Originalartikel lesen - Österreichische Ärztezeitung
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Kombinationstherapie © SPL, picturedesk.com macht intensive Cholesterinsenkung besser verträglich Das Risiko für eine kardiovaskuläre Erkrankung hängt eng mit der Höhe des LDLCholesterinspiegels zusammen. Die Senkung des LDL-Spiegels ist daher eine wichtige Maßnahme, um das Herz-Kreislauf-Risiko zu reduzieren. Aktuelle Studien belegen, dass sogar eine Regression von atherosklerotischen Gefäßveränderungen erreicht werden kann, wenn der LDL-Wert aggressiv gesenkt wird. Die Einnahme eines Statins in hoher Dosierung genügt aber oft nicht, um eine drastische LDLReduktion zu erreichen. Außerdem werden im Hochdosisbereich mehr Nebenwirkungen beobachtet. Hier stellt die Kombinationstherapie mit Ezetimib (Ezetrol ®/ Inegy®) eine wichtige Alternative dar, die es mehr Patienten erlaubt, mit weniger unerwünschten Effekten die LDL-Zielwerte zu erreichen. Von OA Dr. Babak Bahadori * 66 › österreichische ärztezeitung ‹ 1/2 › 2008 supplementum LDL Cholesterin – je niedriger, desto besser! Welche Logik steckt dahinter? Abnahme des LDL-C in % Anteil der Patienten mit erhöhten Transaminasen in % Von Studien und Forschung in die Praxis Abnahme des LDL-C in % A uf dem letzten ESC-Kongress in Wien im September 2007 wurden die Zielwerte für das LDL-Cholesterin neuerlich nach unten korrigiert. Die Österreichische Atherosklerose-Gesellschaft gab im Jahre 2006 neue Behandlungsrichtlinien heraus. Dieses Vorgehen geht auf das Bekanntwerden von Studienergebnissen zurück, die beweisen, dass in der Sekundärprävention der koronaren Herzerkrankung eine Senkung des LDL-Cholesterins unter 80 mg/dl im Vergleich zu 100 mg/dl signifikant die koronare Atherom-Progression und/oder klinische Ereignisse reduziert1,2,3 . In der Praxis werden die geforderten Zielwerte < 100mg/dl für Risikopatienten in der Sekundärprävention und < 70mg/dl Abb. 4 aus der Studie von Leitersdorf: für Patienten mit hohem Risiko derzeit noch lange nicht erreicht. Das 2005 iniZu erwartende prozentuelle Abnahme des LDL-Spiegels bei verschiedenen Dotiierte österreichweite Großprojekt ACT sen von Atorvastatin, Lovastatin und Simvastatin im Vergleich zum Risiko für (Austrian Cholesterol Treatment Program eine Erhöhung der Transaminasen auf das Dreifache des Normalwertes regarding Achievement of Cholesterol Targets in High Risk Patients) zeigte unter Praxisbedingungen, wie es um die Zielwerterreichung von Statin-vorbehandelIn der Studie EXCEL (Expanded Clinical Evaluation of Lovastatin) ten Risikopatienten mit KHK steht. Insgesamt wurden Daten von wurden verschiedene Dosierungen von Lovastatin® untersucht mehr als 6.400 Patienten erhoben. Sieben von zehn Patienten und es fanden sich erhöhte CK-Werte ebenfalls häufiger in der Paerreichten trotz Statintherapie den geforderten Zielwert von tientengruppe mit der höchsten Dosierung. Insgesamt sind aber < 100 mg/dl nicht. muskelassoziierte Nebenwirkungen der Statine seltener als die hepatotoxischen Effekte. Leitersdorf spricht sich in seiner Arbeit Zahlreiche Studien belegen, dass die Erreichung der niedrigen dennoch dafür aus, aus Sicherheitsgründen niedrigere DosieZielwerte nicht einfach ist. Bei Einnahme eines Statins sind sogar rungen der Statine vorzuziehen4. mehrere Dosissteigerungen nötig, um auf einen LDL-Wert von unter 100mg/dl zu kommen. Nach der „Rule of 6“ führt nämÄhnliches empfiehlt auch A. Alsheikh-Ali aus Boston, der der Fralich jede Verdoppelung der Statin-Dosis nur zu einer weiteren ge nachging, ob die hepatotoxischen und myotoxischen Effekte Abnahme des LDL-Spiegels um 6%. Andererseits werden unter einer Statintherapie vom Ausmaß der LDL-Reduktion abhängen. einer hochdosierten Statin-Therapie häufiger unerwünschte WirEr analysierte zu diesem Zweck die Nebenwirkungsraten in den kungen wie beispielsweise Erhöhungen von Leberfunktionspaverschiedenen Behandlungsarmen von großen prospektiven ranrametern (Transaminasen) oder erhöhte Werte der Creatinkinase domisierten Statinstudien und fand heraus, dass weder die pro(CK) beobachtet. zentuelle noch die absolute Abnahme des LDL-Wertes mit der Häufigkeit von hepatotoxischen oder myotoxischen NebenwirDie höchste Dosis hat mehr Nebenwirkungen kungen in Zusammenhang standen. Seiner Ansicht nach sind in erster Linie dosisabhängige Mechanismen und für die jeweilige E. Leitersdorf sammelte in seiner 2001 erschienen Arbeit AnSubstanz typische biochemische Interaktionen für die Nebenwirgaben über die Häufigkeit von erhöhten Transaminasewerten in kungen verantwortlich.5 Abhängigkeit von der verabreichten Dosis verschiedener Statine und entdeckte dabei ein überraschendes Phänomen: WähRosuvastatin, ein neueres Statin, gilt als besonders wirksam, rend eine mehrmalige Verdoppelung der Statin-Dosis jeweils nur und auch hier wurden hepatotoxische und myotoxische Effekte eine geringe weitere Senkung des LDL-Spiegels bewirkte, kam besonders in der höchsten Dosierung beobachtet. Eine während es nach Einnahme der Höchstdosis plötzlich viel öfter zu einem der Entwicklung von Rosuvastatin erstmals entdeckte NebenwirAnstieg der Transaminasen als in den anderen Behandlungskung ist die Proteinurie. Bei näherer Untersuchung dieses Phänogruppen. Nach Atorvastatin 10mg oder 20mg täglich fanden sich mens stellte sich heraus, dass alle Statine dosisabhängig zu einer erhöhte Transaminasen nicht häufiger als in der Plazebogruppe. Hemmung der Rückresorption von Albumin aus den Nierentubuli Unter Atorvastatin 40mg wurde diese Nebenwirkung bei 0,6% führen. Zu einer manifesten Proteinurie kommt es dann, wenn der Patienten beobachtet. 80mg Atorvastatin täglich führten aufgrund einer zu starken Hemmung der Cholesterinsynthese ein aber bei 2,3% der Behandelten zu diesem Befund. Das bedeubestimmter Schwellenwert unterschritten wird. Bei Rosuvastatin tet, dass in diesem Dosisbereich erhöhte Transaminasen etwa als besonders effektivem Vertreter der Statine beträgt die Inzidenz viermal so oft auftraten wie unter 40mg Atorvastatin. Ähnliche der Proteinurie in der 80mg Dosierung sogar 12%. Im DosisbeBefunde zeigten sich auch bei Lovastatin und Simvastatin (siehe reich von 10-40mg lag die Häufigkeit der Proteinurie nur bei 1-2%, dazu die Grafik re. oben). › österreichische ärztezeitung ‹ 1/2 › 2008 67 supplementum was auch bei den anderen Vertretern dieser Substanzgruppe beobachtet wurde6. Effekte der Statine auf HDL und Apo A-I Unabhängig vom LDL stellt ein niedriger HDL-Cholesterinwert einen zusätzlichen signifikanten Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen dar. Statine führen zu einer geringen, aber dennoch wichtigen Zunahme des HDL-Wertes, der bei der Senkung des gesamten Herz-Kreislauf-Risikos durch diese Medikamente auch eine gewisse Rolle spielen dürfte. Anthony S. Wierzbicki vom St. Thomas Hospital in London stellte in seiner Analyse von 5 Vergleichsstudien von Simvastatin und Atorvastatin jedoch fest, dass sich die Wirksamkeit dieser beiden Substanzen im Bezug auf die HDL-Steigerung stark unterscheidet. Während unter Simvastatin in den Dosierungen von 10 - 80 mg eine Zunahme des HDL und des dazugehörigen Apoproteins Apo A-I in ähnlichem Ausmaß auftrat, wurde bei Atorvastatin der HDL-steigernde Effekt mit zunehmender Dosis immer geringer bis er bei der höchsten Dosis von 80mg Atorvastatin praktisch nicht mehr nachweisbar war. Auf die Apo A-I Werte hatte Atorvastatin in der höchsten Dosierung sogar einen negativen Effekt (-3,5%). Atorvastatin führte zwar zu einer deutlicheren LDL-Senkung als Simvastatin, die HDL-Steigerung unter Simvastatin in allen Dosisbereichen bildete aber eindeutig einen zusätzlichen Vorteil. Für Wierzbicki beweisen diese Daten, dass wir heute noch nicht alle Mechanismen verstehen, die im Cholesterinstoffwechsel von Bedeutung sind. Offensichtlich unterscheiden sich die verschiedenen Vertreter der Statine bezüglich ihrer zahlreichen sekundären Wirkungen im Cholesterinmetabolismus7. Vermeidung von Nebenwirkungen durch Kombinationstherapie mit Ezetimib Alle diese im Hochdosisbereich verstärkt zu erwartenden ungünstigen Wirkungen der Statine limitieren ihre Einsatzmöglichkeiten und sind besonders im Hinblick auf die neuen niedrigeren LDL-Zielwerte ein großer Nachteil. Ezetimib, ein selektiver Hemmer der Cholesterinresorption aus dem Darm bietet sich nun als vielversprechender Kombinationspartner für die Statine an, denn auf diese Weise kann auch mit einer niedrigen Dosis eines Statins eine deutliche Reduktion des LDL-Wertes erreicht werden. Durch eine duale Hemmung im Cholesterinstoffwechsel kommt es nach Einnahme von 10mg Ezetimib zusätzlich zu z.B. Simvastatin zu einer Senkung des LDL-Spiegels um weitere 26,8 % 8. Eine spanische Studie untersuchte das Sicherheitsprofil und die Verträglichkeit von Ezetimib in Kombination mit Simvastatin im Vergleich zu Simvastatin allein9. Bei dieser Studie wurden 433 Patienten für 48 Wochen doppelblind randomisiert beobachtet. Es wurden folgende Unterschiede im Wirk- bzw. Nebenwirkungsprofil von Ezetrol und Plazebo beobachtet: Nebenwirkungen insgesamt 19% versus 17%, Studienabbrüche wegen Nebenwirkungen 7% versus 10%, ernste Nebenwirkungen 12% versus 17%, Leberfermenterhöhungen > 3-fache des oberen Normwertes 0.3% versus 0%, bei beiden keine Erhöhungen der Kreatinkinase um das 10-fache des oberen Normwertes; LDL-Senkung 24% versus 3% (p < 0.001). Die Autoren dieser Studie kamen zu dem Schluss, dass das Nebenwirkungsprofil der Kombinationstherapie mit Ezetrol keinen signifikanten Unterschied zu Plazebo zeigte. Ähnlich durchgeführte Studien haben bis jetzt vergleichbare Ergebnisse gebracht. Es steht fest, dass die Kombination zwischen Simvastatin und Ezetimib sehr gut verträglich und nebenwirkungsarm ist. Die Frage, die zur Zeit die wissenschaft- 68 liche Welt sehr beschäftigt, ist, ob eine Kombinationstherapie die kardiovaskuläre Mortalitätsrate genauso signifikant senken kann, wie eine Monotherapie mit Hochdosis-Statinen. Dazu gibt es mehrere laufende Studien mit harten klinischen Endpunkten wie IMPROVE IT, deren Ergebnisse mit großer Spannung erwartet werden. Aktuell wird in der Sekundärprävention der KHK eine Statintherapie und eine Senkung des LDL-Cholesterins unter 100 mg/ dl als obligatorisch gesehen. Bei Hochrisiko-Patienten (wie Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom) werden LDL-Werte unter 70 mg/dl empfohlen. Diese Werte sind wie erwähnt entweder durch eine Hochdosis Statintherapie oder durch eine Kombinationstherapie von einem Statin mit Ezetimib erreichbar. Das Kombinationspräparat Simvastatin plus Ezetimib hat sich aus meinen Erfahrungen bezüglich Compliance der Patienten als günstig erwiesen. Ich konnte ebenfalls bei etlichen Hochrisiko-Patienten, die aufgrund von Myalgien eine HochdosisStatin-Monotherapie ablehnten, die Zielwerte mit der Kombinationstherapie, bei einer sehr guten Verträglichkeit, erreichen. Die Substanz führt außerdem zu einer Zunahme des HDL-Spiegels sowie zu einer Reduktion von erhöhten Triglyceriden. Zusammenfassung Eine Kombinationstherapie von Statinen mit Ezetimib stellt aufgrund der guten Verträglichkeit und Wirksamkeit eine sehr attraktive Alternative zur Hochdosis-Statin-Monotherapie dar und wird von vielen medizinischen Gesellschaften wie z. B. der American Heart Association als eine Möglichkeit bei Hochrisiko-Patienten vorgeschlagen. * Dieser Artikel stellt die Meinung des Autors zum derzeitigen Wissenstand dar. Referenzen: 1 Cannon CP, Braunwald E, McCabe CH, et al, for the Pravastatin or Atorvastatin Evaluation and Infection Therapy–Thrombolysis in Myocardial Infarction 22 Investigators. Intensive versus moderate lipid lowering with statins after acute coronary syndromes. N Engl J Med. 2004;350:1495–1504. 2 Nissen SE, Tuzcu EM, Schoenhagen P, et al, for the REVERSAL Investigators. Effect of intensive compared with moderate lipid-lowering therapy on progression of coronary atherosclerosis: a randomized controlled trial. JAMA. 2004;291:1071–1080. 3 Nissen SE, Nicholls SJ, Sipahi I, et al. Effect of very highintensity statin therapy on regression of coronary atherosclerosis: the ASTEROID trial. JAMA. 2006;295:1556–1565. 4 Leitersdorf E. Eur Heart J Supplements 2001; 3 (Suppl E): E17-E23. 5 Alsheikh-Ali et al. JACC Vol. 50, No. 5, 2007;409-18. 6 Davidson MH. Expert Opin. Drug Saf. (2004) 3(6):547-557. 7 A.S. Wierzbicki, D.P. Mikhailidis / International Journal of Cardiology 84 (2002) 53-57. 8 Gagné, C., Bays, H. E., Weiss, S. R., Mata, P., Quinto, K., Melino, M., Cho, M., Musliner, T. A., Gumbiner, B.: Efficacy and safety of ezetimibe added to ongoing statin therapy for treatment of patients with primary hypercholesterolemia. Am. J. Cardiol. 90 (2002), 1084–1091. 9 Masana L, Mata P, Gagné C, Sirah W, Cho M, Johnson-Levonas AO, Meehan A, Troxell JK, Gumbiner B for the Ezetimibe Study Group: Long-Term Safety and Tolerability Profiles and Lipid-Modifying Efficacy of Ezetimibe Coadministered with ongoing Simvastatin Treatment: A Multicenter, Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled, 48-Week Extension Study, Clin Ther., 2005 Feb 27, (2):, 174-184 › österreichische ärztezeitung ‹ 1/2 › 2008