Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Kindern
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Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Kindern
„Umgangmi ts ozi alundemot i onalbenacht ei l i gt en Ki nder n“ Dokumentation der 17. Fortbildungstage der österreichischen Heilstättenlehrer/innen 6. –7. Oktober 2005 in Wien Impressum: M edieninhaber und Heraus geber: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Abteilung, I/8, M inR M ag. Lucie Bauer, M inoritenplatz 5, 1014 Wien Gesamtkoordination und Redaktion: Dipl. Päd. Helmut Pichler, M inR M ag. Christine Seifner, M ag. Dominika Raditsch Fotos: Dipl. Päd. Helmut Pichler Für die Veröffentlichung der Fotos wurde das Einverständnis mündlich eingeholt. Erscheinungsdatum: 2006 Internetversion: www.cisonline.at In hal t Seite Begrüßung 5 1. Allgemeine Informationen zur Veranstaltung 7 2. Teilnehmer/innen 8 3. Zum Vortragenden 10 4. Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Schüler/innen/n 11 4.1. Einleitung 11 4.2. Grundsätzliche Überlegungen 12 4.3. Definitionsproblematik 12 4.4. Symptome und Signale 13 4.5. Der Beziehungsaufbau 15 4.6. Resümee 17 4.7. Literatur 20 5. Seminarsplitter 21 6. Plädoyer für verhaltensauffällige Kinder 24 7. Tipps zum erfolgreichen Umgang mit Schülerinnen und Schülern 26 8. Hilfen für den Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Kindern 28 9. Einige exemplarische Rückmeldungen zur Veranstaltung 30 10. Feedbackbogen 33 1 2 Organisation und Leitung der Veranstaltung: Dipl. Päd. Helmut Pichler Er ist seit mehreren Jahren an der Neuropsychiatrie des Kindes - und Jugendalters am AKH Wien als Heilstättenlehrer tätig. Weiters ist er seit einigen Jahren Koordinator der Arbeitsgemeinschaft Heilstättenpädagogik und auch Delegierter für Wien innerhalb dieser Arbeitsgemeinschaft. Schuladresse: Pezzlgasse 29, 1170 Wien, Expositur im AKH Wien, Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters, Ebene 6, Zimmer 54, Währinger Gürtel 18 –20, 1090 Wien Tel.: 01 40400 3833, [email protected] Danksagung M aßgeblich zum Gelingen dieser Veranstaltung haben beigetragen: Frau M inR M ag. Christine Seifner vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Herr M ag. Dr. Paul Kral, Direktor des Pädagogischen Institutes der Stadt Wien, Frau M ag. Gabriele Gstettenbauer vom PI Wien, Frau Claudia Gartner vom PI Wien, Herr Dr. Sepp Glück, Direktor des Pädagogischen Institutes in Baden, Frau M ag. Inge Schierer, Leiterin der Heilstättenschule in Wien und Frau Dipl. Päd. Astrid Unger, Heilstättenlehrerin in Wien. Die Kapital 3 bis 8 wurden von Herrn Prof. SOL Herbert Stadler in diese Schrift aufgenommen und liegen inhaltlich in dessen Verantwortung. Für alle Fotos wurde das Einverständnis zur Veröffentlichung mündlich erteilt 3 4 Begrüßung In diesem Jahr finden bereits die 17. Österreichischen Fortbildungstage für Heilstättenlehrerinnen und Heilstättenlehrer statt - di e s ma lzum The ma„ Umg a ngmi ts ozi a l unde mot i ona lbe na c ht e i l i g t e nKi nde r n“. Diese Fortbildungsveranstaltungen blicken auf eine lange Geschichte zurück, die bereits 1983 i n Gr a z be g a nn.Da sThe me ns pe kt r um r e i c ht evon„ Si t ua t i on de rKr a nke npä da gogik in Ös t e r r e i c h“übe r„ Ei nf ühr ungi ndi ePs yc hoa na l ys e “bi shi n„Wi eha l t e nwi rda sa us “übe r „ Kr a nkhe i ta l sCha nc e “und„ Wa hr ne hmung “unds pi e g e l t eda mi tdi eKompl e x i t ä tunddi e unterschiedlichen Facetten der Heilstättenpädagogik wider. Die Wichtigkeit einer solchen Veranstaltung wurde durch die große Anzahl der interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Ausdruck gebracht. Die beiden Tage sollen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Raum und Gelegenheit bieten, s i c hmi tde mThe ma„ Ve r ha l t e ns a uf f äl l i g ke i t “a us e i na nde rzus e t ze n. Die aktuelle Krise soll als persönliche Herausforderung und Chance für (sonder)pädagogische Initiativen im Klassenraum verstanden werden. Es werden Anregungen für praxiserprobte Handlungsstrategien im Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Kindern aufgezeigt, die im Arbeitsalltag ihre besonderen Bedürfnisse oft drastisch signalisieren. In den Heilstättenklassen, in der Gruppe oder im Einzelunterricht erfolgt der Unterricht in einer oft persönlichen und pädagogischen Extremsituation. Diese erfordert neben der täglichen neuen Auseinandersetzung mit der Befindlichkeit der Kinder auch ein ganz anderes Individualisieren in methodisch-didaktischer Hinsicht und natürlich auch eine besondere Flexibilität in der Unterrichtsorganisation. So muss sowohl der Stundenplan als auch der Unterrichtsablauf verändert und neu adaptiert werden. Somit sind die Heilstättenlehrerinnen und Heilstättenlehrer nicht nur Kontaktpersonen zwischen den Kindern, Eltern und der klinischen Umwelt, sondern auch das Bindeglied zum vertrauten schulischen Geschehen Sie müssen den Schülerinnen und Schülern bei der Bewältigung der schwierigen Kliniksituation helfen, die Kinder vom klinischen Geschehen ablenken, ihnen M ut zusprechen und ihr Selbstvertrauen stärken. 5 Somit besteht ein doppelter Bildungsauftrag, der zwei wichtige Aspekte berücksichtigen muss: nämlich den schulischen Aspekt und den heilpädagogischen Aspekt: Einerseits soll der Lehrstoff vermittelt –vielleicht auch Rückstände aufgeholt –werden, der Kontakt zur Herkunftsschule hergestellt und gepflegt werden und andererseits brauchen die Kinder Geborgenheit, Verständnis und individuelle Zuwendung. Die Konfrontation mit Krankheit und Leid verlangt von den Lehrerinnen und Lehrern ein besonderes M aß an Selbstkontrolle, Psychohygiene, das im Rahmen von Supervision, Fortbildungen und Teamgesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen sowie mit dem Klinikpersonal erlangt werden kann. Aber vielleicht sind es ja gerade die Komplexität und die sehr großen Herausforderungen, die die Freude an dieser Arbeit mit diesen besonderen Kindern ausmachen. Ich wünsche der Veranstaltung viel Erfolg und gutes Gelingen! M ag. Christine Seifner Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur 6 1 Allgemeine Informationen zur Veranstaltung Titel der Veranstaltung: Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Kindern Ort: Pädagogisches Institut der Stadt Wien, Burggasse 14 –16, 1070 Wien, Raum 302 a+b Zeitplan: Donnerstag, 6. Oktober 2005 09:00 Uhr Begrüßung und Eröffnung durch: M inR M ag. Christine Seifner, bm:bwk M ag. Dr. Paul Kral, Pädagogisches Institut der Stadt Wien Helmut Pichler, Heilstättenschule, Wien 09:30 Uhr Vortrag, Prof. SOL Herbert Stadler 11:00 Uhr Übungen zum Vortag, Prof. SOL Herbert Stadler 12:30 Uhr M ittagessen 14:00 Uhr Weiterarbeit am Thema mit Vortrag und entsprechenden Übungen, Prof. SOL Herbert Stadler 18:00 Uhr Abendessen Freitag, 7. Oktober 2005 09:00 Uhr Vortrag, Prof. SOL Herbert Stadler 12:30 Uhr M ittagessen 14:00 Uhr Weiterarbeit am Thema mit Vortrag und entsprechenden Übungen, Gruppenarbeit, Prof. SOL Herbert Stadler 17:30 Uhr Schlussbemerkungen, Seminarbestätigungen, Organisatorisches Zielgruppe: Die Teilnahme stand nach vorheriger Anmeldung über die Landesschulräte bzw. des Stadtschulrats für Wien allen an österreichischen Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen arbeitenden Lehrer/innen offen. Die Teilnehmer/innenzahl war jedoch mit 30 Personen beschränkt. 7 2 Teilnehmer/innenliste Bundesland Burgenland Teilnehmer/innen Annemarie PITTNER Dienststelle SPZ Oberwart Kärnten M ag. Christine KONIC HSS1, LKH Klagenfurt M ag. Renate WERGINZ Heilstättenschule 1, 9020 Klagenfurt Sigrid ZECHNER Heilstättenschule 2, Klagenfurt, M argit GEROLD SPZ Krems Christina HULLIK SPZ St. Pölten Nord Helga JANISTYN Heilstättenschule Wr. Neustadt Elisabeth LEITHNER Heilstättenschule im KH M istelbach Dr. Susanne TSCHIESNER SPZ Siedlungsstr. 4, 3300 Amstetten Ulrike WITTM ANNGOLASZEWSKI M ag. Dr. Raphael OBERHUBER SPZ 3910 Zwettl Klaudia STRASSL Heilstättenschule Linz Carmen FRIEDL Barbara COCHET Heilstättenschule Linz, Barmherzige Schwestern Heilstättenschule LKH-Salzburg Christina SAMM ERN Heilstättenschule LKH-Salzburg M onika DIEPOLD LKH Deutschlandsberg Gottfried HLEBAINA LFS/SPZ Graz, Brockmanng.119 Gudrun RIEGER Heilstättenschule, SPZ-Leoben Auguste TSCHERNE Niederösterreich Oberösterreich Salzburg Steiermark Kinderklinik Linz Vorarlberg Edith ROSENBERGER SS Rosenhain, Graz/ UNIKinderklinik Heilstättenschule Universitätsklinik Innsbruck Heilstättenschule Universitätsklinik Innsbruck Heilstättenschule Carina, Feldkirch Wien Steffi AM SÜSS Heilstättenschule 1170 Wien M ichaela BARTA Heilstättenschule 1170 Wien Andrea BRINEK Heilstättenschule 1170 Wien Gabriele DOBESCH Heilstättenschule 1170 Wien Karin SLA VIK-M OSER Heilstättenschule 1170 Wien Ingrid TOM SICH Heilstättenschule 1170 Wien Astrid UNGER Heilstättenschule 1170 Wien Ulrike ZELLER Heilstättenschule 1170 Wien Tirol Alexandra CODEM O Simone RALSER 8 9 3 Zum Vortragenden Herbert Stadler SObl geb. 1952; wohnhaft in Draßmarkt (Bgld); M atura in M ödling; PA Wien, Lehramtsprüfung für VS, ASO und SES; 1975-1989 als Sozialpädagoge im SOS-Kinderdorf in Hinterbrühl tätig; seit 1989 Lehrer an der Sondererziehungsschule (SES) in Biedermannsdorf (SPZ Wien 11); Arbeit in einer Klasse mit 13 –15 jährigen Schulverweigerern; 1992 Lehramtsprüfung für SES am PI Wien; 1993 Gordon-Lehrertraining bei Prof. M ag. Gillich in Graz; 1993-1995 Ausbildung zum Beratungslehrer am PI Wien; 1995 Lehramtsprüfung für ASO am PI Eisenstadt; seit 1992 als Referent und Seminarleiter (Verhaltens- auffälligenpädagogik und Kommunikationstraining) österreichweit für die PI des Bundes zusätzlich zur Klassenarbeit tätig; M itglied der Prüfungskommission für APS (SES) des Landesschulrates für NÖ; ehem. Lehrbeauftragter an der PA Linz; derzeit Lehrbeauftragter an der PA Wien 10; Autor des Buches "Verhaltensauffälligkeit und Lehrerkompetenz", sowie zahlreicher fachspezifischer Artikel; Familienvater, 3 Kinder. 10 4 Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Schüler/innen (am Beispiel der Arbeit in einer Kleingruppenklasse der Sondererziehungsschule Biedermannsdorf des SPZ Wien 11) 4.1 Einleitung Die Integration sozial und emotional benachteiligter Schüler/innen ist (primär) eine Frage der Einstellung diesen Kindern gegenüber. "Das Problem sind die Ghettos in unseren Köpfen", meint der bekannte Integrationsfachmann Univ. Prof. Dr. Georg Feuser (Uni Bremen), und: "Integration muss in unseren Köpfen beginnen. Ist sie dort gelöst, finden wir pädagogische und didaktische Wege und M ittel ihrer Realisierung. Integration ist ja nicht eine M ode in der Erziehung, nicht eine neue Variante. Integration meint eine tiefgreifende Revision unserer Auffassung vom M enschen und seiner Entwicklung zu einer humanen Persönlichkeit, die in einer neuen Pädagogik Ausdruck findet, wie durch sie ermöglicht wird. Als solche wird sie nie ein einmal erreichter Zustand, sondern ein täglich neu zu schaffender Prozess sein." (FEUSER 1985/1994, S.27/28) In einem Gedichtband von Kristiane Allert- Wybranietz (Dem Leben auf der Spur, M ünchen 1987) fand ich folgende Zeilen: "In unserer Welt gibt es so viele Angstmacher, Sorgenmacher, Krankmacher, Aufmacher und Dummmacher, aber so wenige M utmacher." M it den folgenden Darstellungen möchte ich daher ganz einfach M ut machen, und zwar allen jenen (und es sind deren nicht wenige), die täglich in unseren Schulen immer wieder aufs Neue bereit sind, auch sogenannten verhaltensauffälligen Kindern aufrichtig, engagiert und effizient zu helfen. M eine Ausführungen beruhen auf langjährige Erfahrungen in einer Klasse mit 13 bis 15jährigen Schulverweigerern der Sondererziehungsschule Biedermannsdorf, einer Expositur des Sonderpädagogischen Zentrums Wien 11. Diese Klasse war 1989 aufgrund einer Initiative des LSI Gerhard Tuschel entstanden, s e i ne r ze i ta l s„ HS-Integrationsprojekt für Schulverweigerer“be ze i c hne t ,mi t t l e r we i l eeine Kleingruppenklasse von derzeit sechs der o.e. Sondererziehungsschule. 11 4.2 Grundsätzliche Überlegungen Es geht primär nicht darum, die Hardware im Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern zu finden (z. B. Welche Rahmenbedingungen müssen an einer Schule, in einer Klasse für die Integration verhaltensschwieriger Kinder geschaffen werden?), sondern die Software. Dabei ist die Frage: "Was können wir tun?" immer erst die zweite. Die wichtigste Frage lautet: "Wie können wir die uns anvertrauten Schüler/innen ve r s t e he n? "„Vorde m Er zi e he nkommtda s Ve r s t e he n! “( Moor ) Verfolgen wir die Fadenspule der Biographie verhaltensauffälliger Schüler/innen zurück, türmt sich in der Regel ein seelischer Trümmerhaufen vor uns auf, oft die Folge einer Verkettung tragischer Ereignisse. In der Klasse fallen diese Schüler/innen vordergründig betrachtet als schwierig, unruhig, verstockt und 'falsch', misstrauisch, unberechenbar, streitsüchtig und vor allem aggressiv auf. Dahinter aber finden wir bei näherem Hinsehen Beziehungsschwierigkeiten, Depressionen, Entwicklungskrisen, Konzentrationsstörungen und M otivationsstörungen, unerkannt gebliebene Teilleistungsschwächen, die sich in Lern- und in der Folge in Verhaltensstörungen manifestieren, Schlafstörungen, Prüfungs- und Schulängste usw. Gerade die verschiedensten A ggressionsformen sind es, die uns so zu schaffen machen, die AICHHORN (1925, S.191) "als Folge eines in der Kindheit unbefriedigt gebliebenen Zärtlichkeitsbedürfnisses" und als "verdecktes, aber desto größeres Verlangen nach Zuneigung" sieht. 4.3 Definitionsproblematik Diese Schüler/innen verstehen wollen bedeutet, sich notwendigerweise die Frage stellen: Was sind das nun für Schüler/innen, die unseren ohnedies nicht einfachen Schulalltag nicht nur zusätzlich erschweren, sondern ihn bisweilen total verunmöglichen? Der langjährige Leiter des M ünchner Waisenhauses, Dr. Andreas M ehringer, meinte Folgendes über sie - und ich habe trotz der Vielfalt an Definitionen in der Literatur noch keine bessere, d.h. keine einfühlsamere gefunden: 12 "Wie immer man diese Kinder auch bezeichnen mag, ist sekundär. Der Ausdruck 'Gestörte' ist auf jeden Fall verfehlt, denn man muss sich angesichts der Umstände (Opfersichtweise, Anm.) oft fragen, wessen Verhalten da im Grunde genommen gestört ist. ... Die einfachste Bezeichnung ist diese: Sie sind arm dran, es geht ihnen schlecht. Ich behaupte: doppelt schlecht, weil sie gefühlsmäßig meist als selbst schuld an ihrem Zustand angesehen werden (Tätersichtweise, Anm.) und damit in der Öffentlichkeit weit weniger Sympathie und Aufmerksamkeit geschenkt bekommen als das organisch geschädigte Kind." (M EHRINGER 1979, S.11/13) Diese Kinder sind nämlich - trotz vorhandener Eltern oder Elternteile - "verlassene Kinder unserer Zeit" (BETTELHEIM 1978), die aus keinem Nest fallen konnten, weil sie de facto nie eines hatten. Der höchst engagierte Vorkämpfer für die Integration sozial und emotional benachteiligter Schüler/innen, der ehemalige BSI Gerhard M örwald, formulierte es treffsicher: "Kinder mit Verhaltensstörungen sind meist durch jahrelange Fehlentwicklungen geprägt worden. Sie konnten sich ihr Schicksal nicht wählen, schon gar nicht haben sie sich die soziale und emotionale Benachteiligung gewünscht. Schwererziehbare Kinder, die der Storch gebracht hat, gibt es nicht!" (M ÖRWALD, 1991, S.10-12) Niemand ist heute (demnach) mehr rettungsbedürftig als ein Kind, das Opfer unserer Zeit geworden ist. (Bruno Bettelheim) 4.4 Symptome sind Signale Wenn wir also über den "Background" dieser Schüler/innen Bescheid wissen, sollten wir dieses Wissen im Konnex mit ihrer Verhaltensauffälligkeit sehen. Was bedeutet, was "sagt" uns dieses auffällige Verhalten ? Als Pädagog/innen sollten wir die in den M edien zumeist in Sensationsmanier vielzitierten schulischen Auffälligkeiten nicht bloß mitbejammern - gleichsam als erste Zeugen der "Angeklagten" - , sondern wir müssen einen Schritt weiter als der laienhafte Betrachter gehen, 13 d.h., diesen Symptomen - so widersprüchlich das vordergründig betrachtet auch klingen mag etwas Positives abgewinnen. "Ja, wie denn das?", wird man sich da vielleicht fragen, "da ist doch beim besten Willen nichts Positives zu sehen!" Und doch! Ein Symptom ist ein Signal, das Aufmerksamkeit, Interesse und Energie auf sich lenkt. Das Symptom ist damit sichtbarer Ausdruck eines unsichtbaren Prozesses und soll uns darauf hinweisen, dass etwas mit dem Symptomträger nicht stimmt. Verhaltensschwierige Kinder befinden sich in einer permanenten Existenzangst und sind gezwungen, sich dagegen zu wehren: "Abwehr ist die verhaltensmäßige Antwort des Organismus auf Bedrohung." (ROGERS 1983, zit. aus STIPSITS/HUTTERER 1988, S.55) Diese Kinder wehren sich, indem sie auffallen! Negative Beachtung ist ja bekanntlich allemal besser als gar keine Beachtung! "Die Verhaltensschwierigkeiten, die A ggressivität, die Kontaktschwierigkeiten, die Wutanfälle erweisen sich als wahrer Hilfeschrei eines seelisch gestörten und oft auch physisch in Not geratenen Kindes, dessen Hilferuf von seiner unmittelbaren Umgebung jedoch meist nicht verstanden und fehlinterpretiert wird. In den meisten Fällen kommt es zu einer Eskalation." (EDLINGER 1990, S.121) Gerade dieses auffällige Verhalten - so unangenehm und frustrierend es auch sein mag - , gibt Anlass für einen pädagogischen Optimismus; gerade darin sehe ich eine berechtigte Hoffnung für unser tägliches M ühen: Es zeigt uns nämlich, dass dieses Kind noch nicht aufgegeben hat, dass er sich noch dagegen wehrt, wie man mit ihm umgegangen ist oder umgeht. Es sind eigentlich seine letzten Reparationsversuche, die uns darauf aufmerksam machen wollen, dass er nicht nur voller Probleme, sondern zugleich noch voller M öglichkeiten steckt - er hat noch Ressourcen. "Nur wer lebendig ist, kann antworten", meint Erich Fromm. Es ist also absurd, auf das Symptom böse zu sein, sich davon persönlich angegriffen zu fühlen oder es gar isoliert ausschalten zu wollen. Es käme einer pädagogischen "Vogel-Strauß-Politik" gleich, wenn wir bloß danach trachten, dieses in den Schüler/innen verankerte "AlarmLämpchen" möglichst rasch zum Verlöschen zu bringen. Der "kranke" M otor des Autos signalisiert über das blinkende Ölanzeigelämpchen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Niemand 14 käme auf die Idee, bloß das Lämpchen herauszudrehen und weiterzufahren. Die Folgen wären zerstörend. Das Ziel unserer Bemühungen muss es daher sein, nicht die Symptome zu verhindern, sondern sie überflüssig zu machen. 4.5 Der Beziehungsaufbau Aus dieser Erkenntnis heraus sehe ich daher diese belasteten Schüler/innen als "Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedürfnissen", auf die sie mit ihrem auffälligen Verhalten aufmerksam machen wollen. Dieser Aspekt enthält einen entscheidenden Auftrag: Es geht nämlich nicht darum, was wir Erwachsenen von sozial und emotional benachteiligten Kindern erwarten dürfen, sondern sie von uns. Erst danach, zu einem viel späteren Zeitpunkt, wird es zu einem Gleichgewicht der gegenseitigen Erwartungen kommen können (müssen). "Das Verständnis kausaler Verkettungen zwischen der Lebensgeschichte und dem Symptom des Schülers ermöglicht bei uns Lehrern eine andere Einstellung, eine heilpädagogische Einstellung dem Schüler gegenüber." (DELLISCH 1985, S.262) Es gilt daher bei jedem schwierigen Kind zunächst zu sehen, was mit ihm ist, zu erkennen, was ihm fehlt, zu vermeiden, was Angst macht, und es zu schützen, wo es Not tut. Wir müssen zunächst also spüren, was sie brauchen, und nicht fordern, was sie sollen! Der bekannte Heilpädagoge Paul MOORbe t ontda he rzuRe c ht :“Ni c htg e g e nde nFe hl e r ,s onde r n f ürda sFe hl e nde ! “ Der Umgang mit verhaltensauffälligen Schüler/innen ist daher permanente Beziehungsarbeit. Esg e htni c htumde n„ St e i nde sAns t oße s “( Pa l mows ki ) ,s onde r numde nAns t oßde sSt e ines. "Wenn Lehren und Lernen effektiv funktionieren sollen, muss eine einzigartige Beziehung, eine Brücke zwischen dem Lehrer und dem Lernenden bestehen. Sie ist wichtiger als das, was der Lehrer lehrt, wie er den Stoff vermittelt oder wen er zu unterrichten versucht." (GORDON 1977, S.20) Das Kind selbst lehnt unser "Brückenbau-Anliegen" von vornherein strikt ab. Zu viele Beziehungs abbrüche liegen hinter ihm, zu groß ist die Angst vor neuen Enttäuschungen. 15 Als sozial und emotional behinderter M ensch ist er vorerst auch gar nicht fähig, dieses Angebot anzunehmen; die bei jedem unserer Schützlinge konstatierbare Beziehungsunfähigkeit ist ein oft nur schwer (mitunter gar nicht) auszuräumendes Hindernis für eine notwendige positive Entwicklungsmöglichkeit, an deren Ende die für ihn und seine zukünftige Umgebung erträgliche gesellschaftliche Integration in der Berufs- und Arbeitswelt stehen soll. Für den Beziehungsaufbau gilt demnach: Der Weg ist das Ziel! Hier gilt also die Taktik der kleinen Schritte, hier schließt sich der eingangs erwähnte Softwarekreis: Wenn wir Pädagog/innen unsere Schüler/innen verstehen, werden wir sie und ihre Probleme akzeptieren. Wenn wir sie akzeptieren, werden wir sie mögen. Wenn wir sie mögen, schaffen wir Bedingungen, in denen "Wiedergutmachung (im Grillparzerschen Sinne –„ und ma c he g ut ,wa sa nde r e ve r darben", Anm.) möglich ist, in denen Wärme, Wertschätzung und Selbstbestätigung zwanglos erlebbar werden, ohne messbaren Erfolgsdruck oder Forderung nach Dankbarkeit." (REICHEL 1991, S.6) Ich habe oftmals festgestellt: In dem M oment, in dem meine Schüler/innen akzeptieren können(!), dass ich sie akzeptiere und mag, geht es aufwärts. Aus Erfahrung weiß ich: Ein Kind, das ich nicht mag, kann ich nicht unterrichten und ein Kind, das das spürt, lässt sich nicht unterrichten! Das auffällige Kind ist bisher ja kaum jemandem im positiven Sinne aufgefallen - es leidet in extremer Weise unter "Ich-Armut" (M ehringer), da seine "seelischen Grundbedürfnisse" (Schenk-Danzinger) bisher sträflichst missachtet wurden. Indem wir ihn nun bewusst wahrnehmen, anerkennen und achten, wirken wir schrittweise dieser "Ich-Armut" entgegen. Damit erfüllen wir aber auch ein Grundrecht des Kindes, das Janusz KORCZAK als "Das Recht des Kindes auf Achtung" im gleichnamigen Buch postulierte. Achten ist dabei ein gegenseitiger Vorgang: Nur wer den anderen achtet, darf für sich in Anspruch nehmen, auch geachtet zu werden. Dann, und nur dann, werden jene Energien für das notwendige schulische Tun frei, die zuvor im permanenten Sich-schützen-M üssen gebunden waren. Energien, die in zumeist aggressiven 16 Reaktionen (aus der Angst heraus, die Angst zuzulassen) nach außen sinnlos "verpufften" und die ungenützt blieben für den Lern- und Leistungsbereich. "Lernen hört automatisch auf, wenn Schüler Probleme haben" (GORDON 1977, S.148), da sie "die anderen Bereiche ihrer Persönlichkeit vor der Schultüre nicht einfach abstreifen können". (PETILLON 1980, S.24) 4.6 Resümee Der reale Funktionsverlust der Familien der Gegenwart bringt zwangsläufig immer kompliziertere Sozialisationsaufgaben für die Schule, oder anders gesagt: Das Versäumnis der Erfüllung des pädagogischen Auftrages seitens des vorhandenen oder nicht vorhandenen Elternhauses infolge der drastisch zunehmenden "broken-home"-Situationen wird zum therapeutischen Problem, dem wir Lehrkräfte nur mit einem neuen Rollenverständnis gerecht werden können: Die Schülerin bzw. der Schüler ist nicht länger mehr Unterrichtsobjekt, sondern Person, die Lehrerin/der Lehrer also nicht nur für den Kopf, sondern für den ganzen M enschen zuständig. Die ganzheitliche Sichtweise der Schülerin/des Schülers, die die Lehrerin/den Lehrer auch als Erzieher oder besser gesagt als Bezieher fordert, ist eine Grundvoraussetzung für ein neu zu definierendes Lehrer-Schüler-Verhältnis. Die Rolle der Lehrerin/des Lehrers ist ja mittlerweile längst eine andere geworden als die vordergründig gesellschaftlich zugeteilte, auch wenn das einige (viele?) noch immer nicht zur Kenntnis nehmen wollen; eine Rolle, die mehr denn je zu Selbstkritik und Selbstreflexion herausfordert und getragen sein sollte vom "Gefühl der Verpflichtung gegenüber dem Schulschicksal jedes einzelnen Kindes, besonders aber des benachteiligten." (SCHENKDANZIGER, 1972, S.10) In Hinkunft werden immer mehr pädagogische Aufgaben von uns in unser unterrichtliches Tun miteinbezogen werden müssen - mit der bloßen "Lehrplan-Brille" (Sedlak) werden wir den neuen Herausforderungen nicht mehr gerecht werden können. "Für manches Kind kann das Befreitwerden aus psychischen Nöten persönlich viel wichtiger sein als das Erreichen möglichst vieler fachspezifischer Lernziele. Die heutige Lehrerin/der heutige Lehrer muss sich daher von ihrer (seiner) beruflichen Kompetenz und Qualifikation 17 her vorrangig auch im Handlungsfeld 'Erziehung' ausweisen können und beweisen." (ORTNER 1991, im Vorwort). Damit wird das unaufhaltbar eintreten, was Oskar SPIEL bereits 1947 in seinem Buch "Am Schaltbrett der Erziehung" voraus gesagt hat: "Das organisierende Prinzip wird nicht mehr die Übermittlung eines immer herrischer sich gebärdenden Wissensquantums sein, sondern die Erzeugung einer sittlichen Gesinnungsgemeinschaft, der sich das Prinzip einer Wissensübermittlung erst als sekundäres Problem unterordnet. Dann wird auch im Lehrer der Erzieher den Unterrichter weit überragen müssen. Dann wird freilich auch die Nachfrage nach dem Lehrererzieher viel größer sein." (a.a.O. S. 19) M it diesem neuen Rollenverständnis - und ich sehe keine Alternative - wird aber unser Lehrberuf in Hinkunft gesellschaftspolitisch enorm aufgewertet: Die Lehrerin/der Lehrer als M enschenbildner! Eines muss aber klar sein, damit ein Scheitern unsererseits nicht von vornherein programmiert wird: Wir müssen den besonderen Umgang mit (schwierigen) Schüler/innen auch unter dem Aspekt sehen, "dass sich nicht nur die Kinder wandeln, während wir sie erziehen, sondern wir uns selbst wandeln müssen, wollen wir sie erziehen." (LEIXNERING 1990, zit. aus POSCH, 1990, S.174) M ein Optimismus im Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Schüler/innen beruht auf vielen wunderschönen Erlebnissen mit ihnen, die mich heute - auch nach vielen Berufsjahren - veranlassen zu sagen: "Ich bin gerne Lehrer!" Die Kraft dafür bekomme ich nach wie vor aus meiner unstillbaren Neugier für diese Kinder. Ich habe oftmals erkennen dürfen, dass hinter der Fassade der schwierigen und vorerst unzugänglichen Schüler/innen ein "Schüler mit besonderen Bedürfnissen" an Sicherheit, Geborgenheit, Annahme und Zuneigung steckt. Erhält er dies als Antwort auf seine Symptome, dann bekommen wir oft viel mehr zurück, als wir je erwartet oder erhofft hätten. M einen Schüler/innen verdanke ich dadurch viele wertvolle Erfahrungen, die im Laufe meiner jahrelangen Unterrichtstätigkeit den Umgang mit ihnen entscheidend mit geprägt haben. Vieles von dem, was ich hier ausführte, habe ich - so paradox das klingen mag - auch von und durch meine Schüler/innen gelernt. 18 Vor kurzem besuchte uns ein Schüler, der vor fünf Jahren aus unserer SES -Klasse (SES = SELBST-ERFAHRUNGS-SCHULE; nach wie vor hält sich hartnäckig der m.E. veraltete (und diskriminierende) Begriff Sondererziehungsschule!) aus geschieden war und eine Schlosserlehre absolvierte. Wir hatten es mit ihm nicht leicht gehabt. Da stand er nun und meinte: "Ihr habt mir eine Chance gegeben und das vergesse ich euch nie!" Im selben M oment war ich ihm aber auch dankbar für die Chance, die er mir gab, nämlich zu l e r ne n,mi t" Ande r s a r t i g e n"zul e be n:„ Tol e r a nzhe i ßtj a nicht einfach nur, andere bloß zu tolerieren. Es geht darum, sie kennen zu lernen, zu verstehen, zu achten und - wenn man die Umstände erfährt - s og a rzube wunde r n. “( Fr e de r i c oMa yor , Ge ne r a l s e kr e t ä rde rUNESCO) Dann dürfen wir Lehrkräfte im Sinne von Carl ROGERS (1985, S.110) mit einer durchaus be r e c ht i g t e nFr e udee r ke nne n:„ I c hha bee se r mögl i c ht ,da s sdi e s e rMe ns c h( di e s e sKi nd, Anm. )e t wa si s tund l e i s t e t ,da se rvor he rni c hts e i n ode rl e i s t e n konnt e . “ Al l e i n da s herauszufinden, lohnt unseren Einsatz! Wenn wir's nicht probieren, tun wir's nicht. Und wenn wir's nicht tun, wozu sind wir dann auf der Welt? (Armand Hammer) Für die M öglichkeit dieses Tuns sei ganz besonders dem für die Sonderpädagogik Wien verantwortlichen Herrn BSI RR Richard Felsleitner gedankt, der unsere Arbeit mit sozial und emotional benachteiligten Kindern an der Sondererziehungsschule Biedermannsdorf nicht nur kompetent begleitet, sondern verständnisvoll unterstützt und fördert. 19 4.7 Literatur (zu den in Großbuchstaben angeführten Autoren in diesem Abschnitt ) AICHHORN, Au. (1925). Verwahrloste Jugend. Wien-Zürich BETTELHEIM , B. (1978). Das verlassenen Kind in unserer Zeit. Vortrag im SOS-Kinderdorf Hinterbrühl. DELLISCH, H. (1985). Frühe Störungen in der Eltern- Kindbeziehung und ihre Auswirkungen auf die Schule. In: Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie. Nr. 7 EDLINGER, V. (1990). Das psychosozial entwicklungs gestörte Kind. In: Heilpädagogik. Beiblatt der Zeitschrift "Erziehung & Unterricht". Nr. 4 FEUSER, G. (1985). Zeitschrift für Kleinkindpädagogik und außerschulische Erziehung. In: Behinderung-Integration. M edienbegleitheft zur gleichlaut. Videoserie des BM fUK (M edienservice), 1994 GORDON, T. (1977). Lehrer-Schüler-Konferenz. Hamburg KORCZAK, J. (1972). Das Recht des Kindes auf Achtung. Göttingen M EHRINGER, A. (1979). Eine kleine Heilpädagogik. M ünchen MOOR, P. (1994). Heilpädagogik. Luzern MÖRWALD, G. (1991). Leben mit oder gegen randständige Außenseiter. In: Zeitung des Zentralvereines (ZV) der Wiener Lehrerschaft. Nr. 3, S.10-12 ORTNER, A./ORTNER, R. (1991). Verhaltens- und Lernschwierigkeiten. Weinheim-Basel, im Vorwort PETILLON, H. (1980). Soziale Beziehungen in Schulklassen. Basel REICHEL, R. (1991). Energie-Selbstwert-Kultur. In: Sozialpädagogische Impulse. BI für Heimerziehung Baden (Hrsg.). Nr. 4 ROGERS, C. (1983). Die klientenzentrierte Gesprächstherapie. Frankfurt. In: STIPSITS, R./ HUTTERER, R. (1988). Person werden. Frankfurt SCHENK-DANZIGER, L. (1972). Pädagogische Psychologie. Wien SPIEL, O. (1947/1979). Am Schaltbrett der Erziehung. Bern-Stuttgart-Wien M YSCHKER, N. (1996). Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen. StuttgartBerlin-Köln SPECK, O. (1999). Erziehung und Achtung vor dem Anderen. M ünchen 20 5 Seminarsplitter Die Lehrkräfte haben die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gelände zu führen, und zwar so, dass alle bei bester Laune und möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Zielorten gesund ankommen! (Hermann J. Liebel) Die Zukunft gehört dem Team, die Zeit der Einzelkämpfer ist vorbei! Team aber nicht im Sinne von: Toll, Ein Anderer M a c ht ’ s ! M an kann sich den ganzen Tag ärgern, aber man ist dazu nicht verpflichtet. Träumen wir nicht vom Soll-Zustand (= Frust), sondern akzeptieren wir den Ist-Zustand (=erspart Frust)! Sich darüber zu beklagen, dass die Dinge so sind, wie sie sind, hat keinen Sinn! Was ist am Vernünftigsten und Dringendsten heute zu tun, um die Dinge, wie sie jetzt sind, einfach besser zu machen? (Sir Karl Popper) Die primäre Frage im Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Schülern lautet immer: Wie können wir sie verstehen? Erst danach kommt die Frage nach dem Tun! Ich glaube, dass Schüler/innen de s hal b„ ve r ha l t e ns a uf f ä l l i g “we r de n,wei ls i eni c htdor t abgeholt werden, wo sie stehen. Sie geraten in ein Schulsystem, dem sie nicht gewachsen sind. Sie hatten keine Chance, vorher Dinge zu lernen, die diese Schule von ihnen selbstverständlich verlangt. (Heide Rosenmayer-Reinisch) Wie immer man diese Schüler/innen auch bezeichnen mag, ist sekundär. Der Ausdruck „ Ge s t ör t e “i s ta ufj e de nFa l lve r f e hl t .Di ee i nf ac hs t eBe ze i c hnungi s tdi e s e:Si e sind arm dran, es geht ihnen schlecht. Und niemand von uns möchte eigentlich in ihrer Haut stecken. Ich behaupte: doppelt schlecht, weil sie gefühlsmäßig meist als selbst schuld an ihrem Zustand angesehen werden und damit in der Öffentlichkeit weit weniger Sympathie und Aufmerksamkeit bekommen als das organisch geschädigte Kind. (Andreas M ehringer) Es ist leichter ein Atom zu zertrümmern als ein Vorurteil! (Albert Einstein) 21 Wir dürfen niemals von den Schwierigkeiten ausgehen, die ein Schüler macht, sondern immer nur von denen, die er hat. (Hermann Nohl) Arbeitet für das Fehlende, nicht immer nur gegen den Fehler! (Paul M oor) Es gilt daher bei jedem schwierigen Schüler zu sehen, was mit ihm ist; zu erkennen, was ihm fehlt; zu vermeiden, was Angst macht, und ihn schützen, wo es not tut. Wenn Lehren und Lernen effektiv funktionieren sollen, muss eine einzigartige Beziehung, eine Brücke zwischen dem Lehrer und dem Lernenden bestehen. Sie ist wichtiger als das, was der Lehrer lehrt, wie er den Stoff vermittelt oder wen er zu unterrichten versucht. (Thomas Gordon) Beziehungen sind wichtiger als Inhalte. M an lernt nur von dem (für den!), den man liebt. (Ruth Cohn) Dr e i„ Br üc ke npf e i l e r “e r mög l i c he ndi epos i t i veundbe f r i e di g e ndeLe hr e r -Schüler-Beziehung: verstehen –akzeptieren –mögen. Einen Schüler, den ich nicht mag, kann ich nicht unterrichten und ein Schüler, der das spürt, lässt sich nicht unterrichten. Vier Zutaten ermöglichen die menschlich tragfähige und belastbare Beziehungsarbeit: Lob: M an kann in Schüler nichts hineinprügeln, bestenfalls was herausstreicheln! (nach A. Lindgren) Gespräch: Das höchste Lob für uns Lehrkräfte? Immer noch: M it dem/der kann man reden! Respekt: Nur wer den anderen (Eltern/Schüler) achtet, darf für sich selbst Achtung erwarten! Humor: Humor ist der Sauerstoff für die alltagsgeplagte Seele! Diese vier Ressourcen hat jede Lehrkraft! Sie muss sie nur nützen! Wenn Sie immer das tun, was Sie immer schon getan haben, werden Sie immer das bekommen, was Sie immer schon bekommen haben. Wenn das, was Sie tun, nicht wirkt, dann tun Sie etwas anderes. (Paul Watzlawick) 22 Aber: Der Weg durch die Wüste ist kein Umweg! Wer nicht die Leere erlitt, bändigt auch nicht die Fülle! Wer nie die Straße verlor, würdigt den Wegweiser nicht! (Friedrich Schwanecke) In Zeiten wie diesen, bei Schülern dieser Zeit, müssen wir Lehrkräfte uns fragen, ob wir nicht über den bildungspolitischen Auftrag hinaus in den Schulen eine zutiefst humane Aufgabe wahrnehmen werden müssen, die uns auch gesellschaftspolitisch enorm aufwerten wird, nämlich: Die Lehrerin / der Lehrer –als M enschenbildner! Der reine und ausschließliche Stoff- und Wissensvermittler ist passe! Die Lehrkraft der Zukunft wird auf drei Säulen stehen müssen: Bildungsvermittler –Kommunikator –M ediator. Hardliner sind Auslaufmodelle, die aus bloß musealen Gründen an den Schulen gehalten werden, um den Jüngeren zu zeigen: So nicht!! M anche schützt nur die Pragmatisierung! Die Nachfrage nach dem Lehrer-Erzieher wird dereinst eine sehr große sein! (Oskar Spiel, 1947) Um s i c hi n de r„ La nds c ha f t “ de ss ozi a l und e mot i ona l be nac ht e i l i g t e n Sc hül e r s zur e c ht zuf i nde n,br a uc he nwi r„ La ndka r t e n“;For t - und Weiterbildung bedeutet demnach ein Sich-zurecht-Fi nde ni nde ri ndi vi due l l e n„La nds c ha f t “de sSc hül e r s .(Otto Speck) Fort- und Weiterbildung ist keine Sache bloß für den Topf C, sondern ein Akt der Vernunft. Nur der Unwissende wird böse, sagen die Asiaten, der Weise versteht! Viele Lehrkräfte sind deswegen sehr erfolgreich, weil sie mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Ca r lRoge r ss a ge nkönne n:„ I c hha bee se r mög l i c ht ,da s sdi e s e r( s c hwi e r i g e )Sc hül e r( di e s e s be na c ht e i l i g t eKi nd)e t wa si s tundl e i s t e t ,da se r( e s )ni c htvor he rs e i node rl e i s t e nkonnt e ! “ Und darauf dürfen, nein müssen wir zu Recht stolz sein! Erfolg? Wenn nur ein Leben leichter geatmet hat, weil Du gelebt hast! (Ralph W. Emerson) Was brauchen wir für den Erfolg? Liebe –M ut –De mut !Vora l l e m De mut :„Si ekönne n helfen, stützen, begleiten, aber nicht auslöschen! (Dr. Bogyi). Wir bekommen diese Kinder für Stunden aus ihrem Chaos heraus, aber leider nicht immer das Chaos aus ihnen. 23 Die Zukunft ist für Schwache das Unerreichbare, für Furchtsame das Unbekannte, für die Tapferen aber die Chance (Viktor Hugo), und: Optimismus ist Pflicht! (Sir Karl Popper) 6 Plädoyer für verhaltensauffällige Kinder Verhaltensauffällige Kinder hat nicht der "Storch" gebracht; als Teil unserer Gesellschaft spiegeln sie deren Probleme wider! Widrige Lebensumstände, familiäre Fehlerziehung, Entwicklungs- und Beziehungsstörungen, tragische Ereignisse, traumatische Trennungs- und Verlusterlebnisse haben sie zu Symptomträgern gemacht. Nur eine ganzheitliche Betrachtungsweise bewirkt ein differenziertes Verstehen! Verhaltensauffällige Kinder sind meist unglückliche, auch ungeliebte und einsame Kinder, die eben nicht selbst schuld an ihrem Verhalten sind; sie sind arm dran, es geht ihnen schlecht und niemand von uns Erwachsenen - die das Glück haben, auf der Sonnenseite des Lebens zu Hause zu sein - möchte eigentlich in ihrer Haut stecken. Viele dieser Kinder sind Sozialwaisen, weil sie nicht getragen, nicht eingebunden sind in verlässliche, sie bergende und schützende Beziehungen. Oft konnten sie aus keinem "Nest" fallen, weil sie de facto nie eines hatten! Verhaltensauffällige Kinder haben daher als sozial und emotional benachteiligte M itmenschen Anspruch darauf, dass man sie und ihre Probleme mit dem größten Respekt behandelt. Sie können uns infolge ihrer psychischen Benachteiligung nicht immer so folgen, wie wir das von ihnen erwarten. Es ist demnach keine Frage des "Wollens"! Verhaltensauffällige Kinder sind auf das Verständnis ihrer erwachsenen Bezugspersonen angewiesen. Darin liegt aber auch der Schlüssel für einen erfolgreichen Umgang mit ihnen: Wenn wir diese Kinder verstehen, werden wir sie akzeptieren. Wenn wir sie akzeptieren, werden wir sie mögen. Wenn wir sie mögen, schaffen wir jene pädagogische Atmosphäre, in der eine menschlich tragfähige und belastbare Beziehung eine "Wiedergutmachung" (im Sinne Grillparzers: Und mache (du) gut, was andere verdarben!) ermöglichen kann. Verhaltensauffällige Kinder wollen uns grundsätzlich nie persönlich angreifen - wir müssen oft nur im Sinne von Übertragungen als Ersatzobjekte herhalten; eine falsche Sichtweise unsererseits bzw. die Fehlinterpretation der auffälligen Signale verschlimmern nur noch den von 24 uns beklagten Zustand. Nur professionelle Distanz zu den Symptomen, ein kühler Kopf und das Wissen um die komplexen Zusammenhänge, sowie konsequente Strategien können zum Abbau der uns sicherlich im Alltag stark belastenden Auffälligkeiten beitragen. Verhaltensauffällige Kinder müssen permanent kompensieren und zwar ihren M angel an Zuwendung, Anerkennung, Sicherheit und Selbstwert. Sie leiden in extremer Weise an IchArmut, da ihre seelischen Grundbedürfnisse bislang sträflichst missachtet wurden. Diese Kinder müssen deswegen auffallen, weil sie bisher kaum jemandem aufgefallen sind. Negative Beachtung ist für sie allemal noch besser als gar keine Beachtung! Im Umgang mit diesen Kindern müssen wir daher zunächst daran denken, was sie brauchen und nicht was sie sollen. Verhaltensauffällige Kinder werden im Grunde genommen von einer tiefen Angst in die Aggressivität getrieben, nach dem M otto: Angriff ist die beste Verteidigung! Oder: Wenn ich nicht mehr geliebt werde, soll man mich wenigstens fürchten! Die Tragik des aggressiven Kindes ist die Tatsache, dass seine Signale als vermeintliche "Stärke" und nicht als Notsignal einer inneren Schwäche und Verzweiflung wahrgenommen werden. Verhaltensauffällige Kinder sind ständig gezwungen, die unsichtbaren Prozesse ihrer seelischen Verwundungen sichtbar zu machen - ihre Symptome sind Signale, sind die "Sprache" der entbehrenden Kinderseele und keine Eigenschaften! Es gibt nicht "den Verhaltensgestörten"! Diese Kinder sind daher nicht "G'störte" im abwertenden und vorverurteilenden Sinn, so nach der Redensart: Wer stört, ist gestört! Sie sind Kinder mit besonderen Bedürfnissen - mit dem berechtigten Bedürfnis jedes M enschen nach Annahme, Anerkennung, Sicherheit und Geborgenheit! Oft ist schon ein bisschen Aufwand, ein bisschen Zeit und Geduld für sie weit mehr, als sie in ihren Herkunftsfamilien haben. Verhaltensauffällige Kinder brauchen demnach ein Übermaß an Anerkennung, Lob, Zuwendung und vorerst die beinahe bedingungslose Annahme unsererseits. Das und nur das lässt sie Vertrauen schöpfen. Allmählich und oft in kaum merkbaren Schritten fassen sie M ut, ihren Schutzschild, ihre Panzerung aufzugeben. Sie wehren sich nämlich nur so lange, wie sie es für notwendig erachten. Verhaltensauffällige Kinder brauchen äußeren Halt für ihre innere Destabilisierung, sie brauchen klare Regeln und Strukturen in ihrer Orientierungslosigkeit; sie brauchen unendlich viel 25 Geduld und Verständnis, sie brauchen genau das, was sie im Alltag durch ihr Verhalten vordergründig von sich zu weisen scheinen. Sie fordern von uns das ein, was menschlich gesehen wohl am schwierigsten umzusetzen ist: Liebe mich dann am meisten, wenn ich es am wenigsten verdiene! Verhaltensauffällige Kinder brauchen uns Lehrerinnen und Lehrer als Freunde, und viel mehr den Bezieher in uns als den Erzieher. Diese Kinder appellieren an unsere Ressourcen, an unsere M öglichkeiten jenseits von Didaktik und Lehrstoff. Diese Kinder brauchen uns souverän, nervenstark, ruhig und besonnen. Sie brauchen uns als Vorbilder, und sie akzeptieren in der Regel, was wir ihnen vormachen, vorleben und nicht, was wir ihnen bloß sagen. Damit wahren wir für diese Kinder unter Umständen ihre letzte Chance auf Sozialisation. Verhaltensauffällige Kinder sind nicht immer schlimm, nicht immer aggressiv, nicht immer lästig. Sie sind auch nett und liebenswert - und das nicht nur, wenn sie schlafen! Allein das herausfinden zu dürfen, lohnt den Einsatz für sie! 7 Tipps zum erfolgreichen Umgang mit Schüler/innen Lob spenden Loben Sie häufig und von Herzen –Sie schaffen ein positives Klima. Bitte lächeln Wer Schüler/innen freundlich begegnet, entwaffnet sie automatisch. Positives Feedback Faustregel: Wie man in den Wald hineinruft ... Persönliche Anrede Daran denken: Jedem M enschen ist sein Name etwas Wichtiges. Humor ins Klassenzimmer Eri s tde r„ Sa ue r s t of f “f ürdi ezwi s c he nme ns c hl i c he nBe zi e hung e n. 26 Diplomatie einsetzen Sage nSi eni c ht :„ Da si s tf a l s c h! “Wi r kung s vol l e r :„Sc ha u,s oge ht ’ sbe s s e r. . . ! “ Keine Befehle M achen Sie Vorschläge; geben Sie Chance zur M itbestimmung. Anerkennung zollen Erkennen Sie kleinste Erfolge an und nehmen Sie nichts selbstverständlich. Positiv denken Sehen Sie nicht immer das halbleere Glas, sondern immer öfter das halbvolle und geben Sie grundsätzlich nur einen Brief auf. Zeit nehmen Sie wissen: Zeit hat man nicht, Zeit nimmt man sich! Seien Sie versichert: Sie bekommen immer mehr zurück, als Sie investieren. Zuhören können Als Zuhörer können Sie nur gewinnen. Wer zuhören kann, dem begegnet man positiv, man fühlt sich angenommen! Zuhören können schafft Vertrauen und nur dieses ermöglicht positive Lehrer-Schüler-Beziehungen. Fehler eingestehen Das macht Sie menschlich und begreifbar. Sie vergeben sich nichts. Sie gewinnen nur. 27 8 Hilfen für den Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Kindern … de nng ’ s c hei ti s tbe ka nnt l i c hni c htde r ,de ra l l e swe i ß,s onde r nde r ,de rwe i ßwoe r nachzuschauen hat. „ KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN M ACHEN“ Diese Broschüre (65 Seiten, A4) des LSR OÖ ist auf der Homepage zu finden: www.lsr-ooe.gv.at/publikationen/sorgenkinder-kern.pdf...WAS TUN? GIBT ES „ SCHLI MMESCHÜLER“?–ein Handlungsleitfaden für Pädagog/innen im Umgang mit speziellen Problemsituationen in der Schule (ADHS, Angst, Sucht, M issbrauch, Depression, Suizid, Essstörungen, Zwangstörungen, Schulverweigern, -schwänzen) Herausgegeben von der Schulpsychologischen Abteilung des LSR Stmk; Anfrage bei der Sachbearbeiterin M onika Lackner 0316-345 DW 1104; oder: [email protected]; Anfrage ob Broschüre im Netz oder direkt beim LSR beziehbar (38 Seiten, A 5); siehe: www.lsr-stmk.gv.at/indexfl.htm STUFENPLAN ZUR BETREUUNG VON KINDERN M IT BESONDEREN BEDÜRFNISSEN IN BEZUG AUF IHR VERHALTEN Hrsg. von einer Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Gänserndorf in NÖ –hat 15 Seiten, A4 – sehr praktikabel; abzurufen unter http://bsr.lsr-noe.gv.at/gaenserndorf - „ Ar t i ke l “ anklicken ENTWICKLUNGSPLÄNE –ein Versuch zum differenzierten Sichtbarmachen individueller Entwicklungsschritte, u.a. im Verhalten, weiters Sprechen, M athe, D-Lesen, SU, GZ, ... Für die ASO vom gleichen Team, siehe oben, entwickelt (160 Seiten, A 4), auch für VS und HS 1./2. Kl adaptierbar; abrufbar unter http:// ... –siehe oben –„ Ne ws “a nkl i c ke n LINZER DIAGNOSEBOGEN ZUR KLASSENFÜHRUNG Zu finden auf der Homepage von Prof. Dr. Hannes M ayr (PA Linz Erzdiözese) www.padl.ac.at/staff/maj unter Lehre / Kepler Uni Linz, wo er u.a. auch lehrt; Prof. M ayr (Kinderpsychologe, klientenzentrierter Spieltherapeut, Familientherapie, Gestalt, TA usw.) ist ein begehrter Seminarleiter zum Thema: Klassenführung / Konflikte im Unterricht (siehe dazu Artikel auf der Homepage!); erreichbar: [email protected] . Prof. M ayr empfiehlt zum zeitlos aktuellen Thema Verhaltensauffälligkeiten das Buch von Gert LOHMANN (2003). M it Schülern klarkommen. Professioneller Umgang mit Unterrichtsstörungen. 28 ADHS-Kinder (hyperaktive- und aufmerksamkeitsbeeinträchtigte Kinder) Eine empfehlenswerte Adresse: www.adapt.at Fordern Sie auch die praxisorientierte Zeitschrift unter [email protected] an; auch Bücherliste und Videos zum Thema; 50 Tipps siehe: www.juvemus.de Dazu die Erfahrungen der Bonner HEBO Schule des Dir. Hans Biegert: www.hebo-schule.de Faszinierend!! Empfehlenswerte Home pa g e “a dr e s s e “ www.pi-wien.at (u.a. Pi-News-Zeitung); Veranstaltungsinfos! Hochinteressant, informativ, diskussionswürdig www.laborschule.de (Schule der 5 bis 15 jährigen in der Laborschule Bielefeld in Deutschland) INTEGRATIONSJOURNAL des Stadtschulrates Wien: Eine praxisbezogenes, hilfreiches und inspirierendes vierteljährliches Journal, anzufordern bei: [email protected] ADHS? Cordula NEUHAUS. Das hyperaktive Kind. oder: W. LAUTH. Rastlose Kinder, ratlose Eltern. AUTISM US? Axel BRAUNS. Buntschatten und Fledermäuse. Oder: Valerie PARADIZ. Hörst du mich? Leben mit einem autistischen Kind. BULIM IE? Peggy CLAUDE-PIERRE. Der Weg zurück ins Leben. Verstehen und heilen. M ISSBRAUCH? M ax H. Friedrich. Tatort Kinderseele. SCHEIDUNG? M ax H. FRIEDRICH. Die Opfer der Rosenkriege. oder: Helmuth FIGDOR. Scheidungskinder. SOZIAL UND EM OTIONAL BENACHTEILIGT? Andreas M EHRINGER. Eine kleine Heilpädagogik. Susanna TAM ARO. Love oder: Torey HAYDEN. Sheila oder: Dave PELZER. Sie nannten mi c h„Es “. Kompetente, hilfreiche Berichte in: Sabine SCHLÜTER, Christian VIELHABER. The best of Kinderschutz aktiv. 29 9 Einige exemplarische Rückmeldungen von Teilnehmer/innen zur Veranstaltung Monika Diepold (Steiermark): Ref l ex i onenzum Fi l m „THEMI RACLEWORKER“ (das Kind Helen Keller –Film nach einem Roman von Gibson) Kurze Inhaltsangabe: Der Film spielt um die Jahrhundertwende in Amerika (Boston). Helen Keller ist seit ihrer Kindheit in ihrem Verhalten sehr auffällig und wird daher nicht beschult. Die Eltern suchen für ihr Kind eine Privatlehrerin, die sie auch finden (Annie Sullivan). Die Bedingungen für die Erzieherin sind durch die Eltern eher eingeschränkt, weshalb die Lehrerin beschließt mit Helen vorübergehend in eine entfernt gelegene Hütte zu ziehen. Der Unterricht gestaltet sich anfangs äußerst schwierig, doch es wird immer mehr gegenseitiges Vertrauen aufgebaut, wodurch lernen möglich wird. Das Ende des Films ist die Zusammenführung mit den Eltern, ein gemeinsames M ittagessen, das sich sehr chaotisch g e s t a l t e t ,undda se r s t eg e s pr oc he neWor tde sMä dc he ns„ Wa s s e r “. Ein fantastischer Film von ungeheurer Spannung, aus dessen Inhalt man sicherlich viel für die eigene Lebenspraxis mitnehmen kann. Anschließend überlegte jede Teilnehmerin/jeder Teilnehmer zuerst in Einzelarbeit folgende 3 Fragen: 1.) M it welcher der handelnden Personen –Annie Sullivan ausgenommen –fühlen Sie sich verbunden? 2.) Was würden Sie tun? 3.) Welche Szene berührte Sie am meisten? Danach herrschte ein reger Austausch der eigenen Ansichten mit vielen guten Begründungen. Als Resümee der gesamten Fortbildungsveranstaltung möchte ich einige, für mich wichtige Schlagworte, die auch Prof. Stadler zum Teil verwendet hat, festhalten. Der Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Kindern erfordert meiner M einung nach: 30 Akzeptanz –(bedingungslose) Liebe –Achtsamkeit & Respekt –Konsequenz –Humor/gute Teamarbeit/Lob – Ressourcenorientierung – Lösungsfokusierung und nicht Problemfokusierung! Augustine Tscherne (Graz): Na c h de m Mo t t o„ Ma n ka nn s i c h de ng a nze n Ta gä r ge r n,a be rma ni s tda zu ni c ht verpflicht e t “ wur de n von Pr of . He r be r t St a dl e r a bwe c hs l ung s r ei c he , humor vol l e Fortbildungstage gestaltet. Dabei stand immer die Lösungsfokusierung und nicht die Problemfokusierung im Vordergrund. Als sehr hilfreich empfand ich, dass uns das Folienskriptum des Vortragenden zur Verfügung gestellt wurde. Auch dem Erfahrungsaustausch mit Kolleg/innen wurde ausreichend Raum gegeben. Nicht unerwähnt möchte ich die kulinarische Betreuung durch das PI Wien lassen. Rundum eine sehr gelungene Tagung! Gottfried Hlebaina (LS F-Graz): Ich fand den Vortrag von Prof. Stadler sehr informativ und unterhaltsam, da seine Gedanken über den Umgang mit schwierigen Kindern sehr einleuchtend waren. Er beschrieb sehr treffend die Hintergründe, die zu Aggressionen bei Kindern führen. Am zweiten Tag stellte er uns ein kleines Projekt mit dem Titel „ Me i neAuße ns e i t e–M eine Innenseite –Me i neRüc ks e i t e “vor . Ich habe dieses Projekt auch mit meinen Schüler/innen an der Kinder –und Jugendpsychiatrie durchgeführt, einige von ihnen waren zumindest für kurze Zeit motivierbar. Gudrun Rieger (LKH-Leoben): Im praktischen Teil der Fortbildung erhielten wir den Auftrag, aus Illustrierten ein Bilderbuch in DIN A4 –Größe zu gestalten. Herr Prof. Stadler gab uns nur die Vorgabe, das Buch so zu gestalten, dass wir es gerne als Bilderbuch aufschlagen würden. 31 Als Arbeitsmaterial wurde ein DIN A3 Zeichenblatt in der M itte gefaltet. So entstand ein l e e r e s„ Buc h“ mi t4 Se i t e n.Di e s eSe i t e ns ol l t e n wi rmi tAu s s c hni t t e na usI l l us t r i e r t e n bekleben. Es konnten Bilder und Texte verwendet werden. Für diesen Auftrag hatten wir ca. 4 Einheiten Zeit. Danach erfolgte die Auswertung der Bücher: 1. Se i t e :Di e s eSe i t eze i g tdi eAuße ns e i t ede s„ Aut or s “:Wi es t e l l ei c hmich gerne nach außen dar; was zeige ich anderen von mir; wel c he„ Ma s ke “wä hl ei c hf ürmi c h 2. und 3. Seite: Die Seiten zwei und drei zeigen die Innenseiten des M enschen: Was ich nicht gerne jedem von mir zeige; wie mich nur die M enschen kennen, die mir sehr vertraut sind. Die Seiten zeigen auch, woran ich mich freuen kann; was mich belastet und quält. 4. Seite: Das ist meine Rückseite: Auf dieser Seite wird dargestellt, was ich immer gerne ma c he nwol l t e ;wa s„ hi nt e na ng e s t e l l t “werden musste; was ich im Leben noch gerne hätte. Von der Auswertung meines Bilderbuches war ich sehr überrascht. Es stimmte wirklich in vielen Dingen des Auswertungsbogens überein. Das war für mich eine sehr interessante Erfahrung. Allgemein hat mir die Fortbildung sehr gut gefallen. Es wurde von Herrn Prof. Stadler mit viel Humor aus dem wirklichen Schulleben berichtet. Der Vortrag war hochinteressant und mit viel Witz, Kompetenz und guter Struktur. 32 10 Feedbackbogen ___________________________________________________________________________ FEEDBACK zu den 17. Österreichischen Fortbildungstagen der Heilstättenlehrer/innen 06.10.05 –07.10.05 Dieser Bogen soll Ihre Zufriedenheit mit der Veranstaltung erheben. Bitte füllen Sie ihn aus und geben Sie den Bogen dann bei Herrn Pichler ab. Selbstverständlich erfolgt die Auswertung anonym. Das Ergebnis wird Ihnen bekannt gegeben. sehr zufrieden eher zufrieden eher nicht zufrieden nicht zufrieden O O O O M it der Präsentation war ich O O O O M it der zeitlichen Einteilung war ich O O O O M it Vorinformation und Anmeldung zu dieser Veranstaltung war ich O O O O M it der Betreuung während der Veranstaltung war ich O O O O M it der Unterkunft war ich O O O O M ir dem Seminarraum war ich O O O O M it dem Inhalt der Veranstaltung war ich Themen, die mich bei zukünftigen Veranstaltungen ansprechen würden : Was ich noch sagen wollte: ___________________________________________________________________________ 33 Um die Zufriedenheit der Teilnehmer/innen mit der Veranstaltung festzustellen wurde an alle ein Feedbackbogen verteilt. In der Auswertung wurden die Prozentangaben auf ganze Prozentpunkte gerundet. 1. Frage und 3. Frage Diese Fragen wurden identisch beantwortet. Daher wurden sie in der Auswertung zusammengefasst. 1. M it dem Inhalt der Veranstaltung war ich 3. M it der zeitlichen Einteilung war ich Auswertung: sehr zufrieden eher zufrieden eher nicht zufrieden O O O O O O nicht zufrieden O O 100 80 60 Zustimmung in % 40 20 0 sehr zufrieden eher zufrieden eher nicht nicht zufrieden 88% 12% zufrieden 0% 0% M it dem Inhalt der Veranstaltung und mit der zeitlichen Einteilung war der überwiegende Anteil der befragten Personen sehr zufrieden. Drei Personen waren eher zufrieden. 2. Frage: M it der Präsentation war ich sehr zufrieden eher zufrieden eher nicht zufrieden O O O nicht zufrieden O 100 80 60 Zustimmung in % 40 20 0 s ehr zufrieden eher zufrieden eher nicht nicht zufrieden 96% 4% zufrieden 0% 0% Fast alle Personen waren mit der Präsentation sehr zufrieden. Eine Personen war mit der Präsentation eher zufrieden. 34 4. Frage: M it Vorinformation und Anmeldung zu dieser Veranstaltung war ich Auswertung: sehr zufrieden eher zufrieden eher nicht zufrieden O O O nicht zufrieden O 100 80 60 Zustimmung in % 40 20 0 s ehr zufrieden eher zufrieden eher nicht nicht zufrieden 80% 14% zufrieden 0% 4% M it der Vorinformation und Anmeldung zu dieser Veranstaltung waren ein Großteil der Teilnehmer/innen sehr zufrieden. Drei Personen waren eher zufrieden und eine Person war damit nicht zufrieden. 5. Frage: M it der Betreuung während der Veranstaltung war ich sehr zufrieden eher zufrieden eher nicht zufrieden O O O nicht zufrieden O Auswertung: 100 80 60 Zustimmung in % 40 20 0 s ehr zufrieden eher zufrieden eher nicht nicht zufrieden 100% 0% zufrieden 0% 0% Alle Teilnehmer/innen waren mit der Betreuung während der Veranstaltung sehr zufrieden. 35 6. Frage: M it der Unterkunft war ich Auswertung: sehr zufrieden eher zufrieden eher nicht zufrieden O O O nicht zufrieden O 100 80 60 Zustimmung in % 40 20 0 s ehr zufrieden eher zufrieden eher nicht nicht zufrieden 85% 0% zufrieden 7% 7% Diese Frage haben 14 Personen beantwortet. Nicht zufrieden war eine Person ( ~ 7%) und eher nicht zufrieden war ebenfalls eine Person(~ 7%). Alle übrigen Personen waren mit dem durch den Veranstalter vorreservierten Hotel sehr zufrieden. 7. Frage: M ir dem Seminarraum war ich sehr zufrieden eher zufrieden eher nicht zufrieden O O O nicht zufrieden O Auswertung: 100 80 60 Zustimmung in % 40 20 0 s ehr zufrieden eher zufrieden eher nicht nicht zufrieden 36% 52% zufrieden 12% 0% Die M ehrheit war mit dem Seminarraum eher zufrieden bzw. sehr zufrieden. Einige Personen waren mit dem Raum eher nicht zufrieden. 8. Frage: Themen, die mich bei zukünftigen Veranstaltungen ansprechen würden: Krisenintervention Kommunikationstraining M edizinische Themen Wie geht man mit eigenen Frustrationen um? Konstruktiver Streit –aber wie? Elternarbeit –Umgang mit Eltern verhaltensauffälliger Schüler/innen Krankheitsbilder auf der Neuropsychiatrie (Umgang mit diesen Erfahrungsaustausch, Hilfestellungen) 36 Schüler/innen, 9. Frage: Was ich noch sagen wollte: Zusammenfassung: Diese Frage wurde von 18 Teilnehmer/innen beantwortet. Es finden sich ausschließlich positive Rückmeldungen und Danksagungen an Herbert Stadler als Vortragenden und an Helmut Pichler als Leiter der Veranstaltung. Zusammenfassend darf gesagt werden, dass sowohl Inhalt und Präsentation als auch Themenwahl, Organisation und Durchführung äußerst positiv bewertet wurden. 37