Weihnachten mit neuem Herz
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Weihnachten mit neuem Herz
24 gesundheit A B E N DZ E I T U N G MONTAG, 23. DEZEMBER 2013 TELEFON 089.23 77 345 FA X 089.23 77 382 E-MAIL MEDIZIN@AZ–MUENCHEN.DE Alle sind zufrieden (von l.): Dejan Batkovic, Prof. Christoph Schmitz und Oberarzt Rainer Kozlik-Feldmann. Weihnachten mit neuem Herz Von einem auf den anderen Tag war Dejan (15) todkrank – nur ein neues Herz konnte ihn retten: Drei Monate nach der Transplantation ist er wohlauf. Seine Freundin will er groß beschenken E r war topfit, nie krank – und hat täglich trainiert: „In der Woche zuvor habe ich an einem Tag sogar noch 1000 Liegestützen gemacht“, erinnert sich Dejan Batkovic: „Ich hätte nie daran gedacht, dass mir so was passiert.“ Doch dann war für den 15-jährigen Münchner von einem auf den anderen Tag plötzlich alles anders. Es geschah am 31. Juli 2013, dem letzten Schultag vor den Sommerferien: „An diesem Mittwoch holte ich mein Zeugnis in der Schule am Haimeranplatz ab. Auf dem Nachhauseweg ist mir schlecht geworden“, erzählt Dejan. Zuhause legte er sich ins Bett, wollte ausruhen. Doch nichts half. Um 16 Uhr ging er zum Hausarzt. Der stellte bei ihm 140 Herzschläge pro Minute fest und wollte Dejan gleich am nächsten Tag zum Kardiologen schicken. D I E B R U N O - R E I C H A R T- KO LU M N E Die Überlebenszeit von Klinik-Pralinen F esttags-Themen: Das New England Journal of Medicine veröffentlichte eine Studie, die dem Nussgenuss auf den AZ-Kolumnist: HerzchiGrund geht. Sind Erd-, Wal- oder rurg Bruno Reichart. Haselnüsse mit ihren großartigen ungesättigten Fettsäuren, wichtigen Proteinen, Vitaminen und Mineralien tatsächlich gesund oder nicht doch eher Kalorienbomben? Zur endgültigen Klärung dieser wichtigen Frage wurden (unter anderem) Untersuchungen mit 120 000 amerikanischen Krankenschwestern (begonnen 1976) und 50 000 Ärzten (begonnen 1986) gemacht. Eine der Fragen, die diesen Probanden alle zwei Jahre immer wieder gestellt wurde: Wie oft essen Sie (30 Gramm) Nüsse – von „überhaupt nicht“ bis „fast jeden Tag“? Zum ersten Mal wurden jetzt die Antworten zusammengefasst, mit überraschend eindeutigem Ergebnis: Es gibt einen Unterschied von 20 bis 30 Prozent zwischen den Nicht-Nussknackern und den Vielessern im Hinblick auf Herz- Kreislauf- und Krebs-Erkrankungen. Ein überzeugender Beweis für den kardioprotektiven, antikanzerogenen und entzündungshemmenden Effekt der Nüsse. Interessant: Trotz des hohen Kaloriengehalts des Kraftfutters wurde selbst bei den Nuss-Nimmersatts keine Gewichtszunahme festgestellt. Also, mein Tipp nicht nur zur Weihnachtszeit: 30 Gramm Nüsse jeden Tag, roh, gewürzt oder geröstet – aber auf keinen Fall gesalzen! Nicht ganz ernst gemeint dagegen ist eine Untersuchung der Überlebenszeiten von Pralinen auf englischen Klinik-Stationen (British Medical Journal). Die Schachteln wurden verführerisch platziert und unauffällig überwacht. Sie waren im Mittel nach 12 Minuten offen und nach 51 Minuten leergegessen, die Internisten waren schneller als die Chirurgen, Schwestern und Pfleger schneller als die Ärzte. Englische Sweets schlugen Schweizer Süßigkeiten, das Glücksgefühl nach dem Konsum war aber offenbar bei beiden gleich hoch. Frohe Weihnachten! Haben Sie Fragen an unseren Kolumnisten Prof. Dr. Bruno Reichart? E-Mail genügt an: [email protected] M O N TA G GESUNDHEIT D I E N S TA G TIERE Doch dazu kam es nicht mehr. Abends nach dem Essen bekam Dejan starke Schmerzen, hatte Durchfall und musste erbrechen. Seine Eltern brachten ihn sofort ins Klinikum Harlaching. Von dort kam er am nächsten Tag ins Deutsche Herzzentrum und am 3. August auf die Intensivstation der Kinderkardiologie im Klinikum Großhadern. Der Zustand verschlechterte sich rasant. Am 7. August stand fest: Medikamente helfen nicht mehr. Die Diagnose war niederschmetternd. „Die linke Herzkammer hat zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr gearbeitet: Die Herzschwäche war bereits extrem weit fortgeschritten und nicht mehr reparabel“, sagt Privatdozent Dr. Rainer Kozlik-Feldmann, Oberarzt der Kinderkardiologe. Der Münchner Schüler Dejan Batkovic und sein Arzt Prof. Christoph Schmitz: Beide freuen sich, dass die Transplantation so erfolgreich verlaufen ist. „Wenn man sein Schicksal annimmt, fällt es einem leichter“ „In diesem Stadium einer Kardiomyopathie hat das Herz Mühe, sich überhaupt noch mit Blut zu füllen bzw. es wieder abzupumpen“, erklärt der Herzchirurg Professor Christoph Schmitz: „Dejans Herz pumpte nur noch mit einem Bruchteil seiner ursprünglichen Kraft.“ Die Ursache war nicht genau klärbar: Eventuell löste ein Infekt die Kardiomyopathie aus oder Dejan hatte einfach nur zu viel trainiert zu einem Zeitpunkt, als er einen Grippevirus in sich trug. Zusätzlich litt Dejan vermutlich auch noch an einer angeborenen Non-CompactionKardiomyopathie, einer schwammartigen Veränderung des Herzmuskels. Ans Aufstehen war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu denken. Ohne ein Spenderorgan hätte Dejan aus eigener Kraft nur noch wenige Wochen zu leben gehabt. Die einzige Rettung war eine Herz-Transplantation. „Als uns die Ärzte das mitteilten, hatte mein Vater einen Schock, meine Mutter weinte und ich habe mir gedacht: Naja, vielleicht ist es ja besser, wenn ich gleich ein neues Herz bekomme, anstatt zu ver- Fotos: Gregor Feindt S E R V I C E & B E R AT U N G Die Experten für kranke Kinderherzen So kräftig schlägt das neues Organ von Dejan: Im Herzecho kontrollieren seine Ärzte regelmäßig den Erfolg der Transplantation. suchen, das kaputte alte zu reparieren“, erinnert sich Dejan: „Doch das wäre sowieso einfach nicht mehr möglich gewesen“, ergänzt Prof. Schmitz. Am 18. August kam Dejan auf die Warteliste für ein Spenderherz: „Es ist schrecklich, was passiert ist, aber wenn man sein Schicksal annimmt, fällt es einem viel leichter“, sagt Dejan über die Zeit des Wartens. Er ist ein beneidenswerter Optimist: „Ich habe nie MITTWOCH MÄNNER & FRAUEN daran gezweifelt, dass ich ein Herz bekomme und die Operation gut überstehen werde.“ Und am Sonntag, den 8. September, um acht Uhr früh war es dann bereits so weit: Die Transplantation dauerte nur drei Stunden und drei Minuten – alles verlief reibungslos. „Als ich wieder aufgewacht bin, war ich super gut gelaunt: Ich wollte alle umarmen und war unendlich fröhlich“, erinnert sich Dejan: „Ich habe D O N N E R S TA G D I G I TA L E W E LT Seine Botschaft für andere herzkranke Kinder und ihre Eltern ist eindeutig: „Kinder sollten optimistisch sein, nach vorne schauen und ihre Energien nicht mit unnötigen Sorgen und Ängsten verbrauchen“, sagt Dejan Batkovic: „Es wird gut gehen, die Ärzte hier wissen, was sie wirklich Glück gehabt. Ich hörte dann, dass ich ein kerngesundes Luxusherz bekommen habe.“ Für Prof. Schmitz ist Dejan ein Musterbeispiel: „Es ist spannend, dass alle Menschen, die optimistisch an eine solche Sache herangehen, viel bessere Erfolgsaussichten haben.“ Weihnachten wird Dejan mit Mutter, Vater und Oma feiern – ein richtiges Familienfest. Ob er in diesem Jahr ei- F R E I TA G K I N D E R & FA M I L I E tun.“ Das weiß Dejan aus eigener Erfahrung. Weitere Informationen und Beratung erhalten betroffene Kinder und Eltern in der Kinderkardiologie im Klinikum Großhadern unter & 089/70 95-39 41 und bei der Transplantationszentrale im Klinikum unter & 089/70 95-39 61. nen ganz speziellen Wunsch habe? „Nein“, antwortet Dejan: „Ich habe schon alles, was ich haben will: eine Freundin, ein Handy, einen PC.“ Man sieht Dejan an, dass er seiner Freundin Tamara unendlich dankbar ist, wenn er von ihrer liebevollen Unterstützung in den letzten Monaten erzählt: „Dafür werde ich ihr morgen ein ganz besonders schönes Weihnachtsgeschenk machen.“ Michael Backmund S A M S TA G ESSEN & TRINKEN