Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Kindern

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Dokumentation der 17. Fortbildungstage der
österreichischen Heilstättenlehrer/innen
6. –7. Oktober 2005
in Wien
Impressum:
M edieninhaber und Heraus geber: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur,
Abteilung, I/8, M inR M ag. Lucie Bauer, M inoritenplatz 5, 1014 Wien
Gesamtkoordination und Redaktion:
Dipl. Päd. Helmut Pichler, M inR M ag. Christine Seifner, M ag. Dominika Raditsch
Fotos:
Dipl. Päd. Helmut Pichler
Für die Veröffentlichung der Fotos wurde das Einverständnis mündlich eingeholt.
Erscheinungsdatum: 2006
Internetversion: www.cisonline.at
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Seite
Begrüßung
5
1. Allgemeine Informationen zur Veranstaltung
7
2. Teilnehmer/innen
8
3. Zum Vortragenden
10
4. Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Schüler/innen/n
11
4.1. Einleitung
11
4.2. Grundsätzliche Überlegungen
12
4.3. Definitionsproblematik
12
4.4. Symptome und Signale
13
4.5. Der Beziehungsaufbau
15
4.6. Resümee
17
4.7. Literatur
20
5. Seminarsplitter
21
6. Plädoyer für verhaltensauffällige Kinder
24
7. Tipps zum erfolgreichen Umgang mit Schülerinnen und Schülern
26
8. Hilfen für den Umgang mit sozial und emotional benachteiligten
Kindern
28
9. Einige exemplarische Rückmeldungen zur Veranstaltung
30
10. Feedbackbogen
33
1
2
Organisation und Leitung der Veranstaltung:
Dipl. Päd. Helmut Pichler
Er ist seit mehreren Jahren an der Neuropsychiatrie des Kindes - und Jugendalters am AKH
Wien als Heilstättenlehrer tätig. Weiters ist er seit einigen Jahren Koordinator der
Arbeitsgemeinschaft Heilstättenpädagogik und auch Delegierter für Wien innerhalb dieser
Arbeitsgemeinschaft.
Schuladresse: Pezzlgasse 29, 1170 Wien,
Expositur im AKH Wien, Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters, Ebene 6, Zimmer
54, Währinger Gürtel 18 –20, 1090 Wien
Tel.: 01 40400 3833, [email protected]
Danksagung
M aßgeblich zum Gelingen dieser Veranstaltung haben beigetragen:
Frau M inR M ag. Christine Seifner vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und
Kultur, Herr M ag. Dr. Paul Kral, Direktor des Pädagogischen Institutes der Stadt Wien, Frau
M ag. Gabriele Gstettenbauer vom PI Wien, Frau Claudia Gartner vom PI Wien, Herr Dr.
Sepp Glück, Direktor des Pädagogischen Institutes in Baden, Frau M ag. Inge Schierer,
Leiterin der Heilstättenschule in Wien und Frau Dipl. Päd. Astrid Unger, Heilstättenlehrerin
in Wien.
Die Kapital 3 bis 8 wurden von Herrn Prof. SOL Herbert Stadler in diese Schrift
aufgenommen und liegen inhaltlich in dessen Verantwortung.
Für alle Fotos wurde das Einverständnis zur Veröffentlichung mündlich erteilt
3
4
Begrüßung
In
diesem
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finden
bereits
die
17.
Österreichischen
Fortbildungstage
für
Heilstättenlehrerinnen und Heilstättenlehrer statt - di
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Diese Fortbildungsveranstaltungen blicken auf eine lange Geschichte zurück, die bereits 1983
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unterschiedlichen Facetten der Heilstättenpädagogik wider.
Die Wichtigkeit einer solchen Veranstaltung wurde durch die große Anzahl der interessierten
Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Ausdruck gebracht.
Die beiden Tage sollen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Raum und Gelegenheit bieten,
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Die aktuelle Krise soll als persönliche Herausforderung und Chance für (sonder)pädagogische
Initiativen im Klassenraum verstanden werden. Es werden Anregungen für praxiserprobte
Handlungsstrategien im Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Kindern
aufgezeigt, die im Arbeitsalltag ihre besonderen Bedürfnisse oft drastisch signalisieren.
In den Heilstättenklassen, in der Gruppe oder im Einzelunterricht erfolgt der Unterricht in
einer oft persönlichen und pädagogischen Extremsituation. Diese erfordert neben der
täglichen neuen Auseinandersetzung mit der Befindlichkeit der Kinder auch ein ganz anderes
Individualisieren in methodisch-didaktischer Hinsicht und natürlich auch eine besondere
Flexibilität in der Unterrichtsorganisation. So muss sowohl der Stundenplan als auch der
Unterrichtsablauf verändert und neu adaptiert werden.
Somit sind die Heilstättenlehrerinnen und Heilstättenlehrer nicht nur Kontaktpersonen
zwischen den Kindern, Eltern und der klinischen Umwelt, sondern auch das Bindeglied zum
vertrauten schulischen Geschehen
Sie müssen den Schülerinnen und Schülern bei der Bewältigung der schwierigen
Kliniksituation helfen, die Kinder vom klinischen Geschehen ablenken, ihnen M ut zusprechen
und ihr Selbstvertrauen stärken.
5
Somit besteht ein doppelter Bildungsauftrag, der zwei wichtige Aspekte berücksichtigen
muss: nämlich den schulischen Aspekt und den heilpädagogischen Aspekt:
Einerseits soll der Lehrstoff vermittelt –vielleicht auch Rückstände aufgeholt –werden, der
Kontakt zur Herkunftsschule hergestellt und gepflegt werden und andererseits brauchen die
Kinder Geborgenheit, Verständnis und individuelle Zuwendung.
Die Konfrontation mit Krankheit und Leid verlangt von den Lehrerinnen und Lehrern ein
besonderes M aß an Selbstkontrolle, Psychohygiene, das im Rahmen von Supervision,
Fortbildungen und Teamgesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen sowie mit dem
Klinikpersonal erlangt werden kann.
Aber vielleicht sind es ja gerade die Komplexität und die sehr großen Herausforderungen, die
die Freude an dieser Arbeit mit diesen besonderen Kindern ausmachen.
Ich wünsche der Veranstaltung viel Erfolg und gutes Gelingen!
M ag. Christine Seifner
Bundesministerium für Bildung,
Wissenschaft und Kultur
6
1 Allgemeine Informationen zur Veranstaltung
Titel der Veranstaltung:
Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Kindern
Ort:
Pädagogisches Institut der Stadt Wien, Burggasse 14 –16, 1070 Wien, Raum 302 a+b
Zeitplan:
Donnerstag, 6. Oktober 2005
09:00 Uhr
Begrüßung und Eröffnung durch:
M inR M ag. Christine Seifner, bm:bwk
M ag. Dr. Paul Kral, Pädagogisches Institut der Stadt Wien
Helmut Pichler, Heilstättenschule, Wien
09:30 Uhr
Vortrag, Prof. SOL Herbert Stadler
11:00 Uhr
Übungen zum Vortag, Prof. SOL Herbert Stadler
12:30 Uhr
M ittagessen
14:00 Uhr
Weiterarbeit am Thema mit Vortrag und entsprechenden Übungen, Prof.
SOL Herbert Stadler
18:00 Uhr
Abendessen
Freitag, 7. Oktober 2005
09:00 Uhr
Vortrag, Prof. SOL Herbert Stadler
12:30 Uhr
M ittagessen
14:00 Uhr
Weiterarbeit am Thema mit Vortrag und entsprechenden Übungen,
Gruppenarbeit, Prof. SOL Herbert Stadler
17:30 Uhr
Schlussbemerkungen, Seminarbestätigungen, Organisatorisches
Zielgruppe:
Die Teilnahme stand nach vorheriger Anmeldung über die Landesschulräte bzw. des
Stadtschulrats für Wien allen an österreichischen Krankenhäusern und ähnlichen
Einrichtungen arbeitenden Lehrer/innen offen. Die Teilnehmer/innenzahl war jedoch mit 30
Personen beschränkt.
7
2 Teilnehmer/innenliste
Bundesland
Burgenland
Teilnehmer/innen
Annemarie PITTNER
Dienststelle
SPZ Oberwart
Kärnten
M ag. Christine KONIC
HSS1, LKH Klagenfurt
M ag. Renate WERGINZ
Heilstättenschule 1, 9020 Klagenfurt
Sigrid ZECHNER
Heilstättenschule 2, Klagenfurt,
M argit GEROLD
SPZ Krems
Christina HULLIK
SPZ St. Pölten Nord
Helga JANISTYN
Heilstättenschule Wr. Neustadt
Elisabeth LEITHNER
Heilstättenschule im KH M istelbach
Dr. Susanne TSCHIESNER
SPZ Siedlungsstr. 4, 3300 Amstetten
Ulrike WITTM ANNGOLASZEWSKI
M ag. Dr. Raphael OBERHUBER
SPZ 3910 Zwettl
Klaudia STRASSL
Heilstättenschule Linz
Carmen FRIEDL
Barbara COCHET
Heilstättenschule Linz, Barmherzige
Schwestern
Heilstättenschule LKH-Salzburg
Christina SAMM ERN
Heilstättenschule LKH-Salzburg
M onika DIEPOLD
LKH Deutschlandsberg
Gottfried HLEBAINA
LFS/SPZ Graz, Brockmanng.119
Gudrun RIEGER
Heilstättenschule, SPZ-Leoben
Auguste TSCHERNE
Niederösterreich
Oberösterreich
Salzburg
Steiermark
Kinderklinik Linz
Vorarlberg
Edith ROSENBERGER
SS Rosenhain, Graz/ UNIKinderklinik
Heilstättenschule Universitätsklinik
Innsbruck
Heilstättenschule Universitätsklinik
Innsbruck
Heilstättenschule Carina, Feldkirch
Wien
Steffi AM SÜSS
Heilstättenschule 1170 Wien
M ichaela BARTA
Heilstättenschule 1170 Wien
Andrea BRINEK
Heilstättenschule 1170 Wien
Gabriele DOBESCH
Heilstättenschule 1170 Wien
Karin SLA VIK-M OSER
Heilstättenschule 1170 Wien
Ingrid TOM SICH
Heilstättenschule 1170 Wien
Astrid UNGER
Heilstättenschule 1170 Wien
Ulrike ZELLER
Heilstättenschule 1170 Wien
Tirol
Alexandra CODEM O
Simone RALSER
8
9
3 Zum Vortragenden
Herbert Stadler
SObl geb. 1952; wohnhaft in Draßmarkt (Bgld); M atura in M ödling; PA Wien, Lehramtsprüfung für VS, ASO und SES; 1975-1989 als Sozialpädagoge im SOS-Kinderdorf in
Hinterbrühl tätig; seit 1989 Lehrer an der Sondererziehungsschule (SES) in Biedermannsdorf
(SPZ Wien 11); Arbeit in einer Klasse mit 13 –15 jährigen Schulverweigerern; 1992
Lehramtsprüfung für SES am PI Wien; 1993 Gordon-Lehrertraining bei Prof. M ag. Gillich in
Graz; 1993-1995 Ausbildung zum Beratungslehrer am PI Wien; 1995 Lehramtsprüfung für
ASO am PI
Eisenstadt; seit 1992 als Referent und Seminarleiter (Verhaltens-
auffälligenpädagogik und Kommunikationstraining) österreichweit für die PI des Bundes
zusätzlich zur Klassenarbeit tätig; M itglied der Prüfungskommission für APS (SES) des
Landesschulrates für NÖ; ehem. Lehrbeauftragter an der PA Linz; derzeit Lehrbeauftragter an
der PA Wien 10; Autor des Buches "Verhaltensauffälligkeit und Lehrerkompetenz", sowie
zahlreicher fachspezifischer Artikel; Familienvater, 3 Kinder.
10
4 Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Schüler/innen
(am Beispiel der Arbeit in einer Kleingruppenklasse der Sondererziehungsschule
Biedermannsdorf des SPZ Wien 11)
4.1 Einleitung
Die Integration sozial und emotional benachteiligter Schüler/innen ist (primär) eine Frage der
Einstellung diesen Kindern gegenüber.
"Das Problem sind die Ghettos in unseren Köpfen", meint der bekannte Integrationsfachmann
Univ. Prof. Dr. Georg Feuser (Uni Bremen), und: "Integration muss in unseren Köpfen
beginnen. Ist sie dort gelöst, finden wir pädagogische und didaktische Wege und M ittel ihrer
Realisierung. Integration ist ja nicht eine M ode in der Erziehung, nicht eine neue Variante.
Integration meint eine tiefgreifende Revision unserer Auffassung vom M enschen und seiner
Entwicklung zu einer humanen Persönlichkeit, die in einer neuen Pädagogik Ausdruck findet,
wie durch sie ermöglicht wird. Als solche wird sie nie ein einmal erreichter Zustand, sondern
ein täglich neu zu schaffender Prozess sein." (FEUSER 1985/1994, S.27/28)
In einem Gedichtband von Kristiane Allert- Wybranietz (Dem Leben auf der Spur, M ünchen
1987) fand ich folgende Zeilen: "In unserer Welt gibt es so viele Angstmacher,
Sorgenmacher, Krankmacher, Aufmacher und Dummmacher, aber so wenige M utmacher."
M it den folgenden Darstellungen möchte ich daher ganz einfach M ut machen, und zwar allen
jenen (und es sind deren nicht wenige), die täglich in unseren Schulen immer wieder aufs
Neue bereit sind, auch sogenannten verhaltensauffälligen Kindern aufrichtig, engagiert und
effizient zu helfen.
M eine Ausführungen beruhen auf langjährige Erfahrungen in einer Klasse mit 13 bis
15jährigen Schulverweigerern der Sondererziehungsschule Biedermannsdorf, einer Expositur
des Sonderpädagogischen Zentrums Wien 11.
Diese Klasse war 1989 aufgrund einer Initiative des LSI Gerhard Tuschel entstanden,
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Kleingruppenklasse von derzeit sechs der o.e. Sondererziehungsschule.
11
4.2 Grundsätzliche Überlegungen
Es geht primär nicht darum, die Hardware im Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern zu
finden (z. B. Welche Rahmenbedingungen müssen an einer Schule, in einer Klasse für die
Integration verhaltensschwieriger Kinder geschaffen werden?), sondern die Software. Dabei
ist die Frage: "Was können wir tun?" immer erst die zweite. Die wichtigste Frage lautet: "Wie
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Verfolgen wir die Fadenspule der Biographie verhaltensauffälliger Schüler/innen zurück,
türmt sich in der Regel ein seelischer Trümmerhaufen vor uns auf, oft die Folge einer
Verkettung tragischer Ereignisse.
In der Klasse fallen diese Schüler/innen vordergründig betrachtet als schwierig, unruhig,
verstockt und 'falsch', misstrauisch, unberechenbar, streitsüchtig und vor allem aggressiv auf.
Dahinter aber finden wir bei näherem Hinsehen Beziehungsschwierigkeiten, Depressionen,
Entwicklungskrisen,
Konzentrationsstörungen
und
M otivationsstörungen,
unerkannt
gebliebene Teilleistungsschwächen, die sich in Lern- und in der Folge in Verhaltensstörungen
manifestieren, Schlafstörungen, Prüfungs- und Schulängste usw.
Gerade die verschiedensten A ggressionsformen sind es, die uns so zu schaffen machen, die
AICHHORN (1925, S.191) "als Folge eines in der Kindheit unbefriedigt gebliebenen
Zärtlichkeitsbedürfnisses" und als "verdecktes, aber desto größeres Verlangen nach
Zuneigung" sieht.
4.3 Definitionsproblematik
Diese Schüler/innen verstehen wollen bedeutet, sich notwendigerweise die Frage stellen: Was
sind das nun für Schüler/innen, die unseren ohnedies nicht einfachen Schulalltag nicht nur
zusätzlich erschweren, sondern ihn bisweilen total verunmöglichen?
Der langjährige Leiter des M ünchner Waisenhauses, Dr. Andreas M ehringer, meinte Folgendes über sie - und ich habe trotz der Vielfalt an Definitionen in der Literatur noch keine bessere, d.h. keine einfühlsamere gefunden:
12
"Wie immer man diese Kinder auch bezeichnen mag, ist sekundär. Der Ausdruck 'Gestörte' ist
auf jeden Fall verfehlt, denn man muss sich angesichts der Umstände (Opfersichtweise,
Anm.) oft fragen, wessen Verhalten da im Grunde genommen gestört ist. ... Die einfachste
Bezeichnung ist diese: Sie sind arm dran, es geht ihnen schlecht. Ich behaupte: doppelt
schlecht, weil sie gefühlsmäßig meist als selbst schuld an ihrem Zustand angesehen werden
(Tätersichtweise, Anm.) und damit in der Öffentlichkeit weit weniger Sympathie und Aufmerksamkeit geschenkt bekommen als das organisch geschädigte Kind." (M EHRINGER
1979, S.11/13)
Diese Kinder sind nämlich - trotz vorhandener Eltern oder Elternteile - "verlassene Kinder
unserer Zeit" (BETTELHEIM 1978), die aus keinem Nest fallen konnten, weil sie de facto nie
eines hatten.
Der höchst engagierte Vorkämpfer für die Integration sozial und emotional benachteiligter
Schüler/innen, der ehemalige BSI Gerhard M örwald, formulierte es treffsicher: "Kinder mit
Verhaltensstörungen sind meist durch jahrelange Fehlentwicklungen geprägt worden. Sie
konnten sich ihr Schicksal nicht wählen, schon gar nicht haben sie sich die soziale und
emotionale Benachteiligung gewünscht. Schwererziehbare Kinder, die der Storch gebracht
hat, gibt es nicht!" (M ÖRWALD, 1991, S.10-12)
Niemand ist heute (demnach) mehr rettungsbedürftig als ein Kind, das Opfer unserer Zeit
geworden ist. (Bruno Bettelheim)
4.4 Symptome sind Signale
Wenn wir also über den "Background" dieser Schüler/innen Bescheid wissen, sollten wir
dieses Wissen im Konnex mit ihrer Verhaltensauffälligkeit sehen. Was bedeutet, was "sagt"
uns dieses auffällige Verhalten ?
Als Pädagog/innen sollten wir die in den M edien zumeist in Sensationsmanier vielzitierten
schulischen Auffälligkeiten nicht bloß mitbejammern - gleichsam als erste Zeugen der
"Angeklagten" - , sondern wir müssen einen Schritt weiter als der laienhafte Betrachter gehen,
13
d.h., diesen Symptomen - so widersprüchlich das vordergründig betrachtet auch klingen mag etwas Positives abgewinnen.
"Ja, wie denn das?", wird man sich da vielleicht fragen, "da ist doch beim besten Willen
nichts Positives zu sehen!" Und doch! Ein Symptom ist ein Signal, das Aufmerksamkeit, Interesse und Energie auf sich lenkt. Das Symptom ist damit sichtbarer Ausdruck eines unsichtbaren Prozesses und soll uns darauf hinweisen, dass etwas mit dem Symptomträger nicht
stimmt.
Verhaltensschwierige Kinder befinden sich in einer permanenten Existenzangst und sind
gezwungen, sich dagegen zu wehren: "Abwehr ist die verhaltensmäßige Antwort des
Organismus auf Bedrohung." (ROGERS 1983, zit. aus STIPSITS/HUTTERER 1988, S.55)
Diese Kinder wehren sich, indem sie auffallen! Negative Beachtung ist ja bekanntlich allemal
besser als gar keine Beachtung!
"Die Verhaltensschwierigkeiten, die A ggressivität, die Kontaktschwierigkeiten, die Wutanfälle erweisen sich als wahrer Hilfeschrei eines seelisch gestörten und oft auch physisch in
Not geratenen Kindes, dessen Hilferuf von seiner unmittelbaren Umgebung jedoch meist
nicht verstanden und fehlinterpretiert wird. In den meisten Fällen kommt es zu einer Eskalation." (EDLINGER 1990, S.121)
Gerade dieses auffällige Verhalten - so unangenehm und frustrierend es auch sein mag - , gibt
Anlass für einen pädagogischen Optimismus; gerade darin sehe ich eine berechtigte Hoffnung
für unser tägliches M ühen:
Es zeigt uns nämlich, dass dieses Kind noch nicht aufgegeben hat, dass er sich noch dagegen
wehrt, wie man mit ihm umgegangen ist oder umgeht. Es sind eigentlich seine letzten
Reparationsversuche, die uns darauf aufmerksam machen wollen, dass er nicht nur voller
Probleme, sondern zugleich noch voller M öglichkeiten steckt - er hat noch Ressourcen.
"Nur wer lebendig ist, kann antworten", meint Erich Fromm.
Es ist also absurd, auf das Symptom böse zu sein, sich davon persönlich angegriffen zu fühlen
oder es gar isoliert ausschalten zu wollen. Es käme einer pädagogischen "Vogel-Strauß-Politik" gleich, wenn wir bloß danach trachten, dieses in den Schüler/innen verankerte "AlarmLämpchen" möglichst rasch zum Verlöschen zu bringen. Der "kranke" M otor des Autos signalisiert über das blinkende Ölanzeigelämpchen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Niemand
14
käme auf die Idee, bloß das Lämpchen herauszudrehen und weiterzufahren. Die Folgen wären
zerstörend. Das Ziel unserer Bemühungen muss es daher sein, nicht die Symptome zu
verhindern, sondern sie überflüssig zu machen.
4.5 Der Beziehungsaufbau
Aus dieser Erkenntnis heraus sehe ich daher diese belasteten Schüler/innen als "Schülerinnen
und Schüler mit besonderen Bedürfnissen", auf die sie mit ihrem auffälligen Verhalten
aufmerksam machen wollen.
Dieser Aspekt enthält einen entscheidenden Auftrag: Es geht nämlich nicht darum, was wir
Erwachsenen von sozial und emotional benachteiligten Kindern erwarten dürfen, sondern sie
von uns. Erst danach, zu einem viel späteren Zeitpunkt, wird es zu einem Gleichgewicht der
gegenseitigen Erwartungen kommen können (müssen).
"Das Verständnis kausaler Verkettungen zwischen der Lebensgeschichte und dem Symptom
des Schülers ermöglicht bei uns Lehrern eine andere Einstellung, eine heilpädagogische Einstellung dem Schüler gegenüber." (DELLISCH 1985, S.262)
Es gilt daher bei jedem schwierigen Kind zunächst zu sehen, was mit ihm ist, zu erkennen,
was ihm fehlt, zu vermeiden, was Angst macht, und es zu schützen, wo es Not tut.
Wir müssen zunächst also spüren, was sie brauchen, und nicht fordern, was sie sollen! Der
bekannte Heilpädagoge Paul MOORbe
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Der Umgang mit verhaltensauffälligen Schüler/innen ist daher permanente Beziehungsarbeit.
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"Wenn Lehren und Lernen effektiv funktionieren sollen, muss eine einzigartige Beziehung,
eine Brücke zwischen dem Lehrer und dem Lernenden bestehen. Sie ist wichtiger als das, was
der Lehrer lehrt, wie er den Stoff vermittelt oder wen er zu unterrichten versucht." (GORDON
1977, S.20)
Das Kind selbst lehnt unser "Brückenbau-Anliegen" von vornherein strikt ab. Zu viele
Beziehungs abbrüche liegen hinter ihm, zu groß ist die Angst vor neuen Enttäuschungen.
15
Als sozial und emotional behinderter M ensch ist er vorerst auch gar nicht fähig, dieses
Angebot anzunehmen; die bei jedem unserer Schützlinge konstatierbare Beziehungsunfähigkeit ist ein oft nur schwer (mitunter gar nicht) auszuräumendes Hindernis für eine notwendige positive Entwicklungsmöglichkeit, an deren Ende die für ihn und seine zukünftige
Umgebung erträgliche gesellschaftliche Integration in der Berufs- und Arbeitswelt stehen soll.
Für den Beziehungsaufbau gilt demnach: Der Weg ist das Ziel!
Hier gilt also die Taktik der kleinen Schritte, hier schließt sich der eingangs erwähnte
Softwarekreis: Wenn wir Pädagog/innen unsere Schüler/innen verstehen, werden wir sie und
ihre Probleme akzeptieren. Wenn wir sie akzeptieren, werden wir sie mögen. Wenn wir sie
mögen, schaffen wir Bedingungen, in denen "Wiedergutmachung (im Grillparzerschen Sinne
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darben", Anm.) möglich ist, in denen Wärme,
Wertschätzung und
Selbstbestätigung zwanglos
erlebbar
werden,
ohne messbaren
Erfolgsdruck oder Forderung nach Dankbarkeit." (REICHEL 1991, S.6)
Ich habe oftmals festgestellt: In dem M oment, in dem meine Schüler/innen akzeptieren
können(!), dass ich sie akzeptiere und mag, geht es aufwärts.
Aus Erfahrung weiß ich: Ein Kind, das ich nicht mag, kann ich nicht unterrichten und ein
Kind, das das spürt, lässt sich nicht unterrichten!
Das auffällige Kind ist bisher ja kaum jemandem im positiven Sinne aufgefallen - es leidet in
extremer Weise unter "Ich-Armut" (M ehringer), da seine "seelischen Grundbedürfnisse"
(Schenk-Danzinger) bisher sträflichst missachtet wurden. Indem wir ihn nun bewusst wahrnehmen, anerkennen und achten, wirken wir schrittweise dieser "Ich-Armut" entgegen.
Damit erfüllen wir aber auch ein Grundrecht des Kindes, das Janusz KORCZAK als "Das
Recht des Kindes auf Achtung" im gleichnamigen Buch postulierte.
Achten ist dabei ein gegenseitiger Vorgang: Nur wer den anderen achtet, darf für sich in
Anspruch nehmen, auch geachtet zu werden.
Dann, und nur dann, werden jene Energien für das notwendige schulische Tun frei, die zuvor
im permanenten Sich-schützen-M üssen gebunden waren. Energien, die in zumeist aggressiven
16
Reaktionen (aus der Angst heraus, die Angst zuzulassen) nach außen sinnlos "verpufften" und
die ungenützt blieben für den Lern- und Leistungsbereich. "Lernen hört automatisch auf,
wenn Schüler Probleme haben" (GORDON 1977, S.148), da sie "die anderen Bereiche ihrer
Persönlichkeit vor der Schultüre nicht einfach abstreifen können". (PETILLON 1980, S.24)
4.6 Resümee
Der reale Funktionsverlust der Familien der Gegenwart bringt zwangsläufig immer kompliziertere Sozialisationsaufgaben für die Schule, oder anders gesagt: Das Versäumnis der Erfüllung des pädagogischen Auftrages seitens des vorhandenen oder nicht vorhandenen Elternhauses infolge der drastisch zunehmenden "broken-home"-Situationen wird zum therapeutischen Problem, dem wir Lehrkräfte nur mit einem neuen Rollenverständnis gerecht werden
können: Die Schülerin bzw. der Schüler ist nicht länger mehr Unterrichtsobjekt, sondern
Person, die Lehrerin/der Lehrer also nicht nur für den Kopf, sondern für den ganzen
M enschen zuständig.
Die ganzheitliche Sichtweise der Schülerin/des Schülers, die die Lehrerin/den Lehrer auch als
Erzieher oder besser gesagt als Bezieher fordert, ist eine Grundvoraussetzung für ein neu zu
definierendes Lehrer-Schüler-Verhältnis.
Die Rolle der Lehrerin/des Lehrers ist ja mittlerweile längst eine andere geworden als die
vordergründig gesellschaftlich zugeteilte, auch wenn das einige (viele?) noch immer nicht zur
Kenntnis nehmen wollen; eine Rolle, die mehr denn je zu Selbstkritik und Selbstreflexion
herausfordert und getragen sein sollte vom "Gefühl der Verpflichtung gegenüber dem
Schulschicksal jedes einzelnen Kindes, besonders aber des benachteiligten." (SCHENKDANZIGER, 1972, S.10)
In Hinkunft werden immer mehr pädagogische Aufgaben von uns in unser unterrichtliches
Tun miteinbezogen werden müssen - mit der bloßen "Lehrplan-Brille" (Sedlak) werden wir
den neuen Herausforderungen nicht mehr gerecht werden können.
"Für manches Kind kann das Befreitwerden aus psychischen Nöten persönlich viel wichtiger
sein als das Erreichen möglichst vieler fachspezifischer Lernziele. Die heutige Lehrerin/der
heutige Lehrer muss sich daher von ihrer (seiner) beruflichen Kompetenz und Qualifikation
17
her vorrangig auch im Handlungsfeld 'Erziehung' ausweisen können und beweisen."
(ORTNER 1991, im Vorwort).
Damit wird das unaufhaltbar eintreten, was Oskar SPIEL bereits 1947 in seinem Buch "Am
Schaltbrett der Erziehung" voraus gesagt hat: "Das organisierende Prinzip wird nicht mehr die
Übermittlung eines immer herrischer sich gebärdenden Wissensquantums sein, sondern die
Erzeugung
einer
sittlichen
Gesinnungsgemeinschaft,
der
sich
das
Prinzip
einer
Wissensübermittlung erst als sekundäres Problem unterordnet. Dann wird auch im Lehrer der
Erzieher den Unterrichter weit überragen müssen. Dann wird freilich auch die Nachfrage nach
dem Lehrererzieher viel größer sein." (a.a.O. S. 19)
M it diesem neuen Rollenverständnis - und ich sehe keine Alternative - wird aber unser Lehrberuf in Hinkunft gesellschaftspolitisch enorm aufgewertet: Die Lehrerin/der Lehrer als
M enschenbildner!
Eines muss aber klar sein, damit ein Scheitern unsererseits nicht von vornherein programmiert
wird: Wir müssen den besonderen Umgang mit (schwierigen) Schüler/innen auch unter dem
Aspekt sehen, "dass sich nicht nur die Kinder wandeln, während wir sie erziehen, sondern wir
uns selbst wandeln müssen, wollen wir sie erziehen." (LEIXNERING 1990, zit. aus POSCH,
1990, S.174)
M ein Optimismus im Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Schüler/innen beruht
auf vielen wunderschönen Erlebnissen mit ihnen, die mich heute -
auch nach vielen
Berufsjahren - veranlassen zu sagen: "Ich bin gerne Lehrer!" Die Kraft dafür bekomme ich
nach wie vor aus meiner unstillbaren Neugier für diese Kinder.
Ich habe oftmals erkennen dürfen, dass hinter der Fassade der schwierigen und vorerst
unzugänglichen Schüler/innen ein "Schüler mit besonderen Bedürfnissen" an Sicherheit, Geborgenheit, Annahme und Zuneigung steckt. Erhält er dies als Antwort auf seine Symptome,
dann bekommen wir oft viel mehr zurück, als wir je erwartet oder erhofft hätten.
M einen Schüler/innen verdanke ich dadurch viele wertvolle Erfahrungen, die im Laufe
meiner jahrelangen Unterrichtstätigkeit den Umgang mit ihnen entscheidend mit geprägt
haben. Vieles von dem, was ich hier ausführte, habe ich - so paradox das klingen mag - auch
von und durch meine Schüler/innen gelernt.
18
Vor kurzem besuchte uns ein Schüler, der vor fünf Jahren aus unserer SES -Klasse (SES =
SELBST-ERFAHRUNGS-SCHULE; nach wie vor hält sich hartnäckig der m.E. veraltete
(und diskriminierende) Begriff Sondererziehungsschule!) aus geschieden war und eine
Schlosserlehre absolvierte. Wir hatten es mit ihm nicht leicht gehabt. Da stand er nun und
meinte: "Ihr habt mir eine Chance gegeben und das vergesse ich euch nie!"
Im selben M oment war ich ihm aber auch dankbar für die Chance, die er mir gab, nämlich zu
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tolerieren. Es geht darum, sie kennen zu lernen, zu verstehen, zu achten und - wenn man die
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Dann dürfen wir Lehrkräfte im Sinne von Carl ROGERS (1985, S.110) mit einer durchaus
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herauszufinden, lohnt unseren Einsatz!
Wenn wir's nicht probieren, tun wir's nicht.
Und wenn wir's nicht tun, wozu sind wir dann auf der Welt? (Armand Hammer)
Für die M öglichkeit dieses Tuns sei ganz besonders dem für die Sonderpädagogik Wien
verantwortlichen Herrn BSI RR Richard Felsleitner gedankt, der unsere Arbeit mit sozial und
emotional benachteiligten Kindern an der Sondererziehungsschule Biedermannsdorf nicht nur
kompetent begleitet, sondern verständnisvoll unterstützt und fördert.
19
4.7 Literatur
(zu den in Großbuchstaben angeführten Autoren in diesem Abschnitt )
AICHHORN, Au. (1925). Verwahrloste Jugend. Wien-Zürich
BETTELHEIM , B. (1978). Das verlassenen Kind in unserer Zeit. Vortrag im SOS-Kinderdorf
Hinterbrühl.
DELLISCH, H. (1985). Frühe Störungen in der Eltern- Kindbeziehung und ihre
Auswirkungen auf die Schule. In: Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie. Nr. 7
EDLINGER, V. (1990). Das psychosozial entwicklungs gestörte Kind. In: Heilpädagogik.
Beiblatt der Zeitschrift "Erziehung & Unterricht". Nr. 4
FEUSER, G. (1985). Zeitschrift für Kleinkindpädagogik und außerschulische Erziehung. In:
Behinderung-Integration.
M edienbegleitheft
zur
gleichlaut.
Videoserie des
BM fUK
(M edienservice), 1994
GORDON, T. (1977). Lehrer-Schüler-Konferenz. Hamburg
KORCZAK, J. (1972). Das Recht des Kindes auf Achtung. Göttingen
M EHRINGER, A. (1979). Eine kleine Heilpädagogik. M ünchen
MOOR, P. (1994). Heilpädagogik. Luzern
MÖRWALD, G. (1991). Leben mit oder gegen randständige Außenseiter. In: Zeitung des
Zentralvereines (ZV) der Wiener Lehrerschaft. Nr. 3, S.10-12
ORTNER, A./ORTNER, R. (1991). Verhaltens- und Lernschwierigkeiten. Weinheim-Basel,
im Vorwort
PETILLON, H. (1980). Soziale Beziehungen in Schulklassen. Basel
REICHEL, R. (1991). Energie-Selbstwert-Kultur. In: Sozialpädagogische Impulse. BI für
Heimerziehung Baden (Hrsg.). Nr. 4
ROGERS, C. (1983). Die klientenzentrierte Gesprächstherapie. Frankfurt. In: STIPSITS, R./
HUTTERER, R. (1988). Person werden. Frankfurt
SCHENK-DANZIGER, L. (1972). Pädagogische Psychologie. Wien
SPIEL, O. (1947/1979). Am Schaltbrett der Erziehung. Bern-Stuttgart-Wien
M YSCHKER, N. (1996). Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen. StuttgartBerlin-Köln
SPECK, O. (1999). Erziehung und Achtung vor dem Anderen. M ünchen
20
5 Seminarsplitter
Die Lehrkräfte haben die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten
bei Nebel durch unwegsames Gelände zu führen, und zwar so, dass alle bei bester Laune und
möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Zielorten gesund ankommen!
(Hermann J. Liebel)
Die Zukunft gehört dem Team, die Zeit der Einzelkämpfer ist vorbei! Team aber nicht im
Sinne von: Toll, Ein Anderer M a
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M an kann sich den ganzen Tag ärgern, aber man ist dazu nicht verpflichtet. Träumen wir
nicht vom Soll-Zustand (= Frust), sondern akzeptieren wir den Ist-Zustand (=erspart Frust)!
Sich darüber zu beklagen, dass die Dinge so sind, wie sie sind, hat keinen Sinn! Was ist am
Vernünftigsten und Dringendsten heute zu tun, um die Dinge, wie sie jetzt sind, einfach
besser zu machen? (Sir Karl Popper)
Die primäre Frage im Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Schülern lautet
immer: Wie können wir sie verstehen? Erst danach kommt die Frage nach dem Tun!
Ich glaube, dass Schüler/innen de
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abgeholt werden, wo sie stehen. Sie geraten in ein Schulsystem, dem sie nicht gewachsen
sind. Sie hatten keine Chance, vorher Dinge zu lernen, die diese Schule von ihnen
selbstverständlich verlangt. (Heide Rosenmayer-Reinisch)
Wie immer man diese Schüler/innen auch bezeichnen mag, ist sekundär. Der Ausdruck
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es geht ihnen schlecht. Und niemand von uns möchte eigentlich in ihrer Haut stecken. Ich
behaupte: doppelt schlecht, weil sie gefühlsmäßig meist als selbst schuld an ihrem Zustand
angesehen werden und damit in der Öffentlichkeit weit weniger Sympathie und
Aufmerksamkeit bekommen als das organisch geschädigte Kind. (Andreas M ehringer)
Es ist leichter ein Atom zu zertrümmern als ein Vorurteil! (Albert Einstein)
21
Wir dürfen niemals von den Schwierigkeiten ausgehen, die ein Schüler macht, sondern immer
nur von denen, die er hat. (Hermann Nohl)
Arbeitet für das Fehlende, nicht immer nur gegen den Fehler! (Paul M oor)
Es gilt daher bei jedem schwierigen Schüler zu sehen, was mit ihm ist; zu erkennen, was ihm
fehlt; zu vermeiden, was Angst macht, und ihn schützen, wo es not tut.
Wenn Lehren und Lernen effektiv funktionieren sollen, muss eine einzigartige Beziehung,
eine Brücke zwischen dem Lehrer und dem Lernenden bestehen. Sie ist wichtiger als das, was
der Lehrer lehrt, wie er den Stoff vermittelt oder wen er zu unterrichten versucht. (Thomas
Gordon)
Beziehungen sind wichtiger als Inhalte. M an lernt nur von dem (für den!), den man liebt.
(Ruth Cohn)
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-Schüler-Beziehung:
verstehen –akzeptieren –mögen.
Einen Schüler, den ich nicht mag, kann ich nicht unterrichten und ein Schüler, der das spürt,
lässt sich nicht unterrichten.
Vier Zutaten ermöglichen die menschlich tragfähige und belastbare Beziehungsarbeit:
Lob: M an kann in Schüler nichts hineinprügeln, bestenfalls was herausstreicheln! (nach A.
Lindgren)
Gespräch: Das höchste Lob für uns Lehrkräfte? Immer noch: M it dem/der kann man reden!
Respekt: Nur wer den anderen (Eltern/Schüler) achtet, darf für sich selbst Achtung erwarten!
Humor: Humor ist der Sauerstoff für die alltagsgeplagte Seele!
Diese vier Ressourcen hat jede Lehrkraft! Sie muss sie nur nützen!
Wenn Sie immer das tun, was Sie immer schon getan haben, werden Sie immer das
bekommen, was Sie immer schon bekommen haben. Wenn das, was Sie tun, nicht wirkt, dann
tun Sie etwas anderes. (Paul Watzlawick)
22
Aber: Der Weg durch die Wüste ist kein Umweg! Wer nicht die Leere erlitt, bändigt auch
nicht die Fülle! Wer nie die Straße verlor, würdigt den Wegweiser nicht! (Friedrich
Schwanecke)
In Zeiten wie diesen, bei Schülern dieser Zeit, müssen wir Lehrkräfte uns fragen, ob wir nicht
über den bildungspolitischen Auftrag hinaus in den Schulen eine zutiefst humane Aufgabe
wahrnehmen werden müssen, die uns auch gesellschaftspolitisch enorm aufwerten wird,
nämlich: Die Lehrerin / der Lehrer –als M enschenbildner! Der reine und ausschließliche
Stoff- und Wissensvermittler ist passe! Die Lehrkraft der Zukunft wird auf drei Säulen stehen
müssen: Bildungsvermittler –Kommunikator –M ediator.
Hardliner sind Auslaufmodelle, die aus bloß musealen Gründen an den Schulen gehalten
werden, um den Jüngeren zu zeigen: So nicht!! M anche schützt nur die Pragmatisierung!
Die Nachfrage nach dem Lehrer-Erzieher wird dereinst eine sehr große sein!
(Oskar Spiel, 1947)
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Fort- und Weiterbildung ist keine Sache bloß für den Topf C, sondern ein Akt der Vernunft.
Nur der Unwissende wird böse, sagen die Asiaten, der Weise versteht!
Viele Lehrkräfte sind deswegen sehr erfolgreich, weil sie mit hoher Wahrscheinlichkeit mit
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Und darauf dürfen, nein müssen wir zu Recht stolz sein!
Erfolg? Wenn nur ein Leben leichter geatmet hat, weil Du gelebt hast! (Ralph W. Emerson)
Was brauchen wir für den Erfolg? Liebe –M ut –De
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helfen, stützen, begleiten, aber nicht auslöschen! (Dr. Bogyi). Wir bekommen diese Kinder
für Stunden aus ihrem Chaos heraus, aber leider nicht immer das Chaos aus ihnen.
23
Die Zukunft ist für Schwache das Unerreichbare, für Furchtsame das Unbekannte, für die
Tapferen aber die Chance (Viktor Hugo), und: Optimismus ist Pflicht! (Sir Karl Popper)
6 Plädoyer für verhaltensauffällige Kinder
Verhaltensauffällige Kinder hat nicht der "Storch" gebracht; als Teil unserer Gesellschaft
spiegeln sie deren Probleme wider! Widrige Lebensumstände, familiäre Fehlerziehung, Entwicklungs- und Beziehungsstörungen, tragische Ereignisse, traumatische Trennungs- und
Verlusterlebnisse haben sie zu Symptomträgern
gemacht. Nur eine
ganzheitliche
Betrachtungsweise bewirkt ein differenziertes Verstehen!
Verhaltensauffällige Kinder sind meist unglückliche, auch ungeliebte und einsame Kinder,
die eben nicht selbst schuld an ihrem Verhalten sind; sie sind arm dran, es geht ihnen schlecht
und niemand von uns Erwachsenen - die das Glück haben, auf der Sonnenseite des Lebens zu
Hause zu sein - möchte eigentlich in ihrer Haut stecken. Viele dieser Kinder sind Sozialwaisen, weil sie nicht getragen, nicht eingebunden sind in verlässliche, sie bergende und
schützende Beziehungen. Oft konnten sie aus keinem "Nest" fallen, weil sie de facto nie eines
hatten!
Verhaltensauffällige Kinder haben daher als sozial und emotional benachteiligte M itmenschen
Anspruch darauf, dass man sie und ihre Probleme mit dem größten Respekt behandelt. Sie
können uns infolge ihrer psychischen Benachteiligung nicht immer so folgen, wie wir das von
ihnen erwarten. Es ist demnach keine Frage des "Wollens"!
Verhaltensauffällige Kinder sind auf das Verständnis ihrer erwachsenen Bezugspersonen angewiesen. Darin liegt aber auch der Schlüssel für einen erfolgreichen Umgang mit ihnen:
Wenn wir diese Kinder verstehen, werden wir sie akzeptieren. Wenn wir sie akzeptieren,
werden wir sie mögen. Wenn wir sie mögen, schaffen wir jene pädagogische Atmosphäre, in
der eine menschlich tragfähige und belastbare Beziehung eine "Wiedergutmachung" (im
Sinne Grillparzers: Und mache (du) gut, was andere verdarben!) ermöglichen kann.
Verhaltensauffällige Kinder wollen uns grundsätzlich nie persönlich angreifen - wir müssen
oft nur im Sinne von Übertragungen als Ersatzobjekte herhalten; eine falsche Sichtweise unsererseits bzw. die Fehlinterpretation der auffälligen Signale verschlimmern nur noch den von
24
uns beklagten Zustand. Nur professionelle Distanz zu den Symptomen, ein kühler Kopf und
das Wissen um die komplexen Zusammenhänge, sowie konsequente Strategien können zum
Abbau der uns sicherlich im Alltag stark belastenden Auffälligkeiten beitragen.
Verhaltensauffällige Kinder müssen permanent kompensieren und zwar ihren M angel an Zuwendung, Anerkennung, Sicherheit und Selbstwert. Sie leiden in extremer Weise an IchArmut, da ihre seelischen Grundbedürfnisse bislang sträflichst missachtet wurden. Diese Kinder müssen deswegen auffallen, weil sie bisher kaum jemandem aufgefallen sind. Negative
Beachtung ist für sie allemal noch besser als gar keine Beachtung! Im Umgang mit diesen
Kindern müssen wir daher zunächst daran denken, was sie brauchen und nicht was sie sollen.
Verhaltensauffällige Kinder werden im Grunde genommen von einer tiefen Angst in die
Aggressivität getrieben, nach dem M otto: Angriff ist die beste Verteidigung! Oder: Wenn ich
nicht mehr geliebt werde, soll man mich wenigstens fürchten! Die Tragik des aggressiven
Kindes ist die Tatsache, dass seine Signale als vermeintliche "Stärke" und nicht als Notsignal
einer inneren Schwäche und Verzweiflung wahrgenommen werden.
Verhaltensauffällige Kinder sind ständig gezwungen, die unsichtbaren Prozesse ihrer seelischen Verwundungen sichtbar zu machen - ihre Symptome sind Signale, sind die "Sprache"
der entbehrenden Kinderseele und keine Eigenschaften! Es gibt nicht "den Verhaltensgestörten"! Diese Kinder sind daher nicht "G'störte" im abwertenden und vorverurteilenden Sinn, so
nach der Redensart: Wer stört, ist gestört! Sie sind Kinder mit besonderen Bedürfnissen - mit
dem berechtigten Bedürfnis jedes M enschen nach Annahme, Anerkennung, Sicherheit und
Geborgenheit! Oft ist schon ein bisschen Aufwand, ein bisschen Zeit und Geduld für sie weit
mehr, als sie in ihren Herkunftsfamilien haben.
Verhaltensauffällige Kinder brauchen demnach ein Übermaß an Anerkennung, Lob, Zuwendung und vorerst die beinahe bedingungslose Annahme unsererseits. Das und nur das lässt sie
Vertrauen schöpfen. Allmählich und oft in kaum merkbaren Schritten fassen sie M ut, ihren
Schutzschild, ihre Panzerung aufzugeben. Sie wehren sich nämlich nur so lange, wie sie es für
notwendig erachten.
Verhaltensauffällige Kinder brauchen äußeren Halt für ihre innere Destabilisierung, sie brauchen klare Regeln und Strukturen in ihrer Orientierungslosigkeit; sie brauchen unendlich viel
25
Geduld und Verständnis, sie brauchen genau das, was sie im Alltag durch ihr Verhalten
vordergründig von sich zu weisen scheinen. Sie fordern von uns das ein, was menschlich
gesehen wohl am schwierigsten umzusetzen ist: Liebe mich dann am meisten, wenn ich es am
wenigsten verdiene!
Verhaltensauffällige Kinder brauchen uns Lehrerinnen und Lehrer als Freunde, und viel mehr
den Bezieher in uns als den Erzieher. Diese Kinder appellieren an unsere Ressourcen, an
unsere M öglichkeiten jenseits von Didaktik und Lehrstoff. Diese Kinder brauchen uns
souverän, nervenstark, ruhig und besonnen. Sie brauchen uns als Vorbilder, und sie
akzeptieren in der Regel, was wir ihnen vormachen, vorleben und nicht, was wir ihnen bloß
sagen. Damit wahren wir für diese Kinder unter Umständen ihre letzte Chance auf
Sozialisation.
Verhaltensauffällige Kinder sind nicht immer schlimm, nicht immer aggressiv, nicht immer
lästig. Sie sind auch nett und liebenswert - und das nicht nur, wenn sie schlafen! Allein das
herausfinden zu dürfen, lohnt den Einsatz für sie!
7 Tipps zum erfolgreichen Umgang mit Schüler/innen
Lob spenden
Loben Sie häufig und von Herzen –Sie schaffen ein positives Klima.
Bitte lächeln
Wer Schüler/innen freundlich begegnet, entwaffnet sie automatisch.
Positives Feedback
Faustregel: Wie man in den Wald hineinruft ...
Persönliche Anrede
Daran denken: Jedem M enschen ist sein Name etwas Wichtiges.
Humor ins Klassenzimmer
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Diplomatie einsetzen
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Keine Befehle
M achen Sie Vorschläge; geben Sie Chance zur M itbestimmung.
Anerkennung zollen
Erkennen Sie kleinste Erfolge an und nehmen Sie nichts selbstverständlich.
Positiv denken
Sehen Sie nicht immer das halbleere Glas, sondern immer öfter das halbvolle und geben Sie
grundsätzlich nur einen Brief auf.
Zeit nehmen
Sie wissen: Zeit hat man nicht, Zeit nimmt man sich! Seien Sie versichert: Sie bekommen
immer mehr zurück, als Sie investieren.
Zuhören können
Als Zuhörer können Sie nur gewinnen. Wer zuhören kann, dem begegnet man positiv, man
fühlt sich angenommen! Zuhören können schafft Vertrauen und nur dieses ermöglicht positive
Lehrer-Schüler-Beziehungen.
Fehler eingestehen
Das macht Sie menschlich und begreifbar. Sie vergeben sich nichts. Sie gewinnen nur.
27
8 Hilfen für den Umgang mit sozial und emotional benachteiligten
Kindern
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KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN M ACHEN“
Diese Broschüre (65 Seiten, A4) des LSR OÖ ist auf der Homepage zu finden:
www.lsr-ooe.gv.at/publikationen/sorgenkinder-kern.pdf...WAS
TUN?
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MMESCHÜLER“?–ein Handlungsleitfaden für Pädagog/innen im Umgang mit
speziellen Problemsituationen in der Schule (ADHS, Angst, Sucht, M issbrauch, Depression,
Suizid, Essstörungen, Zwangstörungen, Schulverweigern, -schwänzen)
Herausgegeben von der Schulpsychologischen Abteilung des LSR Stmk; Anfrage bei der
Sachbearbeiterin M onika Lackner 0316-345 DW 1104; oder:
[email protected]; Anfrage ob Broschüre im Netz oder direkt beim LSR
beziehbar (38 Seiten, A 5); siehe: www.lsr-stmk.gv.at/indexfl.htm
STUFENPLAN
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BETREUUNG
VON
KINDERN
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BESONDEREN
BEDÜRFNISSEN IN BEZUG AUF IHR VERHALTEN
Hrsg. von einer Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Gänserndorf in NÖ –hat 15 Seiten,
A4 – sehr praktikabel; abzurufen unter http://bsr.lsr-noe.gv.at/gaenserndorf - „
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ENTWICKLUNGSPLÄNE –ein Versuch zum differenzierten Sichtbarmachen individueller
Entwicklungsschritte, u.a. im Verhalten, weiters Sprechen, M athe, D-Lesen, SU, GZ, ...
Für die ASO vom gleichen Team, siehe oben, entwickelt (160 Seiten, A 4), auch für VS und
HS 1./2. Kl adaptierbar; abrufbar unter http:// ... –siehe oben –„
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LINZER DIAGNOSEBOGEN ZUR KLASSENFÜHRUNG
Zu finden auf der Homepage von Prof. Dr. Hannes M ayr (PA Linz Erzdiözese)
www.padl.ac.at/staff/maj unter Lehre / Kepler Uni Linz, wo er u.a. auch lehrt; Prof. M ayr
(Kinderpsychologe, klientenzentrierter Spieltherapeut, Familientherapie, Gestalt, TA usw.) ist
ein begehrter Seminarleiter zum Thema: Klassenführung / Konflikte im Unterricht (siehe dazu
Artikel auf der Homepage!); erreichbar: [email protected] . Prof. M ayr empfiehlt
zum zeitlos aktuellen Thema Verhaltensauffälligkeiten das Buch von Gert LOHMANN
(2003). M it Schülern klarkommen. Professioneller Umgang mit Unterrichtsstörungen.
28
ADHS-Kinder (hyperaktive- und aufmerksamkeitsbeeinträchtigte Kinder)
Eine empfehlenswerte Adresse:
www.adapt.at
Fordern Sie auch die praxisorientierte
Zeitschrift unter [email protected] an; auch Bücherliste und Videos zum Thema; 50
Tipps siehe: www.juvemus.de
Dazu die Erfahrungen der Bonner HEBO Schule des Dir. Hans Biegert: www.hebo-schule.de
Faszinierend!!
Empfehlenswerte Home
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“ www.pi-wien.at (u.a. Pi-News-Zeitung); Veranstaltungsinfos!
Hochinteressant, informativ, diskussionswürdig www.laborschule.de (Schule der 5 bis 15
jährigen in der Laborschule Bielefeld in Deutschland)
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ratlose Eltern.
AUTISM US? Axel BRAUNS. Buntschatten und Fledermäuse.
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BULIM IE? Peggy CLAUDE-PIERRE. Der Weg zurück ins Leben. Verstehen und heilen.
M ISSBRAUCH? M ax H. Friedrich. Tatort Kinderseele.
SCHEIDUNG? M ax H. FRIEDRICH. Die Opfer der Rosenkriege. oder: Helmuth FIGDOR.
Scheidungskinder.
SOZIAL UND EM OTIONAL BENACHTEILIGT? Andreas M EHRINGER. Eine kleine
Heilpädagogik.
Susanna TAM ARO. Love oder: Torey HAYDEN. Sheila oder: Dave PELZER. Sie nannten
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h„Es
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Kompetente, hilfreiche Berichte in: Sabine SCHLÜTER, Christian VIELHABER. The best of
Kinderschutz aktiv.
29
9 Einige exemplarische Rückmeldungen von Teilnehmer/innen zur
Veranstaltung
Monika Diepold (Steiermark):
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(das Kind Helen Keller –Film nach einem Roman von Gibson)
Kurze Inhaltsangabe:
Der Film spielt um die Jahrhundertwende in Amerika (Boston).
Helen Keller ist seit ihrer Kindheit in ihrem Verhalten sehr auffällig und wird daher nicht
beschult. Die Eltern suchen für ihr Kind eine Privatlehrerin, die sie auch finden (Annie
Sullivan). Die Bedingungen für die Erzieherin sind durch die Eltern eher eingeschränkt,
weshalb die Lehrerin beschließt mit Helen vorübergehend in eine entfernt gelegene Hütte zu
ziehen. Der Unterricht gestaltet sich anfangs äußerst schwierig, doch es wird immer mehr
gegenseitiges Vertrauen aufgebaut, wodurch lernen möglich wird. Das Ende des Films ist die
Zusammenführung mit den Eltern, ein gemeinsames M ittagessen, das sich sehr chaotisch
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Ein fantastischer Film von ungeheurer Spannung, aus dessen Inhalt man sicherlich viel für die
eigene Lebenspraxis mitnehmen kann.
Anschließend überlegte jede Teilnehmerin/jeder Teilnehmer zuerst in Einzelarbeit folgende 3
Fragen:
1.) M it welcher der handelnden Personen –Annie Sullivan ausgenommen –fühlen Sie sich
verbunden?
2.) Was würden Sie tun?
3.) Welche Szene berührte Sie am meisten?
Danach herrschte ein reger Austausch der eigenen Ansichten mit vielen guten Begründungen.
Als Resümee der gesamten Fortbildungsveranstaltung möchte ich einige, für mich wichtige
Schlagworte, die auch Prof. Stadler zum Teil verwendet hat, festhalten.
Der Umgang mit sozial und emotional benachteiligten Kindern erfordert meiner M einung
nach:
30
Akzeptanz –(bedingungslose) Liebe –Achtsamkeit & Respekt –Konsequenz –Humor/gute
Teamarbeit/Lob – Ressourcenorientierung – Lösungsfokusierung und nicht Problemfokusierung!
Augustine Tscherne (Graz):
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Fortbildungstage gestaltet.
Dabei stand immer die Lösungsfokusierung und nicht die Problemfokusierung im
Vordergrund.
Als sehr hilfreich empfand ich, dass uns das Folienskriptum des Vortragenden zur Verfügung
gestellt wurde. Auch dem Erfahrungsaustausch mit Kolleg/innen wurde ausreichend Raum
gegeben.
Nicht unerwähnt möchte ich die kulinarische Betreuung durch das PI Wien lassen.
Rundum eine sehr gelungene Tagung!
Gottfried Hlebaina (LS F-Graz):
Ich fand den Vortrag von Prof. Stadler sehr informativ und unterhaltsam, da seine Gedanken
über den Umgang mit schwierigen Kindern sehr einleuchtend waren. Er beschrieb sehr
treffend die Hintergründe, die zu Aggressionen bei Kindern führen.
Am zweiten Tag stellte er uns ein kleines Projekt mit dem Titel „
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Ich habe dieses Projekt auch mit meinen Schüler/innen an der Kinder –und Jugendpsychiatrie
durchgeführt, einige von ihnen waren zumindest für kurze Zeit motivierbar.
Gudrun Rieger (LKH-Leoben):
Im praktischen Teil der Fortbildung erhielten wir den Auftrag, aus Illustrierten ein Bilderbuch
in DIN A4 –Größe zu gestalten.
Herr Prof. Stadler gab uns nur die Vorgabe, das Buch so zu gestalten, dass wir es gerne als
Bilderbuch aufschlagen würden.
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Als Arbeitsmaterial wurde ein DIN A3 Zeichenblatt in der M itte gefaltet. So entstand ein
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bekleben. Es konnten Bilder und Texte verwendet werden.
Für diesen Auftrag hatten wir ca. 4 Einheiten Zeit.
Danach erfolgte die Auswertung der Bücher:
1.
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2. und 3. Seite: Die Seiten zwei und drei zeigen die Innenseiten des M enschen: Was ich nicht
gerne jedem von mir zeige; wie mich nur die M enschen kennen, die mir sehr vertraut sind.
Die Seiten zeigen auch, woran ich mich freuen kann; was mich belastet und quält.
4. Seite: Das ist meine Rückseite: Auf dieser Seite wird dargestellt, was ich immer gerne
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“werden musste; was ich im Leben noch gerne hätte.
Von der Auswertung meines Bilderbuches war ich sehr überrascht. Es stimmte wirklich in
vielen Dingen des Auswertungsbogens überein. Das war für mich eine sehr interessante
Erfahrung.
Allgemein hat mir die Fortbildung sehr gut gefallen. Es wurde von Herrn Prof. Stadler mit
viel Humor aus dem wirklichen Schulleben berichtet. Der Vortrag war hochinteressant und
mit viel Witz, Kompetenz und guter Struktur.
32
10 Feedbackbogen
___________________________________________________________________________
FEEDBACK
zu den
17. Österreichischen Fortbildungstagen der Heilstättenlehrer/innen
06.10.05 –07.10.05
Dieser Bogen soll Ihre Zufriedenheit mit der Veranstaltung erheben. Bitte füllen Sie ihn aus
und geben Sie den Bogen dann bei Herrn Pichler ab. Selbstverständlich erfolgt die
Auswertung anonym. Das Ergebnis wird Ihnen bekannt gegeben.
sehr
zufrieden
eher zufrieden
eher nicht
zufrieden
nicht zufrieden
O
O
O
O
M it der Präsentation war ich
O
O
O
O
M it der zeitlichen Einteilung war ich
O
O
O
O
M it Vorinformation und Anmeldung zu
dieser Veranstaltung war ich
O
O
O
O
M it der Betreuung während der
Veranstaltung war ich
O
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O
O
M it der Unterkunft war ich
O
O
O
O
M ir dem Seminarraum war ich
O
O
O
O
M it dem Inhalt der Veranstaltung war ich
Themen, die mich bei zukünftigen Veranstaltungen ansprechen würden :
Was ich noch sagen wollte:
___________________________________________________________________________
33
Um die Zufriedenheit der Teilnehmer/innen mit der Veranstaltung festzustellen wurde an alle
ein Feedbackbogen verteilt.
In der Auswertung wurden die Prozentangaben auf ganze Prozentpunkte gerundet.
1. Frage und 3. Frage
Diese Fragen wurden identisch beantwortet. Daher wurden sie in der Auswertung
zusammengefasst.
1. M it dem Inhalt der Veranstaltung war ich
3. M it der zeitlichen Einteilung war ich
Auswertung:
sehr
zufrieden
eher
zufrieden
eher nicht
zufrieden
O
O
O
O
O
O
nicht
zufrieden
O
O
100
80
60
Zustimmung in %
40
20
0
sehr zufrieden eher zufrieden
eher nicht
nicht zufrieden
88%
12%
zufrieden 0%
0%
M it dem Inhalt der Veranstaltung und mit der zeitlichen Einteilung war der überwiegende
Anteil der befragten Personen sehr zufrieden. Drei Personen waren eher zufrieden.
2. Frage:
M it der Präsentation war ich
sehr
zufrieden
eher
zufrieden
eher nicht
zufrieden
O
O
O
nicht
zufrieden
O
100
80
60
Zustimmung in %
40
20
0
s ehr zufrieden eher zufrieden
eher nicht
nicht zufrieden
96%
4%
zufrieden 0%
0%
Fast alle Personen waren mit der Präsentation sehr zufrieden. Eine Personen war mit der
Präsentation eher zufrieden.
34
4. Frage:
M it Vorinformation und Anmeldung zu dieser
Veranstaltung war ich
Auswertung:
sehr
zufrieden
eher
zufrieden
eher nicht
zufrieden
O
O
O
nicht
zufrieden
O
100
80
60
Zustimmung in %
40
20
0
s ehr zufrieden eher zufrieden
eher nicht
nicht zufrieden
80%
14%
zufrieden 0%
4%
M it der Vorinformation und Anmeldung zu dieser Veranstaltung waren ein Großteil der
Teilnehmer/innen sehr zufrieden. Drei Personen waren eher zufrieden und eine Person war
damit nicht zufrieden.
5. Frage:
M it der Betreuung während der Veranstaltung
war ich
sehr
zufrieden
eher
zufrieden
eher nicht
zufrieden
O
O
O
nicht
zufrieden
O
Auswertung:
100
80
60
Zustimmung in %
40
20
0
s ehr zufrieden eher zufrieden
eher nicht
nicht zufrieden
100%
0%
zufrieden 0%
0%
Alle Teilnehmer/innen waren mit der Betreuung während der Veranstaltung sehr zufrieden.
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6. Frage:
M it der Unterkunft war ich
Auswertung:
sehr
zufrieden
eher
zufrieden
eher nicht
zufrieden
O
O
O
nicht
zufrieden
O
100
80
60
Zustimmung in %
40
20
0
s ehr zufrieden eher zufrieden
eher nicht
nicht zufrieden
85%
0%
zufrieden 7%
7%
Diese Frage haben 14 Personen beantwortet. Nicht zufrieden war eine Person ( ~ 7%) und
eher nicht zufrieden war ebenfalls eine Person(~ 7%). Alle übrigen Personen waren mit dem
durch den Veranstalter vorreservierten Hotel sehr zufrieden.
7. Frage:
M ir dem Seminarraum war ich
sehr
zufrieden
eher
zufrieden
eher nicht
zufrieden
O
O
O
nicht
zufrieden
O
Auswertung:
100
80
60
Zustimmung in %
40
20
0
s ehr zufrieden eher zufrieden
eher nicht
nicht zufrieden
36%
52%
zufrieden 12%
0%
Die M ehrheit war mit dem Seminarraum eher zufrieden bzw. sehr zufrieden. Einige Personen
waren mit dem Raum eher nicht zufrieden.
8. Frage:
Themen, die mich bei zukünftigen Veranstaltungen ansprechen würden:
Krisenintervention
Kommunikationstraining
M edizinische Themen
Wie geht man mit eigenen Frustrationen um?
Konstruktiver Streit –aber wie?
Elternarbeit –Umgang mit Eltern verhaltensauffälliger Schüler/innen
Krankheitsbilder auf der Neuropsychiatrie (Umgang mit diesen
Erfahrungsaustausch, Hilfestellungen)
36
Schüler/innen,
9. Frage:
Was ich noch sagen wollte:
Zusammenfassung:
Diese Frage wurde von 18 Teilnehmer/innen beantwortet. Es finden sich ausschließlich
positive Rückmeldungen und Danksagungen an Herbert Stadler als Vortragenden und an
Helmut Pichler als Leiter der Veranstaltung. Zusammenfassend darf gesagt werden, dass
sowohl Inhalt und Präsentation als auch Themenwahl, Organisation und Durchführung
äußerst positiv bewertet wurden.
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