diese Strategie wird bei menschlichen
Säuglingen mit Diarrhoe angewendet und kann
die Genesung beschleunigen. Einige vorläufige
Daten bei Welpen mit Parvovirusinfektion
zeigen, dass sich die Morbidität durch
Die enterale Ernährung führt im Vergleich
zu einem "nil per os"-Schema zu
einer schnelleren Rekonvaleszenz,
einer Verbesserung der Gewichtszunahme
und einer Verbesserung der Funktion
der Darmbarriere bei Welpen mit
einer Parvovirus-Enteritis
(Mohr et al., 2003).
© Renner
4 - Chronische Gastritis
Verdauung
DIÄTETISCHE BEHANDLUNG BEI AKUTEN MAGENDARMERKRANKUNGEN
4 - Chronische Gastritis
Chronische Erkrankungen des Magens äußern sich in Form einer ganzen Reihe verschiedener klinischer
Symptome (Tabelle 16), deren wichtigstes zweifellos das Erbrechen ist. Differenzialdiagnostisch müssen
zunächst sämtliche anderen potenziellen Ursachen von Erbrechen abgeklärt werden (Tabelle 17). Erbrechen mit primärem Ursprung im Magen entsteht vor allem in zwei Situationen, zum einen im Falle einer
Obstruktion der Magenentleerung oder eine Gastroparese und zum anderen im Falle einer Störung der
Barrierefunktion der Magenschleimhaut (Tabelle 18). Hämatemesis wird definiert als Erbrechen von
Blut und ist meist die Folge von Magenulzera oder gastroduodenalen Ulzera. Das erbrochene Blut kann
frisch oder teilweise verdaut (“kaffesatzartig”) sein.
Diagnose einer Erkrankung des Magens
Die diagnostische Strategie bei einem Hund mit chronischem Erbrechen hängt von der Spezifität der klinischen Symptome ab. Von entscheidender Bedeutung ist eine frühzeitige Unterscheidung zwischen
Erbrechen und Regurgitation (Tabelle 1), nach Möglichkeit durch direkte Beobachtung des Tieres beim
Erbrechen und/oder durch Untersuchung des erbrochenen/regurgitierten Materials. Sekundäre Ursachen
von Erbrechen (metabolisch, toxisch) können mit Hilfe von labordiagnostischen Untersuchungen
(Hämatologie, Serumbiochemie, Harnanalyse) oder durch Bild gebende Diagnostik ausgeschlossen werden. Kontraströntgenaufnahmen sind manchmal hilfreich, obgleich die Mehrzahl der pathologischen Veränderungen in Übersichtsaufnahmen zu erkennen ist. In den meisten Fällen chronischer Magenerkrankungen sind eine Gastroskopie (oder explorative Laparotomie) und eine Biopsie erforderlich. Die Gastroskopie ermöglicht eine direkte adspektorische Begutachtung der Magenschleimhaut, die Entnahme von
Biopsieproben unter direkter Sichtkontrolle (auch dann erforderlich, wenn die Schleimhaut physiologisch
erscheint, wie in Abbildung 7) und gegebenenfalls die Entfernung eines Fremdkörpers.
112
Im Rahmen einer diffusen Magendarmerkrankung
Entzündliche Darmerkrankung
Diffuses alimentäres Lymphom
Sekundär infolge einer Darmerkrankung (gewöhnlich dominiert Diarrhoe)
Entzündliche Darmerkrankung
Darmtumor
Dünndarmobstruktion
Peritonitis
Sekundär infolge einer systemischen Erkrankung
Infektionskrankheiten: Staupe, Hepatitis contagiosa, Leptospirose
Niereninsuffizienz
Lebererkrankung
Pankreaserkrankung: Pankreatitis, Pankreastumor
Andere Erkrankungen des Abdomens
- Urogenitalsystem: Pyometra
- Peritoneum: Peritonitis
- Direkte Stimulation des Brechzentrums
Erkrankung des Zentralnervensystems
Stimulation der ”Trigger zone” der Chemorezeptoren
- Medikamente: Digoxin, Erythromycin, Morphin, zytotoxische Substanzen
- Toxine
- Septikämie
Stimulation des vestibulären Systems
- Reisekrankheit
- Vestibulitis
Sekundär infolge einer metabolischen/endokrinen Erkrankung
- Hypoadrenokortizismus
- Diabetes mellitus (ketoazidotisch)
- Schilddrüsenerkrankung
- andere ?
Abbildung 7 - Endoskopische Ansicht
der physiologischen Magenschleimhaut
mit der um 180° abgewinkelten
Endoskopspitze.
Obstruktion der Magenentleerung
Durchbrechen der Schleimhautbarriere (Gastritis, Erosionen, Ulzera)
• Mechanisch
- Fibrose, die die rezeptive Relaxation verhindert
- chronische Gastritis
- Adenokarzinom
- Fremdkörper
- Pylorusstenose
Das Durchbrechen der Schleimhautbarriere führt zu einer Rückdiffusion von HCl. Die Folge ist
eine Freisetzung von Histamin und schließlich eine Erhöhung der kapillären Permeabilität, die
zu Hämorrhagie, Schmerzen usw. führt.
• Ischämie
- Störung der Mikrozirkulation der Schleimhaut
- Akuter Energiemangel der Schleimhautzellen
• Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAIDs)
• Kortikosteroide
• Tumoröse Infiltration
• Urämie
• Gallensäuren
• Spirochäten-Infektion (unbestätigte Hypothese)
• Hyperazidität infolge einer Hypergastrinämie
- Gastrin sezernierender Tumor
- Chronische Nierenerkrankung
113
Verdauung
Erbrechen
Übelkeit (Nausea)
Anorexie
Gewichtsverlust
Ruktus
Auftreibung/Aufgasung
Polydipsie
Hämatemesis
Maelena
TABELLE 18 - PATHOGENESE DES ERBRECHENS IM ZUSAMMENHANG MIT EINER PRIMÄREN MAGENERKRANKUNG
• Funktionell (Gastroparese)
- Hypokaliämie
- Pylorospasmus
4 - Chronische Gastritis
Primäre Magenerkrankungen
Chronische Gastritis
Magenulzera
Gestörte Magenentleerung
Magentumor
TABELLE 16 - KLINISCHE
SYMPTOME EINER GASTROPATHIE
© V. Freiche
TABELLE 17 - URSACHEN VON ERBRECHEN
4 - Chronische Gastritis
Verdauung
Spezifische Ursachen der chronischen Gastritis
(+/- chronische Enterokolitis)
Die Ätiologie einer chronischen Gastritis ist in der Regel unbekannt, man unterscheidet jedoch mehrere ätiologische Hypothesen:
- Immunvermittelte Gastritis
- Generalisierte chronisch entzündliche Darmerkrankung
- Sekundäre Gastritis infolge anderer metabolischer Erkrankungen, z. B. chronische Nierenerkrankung,
Lebererkrankungen, Pankreatitis.
- Gastritis infolge schraubenförmiger Bakterien (Helicobacter) (umstrittene Hypothese)
Signifikante Veränderungen labordiagnostischer Parameter sind selten und/oder oft nur unspezifischer
Natur. Voraussetzungen für die endgültige Diagnose sind eine Gastroskopie und eine Biopsie.
Die Therapie umfasst folgende Schritte:
1. Diätetische Behandlung.
2. Eliminierung des ursächlichen Agens, falls ein solches identifiziert werden konnte.
3. Kortikosteroide in bestimmten Fällen, insbesondere wenn die Erkrankung Teil einer eher generalisierten chronisch entzündlichen Magendarmerkrankung ist, nur nach Analyse der Biopsieproben.
4. H2 -Antagonisten und/oder Protonenpumpenhemmer.
5. Modifikatoren der Motilität : Metoclopramid, Ranitidin und Erythromycin.
6. “Triple-Therapie ” gegen schraubenförmige Bakterien: in der Regel zwei Antibiotika und ein Antazidum zur Behandlung von Helicobacter, z. B.: Metronidazol, Amoxicillin und Famotidin.
> Anatomisch bedingte Störungen der Magenentleerung
Eine obstruktiv gestörte Magenentleerung kann auf eine Erkrankung des Pylorus, einen Fremdkörper oder
einen Tumor zurückzuführen sein. Pylorusstenosen sind entweder angeboren (bei brachyzephalen Rassen) oder erworben. Eine chirurgische Behandlung - Pyloroplastik oder Pyloromyotomie - ist erforderlich. Beim Pylorospasmus handelt es sich eher um eine funktionelle Störung als um ein anatomisches
Problem. Ursächlich ist er wahrscheinlich auf eine Magenmotilitätsstörung zurückzuführen. Fremdkörper (z. B. Bälle, Pfirsichkerne, Kastanien, Flaschenkorken) können zu einer intermittierenden Obstruktion führen, vergleichbar mit einem Schwimmerverschluss im Kasten einer Toilettenspülung. Auch
Magenpolypen oder eine chronisch hypertrophische pylorische Gastropathie, insbesondere bei Toyrassen, können zu Störungen der Magenentleerung führen.
> Verzögerte Magenentleerung
DIÄTETISCHE BEHANDLUNG
DER CHRONISCHEN GASTRITIS
Hunde mit chronischer Gastritis müssen mehrere kleine
Mahlzeiten über den Tag verteilt erhalten. Wenn es sich um
Feuchtfutter handelt, sollte dieses zuvor auf Körpertemperatur
angewärmt werden.
Eine Verdünnung mit Wasser ist oft notwendig und trägt
zur Reduzierung der Osmolarität bei. Flüssige Nahrungsmittel
mit niedriger Osmolarität erleichtern die Magenentleerung.
Die Futtermittel müssen hoch verdaulich, fettarm (zu Beginn mit
weniger als 10% Fett in der Trockenmasse, dann Steigerung je
nach individueller Verträglichkeit) und faserarm (< 3% Rohfaser
in der Trockenmasse oder< 6% Gesamtfasern) sein.
Alle diese Faktoren tragen zu einer Erhöhung
der Magenentleerungsgeschwindigkeit bei.
114
Das Erbrechen ist in diesem Fall auf die mehr als acht Stunden im Magen
retinierte Nahrung zurückzuführen. In der Regel findet das Erbrechen verzögert statt, und oft ist auch eine Erweiterung des Magens festzustellen. Diese
klinischen Symptome führen zur Verdachtsdiagnose, die durch Kontraströntgenaufnahmen endgültig bestätigt wird. Angezeigt ist in solchen Situationen auch eine Gastroduodenoskopie zum Ausschluss anderer Ursachen
oder zum Nachweis einer zugrunde liegenden Ursache. Eine explorative
Laparotomie kann ebenfalls zu diagnostischen Zwecken durchgeführt werden und/oder sich als therapeutisch notwendig erweisen.
Bei der zugrunde liegenden Ätiologie kann es sich um eine primäre Motilitätsstörung im Sinne einer Dyssynergie zwischen der antralen Motilität und
der pylorischen Motilität handeln. Zu den sekundären Ursachen gehört eine
verzögerte Motilität infolge eines entzündlichen Prozesses im Gastrointestinaltrakt. Mit Hilfe von Motilitätsmodifikatoren (Metoclopramid, Cisaprid,
Ranitidin und Erythromycin) kann die Geschwindigkeit der Magenentleerung erhöht werden. Die Chirurgie (Pyloromyotomie) kann sich in
bestimmten Fällen als hilfreich erweisen, sie sollte aber stets nur als ultima
ratio eingesetzt werden. Eine wichtige adjuvante Maßnahme ist die diätetische Behandlung, bestehend aus der Gabe kleiner, häufiger Mahlzeiten
einer leicht verdaulichen, fettarmen und faserarmen Nahrung.
Die wichtigsten Ursachen von Magenulzera sind in Tabelle 19 zusammengefasst. Die klinischen Symptome sind insbesondere Hämatemesis, Maelena, Anämie, Gewichtsverlust, vermehrte Schmerzen
(“Gebetsstellung”) (Abbildung 8) und Symptome einer Peritonitis im Falle von perforierenden Ulzera.
Die Behandlung von Magenulzera besteht in erster Linie aus der Korrektur der zugrunde liegenden Ursache, falls diese bekannt ist. Die medikamentöse Therapie umfasst die Gabe von Antazida (H2-RezeptorAntagonisten, Protonenpumpenhemmer), Magenschleimhaut schützender Substanzen (Sucralfat) und
synthetischer Prostaglandinanaloga (Misoprostol). Die diätetische Behandlung zielt darauf ab, die
Magenentleerung zu erleichtern und die Retention von Mageninhalt im Magenlumen so weit wie möglich zu reduzieren.
TABELLE 19 - URSACHEN VON MAGENULZERA
Medikamente
• Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAIDs)
• Kortikosteroide*
• Zytotoxische Wirkstoffe
* Für sich betrachtet sind Kortikosteroide in
der Regel nicht ulzerogen. Selbst in hohen
(immunsuppressiven) Dosen verursachen sie
nur selten Probleme. In bestimmten Fällen
können sie jedoch bereits bestehende Ulzera
Schädel- und Wirbelsäulenläsionen
verstärken:
• Gewöhnlich im Zusammenhang mit der Applikation
- Anwendung zusammen mit NSAIDs
von Kortikosteroiden
- Hohe Dosen bei Hunden, die unter
• Können auch Ulzera/Perforationen des Kolons hervorrufen
einer spinalen Erkrankung leiden
Stoffwechsel
(Mechanismus unbekannt)
• Lebererkrankung
- Im Falle einer sekundären “Hypoxie
- Portale Hypertonie
der Schleimhaut” infolge
- Gerinnungsstörungen
einer hochgradigen Anämie
• Urämie
- Bei primärer Störung der Hämostase,
• Hypoadrenokortizismus
wie z. B. einer Thrombozytopenie
immunologischen Ursprungs
Hochgradige Gastritis
- Bei Anwesenheit anderer begünstigender
Spitze/abrasive Magenfremdkörper
Faktoren, z. B. Mastzelltumor,
Gastrinom, Hypoadrenokortizismus,
Mastzelltumore
Leber- oder Niereninsuffizienz,
• Histaminfreisetzung, Hypersekretion von Gastrin im
Hypovolämie/Schock etc.
Magen, dann Ulzeration
Schraubenförmige Magenbakterien
Gastrinom
> Magentumor
Primäre Magentumoren kommen bei unseren Heimtieren nur selten vor. Hunde sind etwas
häufiger betroffen als Katzen, insbesondere, wenn es sich um ältere Rüden handelt. Adenokarzinome (75 %), Lymphosarkome, Leiomyome und Polypen kommen dabei beim
Hund am häufigsten vor. Die erkrankten Hunde sprechen in der Regel nur sehr schlecht auf
eine Chemotherapie an, und in den meisten Fällen haben die Tumoren zum Zeitpunkt der
Diagnose bereits Metastasen gebildet. Die Prognose ist folglich schlecht.
> Erbrechen von Gallenflüssigkeit
Die Pathogenese dieser Erkrankung ist unbekannt. Es könnte sich um eine Kombination eines Gallenrefluxes in den Magen und einer Veränderung der Magenmotilität handeln. Eine länger anhaltende Gallenexposition der Magenschleimhaut verursacht eine lokale Gastritis. Das Erbrechen findet in der Regel
am Morgen nach einer längeren Periode ohne Nahrung statt.
Die meisten diagnostischen Maßnahmen liefern keine besonderen Befunde. Die Behandlung besteht in
einer Veränderung des Fütterungsschemas und einer Erhöhung der Frequenz der Mahlzeiten, das
heißt, zwei bis drei Mahlzeiten pro Tag, und davon eine Mahlzeit am Abend. Prokinetische Medikamente (Metoclopramid, Ranitidin) können sich in einigen Fällen als hilfreich erweisen.
Abbildung 8 Hund in “Gebetsstellung”.
115
Verdauung
4 - Chronische Gastritis
> Magenulzera
Bei der Magendilatation / Magendrehung handelt es sich um ein perakutes, klinisch spektakuläres und
häufig tödliches Geschehen. Die durchschnittliche Mortalität liegt einigen Studien zufolge bei etwa
30 %. Ältere Hunde sind am häufigsten betroffen, obgleich die Magendilatation/Magendrehung grundsätzlich bei Hunden jeden Alters auftreten kann. Der wichtigste Risikofaktor ist der Körperbau. Ein tiefer
und enger Brustkorb geht mit einem erhöhten Risiko einher (Glickman et al., 1994). Früher wurde getreidereiches Trockenfutter als ein kausaler Faktor verantwortlich gemacht, eine entsprechende Korrelation
konnte jedoch nie nachgewiesen werden. Weitere wichtige Risikofaktoren sind eine einzige umfangreiche
Mahlzeit pro Tag, die Aufnahme großer Futtermengen, ein ängstlicher Charakter des Hundes, ein hoher
Stressfaktor in der Umwelt des Hundes, zu kleine Trockenfutterkroketten, erhöht platzierte Futternäpfe,
unmittelbar postprandiale körperliche Bewegung, Anästhesie, Aerophagie und proximale Magenläsionen.
© Psaila
Erhöht angebotenes Futter gehört
zu den begünstigenden Faktoren für
eine Magendilatation / Magendrehung
bei Risikohunden
(Glickman et al., 2000).
Unter dem Einfluss von Nahrung, Flüssigkeit oder abgeschluckter Luft kommt es zu einer Ausdehnung
des Magens. Diese Dilatation kann sehr schnell zu einer Torsion (Rotation des Magens um seine Längsachse) fortschreiten. Eine schnelle Magendilatation beeinflusst die Funktion des distalen Ösophagusabschnittes und verändert die Motilität und Magenentleerung. Die Magenschleimhaut kann schließlich
einer ischämischen Nekrose unterliegen. Die Akkumulation von Magensekreten und die Okklusion des
venösen Rückflusses vom kaudalen Teil des Körpers lösen einen hypovolämischen und kardiogenen
Schock aus. Eine weitere häufige Folge ist eine Milztorsion mit Milzinfarkten.
Große Kroketten
(30 mm x 30 mm x 20 mm)
unterstützen die Prävention
der Aerophagie, eines begünstigenden
Faktors für Magendilatation /
Magendrehung
(Theyse et al., 2000).
Die Magendilatation / Magendrehung
betrifft vorwiegend Hunde großer
Rassenmit tiefem Brustkorb
(z. B. Bernhardiner, Dogge,
Weimaraner, Gordon Setter,
Irish Setter und Königspudel).
© Psaila
5 - Magendilatation / Magendrehung
Verdauung
5 - Magendilatation / Magendrehung
Bei den meisten Hunden mit Magendilatation / Magendrehung sind folgende anamnestische Befunde zu
erheben: Progressive Erweiterung des Abdomens (häufig sehr schnell), mehr oder weniger produktive
Versuche zu Erbrechen und Hypersalivation. In der Regel ist bei der klinischen Untersuchung eine deutlich ausgeprägte Magentympanie festzustellen, das Fehlen dieses Befundes schließt eine Magendilatation
mit Volvulus aber keineswegs aus. Die Behandlung erfordert eine sofortige, notfallmäßige und entschlossene intravenöse Flüssigkeitstherapie und eine Dekompression des Magens, im Idealfall per Magensonde. Falls erforderlich, wird ein korrektiver chirurgischer Eingriff (Gastropexie) durchgeführt, sobald sich der Zustand des Hundes stabilisiert hat, im Idealfall während der ersten drei bis sechs Stunden.
Als unterstützende Maßnahmen, insbesondere postoperativ,
sind in erster Linie Antibiotika, H2-Rezeptorantagonisten, Sucralfat, eine intravenöse Flüssigkeitstherapie, eine Intubation,
eine Lavage und Dekompression des Magens und eventuell
Antiarrhythmika zu nennen.
DIÄTETISCHE BEHANDLUNG BEI MAGENDILATATION / MAGENDREHUNG
Die diätetischen Risikofaktoren für die Entwicklung
einer Magendilatation/ Magentorsion sind nicht
bekannt, und es gibt keine einzige Studie über
die Wirkungen der Ernährung im Hinblick auf
eine Prävention der Magendilatation bei
entsprechend prädisponierten Hunden.
Einige Daten aus klinischen Fällen zeigen
einen Anstieg der mikrobiellen Fermentation im
Magen betroffener Hunde mit Akkumulation von
Fermentationsprodukten (Gas, Milchsäure,
flüchtige Fettsäuren) (Van Kruiningen et al., 1974;
Rogolsky et al., 1978). Bei den meisten
untersuchten Hunden entspricht
die Zusammensetzung des Magengases
weitgehend der atmosphärischen Luft, ein Hinweis
darauf, dass Aerophagie ein signifikanter Faktor in
der Entwicklung der Erkrankung sein könnte
(Caywood et al., 1977).
Der Mageninhalt des Hundes ist
physiologischerweise von einer hohen Zahl und
einer großen Artenvielfalt von Mikroorganismen
besiedelt (Benno et al., 1992a-1992b).
116
Dysbiotische Bedingungen, zum Beispiel eine
erhöhte Anzahl von Clostridien, werden als ein
ätiologischer Faktor betrachtet. Eine Studie, in der
erkrankte Hunde mit gesunden Hunden verglichen
wurden, konnte jedoch keinerlei Unterschiede hinsichtlich der Besiedlung des Magens mit Clostridien
zwischen beiden Gruppen nachweisen
(Warner et al., 1978).
Auch wenn die Pathogenese der Erkrankung noch
weiter aufgeklärt werden muss, können einige
diätetische Maßnahmen bereits heute empfohlen
werden:
• Risikohunde sollten anstelle einer einzigen
großen Ration zwei bis drei kleine Mahlzeiten
pro Tag bekommen (Raghavan et al., 2004).
• Erhöht aufgestellte Futternäpfe scheinen
einen zusätzlichen Risikofaktor darzustellen.
Besitzern von Risikohunden sollte also von
einer solchen Fütterungspraxis abgeraten
werden.
• Die Hygiene der Futtermittel und der Fütterung
ist wichtig. Die Näpfe müssen regelmäßig
gereinigt werden, und die Futtermittel dürfen
nicht zu lange gelagert werden, insbesondere,
wenn sie mit Wasser versetzt wurden.
• Besitzern von Risikohunden muss geraten
werden, ihre Tiere in einem möglichst
regelmäßigen Rhythmus zu füttern, da sich
dies günstig auf die sekretorischen Funktionen
des Verdauungstraktes auswirkt.
• Jeglicher Stress nach den Mahlzeiten muss
vermieden werden, da dies die Verdauung
im Magen beeinträchtigen kann.
• Futtermittel für Risikohunde dürfen keinen hohen
Gehalt an Mineralstoffen haben, da diese
eine hohe Pufferkapazität besitzen. Sie erhöhen
den pH-Wert des Magens, wodurch die
mikrobielle Aktivität höher ist als in saurem
Milieu.
• Fette, insbesondere die ungesättigten Fettsäuren,
begrenzen die mikrobielle Fermentation.
Obgleich dies bisher noch nicht experimentell
bewiesen wurde, scheint fettreiche Nahrung empfehlenswert zu sein (Meyer & Zentek, 2001).
Darmerkrankungen können eine ganze Reihe verschiedener klinischer Symptome hervorrufen (Tabelle
20), wobei Diarrhoe zweifellos das häufigste Symptom ist. Diarrhoe wird definiert als ein erhöhter Flüssigkeitsgehalt der Fäzes, assoziiert mit einem Anstieg der Defäkationshäufigkeit, einer flüssigkeitsbedingten Veränderung der Kotkonsistenz und einer Erhöhung des Kotvolumens.
Mögliche Ursachen einer Diarrhoe sind eine Erkrankung des Dünndarms, eine Erkrankung des Dickdarms
oder eine beide Abschnitte betreffende, diffuse Enteropathie. Man unterscheidet mehrere zugrunde liegende Mechanismen (Tabelle 21), und für die Wahl der geeigneten Therapie ist eine präzise Diagnose
unabdingbar.
TABELLE 20 - KLINISCHE SYMPTOME BEI ENTEROPATHIEN
Symptome einer Dünndarmerkrankung
• Diarrhoe
• Abdominale Beschwerden
• Gewichtsverlust / Wachstumsverzögerung
• Vermehrte Darmgeräusche (Borborygmus)
• Erbrechen
• Flatulenz
• Dehydratation
• Veränderungen des Appetits: Inappetenz,
Pica, Koprophagie, Polyphagie
• Maelena
• Hypoproteinämie
• Aszites
• Ödem
Symptome einer Malabsorption
• Diarrhoe
• Gewichtsverlust
• Polyphagie ± Koprophagie, Pica
• Proteinverlustenteropathie
Symptome einer Dickdarmerkrankung
• Obstipation oder
• Dickdarmdiarrhoe: geringes Kotvolumen,
Schleimbeimengungen, gelegentlich
Hämatochezie
• Erhöhte Defäkationshäufigkeit
• Tenesmus
• Koliken
• Erbrechen
• Gewichtsverlust
TABELLE 21 - PATHOGENETISCHE MECHANISMEN DER DIARRHOE
• Mangel an Pankreasenzymen; z. B. exokrine Pankreasinsuffizienz
• Veränderung der Mizellenbildung durch:
- Abnahme der Produktion von Gallensalzen infolge einer hochgradigen parenchymatösen Hepatopathie
- Abnahme der Sekretion von Gallensalzen infolge einer cholestatischen Lebererkrankung
oder einer Obstruktion der Gallenwege
- Erhöhung der intestinalen Verluste von Gallensalzen, z. B. infolge einer Erkrankung des Ileums
(oder einer bakteriellen Überwucherung des Dünndarms – siehe unten)
• Bakterielle Überwucherung des Dünndarms mit diesen Folgen:
- Hydroxylierung von Fettsäuren. Hydroxylierte Fettsäuren stimulieren die Sekretion im Dickdarm.
- Dekonjugierung von Gallensalzen, die theoretisch zu einer Malabsorption von Fetten führen kann,
obgleich klinischen Beobachtungen zufolge ein Regime, das mehr als 40 % der Kalorien in Form
von Fett zuführt, bei Hunden mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zum Rückgang
der Diarrhoe beitragen kann (Lecoindre & Biourge, 2005)
• Atrophie der Darmzotten:
- Reduzierung der Absorptionsoberfläche
- Unreife Enterozyten, die im Bereich des Bürstensaums geringere Mengen Enzyme
und Transportproteine bilden
• Entzündliche Infiltration (auch neoplastisch oder amyloid):
- Störung der Nährstoffabsorption
- Beeinträchtigung der Enterozytenfunktion
- Veränderung des Lymphflusses
• Veränderung des Lymphabflusses; z. B.: Lymphangiektasie
• Abnorme Motilität (häufig sekundäre Folge eines anderen Prozesses, z. B. einer entzündlichen Erkrankung):
Hypermotilität, Hypomotilität, Fehlen der segmentalen Kontraktionen
117
Verdauung
6 - Erkrankungen des Dünndarms, die Diarrhoe hervorrufen
6 - Erkrankungen des Dünndarms,
die Diarrhoe hervorrufen
6 - Erkrankungen des Dünndarms, die Diarrhoe hervorrufen
Verdauung
Diagnose bei chronischen Enteropathien
Die Diagnose wird in der Regel schrittweise gestellt (Tabelle 22).
• Präzisierung des Ursprungs der Diarrhoe: Dünndarmdiarrhoe oder Dickdarmdiarrhoe (Tabelle 23)
• Ausschluss von Darmparasiten (Koproskopie)
• Häufig Einleitung einer symptomatischen Therapie.
Wenn eine genaue Ursache nicht ermittelt werden kann oder der Hund nicht auf die Behandlung
anspricht, sind weiterführende Untersuchungen angezeigt (Tabelle 22), insbesondere labordiagnostische
Tests (Hämatologie, Serumbiochemie, wiederholte Kotuntersuchungen), Bild gebende Untersuchungen
und schließlich Biopsien.
TABELLE 22 - DIAGNOSTISCHES VORGEHEN BEI CHRONISCHER DIARRHOE
Stadium 1
Stadium 2
• Ausschluss einer Futtermittelüberempfindlichkeit
(z. B. mit Hilfe einer Eliminationsdiät)
• Lokalisierung der Diarrhoe im Dünndarm
oder Dickdarm (oder beiden Abschnitten) auf
der Grundlage der Anamnese und
der klinischen Untersuchung (Palpation
des Abdomens und Rektaluntersuchung,
Kotuntersuchung)
• Parasitologische Koproskopie
• Diagnostische Entwurmung zur Abklärung
eines Endoparasitenverdachts:
Rund-, und Hakenwürmer:
Trichuris, Ankylostoma
- Fenbendazol
- Febantel
- Nitroscanat
(unwirksam gegen Trichuris spp.)
• Erste labordiagnostische Tests: Hämatologie,
Serumbiochemie und Harnanalyse. Allein mit ihrer Hilfe
kann die endgültige Diagnose nur selten gestellt werden, die Ergebnisse ermöglichen aber die Abklärung
eines Verdachts auf eine systemische Erkrankung.
• Die endgültige ätiologische/histopathologische
Diagnose wird gewöhnlich durch die Synthese
der Befunde aus den folgenden Untersuchungen
gestellt:
- Verdauungs- und Absorptionstests
- Bildgebende Diagnostik (die häufig den Weg
für die nachfolgende Biopsie vorgibt)
- Übersichts- und Kontraströntgenaufnahmen
- Sonographie
- Biopsie:
- Explorative Laparotomie (immer Biopsieproben
entnehmen, selbst wenn keine makroskopischen
Veränderungen erkennbar sind)
- Gastroduodenoskopie (abhängig von der Erfahrung
des Untersuchers) mit flexiblem Endoskop
(Fiberendoskop oder Videoskop). Sowohl Magen
als auch Duodenum müssen untersucht werden.
- Koloskopie, entweder über ein starres Proktoskop
oder mit Hilfe eines flexiblen Endoskops.
Voraussetzung ist eine entsprechende Vorbereitung
des Patienten durch Einläufe mit warmem Wasser
oder orale Verabreichung einer Lösung
zur gastrointestinalen Lavage.
Giardia: Immunchromatographie
und Untersuchung auf Koproantigene
(z. B.: SNAP Giardia ND, IDEXX)
- Fenbendazol
(50 mg/kg täglich über drei Tage)
- [Albendazol, aber Risiko der Toxizität; keine
Zulassung für den Hund)]
- Febantel - Behandlung über 3 bis 5 Tage
notwendig (keine Zulassung für diese
Indikation)
- Metronidazol (25 mg/kg zweimal täglich
über 5 Tage)
Zahlreiche Fälle werden in diesem Stadium gelöst
und müssen nicht weiter diagnostisch verfolgt
werden.
118
Vor der Durchführung weiterführender Untersuchungen
muss zunächst der Verdacht einer exokrinen
Pankreasinsuffizienz abgeklärt werden (Bestimmung der
Kotelastase und der Plasma- TLI).
Symptom
Fäzes
Dünndarmdiarrhoe
Volumen
Stark erhöht
Normal oder reduziert
Schleim
Selten vorhanden
Häufig
Maelena
Kann vorhanden sein
Fehlt
Hämatochezie
Fehlt, außer im Falle einer
akuten hämorrhagischen Diarrhoe
Relativ häufig
Steatorrhoe
Vorhanden bei Malabsorption
Fehlt
Unverdaute Futterbestandteile Können vorhanden sein
Mögliche Farbveränderungen:
beige, grün, orange, tonfarben
außer im Falle einer akuten
Verlust der "Stubenreinheit" Nein,
oder sehr hochgradigen Erkrankung
Farbe
Defäkation
Zusätzliche
Symptome
Dickdarmdiarrhoe
Fehlen
Farbveränderungen sind selten, u. U. hämorrhagisch
Ja, aber nicht zwingend
Tenesmus
Fehlt
Häufig, aber nicht immer vorhanden
Häufigkeit
ca. 2-3 x häufiger als sonst (Hund)
ca. 3x häufiger als sonst
Dyschezie
Fehlt
Vorhanden bei Erkrankung des distalen Kolons oder des Rektums
Gewichtsverlust
Kann entstehen bei Malabsorption
Selten, außer bei hochgradiger Kolitis und diffusen Tumoren
Erbrechen
Kann vorhanden sein
Im Falle entzündlicher Erkrankungen
Entsteht wahrscheinlich bei ~30 %
aller Hunde mit Kolitis
Flatulenz und Borborygmus
Können entstehen
Fehlen
Halitosis ohne Erkrankung
der Maulhöhle
Kann vorhanden sein im Falle einer Malabsorption Fehlt, außer bei Lecken des Perianalbereiches
Spezifische Erkrankungen des Dünndarms
Die bakterielle Überwucherung des Dünndarms wird definiert als eine Erhöhung der Anzahl
der Bakterien im oberen Abschnitt des Dünndarms. Es handelt sich jedoch um ein gegenwärtig sehr stark umstrittenes Thema. Beim Menschen ist die bakterielle Überwucherung
des Dünndarms gut dokumentiert und entwickelt sich hier fast immer sekundär infolge einer
zugrunde liegenden Primärursache. Sie sollte deshalb eher als ein Symptom und weniger als
eine spezifische Ätiologie betrachtet werden. Der in jüngster Zeit geprägte Begriff der sekundären bakteriellen Überwucherung des Dünndarms wird in solchen Fällen verwendet, die
ursächlich auf eine Grunderkrankung zurückzuführen sind, wie zum Beispiel auf eine partielle Obstruktion, exokrine Pankreasinsuffizienz, Motilitätsstörungen, eine reduzierte
Magensäureproduktion (Magenoperation, Achlorhydrie oder medikamentöse Behandlung
mit Antazida) und eventuell eine chronisch entzündliche Darmerkrankung. Die früher
beschriebene idiopathische bakterielle Überwucherung des Dünndarms wird aufgrund der
unklaren Pathogenese heute vielfach als Antibiotika-responsive Diarrhoe bezeichnet. Diese
Erkrankung wird bei jungen Hunden beobachtet, insbesondere bei Deutschen Schäferhunden. Die klinischen Hauptsymptome wie Dünndarmdiarrhoe, Gewichtsverlust und
Wachstumsverzögerung gehen unter einer antibiotischen Behandlung zurück.
Die Diagnostik bei einer sekundären bakteriellen Überwucherung des Dünndarms zielt in
erster Linie auf den Nachweis der zugrunde liegenden Ursache ab. Von den heute verfügbaren Tests hat
sich jedoch keiner als Ideallösung für die Diagnose dieser Erkrankung erwiesen. Die Diagnose basiert deshalb primär auf dem Ausschluss der anderen potenziellen Ursachen und auf der Reaktion des Patienten
auf eine “diagnostische” antibiotische Therapie. Eine sekundäre bakterielle Überwucherung des Dünndarms lässt sich zweifellos besser unter Kontrolle bringen, wenn die zugrunde liegende Ursache behandelt
wird. Antibiotika können sich aber zusätzlich als notwendig erweisen, wenn die Wirkung der kausalen
Therapie für sich betrachtet nur suboptimal ist. Die Langzeitapplikation von Antibiotika (in einigen Fällen lebenslang) ist der Eckpfeiler der Behandlung dieser Erkrankung. Unter Umständen erweisen sich darüber hinaus ergänzende parenterale Gaben von Cobalamin als notwendig.
© Hermeline
> Bakterielle Überwucherung des Dünndarms
und Antibiotika-responsive Diarrhoe
Der Deutsche Schäferhund besitzt
eine Rasseprädisposition für die bakterielle
Überwucherung des Dünndarms
(bzw. Antibiotika-responsive Diarrhoe).
119
Verdauung
6 - Erkrankungen des Dünndarms, die Diarrhoe hervorrufen
TABELLE 23 - UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN DÜNNDARMDIARRHOE UND DICKDARMDIARRHOE
6 - Erkrankungen des Dünndarms, die Diarrhoe hervorrufen
Verdauung
• Diätetische Behandlung der bakteriellen Überwucherung des Dünndarms bzw. der Antibiotika-responsiven Diarrhoe
Flohsamen (Psyllium) sind reich
an löslichen, nicht-fermentierbaren
Fasern mit hohem hygroskopischem
Potenzial. Dadurch sind sie sehr
nützlich für die Regulation
der Darmpassage bei Diarrhoe
oder Obstipation.
In Anbetracht der unbekannten Ätiologie der Erkrankung muss die diätetische Behandlung eher als adjuvante Therapie begriffen werden und weniger als endgültige oder gar kausale Therapie. Die Nahrungsbestandteile müssen hoch verdaulich sein, um vom Körper effektiv absorbiert und verwertet werden zu können. Eine hohe Verdaulichkeit hat zwei Vorteile: Zum einen sorgt sie für eine bedarfsgerechte Versorgung
des Organismus mit sämtlichen notwendigen Nährstoffen in leicht verfügbarer Form
und zum anderen führt sie zu einer Reduzierung der potenziellen Belastung mit antigenem Material. Durch die Fütterung hoch verdaulicher Nahrungsmittel wird zudem
der Zustrom unverdauter Nährstoffe in den Dickdarm reduziert. Der Abbau unverdauter Nährstoffe durch die Dickdarmflora hat negative Folgen wie Gasbildung, Flatulenz und letztlich Diarrhoe. Wenn eine Unverträglichkeit oder Überempfindlichkeit (Allergie) gegen Nahrungsmittel nicht ausgeschlossen werden kann, ist eine
hypoallergene Nahrung, also eine Nahrung mit limitiertem Antigengehalt, zu empfehlen. Diese Nahrung sollte entweder eine hoch verdauliche Proteinquelle enthalten (Geflügel oder Fisch, Weizengluten) oder andere hochverdauliche, üblicherweise
nicht in kommerziellen Futtermitteln enthaltene Fleischsorten (Kaninchen, Wild
etc.). Eine interessante Alternative ist eine Nahrung auf der Basis hydrolysierter Proteine. Eine gute Verdaulichkeit ist in jedem Fall ein unbestreitbarer Trumpf im Kampf
gegen diese Erkrankungen, selbst dann, wenn die Ätiologie nicht unmittelbar mit einer Allergie oder
Unverträglichkeit zusammenhängt.
Futtermittel für Hunde, die unter einer bakteriellen Überwucherung des Dünndarms leiden, müssen zudem
Kohlenhydratquellen mit hoher Dünndarmverdaulichkeit enthalten. In Frage kommen hier zahlreiche
Zerealien, vorausgesetzt, die Stärke erfährt im Rahmen des Herstellungsprozesses einen ausreichenden
Aufschluss durch Wärmebehandlung wie z. B. beim Kochen oder bei der Extrusion. Reis ist die faserärmste Zerealie und gilt als die Stärkequelle mit der höchsten Verdaulichkeit (Abbildung 9).
Die Konzentration der diätetischen Fasern muss dem Bedarf des Hundes angepasst werden. Gewöhnlich
beginnt die Behandlung mit einem faserarmen Regime (< 3 % Rohfaser oder 6 % Gesamtfasern in der
Trockenmasse). Je nach klinischem Verlauf kann es notwendig werden, die Faserkonzentration durch
Zusatz kleiner Mengen unlöslicher oder löslicher Fasern zu erhöhen, zum Beispiel durch kleine Mengen
Zellulose, Karotten, Zuckerrübentrockenschnitzel oder Psyllium (weitere Informationen über diätetische
Fasern siehe Kapitel 1).
Ferner kann es sich als vorteilhaft erweisen, die Energiekonzentration präzise an den tatsächlichen Bedarf
des Hundes anzupassen. Zahlreiche Hunde mit Verdauungsproblemen im Dünndarm leiden nämlich
unter einer Malabsorption und den
daraus resultierenden Mangelzuständen.
ABBILDUNG 9 - VERGLEICH DES STÄRKEGEHALTS UND DES GEHALTS AN DIÄTETISCHEN
Gewichtsverlust und eine schlechte QuaFASERN IN ZEREALIEN, DIE HÄUFIG IN HUNDENAHRUNG EINGESETZT WERDEN
lität von Haut und Fell sind schwerwiegende Probleme und müssen durch eine
79
76
% 80
Erhöhung der Konzentration bestimmter
64
63
60,5
Nährstoffe in der Ration behandelt wer60
den. Der Fettgehalt eines Futtermittels für
51
einen Hund mit Enteropathie im Bereich
40
des Dünndarms muss unter zwei Aspekten
be-trachtet werden:
20
16
12
9
9
3,5
0
Gerste
Weizen
Sorghum
Mais
Maismehl
1,1
Reis
Stärke
Diätetische Fasern
Der geringste Mindestfasergehalt für eine gute Darmpassage und zur Vermeidung
einer übermäßig lang anhaltenden Stase im Dickdarm läßt sich durch eine Kombination
aus Mais, gereinigter Zellulose und Zuckerrübentrockenschnitzeln erzielen.
120
- Einerseits können Fette zur Erhöhung der
Energiedichte des Futtermittels eingesetzt
werden.
- Andererseits kann die bakterielle Umwandlung nicht absorbierter Fettsäuren
in hydroxylierte Fettsäuren und von Gallensäuren in dekonjugierte Gallensäuren
eine Hypersekretion hervorrufen und die
Diarrhoe auf diesem Wege zusätzlich verstärken.
• Die Rolle von Probiotika und Präbiotika
Probiotika und Präbiotika sind eine weitere therapeutische Option für Hunde mit Darmerkrankungen.
Probiotika sind oral verabreichte, lebende Mikroorganismen, deren günstige Wirkungen auf die Gesundheit über die der Basisnahrung hinausgehen. Es handelt sich um “nützliche” Bakterien, die den Darm auf
Kosten potenziell pathogener Bakterien besiedeln sollen. Über den genauen Wirkungsmechanismus ist
jedoch nur sehr wenig bekannt, und die Suche nach den für den Hund am besten geeigneten Bakterien
ist immer noch in vollem Gange, selbst wenn bestimmte Enterokokken, Laktobazillen und Bifidobakterien zweifellos vorteilhafte Wirkungen entfalten. Gegenwärtig werden bakterielle Probiotika in der Praxis eingesetzt, obwohl genaue wissenschaftliche Daten hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bei verschiedenen
Erkrankungen weitgehend fehlen. Zudem ist nicht auszuschließen, dass die auf dem Markt erhältlichen
Produkte für den Hund aufgrund der spezifischen Verhältnisse in seinem Verdauungstrakt nicht geeignet
sind. Ein Probiotikum mit einem Lactobacillus acidophilus-Stamm wurde Hundefutterprodukten erfolgreich zugesetzt und beschleunigte die Genesung der Probanden von einer klinischen Infektion mit Campylobacter spp. (Baillon & Butterwick, 2003). Weitere Untersuchungen wären jedoch erforderlich, um zu
überprüfen, ob ähnliche Wirkungen auch im Falle einer bakteriellen Überwucherung des Dünndarms /
Antibiotika-responsiven Diarrhoe zu erzielen sind.
Präbiotika sind Substrate für “nützliche” Bakterien, die zu Veränderungen der Darmflora führen. Ziel ist
es, bestimmte nützliche Bakterien der Darmflora gezielt mit einem geeigneten Substrat zu versorgen und
auf diese Weise das mikrobiologische Gleichgewicht zu Gunsten einer “gesunden” Darmflora zu beeinflussen. Präbiotika wirken in der Konsequenz also wie die Probiotika. Es handelt sich um fermentierbare
Kohlenhydrate, die von bestimmten Darmbakterien verwertet werden können. Zu nennen sind hier
unter anderem die Laktulose, das Inulin und verschiedene Oligosaccharide mit unterschiedlicher Kettenlänge: Fructo-Oligosaccharide, Galacto-Oligosaccharide, Mannan-Oligosaccharide.
Die Wirksamkeit solcher Futterzusätze bei Hunden mit bakterieller Überwucherung des Dünndarms/Antibiotika-responsiver Diarrhoe muss allerdings erst noch validiert werden, bevor ihre Anwendung bei dieser Form
von Darmerkrankung allgemein empfohlen werden kann (Willard et al.,
1994; Zentek et al., 2002; Guilford & Matz 2003).
> Unerwünschte Reaktionen auf Futtermittel
Unerwünschte Reaktionen auf Futtermittel sind eine extrem häufige Ursache chronischer Magendarmerkrankungen. Man unterteilt diese Reaktionen in nicht immunologisch vermittelte “Futtermittelunverträglichkeiten”
und immunvermittelte “Futtermittelallergien” (oder Futtermittelüberempfindlichkeiten) (Tabelle 24). Die klinischen Symptome sind meist sehr
vielfältiger Natur, am häufigsten beobachtet man jedoch dermatologische
Symptome (Juckreiz) (siehe Kapitel 2) und gastrointestinale Symptome
(Erbrechen und Diarrhoe). Die Bestätigung der Diagnose erfordert eine
positive Reaktion auf eine Eliminationsdiät, gefolgt von einem Rezidiv im
Provokationstest (Provokationsdiät), also nach erneuter Fütterung des
ursächlich auslösenden Futtermittels (siehe Kapitel 2).
Die Darmschleimhaut ist dem Einfluss zahlreicher exogener Faktoren ausgesetzt. Regulationsmechanismen sorgen für eine selektive Permeabilität
gegenüber bestimmten Nährstoffen und Makromolekülen, aber auch für
TABELLE 24 - KLASSIFIKATION DER UNERWÜNSCHTEN
REAKTIONEN AUF FUTTERMITTEL
Immunvermittelt
(Futtermittelüberempfindlichkeit)
• Typ I
• Andere ?
(zum Beispiel, Typ IV*)
* Mehrere Überempfindlichkeitsmechanismen
sollen beteiligt sein,
diese Hypothese muss
allerdings noch bestätigt
werden.
Nicht immunvermittelt
(Futtermittelunverträglichkeit)
• Idiosynkratische Reaktion
(z. B.: Enzymmangel)
• Pharmakologischer Effekt (z. B.:
Koffein, Tyramin, Schokolade)
• Pseudo-immunologische
Reaktionen (z. B.: Lebensmittel,
die eine Histaminfreisetzung
auslösen - Erdbeeren,
Krustentiere)
• Nahrungsmittelvergiftung
(bakterielle Infektionen,
Endotoxinbildung)
• Verdorbene Nahrungsmittel
• Indigestion etc.
121
Verdauung
6 - Erkrankungen des Dünndarms, die Diarrhoe hervorrufen
Bei Hunden mit bakterieller Überwucherung / Antibiotika-responsiver Diarrhoe muss der verträgliche Fettgehalt der Nahrung in Abhängigkeit vom individuellen Bedarf ermittelt werden.
Bei hochgradig abgemagerten Hunden ist eine Erhöhung des Fettgehaltes durchaus gerechtfertigt,
wenn sich der klinische Zustand dadurch nicht weiter verschlechtert. Bei zahlreichen chronischen
Darmerkrankungen werden Trockenfutterprodukte mit einem Fettanteil von 20 %, der 40 % der
Kalorien liefert, sehr gut von den betroffenen Hunden vertragen (Lecoindre & Biourge, 2005). Das
Vorhandensein beziehungsweise das Fehlen von Darmbakterien, die Fettsäuren und Gallensäuren
verstoffwechseln, kann die Fettverträglichkeit jedoch zweifellos beeinflussen.
6 - Erkrankungen des Dünndarms, die Diarrhoe hervorrufen
Verdauung
den Ausschluss von potenziell schädlichen Nahrungs-, Umwelt- oder Bakterienallergenen. Die Unterscheidung zwischen Absorption und Ausscheidung, Toleranz und Reaktivität resultiert aus komplexen
Prozessen, die vom Alter des Individuums, den funktionellen und regulatorischen Mechanismen des
Immunsystems und dem Einfluss exogener Faktoren abhängen. Die Art der Wechselwirkung zwischen
luminalen Faktoren diätetischen oder bakteriellen Ursprungs und der Darmwand ist von großer Bedeutung. Nahrungsantigene, wie zum Beispiel Peptide, Glykoproteine und Lektine sowie bestimmte Mikroorganismen, haben die Möglichkeit, mit der Darmwand zu interagieren und regulatorische und gegenregulatorische Reaktionen und Prozesse hervorzurufen. Die Interaktion luminaler Faktoren mit der Darmwand beeinflusst neben der Verdauung selbst (Sekretion, Absorption, Motilität) auch immunologische
Mechanismen (Ausscheidung von Antigenen, Regulation des gastrointestinalen Immunsystems,
Behandlung der Antigene, Sensibilität, Allergie) und neuroendokrine Prozesse.
Die Ernährung hat einen signifikanten Einfluss auf die Funktion und die Entwicklung des Gastrointestinaltraktes junger Welpen und spielt eine besonders wichtige Rolle für die Darmfunktion und die Entwicklung des Immunsystems mit dem Beginn der Wachstumsphase. Später beim adulten Tier mit entsprechender Erkrankung scheint die Reduktion der Exposition gegenüber potenziellen Antigenen eine
wichtige Bedingung für die klinische Besserung zu sein, wenn die Tiere entsprechend sensibilisiert sind.
• Diätetische Behandlung unerwünschter Futtermittelreaktionen
Die diätetische Behandlung unerwünschter Reaktionen auf Futtermittel ist nicht immer leicht einzuleiten, da die klinischen Antworten oft sehr langsam erfolgen und das Rezidivrisiko im Falle eines Verstoßes gegen die strikten Diätvorschriften stets präsent ist. Die uneingeschränkte Mitarbeit des Besitzers
ist eine entscheidende Voraussetzung für einen langfristigen Therapieerfolg. Aus Gründen der Vereinfachung kann das diätetische Behandlungsprotokoll standardisiert werden, und zwar unabhängig von der
im Einzelfall genau zugrunde liegenden Ursache, das heißt echte Futtermittelallergie oder Futtermittelunverträglichkeit. Entscheidend ist, dass die Ration eine ausgewogene Nährstoffzusammensetzung, eine
erhöhte Verdaulichkeit zur Erleichterung der Absorption essenzieller Nährstoffe und eine begrenzte
Anzahl an Zutaten zur Reduktion der Menge potenzieller Antigene im Darm aufweist. Erfüllt werden
diese Kriterien durch…:
- die Verwendung selbst zubereiteter Rationen oder
- ein kommerzielles Futtermittel mit limitierter Anzahl von Proteinquellen oder
- ein kommerzielles Futtermittel auf der Basis hydrolysierter Proteine.
Selbst wenn die vorliegende Futtermittelunverträglichkeit nicht mit einem bestimmten Protein oder
einem bestimmten Inhaltsstoff zusammenhängt, kann eine nach diesen Kriterien durchgeführte Futterumstellung nützlich sein, da das neue Regime einen günstigen Einfluss auf die Verdauung und die Darmflora haben kann. Futtermittel dieses Typs können das Wachstum potenziell pathogener Mikroorganismen begrenzen und die Konzentrationen der aus der mikrobiellen Fermentation im Darm hervorgehenden Nebenprodukte reduzieren. Obgleich bisher der wissenschaftliche Nachweis fehlt, dass Produkte
mikrobiellen Ursprungs die Gesundheit von Hunden mit Futtermittelunverträglichkeit negativ beeinflussen, scheint dieses Konzept in der Praxis zu funktionieren.
Bei jedem Patienten mit einer Futtermittelunverträglichkeit muss zunächst eine umfassende Fütterungsanamnese durchgeführt werden. Hierfür muss der Tierarzt detaillierte Fragen über die übliche Ernährung
des Hundes, einschließlich sämtlicher Snacks, “Leckerchen” und etwaiger Tischreste stellen. In einigen
Fällen gelingt es, die ursächlichen Futtermittelbestandteile zu identifizieren. Mit diesen Kenntnissen
kann schließlich eine Eliminationsdiät erstellt oder ein hypoallergenes Futtermittel gewählt werden.
Gelingt es nicht, einen bestimmten Inhaltsstoff eindeutig verantwortlich zu machen, hängt die Wahl der
Diät von der individuellen diätetischen Vorgeschichte des Hundes ab.
Ist die Wahl der Diät erfolgt, muss diese über einen ausreichend langen Zeitraum die einzige Nahrungsquelle sein, damit eine positive Reaktion eintreten kann. Die ideale Dauer einer Eliminationsdiät
ist nicht definiert. Während dermatologische Symptome zum Teil eine bis zu drei Monate anhaltende
Eliminationsdiät erfordern, klingen gastrointestinale Symptome oft deutlich schneller ab. Besitzer von
Hunden mit Diarrhoe sind allerdings meist nicht bereit, längere Zeit zu warten. Drei bis vier Wochen
scheinen in den meisten Fällen jedoch auszureichen.
Ist eine positive Reaktion zu beobachten, kann im nächsten Schritt ein Provokationstest durchgeführt
werden, um das oder die verantwortlichen Proteine präzise zu bestimmen. So kann man beispielsweise
alle sieben Tage eine neue Proteinquelle hinzugeben und die Reaktion des Tieres beobachten. Bleibt eine
Reaktion aus, darf der Inhaltsstoff als sicher betrachtet werden. Treten die Symptome dagegen erneut
auf, muss dieser Inhaltsstoff zukünftig vermieden werden.
122
Die Wahl der Proteinquelle
Die folgenden Fleischarten werden im Rahmen von Eliminationsdiäten häufig als Proteinquellen eingesetzt: Huhn, Pute, Pferd, Ente oder Lamm. Die gegenwärtig weit verbreitete Verwendung oviner Proteine
in kommerziellen Futtermittelprodukten lässt diese Option dagegen als wenig geeignet erscheinen. Fisch
ist eine ausgezeichnete Alternative, da er in den handelsüblichen Futtermitteln für Hunde nur sehr selten
als Proteinquelle eingesetzt wird. Pflanzliche Proteinquellen können ebenfalls verwendet werden, vorausgesetzt, sie wurden zuvor im Rahmen des Herstellungsprozesses entsprechend behandelt, wie zum Beispiel
die Sojaproteinisolate. Zu beachten ist, dass zahlreiche Inhaltsstoffe, die als Kohlenhydratquellen einABBILDUNG 10 - WEIZENGLUTEN
gesetzt werden, ebenfalls signifikante Proteinmengen liefern. Dies muss bei der Planung von Eliminationsdiäten unbedingt berücksichtigt werden.
Die Glutenproteine der Zerealien (z. B.: Weizen Abbildung 10 - und Gerste) wurden ausführlich
untersucht, da sie beim Menschen für Nahrungsmittelallergien, wie zum Beispiel die Zöliakie, verantwortlich sein können. Obwohl diese Allergieform bei bestimmten Rassen beschrieben wird,
kommt sie bei der Spezies Hund insgesamt nur selten vor (siehe weiter unten: Glutenenteropathie).
In Anbetracht ihrer hohen Verdaulichkeit können
diese Glutenproteine bei Hunden, die keine entStärkereiche Zellen
sprechende Sensibilität aufweisen, durchaus ange(Mehlkörper)
wendet werden.
Unter den anderen in vollwertigen Futtermitteln
eingesetzten Inhaltsstoffen müssen vor allem die
Fettquellen überwacht werden, da auch sie geringe
Mengen an Proteinen tierischer oder pflanzlicher
Herkunft enthalten können. Obwohl es sich hierbei in der Regel nur um Spuren von Proteinen handelt, ist nicht auszuschließen, dass diese das Ergebnis des Eliminationstests beeinflussen.
Weizengluten enthält eine komplexe Mischung aus
Proteinen, die in zwei Familien unterteilt werden:
die Prolamine und die Glutenine.
Das Gluten wird durch klassische Verfahren
der Müllerei gewonnen: Reinigung zur Entfernung
des Mehles und der Kleie, Entfernung
des Keimlings, Mahlen und Zentrifugieren zur
Trennung des festen, unlöslichen Anteils (Gluten)
von der Stärke und den anderen löslichen
Substanzen. Der übrig bleibende feste Anteil,
befreit von Fasern und Stärke, wird anschließend
getrocknet, bis ein Pulver entsteht: das Gluten.
Weizengluten besitzt zahlreiche diätetische
Eigenschaften, die es zu einer außergewöhnlichen
Proteinquelle machen. Es weist eine sehr hohe
Proteinkonzentration auf (80 bis 82 %), ist frei von
biogenen Aminen, enthält sehr wenig diätetische
Fasern und besitzt eine hervorragende ileale
Frucht- und
Samenschale
Mehlkörper
Keimling
Aleuronzellen
(reich an Gluten)
Weizengluten ist eine sehr konzentrierte Proteinquelle (80 bis 82% Proteine)
mit außergewöhnlich hoher Verdaulichkeit. In der Ernährung von Neugeborenen
wird Weizengluten in hydrolysierter Form als Ersatz für Milchproteine verwendet.
Verdaulichkeit (99 %). Die Verwendung
einer signifikanten Menge Weizengluten in
der Ration ermöglicht somit eine Reduzierung
des Zuflusses unverdauter Proteine in den Dickdarm
um 20 bis 40 %.
Weizengluten enthält darüber hinaus
eine bedeutende Menge an Glutamin (nahezu
40 %). Diese Aminosäure spielt eine wichtige Rolle
für die Integrität der Verdauung, für den Erhalt
der Muskelmasse bei intensiver körperlicher
Aktivität und für die Plasmahomöostase von Taurin
im Falle einer Erkrankung oder unter Stress.
Glutamin ist zudem beteiligt an der Proteinsynthese
und ist eine Vorläufersubstanz von Nukleinsäuren.
Aufgrund dieser vielfältigen Qualitäten wird
Weizengluten als Substitut für Milchproteine
(zu über 99 % verdaulich) in der Ernährung
von Neugeborenen verwendet.
123
Verdauung
• Rationen mit einer einzigen Protein- und Kohlenhydratquelle
6 - Erkrankungen des Dünndarms, die Diarrhoe hervorrufen
Dieses Vorgehen ist jedoch sehr aufwendig, und zahlreiche Besitzer sind in Anbetracht eines positiven
Effektes der Eliminationsdiät nicht bereit, anschließend einen Provokationstest durchzuführen (Willard
et al., 1994; Zentek et al., 2002; Guilford & Matz 2003).
6 - Erkrankungen des Dünndarms, die Diarrhoe hervorrufen
Verdauung
Die Wahl der Kohlenhydratquellen
Analog zu den Proteinen sollte eine Eliminationsdiät lediglich eine einzige Kohlenhydratquelle enthalten. Unter den potenziell in Frage kommenden Zutaten sind vor allem Mais, Kartoffeln, Reis und Tapioka zu nennen. Es handelt sich um hoch verdauliche Stärkequellen, die für die meisten Hunden sehr gut
geeignet sind.
Mineralstoffe und Spurenelemente
Die Hauptinhaltsstoffe der Eliminationsdiät müssen durch Mineralstoffe und Spurenelemente ergänzt
werden, um die Ration vollwertig und ausgewogen zu gestalten. Zu beachten ist jedoch, dass bestimmte
Mineralstoffquellen auch geringe Proteinmengen enthalten können, die unter Umständen ausreichen,
um eine unerwünschte Reaktion hervorzurufen. Auch die Supplementierung der Ration mit Vitaminen
kann zu Problemen führen, da Vitamine häufig in Form von Kapseln aus tierischer Gelatine dargereicht
werden. Obwohl der Herstellungsprozess sehr strengen Normen unterliegt und die Mehrzahl der potenziell antigenen Epitope zerstört ist, können Spuren von Proteinen oder Peptiden auf diesem Weg in die
Eliminationsdiät gelangen. Besonders hoch ist dieses Risiko vor allem bei den Mineralstoffsupplementen, die selbst zubereiteten Rationen zugesetzt werden, da diese Proteine zur Akzeptanzverbesserung enthalten können. Bei einem industriell hergestellten Futtermittel muss man vor allem vermeiden, die
Mineralstoffvormischung mit einem Zerealienmehl zu verdünnen. Eine Option besteht darin, zunächst
selbst zubereitete Rationen mit einem Minimum an Zutaten zu verwenden. Adulte Tiere vertragen solche Rationen in der Regel über einen Zeitraum von mehreren Wochen, ohne hochgradige oder klinisch
bedeutsame Mangelerscheinungen zu entwickeln. Wird eine solche Diät dagegen über einen längeren
Zeitraum notwendig, muss für eine vollwertige und ausgewogene Ration gesorgt werden. Kommerzielle
Eliminationsdiäten bieten den Vorteil einer ausgewogenen Nährstoffversorgung von Anfang an.
Futtermittel mit hydrolysierten Proteinen
Diese spezielle Form von Futtermittelprodukten ist erst in
den letzten Jahren aufgetaucht. Die Proteine werden hier
durch enzymatische Behandlung in kleinere Peptide zerABBILDUNG 11 - DIE HERSTELLUNG EINES PROTEINHYDROLYSATS
legt, um die Struktur zu verändern (Abbildung 11).
In Anbetracht ihrer geringen Größe neigen diese Peptide
theoretisch in geringerem Maße zur Interaktion mit dem
Immunsystem. Entsprechende Arbeiten haben in vitro
gezeigt, dass diese Peptide eine im Vergleich zum nativen
Molekül geringere Antigenität aufweisen (Cave & GuilEnzymatische
ford, 2004). Dennoch sind weiterführende UntersuchunHydrolyse
gen notwendig, um zweifelsfrei zu bestätigen, dass diese
Hydrolysierte
Futtermittel tatsächlich “hypoallergen” sind. NahrungsPeptide
mittel auf der Basis hydrolysierter Proteine wurden bereits
mit Erfolg bei Babys mit Milchallergie eingesetzt. Futtermittel dieses Typs sind heute auch über den Tierarzt zu
Protein
beziehen. Erfolgversprechend sind diese “hydrolysierten”
Futtermittel vor allem bei Hunden mit einer echten Futtermittelallergie (insbesondere Typ I). Weniger sicher ist
dagegen, ob solche Produkte auch im Falle einer nichtimmunologischen Futtermittelunverträglichkeit Vorteile
haben. Aufgrund ihrer hohen Verdaulichkeit besteht aber dennoch die Vermutung, dass diese Futtermittel bei Hunden mit verschiedensten Magendarmerkrankungen positive Wirkungen haben können,
und erste klinische Studien zu dieser Thematik liefern ermutigende Ergebnisse (Dossin et al., 2002; Mandigers & Biourge, 2004).
Hydrolysierte Futtermittel sind eine interessante Alternative für Hunde, bei denen Futtermittel auf der
Basis einer einzigen Proteinquelle oder mit begrenztem Antigengehalt unwirksam sind.
> Glutenenteropathie
Die Glutenenteropathie ist eine spezifische Form der Futtermittelüberempfindlichkeit, hervorgerufen
durch eine unerwünschte Reaktion auf Gluten (Weizengluten). Sie wird bei bestimmten Linien des Irish
Setters beschrieben, es handelt sich aber um eine in der Praxis insgesamt nur selten vorkommende Diagnose. Die Pathogenese der Erkrankung wurde in den vergangenen Jahren besser definiert (Garden et al.,
124
Irish Setter mit Glutenenteropathie.
GLUTENENTEROPATHIE BEIM IRISH SETTER
Es handelt sich nicht um eine "Allergie" auf Gluten.
Obwohl dieser Begriff von Besitzern häufig
verwendet wird, ist er falsch.
Die Erkrankung äußert sich klinisch durch die
allgemein mit chronischen Dünndarmerkrankungen
assoziierten Symptome wie Diarrhoe, Gewichtsverlust
und Wachstumsverzögerung. Es handelt sich um eine
seltene, erbliche Erkrankung, die vorwiegend
bestimmte Linien des Irish Setters betrifft.
Die Zöliakie des Menschen ist eine chronische
Erkrankung mit sehr unterschiedlichen Symptomen
von geringgradigen, unspezifischen
Verdauungsstörungen bis hin zu einer hochgradigen
Panmalabsorption (hochgradige Diarrhoe).
Die Zöliakie ist abhängig von der Exposition
genetisch sensibler Individuen gegenüber
einem spezifischen Glutenprotein, dem Gliadin.
Die auslösende Ursache ist eine Störung
der intestinalen Permeabilität, die es den im
Darmlumen vorhandenen Antigenen ermöglicht,
die Schleimhaut zu durchdringen.
Klinische Symptome:
- Intermittierende oder chronische Diarrhoe
in frühem Kindesalter (4. bis 7. Lebensmonat)
- Gewichtsverlust
- Malabsorption
Behandlung: Gliadinfreie Ernährung (also ohne
Weizen, Gerste, Hafer, Roggen oder Triticale).
> Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
(Inflammatory Bowel Disease, IBD)
Dieser Begriff bezeichnet eine heterogene Gruppe intestinaler Störungen, gekennzeichnet durch entzündliche Veränderungen der Schleimhaut (mit Veränderungen der Architektur und zellulären Infiltraten) ohne bekannte primäre Ursache. Die Diagnose verlangt also den Nachweis histologischer Entzündungssymptome und den Ausschluss sämtlicher anderer potenzieller Entzündungsursachen, wie zum Beispiel Darmparasiten, Futtermittelüberempfindlichkeit, Antibiotika-responsive Diarrhoe. Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen werden üblicherweise auf der Grundlage des dominierenden Zelltyps im
Infiltrat eingeteilt. Lymphozyten und Plasmazellen werden sehr häufig nachgewiesen (lymphozytär-plasmazelluläre Enteritis), während in einigen Fällen auch eine Dominanz eosinophiler Zellen (eosinophile
Enteritis) festzustellen ist. In vielen Fällen ist ein generalisierter Anstieg zahlreicher Untergruppen von
Immunzellen festzustellen, so dass eine Zuordnung in eine histologische Gruppe nicht immer leicht ist.
Diese Klassifikation ist oft sehr willkürlich und hängt zum großen Teil von der Erfahrung des mit der
Untersuchung betrauten Pathologen ab. Andere Formen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen
(z. B. granulomatöse Enteritis) kommen beim Hund selten vor. Mittel- bis hochgradige Darmläsionen
sind häufig bei Patienten mit einer Proteinverlustenteropathie festzustellen (siehe weiter unten).
Über die Ätiologie der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen beim Hund ist nur wenig bekannt.
Es wurden Vergleiche mit der entsprechenden Erkrankung beim Menschen angestellt, bei der ein Verlust der Immuntoleranz gegenüber Antigenen im Darmlumen (Bakterien und Nahrungsbestandteile)
eine entscheidende Rolle spielt. Antigene, die von der endogenen Mikroflora stammen und (eventuell)
Nahrungsantigene stehen im Verdacht, eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Erkrankung zu spielen. In Anbetracht der interessanten klinischen Ergebnisse diätetischer Behandlungen könnte die Nahrung in bestimmten Fällen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen tatsächlich eine entscheidende
Rolle spielen.
125
Verdauung
6 - Erkrankungen des Dünndarms, die Diarrhoe hervorrufen
2000), obgleich immer noch unklar ist, ob es sich um eine aberrante immunologische Reaktion auf Gluten oder einen direkten toxischen Effekt des Gluten handelt, wenn nicht sogar beide Mechanismen
beteiligt sind. Die klinische Erkrankung zeigt Ähnlichkeiten mit der Zöliakie des Menschen, die Pathogenese ist jedoch eine andere. Die Diagnose wird auf ähnliche Weise gestellt wie bei anderen Futtermittelüberempfindlichkeiten. Die Behandlung besteht in erster Linie aus einer glutenfreien Ernährung.
Dies bedeutet, dass Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und Triticale - ein Hybrid aus Weizen und Roggen zu vermeiden sind. Dagegen enthalten Reis und Mais kein Gluten. Interessant ist, dass zahlreiche Irish
Setter erkranken, wenn sie jung sind, und später als adulte Tiere keine klinischen Symptome der Erkrankung zeigen. Inwieweit Gluten ein potenzielles Allergen für andere Hunderassen ist, muss noch untersucht werden. Da die Frequenz unerwünschter Reaktionen auf bestimmte Einzelfuttermittel in der Regel
mit der Häufigkeit ihrer Verwendung in den Rezepturen kommerzieller Futtermittel korreliert, gibt es
keinen Anlass zu der Vermutung, dass Hunde besonders sensibel auf Getreideproteine reagieren. Deshalb
ist die Notwendigkeit, Gluten in sämtlichen Fällen unerwünschter Futtermittelreaktionen grundsätzlich
aus der Ernährung zu verbannen, zumindest diskutabel.
© V. Freiche
WERDEN
12A - Duodenitis
Endoskopische Sicht auf einen Abschnitt
des proximalen Duodenums: Erythematöse
Verfärbung und erhöhte Granulation.
© V. Freiche
6 - Erkrankungen des Dünndarms, die Diarrhoe hervorrufen
Verdauung
ABBILDUNG 12 ENDOSKOPISCHE LÄSIONEN,
DIE IM KLASSISCHEN FALLE
EINER CHRONISCH-ENTZÜNDLICHEN
DARMERKRANKUNG GEFUNDEN
12B - Pflastersteinartiges
Erscheinungsbild
der Magenschleimhaut,sekundär
infolge einer parietalen Infiltration
entzündlicher Natur.
126
Veränderungen der Zusammensetzung der Immunzellpopulationen werden bei der lymphozytär-plasmazellulären Enteritis beschrieben, namentlich eine Steigerung der T-Lymphozyten in der Lamina propria
(insbesondere CD4+ Zellen), der IgG-Plasmazellen, der Makrophagen und der Granulozyten (German
et al., 2001). Deutliche Steigerungen der Zytokine der Schleimhaut wurden bei Hunden mit lymphozytär-plasmazellulärer Enteritis ebenfalls beobachtet, einhergehend mit einer Erhöhung der Expression der
Zytokine Th1 (IL-2, IL-12 und IFNγ), Th2 (IL-5), proinflammatorischer Zytokine (TNF-α) und immunregulatorischer Zytokine (TGF-β) (German et al., 2000). Diese Befunde legen nahe, dass sich bei Hunden mit chronisch-entzündlicher Darmerkrankung eine Dysregulation des Immunsystems entwickelt, sie
erklären aber nicht den zugrunde liegenden Mechanismus. Die Pathogenese der eosinophilen Enteritis
ist nicht im Detail untersucht, sie könnte jedoch auf dieselben Mechanismen zurückgreifen, die auch bei
der lymphozytär-plasmazellulären Enteritis beschrieben wurden. Differenzialdiagnostisch muss die eosinophile Enteritis von anderen Erkrankungen mit Erhöhung der Eosinophilen unterschieden werden, so
zum Beispiel von Endoparasitosen oder einer Futtermittelüberempfindlichkeit.
Beim Hund ist das häufigste klinische Symptom dieser Erkrankung eine chronische Dünndarmdiarrhoe,
die mit Gewichtsverlust und Erbrechen einhergehen kann. Besitzer berichten häufig, dass die Phasen
einer klinisch manifesten Gastroenteritis Monat für Monat immer häufiger werden. Geht die Enteritis
mit einem hochgradigen Proteinverlust einher, können auch Anzeichen von Aszites und/oder Unterhautödemen auftreten, insbesondere, wenn die Serum- und Plasmakonzentrationen der Gesamtproteine
und des Albumin sehr niedrig sind. Weitere potenzielle klinische Symptome sind insbesondere immunvermittelte systemische Störungen und in Ausnahmefällen auch eine Thromboembolie. Die Diagnose
beruht gewöhnlich auf den Ergebnissen der histopathologischen Untersuchung von mittels Endoskopie
oder explorativer Laparotomie gewonnenen Darmgewebeproben und dem Ausschluss anderer potenzieller Ursachen im Rahmen der weiterführenden Diagnostik (Tabelle 22) (Abbildung 12 A & B).
Angesichts der unterschiedlichen Interpretationen der pathologischen Veränderungen in Darmbiopsieproben durch verschiedene Pathologen ist gegenwärtig eine Arbeitsgruppe der World Small Animal Veterinary Association (WSAVA) damit beschäftigt, standardisierte Kriterien zu definieren.
Die Behandlung umfasst in vielen Fällen eine Kombination aus therapeutischen Maßnahmen, einschließlich einer diätetischen Modifikation, Antibiotika und immunsuppressiven Medikamenten. Handelt es sich
um einen klinisch stabilen Patienten mit nicht allzu hochgradiger klinischer Symptomatik (z. B. Enteritis
mit Proteinverlusten), sollten die therapeutischen Bemühungen zunächst mit einer diätetischen Ernährungsumstellung und der Gabe von Antibiotika beginnen (siehe weiter oben). Immunsuppressive Medikamente sollten nach Möglichkeit erst dann zum Einsatz kommen, wenn die anderen Behandlungsmaßnahmen scheitern. Auf diese Weise können die tatsächlich idiopathischen Fälle von Erkrankungen unterschieden werden, die auf diätetische oder antibiotische Behandlungsmaßnahmen ansprechen.
> Lymphome des Dünndarms
Die häufigsten Darmtumoren des Hundes sind Lymphome, epitheliale Tumoren und Tumoren der glatten Muskulatur. Es können jedoch auch andere Neoplasietypen auftreten, insbesondere Fibrosarkome,
Hämangiosarkome und Plasmazelltumoren.
Das Lymphom ist gekennzeichnet durch eine Infiltration der Darmschleimhaut und der Submukosa mit
neoplastischen Lymphozyten, die klinische Symptome hervorrufen kann. Ein Lymphom kann diffuser
Natur sein und ausgedehnte Oberflächen der Darmwand infiltrieren oder sich in Form einer lokal begrenzten Zubildung darstellen. Vor allem die diffusen Formen führen zu einer Beeinträchtigung der Verdauungsund Absorptionsprozesse im Darm und verursachen eine Malabsorption und eine Proteinverlustenteropathie. Lokal begrenzte Lymphome können dagegen eine vollständige oder partielle Obstruktion des Darmes hervorrufen. Die Ätiologie der intestinalen Lymphomatose des Hundes ist nicht bekannt. Eine lymphozytär-plasmazelluläre Enteritis kann sich zu einem Lymphom weiterentwickeln, ein Lymphom kann
aber auch neben einer lymphozytär-plasmazellulären Enteritis in benachbarten Abschnitten des Dünndarms koexistieren. Angesichts der zum Teil erheblichen Abweichungen bei den histopathologischen
Interpretationen müssen derartige Beobachtungen jedoch mit Vorsicht bewertet werden.
Die Behandlung von Lymphomen stützt sich auf kombinierte chemotherapeutische Protokolle mit Prednisolon, Cyclophosphamid und Vincristin. Die Erkrankung schreitet jedoch in der Regel sehr schnell
fort, und die Mehrzahl der betroffenen Hunde spricht nur schlecht auf die Therapie an. Bei der geringen
Zahl der Patienten, die positiv auf die Behandlung reagieren, stellt die diätetische Behandlung eine hilfreiche unterstützende Maßnahme dar (siehe Kapitel 13: Onkologie). Bei hochgradigen Magendarmsymptomen erweist sich die Umstellung der Ernährung auf eine hochverdauliche Diät als nützlich. Im
Falle einer Kachexie müssen die Rationen eine hohe Energiedichte aufweisen.
Eliminationsdiäten eignen sich für
bestimmte Patienten mit chronischentzündlicher Darmerkrankung
und zur Abgrenzung gegenüber
Futtermittelunverträglichkeiten, da beide
Fälle oft die sekundäre Folge einer Entzündung
der Darmschleimhaut sind. Eine Umstellung
der Ernährung könnte bei solchen Patienten
auch dann vorteilhaft sein, wenn keine
nachgewiesene Empfindlichkeit gegenüber
bestimmten Proteinen vorliegt.
Auch die Umstellung auf eine hoch verdauliche
Nahrung wirkt sich hier günstig aus.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist
die Entscheidung für oder gegen
eine Restriktion des Fettgehaltes oder eine
Veränderung der Fettquelle. Es ist nicht möglich,
die Verträglichkeit eines Hundes gegenüber
einem gegebenen Fettgehalt im Einzelfall
vorherzusagen. Einige Hunde profitieren von
einer fettarmen Ernährung, da die von
bestimmten Darmbakterien hydroxylierten
Fettsäuren eine sekretorische Diarrhoe hervorrufen können. Auf der anderen Seite bedeutet
eine Fettrestriktion aber auch, dass die Ration
größere Mengen Proteine und Kohlenhydrate
enthält. Wenn die Verdauungsprozesse aufgrund
der Entzündung der Darmschleimhaut
beeinträchtigt sind, kann die Absorption von
Aminosäuren, Peptiden und Kohlenhydraten
reduziert sein. Zudem weist ein fettarmes
Futtermittel im Vergleich zu einem fettreichen
Produkt eine geringere Energiedichte auf, und
dies kann sich bei Hunden mit einer kalorischen
Unterversorgung als schädlich erweisen.
Eine Studie an 10 Hunden mit chronischentzündlicher Darmerkrankung hat gezeigt,
dass ein fettreiches (20 %) Trockenfutter zu
einer deutlichen Verbesserung der Kotkonsistenz,
zum Verschwinden von Erbrechen und
einer Verbesserung der Körperkondition führen
kann (Lecoindre & Biourge, 2005).
Die Wirksamkeit der diätetischen Behandlung
erklärt sich ohne Zweifel auch durch die Wahl
qualitativ hochwertiger Proteine, deren
hohe Verdaulichkeit die Menge unverdauter
Proteine im Dickdarm reduziert und damit
die Population der für die Bildung von Toxinen
verantwortlichen, Fäulnis bildenden Bakterienflora
reduziert.
Die interessantesten Fettquellen sind
die Pflanzenöle, Geflügelfett und Fischöl. Fischöl
bietet zusätzlich den Vorteil eines hohen Anteils
langkettiger Omega-3-Fettsäuren - Eicosapentaensäure (EPA) und Dokosahexaensäure (DHA) -,
die aufgrund ihrer entzündungshemmenden
Eigenschaften günstige Wirkungen haben
können.
Bei Hunden mit chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen können Probiotika und
Präbiotika eingesetzt werden. Zahlreiche
praktische Tierärzte verordnen heute Joghurt
und andere Formen von Probiotika, ohne dass die
klinischen Vorteile bei Hunden mit chronisch
entzündlichen Darmerkrankungen vollständig
evaluiert sind. Beim Menschen werden Probiotika
und Präbiotika erfolgreich als unterstützende
Maßnahme bei chronisch-entzündlichen
Darmerkrankungen eingesetzt (Willard et al.,
1994; Zentek et al., 2002; Guilford & Matz,
2003).
> Proteinverlustenteropathie
TABELLE 25 - URSACHEN DER PROTEINVERLUSTENTEROPATHIE
Primär
Lymphangiektasie
Sekundär
intestinal
generalisiert
© Y. Lanceau
Mit dem Begriff “Proteinverlustenteropathie” wird eine Darmerkrankung beschrieben, die mit einem
hochgradigen Verlust an Plasmaproteinen über den Darm einhergeht. Wird die Proteinsynthesekapazität
der Leber überschritten, fallen die Serumspiegel der Proteine (Albumin und Globuline). Klinisch und
diagnostisch kann sich diese Situation als sehr verwirrend darstellen, wenn gleichzeitig eine Proteinmalabsorption vorliegt. Eine Reduzierung der zirkulierenden Proteinmenge, insbesondere des Albumins,
hat eine Absenkung des onkotischen Drucks im Plasma zur Folge.
Ist die Hypoproteinämie entsprechend hochgradig (Albumin < 15 g/L), entstehen klinische Folgen wie
Aszites, subkutane Ödeme, Darmwandödeme usw.
Die Ursachen der Proteinverlustenteropathie werden in Tabelle 25 zusammengefasst. Die drei wichtigsten Erkrankungen sind die chronisch entzündliche Darmerkrankung, die Lymphomatose und die Lymphangiektasie. Beschrieben wird eine Proteinverlustenteropathie auch im Zusammenhang mit Läsionen
der Darmkrypten, die weder mit Anzeichen einer Lymphangiektasie, noch einer Entzündung in der
Mehrzahl der Fälle einhergehen (Willard et al., 2000). Die Ätiologie dieser Läsionen ist unbekannt.
Yorkshire Terrier, Soft Coated
Wheaten Terrier und Rottweiler
sind prädisponiert für eine
Lymphangiektasie.
Venöse Hypertonie; z.B.: Rechtsherzinsuffizienz,
Leberzirrhose
Infektiös
Parvovirose, Salmonellose
Strukturell
Intussuszeption
Neoplasie
Lymphom
Entzündung
Lymphozytär-plasmazelluläre Enteritis
ChronischEosinophile Enteritis
entzündliche
Darmerkrankung Granulomatöse Enteritis
Endoparasitose
Giardiose, (Ankylostomatose)
Gastrointestinale Hämorrhagie
Leberinsuffizienz, Neoplasie, Ulzeration
127
Verdauung
6 - Erkrankungen des Dünndarms, die Diarrhoe hervorrufen
DIÄTETISCHE BEHANDLUNG CHRONISCH-ENTZÜNDLICHER DARMERKRANKUNGEN
7 - Erkrankungen des Dickdarms, die zu Diarrhoe führen
Verdauung
Die Reaktion auf antibakterielle und immunsuppressive Behandlungsmaßnahmen ist unterschiedlich, und bei einigen Hunden kommt es zu
einer plötzlichen Verschlechterung des Zustands. Betroffene Hunde könDie diätetische Behandlung erkrankter Hunde basiert auf der Gabe
nen an einer thromboembolischen Störung sterben, obgleich die Mangelvon Futtermitteln mit geringem Fettgehalt, die geeignet scheinen,
ernährung zweifellos das Hauptproblem darstellt.
der Pathophysiologie einer Lymphangiektasie entgegenzuwirken.
Die intestinale Lymphangiektasie ist gekennzeichnet durch eine abnorme
Parallel muss jedoch auf eine ausreichende Versorgung mit
Dilatation und Dysfunktion der Lymphgefäße in der Schleimhaut und in
essenziellen Fettsäuren, in erster Linie Linolsäure, geachtet werden.
der Submukosa der Darmwand. Es kann sich um einen primären Zustand
Früher wurden mittelkettige Triglyzeride empfohlen, da diese auf
handeln (lokale oder generalisierte lymphatische Anomalie) oder aber um
direktem Weg in den Portalkreislauf absorbiert werden und damit
die sekundäre Folge einer Lymphgefäßobstruktion. Diese Art der Obstrukdas lymphatische System im Sinne eines Kurzschlusses umgehen.
tion kann sich in der Darmwand selbst entwickeln (neoplastische InfiltraNeuere Untersuchungen haben jedoch nahe gelegt, dass
tion, Entzündung oder Fibrose) oder auf systemischer Ebene (Rechtsherzdiese Gruppe von Lipiden auch auf lymphatischem Weg absorbiert
insuffizienz, Obstruktion der Vena cava oder Lebererkrankung). Die Dilawird. Zudem können mittelkettige Fettsäuren in erhöhter Dosierung
tation der Lymphgefäße geht einher mit einer intestinalen Exsudation proErbrechen und Diarrhoe auslösen. Ihre Verordnung wird deshalb
teinreicher Lymphflüssigkeit und einer hochgradigen Fettmalabsorption.
heute zunehmend in Frage gestellt.
Eine hochgradige Hypoproteinämie oder schwere Lymphabflussstörungen
Empfohlen werden dagegen Supplemente fettlöslicher Vitamine.
äußern sich klinisch als Aszites, subkutane Ödeme und Chylothorax.
Einige Berichte beschreiben zudem die Vorteile von
Die Behandlung der sekundären Lymphangiektasie umfasst nach MögGlutaminsupplementen (Willard et al., 1994 ; Zentek et al., 2002 ;
lichkeit eine Korrektur der zugrunde liegenden Ursache, also zum Beispiel
Guilford & Matz, 2003).
einer Rechtsherzinsuffizienz. Bei der primären Lymphangiektasie ist die
Behandlung symptomatischer Natur und zielt gewöhnlich auf eine allgemeine Unterstützung des Patienten ab. Ziel ist also eine Reduzierung der intestinalen Proteinverluste
(siehe nächste Seite), eine Behandlung der assoziierten Entzündung und die Kontrolle von Ödemen oder
Ergüssen. Eine Behandlung mit Glukokortikoiden kann sich in einigen Fällen als hilfreich erweisen, insbesondere, wenn es sich um die sekundäre Folge einer entzündlichen Ursache handelt, zum Beispiel einer
chronisch-entzündlichen Darmerkrankung. Eine unterstützende Therapie mit Metronidazol oder Tylosin kann ebenfalls sinnvoll sein. Zur Behandlung von Ergüssen sind schließlich Diuretika angezeigt, wobei
die Präferenz bei Kombinationen von diuretischen Wirkstoffen liegen sollte, wie zum Beispiel Furosemid
und Spironolacton. Bei stark ausgeprägter Hypoproteinämie kann auch die intravenöse Applikation von
Plasma oder kolloidalen Lösungen hilfreich sein. In den meisten Fällen muss eine vorsichtige Prognose
gestellt werden, und oft sprechen die Patienten nur mäßig auf die Behandlung an.
DIÄTETISCHE BEHANDLUNG BEI LYMPHANGIEKTASIE
TABELLE 26 - ERKRANKUNGEN
DES DICKDARMS MIT
CHRONISCHER DIARRHOE
Unerwünschte Reaktionen auf Futtermittel
- Futtermittelunverträglichkeit
- Futtermittelüberempfindlichkeit (Allergie)
Stress-assoziierte Kolitis
Auf Fasern ansprechende Kolitis
C. perfringens-assoziierte Kolitis
Chronisch-entzündliche Darmerkrankung
- Lymphozytär-plasmazelluläre Kolitis
- Eosinophile Kolitis
- Granulomatöse Kolitis?
- Histiozytäre ulzeröse Kolitis
Tumoren des Dickdarms
- Rektalpolypen (adenomatös)
- Adenokarzinom
- Tumoren der glatten Muskulatur
Darminvagination
etc.
128
7 - Erkrankungen des Dickdarms,
die zu Diarrhoe führen
Die wichtigsten Dickdarmerkrankungen sind in Tabelle 26 zusammengefasst. Unerwünschte Reaktionen auf Futtermittel und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen können auch den Dickdarm betreffen und äußern sich klinisch als Hämatochezie, Tenesmus oder Schleimbeimengungen im Kot. Die
Pathogenese und die Behandlung dieser Erkrankungen sind analog zu den oben diskutierten. Gelegentlich wird ein entzündungshemmendes Medikament, Sulfasalazin, eingesetzt. Eine Modifikation des Fasergehalts der Nahrung kann vorteilhaft sein (siehe unten). Andere häufiger auftretende Enteropathien des
Dickdarms sind die idiopathische Kolitis, die Stress-assoziierte Kolitis (Colon irritabile-Syndrom), die auf
Fasern ansprechende Kolitis und die Clostridium perfringens-assoziierte Kolitis.
Stress-assoziierte Kolitis (Colon irritabile-Syndrom)
Bei der Stress-assoziierten Kolitis handelt es sich um eine Erkrankung mit Analogien zum Reizdarmsyndrom (Colon irritabile) des Menschen. Sie ist gekennzeichnet durch eine intermittierende Diarrhoe, häufig mukoider Natur, mit Defäkationszwang, gelegentlichem Erbrechen, Tenesmus und Hämatochezie. In
einigen Fällen werden Borborygmus, Flatulenz, eine Auftreibung des Abdomens und abdominale
Schmerzen beschrieben. Besonders häufig betroffen sind nervöse und hyperaktive Hunde, wie verschiedene Toyrassen oder Arbeitshunde. Über die Ätiopathogenese ist nur wenig bekannt, es gibt aber einige Hypothesen:
- Primäre Störung der Darmmotilität,
- Individuell verstärkte Rezeptorsensitivität bei Darmerweiterung/-motilität,
- Psychogene Faktoren,
- Nicht diagnostizierte organische Erkrankung.
Clostridium perfringens-assoziierte Kolitis
Die Existenz dieser Erkrankung ist umstritten, und zahlreiche Gastroenterologen diskutieren
ihre möglichen Ursachen und die Pathogenese. C. perfringens kann ein “normaler” Bewohner des
Hundedickdarms sein, und der Nachweis dieses Keims in der Kotkultur ist keineswegs außergewöhnlich.
Die mit der Freisetzung von Endotoxine einhergehende Sporenbildung führt nicht notwendigerweise zu
klinischen Symptomen. Früher gab es die Hypothese, dass der Nachweis Sporen bildender Mikroorganismen in einem Kotabstrich oder bei der rektalen Zytologie eine diagnostische Aussagekraft besitzt. Sporen und Endotoxin wurden jedoch sowohl bei gesunden Hunden als auch bei Hunden mit klinischen
Symptomen nachgewiesen (Marks et al., 1999). Während einige wenige Endosporen (maximal 8 bis 10
pro mikroskopischem Sichtfeld bei hoher Vergrößerung) die Erkrankung nicht bestätigen, könnte eine
höhere Anzahl durchaus diagnostische Hinweise geben. Die kommerziellen Tests zum Nachweis von
Enterotoxin A oder B von C. perfringens (CPA, CPB) sind die Methode der Wahl für die Diagnose.
Die Erkrankung manifestiert sich vorwiegend bei Hunden, die in der Gruppe leben. Empfindliche Individuen können wiederholte Schübe einer akuten Enteropathie oder aber persistierende klinische Symptome entwickeln. Die Behandlung besteht gewöhnlich aus der Gabe von Antibiotika, gegen die der Erreger empfindlich ist (Ampicillin, Metronidazol). Mehrere oder lang andauernde Behandlungszyklen können sich als notwendig erweisen. Eine Erhöhung des Faseranteils der Nahrung ist ebenfalls von Vorteil.
Möglich ist, dass eine Verbindung zwischen dieser Erkrankung und dem auf Fasern ansprechenden Kolitissyndrom besteht (siehe oben).
DIÄTETISCHE BEHANDLUNG DER MIT DIARRHOE EINHERGEHENDEN ERKRANKUNGEN DES DICKDARMS
Die diätetische Behandlung der Dickdarmdiarrhoe richtet sich nach der zugrunde
liegenden Ursache. Initial wird eine Testdiät über
einen Zeitraum von 2 bis 6 Wochen in mehreren
kleinen Mahlzeiten verabreicht. Dabei kann es
sich um ein kommerzielles Produkt oder aber um
eine selbst zubereitete Nahrung auf folgender
Basis handeln:
- Schwach allergene Proteine: Fleisch (Huhn),
Fisch, laktosearme Milchprodukte (Hüttenkäse)
oder Proteinhydrolysate
- Hochverdauliche Kohlenhydratquellen: Reis,
Kartoffeln oder Tapioka.
Die Langzeittherapie von Erkrankungen des
Dickdarms basiert auf drei Prinzipien der diätetischen Behandlung, die in verschiedenen
Kombinationen angewendet werden können:
- Regulierung der gestörten Motilität
- Beeinflussung der Zusammensetzung und
der Stoffwechselaktivität der gastrointestinalen
Mikroflora
- Hypoallergene Nahrung bei Verdacht auf
eine Allergie oder Überempfindlichkeit.
Die Beeinflussung der Motilität erfolgt entweder
durch eine generelle Erhöhung des diätetischen
Faseranteils oder durch gezielten Zusatz von
Fasern unterschiedlicher Natur, also unlöslicher
und löslicher Fasern. Geeignete Quellen
unlöslicher Fasern sind Weizenkleie, Haferkleie
oder Zellulose. Bei guter Verträglichkeit können
diese Fasern einen regulatorischen Effekt auf
die Peristaltik und die Passagezeit haben.
Die Steigerung des Anteils unlöslicher Fasern
hat darüber hinaus eine Erhöhung der
Trockensubstanz und des Volumens der Fäzes
zur Folge. Bestimmte lösliche, aber nichtfermentierbare Fasern mit der Fähigkeit, Wasser
zu speichern, verbessern die Kotqualität. Zu
nennen sind hier in erster Linie Psyllium und
Ispaghula (Plantago ovata), die das Kotvolumen
erhöhen. Die Zusammensetzung der Darmflora
und ihre Stoffwechselaktivität können mit Hilfe
fermentierbarer Fasern beeinflusst werden.
Die bakterielle Flora des Dickdarms baut diese
Fasern ab und bildet dabei kurzkettige
organische Säuren wie Milchsäure, Essigsäure,
Propionsäure und Buttersäure. Diese Säuren
sorgen für eine Absenkung des intestinalen
pH-Wertes, was wiederum Auswirkungen auf
die Stoffwechselaktivität der Darmflora hat.
Buttersäure, eines der Hauptprodukte
der bakteriellen Fermentation, wird direkt von
den Kolonozyten verwertet und besitzt darüber
hinaus antiinflammatorische Eigenschaften.
Zuckerrübentrockenschnitzel sind ein Beispiel
für oft in kommerziellen Fertigfuttermitteln
eingesetzte, moderat fermentierbare Fasern.
Zahlreiche Patienten mit chronischer Kolitis
sprechen gut auf eine hypoallergene Ernährung
an. Die zugrunde liegenden Mechanismen
ähneln denen bei der Futtermittelallergie
beschriebenen (siehe oben) (Willard et al.,
1994; Zentek et al., 2002; Guilford & Matz, 2003).
129
Verdauung
Aus rechtlichen Gründen wird auf der
Verpackung von Hundenahrung nur
der Gehalt an Rohfaser angegeben.
Auf diese Weise wird jedoch der
tatsächliche Fasergehalt des Produktes
bei weitem unterschätzt, insbesondere,
wenn es sich um Rohmaterialien mit
einem hohen Anteil an löslichen Fasern
handelt. Der Gesamtfasergehalt ist
entweder in der Produktbeschreibung
angegeben oder kann direkt
beim Hersteller in Erfahrung
gebracht werden.
7 - Erkrankungen des Dickdarms, die zu Diarrhoe führen
Einen spezifischen Test für die Diagnose der Stress-assoziierten Kolitis gibt es nicht. Die Diagnose erfolgt
deshalb unter Berücksichtigung der klinischen Symptomatik und nach Ausschluss sämtlicher organischer
Erkrankungen. Die Behandlung umfasst in erster Linie die Vermeidung stressreicher Ereignisse, wenn
dies möglich ist, so wie eine Verhaltenstherapie und in bestimmten Fällen eine medikamentöse Behandlung (Anticholinergika, Sedativa und Spasmolytika, zum Beispiel Hyoscin, Diltiazem oder Pfefferminzöl).
Beschrieben wird darüber hinaus ein auf diätetische Fasern ansprechendes Kolitissyndrom (Leib et al.,
2000). Über die Ätiopathogenese dieser Erkrankung ist nur wenig bekannt, Parallelen zur Stress-assoziierten Kolitis (siehe oben) sind jedoch nicht auszuschließen. Wie der Name dieses Syndroms vermuten
lässt, besteht die Behandlung in erster Linie aus einer Erhöhung des Faseranteils der Ration (> 8 % Rohfaser oder 15 % Gesamtfasern in der Trockenmasse). Das Testen verschiedener Quellen löslicher und
unlöslicher Fasern kann sich bei diesen Patienten als sinnvoll erweisen.
8 - Chronische Enteropathien mit Obstipation
Verdauung
8 - Chronische Enteropathien
mit Obstipation
Obstipation wird definiert als eine verzögerte Kotentleerung mit verändertem Defäkationsrhythmus und
übermäßig trockenem oder hartem Kot. Begleitet wird sie häufig von einer Dyschezie (schmerzhafte oder
gestörte Defäkation). Die Ursachen der Obstipation sind in Tabelle 27 zusammengefasst.
TABELLE 27 - ERKRANKUNGEN DES DICKDARMS
MIT CHRONISCHER OBSTIPATION
• Ernährung und Umweltfaktoren
- Nahrung: faserarme Nahrung, Aufnahme von Knochen
oder Fremdkörpern
- Bewegungsmangel
- Veränderungen der gewohnten Umwelt
- Stationärer Aufenthalt
• Schmerzhafte Defäkation
- Anorektale Erkrankung: Sacculitis und Analbeutelabszess,
Perianalfistel, rektaler Fremdkörper
- Trauma: Fraktur des Beckens oder einer Beckengliedmaße,
Dislokation des Hüftgelenks (Beugung unmöglich)
• Mechanische Obstruktion
- Extraluminal: Kallusbildung nach Beckenfraktur,
Prostatahypertrophie, Tumor im Beckenbereich
- Intraluminal: Rektumtumor, Perinealhernie
• Neuromuskuläre Erkrankung
- Zentralnervensystem: Paraplegie, Cauda equina-Syndrom
- Intrinsische Dysfunktion: idiopathisches Megakolon,
Dysautonomie
• Metabolische und endokrine Störungen,
die die Funktion der Dickdarmmuskulatur beeinträchtigen, z. B.:
- Hypothyreose
- Diabetes mellitus
- Hypokaliämie ?
Die chronische Obstipation entsteht bei lang anhaltender Kotverhaltung. Die
Unfähigkeit, Kot abzusetzen, führt zur Bildung zunehmend harter und trockener
Fäzes. Die Defäkation wird zunehmend schwierig und schließlich aufgrund von
sekundären degenerativen Veränderungen der Dickdarmmuskulatur praktisch
unmöglich.
Megakolon ist ein deskriptiver Begriff für eine generalisierte und persistierende
Vergrößerung des Kolondurchmessers. Ein Megakolon kann angeboren oder
erworben sein. Erworbene Fälle sind die sekundäre Folge von Störungen des Flüssigkeits- und/oder Elektrolythaushaltes (insbesondere Hypokaliämie), Problemen
der Ernährung (ballaststoffarme Nahrung, Aufnahme von Fremdkörpern), einer
schmerzhaften Defäkation, neuromuskulärer Störungen oder einer Obstruktion
des Kolons.
Eine lokale Obstruktion des Kolons entsteht gewöhnlich infolge einer Anschoppung einer Mischung aus Fäzes, Haaren, Knochen usw. Bei wiederholter lokaler
Obstruktion kann schließlich ein sekundäres Megakolon oder eine sekundäre
chronische Obstipation entstehen. Das klinische Hauptsymptom der Obstipation
ist ein Tenesmus ani mit zahlreichen erfolglosen Defäkationsversuchen. Gelegentlich setzen die betroffenen Hunde geringe Mengen flüssigen Kotes ab, was die
Besitzer dann zur Annahme veranlasst, ihr Hund leide unter Diarrhoe. Weitere
Symptome sind insbesondere Erbrechen und Dyschezie.
Diagnose und Behandlung
Die Diagnose einer Obstipation verlangt zunächst die Bestätigung, dass der
Dickdarm tatsächlich das betroffene Organ ist, indem man andere potenzielle
Tenesmusursachen (Erkrankung der Harnwege) ausschließt. Eine Anschoppung
• Schlechter Allgemeinzustand, zu einem schwachen
von Fäzes im Dickdarm kann bei der klinischen Untersuchung durch abdominale
Muskeltonus und Dehydratation führend
und rektale Palpation bestätigt werden. Diese Untersuchungen ermöglichen zudem
eine Differenzierung zwischen Obstipation und Kolitis als Tenesmusursache. Röntgenaufnahmen bestätigen die Diagnose und lassen unter Umständen prädisponierende Faktoren erkennen, wie zum Beispiel eine Verengung des Beckenkanals infolge einer kranialen
Beckenfraktur. Weitere diagnostische Maßnahmen, wie zum Beispiel Labortests, sind notwendig, um Stoffwechselerkrankungen als potenziell zugrunde liegende Ursachen auszuschließen bzw. zu bestätigen.
Die Behandlung besteht in erster Linie aus der Korrektur der zugrunde liegenden Ursache, zum Beispiel
der Behandlung einer Perinealhernie. Die medikamentösen Behandlungsoptionen sind in Tabelle 28
zusammengefasst. Hat sich ein Megakolon entwickelt, kann eine chirurgische Behandlung, wie zum Beispiel eine subtotale Kolektomie, erforderlich sein.
TABELLE 28 - MEDIKAMENTÖSE BEHANDLUNG DER OBSTIPATION
Laxanzien
Osmotisch
wirksam
Laktulose
130
Oberflächen
modifizierend
Docusate
Natriumzitrat
Gleitmittel
Dickflüssiges
Paraffin
Paraffinöl
Stimulanzien
Rizinusöl
Glycerol
Danthrone
Poloxamer
Klysmen/
Sanfte manuelle
Darmreinigung Entleerung unter
Warmes Wasser Allgemeinanästhesie
(Seifenlösung)
Docusate
Phosphate
Prokinetische
Medikamente?
Cisaprid ?
Tegaserod ?
Ranitidin ?
Prävention von Rezidiven
• Richtige Ernährung
•Lösliche Fasern
- Ispaghula
- Psyllium
- Sterculia
- Haferkleie
• Vermeidung von Knochen
Einige Patienten mit Obstipation sprechen gut auf eine Erhöhung des Fasergehalts der Ration an. Die
Faserquellen müssen dabei im Einzelfall nach ihren physiologischen Eigenschaften ausgewählt werden.
• Unlösliche diätetische Fasern wie Zellulose steigern das Volumen des Darminhaltes und unterstützen
die Regulierung der Darmpassage. Neben ihren Effekten auf die Motilität besitzen unlösliche Fasern
eine gewisse mechanische Fähigkeit, nicht
absorbierte Flüssigkeit zu binden. Aufgrund
DIE ZUSAMMENSETZUNG EINER SELBST ZUBEREITETEN RATION
dieser Eigenschaft kann die Kotqualität bei
RICHTET SICH NACH DER ART DER VORHERRSCHENDEN VERDAUUNGSPROBLEME
Hunden mit Störungen im Bereich des
Schluckstörungen: Ration mit hoher EnergiekonUnverträglichkeitsreaktion oder Futtermittelallergie)
Kolons bzw. Dickdarms durch Anreichezentration,
reich
an
Fett,
angepasst
an
kachektische
ist eine hypoallergene Nahrung die beste
rung der Nahrung mit geringen Mengen
Zustände (siehe Ernährungsempfehlungen am Ende
Alternative (siehe Ernährungsempfehlungen
unlöslicher Fasern verbessert werden. Ein
des Kapitels 13).
am Ende des Kapitels 2).
Nachteil dieser diätetischen Strategie liegt
Magendarmerkrankungen: Derselbe Typ Nahrung Erkrankung des Kolons/Dickdarms:
in der Absenkung der allgemeinen Verdauwie oben, außer bei Patienten mit Fettunverträglichkeit.
Obgleich zahlreiche Patienten mit chronischer Kolitis
In diesem Fall orientiert man sich eher in Richtung
gut auf eine hypoallergene Ernährung ansprechen,
lichkeit der Ration. Die Konzentration
einer
Ration
mit
moderatem
Fettanteil,
angepasst
an
gehen Störungen der Darmpassage gelegentlich
unlöslicher Fasern in der Nahrung muss deseine Hyperlipidämie (siehe Ernährungsempfehlungen
auch durch eine deutliche Steigerung des
halb limitiert werden. Zudem steigert eine
am Ende des Kapitels 7). In bestimmten Fällen
Fasergehalts der Ration zurück (siehe
übermäßige Supplementierung mit unlösErnährungsempfehlungen am Ende des Kapitels 1).
(Steigerung der Darmpermea-bilität,
lichen Fasern das Risiko einer Obstipation.
chronisch-entzündliche Darmerkrankung,
• Andere Fasertypen mit höherer Löslichkeit sind gut geeignet für Hunde mit Störungen im Bereich des Kolons. Zuckerrü-bentrockenschnitzel,
Pektin aus Karotten oder Früchten, Gummi arabicum oder Psyllium haben eine andere Struktur als Zellulose und können (mit Ausnahme von Psyllium) von den Darmbakterien leicht fermentiert werden.
Die Erhöhung des Gehalts an löslichen diätetischen Fasern führt zu einer Erhöhung des Feuchtigkeitsgehaltes der Fäzes. Werden der Nahrung jedoch zu viele Fasern dieses Typs beigemischt, besteht das Risiko einer Verschlechterung der Kotqualität.
• Die durch die Aufnahme fermentierbarer Fasern eingeleiteten mikrobiellen Abbauprozesse haben
einen erheblichen Einfluss auf das Kolonmilieu, da sie als Nebenprodukte des bakteriellen Stoffwechsels
organische Säuren freisetzen, die den pH-Wert im Dickdarm tendenziell herabsetzen. Die von den Bakterien freigesetzten kurzkettigen Fettsäuren können zum Teil von der Kolonschleimhaut verwertet werden. Eine Verbesserung der Versorgung mit Buttersäure hat vorteilhafte Effekte bei Menschen mit Kolitis. Die organischen Säuren können darüber hinaus regulatorische Wirkungen auf die Motilität haben.
Zudem reduziert die Beigabe fermentierbarer diätetischer Fasern die Konzentration bestimmter potenziell pathogener Bakterien im Darm und steigert die Konzentration anderer, als “nützlich” geltender Bakterien.
Die Zugabe moderater Mengen unlöslicher/nicht-fermentierbarer und löslicher/fermentierbarer Fasern
scheint bei vielen Hunden mit chronischen Dickdarmproblemen sehr wirksam zu sein. In der Praxis kann
es sich jedoch als notwendig erweisen, den Fasergehalt der Rationen an die individuelle Verträglichkeit
und die spezifische klinische Situation des Hundes anzupassen. In hochgradigen Fällen einer Obstipation
oder Kotverhaltung sind die laxierenden Wirkungen löslicher Fasern eine interessante therapeutische
Zusatzoption. Bei diesen Hunden können auch fermentierbare Kohlenhydrate wie Laktulose oder Laktose eingesetzt werden. Auch hier muss die Dosierung wiederum individuell angepasst werden, um eine
moderate Erhöhung des Feuchtigkeitsgehalts der Fäzes zu erreichen. Der Kot-pH-Wert fällt normalerweise von Werten über pH 7 auf einen Wert von ca. 6,5. In Fällen, in denen der Besitzer selbst zubereitete Nahrung bevorzugt, eignet sich unter anderem Weizenkleie, um den Fasergehalt der Ration zu erhöhen und die Darmmotilität zu regulieren. Leber, Milch und Milchprodukte haben laxierende Eigenschaften (Willard et al., 1994; Zentek et al., 2002; Guilford & Matz, 2003).
131
Verdauung
Dysfunktionen des Kolons bzw. des Dickdarms können zahlreiche verschiedene Ätiologien zugrunde liegen. Die diätetische Behandlung umfasst eine Restriktion von Nahrungsallergenen, wie dies auch für die
Behandlung allergischer Hunde beschrieben wird, und den Zusatz von Nahrungsbestandteilen, die zur
Modifikation der Darmmotilität beitragen. Die Zusammensetzung der Nahrung ist darüber hinaus ein
wichtiges Element, das die Wasserbindungskapazität der im Kolon anflutenden unverdauten Nahrungsbestandteile bestimmt.
8 - Chronische Enteropathien mit Obstipation
Diätetische Behandlung von Dickdarmerkrankungen,
insbesondere Obstipation, chronische Obstipation
und Kolonobstruktion
Häufig gestellte Fragen
Verdauung
Häufig gestellte Fragen zur Ernährung bei Verdauungsstörungen
F
A
Ich würde gern einen diätetischen
Eliminationstest (Eliminationsdiät)
durchführen. Soll ich dafür
eher selbst zubereitete Rationen
oder ein speziell formuliertes
kommerzielles Produkt verwenden?
Bei einem zu Hause selbst zubereiteten Futter ist die Liste der Zutaten genau bekannt, und eventuelle
Zusätze sind sicher auszuschließen. Allerdings fehlt es dieser Form der Nahrung nicht selten an der notwendigen Ausgewogenheit, so dass sie für eine länger andauernde Fütterung nicht geeignet ist. Zudem
nimmt die Zubereitung sehr viel Zeit in Anspruch, die Zusammensetzung der Mahlzeiten kann signifikant variieren, und selbst zubereitete Rationen erweisen sich oft als ebenso kostspielig wie kommerzielle Spezialfuttermittel. Ein kommerzielles hypoallergenes Futtermittel hat darüber hinaus den Vorteil, dass
es sowohl zu diagnostischen Zwecken als auch für die spätere Behandlung eingesetzt werden kann.
Ich würde gern einen diätetischen
Eliminationstest (Eliminationsdiät)
durchführen. Welches Futtermittel
sollte ich vorzugsweise verordnen
und über welchen Zeitraum?
Ich möchte ein Fasersupplement
bei einem Hund mit chronischer
Diarrhoe verordnen.
Wie mache ich das?
In der Ernährung und in der klinischen Diätetik gibt es kein Allheilmittel. Die Wahl des Futters bzw.
der Diät muss stets individuell an den jeweiligen Hund angepasst werden. Die übliche Nahrung des
Patienten muss berücksichtigt werden, um die am besten geeigneten Zutaten zu bestimmen. Eine klassische Eliminationsdiät setzt sich aus einer einzigen Proteinquelle - Huhn, Soja, Fisch, Wild, Ente - und
einer einzigen Kohlenhydratquelle - Reis, Mais, Tapioka, Kartoffeln - zusammen. In Eliminationsdiäten für Hunde werden oft Fischproteine eingesetzt, da diese im Unterschied zur Ernährung der Katze in
der üblichen Hundeernährung kaum eine Rolle spielen. Rationen auf der Basis hydrolysierter Geflügelfleisch- oder Sojaproteine sind ebenfalls erhältlich. Hydrolysierte Proteine sind hoch verdaulich und
senken das Allergierisiko erheblich.
Der Zeitraum bis zum Wirkungseintritt einer Eliminationsdiät kann sehr unterschiedlich sein. Bei
gastrointestinalen Symptomen zeigt die klinische Erfahrung, dass eine Reaktion in den meisten Fällen
innerhalb von zwei Wochen zu erwarten ist. Die mittlere empfohlene Dauer eines Eliminationstests
beträgt jedoch drei bis vier Wochen. Über diesen Zeitraum hinaus werden die meisten Besitzer ein Persistieren des Erbrechens und/oder der Diarrhoe nicht tolerieren. Nicht selten muss die Diät jedoch bis
zu 12 Wochen durchgehalten werden, um eine echte klinische Remission zu erreichen.
Es gibt zwei unterschiedliche Vorgehensweisen: Die vollständige Umstellung der Ernährung auf ein
kommerzielles, bereits mit Fasern angereichertes Fertigfutter oder den Zusatz von Fasern zur üblichen
Nahrung des Hundes. Beide Methoden haben gewisse Vorteile, und die zweite kann vor allem in schwierigen Fällen getestet werden. Der beste Weg besteht jedoch darin, zunächst mit einer Eliminationsdiät
zu beginnen, denn zahlreiche Hunde mit chronischen Verdauungsproblemen leiden in der Tat unter
Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen. Spricht der Patient auf diese Maßnahme nicht zufrieden stellend an, kann ein Fasersupplement (z. B. Psyllium) verabreicht werden, um den Einfluss zugesetzter
Fasern zu untersuchen.
Hunde mit chronisch-entzündlichen Verdauungsproblemen weisen oft eine erhöhte Permeabilität der
Darmschleimhaut auf. Wird in diesem Stadium ein neues Protein aufgenommen, so besteht das Risiko
der Entwicklung einer Überempfindlichkeitsreaktion auf dieses neue Protein. Dieses wird dann als
“Opferprotein” bezeichnet.
Was ist ein "Opferprotein"?
Soll ich diesen Weg einschlagen?
Durch die hintereinander folgende Aufnahme zweier unterschiedlicher Proteinquellen lässt sich das
Risiko der Entwicklung einer Überempfindlichkeitsreaktion auf die zur Langzeitkontrolle der klinischen
Symptome vorgesehene Nahrung vermeiden. Wählt man eine neue Proteinquelle für die Langzeitfütterung, sobald die Entzündung abgeklungen ist, so ist dies eine gute Vorsichtsmaßnahme mit höherer
Anwendungssicherheit.
Diese Vorgehensweise gründet sich jedoch nicht auf fundierte wissenschaftliche oder klinische Studien,
und es muss nur sehr selten - eigentlich nie - darauf zurückgegriffen werden. Die heute überall verfügbaren kommerziellen hypoallergenen Futtermittel auf der Basis hydrolysierter Proteine dürften das
Interesse an dieser Methode noch weiter zurückdrängen (Mandigers & Biourge, 2004).
Wie ernähre ich einen Hund
mit chronisch entzündlicher
Darmerkrankung, der bereits 30 %
seines Körpergewichts verloren hat?
132
Erinnern wir uns zunächst daran, dass ein Hund eher in Bezug zu seinem Idealgewicht und nicht auf
der Grundlage seines tatsächlichen gegenwärtigen Gewichts ernährt werden sollte. Die Energieaufnahme muss in diesem Fall so angepasst (also erhöht) werden, dass eine Zunahme des Körpergewichts
erreicht wird, wobei gleichzeitig die Absorptionsprobleme und der individuelle Nährstoff- und Energiebedarf des Hundes (Aktivitätslevel, Arbeitshund etc.) berücksichtigt werden müssen. Der Hund
muss regelmäßig gewogen werden, um die Energiezufuhr stets dem aktuellen Bedarf anpassen zu
können. In vielen Fällen bedeutet dies eine progrediente Steigerung der Nahrungszufuhr bei adäquater
Fraktionierung der Mahlzeiten. Verträgt der Hund einen relativ hohen diätetischen Fettgehalt, muss
das Gesamtvolumen der Ration nicht allzu sehr erhöht werden.
Baillon ML, Marshall-Jones ZV, Butterwick RF Effect of probiotic Lactobacillus acidophilus strain
DSM 13241 in healthy adult dogs. Am J Vet Res
2004; 65 (3).
Benno Y, Nakao H, Uchida K et al. - Impact of the
advances in age on the gastrointestinal microflora of
beagle dogs. J Vet Med Sci 1992a; 54: 703-706.
Benno Y, Nakao H, Uchida K et al. - Individual
and seasonal variations in the composition of fecal
microflora of beagle dogs. Bifidobact Microfl 1992b;
11: 69-76.
Cave NJ, Guilford WG - A method for in vitro
evaluation of protein hydrolysates for potential
inclusion in veterinary diets. Res Vet Sci 2004;
77: 231-238.
Caywood D, Teague HD, Jackson DA et al. Gastric gas analysis in the canine gastric
dilatation voluvulus syndrome. J Am Anim Hosp
Assoc 1977; 13: 459-462.
Devitt CM, Seim HB, Bonagura JD - Esophageal
feeding tubes. Kirk’s Current Veterinary Therapy
XIII: Small Animal Practice 2000: 597-599.
Dossin O, Semin MO, Raymond I et al. - Soy
hydrolysate in the management of canine IBD:
a preliminary study. Proceedings of the 12th
European Society of Veterinary Internal Medicine
Congress 2002; Munich, Germany: 167.
Garden OA, Pidduck H, Lakhani KH et al. Inheritance of gluten-sensitive enteropathy in Irish
setters. Am J Vet Res 2000; 61: 462-468.
German AJ, Hall EJ, Day MJ - Immune cell
populations within the duodenal mucosa of dogs with
enteropathies. J Vet Inter Med 2001; 15: 14-25.
German AJ, Helps CR, Hall EJ et al. - Cytokine
mRNA expression in mucosal biopsies from German
shepherd dogs with small intestinal enteropathies. Dig
Dis Sci 2000; 45: 7-17.
Glickman, LT, Glickman NW, Perez CM et al. Analysis of risk factors for gastric dilatation and
dilatation-volvulus in dogs. J Am Vet Med Assoc
1994; 204 (9): 1465-1471.
Glickman, LT, Glickman NW, Schellenberg DB
et al. - Non-dietary risk factors for gastric
dilatation-volvulus in large and giant breed dogs.
J Am Vet Med Assoc 2000; 217 (10): 1492-1499.
Guilford WG, Matz ME - The nutritional
management of gastrointestinal tract disorders in
companion animals. NZ Vet J 2003; 51: 284-291.
Lecoindre P, Biourge V - Troubles gastro-intestinaux
et matières grasses alimentaires. Prat Méd Chir
Anim Comp 2005; 40: 13-16.
Leib MS - Treatment of chronic idiopathic large
bowel diarrhea in dogs with a highly digestible diet
and soluble fiber: a retrospective review of 37 cases.
J Vet Intern Med 2000; 14: 27-32.
Mandigers PJ, Biourge V - Efficacy of a soy
hydrolysate based diet in the management of chronic
canine gastroenteritis: A controlled study.
Proceedings of the 8th Meeting of the ESVCN,
Budapest, Hungary, Sept 23-25, 2004, 128-129.
Marks SL, Melli A, Kass PH et al. - Evaluation
of methods to diagnose Clostridium perfringensassociated diarrhea in dogs. J Am Vet Med Assoc
1999; 214: 357-360.
Marks SL - Enteral and parenteral nutritional
support. Textbook of Veterinary Internal Medicine:
Diseases of the Dog and Cat; dietary considerations
of systemic problems; 5th ed: 2000, Ettinger SJ,
Feldman EC (ed): 275-282.
Van Kruiningen HJ, Gregoire K, Meuten DJ Acute gastric dilatation: a review of comparative
aspects, by species, and a study in dogs and
monkeys. J Am Anim Hosp Assoc 1974; 10: 294324.
Warner NS, Van Kruiningen HJ - The incidence of
clostridia in the canine stomach and their relationship
to acute gastric dilatation. J Am Anim Hosp Assoc
1978; 14: 618-623.
Willard MD, Helman G, Fradkin JM et al. Intestinal crypt lesions associated with protein-losing
enteropathy in the dog. J Vet Intern Med 2000;
14(3): 298-307.
Willard MD, Simpson RB, Delles EK et al. - Effects
of dietary supplementation of fructo-oligosaccharides
on small intestinal bacterial overgrowth in dogs. Am
J Vet Res 1994; 55: 654-659.
Zentek J, Hall EJ, German A et al. - Morphology
and immunopathology of the small and large intestine
in dogs with nonspecific dietary sensitivity. J Nutr
2002; 132: 1652S-1654S.
Meyer H, Zentek J - Ernährung des Hundes 2001;
4. Auflage, Parey, Stuttgart.
Mohr AJ, Leisewitz AL, Jacobson LS et al. - Effect
of early enteral nutrition on intestinal permeability,
intestinal protein loss, and outcome in dogs with
severe parvoviral enteritis. J Vet Intern Med 2003;
17: 791-798.
Raghavan M, Glickman N, McCabe G et al. - Diet
related risk factors for gastric dilatation-volvulus in
dogs of high-risk breeds. J Am Anim Hosp Assoc
2004; 40: 192-203.
Rogolsky B, Van Kruiningen HJ - Short-chain fatty
acids and bacterial fermentation in the normal canine
stomach and in acute gastric dilatation. J Am Anim
Hosp Assoc 1978; 14: 504-515.
Sanderson S, Bartges JW, Bonagura JD Management of anorexia. Kirk’s Current Veterinary
Therapy XIII: Small Animal Practice 2000: 69-74.
Sigalet DL, Winkelaar GB, Smith LJ Determination of the route of medium-chain and
long-chain fatty acid absorption by direct
measurement in the rat. J Parent Ent Nutr
1997; 21: 275.
Theyse LF, Van de Brom WE, Van Sluijs FJ - Small
size of food particles and age as risk factors for gastric
dilatation volvulus in Great Danes. Vet Rec 1998;
143: 48-50.
133
Verdauung
Literatur
Literatur
Verdauung
Diätetische Informationen von Royal Canin
© Lanceau
Hunde brachyzephaler Rassen (z. B. Bulldogge)
sind bekannt für häufige Regurgitationen.
Die Ursache liegt in zwei anatomischen Merkmalen:
Die Speiseröhre verläuft nicht gerade, sondern leicht
sinusartig gebogen, und die Kardia ist bei
diesen Rassen häufig atonisch. Die abdominalen
Kompressionen im Zusammenhang
mit inspiratorischen Anstrengungen begünstigen
ebenfalls einen gastroösophagealen Reflux.
Schlüsselpunkte
zum Thema:
Dysphagie
Der Begriff Dysphagie beschreibt
eine Störung des Schluckaktes. Orale
Dysphagien äußern sich durch eine
Unfähigkeit, feste Nahrungsbestandteile oder Flüssigkeit aufzunehmen
oder den Futterbolus in Richtung
Pharynx zu transportieren. Im Unterschied zu den oralen Dys-phagien
stellen sich die pharyngealen und
ösophagealen Dysphagien klinisch
meist durch Regurgitation und
Ptyalismus dar.
Der Begriff Regurgitation bezeichnet
den spontanen oder provozierten,
ohne Kontraktion des Abdomens
stattfindenden Auswurf gekauter
und mit Speichel überzogener Nah-
rung. Das regurgitierte Material ist
nur selten hämorrhagisch und hat
niemals Gallebeimengungen. Regurgitationen treten meist sehr zeitnah
zu den Mahlzeiten auf, bei einigen
Erkrankungen der Speiseröhre jedoch auch verzögert.
Die diätetischen Maßnahmen sind
entscheidend. In einigen Fällen
wird der Tierarzt mit einer fortgeschrittenen Fehl- bzw.- Unterernährung konfrontiert. Bei diesen
Patienten kann eine enterale oder
parenterale Ernährung in Betracht
gezogen werden. Ist eine spontane Nahrungsaufnahme möglich,
müssen hoch verdauliche Futtermittel in ausreichend flüssiger
Konsistenz erhöht angeboten
werden, damit die Schwerkraft
die Passage des Futterbolus bis
zum Magen unterstützen kann.
In jedem Fall muss eine ätiologische
Diagnose gestellt werden, da die
Erkrankung der Speiseröhre Teil des
klinischen Bildes einer systemischen
Erkrankung sein kann. Die Behandlung der Dysphagie ist dennoch
häufig symptomatischer Natur und
umfasst diätetische Maßnahmen,
kombiniert mit einer spezifischen
Medikation.
Schlüsselpunkte
zum Thema:
Chronische Diarrhoe
Die wissenschaftliche Definition der
Diarrhoe basiert auf einer Steigerung
des Flüssigkeitsgehaltes und des Volumens der Fäzes einschließlich einer
Steigerung der Defäkationsfrequenz.
Diarrhoe ist das häufigste und beständigste klinische Symptom von
Darmerkrankungen beim Hund, obgleich auch zahlreiche extraintestina-
134
le Erkrankungen von Diarrhoe begleitet werden können. Als chronisch
wird eine Diarrhoe etwas willkürlich
bezeichnet, wenn sie nicht spontan
zurückgeht oder wenn sie nicht innerhalb von drei bis vier Wochen auf
eine symptomatische Behandlung
anspricht.
Nur ein logisches und begründetes
diagnostisches Vorgehen führt zu
einer rationalen Grundlage für eine
geeignete Therapie, in deren
Rahmen diätetische Maßnahmen von
zentraler Bedeutung sind.
Diätetische Informationen von Royal Canin
Ziel dieser Studie war der Vergleich
der diätetischen Wirkung zweier
Futtermittel bei Hunden mit chronischer Gastroenteritis, die auf einer
unerwünschten Futtermittelreaktion
beruhte. Die beiden Futtermittel
waren hoch verdaulich, und eines
war auf der Basis von hydrolysierten
Sojaproteinen formuliert.
nose, Hyperazidität, Neoplasie,
Ulzera) ausgeschlossen. Das mittlere
Alter der Hunde lag bei 4,3 ± 3,3
Jahren (0,6 bis 11 Jahre), und das
mittlere Gewicht bei 23 ± 12 kg (4,7
bis 40 kg). Das Geschlechterverhältnis, das Alter und das Körpergewicht waren in beiden Gruppen
ähnlich.
Material und Methoden
- 18 Hunde erhielten ein “hydrolysiertes” Testfutter, formuliert auf
der Grundlage hydrolysierter Sojaproteine (Veterinary Diet Hypoallergenic
DR21, Royal Canin).
An der Studie nahmen 26 Hunde mit
chronischer Diarrhoe, Erbrechen und
zum Teil mit Gewichtsverlust teil. Im
Rahmen gründlicher Voruntersuchungen wurden parasitäre und infektiöse Ursachen, exokrine Pankreasinsuffizienz, Fremdkörper und klassische Gastritisursachen (Pylorusste-
Verdauung
Wirksamkeit eines Futtermittels auf der Grundlage
eines Sojaproteinhydrolysats in der diätetischen Behandlung
der chronischen Gastroenteritis: Kontrollierte Studie
Die Hunde erhielten über einen Zeitraum von zwei Monaten ausschließlich eines dieser beiden Futtermittel.
Es wurden keinerlei medikamentöse
Behandlungen durchgeführt, außer
bei fehlender klinischer Besserung im
Anschluss an diese zweimonatige
Versuchsperiode. Hunde, die eine
klinische Bes-serung entwickelten,
bekamen im Anschluss eine Provokationsdiät, bestehend aus dem
zuvor verabreichten Futtermittel.
- 8 Hunde erhielten ein hoch verdauliches Spezialfutter für den Magendarmtrakt (Veterinary Diet Intestinal
GI30, Royal Canin), als Kontrolle.
ZUSAMMENSETZUNG DER FUTTERMITTEL
Hypoallergenic DR21*
Hauptbestandteile
Hydrolysiertes Sojaproteinisolat
Reis
Geflügelfett
Fischöl
Soja- und Borretschöl
Hydrolysierte Geflügelleber
Zuckerrübentrockenschnitzel
FOS
Intestinal GI30*
Analyse des Futtermittels
Rohprotein
Rohfett
(Omega 6/Omega 3: 5)
Stärke
Fasern
Rohasche
Metabolisierbare Energie
Hauptbestandteile
21%
19%
37,6%
5,5%
7%
4180 kcal/kg
Geflügelproteine, dehydriert
Reis
Maismehl
Geflügelfett
Fischöl
Soja- und Kokosöl
Hydrolysierte Geflügelleber
Zuckerrübentrockenschnitzel
FOS
MOS
Zeolith
Zellulose
Analyse des Futtermittels
Rohprotein
30%
Rohfett
20%
(Omega 6/ Omega 3: 5)
Stärke
27,4%
Fasern
6,3%
Rohasche
7,3%
Metabolisierbare Energie 4270 kcal/kg
* Royal Canin, Veterinary Diet, Aimargues (Frankreich)
135
Diätetische Informationen von Royal Canin
Verdauung
Ergebnisse
Eine Gastroduodenoskopie wurde
bei 23 Hunden durchgeführt, eine
Koloskopie bei 3 Hunden. Die dabei
durchgeführten Biopsien ergaben
entzündliche Infiltrate bei 24 von 26
Hunden. Nach zweimonatiger Gabe
des "hydrolysierten" Futters verschwanden die klinischen Symptome
bei 16 von 18 Hunden, die das "hydrolysierte" Testfutter erhielten, und
bei 7 von 8 Hunden, die das Kontrollfutter bekamen. Der Zustand der
drei übrigen Hunde verbesserte sich,
aber es entwickelten sich weiterhin
Schübe mit Diarrhoe und Erbrechen.
Die Hunde, die das Futter auf der
Basis hydrolysierter Proteine erhielten, nahmen signifikant mehr an
Gewicht zu als die Hunde, die das
Kontrollfutter bekamen.
Literatur
Mandigers PJJ, Biourge V - Efficacy of a soy
hydrolysate based diet in the management of
chronic canine gastroenteritis: A controlled
study. Proceedings of the 8th Meeting of the
ESVCN, Budapest, Hungary, Sept 23-25,
2004, 128-129.
136
Im Rahmen des Provokationstests
wurden Rezidive bei 11 von 16 Hunden mit der hydrolysierten Diät und
bei 4 von 6 Hunden der Kontrollgruppe beobachtet.
Die bei 5 Hunden aus der “Hydrolysatgruppe” und bei 4 Hunden aus
der Kontrollgruppe durchgeführten
Kontrollbiopsien zeigten keine histopathologischen Veränderungen.
Eine Verlaufsuntersuchung über acht
Monate wurde bei 15 von 16 Hunden mit dem Testfutter und bei 6 von
7 Hunden der Kontrollgruppe durchgeführt.
Schlussfolgerung
- Kein Rezidiv wurde bei 13 von 15
Hunden mit dem “hydrolysierten”
Futter festgestellt, und 2 von 15
Hunden zeigten geringgradige
Symptome.
- In der Kontrollgruppe wurden bei 4
von 6 Hunden Rezidive festgestellt,
und in diesen Fällen musste eine
medikamentöse Behandlung eingeleitet werden.
In kurzen Worten zusammengefasst
scheinen sowohl das “hydrolysierte”
Futter als auch das hoch verdauliche
Kontrollfutter gut geeignet für die
Behandlung von chronischer Diarrhoe und Erbrechen im Zusammenhang mit einer Futtermittelunverträglichkeitsreaktion. Das “hydrolysierte” Futter führt jedoch zu einer
besseren Kontrolle des Körpergewichts und bietet eine bessere langfristige Verträglichkeit.
Diätetische Informationen von Royal Canin
Futtermittelüberempfindlichkeit ist
eine der möglichen Ursachen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen beim Hund. Ziel dieser Studie ist die Beurteilung der Wirksamkeit eines auf der Basis eines
hydrolysierten Sojaproteinisolats formulierten Futtermittels (Royal Canin,
Hypoallergenic DR 21) unter Feldbedingungen.
Material und Methoden
Acht Hunde nahmen an der Studie
teil, wovon sieben zu Beginn der
Un-tersuchungen einen “normalen”
körperlichen Zustand aufwiesen. Die
Diagnose einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung wurde mit
Hilfe einer histologischen Untersuchung von Darmbiopsieproben in
Verdauung
Diät auf der Basis eines hydrolysierten Sojaproteinisolats
zur diätetischen Behandlung chronisch-entzündlicher
Darmerkrankungen beim Hund: Vorläufige Studie
Kombination mit mindestens einem
klinischen Symptom (Diarrhoe, Erbrechen oder Gewichtsverlust) bestätigt.
Anfangs wurde keine medikamentöse Behandlung durchgeführt. Bei
ausbleibender klinischer Besserung
nach vier Wochen wurden Metronidazol und Prednisolon verabreicht.
Eine klinische Beurteilung der Probanden fand alle zwei Wochen statt.
PROTOKOLL DER STUDIE
Tag 0
Beginn der Studie
Tag 30
Keine Besserung
*Metronidazol
Tag 30
Besserung
Tag 60
Rezidiv
*Metronidazol
Tag 90
Besserung
Ende der Studie
Tag 60
Besserung
Ende der Studie
Tag 90
Keine Besserung
**Kortikosteroide
Tag 60
Keine Besserung
** Kortikosteroide
Tag 60
Besserung
Ende der Studie
Tag 90
Besserung
Ende der Studie
Tag 120
Ende der Studie
Endoskopien und histopathologische
Untersuchungen wurden vor und
frühestens 8 Wochen nach Versuchsbeginn durchgeführt.
Ergebnisse
Die Kotqualität verbesserte sich signifikant unter der Testfütterung
(Score 1,5 ± 0,53 gegenüber 3,62 ±
0,52, p< 0,01, Student's t-Test). Bei 6
von 8 Hunden, die anfangs abnorm
häufige Defäkationen gezeigt hatten (4,12 ± 1,73 /Tag), sank die mitt-
lere Anzahl auf 2,5 ± 0,53/Tag
(p<0,05, Student's t-Test). Eine Besserung wurde bei allen Hunden zwischen 4 und 16 Wochen nach Einführung der Testnahrung festgestellt,
drei von acht Hunden benötigten
jedoch eine zusätzliche Behandlung.
Die endoskopische Untersuchung
zeigte keine deutliche Besserung der
Darmschleimhaut, außer bei einem
Hund im Kolon. Die histopathologischen Bewertungen vor (Score 3,8 ±
0,9) und nach (Score 3,4 ± 0,5) der
Studie unterscheiden sich nicht signi-
Tag 90
Keine Besserung
Ende der Studie
* Metronidazol 10 mg/kg
**Prednisolon 1 mg/kg
fikant, bei zwei von acht Hunden ist
jedoch das Infiltrat der Darmschleimhaut zurückgegangen.
Schlussfolgerung
Diese vorläufigen Ergebnisse weisen
darauf hin, dass ein Futtermittel auf
der Basis hydrolysierter Sojaproteine
für die Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen selbst
in hochgradigen Fällen von Vorteil
sein kann, und eine interessante
Alternative zur entzündungshemmenden Therapie darstellt.
Literatur
Dossin O, Semin MO, Raymond I et al. - Soy hydrolysate in the management of canine IBD: a preliminary study.
Proceedings of the 12th European Society of Veterinary Internal Medicine Congress 2002; Munich, Germany: 167.
137
Diätetische Informationen von Royal Canin
Verdauung
Schlüsselpunkte
zum Thema:
Obstipation
Eine Obstipation ist gekennzeichnet
durch eine verzögerte Kotentleerung, das heißt, durch eine Verlangsamung der Darmpassage der Fäzes.
Klinische Folgen dieser verzögerten
Passage sind zeitlich weit auseinander liegende und gelegentlich
schmerzhafte Defäkationen mit
abnorm hartem und trockenem Kot.
Dieses in der Tiermedizin relativ häufige Syndrom wird in vielen Fällen
Anamnese
Bestätigung
einer Obstipation
Keine begünstigenden
Ursachen
lediglich als eine banale Störung der
Darmpassage betrachtet. Die Ursachen der Obstipation sind jedoch
multipel und können in einigen
Fällen in einem okklusiven Syndrom
mit irreversiblen Dickdarmläsionen
münden.
Die Wahl der diagnostischen Maßnahmen muss logisch begründet sein
und ergibt sich in der Regel aus den
Anamnestische Hinweise auf
eine Obstipation
Dyschezie, seltener Kotabsatz, trockener Kot,
Schleim- und Blutausscheidung, abdominale
Schmerzen, Inappetenz, Erbrechen
klinischen Beobachtungen im Einzelfall. Diätetische Maßnahmen sind
unabdingbar bei Patienten mit rezidivierender Obstipation und insbesondere bei Tieren, die bereits unter
hochgradigen Läsionen des Dickdarms leiden (Megakolon). Die diätetische Behandlung muss jedoch
auch die der Obstipation zugrunde
liegende Ursache berücksichtigen.
*Mit Fasern angereicherte Ernährung
Begünstigende Faktoren vorhanden
Umwelt, falsche Ernährung,
Bewegungsarmut
Anorektale Läsionen, rektale
oder perineale Schmerzen
Wunden, Traumata, Fisteln, Tumore
Klinische Untersuchung
Keine abnormen Befunde bei
der klinischen Untersuchung
Ergänzende Untersuchungen
Röntgenuntersuchung, Sonographie:
Extraluminale Obstruktion
Prostataabszess, abdominale Zubildung,
konsolidierte Beckenfraktur
Labordiagnostische Untersuchungen:
Endokriner oder metabolischer Ursprung
Hypothyreose, Hypokaliämie, Hyperkalzämie
Anorektale Obstipation
Prostatahypertrophie, Tumor,
Analstenose, Perinealhernie,
Rektumdivertikel
Andere Untersuchungen:
Neuromuskulärer Ursprung
Muskelbiopsie, EMG, Myelographie
Koloskopie
und Biopsie
Normal:
Motorische Anomalie
Abnorm: Parietale oder intraluminale Erkrankung
(Tumor, Stenose, Entzündung)
Megakolon
Chirurgie,
medikamentöse
Behandlung
Hoch verdauliche
Nahrung
Medikamentöse Behandlung, Chirurgie
+ Hoch verdauliche Nahrung
Medikamentöse Behandlung
+ *Mit Fasern angereicherte Nahrung
Colon irritabile
Medikamentöse Behandlung, Chirurgie
+ Hoch verdauliche Nahrung
* Der Anteil diätetischer Fasern in Trockenfuttermitteln variiert erheblich. Für die Mehrzahl der Hunde scheint eine Zufuhr
diätetischer Fasern in einer Größenordnung von 5 bis 7 % eine regelmäßige Darmpassage zu garantieren.
Bei Tieren mit Neigung zu Obstipation kann der Fasergehalt auf 10 bis 15 % angehoben werden.
Bei einem Faseranteil von über 15 % kann es jedoch paradoxerweise wieder zu Obstipation kommen.
138
Diätetische Informationen von Royal Canin
Der auf den Futtermittelverpackungen angegebene Fasergehalt entspricht aus rechtlichen Gründen dem
Gehalt an Rohzellulose (Rohfasergehalt). Damit unterschätzt man den
tatsächlichen Fasergehalt des Futter-
mittels jedoch beträchtlich, insbesondere, wenn es sich um Rohmaterialien mit einem hohen Anteil an löslichen Fasern handelt. Ein aussagekräftigerer Wert ist der in der Produktbeschreibung aufgeführte oder
direkt beim Hersteller zu erfragende
"Gesamtfasergehalt".
Verdauung
Wichtige Anmerkung
Im Fokus:
Psyllium (Flohsamen)
retentionskapazität der Fasern, die
die Schale der Samen bilden. Dank
dieser zu 65 % aus Muzilagenen bestehenden Fasern können die Samen
Wasser bis zum 10fachen ihres eigenen Gewichts binden. Verwendet
man lediglich die Schalen der Flohsamen, liegt der Aufquellindex zwischen 70 und 85!
Bei den verschiedenen Psylliumarten
(Plantago ovata, Plantago ispaghula)
handelt es sich um ursprünglich
aus Indien stammende Pflanzen.
Psyllium ist eine in zahlreichen Ländern traditionell zur Behandlung
von Verdauungsstörungen verwendete Pflanze. Der Name stammt vom
griechischen Wort "psyllia", das Floh
bedeutet. Die je nach Spezies
schwarzen oder goldgelben Samen
ähneln in der Tat kleinen Blattläusen. Flohsamen sind geruchlos
und nahezu geschmacklos.
Die Wirkung des Psyllium basiert in
erster Linie auf der enormen Wasser-
Psyllium ist bekannt für seine laxierenden Eigenschaften. Die Psylliumfasern werden nur sehr partiell von
der Dickdarmflora fermentiert, und
die Muzilagene verhalten sich wie
ein Schwamm. Sie quellen auf, indem sie Wasser binden und bilden
dabei ein visköses Gel. Psyllium hat
damit einen antidiarrhoischen Effekt, indem es die Viskosität des Chymus steigert.
- Es wirkt der Diarrhoe entgegen, indem es die Passage des Chymus
durch den Dünndarm und den
Dickdarm reguliert (Bliss et al., 2001).
Psyllium wird sehr viel in der
Ernährung von Schlittenhunden
eingesetzt, um der stressbedingten
Diarrhoe vorzubeugen;
- Psyllium wirkt der Obstipation entgegen, indem es den Kotabsatz erleichtert (Voderholzer, 1998).
Im Vergleich zu anderen Faserquellen führt der Zusatz von Psyllium zu
voluminöseren und feuchteren Fäzes. Da die Psylliumfasern nur wenig
fermentierbar sind, verändern sie jedoch nicht die Verdauungsverträglichkeit.
Die Erhöhung der Gleitfähigkeit
durch das Psylliumgel stimuliert die
Peristaltik (und limitiert so die Risiken im Zusammenhang mit eventuell
vorhandenen Toxinen), unterstützt
die Passage des Dickdarminhalts und
erleichtert den Kotabsatz.
Psyllium wirkt auf allen Ebenen:
- Es verlangsamt die Magenentleerung (Xiahong et al., 2005), und begünstigt damit eine gute Proteinverdauung;
Die Schalen der Psylliumsamen sind reich
an Muzilagenen, löslichen Fasern also,
die Wasser bis zum 10fachen ihres
eigenen Gewichts binden können.
Literatur
Bliss DZ, Jung HJ, Savik K et al. Supplementation with dietary fiber improves
fecal incontinence. Nutr Res 2001; 50(4):
203-13.
Voderholzer WA, Schatke W, Muhldorfer BE
et al. - Clinical response to dietary fiber treatment of chronic constipation. Gastroenterol
1997; 92: 95-98.
Xu X, Brining D, Rafiq A et al. - Effects
of enhanced viscosity on canine gastric and
intestinal motility. J Gastroenterol Hepatol
2005; 20(3): 387-94.
139