Die gesamte Ausgabe der Zwischenzeilen als PDF herunterladen.

Transcrição

Die gesamte Ausgabe der Zwischenzeilen als PDF herunterladen.
Nr. 40/2015 – Woche 28.09. bis 04.10.15
Israel soll globales Finanzzentrum werden
Der amerikanisch-israelische Geschäftsmann Tal Keinan hat einen Traum: „Wenn
Israel die Finanzdienstleistungsbranche als Exportgeschäft verstehen und sich den
Anspruch setzen würde, führend in dieser Industrie zu werden, könnten wir die
Besten der Besten ins Land bringen.“
Keinan, der 19 Jahre als Pilot in der israelischen Armee gedient hat, will diese Vision
mit seinem Investmenthaus „Clarity Capital“ vorantreiben. Sein Ziel ist es, in den
nächsten fünf Jahren insgesamt 20 Milliarden Dollar zu verwalten. Zwar liegt das
Hauptquartier der Firma in New York, aber Keinan sieht darin keinen Widerspruch,
da sich potentielle Kunden nun einmal in den USA befänden.
Keinan ist mit seinem Vorhaben, aus Israel ein globales Finanzzentrum zu machen,
nicht alleine. So wurden mit Unterstützung der Regierung bereits wichtige
Finanzdienstleister wie Citigroup und Barclay nach Israel gebracht. Bemühungen um
Reformen durch ein extra dafür gegründetes Komitee konnten jedoch aufgrund der
globalen Finanzkrise keine volle Wirkung entfalten. Die Grundlagen für
Rechtsvorschriften seien aber, so Prof. Eugene Kandel, wichtigster ökonomischer
Berater von Benjamin Netanyahu, etabliert.
1
Die Tel Aviver Börse ist gerade in dieses neue Gebäude gezogen (Bild: Yael Engelhart/Haaretz).
Weitere Informationen:
Israel soll Finanzzentrum werden (englisch), Haaretz, 21.09.15
http://www.haaretz.com/business/.premium-1.676571
Bauarbeiten für große Windparks beginnen
Im Norden Israels haben jetzt die Bauarbeiten für zwei große Windparks begonnen –
die Anlagen in Ramat Sirin und Ma'ale Gilboa werden jeweils 25 Turbinen
beherbergen. Es sind die ersten Projekte dieser Art seit 30 Jahren. Die Turbinen
sollen 21 Megawatt zu jedem Zeitpunkt produzieren können und im kommenden
Jahr in Betrieb genommen werden.
Israels momentane Kapazität für die Produktion von Elektrizität liegt mit 13.000
Megawatt zwar deutlich über dieser Zahl, aber das Windpark-Projekt ist trotzdem
von Bedeutung, weil es viele schwierige Hürden wie Regulierungen, Bedenken des
Militärs und von Umweltschützern, überwinden musste. Darüber hinaus gibt es nur
wenige Orte mit anhaltenden, starken Winden im Land.
Dieser Windpark in den Golanhöhen ist bisher der einzige in Israel (Bild: Wikimedia Commons)
2
Weitere Informationen:
Erster Windpark seit 30 Jahren (englisch), Ynet, 20.09.15
http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4702563,00.html
Heiraten im Gelobten Land: Wo das Geschenk in einen Umschlag passt
Wer an israelische Hochzeiten denkt, dem kommen der Chuppa-Baldachin,
zertretene Weingläser und Hora-Tänze in den Sinn. Hochzeiten in Israel verfügen
aber außerdem noch über eine andere Besonderheit: Sie laufen nämlich wie
Crowdfunding-Kampagnen ab: Die Gäste bringen Geldgeschenke und finanzieren so
nicht nur das Event für das Brautpaar, manchmal reicht es auch noch für die
Flitterwochen. Stolze 96 Prozent der Israelis geben ausschließlich Bares – dabei gibt
es klare Regeln, wer wie viel bekommt...
Von Katharina Höftmann
Immer wenn wir zu einer Hochzeit von Familienmitgliedern, Freunden oder
Bekannten eingeladen sind, macht mein israelischer Mann vorher das Gleiche: Er
öffnet eine Excel-Liste auf seinem Computer und prüft, wie viel Geld uns das
betreffende Paar geschenkt hat, als wir vor einigen Jahren geheiratet haben. Das
mag befremdlich scheinen, ist in Israel aber völlig normal. Genauso wie die
Tatsache, dass vor jedem Hochzeitssaal ein bewachter Tresor steht - mit
Einwurfschlitz für den Umschlag voller Scheine oder Checks. Neuerdings können
Gäste ihr Cash-Geschenk sogar direkt mit Kreditkarte bezahlen.
Ein Tresor steht am Eingang des Hochzeitssaal – in Israel eine Selbstverständlichkeit (Bild: nrg.co.il)
Nach einer Umfrage des Onlineportals Globes geben 96 Prozent der Israelis zu
Hochzeiten Geldgeschenke. Mehr als ein Drittel der Israelis bezahlen jährlich allein
3
für Hochzeiten zwischen 1000 und 3000 Schekel (ca. 227- 680 Euro, 250-745
CHF), im Durchschnitt 400 Schekel (ca. 90 Euro, 100 CHF) pro Eheschließung.
Unglaubliche 9 Milliarden Schekel (etwa 2 Milliarden Euro, 2,2 Milliarden CHF)
wechseln jährlich für Anlässe wie Hochzeit, Bar- und Bat Mizwa (Konfirmation) und
Brit Mila (Beschneidungszeremonie) den Besitzer.
Klare Regeln, wie viel Geld verschenkt wird
Dabei gibt es ganz klare Regeln, wie viel Geld man schenkt. Der erste Aspekt ist, wie
eingangs beschrieben, was man ggf. zu der eigenen Hochzeit von Gastgebern
bekommen hat. Außerdem hängt die Summe davon ab, wie nah man der Person
steht (Familienmitglieder bekommen in der Regel deutlich mehr als Kollegen), ob
man alleine oder mit Begleitung kommt und sogar, wie viele Events das Paar zuvor
schon gefeiert hat. „Eine Freundin von mir hat neulich die Brit Mila gefeiert und ich
war mir sicher, dass sie und ihr Partner nicht heiraten würden, also habe ich den
beiden ein extra großzügiges Geschenk gemacht. Gestern habe ich eine Einladung
zur Hochzeit bekommen. So ein Mist“, erzählte mir neulich ein Freund. Eine andere
Bekannte wiederum schmeisst sogar zwei Hochzeiten für ihren Sohn, um alle
Freunde einladen zu können, bei deren Kindern sie einst viel Geld als
Hochzeitsgeschenk gelassen hat. So wandert das Geld im Prinzip wie ein Minikredit
zwischen Familien hin und her.
Heiraten ist in Israel, wie in vielen anderen Ländern auch, ein riesiges Business –
nicht nur, weil eine Hochzeit mit allem Drum und Dran, dazu gehört unter anderem
ein ausführliches Fotoshooting im Vorfeld des Events, eben gut zwischen 100.000
und 140.000 Schekel (ca. 23.000 -32.000 Euro, 25.000-35.000 CHF) kostet. Israelis
haben große Familien und Freundeskreise, außerdem laden die Eltern des
Brautpaares meist noch ihre eigenen Freunde ein – eine Hochzeit mit 100-200
Gästen gilt in Israel als eher klein. Und es kommt schon einmal vor, dass man bei
einem Event zur Eheschließung einer von 1000 Gästen ist. Dabei gilt: Je größer das
Event, desto preiswerter die Pro-Kopf-Kosten und desto höher die
Gewinnaussichten. Viele Paare veranstalten eine extra große Hochzeit, um am Ende
des Abends mit einem Plus nach Hause zu gehen, das sie in ein neues Auto, die
Hochzeitsreise oder sogar eine Eigentumswohnung investieren. In erster Linie
jedoch sollen die Geldgeschenke die Kosten der Hochzeit decken.
4
Das Fotoshooting des Brautpaares vor der Hochzeit gehört genauso dazu, wie die Chuppa und der
Tanz auf Stühlen (Bild: myday.ynet.co.il)
Geld in den Umschlag und fertig – Grußkarten sind überflüssig
Für Juden, die nicht in Israel aufgewachsen sind, aber aus emotionalen Gründen im
Land heiraten wollen, kann diese Vorgehensweise schon mal befremdlich sein: „Ein
guter Freund von mir ist zu unserer Hochzeit in Tel Aviv nicht gekommen, weil er es
sich schlichtweg nicht leisten konnte“, berichtet Deborah, die ursprünglich aus
München kommt, enttäuscht. Während es Deborah lieber gewesen wäre, dass der
betreffende Freund ihr gar nichts geschenkt, aber immerhin gekommen wäre, fassen
es viele Israelis als Beleidigung auf, wenn man die klaren „Geber-Regeln“ nicht
einhält.
Während in Ländern wie Deutschland oder der Schweiz kleinere Geldbeträge
liebevoll verpackt, ja geradezu versteckt, werden – machen sich viele Israelis oft
nicht einmal die Mühe, noch eine Grußkarte zu schreiben. Geld in den Umschlag,
Name und ein kurzer Gruß drauf – fertig. Darüber würde sich aber kein Israeli jemals
ärgern. Viel schlimmer ist, wenn jemand viel zu wenig Geld gibt, obwohl die Person
mit Frau und Kind im Schlepptau an der Hochzeit teilgenommen hat. Ein zu großes
Geldgeschenk kann manchmal aber genauso ärgerlich sein – immerhin muss das
alles zurückbezahlt werden, wenn die anderen dann mal heiraten...
Hochzeiten in Israel sind nicht selten Massen-Events (Bild: Tabletmag.com)
5
Weitere Informationen:
Hochzeits-Blog des Online-Mediums Ynet (englisch)
http://myday.ynet.co.il/en/
Ihre Ansprechpartner
Redaktion: Katharina Höftmann; sie arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für
die WELT ONLINE. Momentan arbeitet sie als freie Journalistin und Buchautorin. E-Mail:
[email protected]
Projektverantwortlicher für den GIS-Vorstand: Jacques Korolnyk; E-Mail:
[email protected]
Hintergrund
Der wöchentliche Info-Service der Gesellschaft ISRAEL-SCHWEIZ (GIS) informiert Sie über
spannende Aspekte, die sonst in der Berichterstattung über Israel kaum wahrgenommen
werden. Darüber hinaus bietet der Info-Service einmal im Monat einen ausführlichen Bericht
zu wechselnden Themen aus folgenden Bereichen: Kunst und Kultur, Wissenschaft und
Forschung, Gesundheit und Medizin, Wirtschaft und Finanzen, Energie und Umwelt,
Gesellschaft und Vermischtes. Ferner bietet die GIS den Journalisten Hilfe bei der Recherche
und ausführliche Zusatzinformationen zu den einzelnen Themen an.
6