Das lässt uns nicht kalt

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Das lässt uns nicht kalt
MDA – MO TIO N, DR I V E AND AUTO M ATI O N I SP ECI A L
Das lässt uns
nicht kalt
Sicherheitskupplungen – Antriebstechnik für tiefe
Temperaturen bis -48 °C
Die Rohstoffgewinnung in Sibirien und der Mongolei bei
Tagestemperaturen von weit unter 0 °C stellt Maschinen und
Komponenten vor enorme Herausforderungen.
Mayr hat nun seine Elementekupplungen so weiterentwickelt,
dass sie auch für den Einsatz bei sehr tiefen Temperaturen
geeignet sind. Versuche belegen ihre
Funktionsfähigkeit bei Tieftemperaturen von -48 °C.
Simone Winkler (M.A.): Öffentlichkeitsarbeit,
mayr Antriebstechnik in Mauerstetten
01 Auf dem Schwungmassenprüfstand wurde die EAS-Elementekupplung bei Tieftemperatur
unter harten Einsatzbedingungen erfolgreich getestet
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D
er Atem gefriert knisternd, beim Laufen
auf Schnee knirscht es, wie wenn man
über zersplittertes Glas gehen würde und
LKW-Motoren laufen durchgehend von
Oktober bis April, Tag und Nacht, sonst
würden sie einfrieren. In Sibirien beherrscht
große Kälte in weiten Teilen den Alltag, die
Temperaturen fallen während der neun
Wintermonate bis auf -50 °C. Dort liegen
nicht nur die kältesten bewohnten Orte der
Erde, Sibirien gehört, wie auch die Mongolei,
zu den rohstoffreichsten Gegenden der
Welt. Maschinen, die dort bei der Gewinnung und Aufbereitung von Rohstoffen wie
z. B. von Kohle und Erzen zur Anwendung
kommen, sind extremen Bedingungen
ausgesetzt. Kältebeständige Konstruktionen
sind erforderlich. „Bei hochfesten, durchgehärteten Bauteilen erhöht Kaltversprödung
die Gefahr von Bauteilbrüchen, für eine
zuverlässige theoretische Auslegung der
Bauteile stehen kaum Fachinformationen
zur Verfügung“, erklärt Helmut Kleinheinz,
Verkaufsleiter bei Mayr Antriebstechnik.
„Das bedeutet, der Einsatz im Tieftemperaturbereich muss immer hinterfragt werden.
Verlässliche Aussagen über die Eignung
können nur getroffen werden, wenn die
Konstruktionen auch unter den Bedingungen
getestet werden, die beim realen Einsatzfall
zu erwarten sind.“
02 Die EAS-Elementekupplung in Sonderausführung bietet durch ihre angepasste
Konstruktion Überlastschutz auch bei sehr
tiefen Temperaturen bis -48 °C
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Auf „Extrem“ angepasst
EAS-Qualitäts-Überlastkupplungen von
Mayr sind standardmäßig aus hochwertigen
Materialien gefertigt und haben gehärtete
Funktionsflächen – nur so wird die geforderte
Auslösegenauigkeit und Standzeit erreicht.
Sie sind, wie alle anderen marktüblichen
Standardkupplungen auch, nicht ausgelegt
für den Einsatz bei äußerst tiefen Temperaturen. Um seinen Kunden dennoch zuverlässige, technisch abgesicherte Produkte für
extreme Bedingungen zu bieten, hat das
Unternehmen nun eine TieftemperaturAusführung entwickelt und ausführliche
Praxisversuche durchgeführt. „Wir verfügen
über umfangreiches Know-how in Entwicklung und Konstruktion und können auf
modernste und einzigartige Prüfmöglichkeiten zurückgreifen“, beschreibt Helmut Kleinheinz die Voraussetzungen beim
Kupplungsspezialisten. Mit diesen Tests
konnten die EAS-Elementekupplungen
nun so modifiziert werden, dass sie den extremen Kälteanforderungen mit gewohnter
Robustheit standhalten.
Ausrasten in der Klimakammer
Mayr Antriebstechnik verfügt über ein
vielseitiges Spektrum an Prüfständen, mit
denen alle Produkte umfassenden Funktionsprüfungen unterzogen werden. „Für
den Tieftemperatureinsatz wurde die
modifizierte EAS-Elementekupplung (Größe
0) auf einem Schwungmassenprüfstand mit
angeschlossener Klimakammer bei -48 °C
getestet“, erläutert Günter Hable, Konstrukteur
beim Mauerstettener Familienunternehmen.
Eingestellt auf ein Drehmoment von 2 400 Nm
überstand die Kupplung dabei 100 Überlastfälle aus hoher Drehzahl schadlos. Um
die Klimakammer durchgehend geschlossen
zu halten, erfolgte die Wiedereinrastung
automatisch über eine integrierte pneumatische Einrastvorrichtung. Über diese Einrastvorrichtung wurden zudem bewusst Fehlbedienungen simuliert, um zusätzlich eine
möglichst hohe Stoßbelastung der Bauteile
zu provozieren. Anwendungsfehler wurden
zum Beispiel durch Wiedereinrasten unter
Differenzdrehzahl, d. h. in der Auslaufphase
bei bereits ausgelöster Kupplung, hervorgerufen. Besonders beim Tieftemperatureinsatz ist zu beachten, dass immer die
Anwendung als Ganzes betrachtet werden
muss, um eine korrekte Einbindung
der Überlastkupplung in den Antriebsstrang sicherzustellen. Denn gerade bei
sehr tiefen Temperaturen können sich
strangspezifische Eigenheiten als massive
Zusatzbelastung auswirken. Daher führt
man in Mauerstetten immer eine Risiko- und
Anwendungsprüfung gemeinsam mit dem
Kunden durch.
Überlastschutz für
Tieftemperaturen
Die durchgeführten Versuche in der Klimakammer belegen, dass die EAS-Elementekupplung in Sonderausführung fit ist,
für den Einsatz bei sehr tiefen Temperaturen
bis -48 °C. Generell bieten diese Freischaltkupplungen auf Basis einzelner Elemente
Überlastschutz für Antriebe mit sehr hohen
Drehmomenten auf kompaktem Bauraum.
Sie eignen sich als Drehmomentbegrenzung
für schwere und schnelllaufende Antriebe
und erlauben es großen Schwungmassen,
im Überlastfall frei auszulaufen. Im
Normalbetrieb übertragen die formschlüssigen EAS-Elementekupplungen das eingestellte Drehmoment spielfrei mit hoher
Präzision und reagieren im Überlastfall mit
exakter Abschaltgenauigkeit.
Fotos: Aufmacherbild: shutterstock/Vladimir
Melnikov
www.mayr.com
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